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1.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Antragsteller.
Gründe
2I.
3Der Antragsteller besitzt die Staatsangehörigkeit der Republik Türkei und reiste nach eigenen Angaben am 3. April 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 9. Mai 2018 stellte er einen Asylantrag. Das Bundesamt hörte ihn am 9. Juni 2018 persönlich an. Er gab an, dass er dem Vorwurf ausgesetzt gewesen sei, sich in einer Schülergruppe der Gülenbewegung beteiligt zu haben. Er sei Schüler an einer Gülen-Schule gewesen. Nach dem Putsch sei diese Schule umbenannt und zu einer städtischen Schule gemacht worden. Im September 2017 sei er nach dem Ende der Schulferien regelmäßig zu Verhören abgeholt und durch die Polizei bis zu zwei Stunden verhört worden. Diese Verhöre hätten anfangs bis zu drei Mal die Woche und später einmal pro Monat stattgefunden. Das letzte Verhör sei Ende Februar 2018 gewesen. Bei den Verhören sei er gefragt worden, weshalb er eine Gülen-Schule besucht habe und ob er am Putsch beteiligt gewesen sei. Darüber hinaus sei er Sympathisant der HDP gewesen und habe an Demonstrationen teilgenommen. Mit Bescheid vom 13. Juli 2018 (Gesch.-Z.: 0000000-000) lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers ab, drohte die Abschiebung in die Türkei an und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen. Hiergegen erhob der Antragsgeller am 10. August 2018 Klage zum Verwaltungsgericht Düsseldorf. In der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2021 nahm der Antragsteller die Klage zurück, woraufhin das Verwaltungsgericht Düsseldorf das Klageverfahren einstellte.
4Am 18. Oktober 2021 stellte der Antragsteller einen Folgeantrag. Zur Begründung ließ er durch seinen Prozessbevollmächtigten vortragen, dass er nunmehr über seinen Anwalt in der Türkei erfahren habe, dass gegen ihn ein Strafverfahren eingeleitet und er zur Personenfahndung ausgeschrieben worden sei. Ihm sei ein amtliches Dokument einer Polizeidienststelle in seinem Heimatland zugespielt worden. Mit der Antragsbegründung legte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers Übersetzungen, aber keine Original-Dokumente vor. Mit Bescheid vom 18. November 2021 (Gesch.-Z.: 0000000-000), den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 25. November 2021 zugegangen, lehnte das Bundesamt den Folgeantrag als unzulässig ab (Ziffer 1). Ferner lehnte es den Antrag auf Abänderung des Bescheids vom 13. Juli 2018 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab (Ziffer 2). Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines Folgeverfahrens nicht vorlägen. Der Antragsteller habe das angekündigte Beweismittel zur geltend gemachten Fahndung nicht eingereicht. Dem Folgeantrag hätten lediglich zwei Übersetzungen beigelegen. Bereits aus dem Inhalt dieser Übersetzungen ergäben sich jedoch Zweifel an der Echtheit des Strafregisterauszugs. Die Formulierung der Übersetzung entspreche nicht den für einen türkischen Strafregisterauszug zu erwartenden Angaben. Es fehlten sowohl Angaben zu Aktenzeichen, als auch Angaben zu beteiligten Staatsanwaltschaften und Gerichten. Darüber hinaus würden Verfahren gegen Anhänger der Gülen-Bewegung in der Türkei in der Regel als Verfahren gegen Mitglieder der Terrororganisation „FETÖ“ geführt. Die Bezeichnung Hizmet- bzw. Gülen-Bewegung werde nicht verwendet. Der Antragsteller habe damit keine geeigneten Angaben gemacht, die nachvollziehbar und schlüssig die im Erstverfahren getroffenen Feststellungen wiederlegen könnten. Auch seien die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen zu Abschiebungsverboten nicht gegeben. Auch lägen Gründe, die unabhängig von den Voraussetzungen des § 51 VwVfG eine Abänderung der bisherigen Entscheidung rechtfertigen würde, ebenfalls nicht vor.
5Hiergegen hat der Antragsteller am 7. Dezember 2021 Klage erhoben (22 K 6207/21.A) und den vorliegenden Eilantrag gestellt.
6Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass neue Erkenntnisse zu seiner Verfolgung vorlägen. Er habe sich bei seiner ersten Anhörung an die Daten nicht richtig erinnern können. Die nun vorgelegten Dokumente habe er mithilfe eines Rechtsanwaltes erhalten. Im gerichtlichen Eilverfahren legt der Kläger die folgenden Unterlagen – Kopien der Original-Dokumente sowie Übersetzungen in die deutsche Sprache – vor:
7- Schreiben der Staatsanwaltschaft Gaziantep vom 2. März 2018 (Az.: 0000/000).
