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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
T a t b e s t a n d
2Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. 1993 besuchte er erstmals für drei Monate seine hier als türkische Arbeitnehmer lebenden Eltern.
3Am 23.12.1996 heiratete er in der Türkei die am 00.00.0000 in Köln geborene türkische Staatsangehörige G. N. . Seine Ehefrau verfügte seit dem 18.01.1993 über eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung, die bis heute (inzwischen als Niederlassungserlaubnis) fortgilt.
4Am 00.00.0000 wurde die Tochter B. O. F. im Bundesgebiet geboren.
5Bereits am 21.02.1998 war der Kläger erneut in das Bundesgebiet eingereist und beantragte am 22.04.1998 die Anerkennung als Asylberechtigter. Zur Begründung gab er im Wesentlichen an, bis 1993 das Gymnasium besucht zu haben. Einen Beruf habe er nicht erlernt, sondern seinem Bruder in dessen Lebensmittelmarkt geholfen. Im Jahr 1993 sei er der Organisation Islami Cemaatler Birligi beigetreten. Es handele sich um eine religiöse Organisation, die einen durch die Scharia geleiteten islamischen Staat aufbauen wolle. Islami Cemaatler Birligi sei der Gründungsname der Organisation „Kalifatstaat“. In der Türkei sei die Organisation illegal. Sie sei von Cemaleddin Kaplan gegründet worden. Aktuelles Oberhaupt sei dessen sich in Köln aufhaltender Sohn Muhamed Metin Kaplan. Für diese Organisation habe er Broschüren, Zeitungen und Flugblätter verteilt. Er sei stellvertretener Leiter der Jugendorganisation gewesen. Zu seinen Aufgaben habe die Organisation der Zeitschriftenverteilung gehört. Da er nicht aufgefallen sei, sei er auch nicht festgenommen worden. Vor der Ausreise habe er von Freunden erfahren, dass er denunziert worden sei, weshalb er sich zur Flucht entschlossen habe. Islam bedeute Freiheit. Jeder könne seine Freiheiten so ausleben, wie er es sich vorstelle. Die hochgeschworene Demokratie sei ein Werk des Teufels, ein Geschwür für die Menschheit. Für den „Kalifatstaat“ verteile er auch hier in der Bundesrepublik Deutschland Zeitungen und Flugblätter. Der Asylantrag wurde mit Bescheid vom 25.05.1998 abgelehnt. Die rechtzeitig erhobene Klage wies das VG Köln mit Urteil vom 14.04.2003 insgesamt ab (Az: 15 K 4323/99.A).
6Am 00.00.0000 wurde der Sohn I. D. F. geboren.
7Am 13.07.2001 beantragte der Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug. Dies lehnte die Beklagte – der Unterhalt der Familie war durch das Einkommen der Ehefrau des Klägers, die seit dem 30.04.2001 als Verkäuferin bei der I1. -C1. GmbH i.G. O1. L.----weg 00 in Köln, dem Nachfolgegeschäft des verbandseigenen Lebensmittelgeschäfts L. -C1. des verbotenen „Kalifatstaats“, angestellt war, gesichert - mit Ordnungsverfügung vom 22.05.2002 ab. Der Kläger sei nicht mit dem erforderlichen Visum ins Bundesgebiet eingereist. Hiergegen legte der Kläger rechtzeitig Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2003 zurückgewiesen wurde.
8Am 23.03.2004 wurde die Abschiebung des Klägers eingeleitet, wogegen der Kläger erfolglos um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchte. Er berief sich auf Abschiebungshindernisse wegen seiner Zugehörigkeit zum „Kalifatstaat“, einer ihm im Falle der Rückkehr in die Türkei drohenden Einberufung zum Wehrdienst und auf das laufende Einbürgerungsverfahren seiner Ehefrau. (Die Einbürgerung der Ehefrau des Klägers war bereits mit Bescheid vom 05.11.2003 abgelehnt worden, weil deren Ausbürgerung aus dem türkischen Staatsverband scheiterte, da sie aus religiösen Gründen die Erfüllung notwendiger Formvorschriften – Entschleierung - verweigerte.) Die für den 27.04.2004 geplante Abschiebung scheiterte, da der Kläger sich wegen Suizidversuchs vom 26.04.2004 bis 04.05.2004 in stationärer psychiatrischer Behandlung befand. Während der nachfolgenden Therapie wurde der Kläger im Bundesgebiet geduldet.
9Am 00.00.0000 wurde der Sohn N1. U. F. geboren, der die deutsche Staatsbürgerschaft erhielt.
10Am 31.10.2005 beantragte der Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Nachdem das Polizeipräsidium (PP) Köln unter dem 18.11.2005 mitgeteilt hatte, dass zu dem Kläger und seiner Ehefrau keinerlei staatsschutzrelevante Hinwiese vorlägen, auch keine, die ihn und seine Ehefrau in die Nähe des „Kalifatstaats“ brächten, wurde die Aufenthaltserlaubnis am 04.04.2006 erteilt und nachfolgend mehrfach, zuletzt bis zum 27.04.2012 verlängert.
11Am 21.01.2011 beantragte der Kläger die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Hierzu legte er u.a. Bescheinigungen über seinen Versicherungsverlauf und den Versicherungsverlauf seiner Frau vor. Danach hatte die Ehefrau des Klägers sich seit 17.06.1998 bis 31.10.2007 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befunden. Seit dem 01.11.2007 bis (damals) laufend befand sich der Kläger selbst in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Am 08.02.2011 wurde festgestellt, dass der Kläger nicht über die für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse verfügte. Der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis wurde mündlich abgelehnt. Aus Kostengründen verzichtete der Kläger auf einen schriftlichen Bescheid.
12Am 00.00.0000 wurde der Sohn T. F1. F. geboren, der wie schon sein Bruder N1. U. die deutsche Staatsbürgerschaft erhielt.
13Vor Ablauf der zuletzt bis zum 27.04.2012 erteilten Aufenthaltserlaubnis beantragte der Kläger unter dem 29.03.2012 erneut die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Hierzu legte er u.a. eine aktualisierte Bescheinigung der AOK vor, aus der sich ergab, dass der Kläger sich weiterhin ununterbrochen in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befand. Im Antragsformular verneinte der Kläger jedwede Zugehörigkeit zu bzw. jedwede Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.
14Am 09.01.2014 erfolgte die sicherheitsrechtliche Befragung des Klägers, bei der der dem Kläger bekannte N2. B1. (Kläger des Verfahrens 12 K 6943/15) als Übersetzer fungierte. Der Kläger gab an, von 1993-2010 Kontakt zu dem 2001 verbotenen „Kalifatstaat“ gehabt zu haben. An der Spendenveranstaltung „Gala“ in Ehrenfeld habe er teilgenommen aber nichts gespendet. Organisator dieser Veranstaltung sei seines Wissens der Verein „Helfen in Not“ gewesen. Auf die Frage, wie er zur Teilnahme „gläubiger“ Moslems am bewaffneten Kampf gegen das Assad-Regime in Syrien stehe, antwortete der Kläger, dass jeder helfen könne, wenn er wolle. Er selbst sei gegen eine gewalttätige Einstellung. Er sei generell gegen Gewalt. Auf die Frage, was er vom Ansinnen der Organisation „ Islamischer Staat im Irak und Syrien“ (ISIS/ nunmehr IS) einen Gottesstaat zu errichten, halte, gab er an, dass er als Muslim seine Religion auslebe. Dazu gehöre, dass man als Erstes mit sich selber anfange, fromm zu leben und zu dienen. Die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland passe nicht in allen Formen zum Islam. Dass Menschen die Gesetze machen, passe nicht dazu.
15Unter dem 10.11.2014 teilte die Sicherheitskonferenz (SIKO) des Landes Nordrhein-Westfalen der Beklagten mit, dass der Kläger am 16.10.2014 im Rahmen einer Grenzkontrolle bei der Einreise mit dem Flug PC 000 von Istanbul nach Köln am Flughafen Köln/ Bonn zusammen mit C2. B2. kontrolliert worden sei. Hierbei habe er angegeben, sich ca. vier Monate außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten zu haben. Unter dem 31.07.2015 teilte die SIKO NRW ergänzend mit, dass gegen den Kläger wegen des Vorwurfs einer nach § 89a StGB strafbaren Handlung bei der Staatsanwaltschaft (StA) Köln ein Ermittlungsverfahren unter dem Aktenzeichen geführt werde. Der Kläger sei verdächtig, als Spenden deklarierte Bargeldbeträge in nicht unerheblicher Höhe sowie Krankentransporter beschafft zu haben, um diese zwecks Unterstützung von Personen nach Syrien zu verbringen, die sich mit der Intention der Ermordung von Personen anderen als salafistischen Glaubens, insbesondere auch von Angehörigen der staatlichen Regierungstruppen, an bewaffneten Kampfhandlungen beteiligten, um die Regierung in Damaskus zu stürzen und durch einen islamischen Gottesstaat unter der Geltung der Scharia zu ersetzen.
16Unter dem 23.03.2015 beantragte der Kläger die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung.
17Mit Schreiben vom 28.08.2015 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Ausweisung an.
18Mit Ordnungsverfügung vom 12.11.2015, zugestellt am 19.11.2015, wies die Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik aus (Ziff. 1), befristete die Wirkungen der Ausweisung auf 6 Jahre ab dem Tag der Ausreise (Ziff. 2), forderte den Kläger fristgebunden unter Androhung der Abschiebung in die Türkei zum Verlassen des Bundesgebietes auf und befristete die Wirkungen einer eventuell erforderlich werdenden Abschiebung auf ebenfalls 6 Jahre ab dem Verlassen des Bundesgebietes (Ziff. 3), forderte den Kläger zur Abgabe seines Nationalpasses und seiner Fiktionsbescheinigung auf (Ziff. 4), verpflichtete ihn, sich für die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet einmal wöchentlich jeweils freitags bei der für ihn zuständigen Polizeidienststelle zu melden, und beschränkte seinen Aufenthalt auf das Stadtgebiet Köln (Ziff. 5). Mit Ziff. 6 der Ordnungsverfügung ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung der in Ziff. 1 ausgesprochenen Ausweisung an. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen Folgendes aus:
19Der Kläger erfülle die Ausweisungstatbestände des § 54 Nr. 5, Nr. 5a und Nr. 5b AufenthG, weil er den IS unterstützt habe.
20Bei dem IS handele es sich um eine terroristische Vereinigung. In seinem Kern sei der IS ein freiwilliger Zusammenschluss von rund 10.000 (bzw. 15.000) Personen. Zweck sei die Bildung eines grenzübergreifenden islamischen „Gottesstaates“ in den Gebieten der heutigen Staaten Irak, Syrien, Libanon, Jordanien und des Staates Israel einschließlich der besetzten Gebiete. Bereits seit 2003 ziele der IS darauf ab, die bestehenden Grenzen der Staaten im Nahen Osten mit Gewalt zu überwinden. Der IS wolle darüber hinaus den bewaffneten Kampf in die Türkei einschließlich der Nachbarstaaten tragen. Neben einer auf die Vernichtung des Staates Israel und der Juden zielenden Ausrichtung stehe der IS auch der schiitischen Glaubensrichtung des Islam, insbesondere der schiitischen Bevölkerungsmehrheit im Irak und den syrischen Alawiten feindlich gegenüber. Gleichermaßen verfolge der IS auch Christen und Jesiden. Am 24.09. 2014 habe der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einstimmig die Resolution 2178 für den weltweiten Kampf gegen die islamistische Terrororganisation IS verabschiedet. Die Resolution verpflichte alle UNO-Staaten, Rekrutierung, Transport, Durchreise, Organisierung und Ausrüstung von Terroristen zu unterbinden und zu bekämpfen. In Deutschland sei die Organisation seit dem 12.09.2014 nach § 3 Abs. 1 i. V. m. § 15 Abs. 1 und § 18 Satz 2 Vereinsgesetz (VereinsG) verboten.
21Der Kläger habe durch sein Verhalten den IS unterstützt. Tatbestandlich erfasse eine Unterstützung jede Tätigkeit, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der den internationalen Terrorismus unterstützenden Vereinigung auswirke. Dazu zähle jedes Tätigwerden auch eines Nichtmitgliedes, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördere, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördere und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festige und ihr Gefährdungspotential stärke. Nach dem Ergebnis des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens habe der Kläger als Spenden deklarierte Bargeldbeträge in nicht unerheblicher Höhe sowie Krankentransporter beschafft, um diese zwecks Unterstützung von Personen nach Syrien zu verbringen, die sich mit der Intention der Ermordung von Personen anderen als des salafistischen Glaubens, insbesondere auch von Angehörigen der staatlichen Regierungstruppen, an bewaffneten Kampfhandlungen beteiligten, um die Regierung in Damaskus zu stürzen und durch einen islamischen Gottesstaat unter der Geltung der Scharia zu ersetzen.
