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Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 14.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2016 verurteilt, dem Kläger weiteren Freizeitausgleich i. H. v. insgesamt 5 Stunden für den streitbefangenen Zeitraum zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
2Der Kläger war als Polizeibeamter im Rahmen des Einsatzes zum G7-Gipfel in Schloss Elmau vom 27.05.2015 bis 09.06.2015 eingesetzt. Die Gesamteinsatzleitung unterstand dem Präsidenten der Bundespolizeidirektion München. Der Kläger gehörte der „Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft“ (BF Hu) an, deren Führer der Zeuge H. war. Die Hundertschaft war Teil des Einsatzabschnitts „Eingreifkräfte“, den der Zeuge G. leitete. Im Vorfeld war der Einsatz im Rahmen der Besonderen Aufbauorganisation - BAO - AETOS umfassend geplant worden; u.a. war im Einsatzbefehl Nr. 2 auch bestimmt worden, dass „vorsorglich“ Mehrarbeit angeordnet werde. Untergebracht war der Kläger für die Dauer des Einsatzes in einem Hotel vor Ort. Unmittelbar nach Beendigung des Einsatzes beim G7-Gipfel wurde der Kläger mit seiner Einheit bei der Bilderberg-Konferenz in Österreich vom 10.06.2015 bis 14.06.2015 eingesetzt. Auch hier erfolgte die Unterbringung in einem Hotel.
3Nach Beendigung des Einsatzes teilte der Präsident des Bundespolizeipräsidiums durch Mitarbeiterbrief vom 14.07.2015 mit, dass die Abrechnung der Arbeitszeit während des Einsatzes beim G7-Gipfel auf der Grundlage des tatsächlich geleisteten Dienstes nach § 88 Bundesbeamtengesetz (BBG) erfolgen würde, also eine sogenannte „spitze“ Abrechnung erfolgen solle. Darüber hinaus solle unter Fürsorgeaspekten zusätzlich zur Anrechnung der tatsächlich geleisteten Dienste ein besonderer Zeitausgleich ermöglicht werden. Die Beklagte berechnete daraufhin den dem Kläger aufgrund des Einsatzes zustehenden Freizeitausgleich. Hierbei rechnete sie Einsatzzeiten zu 100 % und Bereitschaftsdienste mit 50 % als Dienstzeiten an. Für die Ruhezeiten gab es keinen Ausgleich. Zusätzlich wurde dem Kläger ein besonderer Zeitausgleich entsprechend der Ankündigung im Mitarbeiterbrief vom 14.07.2015 genehmigt, der bei einer Einsatzdauer bis zu 7 Tagen einen Tag, bei einer Einsatzdauer von 8 bis 21 Tagen zwei Tage und bei einer Einsatzdauer über 21 Tage drei Tage betrug. Die Abrechnung des Freizeitausgleichs für den Einsatz bei der Bilderberg-Konferenz in Österreich vom 10.06.2015 bis 14.06.2015 erfolgte auf der Grundlage des § 11 Bundespolizeibeamtengesetz (BPolBG).
4Unter dem 24.08.2015 beantragte der Kläger im Rahmen der sog. „spitzen Abrechnung“ den von ihm geleisteten Bereitschaftsdienst anlässlich des Einsatzes vom 27.05.2015 bis zum 14.06.2015 zu vergüten. Die Kräfte der BF Hu Bundespolizeiabteilung T. B. seien angewiesen worden, während des gesamten Einsatzzeitraums in der Einsatzunterkunft in Starnberg zu verbleiben, um bei entsprechender Lageentwicklung den Dienst aufnehmen zu können. Dies entspreche außerhalb der geleisteten „Volldienststunden“ einem Bereitschaftsdienst. Er sei auf Anordnung außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit zum Aufenthalt an einer vom Dienstherrn bestimmten Stelle verpflichtet worden, um im Bedarfsfall den Dienst aufzunehmen. Die insofern fälschlicherweise als Ruhezeit nicht vergüteten Zeiten müssten daher als Bereitschaftsdienst Berücksichtigung finden.
5Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14.10.2015 ab. Die Abrechnung sei auf der Grundlage der Festlegung des Polizeiführers des Einsatzes G7 erfolgt und entspreche dem, was der Präsident des Bundespolizeipräsidiums mit dem Mitarbeiterbrief vom 14.07.2015 bekannt gegeben habe. Ziel der gewählten Arbeitszeitabrechnung sei es, eine Ungleichbehandlung in der Anrechnungsmethode in den Unter- und Unter-Unter-Abschnitten der Einsatzabschnitte zu vermeiden, keine ungleiche Anrechnung zwischen Stamm- und Fremdkräften oder „Einheiten“ und „Einzeldienst“ vorzunehmen sowie Tarifbeschäftigte und Verwaltungsbeamte gleichermaßen mit einzubeziehen.