8- Beschluss des Friedensgerichts Gaziantep vom 26. Februar 2018 (Az.: 0000/0000 D.Is.).
9- Strafregisterauszug, abgerufen aus dem Internet am 21. September 2021: „Über die vorgenannte Person liegt ein Eintrag im Strafregisterarchiv vor. Die Person steht wegen der Durchführung illegaler Aktivitäten im Namen einer terroristischen Vereinigung im Zusammenhang mit der Gülen-Bewegung am 17.02.2018 auf der Fahndungsliste der Geheimdienste.“
10Der Antragsteller beantragt wörtlich,
11der Antragsgegnerin aufzugeben, die Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG einstweilen zurückzunehmen, und der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass ein Asylfolgeverfahren durchgeführt wird, hilfsweise dass das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 bis 7 AufenthG geprüft wird
12sowie – unter der Bedingung, dass das Gericht der Auffassung sein sollte, dass auch hier ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO das richtige Rechtsmittel ist – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. November 2021 anzuordnen.
13Die Antragsgegnerin beantragt,
14den Antrag abzulehnen.
15Zur Begründung nimmt sie Bezug auf den Bescheid vom 18. November 2021.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 22 K 6207/21.A sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
17II.
181.
19Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil der Antragsteller entgegen der Ankündigung seines Prozessbevollmächtigten und entgegen § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO bis zur Entscheidung des Gerichts über den Eilantrag keine PKH-Unterlagen vorgelegt hat.
202.
21Der auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Antrag bedarf zunächst der Auslegung.
22Der Antragsteller bezieht sich mit seinem Antrag auf seine am 7. Dezember 2021 erhobene Klage 22 K 6207/21.A gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 18. November 2021. Bei verständiger Würdigung seines Vorbringens (§§ 88, 122 Abs. 1 VwGO) ist Rechtsschutzziel des Antragstellers im vorliegenden Eilverfahren,
23die aufschiebende Wirkung der Klage 22 K 6207/21.A gegen die in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes vom 18. November 2021 enthaltene Ablehnung seines Asylfolgeantrags als unzulässig anzuordnen,
24hilfsweise, die Antragsgegnerin zu verpflichten, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass die im Bescheid des Bundesamtes vom 13. Juli 2018 (Gesch.-Z.: 0000000-000) enthaltene Abschiebungsandrohung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Hauptsacheverfahren vorläufig nicht vollzogen werden darf.
25Mit der in Ziffer 1 des in der Hauptsache angegriffenen Bescheides enthaltenen Regelung wurde das zutreffend als Folgeantrag aufgefasste Begehren des Antragstellers als unzulässig abgelehnt. In den Fällen, in denen eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 Asylgesetz (AsylG) ergeht, ist die Anfechtungsklage die statthafte Klageart im Hauptsacheverfahren. Soweit in der früheren Rechtsprechung zum Folgeantrag die Verpflichtungsklage als allein zulässige Klageart betrachtet worden war, ist daran aufgrund der Weiterentwicklung des Asylverfahrensrechts durch das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (BGBl. I, Seite 1939), insbesondere der Neufassung des § 29 AsylG durch Art. 6 dieses Gesetzes, nicht festzuhalten.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 1 C 4.16 –, juris Rn. 16 ff.
27Vor diesem Hintergrund ist nunmehr auch in den Fällen, in denen das Bundesamt – wie im vorliegenden Fall – keine erneute Abschiebungsandrohung gemäß §§ 71 Abs. 4, 34 bis 36 AsylG erlassen hat, vorläufiger Rechtsschutz gegen drohende Abschiebungsmaßnahmen nicht mehr nach § 123 Abs. 1 VwGO, sondern nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren. Gegenstand des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist dann die in der Hauptsache mit der Anfechtungsklage angegriffene Ablehnung des Asylfolgeantrags als unzulässig.
28Die Anfechtungsklage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung hat keine aufschiebende Wirkung. § 71 Abs. 4 AsylG verweist auf § 36 AsylG. Es liegt demgemäß kein „sonstiger Fall“ im Sinne des § 38 Abs. 1 AsylG vor, bei dem eine Anfechtungsklage gemäß § 75 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung hätte. Dies gilt auch dann, wenn es einer erneuten Abschiebungsandrohung nach § 71 Abs. 4 i. V. m. § 34 ff. AsylG nicht bedarf, weil eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung vollziehbar geworden ist (§ 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG).
29Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 21. Dezember 2018 – 9a L 2160/18.A –, juris, Rn. 11 unter Verweis auf VG München, Beschluss vom 8. Mai 2017 – M 2 E 17.37375 –, juris, Rn. 13 f. m. w. N., VG Augsburg, Beschluss vom 28. Februar 2018 – Au 6 E 18.30245 –, juris, Rn. 13, und VG Dresden, Beschluss vom 11. September 2017 – 13 L 1004/17.A –, juris, Rn. 19.
30Wird diesem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprochen, dann dürfen aus der Ablehnung des Folgeantrags einstweilen keine Folgen mehr gezogen werden bzw. ist von einer vorläufigen Wirksamkeitshemmung auszugehen. Damit scheidet eine Abschiebung einstweilen aus. Das Bundesamt hat in einem derartigen Fall die Ausländerbehörde über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung und die damit verbundenen Rechtsfolgen in Kenntnis zu setzten.
31Vgl. VG München, Beschluss vom 8. Mai 2017 – M 2 E 17.37375 – a. a. O.
32Gegen die unter Ziffer 2 des in der Hauptsache angegriffenen Bescheides getroffene Entscheidung des Bundesamtes, dass der Antrag des Antragstellers auf Abänderung des Bescheides vom 13. Juli 2018 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) abgelehnt wird, wäre in der Hauptsache (hilfsweise) die Verpflichtungsklage statthaft.
33Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 – 1 C 4.16 –, juris, Rn. 20 a. E.
34Danach kommt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes insoweit ein (hilfsweise gestellter) Antrag nach § 123 VwGO in Betracht.
35Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 21. Dezember 2018 – 9a L 2160/18.A – und VG München, Beschluss vom 8. Mai 2017 – M 2 E 17.37375 – a. a. O; a.A. mit guten Gründen u. a. VG Minden, Beschluss vom 10. Dezember 2019 – 10 L 336/19.A –, juris, Rn. 11 f. m. w. N.; VG Köln, Beschluss vom 7. Dezember 2021 – 6 L 1862/21.A –, juris, Rn. 4 ff., wonach vorläufiger Rechtsschutz dann, wenn keine neue Abschiebungsandrohung ergeht, (insgesamt nur) nach § 123 VwGO gewährt werden soll; so auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. Januar 2019 – 7 B 11544/18 –, juris, Rn. 4; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. November 2018 – 12 S 2504/18 –, juris; HessVGH, Beschluss vom 13. September 2018 – 3 B 1712/18.A –, juris.
36Vor dem Hintergrund der Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung hinsichtlich der Fassung der Anträge in Eilverfahren bei Folgeanträgen ist zudem anzumerken, dass es für die Entscheidung letztlich nicht darauf ankommt, ob der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes als Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO und hilfsweise als Antrag nach § 123 VwGO oder gegen Ziffer 1 und 2 als Antrag nach § 123 VwGO aufzufassen ist, denn der in der Sache anzusetzende Prüfungsmaßstab ist in jedem Fall der der „ernstlichen Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesamtes.
37Gemäß § 71 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 36 Abs. 4 AsylG darf im Falle der Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Auch wenn sich die Regelung in § 36 AsylG auf Fälle bezieht, in denen – anders als vorliegend – eine Abschiebungsandrohung ergangen ist, ist dieser Maßstab angesichts des Verweises in § 71 Abs. 4 Satz 1 AsylG entsprechend auch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens anzulegen.
38Allgemein dazu BVerfG, Beschluss vom 16. März 1999 – 2 BvR 2131/95 –, juris, Rn. 22.
39Ernstliche Zweifel in diesem Sinn liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält.
40BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris, Rn. 99.
41Danach hat der hier als sinngemäß gestellt angesehene Hauptantrag keinen Erfolg, weil er unbegründet ist. Vorliegend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes vom 18. November 2021. Das Bundesamt ist nach summarischer Prüfung in seinem Bescheid nämlich zu Recht davon ausgegangen, dass der Folgeantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig ist, da die besonderen Zulässigkeitsanforderungen der §§ 71 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 51 VwVfG nicht vorliegen.
42Diese Vorschrift verlangt, dass sich die der Erstentscheidung zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Asylbewerbers geändert hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), neue Beweismittel vorliegen, die eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG). Ein Asylfolgeantrag ist ferner nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen, § 51 Abs. 2 VwVfG. Zudem muss der Antrag binnen drei Monaten gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat (§ 51 Abs. 3 VwVfG).
