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Es wird festgestellt, dass die im Rahmen der Identitätsfeststellung vom 12.11.2013 durch die Beamten der Beklagten durchgeführten polizeilichen Maßnahmen rechtswidrig waren, soweit auf der Wache der Personalausweis des Klägers kontrolliert wurde.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
2Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Identitätsfeststellung.
3Der dunkelhäutige Kläger ist 40 Jahre alt, deutscher Staatsangehöriger und von Beruf Heilpraktiker in X. .
4Am Abend des 12.11.2013 begab sich der Kläger zum Hauptbahnhof in Bochum, um dort die Ankunft seiner damaligen Lebensgefährtin, der Zeugin Rechtsanwältin B. L. aus Witten, abzuwarten.
5Die Beamten der Beklagten, die Zeugen POK N. (Streifenführer) und PHM X. , waren an diesem Abend im Rahmen des Nachtdienstes im Hauptbahnhof eingesetzt. Sie hatten sich im Verlaufe ihrer Streife im hinteren Bereich der Bahnhofshalle in unmittelbarer Nähe zum Gleis 1 postiert, von wo aus sie den Haupteingang und die Halle sowie die Aufgänge zu den Gleisen im Blick hatten.
6Der Kläger betrat gegen kurz nach 22:00 Uhr den Bahnhof und begab sich zu den Aufgängen zu den Bahnsteigen.
7Das konkrete Verhalten des Klägers nach dem Betreten des Bahnhofs ist zwischen den Beteiligten streitig.
8Die Beamten sahen den Kläger und begaben sich zu ihm. Der Zeuge POK N. sprach den Kläger an und bat um Vorlage eines Ausweispapiers. Daraufhin fragte der Kläger nach dem Grund für die Kontrolle. In dem sich daran anschließenden Gespräch diskutierten die Beteiligten über den Grund bzw. die Rechtmäßigkeit der Maßnahme. Währenddessen kam die Zeugin L. dazu, beteiligte sich an der Diskussion und gab sich als Rechtsanwältin und Lebensgefährtin des Klägers zu erkennen.
9Der Zeuge POK N. hielt an der Aufforderung einen Blick auf ein Ausweispapier des Klägers werfen zu wollen, fest. Im Gegenzug bestanden der Kläger und die Zeugin L. auf Vorlage des Dienstausweises.
10Da der Zeuge POK N. seinen Dienstausweis nicht bei sich führte, begab man sich sodann gemeinsam zu der Wache der Bundespolizei. Diese befindet sich außerhalb der Bahnhofshalle in dem westlich des Haupteinganges gelegenen Teil des Bahnhofsgebäudes. Auf der Wache legte der Zeuge POK N. dem Kläger seinen Dienstausweis zur Einsichtnahme vor und der Kläger zeigte dem Beamten seinen Personalausweis. Eine Aushändigung des Ausweises durch den Kläger und eine Aufnahme seiner Personalien erfolgte nicht. Die Zeugin L. kündigte eine Dienstaufsichtsbeschwerde an.
11Der Kläger erhob mit Schreiben vom 18.12.2013 – bei der Beklagten eingegangen am 23.12.2013 – eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Zeugen POK N. und PHM X. mit dem Vorwurf der Diskriminierung und führte darin u.a. aus, die Beamten seien auf ihn zugekommen und hätten ihn aufgefordert, sich auszuweisen. Er habe nach dem Grund für die Kontrolle gefragt und zugleich die Vermutung geäußert, dass er aufgrund seiner Hautfarbe kontrolliert worden sei. Er habe die Antwort erhalten, dass man nach Nordafrikanern, Syrern sowie Drogenabhängigen suche, die sich illegal aufhielten, und er habe daraufhin entgegnet, dass er Deutsch mit örtlichem Akzent spreche, so dass er kein Ausländer sein könne. Seine dann hinzukommende Lebensgefährtin sei nicht kontrolliert worden.
12Der Kläger hat am 18.12.2013 Klage erhoben.