6Im Vorfeld des Einsatzes seien für die Einsatzabschnitte in der BAO Dienstpläne erstellt worden, so dass verschobene Dienstzeiten vorgelegen hätten, nicht aber angeordnete Mehrarbeit. Mit diesen Dienstplänen habe für die Dauer des Einsatzes für alle in den Einsatzabschnitten der BAO eingesetzten Kräfte eine abweichende Einteilung der regelmäßigen Arbeitszeit gegolten. Nach Zustimmung des Polizeiführers seien dies die verbindlichen Dienstpläne gewesen, die für die Dauer des Einsatzes die für den Regeldienst bei den Stammdienststellen der Allgemeinen Aufbauorganisation (AA) geltenden Dienstpläne ersetzt hätten. Die gemäß Einsatzbefehl Nr. 2 der Bundespolizeidirektion München vom 20. Mai 2015 vorsorgliche Anordnung von Mehrarbeit sei für den Bedarfsfall notwendig gewesen, um auch auf ungeplante, vorübergehende Spitzenbelastungen während des laufenden Einsatzes vorbereitet zu sein, die über die bestehende Dienst- und Kräfteplanung hinaus hätten eintreten können. Dem Einsatzbefehl Nr. 2 könne jedoch keine Anordnung von Bereitschaftsdiensten entnommen werden. Dies sei jedoch Voraussetzung für eine entsprechende Abrechnung. Durch den jeweils zuständigen Einheitsführer seien Dienstbeginn und Dienstende des jeweiligen Tages lageabhängig festgelegt worden. Ein durchgehender Dienst habe nicht vorgelegen.
7Gegen diesen Bescheid legte der Kläger unter dem 25.11.2015 Widerspruch ein. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2016 zurück. Aus dem Einsatzbefehl Nr. 2 der Bundespolizeidirektion München als einsatzführender Direktion vom 20.05.2015 zum Einsatz G7-Gipfel gehe hervor, dass kein Bereitschaftsdienst angeordnet worden sei. Ebenso liege hierzu kein Einsatzbefehl mit einer entsprechenden Anordnung für den Einsatzabschnitt „Eingreifkräfte“ vor, dem die Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft T. B. unterstellt gewesen sei. Die einzelnen Dienstpläne hätten lediglich überlappende Volldienst- und Ruhezeiten vorgesehen. Diese Ruhezeiten könnten auch vor dem Hintergrund der in den Einsatzbefehlen begründeten Verpflichtung zum Aufenthalt in der festgelegten Einsatzunterkunft außerhalb der Dienstzeiten nicht als Bereitschaftszeiten im Sinne der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen gewertet werden. Zur Qualifizierung entsprechender Zeiten als Bereitschaftsdienst (§ 13 Arbeitszeitverordnung - AZV) müsse die Anordnung bestehen, sich an einer vom Dienstherrn bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall den Dienst aufzunehmen. Nach der Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichts sei hierbei insbesondere zur Abgrenzung des Bereitschaftsdienstes von der Rufbereitschaft darauf abzustellen, dass ein Beamter sich zum jederzeitigen unverzüglichen Einsatz an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort bereit halte und zusätzlich erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen sei. Während des G7-Gipfels habe lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestanden, zum Dienst herangezogen zu werden. Dies sei für die Annahme eines Bereitschaftsdienstes nicht ausreichend. Hinzukommen müsse daneben, dass dienstliche Einsätze aus der Ruhephase heraus zur Wahrnehmung regelmäßig anfallender dienstlicher Aufgaben unabdingbar oder vom Dienstherrn eingeplant sein müssten. Dies sei vor dem Hintergrund der überlappend gestalteten Dienstpläne und der im Einsatzbefehl für unvorhersehbare Spitzenbelastungen vorsorglich angeordneten Mehrarbeit zu verneinen. Der für den Einsatz G7-Gipfel vorgesehene Kräfteansatz lasse nicht erkennen, dass die Anordnung von Bereitschaftsdienst außerhalb der von den Einheiten zu leistenden Dienste aufgrund des Kräfteansatzes dauerhaft und generell erforderlich gewesen sei. In der gesamten Zeitdauer des Einsatzes G7-Gipfel sei aus den vorliegenden Tätigkeitsnachweisen nicht ersichtlich, dass die vorgesehene Ruhezeit durch zusätzliche Dienste unterbrochen worden sei. Dies habe die Polizeiführung auch nicht erwartet. Bei den festgelegten Ruhezeiten habe es sich somit nicht um Bereitschaftsdienst im Sinne des § 2 Nr. 12 AZV gehandelt.
8Der Kläger hat am 17.05.2016 Klage erhoben.