43Für die Bejahung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Wiederaufgreifen des Asylverfahrens wegen nachträglicher Änderung der Sachlage nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist – neben dem Vorliegen der Voraussetzungen der § 51 Abs. 2 und 3 VwVfG – notwendig, dass der Folgeantragsteller eine Änderung im Verhältnis zu der der früheren Asylentscheidung zugrunde gelegten Sachlage glaubhaft und substantiiert vorträgt; er muss substantiiert die Umstände darlegen, die sich nach Abschluss des früheren Verfahrens geändert haben sollen. Außerdem ist die Geeignetheit der neuen Tatsachen für eine des Asylbewerbers günstigere Entscheidung schlüssig darzutun. Es genügt nicht, dass lediglich pauschale Behauptungen aufgestellt werden. Die Darlegungen des Folgeantragstellers müssen eine günstigere Entscheidung zumindest als möglich erscheinen lassen.
44Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. März 2000 – 2 BvR 39/98 –, juris, Rn. 32; VG Stuttgart, Urteil vom 14. März 2017 – A 11 K 7407/16 –, juris, Rn. 36.
45Ausgehend von diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen der § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) nicht vor und ist ein weiteres Asylverfahren daher nicht durchzuführen, § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG.
46Der Antragsteller stützt sich maßgeblich auf die oben genannten, von ihm im vorliegenden Eilverfahren vorgelegten Dokumente. Insoweit liegen schon nicht die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 VwVfG vor. Denn der Antragsteller hat lediglich vorgetragen, dass er die Dokumente mithilfe eines Rechtsanwaltes erhalten habe. Er hat jedoch auch auf den ausdrücklichen gerichtlichen Hinweis nicht dargelegt, warum er ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die vorgelegten Dokumente der Staatsanwaltschaft sowie des Friedensgerichts Gaziantep aus Februar bzw. März 2018 stammen. Die Klage gegen die im Asylerstverfahren ergangene Entscheidung hat der Antragsteller im Februar 2021 zurückgenommen. Es ist also überaus erklärungsbedürftig, weshalb der Antragsteller die nun vorgelegten Dokumente erst jetzt erhalten hat und erst jetzt vorlegen konnte. Grundsätzlich mag es hierfür eine den Anforderungen des § 51 Abs. 2 VwVfG genügende Erklärung geben; diese muss dann aber auch abgegeben werden.
47Ungeachtet dessen stellen die vorgelegten Dokumente aber auch keine Beweismittel dar, die eine dem Antragsteller günstigere Entscheidung herbeigeführt hätten, so dass auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG nicht gegeben sind. In Bezug auf den aus dem Internet am 21. September 2021 abgerufenen Strafregisterauszug hat bereits das Bundesamt gewichtige und für das Gericht ohne weiteres nachvollziehbare Zweifel an der Echtheit geltend gemacht. Hiermit hat sich der Antragsteller nicht auseinandergesetzt. Zweifel an der Echtheit der weiteren vom Antragsteller vorgelegten Dokumente, namentlich des Schreibens der Staatsanwaltschaft Gaziantep vom 2. März 2018 mit dem Aktenzeichen 0000/000 sowie des Beschlusses des Friedensgerichts Gaziantep vom 26. Februar 2018 mit dem Aktenzeichen 0000/0000 D.Is., ergeben sich ebenfalls, und zwar aus folgenden Umständen:
48Das Schreiben der Staatsanwaltschaft soll vom 2. März 2018 stammen. Im ersten Satz nimmt die Staatsanwaltschaft jedoch Bezug auf einen „Festnahmebefehl“ des Friedensgerichts Gaziantep vom 3. Dezember 2018. Dies ist zeitlich unmöglich. Natürlich kann es sich dabei um einen Schreibfehler handeln. Diese Unstimmigkeit ist allerdings derart offenkundig, dass hier eine entsprechende Erklärung des Antragstellers zu erwarten gewesen wäre. Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft in ihrem Schreiben als Aktenzeichen des „Festnahmebefehls“ des Friedensgerichts Gaziantep „0000/000“ angibt. Dieses Aktenzeichen stammt also von einem Vorgang, der im Jahr 2021 angelegt worden ist. Auch das passt nicht zum Vortrag des Antragstellers und zu den übrigen Dokumenten. Im Übrigen stammt der vorgelegte Beschluss des Friedensgerichts Gaziantep vom 26. Februar 2018 und nicht vom 3. Dezember 2018 und führt ein vollkommen anderes Aktenzeichen, nämlich „0000/0000 D.Is“. In dem Beschluss des Friedensgerichts Gaziantep wiederum wird auf ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Gaziantep vom 15. Februar 2018 mit der „Ermittlungs-Nr.“ 0000/00000“ Bezug genommen, also auf ein im Jahr 2020 angelegtes Ermittlungsverfahren. In dem vorgelegten Strafregisterauszug wird schließlich Bezug genommen auf die Durchführung illegaler Aktivitäten „am 17. Februar 2018“. Damit lässt sich der Beschluss des Friedensgerichts, der auf ein Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 15. Februar 2018 Bezug nimmt, ebenfalls nicht vereinbaren. Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass die vorgelegten Dokumente nicht echt sind.
