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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten um einen presserechtlichen Auskunftsanspruch.
3Der Kläger ist Journalist. Mit einer E-Mail vom 20.12.2014 bat er die Beklagte, ihm mitzuteilen welche Prüfungen der Bundesrechnungshof in den Jahren 2013 und 2014 in den Etats des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit, der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramtes durchgeführt habe. Er gehe davon aus, dass es Prüfungen gegeben habe, die nicht auf der Homepage zu den entsprechenden Etats aufgelistet seien. Er bat um Übersendung einer einfachen vollständigen Liste, aus der hervorgehe, was und wer genau geprüft worden sei.
4Mit Schreiben vom 16.01.2015 lehnte die Beklagte die Erteilung der Auskunft ab. Sie könne über die veröffentlichten Prüfungsergebnisse hinaus gemäß § 96 Abs. 4 S. 3 BHO keine Auskunft erteilen.
5Am 02.03.2015 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor: Sein Auskunftsanspruch ergebe sich aus Art. 5 Abs.1 S. 2 GG. Die Beklagte habe im Einzelfall darzulegen, warum schutzwürdige Interessen privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit der Informationen entgegenstünden. Zugang zu Akten begehre er nicht. § 96 Abs. 4 BHO sei kein Ausnahmetatbestand. Nur wenn die Presse recherchieren könne, könne sie ihren Beitrag zur Demokratie leisten. Das Informationsinteresse der Presse überwiege. Die Presse dürfe eigenständig beurteilen, welches Informationsinteresse die Öffentlichkeit habe. Die Kontrolle über die Verwendung öffentlicher Mittel durch die Regierung sei von besonderem öffentlichem Interesse. Die Bundeshaushaltsordnung stelle keine presserechtliche Geheimhaltungsvorschrift dar.
6Der Kläger beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu der Frage zu erteilen, welche Prüfungen der Bundesrechnungshof in den Jahren 2013 und 2014 in den Etats des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit, der Bundeskanzlerin und des Bundeskanzleramtes durchgeführt hat mittels Vorlage einer einfachen, vollständigen Liste, aus der hervorgeht, was und wer genau wann geprüft wurde.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie trägt vor: Der Auskunftsanspruch sei nicht hinreichend eingrenzbar und damit nicht hinreichend bestimmt. Bei den Prüfungen des Bundesrechnunghofes handele es sich um Projekte, die sich über mehrere Monate oder Jahre erstrecken. Eine Zuordnung der Durchführung der Prüfung zu bestimmten Jahren sei nicht ohne weiteres möglich. Viele Prüfungen des Bundesrechnungshofes könnten nicht ohne weiteres einem bestimmten Einzelplan des Bundeshaushalts zugeordnet werden. Insbesondere Querschnittsprüfungen fänden etatübergreifend statt. In den Jahren 2013 und 2014 habe der Bundesrechnungshof zu jedem Zeitpunkt etwa 1300-1400 Prüfungen durchgeführt. Es sei unklar, ob sich das Auskunftsbegehren nur auf die abschließenden Prüfungsmitteilungen und/oder auf abschließende beratenden Berichte und/oder auch auf Prüfungen, die ohne abschließende Prüfungsmitteilung und ohne Bericht beendet worden seien, beziehe. Das Auskunftsbegehren betreffe zudem auf Informationen, die den Akten zur Prüfungs– und Beratungstätigkeit des Bundesrechnungshofes zu entnehmen seien. Nach § 96 Abs. 4 S. 1 BHO könne der Bundesrechnungshof Auskünfte zum Prüfungsergebnis nur gewähren, wenn dieses abschließend festgestellt worden seien. Demgegenüber habe der Gesetzgeber mit § 96 Abs. 4 S. 3 und 4 BHO die Akten zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit von Auskunftsrechten ausgenommen. Hierbei handelt es sich um eine Regelung des Informationszugangs nach dem Prinzip der Ergebnistransparenz. Das Prüfungsverfahren werde nicht öffentlich geführt. Die Effektivität der externen Finanzkontrolle (Art. 114 Abs. 2 GG) ebenso wie Rechte Dritter würden ansonsten gefährdet und beeinträchtigt. Die Offenlegung des Inhalts von Prüfungs- und Beratungsakten würde die geprüften Stellen in die Lage versetzen, Rückschlüsse auf die Vorgehensweise bei zukünftigen Prüfungen zu ziehen. Auch das vorzeitige Bekanntwerden von noch nicht abschließenden Prüfungsergebnissen könne sich nachteilig auf die parlamentarische Budgetkontrolle auswirken. Die Regelung des § 96 Abs. 4 BHO stellt auch unter Berücksichtigung von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ein angemessenes Auskunftsniveau sicher. Die Auskunft über dem Geheimschutz unterliegende Informationen, insbesondere alle Prüfungen beim Bundesnachrichtendienst, seien im Übrigen von vornherein geheimhaltungsbedürftig.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Auskunft.
