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1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000 Euro festgesetzt.
Gründe
2Der sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage vom 02.04.2021 (20 K 1814/21) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 22.02.2021 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag ist hinsichtlich der Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Die auch gegen Ziffer 2 des Bescheides gerichtete Klage hat nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Weder entfällt diese kraft Gesetzes nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, noch hat der Antragsgegner eine sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO insoweit angeordnet. Die unter Ziffer 4 angeordnete sofortige Vollziehung bezieht sich ausdrücklich nur auf das unter Ziffer 3 angeordnete Verbot. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner die getroffene Anordnung trotz der aufschiebenden Wirkung der Klage bereits vollzieht. Die Waffen und die zwischenzeitlich im Rahmen des strafrechtlichen Verfahrens vernichtete Munition sind von der Polizei im Rahmen des Einsatzes vom 12./13.09.2019 sichergestellt und asserviert worden. Die verbliebenen Waffen befinden sich seitdem in Verwahrung der Polizei.
6Ebenfalls unzulässig ist der Antrag, die auf-schiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 5 des Bescheides wiederherzustellen. Unter Ziffer 5 hat der Antragsgegner eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 250 EUR erhoben. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung der Klage bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kraft Gesetzes. Allerdings ist ein Antrag bei Gericht, die aufschiebende Wirkung der Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO anzuordnen, nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Einen solchen Antrag hat der Antragsteller bei dem Antragsgegner nicht gestellt. Ein Ausnahmefall nach § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO, in dem ausnahmsweise kein vorheriger Antrag bei der Behörde erforderlich ist, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.
7Im Übrigen ist der Antrag zulässig, aber unbegründet.
8Das Gericht kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt nur anordnen, wenn bei einer Interessenabwägung das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Bei der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht das öffentliche Vollziehungs- und das private Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen und dabei die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Während bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfs ein schutzwürdiges Aussetzungsinteresse nicht in Betracht kommt, besteht umgekehrt kein öffentliches Interesse am Vollzug einer offensichtlich rechtswidrigen Verfügung. Lassen sich die Erfolgsaussichten nur abschätzen, ohne eindeutig zu sein, bildet der Grad der Erfolgschance ein wichtiges Element der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung.
9Nach der im Eilrechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage des Antragstellers keine Aussicht auf Erfolg haben, weil die Widerrufsverfügung in dem hier in Rede stehenden Prüfungsumfang (Ziffern 1 und 3 der angefochtenen Verfügung) rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
10Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer waffenrechtlichen Widerrufsverfügung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung. Bei dem Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 WaffG handelt es sich – anders als etwa bei dem Waffenverbot nach § 41 WaffG – nicht um einen Dauerverwaltungsakt, dessen Voraussetzungen sowohl im Zeitpunkt des Erlasses als auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen müssen. Der Widerruf einer Waffenbesitzkarte ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt, dessen Wirkung sich darin erschöpft, die Wirksamkeit der waffenrechtlichen Erlaubnis aus Gründen präventiver Gefahrenabwehr zu beseitigen. Es verbleibt damit bei dem für Anfechtungsklagen geltenden Grundsatz, dem zufolge sich die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Maßnahme nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung bestimmt.
11Vgl. auch VGH München, Beschluss vom 17.02.2016 – 21 C 15.2791 – BeckRS 2016, 43505 Rn 7.
12Rechtsgrundlage für den Widerruf (Ziffer 1) ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Da im Falle der hier in Rede stehenden fehlenden Zuverlässigkeit eine gebundene Entscheidung ergeht, ist es in formeller Hinsicht unbeachtlich, dass der Antragsgegner zum Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht mehr die zuständige Behörde gewesen ist, nachdem der Antragsteller 01.02.2021 nach Duisburg verzogen war. Dieser, dem Antragsgegner von dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers nicht angezeigte und auch nicht anderweitig erkennbare Umstand führt dazu, dass grundsätzlich das Polizeipräsidium Duisburg als nunmehr zuständige Waffenbehörde über den Widerruf hätte entscheiden müssen. Da jedoch im Fall der Unzuverlässigkeit in der Sache keine andere Entscheidung als der Widerruf in Betracht kommt, kann der Antragsteller aufgrund der örtlichen Unzuständigkeit des Antragsgegners nicht die fehlende Zuständigkeit mit dem Ergebnis geltend machen, dass seinem Antrag stattzugeben wäre.
13Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG liegen vor. Erlaubnisse nach diesem Gesetz sind Waffenscheine und Waffenbesitzkarten gemäß § 10 WaffG. Voraussetzung für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist gem. § 4 Abs. 1 Ziffer 2 WaffG u.a., dass die betreffende Person die erforderliche Zuverlässigkeit gem. § 5 WaffG besitzt. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren.
14Der Begriff der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ist ein gerichtlich voll überprüfbarer, unbestimmter Rechtsbegriff. Im Rahmen der zukunftsbezogenen prognostischen Beurteilung ist angesichts der Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nicht der Nachweis erforderlich, dass der Betroffene den waffenrechtlichen Anforderungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht genügen wird. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit reicht aus und ein Restrisiko muss nicht hingenommen werden.
15§ 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG umschreibt im Hinblick auf die erforderliche Prognose Formen des Umgangs mit Waffen und Munition, die von vornherein im Hinblick auf den Gesetzeszweck spezifisch waffenrechtlich bedenklich, nämlich im hohen Maße gefährlich für die Allgemeinheit sind, so dass, anders als in den Fällen des § 5 Abs. 2 WaffG, eine Widerlegung im Einzelfall nicht zugelassen wird (sogenannte absolute Unzuverlässigkeit).
16Vgl. auch die Begründung des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts, BT-Drs. 14/7758, 54.
17Bei der auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellenden Prognose ist der allgemeine ordnungsrechtliche Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren.
18Vgl. BT-Drs. 14/7758, 51.
19Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 – 6 C 1.14 – juris.
21Die Anforderungen an eine sorgfältige Aufbewahrung von Waffen und Munition folgen aus § 36 WaffG. Nach dessen Absatz 1 Satz 1 muss der Besitzer von Waffen oder Munition die erforderlichen Vorkehrungen treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder unbefugte Dritte sie an sich nehmen können.
22Diesen Anforderungen genügt das Verhalten des Antragstellers ersichtlich nicht. Vielmehr hat der Antragsteller in grober Weise gegen die Aufbewahrungsvorschriften verstoßen. Nachdem die Polizei über die von dem Antragsteller geäußerten Selbstmordabsichten und die Absicht, den früheren Lebensgefährten der Frau C. U1. zu töten durch Frau U. erfahren hat, versuchte sie, den aktuell nicht erreichbaren Antragsteller aufzufinden. Da ihr der Waffenbesitz des Antragstellers und die Ankündigung, für seine Absichten nunmehr die Waffen einzusetzen bekannt war, hat sie am 12./13.09.2019 in der Wohnung des Antragstellers dessen Waffen sichergestellt. Die Langwaffen befanden sich in einem Waffenschrank, den die Polizei öffnen konnte, weil der zugehörige Schlüssel entweder auf einem Tisch lag oder von Frau U. ohne weiteres gefunden und der Polizei ausgehändigt werden konnte. Unbeschadet der Frage, welche der tatsächlichen Umstände zutreffend waren hat der Antragsteller jedenfalls deshalb gegen Aufbewahrungsvorschriften verstoßen, weil die Kurzwaffen zusammen mit den aufmunitionierten Pistolenmagazinen in einem Aufbewahrungsbehältnis der Sicherheitsstufe B gelagert wurden, obwohl die gemeinsame Aufbewahrung von Kurzwaffen und Munition nur in einem Sicherheitsbehältnis mit dem Widerstand 0 oder I nach DIN/EN 1143 zulässig ist. Darüber hinaus hat der Antragsteller in grober Weise gegen seine Aufbewahrungspflichten verstoßen, weil er über 800 Patronen im Kaliber .038 Win, welche üblicherweise für Jagdzwecke und für militärische Schnellfeuerwaffen und Maschinengewehre verwendet werden, in offen zugänglichen Munitionsbehältern und Dosen außerhalb eines Waffenschranks gelagert hat. Im Hinblick darauf, dass zumindest