13Er begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der am 12.11.2013 durchgeführten Identitätsfeststellung. Der Kläger führt dazu aus, die Beamten der Beklagten seien in dem belebten Bahnhof zielgerichtet – offensichtlich allein wegen seiner Hautfarbe – auf ihn zugegangen und hätten ihn vor den Augen etlicher Reisender und Wartender mit den Worten „Personenkontrolle, Ihren Ausweis bitte.“ angesprochen, während er vor dem Aufzug zum Gleis 5 gestanden habe. Er habe auf die Aussage der Beamten, es handele sich um eine Routinekontrolle, da man nach Nordafrikanern und Syrern suche, entgegnet, nie in diesen Ländern gewesen zu sein. Wahrgenommen habe er die Beamten erstmals, als sie auf ihn zugekommen seien. Anders als von Beklagtenseite vorgetragen, habe er kein Verhalten an den Tag gelegt, welches die Annahme einer Gefahrenlage hätte begründen können; weder habe er seine Kapuze ins Gesicht gezogen noch sich den Blicken der Beamten durch Verstecken hinter dem Aufzugsschacht entzogen bzw. diese von dort beobachtet.
14Die polizeiliche Maßnahme stelle einen Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Der nachhaltige Grundrechtseingriff sowie ein Rehabilitationsinteresse begründeten sein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit. Die im Bahnhof vorgenommene und von anderen beobachtete Maßnahme habe ihn mit dem Makel des scheinbar gefährlichen Störers versehen. Auch sei nicht ausgeschlossen, dass anlässlich weiterer Aufenthalte im Hauptbahnhof in Bochum abermals seine Identität festgestellt würde.
15Als Rechtsgrundlage für die Kontrolle komme lediglich § 22 Abs. 1a BPolG in Betracht, denn die Beamten hätten vorrangig feststellen wollen, ob er unerlaubt eingereist sei. Die Maßnahme sei im Übrigen nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 4 BPolG ebenfalls nicht gerechtfertigt. Eine konkrete Gefahr hätten auch die Beamten nicht festgestellt. Ferner sei zu berücksichtigen, dass eine auch nur zum Teil aufgrund der Hautfarbe durchgeführte polizeiliche Maßnahme gegen Art. 3 Abs. 3 GG verstoße. Jedenfalls aber stelle sich die Maßnahme als ermessensfehlerhaft dar. Im Übrigen mache einzig ein angeblich unübliches Verhalten ihn noch nicht zum Störer.
16Die Zeugen POK N. und PHM X. gaben nachfolgend Stellungnahmen zur Maßnahme vom 12.11.2013 ab.
17Der Zeuge POK N. führte in seiner Stellungnahme vom 20.12.2013 u.a. aus: Der Kläger habe sich nach Betreten der Bahnhofshalle auffällig verhalten. Nachdem er sie bemerkt habe, habe er seinen Gang gestoppt und in dem überdachten Bahnhof die Kapuze seines Windbreakers über seinen Kopf gezogen. Als er an ihnen vorbei gegangen sei, habe er die Kapuze auf der ihnen zugewandten Seite ins Gesicht gezogen und auf den Boden geschaut. Er habe dann bei einem der Fahrstuhlschächte gestoppt und den Schacht als Sichtschutz genutzt, während er hinter dem Schacht hervorgeschaut und sie beobachtet habe. Das äußere Erscheinungsbild des Klägers habe auf einen afrikanischen Migrationshintergrund schließen lassen. Er habe eine braune weit geschnittene, knöchellange Hose, zerschlissene Sportschuhe und einen grünen Windbreaker und einen längeren Kinnbart getragen, wie dies auch bei Personen aus der islamistischen/salafistischen Szene der Fall sei. Der Zeuge verwies darauf, dass das Lagebild der Bundespolizei Bochum unter anderem durch die zunehmenden Migrationsbewegungen aus dem afrikanischen Raum und zudem durch die salafistische Szene geprägt sei, die den Bahnhof für Reisebewegungen nutze. So sei im Dezember 2012 in Bochum ein hochrangiger