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1.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
2.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
2Der sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 20 K 6547/20 gegen den Zwangsgeldfestsetzungsbescheid der Antragsgegnerin vom 18.11.2020 anzuordnen,
4ist unbegründet.
5Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist allerdings statthaft. Der angefochtene Festsetzungsbescheid der Antragsgegnerin vom 18.11.2020 ist sofort vollziehbar, da Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Vollstreckungs- und Vollzugsbehörden (§§ 2, 56 VwVG NRW) in der Verwaltungsvollstreckung nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 112 JustG NRW keine aufschiebende Wirkung haben.
6Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers an der vorläufigen Nichtvollziehung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung hat sich an den voraussichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu orientieren. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht abschätzen, ist eine Abwägung zwischen dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung und dem allgemeinen öffentlichen Interesse bzw. dem privaten Interesse sonstiger Beteiligter am Vollzug vorzunehmen. Im Rahmen dieser Abwägung ist auch die gesetzgeberische Grundentscheidung (für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) in den Blick zu nehmen.
7In Anwendung dieser Maßstäbe ist dem behördlichen Vollzugsinteresse Vorrang gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers einzuräumen. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen bereits keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Vielmehr spricht Überwiegendes für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzungsverfügung.
8Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung sind die §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 64 VwVG NRW. Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin als Vollzugsbehörde für die Zwangsgeldfestsetzung ergibt sich aus §§ 56, 64 Satz 1 VwVG NRW, da sie die Vollstreckung der von ihr erlassenen Grundverfügung vom 14.11.2020 betreibt.
9Eine Anhörung war gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG NRW entbehrlich, da es sich um eine Maßnahme in der Verwaltungsvollstreckung handelt und der Gesetzgeber in diesem Fall eine Anhörung des Betroffenen grundsätzlich nicht für erforderlich hält. Auch besteht keine Pflicht zur Begründung des Absehens von einer Anhörung und die Behörde ist auch nicht daran gehindert, grundsätzlich bei Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung nach § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG NRW von einer Begründung abzusehen, solange sie dabei etwaige atypische Sachverhalte berücksichtigt. Maßstab der Ermessensausübung im Vollstreckungsverfahren sind Zweckmäßigkeit und Effizienz des Verfahrens. Das Interesse des Betroffenen daran, vor Ergehen der Vollstreckungsmaßnahmen trotz der damit verbundenen Verfahrensverlängerung gehört zu werden, wiegt im Regelfall nicht schwer,
10vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.12.2019 – 4 A 743/17 –, Rn. 10, juris.
11Ein Ausnahmefall ist vorliegend nicht dargelegt und nicht anderweitig ersichtlich.
12Grundlage der Vollstreckung ist ein wirksamer Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf eine Duldung oder eine Unterlassung gerichtet ist, wenn er unanfechtbar ist oder ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, § 55 Abs. 1 VwVG NRW. Die Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Verwaltungsakts wird in der Vollstreckung im Übrigen nicht geprüft. Vollstreckungsmaßnahmen auf der Grundlage eines sofort vollziehbaren und möglicherweise rechtswidrigen, gleichwohl wirksamen Verwaltungsaktes sind rechtmäßig,
13vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.12.1992 - 1 BvR 88/91 - , juris Rn. 49f, 53.
14Voraussetzung ist demnach zunächst das Vorhandensein eines wirksamen (§ 43 VwVfG NRW) Verwaltungsakts, der auf die Vornahme einer Handlung, ein Dulden oder ein Unterlassen gerichtet ist. Dies ist die Verfügung vom 14.11.2020. Nach Ziffer 1 der Verfügung wurde dem Antragsteller die Durchführung einer Versammlung im Rahmen der „Coronainfo-Tour“ am 14.11.2020 auf dem gesamten Gebiet der Stadt Bonn untersagt. Nach Ziffer 1 Satz 2 waren auch Ersatzversammlungen jeglicher Art, die dem gleichen Zweck dienen und im Rahmen der „Coronainfo-Tour“ stattfinden, von der Untersagung erfasst.