9Zur Begründung vertieft der Kläger sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, gemäß § 11 Satz 1 BPolBG werde bei Einsätzen und bei Übungen von Verbänden, Einheiten oder Teileinheiten der Bundespolizei von einer Dauer von mehr als einem Tag und anstelle einer Dienstbefreiung nach den §§ 87 und 88 BBG ein einheitlicher Freizeitausgleich festgesetzt, der die Dauer des Einsatzes oder der Übung und die damit verbundene dienstliche Beanspruchung angemessen berücksichtigen müsse. Der Gesetzgeber habe hiermit einen eigenständigen Anspruch auf die Festsetzung eines einheitlichen Freizeitausgleichs „anstelle einer Dienstbefreiung“ bei Einsätzen von mehr als einem Tag begründet. Der Freizeitausgleichsanspruch trete an die Stelle eines Dienstbefreiungsanspruchs und ersetze diesen vollständig. Maßstab für die einheitliche Festsetzung sei die angemessene Berücksichtigung der Dauer des Einsatzes oder der Übung und die damit verbundene dienstliche Beanspruchung. Zur Arbeitszeit nach Art. 2 EGRL 2003/88 zählten Zeiten, während der ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeite, dem Arbeitgeber zur Verfügung stehe und seine Tätigkeit ausübe oder Aufgaben wahrnehme. Hierzu zählten auch Zeiten des Bereitschaftsdienstes einschließlich der „inaktiven Zeiten“, wenn der Beamte sie an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs leiste und sich zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereit halte und wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen sei. In den Einsatzbefehlen zum G7-Gipfel sei unter anderem angeordnet worden, dass alle am Einsatz beteiligten Kräfte (Beamte und Angestellte) sich während der vorgegebenen Pausen einsatzbereit zu halten hätten. Zudem sei im Einsatzbefehl Nr. 2 „Mehrarbeit, sofern erforderlich“ angeordnet worden. Er, der Kläger, habe ständig und unverzüglich einsatzbereit sein müssen. Er habe jederzeit seine Dienstwaffe, deren Magazin sowie ein Reservemagazin mit sich führen müssen. Zudem habe er eine umfangreiche Funkausstattung mit sich führen müssen. Er habe sich daher außerhalb der Unterkunft nicht frei bewegen können. Zudem habe ein uneingeschränktes Alkoholverbot gegolten. Ausreichend Ruhe und Erholung habe er nicht finden können. Er habe ständig mit einem Einsatz rechnen müssen. Ruhezeiten habe es nicht gegeben. Die Ruhezeiten seien daher als Bereitschaftsdienst zu werten. Der Abschnittsleiter des Einsatzabschnitts Eingreifkräfte (Abteilungsführer Bundespolizei in I. ) habe zu Beginn des Einsatzes per mündlicher Weisung gegenüber den Hundertschaftsführern des Einsatzabschnittes Eingreifkräfte angeordnet, dass sich alle Beamten dieses Abschnitts rund um die Uhr für einen jederzeitigen unverzüglichen Einsatz zur Verfügung zu halten hätten. Der Führer der Hundertschaft habe diese Weisung an die ihm unterstellte Hundertschaft weitergeleitet. Er, der Kläger, habe sich daher während des Einsatzes ständig bereitzuhalten gehabt. Der Freizeitausgleichsanspruch sei ein eigenständiger Anspruch mit einem eigenständigen Prüfungsmaßstab. Die §§ 87 und 88 BBG seien nicht heranzuziehen. Alleinige Voraussetzung für den festzusetzenden Freizeitausgleich nach § 11 Satz 1 BPolBG sei, ob Einsätze und Übungen von einer Dauer von mehr als einem Tag vorliegen würden. Dies sei beim G7-Gipfel der Fall gewesen. Maßgeblich sei ebenso nicht, ob ein planbarer Einsatz vorliege. § 11 BPolBG nehme eine solche Unterscheidung nicht vor. Ein Einsatz im Sinne des § 11 Satz 1 BPolBG und dessen Verlauf seien wegen des Gefährdungsrisikos grundsätzlich nicht abschließend planbar. Das Kriterium der Planbarkeit eines Einsatzes als Voraussetzung für die Anwendung des § 11 Satz 1 BPolBG ergebe sich nicht aus dem Gesetzeswortlaut. Maßstab sei allein die Dauer von mehr als einem Tag. Dies ergebe sich auch aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift. § 11 BPolBG sei auch bei Übungen anwendbar. Übungen seien jedoch dadurch gekennzeichnet, dass diese im Vorhinein geplant würden. Die Unterscheidung zwischen planbaren und nicht planbaren Einsätzen bzw. Übungen sei deshalb ungeeignet. Die Unplanbarkeit ergebe sich auch aus dem Einsatzbefehl, in dem „Mehrarbeit, sofern erforderlich“ ausdrücklich angeordnet worden sei. Hilfsweise liege ein Anspruch aus § 88 BBG vor. Zwingende dienstliche Gründe müssten in dem G7-Gipfel gesehen werden. Die Anordnung von Mehrarbeit gem. § 88 Satz 2 BBG liege durch die Anordnung des Leiters des Einsatzabschnitts Eingreifkräfte vor, dass die Beamten ständig und rund um die Uhr jederzeit unverzüglich einsatzbereit sein müssten.
