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1. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 04.08.2022 (16 K 4502/22) wird hinsichtlich der Ziffern I. 1. – I. 5, I. 11 und der Ziffer II., soweit diese sich auf die vorgenannten Ziffern I. 1. – I. 5 sowie I. 11. bezieht, des Bescheids vom 07.11.2022 angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
2. Der Streitwert wird auf 18.700 EUR festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller ist Sondereigentümer der Wohnung mit der Nr. 00 0. OG unter der Anschrift X. 00, 00000 C. . Unter dem 28.05.2022 schlossen die gegenwärtigen Mieter mit dem Antragsteller über diese Wohnung einen Mietvertrag, zu dessen Einzelheiten auf Bl. 6 ff. der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen wird.
4Unter dem 01.07.2022 zeigten die Mieter gegenüber der Antragsgegnerin an, dass die Wohnung aufgrund von Schimmelbefall unbenutzbar sei. Im Waschbecken und in der Badewanne stehe schwarzes Wasser, die Wohnung sei von einem durchdringenden Fäkaliengeruch durchzogen, Heizungen und Fenster seien defekt. Die Mieter würden zunächst solange wie möglich ihre vorherige Wohnung im gleichen Wohnkomplex weiterbewohnen, solange der Vermieter dieser Wohnung das dulde.
5Aufgrund dessen führte die Antragsgegnerin am 04.07.2022 einen Ortstermin in der Wohnung durch. Während des Ortstermins gaben die Mieterin und eine weitere anwesende Nachbarin an, es sei seit Längerem eine Vermüllung dieser Wohnung festzustellen. Im Rahmen des Ortstermins machten die Mitarbeiter der Antragsgegnerin folgende Feststellungen: Beim Öffnen der Wohnungstüre seien verschiedene Fliegenlarven, Maden, Kakerlaken und Mehlwürmer vorgefunden worden, die sich nach Angabe der Nachbarin von der Wohnung her bereits in der Etage ausbreiten würden. Es sei ein erheblicher Gestank nach Abfall und Exkrementen festzustellen. Große Flächen seien verschimmelt, die Türen abgesehen von der Haustüre ausgehangen. In der Küche sei ein Teil des Bodens nicht gefliest, auf dem freien Estrichboden seien erhebliche Verschmutzungen und Schimmelbefall festzustellen. Abflüsse und Toilettenspülungen seien nicht funktionsfähig. Die Funktionsfähigkeit der Heizung sei wegen der sommerlichen Temperaturen nicht prüfbar. Im Kinderzimmer sei ein Rollladen defekt. Die Elektroinstallationen seien teilweise beschädigt. Zu den weiteren Einzelheiten sowie zu den von der Antragsgegnerin getroffenen Feststellungen wird im Übrigen Bezug genommen auf den von der Antragsgegnerin zum Ortstermin gefertigten Vermerk vom 06.07.2022 und die darin enthaltene umfassende Lichtbild-Dokumentation (Bl. 17-32 der Verwaltungsvorgänge).
6Am 12.07.2022 erließ die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller eine Unbewohnbarkeitserklärung. Unter Ziffer I. 1. erklärte sie die Wohnung des Antragstellers bis zur vollständigen Beseitigung der in ihr festgestellten Mängel unter Ziffer II. für unbewohnbar. Unter Ziffer I. 2. drohte sie dem Antragsteller im Fall der Zuwiderhandlung ein Bußgeld i. H. v. 2.000,00 EUR an. Unter Ziffer II. wurde der Antragsteller wörtlich „aufgefordert, freiwillig folgende Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Wohnungsmängel, die den Gebrauch zu Wohnzwecken der verfahrensgegenständlichen Wohnung einschränken, bis zum 22.08.2022 freiwillig zu beseitigen:
71. Bekämpfung und nachhaltige Beseitigung des gesamten Ungezieferbefalls in der Wohnung durch eine Fachfirma für Schädlingsbekämpfung;
82. Nachhaltige und fachgerechte Beseitigung aller Schimmelflächen in der Wohnung durch eine entsprechende Fachfirma einschließlich Ermittlung und Beseitigung aller Ursachen für den Schimmelbefall sowie professionelle Neugestaltung aller schimmelbefallenen Oberflächen (Boden, Wände und Decken)
93. Instandsetzung der Wasserinstallation, namentlich der Abflüsse in Gäste-WC und Badezimmer einschließlich Sicherstellung einer einwandfreien Funktion des Frischaltkalt -und Warmwasserzulaufs an allen in der Wohnung befindlichen Wasserhähnen durch eine Fachfirma für Wasser-und Sanitärinstallation;
104. Professionelle Grundreinigung aller Oberflächen (Wände, Decken, Böden) durch eine Fachfirma für Gebäudereinigung
115. Instandsetzung der Rollläden im vorderen Schlafraum linksseitig;
126. Vollständige Verfliesung der Küche einschließlich umlaufender Seitenleisten und Überprüfung des gesamten Fliesenbodens auf Nutzbarkeit durch eine Fachfirma für das Fliesenlegerhandwerk;
137. Überprüfung der VDE-konformen Elektroinstallationen der gesamten Wohnung einschließlich danach erforderlichen Instandsetzungsarbeiten durch eine Fachfirma für Elektroinstallation.
148. Einbau sämtlicher Türen in die vorgesehenen Türrahmen, Austausch und Neueinbau etwaig defekter Türen
159. Überprüfung der Funktionalität aller Heizkörper und im Bedarfsfall der Instandsetzung.“
16Nach Ziffer III. werde der Antragsteller zugleich zu den festgestellten Mängeln nach § 19 Abs. 2 des Wohnraumstärkungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (WohnStG NRW) angehört und erhalte Gelegenheit bis zur genannten Frist, zum Sachverhalt Stellung zu beziehen. Der Bescheid wurde dem Antragsteller gegen Zustellungsurkunde am 21.07.2022 zugestellt.
17Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, aufgrund der festgestellten Mängel fehle es an den Mindestanforderungen nach § 5 WohnStG NRW. Aufgrund der fehlenden Funktionsfähigkeit von Abflüssen und Toilettenspülung liege eine ungenügende Entwässerungs- und Sanitäranlage vor. Zudem habe man defekte elektrische Installationen festgestellt. Der Umfang des Schimmelbefalls und der Grad der Verschmutzung ließen eindeutig auf unzureichende bzw. unterbliebene Arbeiten zum Erhalt des für den Gebrauch der Wohnung zu Wohnzwecken geeigneten Zustands schließen. In diesem Zustand sei die Wohnung für Menschen nicht nutzbar. Die Unbewohnbarkeitserklärung sei geeignet, zu verhindern, dass Menschen durch die Nutzung der Wohnung zu gesundheitlichen Schäden kämen. Da sie nur solange Bestand habe, bis die Beeinträchtigung beseitigt worden sein, sei sie auch das erforderliche Mittel. Sie sei schließlich verhältnismäßig, da der Schutz vor der Gesundheitsgefährdung potentieller Bewohner gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Nutzung seines Eigentums vorrangig sei. Hinsichtlich der unter Ziffer II. formulierten Aufforderung führte sie aus, sie habe im Rahmen der Wohnungsaufsicht auf die Instandsetzung, Erfüllung von Mindestanforderungen und ordnungsgemäße Nutzung von Wohnraum hinzuwirken und erforderliche Maßnahmen zu treffen. Bevor sie eine Anordnung zur Instandsetzung treffe, habe sie den Verfügungsberechtigten zur freiwilligen Beseitigung der Missstände aufzufordern und zum Sachverhalt anzuhören. Der Antragsteller sei als Eigentümer und Vermieter Verfügungsberechtigter. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 12.07.2022 (Bl. 33 ff. der Verwaltungsvorgänge) Bezug genommen.
