Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Eilantrag wird abgelehnt.
2.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Gründe
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil der Antragsteller nicht gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dargelegt hat und außerdem der Eilantrag aus den nachfolgenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg i. S. d. § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO bietet.
3Der Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 18 K 1847/16.A geführten Klage gegen die in dem Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 1.3.2016 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,
5ist unbegründet.
6Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob der – auch ausweislich der Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender – sich seit dem 18.9.2014 in Deutschland aufhaltende Antragsteller rechtlich tatsächlich erst mit der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 19.2.2016 notierten Antragstellung seinen Asylantrag gestellt hat. Jedenfalls folgt der Einzelrichter nicht der Rechtsprechung der
77. Kammer des VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 2.2.2016 - 7 L 118/16. A - und vom 22.12.2015 - 7 L 3863/15. A - (beide in juris),
8wonach bei einer Asylantragstellung nach dem 20.7.2015 derzeit deshalb immer die aufschiebende Wirkung einer Klage anzuordnen ist, weil die deutschen Rechtsvorschriften nicht im Einklang mit Art. 46 der Verfahrensrichtlinie (2013/32/EU) stünden. Entgegen dieser Rechtsprechung ist nach Auffassung des Einzelrichters ein Asylantrag i. S. d. Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a Variante 1 der Verfahrensrichtlinie im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 der Richtlinie auch dann offensichtlich unbegründet, wenn das Bundesamt lediglich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den Antrag auf Asylanerkennung als „offensichtlich unbegründet“ ablehnt, den Antrag auf subsidiären Schutz aber lediglich (als einfach unbegründet) ablehnt.
9Gemäß Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie können die Mitgliedstaaten einen Antrag im Falle von dessen Unbegründetheit bei Vorliegen eines der in Art. 31 Abs. 8 (hier wegen der Herkunft des Antragstellers aus Serbien als sicherem Herkunftsstaat: Buchstabe b) der Verfahrensrichtlinie aufgeführten Umstände als „offensichtlich unbegründet“ betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Das ist in Deutschland bereits der Fall, weshalb der deutsche Gesetzgeber jedenfalls insoweit die Verfahrensrichtlinie nicht eigens umzusetzen hatte. Denn § 30 Abs. 1 AsylG bestimmt (bereits), dass der (gemäß §§ 13 Abs. 2 Satz 1 und 31 Abs. 2 Satz 1 AsylG sowohl die Asylanerkennung als auch die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes als auch die Zuerkennung subsidiären europarechtlichen Schutzes umfassende, also der gesamte) Asylantrag „offensichtlich unbegründet“ ist, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. § 30 Abs. 1 AsylG setzt demnach für die Ablehnung des (gesamten) Asylantrags als „offensichtlich unbegründet“ nicht voraus, dass auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen, obwohl dieser Regelungsgegenstand nach der Konzeption des Asylgesetzes (gemäß §§ 13 Abs. 2 Satz 1 und 31 Abs. 2 Satz 1 AsylG) ebenfalls vom Asylantrag umfasst wird.
10§ 30 Abs. 1 AsylG ist auch für die Fälle des § 29a Asylgesetz einschlägig, auf den sich das Bundesamt hier konkret gestützt hat und nach dessen Abs. 1 der Asylantrag eines Ausländers aus einem sicheren Herkunftsstaat als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen ist, es sei denn, die vom Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründeten die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Dass § 29a AsylG nicht in einem alternativen Verhältnis zu § 30 Abs. 1 AsylG steht, ergibt sich aus der systematischen Auslegung des insoweit rechtstechnisch nicht gelungenen Asylgesetzes. Danach befindet sich die Definition eines offensichtlich unbegründeten Asylantrags in § 30 Abs. 1 AsylG, während die dafür erforderlichen Voraussetzungen in § 30 Abs. 2 bis 5 AsylG normiert sind. Inhaltlich stellt § 29a AsylG lediglich die Bestimmung einer weiteren Voraussetzung dafür dar, einen Asylantrag nicht nur (als einfach unbegründet) abzulehnen, sondern als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen, und steht deshalb systematisch auf einer Stufe nur mit § 30 Abs. 2 bis 5 AsylG, nicht aber mit § 30 Abs. 1 AsylG.
11Da sich § 36 Abs. 1 AsylG demgemäß hinsichtlich der offensichtlichen Unbegründet-heit eines Asylantrags auf § 30 Abs. 1 AsylG bezieht, setzt auch § 36 Abs. 1 AsylG nicht voraus, dass die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ nicht nur den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern auch die Zuerkennung subsidiären europarechtlichen Schutzes i. S. d. § 4 AsylG umfasst.