22Der Kläger habe insgesamt drei Krankenwagen/ Sonderkraftfahrzeuge auf seinen Namen zugelassen. Nachweislich sei er an der Ausfuhr zweier dieser Fahrzeuge, einmal in Begleitung von N3. U1. C3. , beteiligt gewesen. Ziel sei es gewesen, die Fahrzeuge dem IS zur Verfügung zu stellen. N3. U1. C3. sei dringend verdächtig, seit 2013 den IS unterstützt zu haben. Er solle daran mitgewirkt haben, zwei Kämpfer aus Deutschland zu der Terrororganisation nach Syrien zu schleusen. Zudem werde ihm vorgeworfen, dem IS und der „ Ahrar al-Sham“ insgesamt 3200 € und ein Transportfahrzeug zur Verfügung gestellt zu haben. Bei einer polizeilichen Kontrolle am 22.10.2013 auf dem nahe dem Grenzübergang zu Österreich gelegenen Parkplatz Hammerstein sei der Kläger als Halter des von ihm genutzten Daimler Chrysler LKWs mit dem Kennzeichen in Erscheinung getreten. Außerdem sei er im Besitz von 400 € und 5000 SYP gewesen. Nach seinen eigenen Angaben habe dieses Geld dem Verein „Helfen in Not“ gehört.
23Der Verein „Helfen in Not“ werde von den Verfassungsschutzbehörden beobachtet, da er mit gewaltaffinen Salafisten in Berührung stehe. Im Rahmen von sogenannten „Hilfskonvois“ seien auch Personen des salafistischen Spektrums in Erscheinung getreten. Vereinsvorsitzender sei C2. B2. . Zweck der Reise sei angeblich ein zwei bis drei Tage währender Aufenthalt in der Türkei gewesen. Aus dem bei der Generalbundesanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahren sei aber bekannt, dass die Krankentransporter und die anderen Fahrzeuge sowie die mitgeführten Beträge oppositionellen Kämpfern in Syrien hätten zufließen sollen, um diese in ihrem Bestreben, die Regierung in Damaskus zu stürzen und durch einen islamistischen Staat nach salafistischen Regeln zu ersetzen, zu unterstützen. Bei der Einreise des Klägers am 16.10. 2014 sei er zusammen mit C2. B2. aus Istanbul kommend von der Bundespolizei kontrolliert worden. C2. B2. sei 2001 auch Vorsitzender des Vereins „Islamische Glaubensgemeinschaft“ Neuss e.V. gewesen, der mit Verbotsverfügung vom 08.12.2001 (Verbotsverfügung Kalifatsstaat) ebenfalls verboten worden sei.
24Zu N3. U1. C3. und C2. B2. , die beide dem jihadistischen und terroristischen Spektrum zuzuordnen seien, habe der Kläger enge Kontakte gehabt. So sei bei der Hausdurchsuchung bei dem Kläger am 12.11.2014 unter anderem ein Samsung Handy GT 5263 sichergestellt worden, in dem C2. B2. mit seiner Handy-Nummer abgespeichert gewesen sei. Auch seien Kontakte zu dem im Rahmen der Ermittlungen des PP Köln (Ermittlungsgruppe – EG - Reisen) ebenfalls aufgefallenen W. C4. gefunden worden. Zwei weitere gefundene Empfängernummern seien im Zusammenhang mit Islamismusbezügen polizeilich bekannt geworden. Außerdem sei nach den Auswertungen davon auszugehen, dass sich das Handy im Zeitraum vom 03.02.2014 bis 27.10.2014 im Ausland befunden habe. Die Inhalte weiterer asservierter Datenträger gäben Hinweise auf eine Befassung des Nutzers mit dem Thema Islam/Islamismus (Nasheed-Gesänge). Weiter seien Nachweise über Ausfuhrkennzeichen von Sonder-KFZ Krankenkraftwagen/ Rettungswagen und gefunden worden. Es sei zu vermuten, dass auch diese auf den Kläger zugelassenen Kraftfahrzeuge der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung dienten. Für beide Fahrzeuge seien beim Kläger Belege über die Zahlung der KFZ-Steuer gefunden worden. Für das Kennzeichen sei am 24.01.2014 in Österreich Maut bezahlt worden. Der Umstand, dass der Kläger im Besitz des entsprechenden Belegs gewesen sei, spreche dafür, dass er an dieser Fahrt als Fahrer oder Beifahrer beteiligt gewesen sei. Weiter berücksichtigend, dass der Kläger schon langjährig durchgängig Bezüge zum radikalen Islamismus gehabt habe, sei anzunehmen, dass der Kläger dem IS nahestehe und dessen Ziele verinnerlicht habe und die Organisation aus dem Bundesgebiet heraus unterstütze.
25Zusätzlich erfülle der Kläger auch den Tatbestand des § 54 Nr. 5a AufenthG. Durch die Unterstützung des IS gefährde er die freiheitliche demokratische Grundordnung und die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Der IS wolle die verfassungsmäßige Ordnung auch auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland beseitigen. Die andauernde Nähe des Klägers zu Organisationen wie dem „Kalifatstaat“ und dem IS machten deutlich, dass er deren Ideologien für sich selber als bindend ansehe und sein Leben danach ausrichte. Aus der früheren (evtl. eher passiven) Mitgliedschaft im „Kalifatstaat“ sei nunmehr eine aktive Unterstützung der verbotenen terroristischen Organisation IS, mithin eine Steigerung seiner verfassungsfeindlichen Einstellung, erwachsen. Schon der „Kalifatstaat“ habe wie der IS die Einführung einer islamischen Ordnung auf der Grundlage der Scharia mit dem Endziel der Weltherrschaft des Islam angestrebt. Gesetze und die Staatsgewalt lägen nach den Ideologien beider Organisationen einzig in Gottes Hand. Das Mehrparteiensystem wie auch das Rechtsstaatsprinzip würden abgelehnt. Der Kläger selbst habe im Rahmen der Sicherheitsbefragung angegeben, dass nach seinem Verständnis die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht in allen Formen zum Islam passe: „Dass Menschen die Gesetze machen, passt nicht dazu“. Der Kläger sei eindeutig Helfer terroristischer Gewalttäter und gefährde die Sicherheit des Staates, weil allein schon durch seine Anwesenheit die Fähigkeit des Staates, sich nach innen und außen gegen Angriffe und Störungen zur Wehr zu setzen, beeinträchtigt werde.
26Schließlich erfülle der Kläger auch den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5b AufenthG. Danach werde ein Ausländer ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigten, dass er eine in § 89a Abs. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat gemäß § 89a Abs. 2 des StGB vorbereite oder vorbereitet habe. Unter den Aktenzeichen und ermittele die StA Köln gegen den Kläger wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im vorgenannten Sinne.
27Wegen bestehenden besonderen Ausweisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 AufenthG könne der Kläger nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lägen hier vor, weshalb über die Ausweisung im Ermessenswege zu entscheiden sei. Hier träten das persönliche Interesse des Klägers an dem Fortbestand seines Aufenthalts im Bundesgebiet und der Wunsch, die familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner Frau und seinen Kindern im Bundesgebiet leben zu können, hinter dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung der Rechtsordnung, insbesondere des Schutzes gewichtiger Rechtsgüter wie Leben und Eigentum, welche durch den internationalen Terrorismus jihadistischer Gruppierungen bedroht würden, zurück. Es sei anzunehmen, dass die jihadistische Einstellung des Klägers auch in die Erziehung seiner Kinder einfließe, was dem Kindeswohl widerspreche. Hinzu komme, dass der Kläger sich schon in der Vergangenheit monatelang nicht im Bundesgebiet aufgehalten habe und somit die familiäre Lebensgemeinschaft auch nicht durchgehend gelebt worden sei. Eine soziale Integration habe nicht stattgefunden. Soziale Kontakte habe der Kläger nur im salafistischen Spektrum. Auch bestehe weltweit Konsens, dass für Terroristen kein sicheres Refugium geschaffen werden dürfe. Die Bundesrepublik Deutschland könne es deshalb nicht hinnehmen, dass der Kläger sich hier niederlasse und weiterhin Bestrebungen zur Errichtung eines islamischen Staats ununterbrochen unterstütze und das deutsche Wertesystem untergrabe.
28Rechte aus ARB 1/80 hinderten die Ausweisung nicht. Soweit der Kläger solche überhaupt erworben habe, stünden diese nach Art. 14 ARB 1/80 unter dem Vorbehalt der Beschränkungen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt seien. Die dem Kläger anzulastende Unterstützung des IS sei schwerwiegend und berühre ein Grundinteresse der Gesellschaft, weil die davon betroffenen Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit des Einzelnen, der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Werteordnung einen hohen Rang einnähmen. Die Ausweisung des Klägers erfolge aus spezialpräventiven Gesichtspunkten, um einer (weiteren) kontinuierlichen Unterstützung islamistischer Terrororganisationen durch den Kläger vorzubeugen.
29Auf Art. 8 EMRK könne der Kläger sich ebenfalls nicht berufen. Zwar sei aufgrund des langjährigen Aufenthalts des Klägers im Bundesgebiet und auf Grund seiner familiären Situation der Schutzbereich des Art.8 EMRK eröffnet. Ein Eingriff in diesen Schutzbereich sei jedoch gerechtfertigt. Die Ausweisung sei unter anderem für die Wahrung der nationalen und öffentlichen Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und im Ergebnis auch verhältnismäßig. Trotz seines langjährigen Aufenthalts habe der Kläger sich nicht in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert. Durch seine Nähe/Mitgliedschaft zu/in Organisationen mit jihadistischen Bestrebungen lehne der Kläger die wichtigsten Eckpunkte wie Demokratie und Volkssouveränität ab. Seine Anschauung sei in keiner Weise vereinbar mit dem demokratischen und sozialen Bundesstaat Bundesrepublik Deutschland. Der Kläger hingegen strebe eine soziale Ordnung an, welche in einem Kalifat und dem Befolgen der Scharia die Erlösung sehe. Die Scharia verneine u.a. die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die als Grund- und Menschenrecht durch Art. 3 GG besonders geschützt werde. Darüber hinaus habe der Kläger sich in der Vergangenheit bereits mehrere Monate außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten. So wie er bei diesen Gelegenheiten den Kontakt zu seiner Familie gepflegt habe, könne ihm dies auch im Rahmen einer länger dauernden Abwesenheit aus dem Bundesgebiet zugemutet werden. Der Kontakt zu den Familienmitgliedern könne insbesondere durch den Einsatz von Telekommunikationsmitteln und auch durch Besuchskontakte aufrechterhalten bleiben.
30Art. 12 Abs. 3 Daueraufenthaltsrichtlinie 2003/109/EG vom 25.11.2003, geändert durch Richtlinie 2011/51 EU vom 11.05.2011 stehe der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen, da vom Kläger eine gegenwärtige hinreichende schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe.
31Gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG sei das nach § 11 Abs. 1 AufenthG u.a. an die Ausweisung anbindende Einreise- und Aufenthaltsverbot von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginne mit der Ausreise. Gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG werde über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden. Sie dürfe fünf Jahre u.a. nur dann überschreiten, wenn von dem Ausländer – wie hier - eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe. Im Hinblick auf die Biographie des Klägers erscheine unter würdiger Betrachtung der zugrunde liegenden Sachverhalte eine Befristung der Ausweisung von sechs Jahren ermessensgerecht. Diese Fristsetzung verstoße auch nicht gegen Artikel 11 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008.
32Die in Ziff. 3 der Ordnungsverfügung enthaltene Abschiebungsandrohung stützte die Beklagte auf §§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG. Gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG sei auch das an eine mögliche Abschiebung anknüpfende Einreise- und Aufenthaltsverbot zu befristen. Die Befristung auf 6 Jahre sei aus den zur Befristung der Wirkungen der Ausweisung bereits angeführten Gründen ermessensgerecht.
33Ziff. 4 ihrer Ordnungsverfügung stützte die Beklagte auf § 48 Abs. 1 und § 50 Abs. 5 AufenthG.
34Zu Ziff. 5 der Ordnungsverfügung führte die Beklagte aus, dass der Kläger nach § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG außerdem der Verpflichtung unterliege, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimme. Diese Meldepflicht sei für den Kläger offensichtlich nicht mit unzumutbaren Aufwendungen verbunden, zumal außer dem Wochentag keine weitere Festlegung erfolge. Nach § 54a Abs. 2 AufenthG sei der Aufenthalt des Klägers auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, solange die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen treffe.