18Mit E-Mail vom 22.07.2022 bestätigte der Antragsteller den Eingang der Verfügung und bat um Akteneinsicht. Dies lehnte die Antragsgegnerin mit E-Mail vom gleichen Tag ab, da nicht erkennbar sei, inwieweit eine Kenntnis der Akte zur Geltendmachung oder Verteidigung der rechtlichen Interessen des Antragstellers erforderlich sei.
19Am 12.09.2022 führte die Antragsgegnerin einen weiteren Ortstermin in der verfahrensgegenständlichen Wohnung durch. Nach den Feststellungen der Antragsgegnerin sei der Schimmel weitgehend entfernt worden. Da jedoch davon auszugehen sei, dass dieser baubedingte Ursachen, nämlich unzureichende Dichtungen sowie die Einfachverglasung der Wohnung, habe, sei nicht von einer Nachhaltigkeit einer Behandlung mit chemischen Bekämpfungsmitteln auszugehen. In der Küche sei ein Fliesenspiegel vorhanden, im Badezimmer sei die Verkleidung vollständig entfernt worden. Waschbecken, Wannen oder WC-Becken seien dort nicht vorhanden gewesen. Türen und Heizkörper seien noch nicht eingebaut. Bei mehreren Türen fehle eine Zarge. Die Türen seien unsachgemäß auf dem Balkon gelagert, ebenso wie die Heizkörper. Irreparable Schäden an diesen könnten aufgrund dessen nicht ausgeschlossen werden. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Vermerk zum Ortstermin vom 13.09.2022 und die darin enthaltene Lichtbild-Dokumentation (Bl. 66 ff. Verwaltungsvorgänge) Bezug genommen.
20Durch mit „Zweite Aufforderung zur freiwilligen Abhilfe – Fortbestand Nutzungsuntersagung“ überschriebenem Schreiben vom 16.09.2022 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass zwar erste Instandsetzungsmaßnahmen erkennbar seien. Es seien jedoch im Ortstermin weitere erhebliche Missstände ermittelt worden, die vom Antragsteller zu beseitigen seien:
21„1. Sämtliche Türen und Heizungen sind nicht montiert. Die Türen lagern zum Teil ungeschützt vor Wind und Wetter auf dem Balkon
222. Die Rollläden an der Tür zum rechten Balkon sind defekt
233. Die obere Türzarge an der Besenkammertüre (Wohnungstür links) fehlt
244. Die obere Türzarge am Eingang Gäste-WC (Wohnungstür rechts) fehlt.
255. Die untere Zarge an der Küchentür fehlt
266. Die Fensterfugen im Wohnzimmer sind nicht mehr vorhanden und müssen erneuert werden
277. Das Badezimmer befindet sich im Rohbauzustand (Mauerwerk, Bodenfliesen und Decken fehlen); ferner fehlen Bade-/Duschwanne, WC-Becken und Armaturen
288. Zwischen Badezimmer und erstem Kinderzimmer (2. Raum rechts) befindet sich ein großes Wandloch
299. Im Schlafzimmer (drittes Zimmer hinten links) sind die Fensterfugen Balkontüre zu erneuern
3010. Im Kinderzimmer hinten links sind die Balkontürfugen zum linken Balkon zu erneuern
3111. Im Kinderzimmer drei (Raum Mitte links) sind die Rollläden defekt; die untere Türzarge fehlt ebenfalls
3212. Böden sind teils nicht vorhanden bzw. beschädigt.“
33Aus den bislang getroffenen Maßnahmen sei in Anbetracht des Zeitablaufs nicht auf eine hinreichende Kooperationsbereitschaft im Zuge freiwilliger Abhilfe zu schließen, sodass die Einleitung eines förmlichen Verwaltungsverfahrens in Betracht komme. Da die Wohnung aktuell nicht genutzt werde und die künftige Mieterin die bisherige Wohnung weiter nutzen könne, sei eine Durchsetzung mittels Verwaltungsakt aber noch nicht angezeigt. Soweit der Vorvermieter allerdings Kündigungsklage gegen die Mieter einreichen würde, begründe dies dringenden Handlungsbedarf. Die weiterhin vorhandenen Mängel, insbesondere die nicht eingebauten und funktionsuntüchtigen Heizkörper, die nicht eingebauten Türen, die teils defekten Fenster und Rollläden und der Zustand des Badezimmers ließen keine bestimmungsgemäße Nutzung der Wohnung zu, diese sei daher weiterhin unbewohnbar. Die „Nutzungsuntersagung vom 04.07.2022“ bleibe daher aufrechterhalten.
34Unter dem 25.10.2022 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass die Wohnungstüren offensichtlich aufgrund monatelanger Lagerung auf dem Balkon nicht mehr zu gebrauchen seien. Er werde daher ergänzend aufgefordert, die oben genannte Wohnung mit neuen Wohnungstüren auszustatten. Auch für diese Maßnahme bestehe noch nicht die Notwendigkeit eines formellen Verwaltungsverfahrens in Form der Instandsetzungsanordnung, was sich aber im Fall der Erhebung einer Kündigungsklage des Vorvermieters gegen den Mieter ändern werde.
35Am 28.10.2022 teilten die Mieter der Antragsgegnerin mit, dass der Vorvermieter ihrer alten Wohnung nunmehr Räumungsklage gegen Sie erhoben habe.
36Am 07.11.2022 erließ die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller eine Instandsetzungsandrohung mit Zwangsgeldandrohung. Unter Ziffer I. wurde dem Antragsteller aufgegeben, bis zum 12.12.2022
37„1. sämtliche Räume in der o. g. Wohnung mit neuen Wohnungstüren auszustatten und diese fachgerecht einbauen zu lassen, so dass sie einwandfrei funktionieren;
382. die Rollläden an der Türe zum rechtsseitig der Wohnungseingangstüre gelegenen Balkon fachgerecht instandzusetzen;
393. die Türzargen an der Besenkammertüre (Wohnungstür links) fachgerecht zu erneuern;
404. die Türzargen am Eingang Gäste-WC (Wohnungstür rechts) fachgerecht zu erneuern;
415. die Türzargen an der Küchentür zu erneuern;
426. die Fensterfugen im Wohnzimmer zu erneuern
437. das Badezimmer mit Fliesen bzw. vollständiger Wand und Deckenverkleidung auszustatten sowie eine Bade-/Duschwanne, ein WC-Becken und Armaturen fachgerecht einzubauen und funktionsfähig anzuschließen.
448. das Wandloch zwischen Badezimmer und erstem Kinderzimmer (zweiter Raum rechts) fachgerecht zu schließen und zu verputzen;
459. die Fensterfugen der Balkontüre im Schlafzimmer (drittes Zimmer hinten links) zu erneuern
4610. die Balkontürfugen zum linken Balkon im Kinderzimmer hinten links zu erneuern
4711. die Rollläden im Kinderzimmer drei (Raum Mitte links) instandzusetzen und die Türzarge zu erneuern;
4812. alle Räume mit bewohnbaren Böden auszustatten, im Badezimmer mit Bodenfliesen.
4913. in allen Räumen funktionierende Heizkörper zu installieren.“
50Mit Ziffer II. drohte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für den Fall, dass er nach Ablauf der Frist die genannten Instandsetzungsmaßnahmen nicht eingeleitet haben sollte, ein Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 7.400 EUR an. In Ziffer III. wurde die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet.
51Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, der Antragsteller sei als Eigentümer der Wohnung Verfügungsberechtigter. Es handele sich um Wohnraum im Sinne des § 3 Abs. 1 WohnStG, da die Wohnung zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt sei. Es sei dem Kläger aus der Unbewohnbarkeitserklärung und den Aufforderungen zur freiwilligen Abhilfe bekannt, dass die Wohnung aufgrund der in den jeweiligen Schreiben benannten Mängel unbewohnbar sei. Da zwischenzeitlich Räumungsklage des Vorvermieters gegen die Mieter hinsichtlich deren vorheriger Wohnung erhoben worden sei, drohe die Obdachlosigkeit der Mieter und ein erhöhtes Interesse an der Instandsetzung des vom Antragsteller vermieteten Wohnraums. Zur Umsetzung dieser Instandsetzungsanordnung genüge der unmittelbare Beginn der ersten Instandsetzungsmaßnahmen, welcher gegenüber der Wohnungsaufsicht zu belegen sei. Soweit zwischenzeitlich Instandsetzungsmaßnahmen umgesetzt wurden, sei die Aufforderung insoweit erledigt. Das angedrohte Zwangsgeld orientiere sich an den voraussichtlichen Instandsetzungskosten für den Fall der Nichtbeseitigung der genannten Schäden, zu denen jeweils einzeln aufgeschlüsselt ein konkreter Zwangsgeldanteil benannt wurde. Die sofortige Vollziehbarkeit sei anzuordnen, da die Mieter aufgrund der Räumungsklage absehbar gezwungen würden, aus der bisherigen Wohnung auszuziehen und daher auf den Wohnraum, den der Antragsteller vermiete, angewiesen seien, um nicht von Obdachlosigkeit bedroht zu werden. Zulasten des Antragstellers sei ein erheblicher Zeitablauf zu berücksichtigen. Da alle angesprochenen Mängel die Nutzbarkeit der Wohnung für eine Familie in erheblicher Weise beeinträchtigen oder sogar unmöglich machen würden, trete das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels zurück.
52Der Antragsteller hat am 04.08.2022 Klage gegen die Unbewohnbarkeitserklärung vom 12.07.2022 erhoben. Am 30.10.2022 hat er diesbezüglich einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Am 08.11.2022 hat er die Klage auf die Instandsetzungsanordnung mit Zwangsgeldandrohung erweitert und gleichzeitig auch diesbezüglich einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.
53Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, die Antragsgegnerin lasse sich von der Mietpartei instrumentalisieren. Dieser habe die Wohnung unrenoviert im aktuellen Zustand übernommen und der Kläger sei davon ausgegangen, dass die Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hätten. Das Mietverhältnis sei angefochten, weshalb die Mieter keine Berechtigung hätten, dort zu wohnen. Der monierte Schimmel sei beseitigt und die Antragsgegnerin sei nicht kompetent, zu beurteilen, ob dieser baubedingt sei. Auch stark sanierungsbedürftiger Wohnraum sei im Rahmen der Vertragsfreiheit vermietbar, daher habe die Mieterin die Wohnung auch zu einer stark reduzierten Kaltmiete übernommen. Starke Verschmutzung werde in § 5 WohnStG nicht erwähnt und bedürfe nicht der Reinigung durch eine Fachfirma, Rollläden und Innentüren seien nicht Bestandteil der Mindestausstattung nach dieser Vorschrift. Die Aufforderung zur Überprüfung der Strominstallation beruhe auf unsubstantiierter Spekulation. Dass die Heizungsanlage nicht gelaufen sei, beruhe auf der Jahreszeit, sodass ein Fehler diesbezüglich nicht festgestellt sei. Insgesamt verlange die Antragsgegnerin die Beseitigung einer Vielzahl von Mängel, wofür es keine gesetzliche Ermächtigung gebe, und trete insoweit eher wie ein Mieterverein auf. Auch die Aufforderung zur freiwilligen Beseitigung sei vor diesem Hintergrund schon rechtswidrig gewesen, da die Beseitigung einer Vielzahl der monierten Mängel von Gesetzes wegen nicht geschuldet sei. Die Androhung des Zwangsgeldes sei mit Blick auf das angedrohte Bußgeld eine Doppelbestrafung, zudem sei hier eine Ersatzvornahme nach § 11 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes des Bundes vorrangig. Die Beklagte habe zu keinem Verfahrenszeitpunkt eine hinreichende Ermessensausübung erkennen lassen und den Antragsteller schließlich weder vor dem Erlass der Unbewohnbarkeitserklärung noch vor dem Erlass der Instandsetzungsanordnung angehört.
54Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
55die aufschiebende Wirkung der Klage vom 04.08.2022 (16 K 4502/22) hinsichtlich des Bescheids der Beklagten vom 12.07.2022 und hinsichtlich des Bescheids vom 07.11.2022 anzuordnen.
56Die Antragsgegnerin beantragt,
57den Antrag abzulehnen.
58Sie bezieht sich zur Begründung auf die angegriffenen Bescheide und führt ergänzend aus, der Antragsteller habe nahezu keine freiwilligen Tätigkeiten ausgeführt, um eine Bewohnbarkeit der Wohnung wiederherzustellen. Aufgrund der drohenden Obdachlosigkeit für die Mieter sei der Erlass der Instandsetzungsanordnung nötig gewesen.
59Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
60II.
61Der Antrag hat nur teilweise Erfolg. Er ist bereits unzulässig, soweit sich der Antragsteller gegen die Ziffern I. 2. und II. des Bescheids vom 12.07.2022 wendet. Im Übrigen ist er hinsichtlich dieses Bescheids unbegründet. Hinsichtlich des Bescheids vom 07.11.2022 ist der Antrag zulässig, aber nur im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
62Der Antrag ist unstatthaft, soweit der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Ziffern I. 2. und II. des Bescheids vom 12.07.2022 begehrt. Die Statthaftigkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO setzt voraus, dass der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz gegen einen Verwaltungsakt begehrt, gegen den aus den in § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 – 3 VwGO genannten Gründen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben.
63Hinsichtlich Ziffer I. 2. des Bescheids vom 12.07.2022 ist dies nicht der Fall, weil es sich bei der Ankündigung, im Fall der Zuwiderhandlung ein Bußgeld gegen den Antragsteller zu verhängen, nicht um einen eine selbstständige Regelung treffenden Verwaltungsakt im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG NRW handelt. Anders als im Verfahren des Verwaltungszwangs ist die vorherige Androhung keine Voraussetzung der Festsetzung eines Bußgelds im Ordnungswidrigkeitenverfahren, sodass Ziffer I. 2. des Bescheids erkennbar nur eine Warnfunktion zukommt.