10Der Kläger beantragt,
11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2016 zu verpflichten, einen einheitlichen Freizeitausgleich unter Berücksichtigung von 456 geleisteten Stunden abzüglich der bereits zuerkannten Stunden festzusetzen und ihm den sich hieraus ergebenden Freizeitausgleich zu gewähren,
12hilfsweise,
13die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.04.2016 zu verpflichten, ihm Freizeitausgleich unter Berücksichtigung von 456 geleisteten Stunden abzüglich der bereits zuerkannten Stunden zu gewähren,
14äußerst hilfsweise,
15die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.04.2016 zu verpflichten, den ihm zu gewährenden Freizeitausgleich in Geld zu entschädigen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung führt die Beklagte aus, Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei der Antrag des Klägers gewesen, den von ihm geleisteten Bereitschaftsdienst zu vergüten, wobei die als Ruhezeit nicht vergüteten Zeiten als Bereitschaftsdienst Berücksichtigung finden müssten. Nunmehr werde mit dem Hauptantrag ein Freizeitausgleich unter Anwendung des § 11 BPolBG begehrt. Sofern sich das Klagebegehren auf geleistete Dienststunden beziehe, die in der Zeit vom 10.06.2015 bis zum 14.06.2015 erbracht worden seien, handle es sich dabei um einen Folgeeinsatz, der arbeitszeitrechtlich bereits auf der Grundlage des § 11 BPolBG abgefunden worden sei. Im Zeitraum vom 27.05.2015 bis zum 09.06.2015 habe der Kläger Überzeitarbeit geleistet, die ausgeglichen worden sei. Daneben habe der Kläger weitere zwei Tage Dienstbefreiung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gewährt bekommen. § 11 BPolBG sei dem Grunde nach nicht anwendbar, da dessen Voraussetzungen nicht vorlägen. Aus der Entstehungsgeschichte des § 11 BPolBG lasse sich entnehmen, dass die Norm eine Ausnahmeregelung darstellen sollte und daher der Anwendungsbereich entsprechend restriktiv zu fassen sei. § 11 BPolBG sei für die Fälle anzuwenden, in denen eine hohe Zahl an ausgleichspflichtigen Mehrleistungen entstehe, deren Ausgleich auf Grundlage der herkömmlichen Regelungen mit der Gefahr der Herabsetzung der Einsatzbereitschaft der Verbände einhergehe. Eine solche Situation könne jedoch nur dann angenommen werden, wenn sie unvorhergesehen und damit ungeplant auftrete und sich ebenso unplanbar im Verlauf darstelle. Der Einsatz beim G7-Gipfel sei planbar gewesen. Der G7-Gipfel sei über einen Zeitraum von einem Jahr intensiv geplant worden. Der Einsatz der Beamten sei auf der Grundlage eines konkreten Dienstplans erfolgt. Es seien feste Zeiten für Einsatz, Bereitschaft und Ruhe vorgesehen und somit geplant gewesen. Dieser Plan sei auch tatsächlich eingehalten worden. § 11 BPolBG sei auch nicht auf die Fälle zu übertragen, in denen weit überwiegend der Einsatz von der Wahrnehmung einzelner dienstlicher Aufgaben geprägt sei. Dies sei jedoch gerade beim G7-Gipfel der Fall gewesen. Die Tätigkeitswahrnehmung sei nicht als geschlossener Verband, sondern einzeldienstlich geprägt gewesen. Bei derartigen Einsätzen würden unterschiedliche Kräfte aus unterschiedlichen Einheiten mit unterschiedlichen Fähigkeiten benötigt. Diese würden nicht zwingend in ihren Stammformationen eingesetzt. Auch sei § 11 BPolBG bereits deshalb ausgeschlossen, da Mehrarbeit im Sinne von § 88 BBG nicht vorgelegen habe. Den beiliegenden Einsatzbefehlen könne die Anordnung von Mehrarbeit nicht entnommen werden. Zwar enthalte der Einsatzbefehl Nr. 2 der Bundespolizeidirektion München eine Regelung im Zusammenhang mit Mehrarbeit. Diese Regelung sei jedoch rein vorsorglich für den Fall erfolgt, dass bei Bedarf Mehrarbeit hätte angeordnet werden müssen. Eine Anordnung von Mehrarbeit liege hierin jedoch nicht. Soweit hinsichtlich einer möglichen Anordnung von Mehrarbeit auf den Leiter des Einsatzabschnitts abgestellt werde, könne dieser nicht wirksam Bereitschaft anordnen. Die Zuständigkeit für arbeitszeitrechtliche Anordnungen liege allein beim Polizeiführer, hier dem Präsidenten der Bundespolizeidirektion München. Die Anordnung von Mehrarbeit sei auch weder notwendig noch zu rechtfertigen gewesen, da die hierfür erforderlichen „zwingenden dienstlichen Verhältnisse“ im Sinne des § 88 BBG gerade nicht vorgelegen hätten. Hinsichtlich des Hilfsantrags fehle es an einer rechtlichen Grundlage.
19Das Gericht hat zur Frage der näheren Umstände des Einsatzes und der Weisungslage Beweis erhoben durch Vernehmung der Polizeibeamten G. und H. als Zeugen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe
21Die zulässige Klage hat nur teilweise Erfolg. Dabei geht die Kammer davon aus, dass die beiden ersten Klageanträge nicht in einem Verhältnis von Haupt- zu Hilfsantrag zueinander stehen. Beide Anträge stützen sich auf den gleichen Lebenssachverhalt der vom Kläger behaupteten geleisteten Mehrarbeit und verfolgen das gleiche Begehren, nämlich für diese Mehrarbeit einen weiteren Ausgleich zugesprochen zu erhalten. Dass für dieses Begehren zwei unterschiedliche Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen, begründet keine unterschiedlichen Klagebegehren, die im Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag zueinander stehen.