35Am 13.12.2015 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung macht er unter Einschluss seines Vorbringens aus dem zugehörigen Eilverfahren 12 L 2960/15 im Wesentlichen Folgendes geltend: Er lebe mit deutschen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft, weshalb ihm jedenfalls eine Duldung zu erteilen sei (inlandsbezogene Ausweisung). Auch reichten die bisherigen Ermittlungsergebnisse angesichts dessen, dass er nie in Untersuchungshaft genommen worden sei, nicht aus, seine Ausweisung zu rechtfertigen. Außerdem fehle es an der Voraussetzung des § 72 Abs. 4 AufenthG. Hinzu komme, dass er krank sei. Er leide zum einen an einer (gegenwärtig schweren) depressiven Störung (F 32.2), einer posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1), einer Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (F62.0), einer somatoformen Schmerzstörung (F45.4) und einer generalisierten Angststörung (F41.1). Zum anderen sei er schwer herzkrank. Inzwischen sei ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt worden. Seit vier Jahren sei er nicht mehr erwerbstätig. Seit knapp drei Jahren lebe er überwiegend zu Hause und unterhalte keine Bekanntschaften mehr zu der religiösen oder salafistischen Szene; auch zu N3. U1. C3. habe er seit drei Jahren keinen Kontakt mehr.
36Zum Nachweis seiner Erkrankungen legt der Kläger vor: Stellungnahme des Dipl. Psychologen Dr. L. K. vom 07.02.2018, Teilnahmebestätigung des Ambulanten kardiologischen Rehabilitationszentrums Köln GmbH vom 09.06.2017 sowie vorläufigen Entlassungsbrief der Medizinischen Klinik II Merheim in Köln vom 20.04.2017.
37Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
38die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 12.11.2015 aufzuheben,
39hilfsweise
40die in Ziff. 2 und 3 der Ordnungsverfügung vom 12.11.2015 verfügte Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
41Die Beklagte teilt mit, dass die beiden älteren Kinder des Klägers nicht mehr an dessen Anschrift wohnhaft sind, und beantragt,
42die Klage abzuweisen.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des zugehörigen Eilverfahrens 12 L 2960/15 einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der weiter in elektronischer Form beigezogenen Ermittlungsakten der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf zum Aktenzeichen .
44E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
45Die zulässige Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 12.11.2015 ist insgesamt rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO.
46I. Hinsichtlich des Hauptantrags gilt Folgendes:
471. Die unter Ziff. 1 der Ordnungsverfügung verfügte Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig.
48Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung,
49vgl. BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 –, Rn. 18, juris.
50Der Entscheidung sind deshalb die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der gegenwärtigen Fassung zugrunde zu legen. Damit hängt die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Ordnungsverfügung von §§ 53 ff. AufenthG in der ab 17.03.2016 gültigen Fassung ab, weshalb es auf die Frage, ob die Beklagte ihrer nach altem Recht getroffenen Ermessensentscheidung möglicherweise deshalb einen falschen Sachverhalt zugrundegelegt hat, weil sie die dem Kläger vorgeworfenen Handlungen als eine Unterstützung dem IS und nicht einer anderen islamistischen terroristischen Organisation, nämlich der „Ahrar al-Sham“, zugeordnet hat, nicht ankommt. Die Neufassung des AufenthG differenziert nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangt für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Eine Ermessensausübung durch die Ausländerbehörde findet nicht mehr statt; die Ausweisungsentscheidung ist in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar,
51vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.03.2016 – 11 S 1389/15 -, Bayerischer VGH, Urteil vom 08.03.2016 – 10 B 15.180 -, OVG NRW, Urteil vom 10.05.2016 – 18 A 610/14 -, jeweils m.w.N. (alle juris).
52Außerdem wird zugunsten des Klägers unterstellt, dass er sich auf Rechte aus dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19.09.1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) berufen kann. Insoweit sind nach der Auffassung der Kammer nur die Zeiten des erlaubten Aufenthalts des Klägers zu betrachten. Ab der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG am 04.04.2006 konnte der Kläger eine eigene Rechtsposition nach Art. 6 ARB 1/80 erwerben und dürfte eine solche angesichts der ihm zuletzt aktenkundig mit Schreiben der AOK Rheinland vom 30.03.2012 bescheinigten Zeiten einer ununterbrochenen versicherungspflichtigen Beschäftigung seit dem 01.11.2007 wahrscheinlich auch erworben haben. Ob diese Rechtsposition erloschen ist, weil der Kläger nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung dem Arbeitsmarkt schon seit vier Jahren nicht mehr zur Verfügung steht, mag dahinstehen. Auch mag dahinstehen, ob der Kläger sich auf von seiner Ehefrau abgeleitete Rechte aus Art. 7 ARB 1/80 berufen kann. Darauf, dass ihm nie eine Genehmigung erteilt worden ist, zu seiner Ehefrau zu ziehen, dürfte es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht ankommen. Seit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zu seinen beiden jüngeren Kindern, die die deutsche Staatsangehörigkeit haben, lebt er in einer erlaubten familiären Lebensgemeinschaft nicht nur mit diesen deutschen Kindern, sondern auch mit seiner türkischen Ehefrau und den beiden älteren türkischen Kindern. Die in Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 normierte Voraussetzung, dass die Familienangehörigen die Genehmigung erhalten haben, zum türkischen Arbeitnehmer zu ziehen, bezweckt, diejenigen Familienangehörigen des türkischen Arbeitnehmers vom Anwendungsbereich des Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 auszunehmen, die unter Verstoß gegen die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats in dessen Hoheitsgebiet eingereist sind und dort wohnen. Damit dürfte sie aber nicht (mehr) einem Familienangehörigen entgegengehalten werden können, der wie der Kläger seit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis am 04.04.2006 keiner (weiteren) Erlaubnis bedarf, um zum türkischen Arbeitnehmer – hier zu seiner türkischen Ehefrau – zu ziehen,
53vgl. für das im Bundesgebiet geborene Kind eines türkischen Arbeitnehmers: EuGH, Urteil vom 11.11.2004 – C-467/02 -, juris.
54Angesichts der mit dem oben angegebenen Schreiben der AOK Rheinland vom 30.03. 2012 bescheinigten Zeiten einer ununterbrochenen versicherungspflichtigen Beschäftigung auch der Ehefrau des Klägers - dies für einen Zeitraum ab dem 17.06.1998 bis zum 31.10.2007 – besteht auch kein Zweifel, dass die Ehefrau des Klägers im Zeitpunkt des erlaubten Zuzugs des Klägers dem regulären Arbeitsmarkt angehörte. Höchst zweifelhaft ist allerdings, ob die Ehefrau des Klägers dem regulären Arbeitsmarkt auch noch für die in Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 geforderte Mindestzeit von drei Jahren (für die Stellung nach Art. 7 Abs. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80) angehörte. Ab dem 01.11.2007 (bis heute) hat sie keine Beschäftigung mehr ausgeübt. Dies legt den Schluss nahe, dass sie bereits zum 01.11.2007 den regulären Arbeitsmarkt verlassen hatte. Jedenfalls inzwischen ist der Zeitraum überschritten, der angemessen erscheint, um nach einer vorübergehenden Beschäftigungslosigkeit eine neue Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis zu finden,
55vgl. EuGH, Urteil vom 18.12.2008 – C-337/07 -, juris.
56Da andererseits mit Rücksicht auf die am 09.06.2005 erfolgte Geburt des Kindes N1. U. nicht ausgeschlossen erscheint, dass die Ehefrau des Klägers sich ab dem 01.11.2007 zunächst in Elternzeit (09.06.2005 + 3 Jahre = 09.06.2008) befand und auch danach bis zum Ablauf der Dreijahresfrist des Art. 7 Abs. 1 1. Spiegelstrich ARB am 03.04.2009) noch weitere Umstände vorlagen, die einen Zeitraum einer Beschäftigungslosigkeit von insgesamt einem Jahr und etwas mehr als fünf Monaten noch als angemessen im obigen Sinne erscheinen lassen, wird zur Vermeidung weiterer schwieriger Sachverhaltsaufklärung ein Recht des Klägers aus Art. 7 Abs. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80 unterstellt.
57Damit findet die in Ziff. 1 der angegriffenen Ordnungsverfügung verfügte Ausweisung des Klägers ihre Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 AufenthG. Einer Anwendung der Neuregelung des § 53 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 AufenthG stehen - ungeachtet der Frage ihrer Anwendbarkeit - die sog. Stillhalteklauseln in Art. 13 ARB 1/80, Art. 7 ARB 2/76 und Art. 41 des Zusatzprotokolls zum Assoziationsabkommen (BGBl. 1972 II, S. 385) nicht entgegen,
58vgl. BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 – und OVG NRW, Urteil vom 12.07.2017 – 18 A 2735/15 -, Rn. 31, beide in Juris.
59Die Änderung der Entscheidungsform von einer Ermessensentscheidung in eine gebundene Entscheidung bewirkt keine Verschlechterung der Rechtsstellung des betroffenen Ausländers. In Fällen, in denen sich eine Ausweisung unter Beachtung aller in die Abwägung einzustellenden Umstände des Einzelfalls als rechtmäßig - insbesondere verhältnismäßig – erweist, konnte (auch) nach der früher geltenden Rechtslage nicht ermessensfehlerfrei von einer Ausweisung abgesehen werden. Die Ausweisung eines Ausländers, der dem nach ARB 1/80 berechtigten Personenkreis angehört, ist nur unter der Voraussetzung einer von diesem ausgehenden gegenwärtigen Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft zulässig und damit angesichts des mit diesem Erfordernis verbundenen spezifischen Rechtsgüterschutzes,
60vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 02.09.2009 - 1 C 2.09 -, InfAuslR 2010, 3,
61nur bei konkreten Gefahren für hochrangige Rechtsgüter. Liegt ein solcher Fall vor, wäre eine Entscheidung der Ausländerbehörde, gleichwohl von einer Ausweisung Abstand zu nehmen, regelmäßig nicht vereinbar mit dem vom Gesetzgeber mit dem Ausweisungsrecht verfolgten Ziel der Abwehr von Gefahren für die Bevölkerung des Aufnahmestaates gewesen.
62§ 53 Abs. 1 AufenthG setzt eine umfassende und ergebnisoffene Abwägung aller Umstände des Einzelfalls voraus, die vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geleitet wird. Diese Vorschrift ist hier anwendbar, auch wenn § 53 Abs. 3 AufenthG einschlägig ist. Der Grundtatbestand des § 53 Abs. 1 AufenthG erfährt durch die weiteren Ausweisungsvorschriften mehrfache Konkretisierungen. § 53 Abs. 3 AufenthG ergänzt den Grundtatbestand des § 53 Abs. 1 AufenthG - wobei diese Vorschriften unionsrechtskonform auszulegen sind - und legt erhöhte Ausweisungsvoraussetzungen für rechtlich privilegierte Personengruppen fest.
63Vgl. BVerwG, Urteile vom 25.07.2017 – 1 C 12.16 –, Rn. 15 f., 22, und vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 -, Ls. 2, Rn. 24, 46 f.; a. A. OVG NRW, Urteil vom 12.07.2017 – 18 A 2735/15 -, alle juris.
64Nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG liegt ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vor, wenn der Ausländer die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wobei hiervon u.a. dann auszugehen ist, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, es sei denn, er nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand.
65a. Bei der Ahrar al-Sham – nur eine Unterstützung dieser Organisation kommt hier nach dem Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in Betracht - handelt es sich um eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.
66Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus in diesem Sinne, wenn sie sich selbst terroristisch betätigt oder wenn sie die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet. Die Schwelle der Strafbarkeit muss dabei nicht überschritten sein, da die Vorschrift der präventiven Gefahrenabwehr dient und die Eingriffsmöglichkeiten des Aufenthaltsrechts auch die Vorfeldunterstützung durch so genannte Sympathiewerbung erfassen. Als terroristisch sind jedenfalls der Einsatz gemeingefährlicher Waffen und Angriffe auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele anzusehen.
67BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 - Rn. 29 f., sowie Urteile vom 30.07.2013 – 1 C 9.12 –, Rn. 13, und vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - Rn. 20 f. zur Vorgängervorschrift § 54 Nr. 5 AufenthG.