die unbefugte Frau U. mit einem Schlüssel in die Wohnung gelangen konnte bestand damit die konkrete Möglichkeit, dass Dritte auf die erheblichen Munitionsbestände Zugriff haben, ohne dazu berechtigt zu sein. Einer näheren Aufklärung bedarf dies nicht, denn nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG genügt es, dass Tatsachen die Annahme nicht ordnungsgemäßer Verwahrung rechtfertigen. Das Feststehen nicht ordnungsgemäßer Verwahrung fordert das Gesetz für die waffenrechtliche Zuverlässigkeit ausdrücklich nicht. Dem entspricht auch der gefahrenabwehrrechtliche Zweck des Waffengesetzes, der ein Einschreiten der Behörde bereits vor Verwirklichung der Gefahr und damit auch bereits bei hinreichenden Verdachtsmomenten ermöglichen soll. Liegen damit Tatsachen vor, die die Annahme der unsachgemäßen Verwahrung begründen, steht die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers unwiderlegbar fest. Da dem Antragsgegner bei feststehender Unzuverlässigkeit kein Ermessen zusteht, ist die waffenrechtliche Erlaubnis zwingend zu widerrufen.
23Darüber hinaus fehlt es an der erforderlichen persönlichen Eignung nach § 6 Abs. 1 WaffG, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass aufgrund in der Person des Antragstellers liegender Umstände die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht. Nach den Feststellungen der Polizei gab es zahlreiche Anhaltspunkte, die auf suizidale Absichten des Antragstellers hindeuten, die im weiteren Verlauf des Verfahrens auch nicht entkräftet oder ausgeräumt worden sind. Der Antragsteller hat an seine Lebensgefährtin – Frau C. U. – über WhatsApp eine oder mehrere Nachrichten versandt, in denen er ankündigte, sein Leben nunmehr zu beenden und es – anders als beim ersten Mal – diesmal „mit einem Spielzeug“ richtig zu machen und „nicht feige mit Tabletten“. Er kündigte zudem an, Frau U. ihren Schlüssel zurück zu senden und einen Abschiedsbrief an „Oma“ zu senden; weitere Fragen der Frau U. würden ihr im Laufe der weiteren Zeit beantwortet werden. Nachdem Frau U. ihm über WhatsApp mitgeteilt hatte, sie werde jetzt zur Polizei gehen, hielt der Antragsteller an seiner bisherigen Darstellung fest und führte wortreich sinngemäß aus, dass er an seinen Absichten festhalte. Falls der „Untermensch“ – gemeint ist der frühere Lebensgefährte der Frau U. – seine Wohnung betrete, werde er ihn doch noch mitnehmen. Im Kontext der geäußerten suizidalen Absichten ist dem die Drohung zu entnehmen, die fragliche Person vor dem eigenen Suizid zu töten. Frau U. nahm die Ankündigung ernst und begab sich zur Polizei, wo sie unter anderem angab, den Antragsteller zuletzt am 08.09.2019 gesehen zu haben, die WhatsApp-Nachrichten zeigte und ihre persönliche Einschätzung der Situation darstellte. Nach dem darüber aufgenommenen Protokoll hatte sie wegen der angekündigten Taten die Wohnung des Antragstellers aufgesucht und unter anderem auf dem Wohnzimmertisch den oder die Abschiedsbriefe gefunden. Auf dem Tisch habe sich ein Zettel befunden, auf dem er auf einen Tresorschlüssel hingewiesen habe; im Tresor zu finden seien Geld, ein Tagebuch und Passwörter für Accounts. Auf dem Wohnzimmertisch hätten alle Schlüssel des Antragstellers gelegen, auch sein Motorradschlüssel. Der nicht zugelassenen Pkw habe vor dem Haus gestanden. Neben diesen äußeren Tatsachen ist der Polizei bekannt geworden, dass das Verhältnis zwischen dem Antragsteller und Frau U. zumindest stark belastet gewesen ist. Hinzu kam eine Eifersucht des Antragstellers in Bezug auf den früheren Lebenspartner der Frau U. , den zu töten er für den Fall ankündigte, ihn in seiner Wohnung anzutreffen. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung der Polizei, der Kläger habe sich im Rahmen einer Lebenskrise selbst töten wollen, gegebenenfalls mit vorhandenen Waffen, nicht zu beanstanden.