64Auch Ziffer II. des Bescheids vom 12.07.2022 enthält keine selbstständige Regelung, hinsichtlich der die aufschiebende Wirkung angeordnet werden könnte. Denn aus dem systematischen Zusammenhang zwischen Ziffer I. und Ziffer II. des Bescheids vom 12.07.2022 ergibt sich, dass es sich bei der Aufforderung zur Beseitigung der in Ziffer II. des Bescheids genannten Mängel nicht um eine Instandsetzungsanordnung oder eine Auflage handelt, sondern dass diese Aufforderung rechtlich als auflösende Bedingung im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. VwVfG NRW zu bewerten ist. Für dieses Verständnis spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers,
65vgl. zu diesem Auslegungsmaßstab NK-VwVfG/Holger Weiß, 2. Aufl. 2019, VwVfG § 36 Rn. 45 m. w. N. aus der Rechtsprechung,
66dass in Ziffer I. des Bescheids ausdrücklich formuliert wird, die Unbewohnbarkeit werde „bis zur vollständigen Beseitigung der […] festgestellten Mängel zu II.“ erklärt. Zudem formuliert Ziffer II. des Bescheids, dass der Antragsteller aufgefordert wird, die Mängel freiwillig zu beseitigen. Daraus ergibt sich erkennbar der Regelungswille, mit Ziffer II. noch keine rechtsverbindliche Handlungspflicht für den Antragsteller – sei es im Wege einer eigenständigen Instandsetzungsanordnung oder im Wege einer Auflage – zu begründen. Dieses Verständnis wird bestätigt durch Ziffer III. des Bescheids, mit welchem der Antragsteller vor Erlass einer Instandsetzungsanordnung angehört wird, woraus ebenfalls folgt, dass eine solche mit Ziffer II. des Bescheids gerade noch nicht getroffen werden soll.
67Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die in Ziffer II. des Bescheids vom 12.07.2022 aufgelisteten Mängel allesamt wesentliche Beeinträchtigungen im Sinne der §§ 5 – 6 WohnStG NRW darstellen. Ebenso wenig bedarf es einer Bewertung im Rahmen des Eilverfahrens, ob die Schreiben der Antragsgegnerin vom 16.09.2022 und vom 25.10.2022 insoweit als Änderungsverwaltungsakte zu verstehen sind, die die in Ziffer II. des Bescheids vom 12.07.2022 aufgeführte Bedingung abwandeln. Denn eine Bedingung ist weder vollstreckungsfähig noch vollziehungsbedürftig,
68vgl. BeckOK VwVfG/Tiedemann, 57. Ed. 01.07.2022, VwVfG § 36 Rn. 96,
69sodass eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung insoweit bereits dem Grunde nach ins Leere ginge.
70Selbst wenn man dies anders sähe, würde es hinsichtlich der Ziffer II. des Bescheids vom 12.07.2022 jedenfalls an einer Antragsbefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO fehlen. Denn die hierin getroffene auflösende Bedingung wirkt lediglich zugunsten des Antragstellers. Tritt nämlich das hierin geregelte Ereignis – die Beseitigung der in Ziffer II. genannten Mängel – ein, so hat dies lediglich zur Folge, dass die Unbewohnbarkeitserklärung in Ziffer I. 1. des Bescheids ihre Wirksamkeit verlöre. Da es sich bei dieser um eine ausschließlich belastende Regelung handelt, kann die auflösende Bedingung also lediglich zu einer Begünstigung des Antragstellers in Form der Aufhebung der Unbewohnbarkeitserklärung führen. Da der Antragsteller keinen subjektiven Anspruch darauf hat, dass eine Unbewohnbarkeitserklärung überhaupt mit einer zu seinen Gunsten wirkenden auflösenden Bedingung versehen wird, kann es ihn auch nicht in seinen Rechten verletzen, wenn die Bedingung Mängel enthalten sollte, die nicht zugleich zum Gegenstand einer Anordnung nach § 4 WohnStG NRW gemacht werden dürften.
71Soweit der Antrag im Übrigen zulässig ist, ist er teilweise begründet.
72Gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung u. a. in den Fällen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 19 Abs. 6 WohnStG NRW ganz oder teilweise anordnen. Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist nach der auch in den Fällen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO auf das gerichtliche Verfahren entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 80 Abs. 4 S. 3 VwGO, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel i.S.d. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes rechtfertigen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels allerdings nur dann, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg im Klageverfahren wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen.
73Nach diesem Maßstab war hier die aufschiebende im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Wirkung anzuordnen, da aufgrund einer summarischen Prüfung zwar keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Unbewohnbarkeitserklärung im Bescheid vom 12.07.2022 (dazu 1.), allerdings teilweise hinsichtlich der Instandsetzungsanordnung mit Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 07.11.2022 (dazu 2.) bestehen.
741.
75Die Unbewohnbarkeitserklärung in Ziffer I. des Bescheids vom 12.07.2022 stellt sich jedenfalls zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt als voraussichtlich rechtmäßig dar. Abzustellen ist insoweit auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Da das vorläufige Rechtsschutzverfahren der Sicherung des Hauptsacherechtsschutzes dient, muss sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Hauptsacheerfolges im vorläufigen Rechtsschutzverfahren dementsprechend nach dem Hauptsacheverfahren richten.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2008 – 13 B 1171/08 –, Rn. 15, juris; NK-VwGO/Adelheid Puttler, 5. Aufl. 2018, VwGO § 80 Rn. 162.
77Hier ist in der Hauptsache eine Anfechtungsklage gegen die Unbewohnbarkeitserklärung erhoben. Bei dieser handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt, da die hierin liegende (Wohn-)Nutzungsuntersagung auf Fortwirkung angelegt ist sodass in der Hauptsache auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen wäre.
78Vgl. speziell zur Unbewohnbarkeitserklärung VG Augsburg, Urteil vom 9. Oktober 2003 – Au 8 K 03.916 –, Rn. 31, juris; allgemein Eyermann/Schübel-Pfister, 16. Aufl. 2022, VwGO § 113 Rn. 58.
79Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 WohnStG NRW kann die Gemeinde Wohnraum für unbewohnbar erklären, wenn die Mindestanforderungen vom Sinne von § 5 Abs. 1 WohnStG NRW nicht erfüllt sind oder wenn Mängel der in § 6 Abs. 1 WohnStG NRW genannten Art den Gebrauch zu Wohnzwecken erheblich beeinträchtigen und deswegen gesundheitliche Schäden für die Bewohner zu befürchten sind. Von einer Unterschreitung der Mindestanforderungen ist nach § 5 Abs. 1 S. 2 WohnStG NRW insbesondere dann auszugehen, wenn die zentrale Stromversorgung oder bei Zentralheizungen die zentrale Versorgung mit Heizenergie fehlt oder ungenügend ist (Nr. 1), Heizungsanlagen, Feuerstätten oder ihre Verbindungen mit den Schornstein fehlen oder ungenügend sind (Nr. 2), Wasserversorgung, Entwässerung- oder Sanitäranlagen fehlen oder ungenügend sind (Nr. 3) oder kein ausreichender Schutz gegen Witterungseinflüsse oder Feuchtigkeit besteht (Nr. 5). Von einer ungenügenden Ausstattung ist auszugehen, wenn der ordnungsgemäße Betrieb der in den Nr. 1-4 genannten Anlagen nicht möglich ist, § 5 Abs. 1 S. 3 WohnStG NRW. Mit diesen Vorgaben korrespondierend regelt § 6 Abs. 1 WohnStG NRW, dass der Gebrauch zu Wohnzwecken insbesondere dann erheblich beeinträchtigt ist, wenn Heizungsanlagen, Feuerstätten oder ihre Verbindung mit den Schornsteinen sich nicht ordnungsgemäß benutzen lassen (Nr. 1), Dächer, Wände, Decken, Fußböden, Fenster oder Türen keinen ausreichenden Schutz gegen Witterungseinflüsse oder gegen Feuchtigkeit bieten (Nr. 2) oder Wasserversorgung, Entwässerungs- oder sanitäre Anlagen sich nicht ordnungsgemäß benutzen lassen (Nr. 3). Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass § 6 WohnStG NRW in Abgrenzung zur § 5 WohnStG NRW solche Mängel auflistet, die durch unterlassene Instandhaltung eintreten, während § 5 WohnStG allgemeine Mindestanforderungen auflistet.