68Die Organisation „Harakat Ahrar ash-Sham al-Islamiya“ („Islamische Bewegung der freien Männer Syriens“) kurz „Ahrar al-Sham“, die am 31.01.2013 durch den Zusammenschluss der Vorgängerorganisation „Kataib Ahrar ash-Sham“ („Brigaden der Freien Männer Syriens“) mit anderen kleineren Organisationen entstanden ist, hat sich - von radikal-religiösen Anschauungen geleitet - zum Ziel gesetzt, unter Inkaufnahme auch ziviler Opfer die Regierung des syrischen Machthabers Baschar al-Assad zu stürzen, eine Gesellschaft unter dem Gesetz des Islam zu errichten und dabei die strengen Regeln der Scharia nach fundamental-islamistischen Grundsätzen einzuführen. Die „Ahrar al-Sham“ ist stark nationalistisch auf Syrien ausgerichtet, lehnt aber die gegenwärtigen Grenzen Syriens ab und orientiert sich mit ihrem Anspruch an dem früheren Gebiet Syrien, das auch den Libanon, Jordanien, Israel und Palästina umfasste. Geprägt durch Hass auf Schiiten sowie Alawiten ist der bewaffnete Kampf bis zum Sturz des Regimes für die Organisation das einzige Mittel, um ihr primäres Ziel zu erreichen, wobei sie sich den Mitteln des Guerillakriegs bedient. Angehörigen anderer Glaubensrichtungen soll keine gleichberechtigte Stellung in der angestrebten staatlichen Ordnung zukommen. Die Organisation verfügt über koordinierende Befehlsstrukturen. Zur zentralen Führung gehören u.a. Büros für Militär, Religion, Finanzen und humanitäre Aktivitäten. Eine größere Anzahl militärischer Kampfeinheiten in ihren jeweiligen Operationsgebieten bilden den Schwerpunkt der Organisation. Die „Ahrar al-Sham“ wurde im Laufe des Jahres 2013 zur stärksten Organisation des syrischen Aufstands mit rund 10.000 bis 20.000 Kämpfern. Diese Bedeutung behielt sie, auch wenn sie später hinsichtlich der Anzahl der Kämpfer durch den „Islamischen Staat“ („IS“) übertroffen wurde. Die „Ahrar al-Sham“ setzte Raketen, Mörser und Scharfschützen ein. Ferner verübte sie Anschläge, z.B. auf Militärkonvois, mit an Straßen angebrachten unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen. Die Organisation konnte auf ausländische, teils auch zumindest staatsnahe Finanzquellen aus arabischen Golfstaaten und der Türkei zurückgreifen. Eine Koordinierung und Lenkung der Organisationsaktivitäten war mit der finanziellen Unterstützung nicht verbunden. Auch ausländische Kämpfer wurden aufgenommen. Nachschub von Personen und Material wurde aus bzw. über die Türkei auf dem Landweg eingeführt. Die Organisation nutzt seit Februar 2013 als Logo den in grüner Schrift in drei Teilen untereinandergeschriebenen Organisationsnamen, ergänzt um eine stilisierte Moscheekuppel und ein Minarett, an dem auf grüner Flagge das islamische Glaubensbekenntnis angebracht ist. Seit Juni 2013 wurde eine aktive Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Die „Ahrar al-Sham“ präsentierte sich auf einer eigenen Web-Seite im Internet und auf Twitter, Facebook sowie einem YouTube-Kanal. „Ahrar al-Sham“ nahm an einer Vielzahl kämpferischer Auseinandersetzungen im syrischen Bürgerkrieg teil und war an fast allen wichtigen Operationen der Aufständischen in Nordsyrien beteiligt, wobei sie unter Beibehaltung ihrer Eigenständigkeit oft mit anderen Gruppierungen, insbesondere mit der Nusra-Front zusammenarbeitete. Die Organisation setzte bei ihrem kämpferischen Vorgehen auf die Tötung der angegriffenen Repräsentanten des Assad-Regimes. Sie nahm aber auch den Tod von unbeteiligten Menschen und Zivilisten grundsätzlich billigend in Kauf. Insbesondere auf aus ihrer Sicht Ungläubige, wie Alawiten und Schiiten, nahm sie keine Rücksicht. „Ahrar al-Sham“ war z.B. an folgenden Kämpfen beteiligt:
69Im Juli 2012 nahm sie mit anderen Gruppierungen den Ostteil der Stadt Aleppo ein und teilte sich die Verwaltungsaufgaben mit u.a. der Nusra-Front, Liwa at-Tauhid und zeitweise dem „Islamischen Staat im Irak und in Großsyrien“. Ohne Rücksicht auf Zivilisten beschoss sie Stadtteile im Westen Aleppos. Im Jahr 2013 grub sie in Aleppo Tunnel und platzierte darin Sprengstoff, um gezielt Gebäude anzugreifen, wodurch es zu Toten und Verletzten kam.
70Seit 2012 belagerte „Ahrar al-Sham“ mit anderen islamistischen Gruppen die Dörfer Nubul und Zahara nördlich von Aleppo. Die vom syrischen Regime geschützten Dörfer lagen in einem von Aufständischen kontrollierten Gebiet an einer Versorgungsroute zwischen der Türkei und Aleppo. Die Belagerer – so auch Angehörige der „Ahrar al-Sham“ - beschossen die Dörfer u.a. mit Mörsern, wobei zivile Opfer in Kauf genommen wurden. Am 23.09.2013 nahmen die Angreifer in den Dörfern Geiseln. Weitere Geiselnahmen unterblieben – wohl wegen heftiger Reaktionen der Weltöffentlichkeit -.
71Unter der Führung der „Ahrar al-Sham“ wurde am 11.01.2013 die Hubschrauberbasis Taftanaz in der Provinz Idlib erorbert. Ebenso hatte „Ahrar al-Sham“ die Führung bei der Eroberung des Luftwaffenstützpunktes al-Jarrah im Ostteil der Provinz Aleppo. Im März 2013 nahmen „Ahrar al-Sham“ und die Nusra-Front die Provinzhauptstadt ar-Raqqa ein. Als weitere Provinzhauptstadt eroberte die Organisation, wieder zusammen mit der Nusra-Front, im März 2015 Idlib.
72„Ahrar al-Sham“ gehörte wie die „Junud ash-Sham“ der Koalition zur (vergeblichen) Stürmung des Zentralgefängnisses von Aleppo Anfang Februar 2014 an.
73Seit März 2015 arbeitet die „Ahrar al-Sham“ im Rahmen der „Jaish al-Fath“ mit der „Jabhat al-Nusra“ in einem dauerhaften militärischen Zweckbündnis zusammen. Bis zu seinem Tod am 09.09.2014 war Hassan Abboud (alias Abu Abdallah al-Hamawi) Anführer der „Ahrar al-Sham“. Am 09.09.2014 wurde nahezu die gesamte Führungsspitze der Organisation bei einem Anschlag in Ram Hamdan getötet. Der Organisation gelang es jedoch, ihre Führungsspitze schnell zu ersetzen und weiterhin die zweitstärkste Kraft im syrischen Bürgerkrieg nach dem „IS“ zu bleiben.
74Diese auf den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Verfahren der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf, in dem der Kläger Beschuldigter ist,
75insbesondere auf dem „Gutachten zu den Ahrar al-Sham (Die Freien Männer von Syrien) als terroristische Organisation“ des Dr. Guido Steinberg Stand Dezember 2014 vom 11.12.2014, fortgeschrieben durch die Ergänzungen Stand Februar 2015 vom 19.02.2015, weiter fortgeschrieben durch die Ergänzungen Stand März 2015 vom 21.03. 2016, dem „Auswertebericht zur Ahrar al-Sham“ des Bundeskriminalamtes (BKA) Stand 20.02.2014, dem nachfolgenden „Auswertebericht zur syrischen Organisation Harakat Ahrar al-Sham al-Islamiya (Ahrar al-Sham, ASI)“ des BKA Stand 01.11.2015, dem Gutachten des Heidelberger Instituts für Internationale Konfliktforschung „Der Islamische Staat in Syrien und im Irak“ von Februar 2015 (S. 29 f.) und den vielfältigen Vermerken der Ermittlungsbehörden (vom 31.07.2013 „Auswertung eines Videos über den Zusammenschluss von vier Gruppierungen in Syrien zur Harakat Ahrar al-Sham al-Islamiya“, vom 09.10.2013 „Auswertung einer Erklärung der Jabhat al-Nusra, der Harakat Ahrar al-Sham al-Islamiya sowie weiterer syrischer Gruppierungen mit dem Titel „Erklärung Nr. 1 über die Koalition und die vermeintliche Regierung – 24.09.2013“, vom 16.12.2013 „Auswertung eines Interviews des arabischen Fernsehsenders Al-Jazeera mit dem Anführer der Harakat Ahrar al-Sham al-Islamiya (HASI) und der Syrischen Islamischen Front (SIF), Hassan Abbud alias Abu Abdallah al-Hamawi“, vom 14.01.2014 „Lokaler Waffenstillstand zwischen Kämpfern des Islamischen Staates Irak und Großsyrien (IStIGS) und Ahrar al-Sham (AAS)“, vom 17.01.2014 „Zur Gründungserklärung der Islamischen Front (IF)“, vom 17.09.2014 „Auswertung von Veröffentlichungen im Zusammenhang mit Tötung des Anführers der Gruppierung Harakat Ahrar al-Sham al-Islamiya (ASI) und mehrerer Führungsmitglieder“, vom 19.09.2014 „Ergänzung zur bisherigen Erkenntnislage zur Harakat Ahrar al-Sham al-Islamiya (ASI), Anschlag auf die Führungsebene der Struktur“, vom 23.10.2014 „Zur Auswertung der schriftlichen Gründungserklärung einer Gruppierung namens Ansar al-Dawla al-Islaiya Fi Jazirat al-Arab“, vom 01.12.2014 „Fragwürdiger Anschluss von Junud al-Sham an Ahrar al-Sham“, ebenfalls noch vom 01.12.2014 „Salahuddin al-Shishani berichtet über erfolglose Verhandlungen mit dem Islamischen Staat (IS)“, vom 15.04.2015 „Auswertung eines Videos zur Erklärung des Zusammenschlusses mehrerer Gruppierungen zur Harakat Ahrar al-Sham al-Islamiya“, vom 28.04.2015 „Erste Erklärung der Koalition Jaish al-Fath“ und vom 20.01.2016 „Erkenntnisse zur Jaish al-Fath“,
76beruhenden Feststellungen belegen die Einstufung der „Ahrar al-Sham“ als terroristische Organisation, da sie sich jedenfalls des Einsatzes von gemeingefährlichen Waffen und von Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele bedient.
77Die Strafgerichte stufen die „Ahrar al-Sham“ ebenfalls als terroristische Organisation ein,
78vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2016 – 3-2 StE 8/15 -, OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.04.2017 – III-7 StS 2/15 -; OLG München, Urteil vom 19.09.2017 – 8 St 5/16 -, BGH: u.a. Beschluss vom 14.06.2017 – AK 26/17 –,juris.
79b. Der Kläger hat die „Ahrar al-Sham“ im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG unterstützt, wobei auch die erhöhten Anforderungen nach § 53 Abs. 3 AufenthG erfüllt sind.
80Die Auslegung des Tatbestandes des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG richtet sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht zu § 54 Nr. 5 AufenthG a.F. entwickelten Maßstäben. Insbesondere gilt weiterhin jedenfalls für die Fälle des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung ein abgesenkter Gefahrenmaßstab, der auch Vorfeldmaßnahmen erfasst und keine von der Person des Unterstützers ausgehende konkrete und gegenwärtige Gefahr erfordert. Die individuelle Unterstützung einer terroristischen Vereinigung oder einer Vereinigung, die eine terroristische Vereinigung unterstützt, erfasst alle Verhaltensweisen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeit der Vereinigung auswirken. Darunter kann die Mitgliedschaft in der terroristischen oder in der unterstützenden Vereinigung ebenso zu verstehen sein wie eine Tätigkeit für eine solche Vereinigung ohne gleichzeitige Mitgliedschaft. Auch die bloße Teilnahme an Demonstrationen oder anderen Veranstaltungen kann eine Unterstützung in diesem Sinne darstellen, wenn sie geeignet ist, eine positive Außenwirkung im Hinblick auf die durch § 54 Nr. 5 AufenthG a.F. missbilligten Ziele zu entfalten. Auf einen nachweisbaren oder messbaren Nutzen für diese Ziele kommt es nicht an, ebenso wenig auf die subjektive Vorwerfbarkeit der Unterstützungshandlungen. Im Hinblick auf den Schutz der Meinungsfreiheit und das Gebot der Verhältnismäßigkeit staatlicher Eingriffe in die grundrechtlich geschützte Betätigungsfreiheit des Einzelnen erfüllen allerdings solche Handlungen den Tatbestand der individuellen Unterstützung nicht, die erkennbar nur auf einzelne, mit terroristischen Zielen und Mitteln nicht im Zusammenhang stehende - etwa humanitäre oder politische - Ziele der Vereinigung gerichtet sind. Für den Ausländer muss schließlich die eine Unterstützung der Vereinigung, ihrer Bestrebungen oder ihrer Tätigkeit bezweckende Zielrichtung seines Handelns erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auf eine darüber hinaus gehende innere Einstellung des Ausländers kommt es hingegen nicht an.