22Die Klage ist begründet, soweit der Kläger während des Einsatzes beim G7-Gipfel in Schloss Elmau vom 27.05.2015 bis 09.06.2015 unstreitig 10 Stunden Bereitschaftsdienst geleistet hat, der aber nur im Umfang von ½ mit 5 Stunden Freizeitausgleich ausgeglichen worden ist. Der Kläger hat einen Anspruch auf die Gewährung einer weiteren Dienstbefreiung nach § 88 BBG in Höhe von insgesamt 5 Stunden. Es ist nach der Auffassung der Kammer unzulässig, geleisteten Bereitschaftsdienst hinsichtlich des Freizeitausgleichs nicht wie Volldienst zu behandeln. Der zeitliche Umfang der Dienstbefreiung muss dem zeitlichen Umfang der geleisteten Mehrarbeit entsprechen. Eine lediglich anteilige Berücksichtigung der Bereitschaftsdienstzeiten und damit eine Differenzierung zwischen Voll- und Bereitschaftsdienst bei der Berechnung eines Anspruchs auf Freizeitausgleich ist rechtsfehlerhaft,
23vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 17.11.2016 - 2 C 23.15 -.
24Die weitergehende Klage auf Freizeitausgleich ist aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen weiteren Freizeitausgleich für geleisteten Bereitschaftsdienst. Der Bescheid vom 14.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat über die bereits anerkannten Zeiten hinaus weder hinsichtlich seiner Verwendung beim G7-Gipfel in Schloss Elmau vom 27.05.2015 bis 09.06.2015 (dazu 1.) noch hinsichtlich seiner Verwendung bei der Bilderberg-Konferenz in Österreich vom 10.06.2015 bis 14.06.2015 (dazu 2.) einen Anspruch auf weiteren Freizeitausgleich für Mehrarbeit.
251. Für den Zeitraum des Einsatzes beim G7-Gipfel in Schloss Elmau vom 27.05.2015 bis 09.06.2015 scheitert der Anspruch daran, dass der Kläger über den bereits abgegoltenen keinen weiteren Bereitschaftsdienst geleistet hat, für den nach § 88 BBG ein Ausgleich zu gewähren wäre, und sich für den Kläger auch aus der Vorschrift des § 11 BPolBG kein weitergehender Anspruch auf Freizeitausgleich ergibt.
26Ein Anspruch auf weiteren Freizeitausgleich für geleistete Mehrarbeit folgt zunächst nicht aus § 88 BBG. Nach § 88 BBG sind Beamtinnen und Beamte verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren.
27Dass der Kläger vorliegend bereits Mehrarbeit in einem Umfang von mehr als fünf Stunden monatlich geleistet hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Jedoch stellt die vom Kläger in Bezug genommene Zeit der Anwesenheit im Einsatzhotel außerhalb der bereits angerechneten Dienstzeiten (Ruhezeit) keine weitere Mehrarbeit in Form des Bereitschaftsdienstes dar.
28Bereitschaftsdienst ist nach der Definition des § 2 Nr. 12 AZV die Pflicht, sich, ohne ständig zur Dienstleistung verpflichtet zu sein, an einer vom Dienstherrn bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall den Dienst aufzunehmen, wenn dabei Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen. Eine hiernach vorausgesetzte ausdrückliche Anordnung des Bereitschaftsdienstes fehlt vorliegend. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war diese auch nicht vom Führer des Einsatzabschnitts „Eingreifkräfte“ angeordnet worden. Der Zeuge G. hat bei seiner Vernehmung bekundet, dass für die Einheiten jeweils Einsatz-, Bereitschafts- und Ruhezeiten konkret festgelegt worden waren. Auch der Zeuge H. bestätigte, dass eine zu Beginn des Einsatzes erstellte grobe Ablaufplanung für die ihm unterstellten Kräfte Volldienst-, Bereitschaftsdienst- und Ruhezeiten vorgesehen hätte. Auch wenn nach der Aussage beider Zeugen die zunächst vorgesehenen Zeiten aufgrund konkreter, zum Teil unvorhergesehener Anlässe während der Einsatzdauer im Einzelfall verändert worden sind, so blieb es doch grundsätzlich bei einer eindeutigen Trennung von Volldienst-, Bereitschaftsdienst- und Ruhezeiten. In den hier streitbefangenen Zeiträumen, in denen sich der Kläger mit seiner Einheit im Einsatzhotel aufgehalten hatte, war nach der Aussage des Zeugen G. die Einheit des Klägers bei ihm als ruhend und nicht als in Bereitschaft versetzt gemeldet gewesen.