15Diese Verfügung ist dem Antragsteller ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Eine Bekanntgabe erfolgte zunächst formlos durch Übersendung der Verfügung in digitaler Form an die im Verfahren mitgeteilte und bereits für vorhergehende Übersendungen genutzte E-Mailadresse des Antragstellers, sodass er von der Verfügung umgehend nach Versendung Kenntnis nehmen konnte. Darüber hinaus ist die Verfügung dem Antragsteller nach dem Ergebnis der ergänzenden gerichtlichen Ermittlungen überwiegend wahrscheinlich am 14.11.2020 in Gummersbach in schriftlicher Form persönlich ausgehändigt worden, was der Antragsteller auch quittiert haben soll. Die Antragsgegnerin hatte den Landrat des Oberbergischen Kreises ersucht, den Bescheid im Wege der Amtshilfe dem am 14.11.2020 in Gummersbach demonstrierenden Antragsteller zuzustellen. Nachdem von der ersuchten Behörde der Vollzug der Maßnahme mitgeteilt worden war, die dazu angekündigten schriftlichen Belege jedoch nicht zur Akte gelangten und der Antragsteller den Erhalt des Bescheides bestritten hatte, hat das Gericht eine dienstliche Erklärung des bei der Zustellung tätig gewordenen Polizeibeamten eingeholt. Dieser Beamte - PKH N. - hat unter dem 22.02.2021 die Erklärung abgegeben, er habe dem Antragsteller und Herrn I. die jeweiligen Bescheide am 14.11.2020 persönlich übergeben und sich den Empfang durch Unterschrift quittieren lassen. Das Vorbringen des Antragstellers zu der dienstlichen Erklärung, damit sei die Zustellung des Bescheides nicht belegt, verfängt nicht. Der der Polizeiwache Gummersbach zum Zwecke der Zustellung übersandte Bescheid entspricht dem hier in Rede stehenden Bescheid vom 14.11.2020. Dies ergibt sich unter anderem aus dem Umstand, dass gegenüber dem Antragsteller unter diesem Datum nur ein Bescheid gefertigt und vorab formlos zugesandt worden ist, ferner aus den Anlagen der elektronischen Übersendung durch die Antragsgegnerin an die Leitstelle in Gummersbach.
16Der Bescheid vom 14.11.2020 konnte auch vollzogen werden. Er ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar, § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass der Antragsteller gegen die Ordnungsverfügung vom 13.11.2020 beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben und einen vorläufigen Rechtsschutzantrag gestellt hat (20 K 6795/20 und 20 L 2153/20). Eine Klage gegen die Verfügung vom 14.11.2020 ist nicht erhoben, und deren aufschiebende Wirkung anzuordnen ist nicht beantragt und nicht beschlossen worden.
17Die nach § 63 VwVG NRW erforderliche Androhung des Zwangsgeldes, die gemäß § 63 Abs. 2 VwVG NRW mit dem Verwaltungsakt verbunden werden kann und in dem Fall, dass ein Rechtsmittel – wie vorliegend – keine aufschiebende Wirkung hat, auch verbunden werden soll (§ 63 Abs. 2 Satz 2 VwVG NRW), ist unter Ziffer 4 der Verfügung erfolgt. Im Anschluss an die formlose Bekanntgabe per E-Mail am 14.11.2020 bedurfte es noch der Zustellung (§ 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 VwVG NRW) der Androhung in Schriftform. „Schriftlich“ in diesem Sinne meint die Schriftform i.S.d. § 126 BGB, die vorliegend durch den ausgedruckten und unterzeichneten Bescheid gewahrt ist. Die Zustellung ist entsprechend den obigen Ausführungen zur Bekanntgabe im Wege der Amtshilfe mittels Aushändigung an den Empfänger (§ 5 Abs. 1 LZG NRW) erfolgt.
18Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zwangsgeldfestsetzung i.S.v. § 64 VwVG NRW liegen vor. Nach Ziffer 1 der Verfügung wurde dem Antragsteller unter anderem die Durchführung einer Versammlung im Rahmen der „Coronainfo-Tour“ am 14.11.2020 auf dem gesamten Gebiet der Stadt Bonn untersagt. Nach Satz 2 waren auch Ersatzversammlungen jeglicher Art (Neben-, Einzel- oder Ersatzversammlungen), die dem gleichen Zweck dienen und im Rahmen der „Coronainfo-Tour“ stattfinden, von der Untersagung erfasst. Was unter Neben-, Einzel- oder Ersatzversammlungen konkret zu verstehen ist, lässt die Verfügung offen und ist etwa in § 15 VersG nicht definiert. Untersagt werden kann grundsätzlich nur eine konkrete Versammlung. Das Verbot der Ausgangsveranstaltung kann sich allerdings auch auf solche Versammlungen beziehen, die an anderer Stelle und/oder zu anderer Zeit mit dem Ziel stattfinden, das Verbot zu unterlaufen,
19vgl. Barczák, Versammlungsrecht des Bundes und der Länder, 2. Aufl. 2020, § 15 VersG, Rn. 361f.