14Die Kammer folgt bezogen auf presserechtliche Auskunftsansprüche gegenüber Bundesbehörden der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Gemäß Art. 114 Abs. 2 GG werden die Befugnisse des Bundesrechnungshofes durch Bundesgesetz geregelt. Die Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofs liegt damit in ausschließlicher Bundeskompetenz. Diese Kompetenz schließt als Annex die Befugnis ein, Voraussetzungen und Grenzen zu regeln, unter denen der Öffentlichkeit einschließlich der Presse Informationen zu erteilen sind oder erteilt werden dürfen. Sofern der Gesetzgeber untätig geblieben ist muss unmittelbar auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG als Rechtsgrundlage für pressespezifische Auskunftspflichten zurückgegriffen werden.
15Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.03.2015 – 6 C 12.14 –, K & R 2015, 529; BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 – 6 A 2.12 –, NVwZ 2013, 1006.
16Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht der Annahme eines aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage, ob und auf welcher Grundlage Regelungen zu Auskunftspflichten der Presse gegenüber Bundesbehörden dem Bundesgesetzgeber vorbehalten sind, bislang offen gelassen. Ebenfalls hat es offen gelassen, ob ein Auskunftsanspruch unter Rückgriff auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden kann und wie weit dieser gegebenenfalls reicht. Denn für eine Verletzung der Pressefreiheit sei jedenfalls dann nichts ersichtlich, solange die Fachgerichte den Presseangehörigen im Ergebnis einen Auskunftsanspruch einräumen, der hinter dem Gehalt der – untereinander im wesentlichen inhaltsgleichen, auf eine Abwägung zielenden – Auskunftsansprüche der Landespressegesetze nicht zurückbleibt.
17Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.07.2015 – 1 BvR 1452/13 –, NVwZ – RR 2016, 50.
18Aufgrund des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs können Pressevertreter in geeigneter Form behördliche Auskünfte verlangen, soweit berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen nicht entgegenstehen.
19Die Berechtigung von Vertraulichkeitsinteressen, die dem verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch entgegenstehen können, bestimmt sich dabei in Abhängigkeit von dem Regelungsspielraum, über den der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung behördlicher Auskunftspflichten verfügt. Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch besteht in demjenigen Umfang, den der Gesetzgeber selbst nicht unterschreiten dürfte. Also ist er durch Vertraulichkeitsinteressen ausgeschlossen, die der Gesetzgeber für die gegebene Sachkonstellation als Ausschlussgrund normieren dürfte. Entscheidend ist, ob der Gesetzgeber berechtigt wäre, dem betroffenen Vertraulichkeitsinteresse für die gegebene Sachkonstellation Vorrang vor dem Informationsinteresse der Presse einzuräumen. Der Gesetzgeber unterliegt zum einen der Vorgabe, Vertraulichkeitsinteressen nur dann Vorrang gegenüber dem Informationsinteresse von Pressevertretern einzuräumen, wenn hierfür plausible Gründe sprechen.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.03.2015 – 6 C 12.14 –, a.a.O..
21Berechtigte schutzwürdige Interessen der hier in Rede stehenden Art sind auch beispielhaft in den Landespressegesetzen aufgeführt.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013, – 6 A 2.12 –, a.a.O..
23Die Kammer legt das Auskunftsbegehren des Klägers nach dessen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung dahingehend aus, dass dieser sowohl die Vorlage einer Liste über die in den Jahren 2013 und 2014 durchgeführten Prüfungsverfahren bei den genannten Behörden begehrt, die mit einem abschließenden Prüfungsergebnis (vgl. § 96 Abs. 4 S. BHO, § 35 der Prüfungsordnung des Bundesrechnungshofes vom 19.11.1997, letztmalig geändert am 05.09.2013) beendet wurden, als auch die Vorlage einer Liste mit denjenigen Prüfungsverfahren, in denen eine (vorläufige) Prüfungsmitteilung vor Einleitung des kontradiktorischen Verfahrens erstellt wurde (vgl. §§ 31, 33 Prüfungsordnung Bundesrechnungshof).