29Allerdings war - so der Zeuge G. - nach der Einsatzplanung vorgesehen, dass für den Fall einer Lageentwicklung, in der nicht nur die Volldienst- und Bereitschaftsdienstkräfte zur Bewältigung der Lage im Stande gewesen, sondern weitere Kräfte benötigt worden wären, auf die in der Ruhe befindlichen Beamten zurückzugreifen. Insoweit war während des gesamten Einsatzes beim G7-Gipfel nicht ausgeschlossen, dass der Kläger mit seiner Einheit aus der Ruhezeit heraus zunächst in Bereitschaft gesetzt und anschließend möglicherweise auch zum Einsatz herangezogen worden wäre. Die Beweisaufnahme hat insoweit auch das Vorbringen des Klägers bestätigt, dass aus diesem Grund für die in der Ruhezeit befindlichen Beamten die Weisung ihrer Vorgesetzten bestand, keinerlei Alkohol zu sich zu nehmen, jederzeit erreichbar zu sein und die Unterkunft nur mit entsprechender Genehmigung des Hundertschaftsführers oder des Teileinheitsführers zu verlassen.
30Gleichwohl begründet diese Weisungslage keine Anordnung eines Bereitschaftsdienstes. Die oben wiedergegebene Aussage des Zeugen G. belegt zunächst eindeutig, dass der Aufenthalt des Klägers und seiner Einheit im Einsatzhotel der Ruhe dienen sollte. Der Aufenthalt zielte nicht darauf, eine Bereitschaft des Klägers und seiner Einheit für eine Dienstleistung zu ermöglichen. Soweit der Kläger gleichwohl mit einer Alarmierung und Heranziehung zum Dienst rechnen musste, war die Situation für ihn während des G-7 Einsatzes mit der Situation der Beamten vergleichbar, die sich auf einem Polizeischiff in einem mehrtägigen Einsatz auf See befinden. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht,
31vgl. Urteil vom 22.01.2009 - 2 C 90.07 - sowie auch Urteil vom 26.07.2012 - 2 C 24.11 -,
32einen Bereitschaftsdienst für einen Beamten, der sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, dann bejaht, wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in seinem Urteil vom 22.01.2009 ausgeführt:
33„Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass der Aufenthalt an Bord, d.h. im räumlichen Machtbereich des Dienstherrn, während der Zeiten der Freiwachen nicht ausdrücklich als Einsatzbereitschaft angeordnet wird. Vielmehr sind diese Zeiten vorwiegend der Erholung vom Dienst während der Zeiten der Seewachen zu dienen bestimmt. Ungeachtet dessen stehen die Beamten für eine jederzeitige dienstliche Inanspruchnahme zur Verfügung, weil sie den dienstlichen Bereich nicht verlassen und sich aus diesem Grund dem Zugriff des Dienstherrn nicht entziehen können. Daher stellen die Zeiten der Freiwachen Bereitschaftsdienst dar, wenn dienstliche Einsätze der Beamten während dieser Zeiten zur Wahrnehmung regelmäßig anfallender dienstlicher Aufgaben unabdingbar oder doch vom Dienstherrn eingeplant sind. Dies beurteilt sich nach der Art der Aufgaben und der organisatorischen Gestaltung des Dienstbetriebs an Bord. Es kommt deshalb maßgeblich auf die im Regelfall zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während der Freiwachen an. Danach entscheidet sich, ob während dieser Zeiten typischerweise mit nennenswerten Einsätzen zu rechnen ist, die den Freiwachen das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz geben, oder ob sich diese Zeiten bei wertender Betrachtung als Freizeit oder eine Form der Rufbereitschaft darstellen, die allenfalls sporadisch von Einsätzen unterbrochen wird.“
34Hiernach lag nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vorliegend kein Bereitschaftsdienst vor, da in den dienstfreien Zeiten des Klägers nicht typischerweise mit nennenswerten Einsätzen zu rechnen war, die den dienstfreien Zeiten das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz gaben. Nach der Aussage des Zeugen G. wurden die Hundertschaften seines Einsatzabschnitts zu mehreren Einsätzen herangezogen, allerdings erfolgte keiner dieser Einsätze aus der Ruhezeit heraus. Der Zeuge ist aber im Vorfeld der für den G7-Gipfel in Elmau vorgenommenen Planung aufgrund seiner Erfahrungen aus vergleichbaren früheren Einsätzen davon ausgegangen, dass auch bei dem hier in Rede stehenden Einsatz Situationen entstehen könnten, in denen Beamte aus Ruhezeiten zur Dienstverrichtung herangezogen werden. Der Zeuge stützte sich bei seiner Einschätzung auf Erfahrungen aus Einsätzen beim G8-Gipfel in Heiligendamm und beim NATO-Gipfel in Kehl sowie aus Einsätzen bei Castor-Transporten.