81BVerwG, Urteile vom 22.02. 2017 – 1 C 3.16 –, Rn. 28 ff., 31, 34, und vom 25.07.2017 – 1 C 12.16 –, Rn. 16, beide juris, m.w.N..
82Vorliegend sind zudem die besonderen Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 AufenthG zu beachten. Nach dieser Vorschrift dürfen Ausländer, denen – wie hier zugunsten des Klägers angenommen - nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.
83Nach diesen Maßstäben hat der Kläger die terroristische Vereinigung „Ahrar al-Sham“ unterstützt und zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung rechtfertigen die Ausweisung.
84Die „Ahrar al-Sham“ ist – wie dargelegt – als terroristische Vereinigung einzustufen. Die hier in Rede stehenden Straftatbestände der §§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB dienen der Umsetzung der Rahmenbeschlüsse des Rates der Europäischen Union zur Terrorismusbekämpfung vom 13. Juni 2002 (2002/475/JI) und vom 28. November 2008 (2008/919/JI), die inzwischen von der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 ersetzt wurden. Ausweislich der dort jeweils niedergelegten Erwägungsgründe (1) und (2) stellt der Terrorismus einen der schwersten Verstöße gegen die Grundsätze der Europäischen Union dar, die sich ihrerseits auf die universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität, der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten gründet und auf den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit beruht. Mithin betreffen Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Terrorismus stehen, unmittelbar die zentralen Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und gefährden in Anbetracht der gravierenden Folgen des Terrorismus Rechtsgüter von höchstem Wert. Gleichzeitig wird darauf verwiesen, dass die Bedrohung durch den Terrorismus in den letzten Jahren zugenommen und sich rasch gewandelt habe. Von zurückkehrenden ausländischen terroristischen Kämpfern geht eine erhöhte Sicherheitsbedrohung für alle Mitgliedstaaten aus. Ausländische terroristische Kämpfer sind mit unlängst verübten oder geplanten Anschlägen in mehreren Mitgliedstaaten in Verbindung gebracht worden (vgl. RL (EU) 2017/541 [Erwägungsgrund 4]). Die in jüngerer Zeit verübten Anschläge mit terroristischem Hintergrund in Deutschland und den europäischen Nachbarstaaten belegen die Aktualität der mit dem Terrorismus verknüpften erheblichen Gefahren für die innere Sicherheit sowie für Leib und Leben der Bürger. Dabei beschränken sich die Maßnahmen zur Eindämmung terroristischer Gefahren nicht auf Personen, die selbst Anschläge verüben. Vielmehr werden zum Schutz vor den Gefahren des Terrorismus darüber hinaus ausdrücklich „Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten“ erfasst, die „sehr schwerwiegender Natur [sind], da sie zur Begehung terroristischer Straftaten führen können und Terroristen und terroristische Vereinigungen in die Lage versetzen, ihre kriminellen Aktivitäten weiterzuführen und auszuweiten“ (RL (EU) 2017/541, Erwägungsgrund 9; vgl. auch Rahmenbeschlüsse 2002/475/JI [Erwägungsgrund 6] und 2008/919/JI [Erwägungsgründe 7 und 10]).
85(1) Dem Kläger wird im Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf 3 OJs 3/18 vorgeworfen, zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 22.10.2013 einen Krankenwagen der Marke Daimler Chrysler in Deutschland beschafft, unter dem Ausfuhrkennzeichen auf sich zugelassen zu haben und mit diesem Krankenwagen am 22.10.2013 gemeinsam mit dem in seinem Krankenwagen VW LT 35 (Ausfuhrkennzeichen ) reisenden N3. U1. C3. und den weiteren Personen Q. X. und T. S. von Deutschland in die Türkei ausgereist und die beiden Krankenwagen in der Zeit bis zum 25.11.2013 an Vertreter der zur „Ahrar al-Sham“ gehörenden „Kataib al-Iman“ in Syrien übergeben zu haben.
86Dieser Vorwurf trifft zur Überzeugung der Kammer zu. Nach den vorliegenden Ermittlungsakten der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Kläger sich entsprechend verhalten hat.
87Die Ausfuhr der beiden Krankenwagen ist durch eine am 22.10.2013 gegen 16.30 Uhr durchgeführte Kontrolle der Bundespolizeiinspektion Freyung an der BAB 3, PP Passau Nord, belegt. Es wurde festgestellt, dass N3. U1. C3. , Q. X. , T. S. und der Kläger in zwei Krankenwagen in Richtung österreichische Grenze fuhren. N3. U. C3. steuerte den Krankenwagen VW LT 35 mit dem Ausfuhrkennzeichen . Er war auch Halter dieses Fahrzeugs. Der Kläger steuerte den auf ihn zugelassenen Krankenwagen Daimler Chrysler mit dem Ausfuhrkennzeichen K-796D. In den Krankenwagen befanden sich Beatmungsmasken der Bundeswehr, Decken und medizinisches Zubehör sowie eine Krankenliege. Außerdem führte der Kläger Bargeld in Höhe von 400,-- Euro für den Verein „Helfen in Not“ sowie weiter 5.000,-- syrische Pfund (ca. 50,-- Euro) mit sich. Als Fahrziel wurden Flüchtlingslager in der Türkei angegeben. Die Übergabe sollte nach den Angaben des Klägers bei der türkischen Hilfsorganisation IHH stattfinden (Täterakte F. , SH Fallakten Fall 37, Bl. 4-13).
88Aus der Telekommunikationsüberwachung ergibt sich, dass entgegen diesen Angaben Ziel der Übergabe nicht ein Flüchtlingslager in der Türkei, sondern die Kataib al-Iman, eine Einheit der „Ahrar al-Sham“ war (Täterakte F. : SH Fallakten, Fall 37 Bl. 2, SH Gesprächsprotokolle Bd. 1; Hauptakte Bd. 4 Bl. 817). In einem im Zusammenhang mit der bevorstehenden Reise geführten Telefonat des N3. U1. C3. vom 18.10.2013 äußerte dieser, alle Reisenden außer ihm sollten als Reiseziel Österreich angeben; er könne sagen, dass er nach Syrien wolle, da er Papiere habe (w.v. sowie Hauptakte Bd 4, Bl. 876). Aus einem Telefonat des ebenfalls dem Kreis um N3. U1. C3. zuzuordnenden N. B. bereits vom 07.10.2013 ergibt sich, dass dieser eine Fahrt des „Scheichs“ in Richtung Syrien in zwei bis drei Tagen ankündigte. Obwohl der Gesprächspartner des N. B. sich nach seinen eigenen Angaben gerade nicht in Syrien, sondern in Kuwait aufhielt, erklärte dieser, den Empfang des „Scheichs“ über Abu Ali organisieren zu wollen (Täterakte F. : SH Fallakten, Fall 37 Bl. 2, SH Gesprächsprotokolle Bd. 1; Hauptakte Bd. 4 Bl. 817). Als „Scheich“ wurde in diesem Zusammenhang offenbar N3. U1. C3. bezeichnet, der ursprünglich bereits in der zweiten Oktoberwoche mit zwei Jeeps und einem Krankenwagen nach Syrien reisen wollte (SH Gesprächsprotokolle TKÜ C3. , Bl. 2-3). Bei B1. B2. handelt es sich um eine Kontaktperson des N3. U1. C3. bei der Kataib al-Iman, an die dieser mehrfach Krankenwagen lieferte. So wurde auf dem Mobiltelefon des N3. U1. C3. ein Video gefunden, das ausweislich des von ihm selbst gesprochenen Kommentars ihn und B1. B2. zeigt, während sie mit zwei Krankenwagen in Syrien fahren; N3. U1. C3. bedankte sich in diesem Zusammenhang bei den Spendern (SH Auswertung C3. , Bl. 82-83). Die Zugehörigkeit B1. Alis zur Kataib al-Iman wird durch zwei Gespräche N3. U1. C. belegt: Am 02.06.2014 berichtete N3. U1. C3. dem Omeirat von seiner letzten Fahrt nach Syrien. Er habe B1. B2. einen weißen VW aus Hildesheim gegeben, da diese keine Autos mehr gehabt hätten. Die seien jetzt in Latakia; Kataib al-Iman seien richtige „Power-Männer“. B1. B2. gehe auch morgen wieder und habe ihn gebeten, auf seine Kinder aufzupassen, wenn er Shahid sei (Hauptakte Bd 8, Bl. 1951; SH Gesprächsprotokolle TKÜ C3. , Bl. 28-32). In einem Telefonat vom 09.10.2014 erklärte N3. U1. C3. dem im Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf 3 OJs 3/18 ebenfalls beschuldigten B3. C1. , B1. B2. und B1. N1. hätten gemeinsam gekämpft, weil Kataib al-Iman nun zur Jabhat al-Nusra gehöre (Hauptakte Bd. 9, Bl. 2220; SH Gesprächsprotokoll TKÜ C3. , Bl. 61).
89Damit ist zur Überzeugung der Kammer belegt, dass es sich bei B1. B2. um eine Kontaktperson des N3. U1. C3. innerhalb der Kataib al-Iman handelte. Dies erlaubt den Schluss, dass auch die hier interessierende Syrienreise, die am 22.10.2013 startete und für die B1. B2. den Empfang organisieren sollte, zur Kataib al-Iman führen sollte. Für eine solche Zuordnung spricht weiter, dass N3. U1. C3. am 06.10. 2013 dem ihm bis dahin unbekannten Tauqueer Ahmed berichtete, er sei auf seiner letzten Fahrt nach Syrien zufällig an einen Ort gelangt, an dem die schwarze Flagge geweht habe. Dort habe er sich als Helfer der Kataib al-Iman vorgestellt. Diese kleine Gruppe leiste sehr gute Arbeit. Er habe einen selbst finanzierten Krankenwagen mitgenommen. Nun wolle er nächste Woche mit zwei Jeeps und einem Krankenwagen (wieder) hinfahren (SH Gesprächsprotokolle TKÜ C3. , Bl. 2-3). Auch in diesem Gespräch bezeichnete N3. U1. C3. die Kataib al-Iman, Daula (ISIG) und die Jabath al-Nusra als gute Organisationen. Er habe Kontakt zu Daula und der Kataib al-Iman (Hauptakte Bd. 4, Bl. 816; Täterakte F. , SH Fallakten Fall 37, Bl. 23).
90Als gesichert anzusehen ist schließlich, dass die beiden Krankenwagen mit den Ausfuhrkennzeichen und tatsächlich auch die Kataib al-Iman erreichten. In einem Telefonat vom 28.04.2014 berichtete N3. U1. C3. dem S1. P. , er habe C2. um ein Auto gebeten, weil er wieder losfahren wolle, denn drei Autos hätten die bombardiert. Bei einem dieser Fahrzeuge handele es sich um einen VW LT, den er früher geschickt habe und der in Kafr Takharim auf seiner Facebook-Seite zu sehen sei. Dieses Fahrzeug sei von einer Rakete getroffen worden. Kataib al-Iman sei nun im Fronteinsatz. Die Brüder der Jabhat al-Nusra und der Kataib al-Iman hätten Manavi erobert, seien aber noch in Latakia im Einsatz und bräuchten unbedingt ein Auto, weshalb er schnell wieder runterfahren wolle (Hauptakte Bd. 8, Bl. 1896; SH Gesprächsprotokolle TKÜ C3. , Bl. 19; Täterakte F. , SH Fallakten, Fall 37, Bl. 18, 37-38). Tatsächlich wurde auf der Facebook-Seite des N3. U1. C3. am 29.11.2013 ein Lichtbild eingestellt, das die Fahrzeuge mit den Ausfuhrkennzeichen und zeigt (Täterakte F. , SH Fallakten, FDall 37, Bl. 18, 27). Bei dem in dem o.a. Gespräch vom 28.04.2014 mit S1. P. als Aufnahmeort des Bildes der beiden Krankenwagen von N3. U1. C3. genannten Ort Kafr Takharim handelte es sich um den Ort, in dem N3. U1. C3. üblicherweise mit B1. B2. zusammentraf: am 02.06.2014 berichtete N3. U1. C3. dem Mahmoud Omeirat im Zusammenhang mit seiner letzten Syrienreise, dass diese Lieferung nach Kafr Takharim gegangen sei; er habe B1. B2. einen weißen VW aus Hildesheim gegeben, da dieser keine Fahrzeuge mehr gehabt habe (Hauptakte Bd. 8, Bl. 1951; SH Gesprächsprotokolle TKÜ C3. , Bl. 28-32); in einem Gespräch vom 28.07.2014 bezeichnete N3. U1. C3. Kafr Takharim im Zusammenhang mit der Überführung von Krankenwagen als sein Gebiet und bot an, alles B1. B2. zu geben, der es dann weiterverteile (Hauptakte Bd. 9, Bl. 2103); in einem auf dem Mobiltelefon des N3. U1. C3. gesicherten Video zeigte N3. U1. C3. eine regelmäßig von ihm gemeinsam mit T1. C2. B4. genutzte Wohnung in Kafr Takharim (SH Auswertung C3. , Bl. 84-87).