24Diese Einschätzung wird durch das von dem Antragsteller vorgelegte neurologisch-psychiatrische Gutachten des Herrn I. D. X. aus L. vom 18.03.2020 nicht entkräftet. Dies ergibt sich nicht bereits aus dem Umstand, dass kein unterschriebenes Originalgutachten bei dem Antragsgegner vorgelegt worden ist. Das Gutachten ist zu der Bewertung der hier in Rede stehenden Problematik nicht geeignet, weil es ausdrücklich zu der Frage ergangen ist, ob bei dem Antragsteller die emotionale, körperliche, intellektuelle und charakterliche Reife zum Erwerb einer Waffenbesitzkarte gegeben sei. Die zu diesem Zeitpunkt in Rede stehende Situation, dass der Antragsteller bereits seit geraumer Zeit (2014) über Waffen verfügt und den Schießsport betreibt, nunmehr aber aufgrund der Vorfälle von 2019 der Entzug der ihm erteilten Waffenbesitzkarten und des Kleinen Waffenscheins anstand, ist ein erheblich anderer Sachverhalt, als ihn der Neurologe und Psychiater untersucht und im Gutachten dargestellt hat. Zudem hat sich der Antragsteller dem Gutachter gegenüber so dargestellt, dass dieser keine Hinweise auf akute oder latente Suizidalität gesehen und dies nur mit wenigen Worten gewürdigt hat (Seite 18 des Gutachtens). Der Kern des hier entscheidungserheblichen Sachverhalts, die Krise im September 2019, wird von dem Gutachter auch im Übrigen nicht weiter behandelt. In der zusammenfassenden Beurteilung (Seite 23 des Gutachtens) beschreibt der Gutachter den Antragsteller (wörtlich) als einen sehr stabilen, ruhigen, gelassenen und ausgeglichenen jungen Mann, der auch in Belastungssituationen über eine hohe Impulskontrolle und Empathiefähigkeit, sowie über eine hohe Konflikt- und Stressbewältigungskompetenz, die auch eine hohe Lebenszufriedenheit und Ärger-Kontrollfähigkeit bei universalistischen Werte Ausrichtung verfüge. Diese Beurteilung widerspricht den Befunden, die sich den WhatsApp-Nachrichten, der Situation am 12./13.09.2019 und den Angaben der Frau U. zu dem zumindest damals schwierigen oder sogar zerrütteten Verhältnis zu dem Antragsteller ergeben. Vor diesem Hintergrund wäre eine nähere Befassung des Gutachtens mit diesen Problemkreisen angezeigt gewesen, um die bestehenden Widersprüche zu der zusammenfassenden Beurteilung des Gutachters nachvollziehen zu können. Da sich aus dem Text des Gutachtens kein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass der Antragsteller die bestehenden und hier im Mittelpunkt der Bewertung stehenden Probleme dem Gutachter geschildert und dieser sich mit diesen befasst hätte, ist die Einschätzung des Gutachters für die hier anzustellende rechtliche Bewertung nicht hinreichend.