35Aufgrund der Aussage des Zeugen vermag die Kammer aber nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass der Kläger und die anderen Beamten seiner Einheit während der Ruhezeiten beim G7-Gipfel typischerweise mit nennenswerten Einsätzen zu rechnen hatten. Die vom Zeugen genannten vorangegangenen Einsätze rechtfertigen eine solche Schlussfolgerung nicht. Es handelt sich hierbei um einzelne Einsatzlagen, aus denen noch nicht darauf geschlossen werden kann, dass die Einsatzkräfte der Bundespolizei bei Einsätzen typischerweise davon ausgehen müssen, aus Ruhezeiten zur Dienstverrichtung herangezogen zu werden. Zum einem stehen den von den Zeugen genannten Einsätzen andere Einsätze gegenüber, wie etwa die dem Gipfel in Heiligendamm vorangegangenen Gipfeltreffen in Deutschland, von denen vergleichbare Einsatzlagen nicht bekannt sind. Vor allem aber ist zu berücksichtigen, dass die Führungen der Einsatzkräfte aus den Erfahrungen vorheriger Einsätze ihre Schlussfolgerungen ziehen, um mit geänderten Einsatzmethoden und verstärkten Kräften eine Wiederholung vergleichbarer, kritischer Einsatzlagen zu vermeiden. So hat der Zeuge H. ausgesagt, mit seiner Einheit in Heiligendamm zur Unterstützung der Landespolizei eingesetzt worden zu sein, beim G7-Gipfel in Schloss Elmau sei dies aber nicht erforderlich gewesen, die von ihm geführte Hundertschaft sei ausschließlich für die Wahrnehmung bundespolizeilicher Aufgaben eingeteilt worden. Dies deutet darauf hin, dass (auch) die Landeskräfte offensichtlich besser auf den Einsatz vorbereitet waren als jene beim Gipfel in Heiligendamm. Es kann vor diesem Hintergrund nicht davon ausgegangen werden, dass die Führung der Bundespolizei bei dem sorgfältig vorbereiteten Einsatz beim G7-Gipfel in Schloss Elmau eingeplant hätte, dass die Einsatzkräfte häufiger in den Ruhezeiten zur Wahrnehmung anfallender dienstlicher Aufgaben herangezogen werden würden.
36Ein Anspruch auf Freizeitausgleich für geleistete Mehrarbeit, der über den bereits gewährten Freizeitausgleich hinausgeht, folgt für den Kläger auch nicht aus § 11 BPolBG. Nach dieser Norm wird bei Einsätzen und bei Übungen von Verbänden, Einheiten oder Teileinheiten der Bundespolizei von einer Dauer von mehr als einem Tag anstelle einer Dienstbefreiung nach den §§ 87 und 88 des Bundesbeamtengesetzes ein einheitlicher Freizeitausgleich festgesetzt, der die Dauer des Einsatzes oder der Übung und die damit verbundene dienstliche Beanspruchung angemessen berücksichtigen muss; die Entscheidung trifft der Bundesminister des Innern oder die von ihm bestimmte Dienststelle.
37Eine solche Entscheidung nach § 11 BPolBG hat die Beklagte vorliegend für den Einsatz beim G7-Gipfel in Schloss Elmau vom 27.05.2015 bis 09.06.2015 nicht getroffen, vielmehr hat sie sich für den Ausgleich der Mehrarbeit auf der Grundlage des § 88 BBG entschieden. Diese Entscheidung über die Wahl der rechtlichen Grundlage für den Freizeitausgleich kann von dem Kläger nicht angegriffen werden, auch wenn eine Abrechnung nach § 11 BPolBG für ihn einen höheren Ausgleichsanspruch begründen würde. Die Kammer schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Göttingen an,
38vgl. Urteil vom 22.11.2017 - 1 A 131/16 -,
39wonach der Beamte keinen subjektiven Anspruch geltend machen kann, dass der Freizeitausgleich für Mehrarbeit auf der Grundlage des § 11 BPolBG vorgenommen wird. Denn die Regelung betrifft insoweit allein organisatorische Belange. Bei längeren Einsätzen von Verbänden soll die geleistete Arbeitszeit möglichst einfach ermittelt und der Mehraufwand, den die Ermittlung des Umfangs der Mehrarbeit für jeden einzelnen Beamten erfordern würde, vermieden werden. Daneben ermöglicht der Ausgleich nach § 11 BPolBG auch, nach gemeinsamen Einsätzen den den Polizeikräften des Bundes und der Länder zu gewährenden Freizeitausgleich aufeinander abzustimmen sowie bestimmte weitere Beanspruchungen der Beamten (Reisezeiten, Unterbringung in Behelfsunterkünften) angemessen zu berücksichtigen. Rechte des Beamten werden durch eine Ablehnung eines Freizeitausgleichs nach § 11 BPolBG nicht verletzt, da in diesem Fall die Behörde die tatsächlich erbrachte Mehrarbeit für jeden Beamten ermitteln und nach § 88 BBG ausgleichen muss.
40Dem steht nicht der Wortlaut des § 11 Satz 1 BPolBG entgegen, nach dem bei Einsätzen und bei Übungen von Verbänden, Einheiten oder Teileinheiten der Bundespolizei von einer Dauer von mehr als einem Tag anstelle einer Dienstbefreiung nach den §§ 87 und 88 des Bundesbeamtengesetzes ein einheitlicher Freizeitausgleich festgesetzt „wird“. Hierdurch hat der Gesetzgeber keine bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale zu Gunsten des betroffenen Beamten gebundene Entscheidung vorgegeben. Denn einer solchen Auslegung steht der Satz 2 der Norm entgegen, wonach die Entscheidung der Bundesminister des Innern oder die von ihm bestimmte Dienststelle trifft. Mit der Formulierung „die Entscheidung … trifft“ kommt zum Ausdruck, dass mit der Vorschrift nicht allein eine Zuständigkeitsregelung (insoweit wäre näher liegend: „für die Entscheidung ist zuständig“) getroffen werden sollte, sondern der bezeichneten Behörde ein freies Ermessen über die Entscheidung gewährt werden sollte, bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen eine Abrechnung nach § 11 BPolBG vorzunehmen oder hiervon abzusehen. Da die Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 BPolBG sehr unkonkret gehalten sind, wäre die Beklagte im Falle einer anderen Auslegung im Regelfall bei mehrtätigen Einsätzen gezwungen, den Freizeitausgleich nach § 11 BPolBG vorzunehmen. Eine solche Zielsetzung hat das Gesetz aber nicht.