20Eine solche Erstreckung auf eine Umgehungsveranstaltung war hier hinreichend bestimmt (§ 37 VwVfG NRW) erfolgt. Die ursprünglich angemeldete Versammlung „Aufklärung zum Thema Corona Fakten“ auf dem Platz der Vereinten Nationen ist durch die Verfügung vom 13.11.2020 untersagt worden. Ziffer 1 der Verfügung vom 14.11.2020 erweitert die Untersagung. Die Durchführung der gleichen Versammlung wurde auch auf dem übrigen Gebiet der Stadt Bonn umfassend untersagt, wobei die in Satz 2 erfolgte Erstreckung auf „Neben-, Einzel- oder Ersatzversammlungen, die dem gleichen Zweck dienen und im Rahmen der CoronaInfo-Tour stattfinden“ hinreichend klar zum Ausdruck brachte, dass das Verbot auch Versammlungen am 14.11.2020 umfasste, die in möglicherweise abgewandelter Form an anderer Stelle auf dem Gebiet der Stadt Bonn mit dem Ziel stattfinden könnten, das Verbot zu unterlaufen.
21Dem ist der Antragsteller nicht nachgekommen, indem er trotz des Verbots eine Versammlung im Rahmen der „CoronaInfo-Tour“ in Bonn am 14.11.2020 zur Umgehung der untersagten Veranstaltung durchführte. Das tatsächliche Stattfinden einer in diesem Sinne als Umgehungsveranstaltung geltenden Versammlung am Abend des 14.11.2020 ist offensichtlich und bedarf keiner weiteren Darstellung oder Begründung,
22vgl. u.a. die verschiedenen filmischen Berichte unter „The Great Corona Info Tour Bonn, 14.11.20“ auf https://www.youtube.com.
23Der Antragsteller ist für die Durchführung dieser Versammlung auch verantwortlich gewesen. Dabei ist er nicht als Anmelder oder Veranstalter der Versammlung gegenüber der Antragsgegnerin aufgetreten. Gleichwohl hat er die fragliche Versammlung organisatorisch vorbereitet, hat zu ihr eingeladen und war - möglicherweise neben anderen Personen - zumindest einer der Veranstalter. Veranstalter im Sinne des § 1 Abs. 1 VersG ist, wer eine organisatorische Verantwortung für die Veranstaltung tatsächlich trägt, etwa weil er bei der Vorbereitung und Planung der Versammlung eine herausgehobene Rolle spielt und dies nach außen dokumentiert,
24vgl. Wapler, Versammlungsrecht des Bundes und der Länder, § 1 VersG, Rn. 50f.
25Eine allgemein gehaltene Aufforderung oder die Initiative zu einer unverbindlichen Verabredung genügt dementsprechend nicht, auch nicht geringfügige Organisationsbeiträge. Der Veranstalter ist Veranlasser der spezifischen Gruppenbildung. Wer also öffentlich, insbesondere durch Presse, Hörfunk, Fernsehen oder andere Medien zur Teilnahme an einer Demonstration auffordert und diese (mit-)organisiert, ist Veranstalter, auch wenn noch andere Gruppen teilnehmen, auf die er keinen Einfluss hat, oder sich eine Großveranstaltung entwickelt, die seiner Kontrolle entgleitet,
26vgl. auch BGH, Urteil vom 27.09.1983 - 5 StR 294/83, BeckRS 9998, 85010.
27Entsprechend den vorgenannten Kriterien ist der Antragsteller als verantwortlicher Veranstalter zu bewerten. Die Veranstaltungen und die Teilnahme an der „CoronaInfo-Tour“ wurden über das Internet mobilisiert, sodass die konkret bei den Versammlungsbehörden anmeldenden Personen und die gegenüber den Behörden als Versammlungsanmelder oder Versammlungsleiter auftretenden Personen nicht alleine als die Verantwortlichen anzusehen sind. Vielmehr trat für die „CoronaInfo-Tour“ auf der maßgebenden Webseite eine Gruppe von Personen auf, zu der der Antragsteller gehört.