25Auch eine unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage vorzunehmende Interessenabwägung fällt zum Nachteil des Antragstellers aus. Hierbei ist die in § 45 Abs. 5 WaffG getroffene grundsätzliche Wertung des Gesetzgebers maßgeblich, wonach Rechtsbehelfe in den dort bezeichneten Fällen keine aufschiebende Wirkung entfalten. Damit hat der Gesetzgeber bewusst entschieden, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzbarkeit waffenrechtlicher Widerrufsverfügungen wegen Unzuverlässigkeit grundsätzlich das private Interesse des Betroffenen, die behördliche Maßnahme nicht ohne vorherige Überprüfung der Rechtmäßigkeit befolgen zu müssen, überwiegt. Ein dennoch überwiegendes privates Interesse daran, den Besitz während des laufenden gerichtlichen Verfahrens weiterhin ausüben zu dürfen, ist von dem Antragsteller weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
26Rechtsgrundlage für das zusätzlich ausgesprochene Waffenverbot ist § 41 Abs.2 WaffG. Danach kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf, untersagen, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist. Ein solches Verbot kann auch ausgesprochen werden, wenn der Betreffende aktuell nicht im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist und/oder nicht über eine erlaubnispflichtige Waffe oder erlaubnispflichtige Munition verfügt,
27vgl. BVerwG, Urteil vom 22.08.2012 – 6 C 30.11 –, juris.
28Nach § 41 Abs. 2 WaffG wird die Möglichkeit eines waffenrechtlichen Verbotes nicht schon eingeräumt, wenn es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit in Betracht dienen kann, sondern soweit es "geboten" ist. Darin drückt sich eine gesteigerte Anforderung im Sinne einer Erforderlichkeit eines solchen Verbots aus. Nicht jede Gefahr für die öffentliche Sicherheit erfüllt die Voraussetzungen, sondern nur eine mit höherer Dringlichkeit. So ist das Verbot für erlaubnispflichtige Waffen nach § 41 Abs. 2 WaffG unter anderem geboten, wenn bei einem Antragsteller bereits nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis erfüllt. Von diesen Voraussetzungen ist hier auszugehen. Es fehlt bei dem Antragsteller an den Voraussetzungen für die Erteilung einer Waffen- und Munitionserlaubnis, weil er nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG nicht über die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit verfügt. Darüber hinaus fehlt es an der erforderlichen persönlichen Eignung nach § 6 Abs. 1 WaffG, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass aufgrund in der Person liegender Umstände die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht.
29Vgl. dazu allgemein: BVerwG a.a.O., Rn. 33 und 35.
30Der Antragsgegner hat das ihm bei der Entscheidung nach § 41 Abs. 1 WaffG eröffnete Ermessen erkannt und es ihm Sinne von § 40 VwVfG NRW im Rahmen der gesetzlichen Grenzen ausgeübt. Mit Blick auf die fehlende örtliche Zuständigkeit des Antragsgegners kann der Antragsteller diese fehlende Zuständigkeit nicht einwenden, weil in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können, mithin also nur eine Ermessensentscheidung rechtmäßig gewesen wäre. Der Ermessensspielraum war vorliegend bereits dadurch stark eingeschränkt, dass aufgrund der restriktiven Auslegung der Tatbestandsmerkmale sehr erhebliche Gründe für die Erforderlichkeit eines Waffenverbots auf der Tatbestandsseite der Norm sprechen müssen. Bei Vorliegen einer Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG und nach § 6 Abs. 1 WaffG, welche jede für sich allein die Entziehung von waffenrechtlichen Erlaubnissen ohne die Einräumung eines behördlichen Ermessens erfordern und der aus dem Sachverhalt ersichtlichen, bislang nicht durchgreifend in Frage gestellten Eigen- und Fremdgefährdung ist eine andere Entscheidung als das Verbot von erlaubnispflichtigen Waffen und Munition vorliegend nicht zu rechtfertigen.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
32Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG und entspricht der Hälfte des in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren anzusetzenden Betrages (Widerruf von drei waffenrechtlichen Erlaubnissen, je eine Waffe pro Waffenbesitzkarte inklusive zzgl. 3 weiterer Waffen). Hinzu kommt ¼ der festgesetzten und ebenfalls angefochtenen Gebühr. Der Betrag ist im Hinblick auf die Tabelle Anlage 2 zu § 34 Absatz 1 Satz 3 GKG gerundet worden.
33Rechtsmittelbelehrung
34Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
35Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
36Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
37Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
38Die Beteiligten müssen sich bei der Einlegung und der Begründung der Beschwerde durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
39Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
40Die Beschwerde ist schriftlich, zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
41Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
42Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.