12Dieser gesetzlichen Systematik folgt auch die Tenorierung des hier in Rede stehenden Bescheids des Bundesamts. Sie folgt in ihrem Aufbau (sprachlich abweichend) insoweit der Definition des § 30 Abs. 1 AsylG, als sie in Ziffern 1 und 2 des angefochtenen Bescheids die für die Folge des § 30 Abs. 1 AsylG, dass der (gesamte) Asylantrag „offensichtlich unbegründet“ ist, erforderlichen Einzelentscheidungen aufführt, nämlich dass die Voraussetzungen sowohl für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) als auch für die Anerkennung als Asylberechtigter (Ziffer 2) „offensichtlich“ nicht vorliegen („wird als offensichtlich unbegründet abgelehnt“), und sodann die nach anderen Vorschriften des Asylgesetzes erforderlichen Einzelentscheidungen trifft, nämlich dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären europarechtlichen Schutzes (Ziffer 3) und des nationalen subsidiären Schutzes (Ziffer 4) nicht vorliegen, woraufhin die Abschiebungsanordnung samt Ausreisefrist (Ziffer 5), die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG (Ziffer 6) und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG (Ziffer 7) folgen.
13Die in dem
14Beschluss des VG Düsseldorf vom 2.2.2016 - 7 L 118/16. A -, juris Rn. 36,
15aufgezeigten Weiterungen sind nach Auffassung des Einzelrichters nicht zu befürchten. Wegen der eindeutigen Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 AsylG kann nämlich selbst eine Ablehnung etwa des Antrags auf Gewährung subsidiären europarechtlichen Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ bei gleichzeitiger Ablehnung der Asylgewährung bzw. der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als (lediglich einfach) unbegründet nicht dazu führen, dass einem Antragsteller in Deutschland kein wirksamer Rechtsschutz im Sinne des Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie zur Verfügung steht. Abgesehen davon, dass der zitierte Beschluss bereits selbst – wegen der Normierung in § 30 Abs. 1 AsylG auch zu Recht – davon ausgeht, dass das Asylgesetz keine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrags als „offensichtlich unbegründet“ bietet, soweit der subsidiäre (europarechtliche bzw. nationale) Schutz in Rede steht, würde selbst eine solche Ablehnung des Antrags auf Gewährung subsidiären Schutzes (als „offensichtlich unbegründet“) seitens des Bundesamts bei gleichzeitiger Ablehnung einer Asylanerkennung und Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als (lediglich einfach) unbegründet gemäß § 36 Abs. 1 i. V. m. § 30 Abs. 1 AsylG materiellrechtlich nicht zur Ausreisefrist von einer Woche führen, weil diese Frist aus den oben erläuterten Gründen allein dann gilt, wenn das Bundesamt entscheidet, dass die Voraussetzungen für eine Asylanerkennung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft „offensichtlich“ nicht vorliegen, in diesem Sinne also Asylanerkennung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt werden.
16Das könnte im Falle einer dennoch seitens des Bundesamts festgesetzten Ausreisefrist von einer Woche im Wege des Eilrechtsschutzes auch gerichtlich gewährleistet werden. Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung (nur) angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Mit der (Anfechtungs-)Klage kann die Abschiebungsandrohung (samt Ausreisefrist) als eigenständiger Verwaltungsakt angefochten werden. Erkennt das Verwaltungsgericht deshalb ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des (mit der Klage) angegriffenen Verwaltungsakts, weil die Abschiebungsandrohung wegen der zu kurzen Ausreisefrist (aufgrund des fehlerhaften Verdikts der Offensichtlichkeit der Unbegründetheit bei der Ablehnung subsidiären Schutzes bzw. wegen der Ablehnung der Asylanerkennung und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lediglich als einfach unbegründet) rechtswidrig ist, hat es die Aussetzung der Abschiebung anzuordnen.