28Auf der Internetseite www.coronainfo-tour.de wurde vor der Versammlung unter dem Abschnitt „Tourdaten“ der Termin für die Versammlung in Bonn zur maßgeblichen Uhrzeit gelistet. Die Kammer geht davon aus, dass die Teilnehmer der Versammlung weit überwiegend auf diesem Wege für die Veranstaltungen der „CoronaInfo-Tour“ mobilisiert und über die Durchführung informiert wurden. So sprach der Mitverantwortliche Herr T. G. vor Ort und über die sozialen Netzwerke von „unserer Veranstaltung“, die man sich nicht nehmen lassen wolle. Am darauffolgenden Sonntag wurde über die Homepage mitgeteilt: „Wir waren in Bonn am Samstag, 14. November, mit vielen anderen auf dem Marktplatz…“. Auch über die weiteren, für die Verbreitung von Botschaften und Informationen innerhalb der „CoronaInfo-Tour“ üblicherweise genutzten Kanäle, wie die Telegram-Accounts der hauptverantwortlichen Tour-Initiatoren, wurde unter Nennung des erfolgten Verbots auf das Stattfinden von Versammlungen in Bonn am 14.11.2020 im Rahmen der Tour hingewiesen und zur Teilnahme mobilisiert. Die zum Teil wohl wieder gelöschten Beiträge hat die Antragsgegnerin in ausgedruckter Form zum Verwaltungsvorgang genommen bzw. archiviert. Insofern kann aus Sicht eines objektiven Beobachters nur die „CoronaInfo-Tour“ als Veranstalter angesehen werden.
29Der Antragsteller ist als Mitinitiator und -verantwortlicher der Tour einzustufen und somit auch für die Durchführung der einzelnen Veranstaltungen im Rahmen der Tour mitverantwortlich. Im Impressum der Homepage www.coronainfo-tour.de sind der Antragsteller, Herr T. G. und Herr I. als inhaltlich Verantwortliche sowie als Vertretungsberechtigte benannt. Die Plattform des Antragstellers "XXXXX XXXXXXXX XXXXXXXXXXXX" bei Telegram ist auf der Startseite der Homepage angegeben. Über diese Plattform verbreitete der Antragsteller umfangreich Informationen zu den Versammlungen und zu der Teilnahme. Als Protagonist der „CoronaInfo-Tour“, vielfacher Redner und mutmaßlich besonders prominente Person der sogenannten „Querdenker-Bewegung“ galt er - medial betrachtet - als Aushängeschild der Veranstaltungen und wurde bis etwa zum Ende des Jahres 2020 in der Presse in dem hier relevanten Zusammenhang sehr oft erwähnt. Der Antragsteller und die weiteren Initiatoren der Bewegung haben ihre Wirkung in der Öffentlichkeit auch bewusst genutzt. Sie werden als Veranstalter wie Stars begrüßt, treten entsprechend auf und werden von den Teilnehmern gefeiert. Ein mutmaßlich großer Kreis der Teilnehmer reiste zu den Veranstaltungen aus der weiteren Umgebung und aus der Ferne an, es wurden „Selfies“ geschossen und Videos ins Internet übertragen.
30Auch die am Abend des 14.11.2020 durchgeführte Versammlung ist den Verantwortlichen der „CoronaInfo-Tour“ und damit auch dem Antragsteller zuzurechnen. Die von anderen Personen am 13.11.2020 und am 14.11.2020 in Bonn vielfach angemeldeten Versammlungen übernahmen zum Teil die Wortwahl der Telegram - Nachrichten, beispielsweise durch die Bezugnahme auf die „CoronaInfo-Tour“, durch die Benennung von Kundgebungsmitteln wie Doppeldeckerbus, Verstärkeranlage und Mikrofonen sowie die Verwendung des Antragsformulars der Anmeldeplattform „klagepaten.eu“. Die Anmeldungen sind auch den vorhergehenden Aufrufen der Veranstalter der „CoronaInfo-Tour“ zuzuordnen. Durch die Vorgabe der maßgeblichen Vorgehensweise und aller relevanten Informationen ist die Anmeldung durch Dritte trotz des ausgesprochenen Verbots lediglich als ein „Vorschicken“ anderer Personen anzusehen, die jedoch alle den Veranstaltern der „CoronaInfo-Tour“ und damit auch dem Antragsteller zuzurechnen sind. Er hat mehrfach öffentlich zur Teilnahme an der verbotenen Veranstaltung aufgefordert und handelte mithin als Veranlasser der spezifischen Gruppenbildung.
31Die Festsetzung des Zwangsgeldes erfolgte ermessensfehlerfrei und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 58 VwVG NRW). Die Festsetzung des Zwangsgeldes ist nach der Feststellung des Verstoßes gegen das Veranstaltungsverbot grundsätzlich nicht zu beanstanden. Nachdem die Androhung des Zwangsmittels Bestandskraft erlangt hatte, kann der Festsetzung dieses Zwangsmittels insbesondere nicht mehr entgegen gehalten werden, dass das Zwangsmittel nicht geeignet sei,
32vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 02.02.2015 – 4 LA 245/13 –, BeckRS 2015, 41685 m.w.N.