91Auch der Kläger selbst war sich bei der Lieferung der Krankenwagen über den Empfänger, eine Einheit der „Ahrar al-Sham“, im Klaren. Am 22.10.2013 rief der Kläger den N3. U1. C3. an und erörterte mit ihm die anstehende Fahrt. Dabei kündigte der Kläger an, selbst zu fahren, und vereinbarte ein Treffen an der Anschrift Frankfurter Straße 290 (Täterakte F. , Bl. 11). Dass N3. U1. C3. den Kläger über das Ziel der Lieferung der Krankenwagen im Unklaren ließ, ist zur Überzeugung der Kammer ausgeschlossen. Dies entspräche in keiner Weise dem Charakter und der üblichen Vorgehensweise des N3. U1. C3. , der sich regelmäßig sowohl seiner Hilfslieferungen als auch seiner Kontakte zu in Syrien kämpfenden islamistischen Organisationen brüstete. So hat N3. U1. C3. in dem bereits o.a. Telefonat vom 06.10.2013 dem ihm bis dahin völlig unbekannten Tauqueer Ahmed als Ziel der Lieferung die Kataib al-Iman offenbart.
92Außerdem ist davon auszugehen, dass der Kläger in die von N3. U1. C3. organisierten Lieferungen von Krankenwagen nach Syrien eng eingebunden war. Bei der Hausdurchsuchung vom 12.11.2014 wurde beim Kläger eine Quittung vom 24.02.2014, 7.14 Uhr, über die Bezahlung einer Maut für das Fahrzeug mit dem Ausfuhrkennzeichen MG-139B am Grenzübergang Suben (Österreich) aufgefunden (SH Auswertung F. , Bl. 26). Bei dem Fahrzeug mit dem Ausfuhrkennzeichen MG-139B handelte es sich um einen Rettungswagen, der für den Zeitraum vom 14.02.2014 bis zum 15.03.2014 auf den Kläger zugelassen war und für den die Kraftfahrzeugsteuer über das Konto der Ehefrau des Klägers beglichen worden war (SH Auswertung F. , Bl. 23-24). O. wenige Stunden vor der Bezahlung der Maut für dieses Fahrzeug am Grenzübergang Suben hatte N3. U1. C3. am 24.10.2014 um 4.06 Uhr ausweislich eines Telefonats sowie gesicherter Geo-Koordinaten ebenfalls den Grenzübergang Suben erreicht (Hauptakte Bd. 7, Bl. 1680), was zumindest den Versuch einer weiteren gemeinsamen Ausreise nach Syrien nahelegt.
93Hinzu kommt, dass der Kläger für einen weiteren Krankenwagen mit dem Ausfuhrkennzeichen GL-718N (gültig vom 28.01.2014 bis zum 27.02.2014), dessen Halter der im Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf 3 OJs 3/18 ebenfalls beschuldigte U1. D. E. war, die Kraftfahrzeugsteuer beglichen hatte (Täterakte F. , SH Fallakten, Fall 46, Bl. 33-37). Der Krankenwagen wurde am Nachmittag des 28.01.2014 zusammen mit zwei weiteren Krankenwagen mit den Ausfuhrkennzeichen und auf der Höhe des Anwesens C3. -F. -Straße 0-0 in Bergisch-Gladbach festgestellt; das Fahrzeug war am 28.01.2014 auf N3. U1. C3. , das Fahrzeug am selben Tag auf den Kläger zugelassen worden; der Fahrzeugschein des Krankenwagens wurde in der Wohnung des Klägers gefunden; N3. U1. C3. , U1. D. E. und D1. N2. reisten am 29.01.2014 in den beiden Krankenwagen und nach Österreich aus (Täterakte F. , SH Fallakten, Fall 46, Bl. 4-5, 35; SH Auswertung F. , Bl. 24-25). Ziel der Fahrt war ausweislich mehrerer Gespräche des N3. U1. C3. Syrien (Täterakte F. , SH Fallakten, Fall 46, Bl. 26; Hauptakte Bd. 6, Bl. 1508, Bd. 7, Bl. 1587, 1589). Empfänger der Krankenwagen sollte wieder die Kataib al-Iman sein. Dies ergibt sich daraus, dass eine Übergabe von für B1. B2. bestimmten Medikamenten vor der Abfahrt vereinbart worden war (Täterakte F. , SH Gesprächsprotokolle, Bd. 2). Der Krankenwagen GL-718N konnte (zunächst) nicht nach Syrien verbracht werden, weil der Fahrer U1. D. E. an der bulgarisch-türkischen Grenze zurückgewiesen wurde (Täterakte F. , SH Fallakten, Fall 46, Bl. 18-19, 36-37). Der Krankenwagen GL-717N wurde von N3. U1. C3. nach Syrien zur Kataib al-Iman transportiert: so berichtete N3. U1. C3. am 08.02.2014, die Türken hätten ihn nicht nach Syrien fahren lassen, die Grenze sei geschlossen, er habe jedoch B1. B2. kontaktiert, der zwei Leute an die Grenze geschickt habe, die das Auto übernommen hätten (Hauptakte Bd. 7, Bl. 1602); auch dem M. C2. P1. erzählte N3. U1. C3. am 12.02.2014, dass er vor einer Woche aus Syrien zurückgekommen sei, nach anfänglichen Schwierigkeiten habe er den Krankenwagen nach Syrien gebracht, aber nicht weit ins Landesinnere (Täterakte F. , SH Gesprächsprotokolle, Bd. 1).
94Für den Kläger war auch erkennbar, dass er die „Ahrar al-Sham“ dadurch unterstützte, dass er den Krankenwagen der Marke DaimlerChrysler in Deutschland vor dem 22.10.2013 beschaffte, unter dem Ausfuhrkennzeichen auf sich zuließ und diesen sowie den weiteren Krankenwagen VW LT 35 mit dem Ausfuhrkennzeichen zusammen mit N3. U1. C3. , Q1. X. und T. S. in der Zeit bis zum 25.11.2013 an Vertreter der zur „Ahram al-Sham“ gehörenden Kataib al-Iman übergab, ohne dass es (an dieser Stelle) auf eine darüber hinausgehende innere Einstellung des Klägers ankäme,
95vgl. BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 und 25.07.2017, a.a.O..
96Der Kläger war nämlich Teil des Unterstützerkreises um N3. U1. C3. . N3. U1. C3. wurde mit Urteil des OLG Düsseldorf vom 06.04.2017 – GBA Karlsruhe – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen des OLG Düsseldorf hat N3. U1. C3. der „Ahrar al-Sham“ zwei Kämpfer zugeführt, die beide später zu der Organisation „Islamischer Staat im Irak und Großsyrien“ wechselten und im November bzw. Dezember 2013 in Syrien bei gewaltsamen Auseinandersetzungen getötet wurden, und (überwiegend zusammen mit anderen Personen) insgesamt zwölf Krankenwagen an die „Ahrar al-Sham“ zu Händen der dieser zuzurechnenden Kataib al-Iman nach Syrien verbracht. Die enge Bindung des N3. U1. C3. an die „Ahrar al-Sham“, wird außerhalb der im Urteil des OLG Düsseldorf getroffenen Feststellungen auch daran deutlich, dass sein eigener am 08.09.2014 bei Kampfhandlungen in Syrien getöteter Sohn Jakub C3. sich ebenfalls zunächst als Kämpfer der „Ahrar al-Sham“ angeschlossen hatte und erst später zu der Organisation „Islamischer Staat im Irak und Großsyrien“ wechselte. Dass N3. U1. C3. gerade dem Kläger gegenüber das eigentliche Ziel der Lieferung verschwiegen hatte, kann nicht angenommen werden, zumal N3. U1. C3. sicher sein konnte, dass der Kläger selbst ebenfalls ideologisch militant salafistischen Bewegungen nahestand. Von dieser millitant salafistischen Einstellung des Klägers zeugen die bei ihm bei der Hausdurchsuchung aufgefundenen Audiodateien mit Nasheed (=Anashid, religiösen Sprechgesängen) und ein Video mit Amateur-Aufnahmen eines islamistischen Trainingslagers in Tschetschenien mit Kampfhandlungen und Toten aus dem Jahr 2006 (SH Auswertung F. , Bl. 27) wie auch die langjährige Einbindung des Klägers in den „Kalifatstaat“, für den er schon in der Türkei Zeitungen und Flugblätter verteilt und diese Tätigkeiten hier in der Bundesrepublik fortgeführt hatte, sowie der Kontakt zu anderen Mitgliedern des „Kalifatstaats“ zeitlich weit über die Verbotsverfügung hinaus, insbesondere auch seine Beziehung zu N2. B1. , der für den Kläger in der Sicherheitsbefragung vom 09.01.2014 übersetzte und der ebenfalls Beschuldigter im Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf 3 OJs 3/18 ist, seine Kontakte zum Verein „Helfen in Not“, wie sie sich daraus ergeben, dass der Kläger bei seiner Reise nach Syrien 400,-- Euro mit sich führte, die ihm von dieser Organisation mitgegeben worden waren, und seine Teilnahme an der „Gala“-Veranstaltung dieses Vereins in Köln-Ehrenfeld.
97Zum Verein „Helfen in Not“ ist im Verfassungsschutzbericht NRW von 2016 ausgeführt: „Der im Jahr 2013 gegründete Verein Helfen in Not (HiN) – vormals mit Sitz in Neuss – bezeichnet sich als Hilfsverein zur Unterstützung notleidender Muslime. Im Vordergrund seiner Aktivitäten steht die Hilfe für vom Bürgerkrieg betroffene Menschen in Syrien. Bei allen Aktivitäten des Vereins in Nordrhein-Westfalen und im übrigen Bundesgebiet zeigt sich jedoch die feste Einbindung in die salafistische Szene, in der auch der „Kampf gegen die Feinde des Islams“, also der militante Jihad, gutgeheißen wird. Im Berichtsjahr 2016 lieferte HiN medizinische Güter, Kleidung sowie in Teilen militärisch nutzbare Ausrüstungsgegenstände nach Syrien. Nach Kündigung der bisherigen Räume in Neuss ist der Verein weiterhin ohne festen Sitz in Nordrhein-Westfalen. Ein offenes Vereinsleben gestaltet sich nach dem Wegfall dieser Anlaufadresse schwierig. Trotzdem sind umfangreiche Aktivitäten und Reisebewegungen – insbesondere des Vereinsvorsitzenden – ebenso wie Aktivitäten in der Türkei zu verzeichnen und in den sozialen Netzwerken zu verfolgen.“ Im Verfassungsschutzbericht NRW 2017 ist weiter ausgeführt: „Im Berichtsjahr 2017 wurde festgestellt, dass auch ein niederländischer Ableger des Vereins existiert. Eine wesentliche Änderung hinsichtlich handelnder Personen und der Aktivitäten war im Jahr 2017 nicht erkennbar. Bei allen Aktivitäten des Vereins in Nordrhein-Westfalen und im übrigen Bundesgebiet zeigt sich jedoch nach wie vor die feste Einbindung in die extremistisch-salafistische Szene, in der auch der „Kampf gegen die Feinde des Islams“ gutgeheißen wird.“
98Von der über die Jahre stark verfestigten islamistischen Einstellung des Klägers zeugt schließlich auch der Vorfall in den LVR Kliniken Köln vom 24.03.2016. Dabei ist – abgesehen davon, dass sich dieser Vorfall ereignete, als dem Kläger das gegen ihn laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren (damals noch geführt von der StA Köln) längst bekannt war und N3. U1. C3. sich vor dem OLG Düsseldorf u.a. wegen Taten verantworten musste, an denen der Kläger beteiligt war, - bemerkenswert, dass die nur einen Tag nach den Terroranschlägen in Düsseldorf geäußerte Scham einer Muslima den Kläger zur Beleidigung dieser Frau und der Androhung von Schlägen veranlasste.