17Im Übrigen könnte ebenso im Rahmen des Eilrechtsschutzes gewährleistet werden, dass im Fall einer Ablehnung einer Asylanerkennung und eines Antrags auf Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes als „offensichtlich unbegründet“ durch das Bundesamt bei entweder gleichzeitiger Ablehnung subsidiären Schutzes als einfach unbegründet oder bei gleichzeitigem Fehlen einer ausdrücklichen Entscheidung zum subsidiären Schutz eine Abschiebungsandrohung, die trotz erheblicher Zweifel am Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären (europarechtlichen bzw. nationalen) Schutzes mit einer Ausreisefrist von einer Woche versehen ist, vom Gericht ausgesetzt wird. Ausgangspunkt ist wiederum § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG, wonach die Aussetzung der Abschiebung (nur) angeordnet werden darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Die Abschiebungsandrohung kann mit der (Anfechtungs-)Klage angegriffen werden. Geht das Gericht vom Vorliegen der Voraussetzungen subsidiären (europarechtlichen oder nationalen) Schutzes aus (bzw. hat es – was ausreicht – erhebliche Zweifel am Nichtvorliegen der dafür erforderlichen Voraussetzungen), gilt trotz offensichtlicher Unbegründetheit des Asylantrags i. S. d. § 30 Abs. 1 AsylG (also bei offensichtlichem Fehlen der Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft) n i c h t gemäß § 36 Abs. 1 AsylG gegenüber dem Ausländer eine Ausreisefrist von (nur) einer Woche. Denn die Ausreisefrist kann nur innerhalb einer Abschiebungsandrohung bestimmt werden, die indes gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a bzw. Nr. 3 AsylG überhaupt nicht ergehen darf, wenn dem Ausländer subsidiärer (europarechtlicher bzw. nationaler) Schutz zu gewähren ist. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG wird eine Abschiebungsandrohung nämlich nur erlassen, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen kumulativ („und“ am Ende der Nr. 3) vorliegen, wozu nach Nr. 2a bzw. Nr. 3 aber gehört, dass dem Ausländer k e i n subsidiärer (europarechtlicher bzw. nationaler) Schutz gewährt wird.
18Erst recht gilt dieses Ergebnis, sollte das Bundesamt ausdrücklich feststellen, dass ein Antragsteller subsidiären Schutz erhält, aber wegen einer als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnten Asylanerkennung und einer als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnten Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes zu Unrecht eine Abschiebungsandrohung mit einer Ausreisefrist von einer Woche erlassen. Gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung (nur) angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Da trotz offensichtlicher Unbegründetheit des Asylantrags i. S. d. § 30 Abs. 1 AsylG (also bei offensichtlichem Fehlen der Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft) gegen den Ausländer nach den obigen Ausführungen gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a bzw. Nr. 3 AsylG überhaupt keine Abschiebungsandrohung ergehen darf, wenn dem Ausländer subsidiärer (europarechtlicher bzw. nationaler) Schutz zu gewähren ist, hat das Gericht auch in einem solchen Fall gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abschiebungsandrohung die Aussetzung der Abschiebung anzuordnen.
19Ob dieses Ergebnis sich auch aus den Gründen des
20VG Düsseldorf, Beschluss vom 13.1.2016 - 6 L 4047/15. A -, juris,
21ergibt, kann hier deshalb unerörtert bleiben. Der Einzelrichter hat jedoch an den dortigen Ausführungen deshalb Zweifel, weil nach seinem Verständnis mit einem „beschleunigten Verfahren“ i. S. d. § 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie ein eigenständig ausgestaltetes Verfahren gemeint ist. Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie eröffnet nach dem Verständnis des Einzelrichters kein „beschleunigtes Verfahren“, sondern stellt für die eröffnete Möglichkeit, einen Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen, allein auf die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie f ü r ein beschleunigtes Verfahren ab, nicht aber a u f ein beschleunigtes Verfahren selbst. Der deutsche Gesetzgeber hat indes erst nach Ergehen der zitierten Entscheidung mit dem am 17.3.2016 in Kraft getretenen Art. 1 Nr. 6 (§ 30a AsylG) des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.3.2016 ein „beschleunigtes Verfahren“ eingeführt, ohne allerdings § 36 AsylG auch darauf zu erstrecken.
22Der angegriffene Bescheid unterliegt schließlich auch materiellrechtlich keinen ernstlichen Zweifeln i. S. d. § 36 Abs. 4 AsylG. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids mit der Maßgabe Bezug genommen, dass eine beachtliche Gefahr erneuter Bedrohungen oder Schädigungen der Art, wie sie der Antragsteller vorgetragen hat und die hier insoweit als wahr unterstellt werden, wegen des Zusammenhangs mit seinem Haus in anderen Teilen Serbiens, in die er sicher und legal reisen kann, nicht besteht.
23Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).