80Vgl. die Begründung zum Gesetzesentwurf der Landesregierung, Landtagsdrucksache 17/12073, S. 35.
81Es handelt sich um regelbeispielhafte Aufzählungen, was aus der jeweiligen Formulierung mit dem Wort „insbesondere“ folgt. Daher können grundsätzlich auch andere Mängel zu der Bewertung führen, dass die Mindestanforderungen an angemessene Wohnverhältnisse unterschritten sind bzw. der Gebrauch zu Wohnzwecken erheblich beeinträchtigt ist.
82Vgl. Landtagsdrucksache 17/12073, S. 32-33, 35.
83Werden Räume als Wohnung vermietet, müssen sie im Zeitpunkt der Anmietung für diesen Nutzungszweck geeignet sein. Die Bewohner können erwarten, dass die von ihnen angemieteten Räume einen Mindeststandard aufweisen, der der üblichen Ausstattung vergleichbarer Räume entspricht. Der Verfügungsberechtigte schuldet danach auch ohne ausdrückliche Vereinbarung einen Mindeststandard, der zeitgemäßes Wohnen ermöglicht und alle mit der Haushaltsführung verbundenen Tätigkeiten unter Einsatz technischer Hilfsmittel erlaubt.
84Vgl. Landtagsdrucksache 17/12073, S. 33.
85Eine unerhebliche Beeinträchtigung ist dementsprechend gegeben, wenn es sich um eine vergleichsweise bagatellartige Einschränkung handelt, die die Nutzungsfunktion zu Wohnzwecken nicht erheblich einschränkt, wobei eine Kumulation von Einzelmängeln ebenfalls zu einer erheblichen Gebrauchsbeeinträchtigung führen kann. Mängel, die unter den mietrechtlichen Begriff der Schönheitsreparaturen fallen, sollen aber regelmäßig nicht als erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung zu bewerten sein.
86Vgl. Landtagsdrucksache 17/12073, S. 32.
87Mit Blick auf den Wortlaut insbesondere des § 5 WohnStG, der insoweit von Mindestanforderungen spricht, darf nicht jede Einschränkung, die mietrechtlich als Mangel zu bewerten wäre, zugleich ein ordnungsbehördliches Eingreifen rechtfertigen. Können die wesentlichen Funktionen der Wohnnutzung unter nur geringfügigen Einschränkungen durch die Bewohner wahrgenommen werden, spricht dies für eine wohnrechtlich unerhebliche Beeinträchtigung. Es ist insoweit nicht die Aufgab des Wohnordnungsrechts, die Beseitigung jeder Form des Mietmangels mit ordnungsbehördlichen (Zwangs-)Mitteln durchzusetzen. Vielmehr ist die Wohnungsaufsicht auf das Eingreifen im Fall der Unterschreitung des notwendigen Mindeststandards beschränkt.
88Unter Berücksichtigung dessen ist hinsichtlich der gegenständlichen Wohnung auch zum Entscheidungszeitpunkt weiterhin von einer erheblichen Unterschreitung der wohnrechtlichen Mindestanforderungen auszugehen.
89Die im Rahmen des Ortstermins am 13.09.2022 gefertigten Lichtbilder zeigen, dass wesentliche Voraussetzungen einer den obigen Maßstäben auch nur ansatzweise gerecht werdenden Wohnnutzung nicht vorliegen. So waren zu diesem Zeitpunkt sämtliche Heizkörper deinstalliert, sodass eine Beheizung der Wohnung nicht möglich ist (§§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 6 Abs. 1 Nr. 1 WohnStG NRW). Das Badezimmer befand sich in einem vollständigen Rohbauzustand, sodass es an jeglicher Mindestausstattung hinsichtlich der notwendigen sanitären Anlagen fehlt (§§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 6 Abs. 1 Nr. 3 WohnStG NRW). Vor diesem Hintergrund sowie der erkennbaren Eingriffe in die grundlegende Bausubstanz – in der Wand des Badezimmers befindet sich ein wohl nahezu mannshohes Loch, welches in ein anderes Zimmer führt (Bl. 73 der Verwaltungsvorgänge) – ist auch nicht davon auszugehen, dass zumindest in diesem Bereich Wände und Fußboden einen hinreichenden Schutz gegen Feuchtigkeit bieten (§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, 6 Abs. 1 Nr. 2 WohnStG NRW).
90Die Erkenntnisse aus den Ortsterminen der Antragsgegnerin sind auch verwertbar. Die Besichtigung der verfahrensgegenständlichen Wohnung zur Gewinnung von Erkenntnissen ist insbesondere nicht vom Einverständnis des Antragstellers als Verfügungsberechtigtem abhängig. Denn er hat gemäß § 18 Abs. 1 und 2 WohnStG NRW den Beauftragten der Gemeinden das Betreten des Wohnraums im Rahmen der Erforderlichkeit zu gestatten und nach diesem Gesetz angeordnete Maßnahmen zu dulden.
91Es ist nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand auch nicht davon auszugehen, dass diese Zustände zum Entscheidungszeitpunkt beseitigt wurden. Der Antragsteller hat weder im hiesigen Eilverfahren noch im zugehörigen Hauptsacheverfahren behauptet, diese Mängel beseitigt zu haben. Seine bisherigen Ausführungen legen sogar den gegenteiligen Schluss nahe. So hat er etwa im Hauptsacheverfahren ausgeführt, er finde keine Handwerker und es sei zulässig, eine Wohnung auch ohne Bodenbeläge zu vermieten (Schriftsatz vom 08.11.2022 im Verfahren 16 K 4502/22, Bl. 71 der Gerichtsakte der Hauptsache), und auf diese Ausführungen im Eilverfahren Bezug genommen.
92Es ist auch davon auszugehen, dass im Falle eines Bewohnens dieser Räumlichkeiten im gegenwärtigen Zustand für die Bewohner gesundheitliche Schäden zu befürchten wären. Mangels sanitärer Anlagen oder Heizungseinrichtungen sowie einer offensichtlich nicht gegebenen Isolierung in Teilen der Räumlichkeiten ist ohne weiteres anzunehmen, dass eine Bewohnung des verfahrensgegenständlichen Wohnraums zu Infektionen der Bewohner – sei es aus hygienischen oder witterungsbedingten Gründen – führen würde.
93Die Antragsgegnerin hat hinsichtlich des Ausspruchs der Unbewohnbarkeitserklärung in Ziffer I. auch ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Sie hat insbesondere das Interesse des Antragstellers an der wirtschaftlichen Verwertung der Wohnung mit dem Interesse der Bewohner an deren Gesundheitsschutz abgewogen und ist nachvollziehbar zu dem Schluss gekommen, dass der Schutz der Gesundheit das überwiegende Rechtsgut darstellt.
94Soweit der Antragsteller argumentiert, die Mieter seiner Wohnung würden die Antragsgegnerin instrumentalisieren und hätten im Rahmen der Vertragsfreiheit einer Miete der Wohnung in diesem Zustand zugestimmt, führt dies nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Unbewohnbarkeitserklärung. Es ist bereits dem Grunde nach strittig und Gegenstand eines vom Gericht nicht zu bewertenden Mietrechtsstreit zwischen dem Antragsteller und seinen Mietern, ob und inwieweit der abgeschlossene Mietvertrag wirksam ist und welche Vereinbarungen ihm zugrunde lagen. Aus wohnordnungsrechtlicher Perspektive überwiegt insoweit jedenfalls die aus der Gesetzesbegründung hervorgehende Wertung des Gesetzgebers, dass als solcher vermieteter Wohnraum grundlegende Anforderungen erfüllen muss. Diese auch dem Schutz der Allgemeinheit dienenden Vorgaben sind auch im Rahmen der Vertragsfreiheit nicht disponibel.