412. Für den Zeitraum des Einsatzes bei der Bilderberg-Konferenz in Österreich vom 10.06.2015 bis 14.06.2015 besteht kein Anspruch des Klägers auf einen Freizeitausgleich, der über den bereits gewährten Freizeitausgleich für geleistete Mehrarbeit hinausgeht. Insoweit wurde - was nicht streitig ist - der Freizeitausgleich nach § 11 BPolBG berechnet und gewährt. Eine Abrechnung des Freizeitausgleichs auf der Grundlage des § 88 BBG kommt damit nicht in Betracht. § 11 Satz 1 BPolBG bestimmt, dass der Freizeitausgleich nach dieser Norm „anstelle einer Dienstbefreiung nach den §§ 87 und 88 des Bundesbeamtengesetzes“ gewährt wird. § 11 Satz 1 BPolBG stellt damit die speziellere Vorschrift für den Freizeitausgleich dar, die die Vorschriften des BBG verdrängt.
42Es ist auch vom Kläger nicht dargetan, dass die Beklagte den Freizeitausgleich für die Zeit vom 10.06.2015 bis 14.06.2015 auf der Grundlage des § 11 BPolBG und der hierzu ergangenen ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften fehlerhaft berechnet hätte. Soweit der Kläger rügt, dass er Bereitschaftsdienst geleistet habe und dieser zu 100 % durch Freizeit auszugleichen sei, begründet dies nicht den geltend gemachten Anspruch. § 11 BPolBG bezweckt, im Rahmen eines einheitlichen Freizeitausgleichs die geleistete Arbeitszeit möglichst einfach zu ermitteln und den Mehraufwand, der durch die Ermittlung des Umfangs der Mehrarbeit für jeden einzelnen Beamten bestehen würde, zu vermeiden. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nach ihren ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften auf eine aufwendige Beweisführung über Zeiten eines Volldienstes oder Bereitschaftsdienstes, der Rufbereitschaft, Reisezeiten und Ruhezeiten verzichtet und die Mehrarbeit pauschal nach vorgegebenen Anteilen für Dienstzeit, Bereitschaftsdienst und Ruhezeit ermittelt. Dass sie hierbei die pauschal ermittelten Bereitschaftsdienstzeiten nur mit 50 % ansetzt, ist anderes als bei einer Abrechnung nach § 88 BBG zulässig. Denn im Rahmen des § 88 BBG ist eine Prüfung erforderlich, ob die geltend gemachte Mehrarbeit als Bereitschaftsdienst anzuerkennen ist. Eine solche Prüfung entfällt beim § 11 BPolBG, insoweit wird der einheitliche Freizeitausgleich pauschal ermittelt. Die Kammer vermag aufgrund des Beteiligtenvorbringens vorliegend auch nicht festzustellen, dass der hier für den Einsatz bei der Bilderberg-Konferenz auf der Grundlage der maßgeblichen Richtlinien gewährte Freizeitausgleich insgesamt die mit dem Einsatz verbundene dienstliche Beanspruchung nicht angemessen berücksichtigt hätte.
43Der Hilfsantrag auf eine Geldentschädigung ist unbegründet, da - wie oben dargelegt - ein weiterer Freizeitausgleich, der in Geld zu entschädigen wäre, nicht zu gewähren ist.
44Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Für den durch Urteil dem Kläger zugesprochenen weiteren Freizeitausgleich (5 Stunden) wären die Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Jedoch ist der Umfang des Unterliegens der Beklagten im Verhältnis zum gesamten Klagebegehren nur gering, so dass die Kostenlast insgesamt gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO dem Kläger auferlegt wird.
45Die Berufung wird gemäß §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil der Rechtsstreit in Anbetracht der Anhängigkeit einer größerer Zahl gleichgelagerter Fälle bei der Kammer wie auch nach Angaben der Beteiligten bei anderen Verwaltungsgerichten grundsätzliche Bedeutung insbesondere im Hinblick auf die Frage eines möglichen Anspruchs des Beamten darauf, eine Abrechnung der Mehrarbeit auf der Grundlage des § 11 BPolBG verlangen zu können, hat.
46Rechtsmittelbelehrung
47Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
48Statt in Schriftform kann die Einlegung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
49Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
50Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
51Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
52Beschluss
53Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
545.000,00 €
55festgesetzt.
56Gründe
57Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG).
58Rechtsmittelbelehrung
59Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
60Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
61Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
62Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
63Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.