99(2) Zum anderen hat der Kläger die „Ahrar al-Sham“ aber auch noch dadurch unterstützt, dass er einen weiteren auf sich für den Zeitraum vom 14.02.2014 bis 15.03.2014 zugelassenen Rettungswagen mit dem Ausfuhrkennzeichen MG-139B beginnend ab dem 23./24.02.2014 wiederum gemeinsam mit N3. U1. C3. zumindest versuchte nach Syrien zu verbringen, um ihn der „Ahrar al-Sham“ zuzuwenden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob hierin ein Unterstützen i.S.d. § 129a Abs. 5 Satz 1 Abs. 1 Nr. 1, § 129a Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB gesehen werden kann, weil es etwa an der nach der Rechtsprechung des BGH im Urteil vom 27.10.2015 – 3 StR 334/15 – vorausgesetzten unmittelbaren Förderung fehlt. Der Unterstützungsbegriff des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG geht über den der § 129a Abs. 5 Satz 1 Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB hinaus. In der Rechtsprechung des BVerwG ist geklärt, dass die individuelle Unterstützung einer terroristischen Vereinigung oder einer Vereinigung, die eine terroristische Vereinigung unterstützt, i.S.d. der Vorgängervorschrift des § 54 Nr. 5 AufenthG a.F. alle Verhaltensweisen erfasst, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirken,
100vgl. BVerwG, Urteile vom 25.10.2011 – 1 C 13.10 -, Rn. 20 ff und vom 30.07.2013 – 1 C 9.12 -, Rn. 13 ff (beide juris).
101Insoweit wirkt sich selbst ein (eventuell ergebnislos gebliebener) Versuch, erneut mit N3. U1. C3. Krankenwagen nach Syrien zu verbringen und der „Ahrar al-Sham“ zukommen zu lassen, positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung aus. In der Unterstützung des N3. U1. C3. in seinen dem Kläger wohlbekannten stetigen Bemühungen, die „Ahrar al-Sham“ durch regelmäßige Lieferungen von Krankenwagen in ihrer technischen Ausrüstung zu stärken, liegt zugleich auch eine moralische Unterstützung der „Ahrar al-Sham“, die sich auf die Bereitschaft der Organisation zur Fortsetzung ihres Kampfes unmittelbar förderlich auswirkte. Die „Ahrar al-Sham“ durfte sich darauf verlassen, dass N3. U1. C3. gerade wegen der tatkräftigen Unterstützung durch Helfer wie den Kläger regelmäßig in der Lage sein würde, zur technischen Ausrüstung der Organisation weiter beizutragen, so dass das Vertrauen der Organisation in N3. U1. C3. gerade auch wegen seiner Fähigkeiten, Finanzmittel aber auch tatkräftige Helfer für die von ihm regelmäßig durchgeführten Lieferungen zu rekrutieren, ungebrochen blieb.
102(3) Weiter hat der Kläger die „Ahrar al-Sham“ auch noch dadurch unterstützt, dass er die Kraftfahrzeugsteuer für den Anfang Januar 2014 von N2. B1. erworbenen Krankenwagen mit dem Ausfuhrkennzeichen GL-718N bezahlt hat (Täterakte F. , SH Fallakten Fall 46, Bl. 4-5, 35; SH Auswertung F. , Bl. 24). Zwar hatte dieser Krankenwagen Syrien zunächst nicht erreicht, weil – wie bereits ausgeführt – dessen Fahrer U1. D. E. an der bulgarisch-türkischen Grenze zurückgewiesen worden war und mit dem Fahrzeug zurück in die Bundesrepublik Deutschland kehrte. Nachdem dieser Krankenwagen aber am 31.03.2014 auf N3. U1. C3. neu zugelassen worden war, wurde er von diesem unter dem neuen Ausfuhrkennzeichen auch nach Syrien an die „Ahrar al-Sham“ überbracht (Täterakte L1. , SH Fallakte Bl. 2-4, 4-7, 19-21; Täterakte L1. , SH Gesprächsprotokolle; TKÜ C3. , Bl. 13). Auch in diesem Fall unterstützte der Kläger durch die Bezahlung der Kraftfahrzeugsteuer die Tätigkeiten des N3. U1. C3. und damit der „Ahrar al-Sham“.
103(4) Ob und inwieweit die im Übrigen vom Kläger am 22.10.2013 für den Verein „Helfen in Not“ mitgeführten 400,-- Euro nebst weiteren 5.000,-- syrischen Pfund (ca. 50,-- Euro) ebenfalls die „Ahrar al-Sham“ in Syrien erreichten oder bereits auf der Fahrt ausgegeben wurden, mag dahinstehen. Über den Verbleib des Geldes gibt die Ermittlungsakte keinen Aufschluss. Der Kläger selbst hat sich hierzu ebenfalls nicht verhalten.
104Die unter (1) bis (3) aufgeführten Unterstützungshandlungen können dem Kläger auch weiterhin vorgehalten werden. Ein durchgreifender Gesinnungswandel des Klägers oder eine glaubhafte Distanzierung von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln ist nicht ersichtlich. Konkrete Anhaltspunkte, die eine Zäsur zu seinen früheren Aktivitäten und eine Abkehr von der Unterstützung des terroristischen Islamismus belegen, ergeben sich nicht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger sich weder im Strafermittlungsverfahren noch im vorliegenden Verfahren zur Sache eingelassen hat. Mag dies auch sein gutes Recht sein, erschwert es gleichwohl die Annahme einer für eine glaubwürdige Abkehr im ersten Schritt notwendigen Einsicht in begangenes Unrecht. Allein die Erklärung des Klägers in der Sicherheitsbefragung vom 09.01.2014, dass er generell gegen Gewalt sei, überzeugt angesichts des vorangegangenen Verhaltens des Klägers nicht. Auch zeigt der schon angeführte Vorfall vom 24.03.2016, dass er weiter den mit terroristischen Mitteln geführten Kampf zur Durchsetzung islamistischer Ziele gutheißt und gegenüber Kritikern nicht nur verbal aggressiv vorgeht, sondern sogar mit körperlicher Gewalt droht. Dass der Kläger im Übrigen seit Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens und nach Einleitung des ausländerrechtlichen Verfahrens keine weiteren erkennbaren Unterstützungshandlungen terroristischer islamistischer Organisationen unternommen, seit drei Jahren auch keinen Kontakt mehr zu dem (seit 12.11.2014 inhaftierten) N3. U1. C3. hat und (angeblich) keine Bekanntschaften mehr zu der religiösen oder salafistischen Szene unterhält, reicht ebenfalls nicht für eine erkennbare und glaubhafte Distanzierung. Vielmehr spricht alles dafür, dass es sich hier lediglich um ein sowohl dem Strafermittlungsverfahren als auch dem vorliegenden ausländerrechtlichen Klageverfahren angepasstes Verhalten des Klägers handelt.
105§ 53 Abs. 1 AufenthG setzt weiter voraus, dass der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Dies ist vorliegend der Fall. Angesichts der mangelnden Distanzierung und Abkehr von seinem bisherigen sicherheitsgefährdenden Handeln einerseits und seiner jihadistischen Grundeinstellung andererseits, wie sie insbesondere in der Unterstützung der „Ahrar al-Sham“ zum Ausdruck gekommen ist, ist bei einem weiteren Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet auch künftig mit weiteren sicherheitsgefährdenden Handlungen ähnlicher Ausprägung zu rechnen und damit mit einer vom Kläger ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und die freiheitliche demokratische Grundordnung.
106Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verstrickung des 1975 geborenen Klägers in die jihadistische Szene – wie oben ausgeführt – seit 1993 besteht und in der Unterstützung des „Ahrar al-Sham“ eine ganz erhebliche Steigerung erfahren hat. Auch spricht alles dafür, dass der Kläger seine jihadistische Ideologie schon seit langem in einer Art und Weise verinnerlicht hat, die ein Abstandnehmen erschwert, wenn nicht gar vereitelt. Unter dem 12.07.2004 hat der den Kläger auch jetzt wieder behandelnde Dipl. Psychologe Dr. L. Al-K. im Anschluss an den Suizidversuch des Klägers vom 26.04.2004 ein umfassendes psychologisches Gutachten erstellt (Beiakte Heft 6, Bl. 1-41). Ungeachtet der Frage nach der Richtigkeit der darin u.a. getroffenen Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung, die auf der Schilderung eines Verfolgungsschicksals in der Türkei beruht, das der Kläger im Asylverfahren so in keiner Weise vorgetragen hat, finden sich hier Aussagen zum psychischen Zustand des Klägers, insbesondere im Zusammenhang mit seiner Religiosität. Auf S. 3 seines Gutachtens spricht der Gutachter von „massive(n) religiöse(n) Verpflichtungsgefühle(n) und bereits deutlich entwickelte(n), wahnhaft gesteuerte(n) Ideen“ und führt weiter aus: „Eigenanamnestisch gibt der Patient oft unbeherrschtes als auch teils aggressives Verhalten an, das von ihm nur schwer kontrolliert werden könne. Ausnahmslos sei er jedoch gegenüber seinen Kindern verantwortungsbewusst und liebevoll. Sollte er dennoch einmal Schwierigkeiten mit bevorstehendem Kontrollverlust ahnen, so schließe er sich einfach für kurze Zeit „… im Schrank ein“, danach ginge es ihm wieder besser.“ Auf S. 12 teilt er mit, dass sich die aktuelle schwere Depression „– eigenanamnestisch berichtet – seit den Geschehnissen in seinem (des Klägers) Heimatland, besonders durch die Unterdrückung seiner Religion entwickelt hätten“. Auf S. 18/19 findet sich: „Er (der Kläger) befürchte … seinen religiösen Pflichten nicht mehr adäquat nachkommen zu können. … Diese müsse er unbedingt ordnungsgemäß erledigen, da er sonst Strafe befürchte. … seit dem Selbstmordversuch fühle er sich sowieso schon ganz schlecht. Er habe gegen religiöse Auflagen verstoßen und wisse nicht damit umzugehen. Er bete jeden Tag mehrmals um Verzeihung für seine Tat – doch wisse er, dass er es noch einmal tun würde, um dem angekündigten Schicksal (= Abschiebung) zu entgehen. „O. der Tod gibt mir Frieden für immer.““ Nach der Analyse des Gutachters zeigte der Kläger sich „deutlich dissoziiert seinem religiösen Wahn gegenüber“ und halte seine religiösen „Anstrengungen“ für völlig normal (S. 26). Außerdem scheine Herr F. temporär unter Denk- und Wahrnehmungsstörungen zu leiden. Es lägen deutlich desintegrative Phänomene ... vor. Er befinde sich häufig in einem sogenannten „frozen state“, der durch den mangelhaft ausgeprägten Intellekt und unzureichend ausgeprägte Introspektionsfähigkeit nur noch unterstützt werde. Herr F. empfinde sein Verhalten als völlig „normal“. … Im sozialen Kontext habe er sich isoliert … . Eine fortlaufende Manifestation seiner fiktiven „Idee“ habe bereits eingesetzt (S. 30). In seiner beschützenden Rolle gegenüber seinen religiösen Zeitschriften habe Herr F. sich selbstwertbefindlich „aufputschen“ können. Der Patient habe nicht anders gekonnt, als sich komplett in seinen religiösen Wahnvorstellungen zu „verlieren“ (S. 31/32).
107Dass hier eine grundlegende Änderung des Gesundheitszustandes inzwischen stattgefunden hätte, kann angesichts der andauernden Einbindung in die jihadistische Szene, der stattgefundenen Unterstützung der „Ahrar al-Sham“, des Vorfalls vom 24.03.2016 und auch der noch andauernden oder jedenfalls erneuten Behandlung des Klägers durch den Gutachter nicht angenommen werden.
108Bei Würdigung des Gesamtverhaltens des Klägers ist deshalb auch in Zukunft zu erwarten, dass er seine Anwesenheit im Bundesgebiet für Aktivitäten, die auf eine Unterstützung des terroristischen Islamismus zielen, ausnutzen wird. An die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je gewichtiger die mögliche Rechtsverletzung ist. Die Gefahr von Terrorakten, die von terroristischen islamistischen Organisationen ausgeht, deren Aktivitäten der Kläger durch seine Unterstützungshandlungen gefördert hat, ist dabei so schwerwiegend, dass an die Möglichkeit einer künftigen direkten oder indirekten Beteiligung des Klägers hieran nur geringe Anforderungen zu stellen sind,
109vgl. BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 -, a.a.O..
110Dies gilt umso mehr, als die Radikalisierung potenzieller weiterer Täter durch die jihadistische Szene, der der Kläger eindeutig zuzurechnen ist, oftmals über das Internet verläuft und von den Sicherheitsbehörden nicht oder nur unzureichend überwacht werden kann. Es besteht daher eine erhebliche Wiederholungsgefahr.
111Dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse steht ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse des Klägers gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AufenthG gegenüber, weil er mit seiner über eine Niederlassungserlaubnis verfügenden Ehefrau und zwei minderjährigen deutschen Kindern in familiärer Gemeinschaft lebt und das Personensorgerecht für seine beiden deutschen Kinder gemeinsam mit seiner Ehefrau ausübt.
112Das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt das Interesse des Klägers am Verbleib im Bundesgebiet.