95Der Erlass des Bescheides vom 12.07.2022 ist schließlich auch in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Es führt insbesondere nicht zu einem relevanten Verfahrensfehler, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller nicht bereits vor Erlass der Unbewohnbarkeitserklärung unter Fristsetzung zur freiwilligen Abhilfe aufgefordert oder dem Antragsteller vorher im Rahmen einer Anhörung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Zwar soll nach § 19 Abs. 1 S. 1 WohnStG NRW vor Erlass einer Anordnung oder Unbewohnbarkeitserklärung versucht werden, die Verpflichteten zu einer freiwilligen Abhilfe zu veranlassen und gemäß § 19 Abs. 2 S. 1 WohnStG NRW ist den Betroffenen zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist jedoch auch hierbei das oberste Ziel, eine unverzügliche Wiederherstellung der Gebrauchsfähigkeit des Wohnraums zu veranlassen, sodass abweichend von § 19 Abs. 1 S. 1 WohnStG NRW in begründeten Fällen von einer vorherigen Abhilfe abgesehen werden kann.
96Vgl. die Begründung zum Gesetzesentwurf der Landesregierung, Landtagsdrucksache 17/12073, S. 58.
97Dementsprechend sieht § 19 Abs. 3 WohnStG NRW vor, dass § 19 Abs. 1 und Abs. 2 WohnStG NRW keine Anwendung finden, wenn Art und Umfang der Mängel den Erlass einer sofortigen Anordnung erfordern. Diese Voraussetzung lag hier vor, weil zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 12.07.2022 die Wohnung nachweislich mit erheblichem großflächigem Schimmel befallen war. Eine auch nur kurzzeitige Bewohnung hätte deshalb erhebliche Gesundheitsrisiken verursacht, weshalb es gerechtfertigt war, die Unbewohnbarkeit ohne vorherige Anhörung oder Aufforderung zur Selbstabhilfe auszusprechen. Ob eine Anhörung auch nach § 28 VwVfG NRW erforderlich gewesen wäre oder nicht, kann dahinstehen, da es sich bei den Regelungen in § 19 WohnStG insoweit um eine abschließende Spezialregelung handelt.
982.
99Anzuordnen war die aufschiebende Wirkung jedoch im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang hinsichtlich des Bescheides vom 07.11.2022, weil insoweit teilweise ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der mit diesem Bescheid getroffenen Regelungen bestehen.
100Dahinstehen lassen kann das Gericht zunächst, ob die in Ziffer III. des Bescheids vom 07.11.2022 getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehung ordnungsgemäß im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO begründet wurde. Denn die Anordnung der sofortigen Vollziehung geht hier rechtlich ins Leere, weil sie auf die regelnde Herstellung eines Zustands gerichtet ist, welcher bereits von Gesetzes wegen besteht. Eine Instandsetzungsanordnung nach § 4 WohnStG NRW ist nämlich bereits gemäß § 19 Abs. 6 WohnStG NRW als Maßnahme nach diesem Gesetz sofort vollziehbar, sodass es einer Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht bedarf. Dementsprechend wäre auch eine mangelhafte Begründung der Anordnung unschädlich.
101Die in Ziffer I. des Bescheids vom 07.11.2022 getroffene Instandsetzungsanordnung dürfte teilweise rechtswidrig sein und den Antragsteller in seinen Rechten verletzten. Sie kann nur teilweise auf § 4 Abs. 1, Abs. 2 WohnStG NRW gestützt werden. Nach diesen Vorschriften soll die Gemeinde anordnen, dass der Verfügungsberechtigte die Mindestanforderungen nach § 5 WohnStG NRW erfüllt, wenn Wohnraum nicht den dort geregelten Mindestanforderungen an angemessene Wohnverhältnisse entspricht (Abs. 1), bzw. anordnen, dass der Verfügungsberechtigte die erforderlichen Maßnahmen nachholt, wenn am Wohnraum Arbeiten unterblieben oder unzureichend ausgeführt wurden, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung des für den Gebrauch zu Wohnzwecken geeigneten Zustands nach § 6 WohnStG NRW notwendig gewesen wären (Abs. 2).
102Die Voraussetzungen für eine derartige Anordnung lagen hier nur teilweise vor, weil es sich bei einem erheblichen Anteil der in den Ziffern I. 1. bis I. 13. des Bescheids vom 07.11.2022 angeordneten Maßnahmen nicht um erforderliche Maßnahmen zur Herstellung der wohnrechtlichen Mindestanforderungen bzw. zur Wiederherstellung des für den Gebrauch zu Wohnzwecken geeigneten Zustands handelt. Wie oben bereits dargelegt wurde, setzt ein ordnungsbehördliches Einschreiten solche Mängel voraus, die die Funktionen einer Wohnnutzung erheblich beeinträchtigen und den Mindeststandard unterschreiten, der von jeder als solcher vermieteten Wohnung erwartet werden kann. Dementsprechend kann nicht jeder als bloße Unannehmlichkeit zu bewertende Mangel die ordnungsbehördliche Verpflichtung zur Instandsetzung tragen.
103Keinen wohnordnungsrechtlich erheblichen Mangel stellen dementsprechend die in der Wohnung nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand defekten Rollläden dar (Ziffer I. 2 und Ziffer I. 11 des Bescheids vom 07.11.2022). Denn funktionsfähige Rollläden stellen keine zur Wohnnutzung grundsätzlich erforderlichen Einrichtungen dar und sind insbesondere mit den in § 5 Abs. 1 – 4 WohnStG NRW genannten Einrichtungen und Anlagen hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Wohnnutzung nicht vergleichbar. Dementsprechend haben defekte Rollläden in der mietrechtlichen Rechtsprechung regelmäßig zu keinen oder nur geringfügigen Mietminderungen geführt.
104Vgl. z. B. AG Warendorf, Urteil vom 28. März 2000 – 5 C 472/99 –, Rn. 17, juris: Minderung um 5 % bei mehreren defekten Rolläden; zu weiteren noch zurückhaltenderen Entscheidungen vgl. die Nachweise bei Börstinghaus, Mietminderungstabelle, 4. Auflage 2017, Tabelle 5 Lfd. Nr. 73 und 157.
105Ebenfalls keinen wohnordnungsrechtlich erheblichen Mangel stellen die in der Wohnung nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand fehlenden Türzargen und das Fehlen von Zimmertüren dar (betrifft Ziffern I. 1. – I. 5. und I. 11. des Bescheids vom 07.11.2022). Zwar ist nicht abzustreiten, dass das Fehlen von Zimmertüren gewisse Einschränkungen hinsichtlich Rückzugssphären und der Isolation von Geräuschen und Gerüchen mit sich bringt.
106Vgl. AG Hamburg-Altona, Urteil vom 14. Januar 2008 – 314a C 172/07 –, Rn. 35, juris, welches insoweit eine Mietminderung von 25 % angenommen hat.