24I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vorlage einer Liste über die Prüfungsverfahren, in denen eine (vorläufige) Prüfungsmitteilung erstellt wurde.
25Der Bundesgesetzgeber hat mit § 96 Abs. 4 BHO eine Regelung geschaffen, die Voraussetzungen und Grenzen regelt, unter denen der Öffentlichkeit einschließlich der Presse Informationen erteilt werden dürfen. Gemäß 96 Abs. 4 S. 1 BHO kann der Bundesrechnungshof Dritten durch Auskunft oder in sonstiger Weise Zugang zu dem Prüfungsergebnis gewähren, wenn dieses abschließend festgestellt wurde. Zum Schutz des Prüfungs- und Beratungsverfahrens wird Zugang zu den zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten nicht gewährt (§ 96 Abs. 4 S. 3 BHO).
26Die Gewährung von Informationszugang zu abschließend festgestellten Prüfungsergebnissen und Berichten ist danach in das Ermessen des Bundesrechnungshofs gestellt. Darüber hinaus schließt die Vorschrift den Zugang zu den zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten aus, um das Prüfungs- und Beratungsverfahren, namentlich den Prozess der ungehinderten Entscheidungsfindung, zu schützen. Indem eine Einsichtnahme in noch nicht abgeschlossene Prüfungsverfahren ausgeschlossen wird, soll eine Gefährdung des Erfolgs der externen Rechnungskontrolle und damit des Erfolgs der parlamentarischen Finanzkontrolle verhindert werden.
27Vgl. BT-Drs. 17/13931, Seite 4; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.08.2015 – OVG 12 B 35.14 – zu § 96 Abs. 4 BHO im Rahmen eines Anspruchs gemäß Informationsfreiheitsgesetz.
28Hiervon ausgehend hat der Kläger keinen Anspruch auf Auskunft über die Prüfungsverfahren, bei denen lediglich eine Prüfungsmitteilung erstellt wurde, ohne dass bereits ein abschließend festgestelltes Prüfungsergebnis vorliegt. Diese Prüfungsmitteilungen sind Bestandteil der Akten zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit des Bundesrechnungshofs, die gemäß § 96 Abs. 4 S. 3 BHO ausdrücklich von einem Auskunftsanspruch ausgeschlossen sind.
29Selbst wenn man - wie der Kläger - davon ausgeht, dass das Auskunftsbegehren seine Stütze unmittelbar in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG findet, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Einem verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch stehen berechtigte schutzwürdige öffentliche Interessen entgegen. Auch hier sind die Wertungen des § 96 Abs. 4 BHO zu berücksichtigen. Der Vertraulichkeit der Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofs zum Schutz der Wirksamkeit der externen Finanzkontrolle ist nach der gesetzgeberischen Wertung Vorrang vor dem öffentlichen Informationsinteresse der Presse einzuräumen.
30II. Darüberhinaus hat der Kläger keinen Anspruch auf Vorlage einer Liste mit sämtlichen Prüfungsverfahren, bei denen in den Jahren 2013 und 2014 ein abschließendes Prüfungsergebnis festgestellt wurde.
31Nach der klaren Regelung des § 96 Abs. 4 S. 1 BHO ist die Entscheidung über die Auskunftserteilung zu abschließend festgestellten Prüfungsergebnissen in das Ermessen des Bundesrechnungshofs gestellt. Der Gesetzgeber hat danach vorgegeben, dass der Bundesrechnungshof über jedes Auskunftsbegehren zu einem abschließenden festgestellten Prüfungsergebnis im Einzelfall entscheidet. Ein Anspruch auf Vorlage einer Liste mit sämtlichen Prüfungsergebnissen, die in einem bestimmten Zeitraum festgestellt wurden, ist daher ausgeschlossen.
32Diese Regelung steht auch dem verfassungsunmittelbaren presserechtlichen Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG entgegen. Auch wenn aus Sicht der Kammer ein hohes öffentliches Informationsinteresse an der Prüfungs- und Beratungstätigkeit des Bundesrechnungshofes besteht, ist sie an die gesetzgeberische Wertung des § 96 Abs. 4 BHO gebunden.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34Die Berufung ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO i .V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.