33Davon ist hier auszugehen, nachdem die Verfügung vom 14.11.2020 mit der unter Ziffer 4 enthaltenen Androhung mangels eines Rechtsmittels Bestandskraft erlangt hat. Denn die Verfügung vom 14.11.2020 ist gegenüber dem Bescheid vom 13.11.2020 eine eigenständige weitere Regelung, die nicht zum Gegenstand der von dem Antragsteller erhobenen Klagen gemacht worden ist. Er hat vielmehr als zu vollstreckende Grundverfügung in seiner Antragsschrift die Verfügung vom 13.11.2020 benannt und die Existenz eines Bescheides vom 14.11.2020 in weiteren Schriftsätzen vom 22.12.2020 und vom 02.03.2021 ausdrücklich in Abrede gestellt. Damit hat er die Verfügung vom 14.11.2020 nicht zum Gegenstand der anhängigen Klage gemacht. Die im Schriftsatz vom 02.03.2021 geäußerte Rechtsansicht, der Bescheid wäre – sollte seine Zustellung oder Bekanntgabe später bewiesen werden - als Änderungsbescheid Gegenstand des Klageverfahrens, ist unzutreffend. Der Bescheid hätte entsprechend seiner Rechtsmittelbelehrung angefochten werden müssen.
34Die Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes ist nicht ermessensfehlerhaft. Sie entspricht der Androhung, zu deren Begründung die Antragsgegnerin ausgeführt hatte, dass die Höhe im Hinblick auf die Beachtung der Untersagung einerseits und die fehlende Einsichtsfähigkeit des Antragstellers andererseits angemessen und erforderlich sei. Der Antragsteller habe trotz des Verbots vom 13.11.2020 über den Telegram-Kanal zur Ersatzversammlung aufgerufen und die Versammlung weiterhin angekündigt. In der Festsetzungsverfügung vom 18.11.2020 heißt es (Seite 7 des Abdrucks), die Festsetzung sei geeignet, erforderlich und angemessen, den zukünftigen Schutz von Gesundheit und Leben von Teilnehmenden und sonst betroffenen Personen bei künftigen Veranstaltungen zu gewährleisten und solle vergleichbare künftige Abläufe vermeiden bzw. unterbinden. Insoweit wird bei der Ermessensausübung gegebenenfalls verkannt, dass bei der Festsetzung eine Ermessensausübung auch hinsichtlich der Höhe des Zwangsgeldes grundsätzlich erforderlich ist. Allerdings ist dem Antragsteller für den Verstoß gegen die aufgegebene Unterlassung eines bestimmten Verhaltens ein Zwangsgeld angedroht worden, und genau gegen diese Pflicht hat er verstoßen. Bei verständiger Würdigung der von der Antragsgegnerin formulierten Vorgaben (§ 133 BGB) war dem Antragsteller als Adressat der Verfügung klar, wofür ihm ein Zwangsgeld in welcher Höhe drohte. Unter diesen Umständen wirkt sich der konkrete Verstoß auf die angedrohte Zwangsgeldhöhe nicht aus und löst dementsprechend keine Begründungslast im Rahmen der Zwangsgeldfestsetzung aus,
35vgl. OVG NRW, Beschluss vom 08.01.2018 – 4 A 1395/16 –, juris, Rn. 6 und 16.
36Im Übrigen ist im Falle der nachträglichen Festsetzung eines Zwangsmittels keine Sanktionierung, sondern weiterhin ein zulässiges Beugemittel anzunehmen, da der Verstoß zu einer Zeit erfolgt ist, in der die vollstreckbare Grundverfügung noch galt. Insofern ist in der Zwangsmittelfestsetzung keine Strafe als Reaktion auf begangenes Unrecht zu sehen, sondern vielmehr ein Beugemittel zur Erzwingung zukünftigen Verhaltens, gleichsam als präventive Maßnahme, um – im konkreten Fall – unzulässige Versammlungen und damit eine Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung zu verhindern.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, Abs. 3 GKG. Wegen des lediglich vorläufigen Charakters des Verfahrens kam die Hälfte des im Hauptsacheverfahren festzusetzenden Betrages in Ansatz.
39Rechtsmittelbelehrung
40Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
41Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
42Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
43Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
44Die Beteiligten müssen sich bei der Einlegung und der Begründung der Beschwerde durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
45Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
46Die Beschwerde ist schriftlich, zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
47Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
48Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.