107Diese Einschränkungen sind jedoch in ihrer Qualität (noch) nicht vergleichbar mit etwa dem Fehlen oder der Funktionsunfähigkeit von Heizungs- oder Sanitäranlagen. So ist auch in der mietrechtlichen Rechtsprechung angenommen worden, dass es etwa möglich ist, den Bezug einer Mietwohnung zu vereinbaren, in welcher eine Tür fehlt, ohne dass dies einen Mangel darstellen muss, wenn die Mietparteien sich hierüber ausdrücklich oder stillschweigend als vertragsgemäßen Zustand geeinigt haben.
108Vgl. AG Charlottenburg, Urteil vom 7. Mai 2004 – 232 C 24/04 –, juris, wo bei einer fehlenden Tür zwischen Wohn- und Schlafzimmer kein Mangel angenommen wurde.
109Damit soll nicht in Abrede gestellt werden, dass das Fehlen von Zimmertüren für die Bewohner eine spürbare Unannehmlichkeit darstellt, die auch durch eigene Behelfsmaßnahmen etwa durch Abhängen der Durchgänge nicht vollständig beseitigt werden kann. Anders als das Fehlen fundamentaler Einrichtungen oder einem ungenügenden Schutz vor eindringender Feuchtigkeit oder Witterungsverhältnissen bringen fehlende Zimmertüren die Wohnnutzung aber (noch) nicht an den Rand der Unzumutbarkeit.
110Erhebliche Mängel im Sinne des Wohnordnungsrechts stellen dagegen die den Anordnungen zur vollständigen Ausstattung des Badezimmers mit Fliesen bzw. Wand- und Deckenverkleidung (Ziffer I. 9. des Bescheids vom 07.11.2022) und zur Ausstattung aller Räume mit bewohnbaren Böden (Ziffer I. 12 des Bescheids vom 07.11.2022) zugrunde liegenden Defizite dar. Denn eine diesen Anforderungen entsprechende Ausstattung ist schon zur Gewährleistung eines hinreichenden Schutzes vor Feuchtigkeit und Witterungseinflüssen nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 WohnStG NRW erforderlich. Einen solchen Witterungseinfluss stellen insbesondere auch Kälteeinwirkungen dar,
111vgl. Landtagsdrucksache 17/12073, S. 36,
112von denen bei fehlender Boden- oder Wandverkleidung im Winter ohne weiteres ausgegangen werden kann. Aus dem gleichen Grund rechtfertigt sich die Anordnung in Ziffer I. 8. des Bescheids vom 07.11.2022, das Wandloch zwischen Badezimmer und Kinderzimmer fachgerecht zu schließen und zu verputzen.
113Die Anordnung zur Installation einer Bade-/Duschwanne, eines WC-Beckens und von Armaturen in Ziffer I. 8. des Bescheids vom 07.11.2022 ist ebenfalls nicht zu beanstanden, da das Fehlen dieser sanitären Anlagen eine erhebliche Unterschreitung der Mindestanforderungen darstellt, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 WohnStG NRW. Einen ebenfalls explizit geregelten wohnordnungsrechtlichen Mangel, der daher auch zu Recht in Ziffer I. 13 der Instandsetzungsanordnung aufgenommen wurde, stellt das Fehlen von Heizkörpern dar, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 WohnStG NRW.
114Schließlich ist auch die Anordnung, die Fugen der Fenster im Wohnzimmer (Ziffer I. 6.), der Balkontüre im Schlafzimmer (Ziffer I. 9.) und der Balkontür zum linken Balkon im Kinderzimmer hinten links (Ziffer I. 10.) zu erneuern, rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Verfugung dieser Einrichtungen dient dem Schutz des Wohnraums vor Witterungseinflüssen wie Zugluft, Kälte oder Feuchtigkeit. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich die Bedeutung gerade von Fenstern und Außentüren besonders hervorgehoben.
115Vgl. Landtagsdrucksache 17/12073, S. 36.
116Eine Korrosion der Fugen kann insoweit zu einer Wasserdurchlässigkeit führen und die Schimmelpilzbildung nachhaltig begünstigen. Derartige Mängel haben in der mietrechtlichen Rechtsprechung dementsprechend teilweise auch zu erheblichen Mietminderungen geführt.
117Vgl. AG Bremen, Urteil vom 16. Juni 2015 – 9 C 447/13 –, Rn. 22, juris, wo eine Mietminderung von 30 % angenommen wurde.
118Zwar wurden in der Rechtsprechung bei mangelhaften Fugen teilweise auch deutlich geringere Minderungswerte angesetzt,
119vgl. z. B. LG Berlin, Urteil vom 14. Dezember 2006 – 67 S 207/06 –, Rn. 38 - 39, juris,
120vor dem Hintergrund der gerade in der verfahrensgegenständlichen Wohnung vorhandenen massiven Schimmelproblematik liegt jedoch der Schluss nahe, dass die mangelhaften Fugen zumindest Teilursache der Feuchtigkeitsprobleme in der Wohnung sind. Angesichts dessen sowie der gesetzgeberischen Betonung der Bedeutung einer Abdichtung von Wohnraum gegen Kälte und Feuchtigkeit ist jedenfalls im hiesigen Einzelfall die Anordnung zur Instandsetzung der Verfugung gerechtfertigt.
121Ermessensfehler sind hinsichtlich der Instandsetzungsanordnung, soweit das Gericht die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Instandsetzungsanordnung annimmt, nicht ersichtlich. Wie sich aus der Formulierung des § 4 WohnStG NRW mit „soll“ ergibt, stellt der Erlass einer Instandsetzungsanordnung bei Vorliegen von erheblichen Mängeln den Regelfall dar. Gründe dafür, dass im hiesigen Fall eine atypische Ausnahmesituation vorliegt, sind nicht ersichtlich. Etwas anderes ergibt sich insbesondere auch nicht aus der geltend gemachten Anfechtung des Mietverhältnisses durch den Antragsteller. Denn Streitigkeiten über die zivilrechtliche Wirksamkeit und das Fortbestehen des Mietverhältnisses dürften in einem Fall, in dem derart erhebliche Mängel vorliegen, den Regelfall darstellen, sodass dies keinen atypischen vom Gesetzgeber nicht vorhergesehenen Fall begründen kann. Diesbezüglich ist auch zu beachten, dass bei einem Streit zwischen dem Verfügungsberechtigten und den Bewohnern über die Nutzungsberechtigung der Bewohner regelmäßig noch ein Nutzungsinteresse der Bewohner besteht und diese jedenfalls für die Dauer des Streits den Wohnraum regelmäßig noch bewohnen werden, sodass Maßnahmen zu deren Schutz auch bis zu einer zivilgerichtlichen Klärung aus Sicht des Gesetzgebers für erforderlich gehalten wurden.
122Ernstliche Zweifel bestehen auch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung in Ziffer II. des Bescheids vom 07.11.2022, soweit dort ein Zwangsgeld für das Unterlassen der in Ziffer I. genannten Anordnungen angedroht wird, an deren Rechtmäßigkeit nach dem Vorstehenden ernstliche Zweifel bestehen. Denn geht man davon aus, dass diese Anordnungen im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens der Aufhebung unterliegen werden, ist auch davon auszugehen, dass die Zwangsgeldandrohung insoweit aufzuheben sein wird. Daher ist auch insoweit die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
123Keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung bestehen, soweit sie sich auf die übrigen, rechtlich voraussichtlich nicht zu beanstandenden Anordnungen in Ziffer I. des Bescheids vom 07.11.2022 beziehen. Die Antragsgegnerin konnte die Androhung insoweit auf §§ 55 Abs. 2, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 VwVG NRW stützen.