49Damit bestehen ferner auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes vom 18. November 2021.
50Dabei kann hier dahinstehen, ob über Abschiebungsverbote in einem Asylfolgeverfahren nur zu entscheiden ist, wenn – wovon das Bundesamt ausgeht – auch insoweit die Voraussetzungen der § 51 Abs. 1 bis 3 bzw. § 51 Abs. 5 i. V. m. §§ 48, 49 VwVfG erfüllt sind oder – wofür einiges spricht – deren Vorliegen in jedem Fall (erneut) zu prüfen ist. Nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG stellt das Bundesamt in Fällen unzulässiger Asylanträge i. S. d. § 29 Abs. 1 AsylG fest, ob Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen.
51Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 – 1 C 4.16 –, juris, Rn. 18, 20, und Beschlüsse vom 27. April 2017 – 1 B 6.17 –, juris, Rn. 5, und vom 3. April 2017 – 1 C 9.16 –, juris, Rn. 9.
52Zu den unzulässigen Asylanträgen i. S. d. § 29 Abs. 1 AsylG gehört nach Ziffer 5 der Norm auch der Folgeantrag. Nach dem Wortlaut des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in der seit dem 6. August 2016 geltenden Fassung des Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 ist deshalb auch die Entscheidung über Folgeanträge nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG entgegen der bis zum 5. August 2016 geltenden Rechtslage unabhängig davon, ob ein Grund nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegt oder die bestandskräftige frühere Entscheidung zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG gemäß § 51 Abs. 5 i. V. m. §§ 48, 49 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen zurückzunehmen oder zu widerrufen ist, mit der Feststellung zu verbinden, ob die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbots erfüllt sind. Insoweit werden in der hierzu ergangenen Rechtsprechung allerdings Bedenken vorgebracht, ob diese voraussetzungslose Überwindung der Bestandskraft der vorangegangenen Entscheidung von der Regelungsabsicht des Gesetzgebers umfasst war. Die Begründung des Gesetzentwurfs (vgl. Bundestags-Drucksache 18/8615, Seite 18 und 52) weist die Neufassung nur als eine Folgeänderung aus, ohne den Willen einer sachlichen Änderung erkennen zu lassen. Vorliegend kann dahinstehen, ob ein offensichtliches Versehen des Gesetzesgebers anzunehmen und § 31 Abs. 3 AsylG einschränkend dahin auszulegen ist, dass eine Prüfungs- und Entscheidungspflicht des Bundesamts für Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei Folgeanträgen nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG besteht.
53So aber VG Aachen, Beschluss vom 23. April 2021 – 10 L 164/21.A –, juris, Rn. 26 ff.; VG Hamburg, Urteil vom 12. Juni 2020 – 8 A 486/17 –, juris, Rn. 37 ff., und Beschluss vom 16. März 2020 – 17 AE 1084/20 –, juris, Rn. 26 ff.; VG Trier, Urteil vom 21. Januar 2020 – 1 K 3689/18.TR –, juris, Rn. 16, jeweils m. w. N. Offen lassend OVG NRW, Urteil vom 18. Juni 2019 – 13 A 3930/18.A –, juris, Rn. 25 ff.
54Der hier zur Entscheidung berufene Einzelrichter hält eine einschränkende Auslegung der Vorschrift nicht für geboten. Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG setzt voraus, dass durch die Abschiebung entweder elementare, in der EMRK niedergelegte Rechten verletzt werden, oder dass von der Abschiebung für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit ausgeht. Es erscheint daher angesichts der hier in Rede stehenden Rechtsgüter ohne weiteres sachlich gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber vom Bundesamt anlässlich einer Entscheidung über Folgeanträge nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG eine (erneute) Prüfung von Abschiebungsverboten verlangt, die nicht den Einschränkungen der §§ 51, 48, 49 VwVfG unterworfen ist.
55Die Frage bedarf hier jedoch letztlich keiner abschließenden Entscheidung, weil der Antragsteller jedenfalls in der Sache keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG hat. Insoweit hat er einen entsprechenden Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Auf die obigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Die vom Antragsteller vorgelegten Dokumente sind zur Glaubhaftmachung wegen der erheblichen Zweifel an der Echtheit nicht geeignet.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
57Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).