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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
2Der 1979 geborene Kläger ist seit dem 01.04.2002 bei der Beklagten als beamteter Berufsfeuerwehrmann tätig. Mit Bescheid des Amtes für soziale Angelegenheiten V. vom 09.11.2011 wurde er mit einem Grad der Behinderung von 50 und dem Merkzeichen RF aufgrund einer Hörminderung als schwerbehindert anerkannt. Am 10.01.2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten einen Zuschuss aus den Mittel der Ausgleichsabgabe für die Kosten einer Hörgeräteversorgung gemäß Rechnung der Firma Hörakustik I. /D. P. -C. vom 27.11.2018 über insgesamt 3.728,00 Euro.
3Mit Bescheid vom 03.05.2019 bewilligte die Beklagte einen Zuschuss in Höhe von 82,40 Euro. Hierbei rechnete sie auf den Rechnungsbetrag neben einem Festzuschuss der XXX-E. in Höhe von 1.500,00 Euro und eine Beihilfeleistung in Höhe von 1.400,00 Euro einen Eigenanteil auf die Rechnungssumme von 20 % (= 745,60) an, sodass 82,40 Euro als Zuschussbetrag verblieben.
4Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und verwies darauf, dass er das Hörgerät ausschließlich für die Arbeit verwende. Für den privaten Bereich verfüge er über anderes Hörgeräte, die dort auch vollkommen ausreichend seien. Die neuen Hörgeräte belasse er stets in seinem Spind, wenn er die Arbeit verlasse. Es sei ermessensfehlerhaft, einen Eigenanteil für ausschließlich beruflich genutzte Hilfsmittel anzurechnen.
5Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2019 wies der Landschaftsverband Rheinland – Widerspruchsausschuss beim LVR-Inklusionsamt – den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Er bejahte die grundsätzlichen Voraussetzungen einer Bezuschussung, verwies jedoch darauf, dass nach Ziff. 2.3.4 der Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH-Empfehlungen) aufgrund der privaten Nutzbarkeit der Hörgeräte ein Eigenanteil in Höhe von 20 % des Anschaffungspreises zu berücksichtigen sei. Hörgeräte seien keine Hilfsmittel, die typischerweise nur am Arbeitsplatz eingesetzt werden könnten. Sie böten auch im Privatleben eine oft erhebliche Erleichterung. Hinsichtlich der Höhe der Bezuschussung stehe der Beklagten ein weites Ermessen zu, das nur durch die Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel, den Zweck der Ausgleichabgabe und die Bedürfnisse des schwerbehinderten Menschen eingeschränkt werde. Ein Anteil von 20 % sei sachgerecht, angemessen und zumutbar. Eine andere Betrachtung ergebe sich auch nicht aus dem Vorbringen, die Hörgeräte ausschließlich beruflich zu nutzen. Es widerspreche der Lebenswirklichkeit, dass Hörhilfen nicht auch privat genutzt würden.
6Der Kläger hat am 08.01.2020 Klage erhoben. Er wiederholt die Begründung des Widerspruchs. Die Entscheidung sei ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig.
7Er beantragt,
8den Bescheid der Beklagten vom 03.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des LVR vom 11.12.2019 aufzuheben, soweit ein Zuschuss aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe abgelehnt wurde und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und verweist auf die Begründung des Widerspruchsbescheides.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe
14Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne eine mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.
15Die Klage ist nicht begründet.
16Der Bescheid der Beklagten vom 03.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des LVR vom 11.12.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Neubescheidung seines Zuschussantrages, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
17Die Beklagte hat die Bewilligung eines 82,40 Euro übersteigenden Zuschussbetrages rechtsfehlerfrei abgelehnt. Gemäß § 185 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB IX kann das Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm zur Verfügung stehenden Mittel auch Geldleistungen an schwerbehinderte Menschen für technische Arbeitshilfen erbringen. Es erschließt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm, dass Geldleistungen nur für solche Arbeitshilfen erbracht werden können, die einen konkreten Bezug zu der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit aufweisen, um die Benachteiligungen schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben auszugleichen.
18Vgl. VG Dresden, Urteil vom 29.08.2019 - 1 K 2757/18 -, juris Rn. 20; VG Berlin, Urteil vom 01.04.2019 - 22 K 47.18 -, juris Rn. 20; VG Minden, Urteil vom 14.06.2019 - 6 K 3300/18 -, juris Rn. 32.
