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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist als selbständig tätige Apothekerin Mitglied des beklagten Versorgungswerks. Sie wendet sich gegen eine Festsetzung und Nachforderung von Beiträgen.
3Nachdem die Klägerin bis November 2007 monatlich den jeweils geltenden Höchstbetrag entrichtet hatte, war auf ihren Antrag hin mit Bescheid vom 03.12.2007 der Beitrag ab dem 01.12.2007 an die von der Klägerin erwartete Gewinnhöhe angepasst und vorläufig auf monatlich 539,- Euro monatlich herabgesetzt worden. In dem Bescheid war ausgeführt, die endgültige Beitragseinstufung werde nach Eingang des Gewerbesteuermessbescheids vorgenommen werden. Die Klägerin habe diesen ohne weitere Aufforderung als Einkommensnachweis vorzulegen. In der Folgezeit zahlte die Klägerin entsprechend geminderte Beiträge.
4Im Februar 2016 forderte das beklagte Versorgungswerk die Klägerin zum Zwecke der endgültigen Beitragsfestsetzung auf, die Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre ab 2007 einzureichen. Die Klägerin übersandte die Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2007 bis 2013, machte jedoch für eine Beitragsnachforderung die Einrede der Verjährung geltend.
5Mit Bescheid vom 30.03.2016 setzte das beklagte Versorgungswerk den monatlichen Beitrag für Dezember 2007 auf 857,- Euro, für das Jahr 2008 auf 633,- Euro, für 2009 auf 1054,- Euro und für die Jahre 2010 bis einschließlich 2013 auf den jeweiligen Höchstbeitrag fest. Gleichzeitig forderte es die Klägerin auf, die sich ergebende Beitragsnachforderung von 34.794,- Euro zu begleichen. Die Forderung sei nicht verjährt. Für die Verjährung komme es auf den Zeitpunkt der Beitragsfestsetzung an. Die Klägerin könne sich auf die Einrede der Verjährung zudem nicht berufen, weil sie ihrer Pflicht, die für die Festsetzung erforderlichen Einkommensnachweise zu erbringen, nicht nachgekommen sei. Der Bescheid wurde der Klägerin am 02.04.2016 zugestellt.
6Die Klägerin hat am 02.05.2016 Klage erhoben.
7Zur Klagebegründung hält sie an der Einrede der Verjährung gegen die geltend gemachte Nachforderung und die Festsetzungen für den Zeitraum Dezember 2007 bis einschließlich Dezember 2012 fest. Die Entstehung von Beitragsforderungen setze deren Festsetzung nicht voraus. Eine unzulässige Rechtsausübung stehe der Einrede der Verjährung nicht entgegen. Auf Verjährung könne sich nicht nur derjenige berufen, der sich selbst rechtstreu verhalten habe. Zudem begründe ein Verstoß gegen eine Mitteilungspflicht keine Treuwidrigkeit. Das beklagte Versorgungswerk habe selbst über viele Jahre hinweg keine Rückfrage gehalten.
8Die Klägerin beantragt,
9den Bescheid vom 30.03.2016 aufzuheben, soweit Beiträge für Dezember 2007 bis einschließlich Dezember 2012 festgesetzt und nachgefordert werden.
10Das beklagte Versorgungswerk beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Es meint, die Einrede der Forderungsverjährung gehe ins Leere, da die Forderungen erst aufgrund des angefochtenen Bescheides entstanden seien. Auf eine Verjährung der Festsetzung könne die Klägerin sich nicht berufen. Dem stehe mit Blick auf die eigene Verletzung von Informationspflichten der Einwand der Treuwidrigkeit entgegen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
15Die zulässige Klage ist nicht begründet.
16Die Beitragsfestsetzung und –nachforderung im Bescheid vom 30.03.2016 ist in dem angefochtenen Umfang rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
17Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung und –nachforderung ist § 21 der Satzung des Versorgungswerks der Apothekerkammer Nordrhein - SVApo -. Grundsätzlich zahlen Mitglieder des beklagten Versorgungswerks gem. § 21 Abs. 1 SVApo einen monatlichen Beitrag entsprechend dem jeweils geltenden Höchstbeitrag in der Deutschen Rentenversicherung, der sich anhand des Beitragssatzes und der Beitragsbemessungsgrenze im Sinne der §§ 158, 159 SGB VI bestimmt. Bei selbständigen Apothekern, deren Bruttoeinkünfte aus pharmazeutischer Tätigkeit die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreichen, tritt gem. § 21 Abs. 2 SVApo für die Bestimmung des Beitrags das Bruttoeinkommen, d.h. der Gewinn aus Gewerbebetrieb, an die Stelle der Beitragsbemessungsgrenze. Eine Herabstufung bei der Beitragsbemessung erfolgt auf Antrag des Mitglieds unter Zugrundelegung des vorzulegenden letzten Gewerbesteuermessbescheides. Liegt kein Gewerbesteuermessbescheid vor oder hat sich der Gewinn gegenüber dem Vorjahresgewinn erheblich gemindert, reicht zunächst eine Prognose des zu erwartenden Gewinnes durch ein Mitglied der Steuerberatenden Berufe aus; in diesem Fall handelt es sich bei einer Beitragsherabsetzung bis zur Vorlage des endgültigen Nachweises um eine vorläufige Beitragsfestsetzung.