124Die Auswahl des Zwangsgelds als Zwangsmittel begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Ist ein Zwangsmittel nicht seinem Wesen nach ausgeschlossen, ist es grundsätzlich eine Frage der Zweckmäßigkeit und von der Behörde im Rahmen ihres Ermessens zu entscheiden, welches Zwangsmittel angewandt werden soll. Anders als in § 11 Abs. 1 S. 2 VwVG des Bundes sieht § 60 des insoweit allein maßgeblichen VwVG NRW keinen Vorrang der Ersatzvornahme bei vertretbaren Handlungen vor. Auch die Regelung des § 20 WohnStG NRW ist nicht so zu verstehen, dass im Anwendungsbereich dieses Gesetzes lediglich die Ersatzvornahme als Zwangsmittel zulässig wäre. Es handelt sich ersichtlich um eine ergänzende Regelung zu den allgemeinen Vorschriften des VwVG NRW, von deren Anwendbarkeit auch der Gesetzgeber ausgegangen ist.
125Vgl. Landtagsdrucksache 17/12073, S. 36.
126Soweit der Antragsteller einwendet, das Zwangsgeld übersteige die maximal zu verhängende Geldbuße von 5.000 EUR und erwecke den Eindruck einer Doppelbestrafung, dringt dieses Argument nicht durch. Es ergibt sich bereits aus der gesetzlichen Regelung des § 57 Abs. 3 S. 1 VwVG NRW, dass Zwangsmittel neben einer Strafe oder Geldbuße angedroht werden können. Das Zwangsgeld als Mittel zur Durchsetzung des Verwaltungszwangs einerseits und das Bußgeld als Sanktion für einen Rechtsverstoß andererseits sind insoweit aufgrund ihrer unterschiedlichen Zielrichtungen strikt zu unterscheiden. Auch die Befugnis der Antragsgegnerin, das Zwangsmittel erforderlichenfalls zu wiederholen, folgt schon aus der gesetzlichen Regelung des § 57 Abs. 3 S. 1 VwVG NRW. Nur ergänzend ist angesichts dessen zu bemerken, dass § 21 Abs. 4 WohnStG NRW entgegen der Auffassung des Antragstellers ein Bußgeld von bis zu 500.000 EUR zulässt.
127Das angedrohte Zwangsgeld ist auch im Übrigen hinsichtlich der Höhe nicht zu beanstanden. Gemäß § 60 Abs. 1 S. 2 VwVG NRW ist bei der Bemessung des Zwangsgelds das wirtschaftliche Interesse des Betroffenen an der Nichtbefolgung zu berücksichtigen. Da die Instandsetzungsanordnung hier die Beauftragung verschiedener Handwerker erforderlich macht, ist es dem Grunde nach ermessensfehlerfrei, sich an einer prognostizierten Höhe der zu erwartenden Handwerksleistungen zu orientieren. Dass die Prognose der zu erwartenden Handwerkskosten zu niedrig ausgefallen sein mag, bedarf keiner Bewertung, weil dies nicht zu einem zu Gunsten des Antragstellers wirkenden Rechtsfehler führen würde. Denn soweit der Antragsteller argumentiert, zu den im einzelnen aufgelisteten Zwangsgeldbeträgen seien Handwerker nicht zu bekommen, so begründet er damit lediglich, dass die Antragsgegnerin berechtigt gewesen wäre, (noch) höhere Beträge anzusetzen. Es macht die Zwangsgeldandrohung nicht rechtswidrig, wenn die Vollstreckungsbehörde den Rahmen eines möglichen Zwangsgelds nicht bis zur Obergrenze ausschöpft.
128Das Gericht konnte sich hier gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO auf eine teilweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der im Tenor benannten Ziffern des Bescheids beschränken, weil die Regelungen des Bescheids vom 07.11.2022 insoweit teilbar sind.
129Vgl. zu dieser Anforderung OVG Berlin, Beschluss vom 26. August 2003 – 2 B 16.03 –, Rn. 7, juris; Eyermann/Hoppe, 16. Aufl. 2022, VwGO § 80 Rn. 109.
130Dies gilt insbesondere auch für die in Ziffer II. des Bescheids getroffene Zwangsgeldandrohung. Zwar benennt diese im Bescheidtenor nur ein Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 7.400 EUR. Aus der Begründung des Bescheids vom 07.11.2022 geht aber hervor, dass die Antragsgegnerin diesem Betrag eine Einzelaufschlüsselung von Teilbeträgen hinsichtlich jeder einzelnen in Ziffer I. des Bescheids getroffenen Instandsetzungsanordnung zugrunde gelegt hat. Vor diesem Hintergrund kann unter Zuhilfenahme der Begründung differenziert werden, welche Teilbeträge für welche Maßnahme festgesetzt werden sollen und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kann auf die Teile der Androhung beschränkt werden, die sich auf die voraussichtlich rechtswidrigen Ziffern I.1 – I. 5. sowie I. 11 des Bescheids vom 07.11.2022 beziehen.
131Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO. Die Antragsgegnerin ist hier nur zu einem geringen Teil unterlegen, weil die aufschiebende Wirkung im Ergebnis nur hinsichtlich vereinzelter Maßnahmen im Rahmen der Instandsetzungsanordnung angeordnet wurde. Setzt man die voraussichtlichen Kosten dieser Maßnahmen, wie sie sich aus der Begründung der Zwangsgeldandrohung ergeben, ins Verhältnis zum Gesamtgegenstandswert, so obsiegt der Antragsteller lediglich mit einem geringfügigen Anteil von etwa 5 Prozent.
132Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an der Bedeutung der Sache für den Antragsteller, §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht hat dabei hinsichtlich des Bescheids vom 12.07.2022 und der darin enthaltenden Unbewohnbarkeitserklärung einen Betrag von 30.000 EUR zugrunde gelegt, da nicht davon auszugehen ist, dass die der Unbewohnbarkeitserklärung zugrunde liegenden Mängel sich mit einem geringeren Betrag beseitigen lassen. Insoweit orientiert sich das Gericht an den geschätzten Kosten der veranschlagten Maßnahme.
133Vgl. Ziffer 56.7 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Auflage 2022, Anhang Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
134Dies entspricht der Angabe des Antragstellers, der in seinem Schriftsatz vom 30.10.2022 angegeben hat, aufgrund des Vormieters nun mit Kosten von weit mehr als 30.000 EUR belastet zu werden.
135Hierzu war ein Betrag von 7.400 EUR als geschätzte Kosten der Instandsetzungsanordnung im Bescheid vom 07.11.2022 zu addieren. Zwar entsprechen sich teilweise die in den beiden Bescheiden zugrunde gelegten Mängel. Die Instandsetzungsanordnung beinhaltet jedoch einige Mängel, die beim Erlass der Unbewohnbarkeitserklärung den Beteiligten noch nicht bekannt oder noch nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens waren. Da insoweit neue Kosten eingeführt wurden, hat das Gericht die Werte nicht verrechnet, sondern addiert. Da die Zwangsgeldandrohung in Ziffer II. des Bescheids vom 07.11.2022 diese geschätzte Höhe nicht übersteigt, war sie nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen.
136Vgl. Ziffer 1.7.2 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Auflage 2022, Anhang Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
137Die hieraus gebildete Summe von 37.400 EUR hat das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert.
138Vgl. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Auflage 2022, Anhang Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
139Rechtsmittelbelehrung
140Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
141Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
142Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
143Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
144Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
145Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
146Die Beschwerde ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
147Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
148Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.