19Dies steht für den Kläger in seiner Eigenschaft als Berufsfeuerwehrmann außer Frage und wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Eine Bezuschussung bis zur vollständigen Kostendeckung ist dabei jedoch gesetzlich nicht gefordert. Leistungen aus Mitteln der Ausgleichabgabe sind auch in Bezug auf die Höhe des Förderungsbetrages in das pflichtgemäße Ermessen des Inklusionsamtes gestellt. Als ermessenslenkend ist hierbei, neben den naturgemäß begrenzten Mitteln, insbesondere der Zweck der Geldleistung zu berücksichtigen. Eine Bezuschussung ist nur dann und auch nur insoweit geboten, als sie dem gesetzlichen Ziel entspricht, durch Arbeitshilfen bestehende Benachteiligungen im Arbeitsleben auszugleichen. Hieraus folgt bei Arbeitshilfen, die ihrer Art nach typischerweise auch privat genutzt werden können, die Möglichkeit der Anrechnung eines Eigenanteils. § 19 Satz 1 der Schwerbehinderten-Ausgleichs-Abgabeverordnung (SchwbAV) deutet dies durch die Formulierung an, dass Kosten für technische Arbeitshilfen – nach Anrechnung anderweitiger Leistungen – bis zur vollen Höhe übernommen werden können. Dem tragen die Empfehlungen der BIH durch den Hinweis auf einen Eigenanteil bei auch privat nutzbaren Arbeitshilfen Rechnung. Die Höhe dieses Eigenanteils kann schon aufgrund der Vielgestaltigkeit der betroffenen Lebens- und Arbeitsbereiche nicht allgemeingültig bestimmt werden.
20Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2010 - 19 K 8505/09 -, juris Rn. 39.
21Vor diesem Hintergrund erweist es sich als ermessensfehlerfrei, für die Hörgeräteversorgung des Klägers einen Eigenanteil von 20 % anzusetzen. Der Kläger hat im Verlauf des Verwaltungsverfahrens darauf verwiesen, dass in der Zeit vor der Antragstellung seine Tätigkeit um den Alarmdienst erweitert und um die Nutzung des Digitalfunks ergänzt wurde. Die neuen Hörgeräte seien in der Lage, Pfeifen, Rückkopplungen und sonstige Störgeräusche herauszufiltern. Es ist mit Blick auf die besonderen Herausforderungen des Berufs als Feuerwehrmann davon auszugehen, dass die Tätigkeit ohne eine adäquate Hörgeräteversorgung nach neuestem technischem Standard nicht verantwortungsvoll ausgeübt werden kann. Der Schwerpunkt der Neuanschaffung dürfte damit auf den beruflichen Erfordernissen liegen. Dem trägt die Beklagte auch durchaus dadurch Rechnung, dass sie der Zuschussberechnung 80 % des Rechnungsbetrages zugrunde legt. Sie hat jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass die Hörgeräte auch privat nutzbar sind. Es handelt sich nicht um spezielle Arbeitsgeräte, die nur in Verbindung mit der Arbeit eines Feuerwehrmannes sinnvoll eingesetzt werden könnten. Vielmehr sind es handelsübliche digitale Geräte auf technisch neuestem Stand, die das Hörvermögen deutlich verbessern und Störgeräusche effektiver als andere Geräte unterdrücken. Es liegt auf der Hand, dass sie auch im Privatleben einsetzbar sind und auch dort zu einem besseren Hörvermögen führen. Es ist unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass die Beklagte dabei von einer abstrakt-generellen Betrachtungsweise ausgeht, also nur darauf abstellt, ob die Geräte ihrer Art nach privat genutzt werden können. Denn die konkrete Art der Nutzung wird sich im Zeitpunkt der Leistungsbewilligung bei gemischt nutzbaren Arbeitshilfen oftmals kaum verifizieren lassen. Auch liegt es nicht fern, dass sich eine private Nutzung erst im Laufe der Nutzungsdauer ergibt. Die hiermit verbundenen Unsicherheiten gebieten eine Pauschalierung, deren zumutbaren Grenzen mit einem zurückhaltend kalkulierten Satz von 20 % nicht überschritten sind,
22vgl. hierzu VG Freiburg, Urteil vom 15.09.2005 - 5 K 949/05 -, juris Rn. 19.
23Angesichts dessen kommt es nicht darauf an, ob der Kläger die Geräte gegenwärtig nur beruflich nutzt und stets in seinem Spind verschließt. Dessen ungeachtet ist diese Darstellung bei einer lebensnahen Betrachtung schwer nachvollziehbar. Sie setzte voraus, dass der Kläger die Hörgeräteversorgung mindestens zweimal am Tag ohne erkennbare Notwendigkeit wechselte und sich im privaten Bereich während der Lebensdauer der Neugeräte freiwillig auf die technisch unterlegenen analogen Produkte beschränkte. Ein Grund dafür, sich privat entsprechend zu bescheiden, ist nicht ersichtlich.
24Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
25Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
26Rechtsmittelbelehrung
27Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
281. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
35Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
36Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
37Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
38Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.