18Nach Maßgabe dieser satzungsrechtlichen Bestimmungen sind die endgültige Festsetzung der Beiträge und die Nachforderung für den streitbefangenen Zeitraum von insgesamt 27.774,- Euro nicht zu beanstanden. Das Versorgungswerk hat für den Zeitraum von Dezember 2007 bis einschließlich 2009 den Beitrag aus dem jeweiligen Gewinn, wie er den Gewerbesteuermessbescheiden zu entnehmen ist und dem jeweils maßgeblichen Beitragssatz zutreffend ermittelt. Für die Folgejahre bis einschließlich 2012 ist die Klägerin zu Recht zum Höchstbeitrag herangezogen worden, da ihre Gewinne die Beitragsbemessungsgrenze jeweils überschritten.
19Mit der Einrede der Verjährung dringt die Klägerin nicht durch.
20Die Beitragsnachforderungen sind nicht verjährt.
21Zahlungsansprüche auf Beiträge verjähren gem. § § 38 Abs. 8 SVApo in Verbindung mit § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – innerhalb von drei Jahren. Diese Frist beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
22Entstanden ist ein Anspruch, sobald er vom Gläubiger geltend gemacht werden kann; dies setzt voraus, dass er hinsichtlich Gläubiger, Schuldner und Inhalt bestimmbar ist,
23vgl. BGH, Urteil vom 16.04.2014 - IV ZR 153.13 -.
24Die streitbefangenen Beitragsnachforderungen sind erst mit ihrer Festsetzung durch den Bescheid vom 30.06.2016 entstanden.
25Dabei kann offenbleiben, ob Beitragsforderungen des beklagten Versorgungswerks zu ihrer Entstehung stets einer Festsetzung bedürfen. Weder § 6 a Heilberufsgesetz Nordrhein-Westfalen - HeilBerG - noch die SVApo treffen hierzu eine ausdrückliche Regelung. Dementsprechend kommt in Betracht, dass der in dem (Regel-)Fall des § 21 Abs. 1 SVApo anfallende Beitrag, der sich ohne vorausgehende Einkommensprüfung nach dem Höchstbeitrag in der Deutschen Rentenversicherung bemisst und daher ohne Weitere bestimmbar ist, von Gesetzes wegen entsteht und eine gesonderte Festsetzung nicht erfordert.
26Für die vorliegende Fallgestaltung hat der Satzungsgeber jedoch eine abweichende Regelung getroffen. Wird - wie zugunsten der Klägerin im Jahr 2007 - einem Antrag auf Beitragsherabsetzung entsprochen, ehe der Nachweis eines geminderten Einkommens anhand des Gewerbesteuermessbescheids geführt ist, handelt es sich gem. § 21 Abs. 2 Satz 6 SVApo bis zur Vorlage des endgültigen Nachweises um eine „vorläufige Beitragsfestsetzung“. Der Satzungsgeber hat damit für Zeiträume, in denen sich die Beitragshöhe nach dem individuellen, noch abschließend festzustellenden beitragspflichtigen Einkommen des Mitglieds richten soll, den Weg einer verbindlichen Bestimmung der Beitragshöhe durch Festsetzung per Verwaltungsakt gewählt. Bezogen auf einen derart geregelten Veranlagungszeitraum können keine über die verbindlich festgelegte Beitragsschuld hinaus gehenden Beiträge entstehen, ehe die vorläufige Festsetzung abgeändert wird.
27Entsprechend dieser Sperrwirkung war vorliegend für die Entstehung der streitbefangenen nachgeforderten Beiträge kein Raum, solange nicht die vorläufige Festsetzung eines geminderten Beitrags durch die endgültige Festsetzung vom 30.06.2016 geändert wurde.
28Dem Beitragsanspruch lässt sich auch nicht der Einwand der Festsetzungsverjährung entgegenhalten. Eine Festsetzungsverjährung ist bis zum Erlass des Bescheids vom 30.06.2016 nach keiner erdenklichen Betrachtungsweise eingetreten.
29Ausdrücklich ist eine Festsetzungsverjährung für Beiträge zum beklagten Versorgungswerk weder in § 6 a HeilBerG noch in der SVApo vorgesehen. Auch wenn man den in den Regelungen zur Festsetzungsverjährung in §§ 169 ff. Abgabenordnung – AO - enthaltenen Rechtsgedanken heranzieht, führt dies zu keinem für die Klägerin günstigen Ergebnis. Denn § 171 Abs. 8 AO trifft für den hier einschlägigen Fall einer vorläufigen (Abgaben-) Festsetzung die Bestimmung, dass die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf des Jahres endet, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat. Übertragen auf die Veranlagung der Klägerin konnte eine etwaige Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Jahres 2016 enden, in dem die Vorlage der Gewerbesteuermessbescheide die Ungewissheit über die tatsächliche jeweilige Gewinnhöhe beseitigte.
30Ist danach schon keine Verjährung eingetreten, kommt es auf die Frage, ob einer Einrede der Verjährung der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegensteht, nicht an.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.
32Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.