113§ 53 Abs. 1 AufenthG verlangt ein Überwiegen des Interesses an der Ausreise, das unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen ist, wobei in die hierbei vorzunehmende Abwägung des Interesses an der Ausreise mit dem Bleibeinteresse die in § 53 Abs. 2 AufenthG niedergelegten Umstände in wertender Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind. Dies sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner, sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat. Dabei sind die in Absatz 2 aufgezählten Umstände weder abschließend zu verstehen, noch müssen sie nur zu Gunsten des Ausländers ausfallen. Zudem sind stets die grund- und konventionsrechtliche Stellung des Ausländers und seiner Familie und die sich daraus ergebenden Gewichtungen in den Blick zu nehmen. Umstände im Sinne des § 53 Abs. 2 AufenthG prägen den Einzelfall insoweit, als sie über die den vertypten Interessen zugrunde liegenden Wertungen hinausgehen oder diesen entgegenstehen. Insbesondere ist an dieser Stelle der Frage nachzugehen, ob und in welchem Maße die konkreten Umstände des Einzelfalles von vertypten gesetzlichen Wertungen abweichen. Sind im konkreten Fall keine Gründe - etwa auch solche rechtlicher Art - ersichtlich, die den gesetzlichen Wertungen der §§ 54, 55 AufenthG entgegenstehen, wird regelmäßig kein Anlass bestehen, diese Wertungen einzelfallbezogen zu korrigieren. Eine schematische und alleine den gesetzlichen Typisierungen und Gewichtungen verhaftete Betrachtungsweise, die einer umfassenden Bewertung der den Fall prägenden Umstände, jeweils entsprechend deren konkretem Gewicht, zuwiderlaufen würde, verbietet sich ebenso,
114vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, juris
115wie eine "mathematische" Abwägung im Sinne eines bloßen Abzählens von Umständen, die das Ausweisungsinteresse einerseits und das Bleibeinteresse andererseits begründen,
116vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.01.2016, - 11 S 889/15 -, OVG NRW, Urteil vom 10.05.2016 - 18 A 610/14 –, bei juris.
117Insbesondere sollen in die Abwägung die Kriterien mit einbezogen werden, die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) insoweit zu Art. 8 EMRK entwickelt worden sind: Art und Schwere der Straftat, Dauer des Aufenthalts im Gastland, seit der Tatzeit verstrichene Zeitspanne und Verhalten des Ausländers in dieser Zeit, Staatsangehörigkeit der Betroffenen, familiäre Situation und Dauer einer etwaigen Ehe, etwaige Kenntnis des Ehegatten von der Straftat bei Aufnahme der Beziehung, etwaige aus der Ehe hervorgegangene Kinder, ihr Alter und das Maß an Schwierigkeiten, denen der Ehegatte und/oder die Kinder im Abschiebezielland begegnen können, sowie die Festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Abschiebezielland. Maßgeblich bleibt danach die umfassende Würdigung des Einzelfalls,
118vgl. Bundestags-Drucksache 18/4097 S. 49 f, VG Köln, Urteile vom 26.01.2016 – 5 K 2136/15 – und vom 12.09.2017 – 5 K 10269/16 -, beide n.v..
119Davon ausgehend erweist sich die Ausweisung des Klägers als verhältnismäßig, da das Ausweisungsinteresse sein Bleibeinteresse unter Berücksichtigung sämtlicher den Fall prägenden Umstände überwiegt.
120Ausgehend von den im Fall des Klägers festgestellten und in den §§ 54, 55 AufenthG vom Gesetzgeber vertypten Bleibe- und Ausweisungsinteressen kann weder ein erhebliches Überwiegen des Ausweisungsinteresses noch des Bleibeinteresses angenommen werden, da dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse ein ebenfalls besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse gegenüber steht, weshalb aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles abzuwägen ist, welches Interesse überwiegt.
121Bei der im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderlichen Abwägung der vorbeschriebenen gegenläufigen Interessen hat das persönliche Interesse des Klägers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet im Ergebnis hinter dem öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung zurückzutreten. Denn Letzteres überwiegt auch unter der Berücksichtigung von Art. 8 EMRK, Art. 6 GG bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände im Hinblick auf die vom Kläger ausgehende erhebliche Gefahr der Begehung weiterer schwerwiegender Straftaten sein Bleibeinteresse, namentlich auch seine familiären Belange, deutlich.
122Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass trotz eines mehr als 20-jährigen Aufenthalts des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland nicht festgestellt werden kann, dass dieser eine tiefe Integration in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland gefunden hat. Ungeachtet sprachlicher und wirtschaftlicher Integrationsbemühungen des Klägers kann nämlich keine Akzeptanz der hier herrschenden maßgeblichen Grundwerte festgestellt werden. In der Sicherheitsbefragung vom 09.01.2014 hat der Kläger auf Nachfrage bekundet, dass die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht in allen Formen zum Islam passe; zum Islam passe nicht, dass Menschen die Gesetze machten. Auch kann nicht angenommen werden, dass der Kläger eine Entwurzelung aus den Verhältnissen seines Heimatlandes erfahren hat. Der Kläger hat (unterbrochen nur durch den dreimonatigen Besuchsaufenthalt bei seinen hier in der Bundesrepublik lebenden Eltern) die ersten 23 Jahre seines Lebens in der Türkei verbracht, dort die Schule besucht und abgeschlossen sowie anschließend eine Arbeitstätigkeit im Lebensmittelgeschäft seines Bruders aufgenommen. Außerdem ist er ausweislich der Stempel in seinem türkischen Nationalpass alleine im Zeitraum vom 29.06.2012 bis 04.11.2014 zehnmal in der Türkei gewesen, was belegt, dass er dort keine Angst (mehr) vor Verfolgung wegen seiner islamistischen Einstellung hatte. Verwandtschaftliche Beziehungen in die Türkei bestehen ebenfalls. Sowohl ein älterer Bruder als auch weitere (entferntere) Verwandte des Klägers wie auch Verwandte seiner Ehefrau leben in der Türkei. Zu Lasten des Klägers ist außerdem zu berücksichtigen, dass die durch §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG geschützte öffentliche Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland die innere und äußere Sicherheit umfasst und den Bestand des Staates und seine Funktionstüchtigkeit einschließlich der Funktionstüchtigkeit seiner Einrichtungen nach innen schützt,
123vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.07.2017 – 1 VR 3/17, 1 VR 3/17 (1 A 4/17) -, juris.
124Der (internationale) Terrorismus, den der Kläger durch seine der „Ahrar al-Sham“ zu Gute kommende Aktivitäten unterstützt hat, stellt eine ganz erhebliche Bedrohung dieses Rechtsguts dar. Gerade die terroristischen islamistischen Organisationen, zu denen auch die „Ahrar al-Sham“ zählt, stellen immer wieder unter Beweis, dass sie zur Verfolgung ihrer Ziele auf terroristische Mittel zugreifen, indem sie ihre Ziele unter Einsatz gemeingefährlicher Waffen oder durch den Angriff auf das Leben Unbeteiligter verfolgen.
125Weiter berücksichtigend, dass – wie dargelegt – vom Kläger nicht zuletzt wegen der aufgrund tiefsitzender islamistischer Ideologie fehlenden Verwurzelung in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland und wegen seiner gesamten Persönlichkeitsstruktur trotz des seit der ihm zuletzt vorzuwerfenden Unterstützungshandlung aus Februar/März 2014 verstrichenen Zeitraums von gut viereinhalb Jahren ein ganz erhebliches Risiko jederzeit möglicher erneuter Unterstützungshandlungen zu Gunsten terroristischer islamistischer Organisationen besteht, haben die grundsätzlich besonders schutzwürdigen Beziehungen des Klägers zu seiner Ehefrau und seinen beiden noch minderjährigen deutschen Kindern aus präventiven Gründen zurückzutreten. Das ältere dieser beiden deutschen Kinder ist am 09.05.2005 geboren und inzwischen dreizehn Jahre alt, das jüngere am 25.12.2011 geborene deutsche Kind ist inzwischen fast sieben Jahre alt. Die Ehefrau des Klägers verfügt eine Niederlassungserlaubnis und damit einen gesicherten Aufenthalt. Eine Anwesenheit des Klägers im Bundesgebiet ist damit nicht mehr zwingend erforderlich. Die Kinder sind in einem Alter, wo ihnen durchaus eine Aufrechterhaltung des Kontakts zu ihrem Vater unter Nutzung der heute zur Verfügung stehenden modernen Technologien und auch durch Besuche zugemutet werden kann. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Ehefrau des Klägers. Hinzu kommt, dass der Kläger sich nach eigenen Bekundungen in einem Zeitraum, in dem seine beiden deutschen Kinder noch vier bis fünf Jahre jünger waren, bereits für einen Zeitraum von vier Monaten im Ausland aufgehalten hat und sich auch mit seinen vielfachen Auslandsreisen im Zeitraum von Juni 2012 bis November 2014 immer wieder von seinen Kindern getrennt hat. Auch hat er sich durch die familiären Bindungen an seine Kinder und seine Ehefrau nicht von der Begehung der ihm vorgeworfenen Unterstützungshandlungen abhalten lassen. Dass dies nunmehr angesichts des fortgeschrittenen Alters der beiden deutschen Kinder anders sein sollte, ist für die Kammer nicht ersichtlich. Die beiden älteren, 1998 und 1999 geborenen Kinder des Klägers, die beide die türkische Staatsangehörigkeit haben, sind volljährig, so dass sie dem Kläger aufenthaltsrechtlich keine günstigere Position mehr vermitteln können.
126Die wegen der Rechte des Klägers aus ARB 1/80 zu seinen Gunsten in § 53 Abs. 3 AufenthG verschärften Ausweisungsvoraussetzungen stehen der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Wie bereits dargelegt geht vom Kläger wegen der Unterstützung der „Ahrar al-Sham“ unter weiterer Berücksichtigung seiner langjährigen und tiefen ideologischen Verwurzelung im jihadistischen Islamismus und seiner Persönlichkeitsstruktur gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus. Diese berührt auch die Grundinteressen der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland, weshalb die Ausweisung des Klägers zur Wahrung dieser Interessen aus spezialpräventiven Gründen unerlässlich ist. Damit steht die Ausweisung auch im Einklang mit Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80.
127Art. 12 Abs. 3 Daueraufenthaltsrichtlinie 2003/109/EG vom 25.11.2003, geändert durch die Richtlinie 2011/51/EU vom 11.05.2011 steht der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen, weil vom Kläger eine gegenwärtige hinreichende schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht.
1282. Soweit der Kläger auch die Aufhebung von Ziff. 2, 3, 4 und 5) der Ordnungsverfügung begehrt, begegnet die Ordnungsverfügung keinen Bedenken. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der Ordnungsverfügung, denen die Kammer sich anschließt, Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass die vorgetragenen Erkrankungen des Klägers die Abschiebungsandrohung nicht hindern, sondern allenfalls bei der konkreten Abschiebung zu berücksichtigen sind.
129II. Soweit der Kläger mit dem Hilfsantrag außerdem die in Ziff. 2 und 3 der Ordnungsverfügung verfügte Befristung des aus der Ausweisung bzw. einer Abschiebung folgenden Einreise- und Aufenthaltsverbotes angreift, gilt Folgendes:
130Nach § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot als gesetzliche Folge der Ausweisung wie auch einer Abschiebung (§ 11 Abs. 1 AufenthG) von Amts wegen zu befristen, wobei über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden wird. Die Frist darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Diese Vorgaben hat die Beklagte in ihrer Entscheidung berücksichtigt. Die in § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG genannte Frist von fünf Jahren durfte überschritten werden, weil von dem Kläger, wie oben dargelegt, eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht von einer falschen Sachverhaltsermittlung auszugehen. Zwar hat die Beklagte ausgeführt, dass der Kläger sich weiterhin im jihadistischen Spektrum des IS befinde. Damit ist aber keine Zuordnung zum IS im engeren Sinne verbunden. Von zentraler Bedeutung ist vielmehr die – inhaltlich zutreffende - Zuordnung des Klägers zum jihadistischen Spektrum. Die Befristung auf sechs Jahre begegnet angesichts der andauernden Gefährlichkeit aufgrund auch langjähriger tiefsitzender ideologischer Verwurzelung im jihadistischen Islamismus unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur des Klägers und seiner mangelhaften Integration in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland auch unter Berücksichtigung seiner schutzwürdigen Belange nach Art. 8 EMRK, Art. 6 GG keinen Bedenken.
131Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
132Rechtsmittelbelehrung
133Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1341. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
141Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
142Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
143Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
144Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
145Beschluss
146Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
1475.000,00 €
148festgesetzt.
149Gründe
150Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 GKG).
151Rechtsmittelbelehrung
152Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
153Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
154Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
155Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
156Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.