Al-Quaida-Unterstützer festgenommen worden. Das Verhalten des Klägers habe – vor diesem Hintergrund - einen ausreichenden Gefahrenverdacht für eine Identitätsfeststellung nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG begründet. Der Kläger habe sich im Gefahrenbereich eines Schutz- und Sicherungsobjektes aufgehalten und personenbezogene Gründe für die Maßnahme hätten vorgelegen. Der Zeuge nahm insoweit Bezug auf den Befehl Nr. 1 der BPolD Sankt Augustin für Maßnahmen der Bundespolizei im Zusammenhang mit der Gefährdungslage islamistischer Terrorismus vom 17.11.2010 und führte weiter aus, er habe zunächst feststellen wollen, ob ein gültiger Aufenthaltstitel gegeben sei. Ein Abgleich des Lichtbildes mit dem aktuellen Erscheinungsbild hätte evtl. Rückschlüsse auf eine Radikalisierung zulassen können. Er habe dem Kläger gegenüber angegeben, dass er sich zuvor unüblich verhalten und der Verdacht bestanden habe, dass er unerlaubt eingereist sei. Die Zeugin L. habe sich als Lebensgefährtin und zugleich Rechtsanwältin vorgestellt, ihm eine rassistisch motivierte Kontrolle vorgeworfen, wiederholt den polizeirechtlichen Gefahrenbegriff erläutert, ihn unter Druck gesetzt und die Vorlage seines Dienstausweises verlangt.
18Der Zeuge PHM X. bestätigte in seiner Stellungnahme vom 21.12.2013 die Ausführungen des Zeugen POK N. . Ergänzend gab er an, der Zeuge N. habe auch darauf hingewiesen, dass in der Vorweihnachtszeit an Bahnhöfen zahlreiche Taschendiebstähle stattfänden, an denen nordafrikanische Tätergruppen beteiligt seien.
19Der Kläger beantragt,
20festzustellen, dass die von Beamten der Beklagten durchgeführte Identitätsfeststellung am 12.11.2013 rechtswidrig gewesen ist.
21Die Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie macht zur Begründung zunächst Ausführungen zur allgemeinen Lage am Hauptbahnhof Bochum, insbesondere zu Taschen- und Handgepäckdiebstählen, illegaler Migration, Extremismus sowie zu der Betäubungsmittel- und Trinkerszene. Es sei eine Zunahme von Eigentumsdelikten in Form von Taschen- und Handgepäckdiebstählen in Zügen und auf Bahnhöfen festzustellen. Diese würden in bis zu Zweidrittel der Fälle von männlichen Tätern (von 20 Jahren bis Mitte 30) begangen, die aus Nordafrika stammten. Personen mit dieser Herkunft agierten im Bereich des Bahnhofs ferner als Dealer. Auch hätten die Sicherheitsbehörden in der zweiten Jahreshälfte 2013 eine Zunahme der Reisetätigkeit von Personen festgestellt, die als islamistische Gefährder eingestuft seien. In Bochum gebe es eine vom Verfassungsschutz als extremistisch bewertete aktive salafistische Szene.
24Die Beklagte hat dazu den Befehl Nr. 1 der Bundespolizeidirektion St. Augustin für Maßnahmen der Bundespolizei im Zusammenhang mit der aktuellen Gefährdungslage islamistischer Terrorismus (IGL) vom 17.11.2010 und den Folge-Befehl Nr. 5 vom 20.06.2013 vorgelegt sowie statistische Unterlagen u.a. zu den am Hauptbahnhof Bochum aufgetretenen Delikten in der Zeit von Juli bis Oktober 2013. Ergänzend führt die Beklagte dazu aus, der Hauptbahnhof Bochum werde im Befehl Nr. 5 – anders als noch im Befehl Nr. 1 – nicht mehr explizit als gefährdetes Objekt aufgeführt, er liege aber auf der Strecke zwischen den beiden so eingestuften Hauptbahnhöfen Essen und Dortmund. Ein Lagebild ergebe sich zudem auch durch die tägliche Beurteilung vor Ort. Seinerzeit sei nicht nur der Vorfall vom Dezember 2012 noch präsent gewesen, eine erhöhte Gefährdungslage ergebe sich immer auch kurz vor und nach einer Bundestagswahl, die hier erst am 22.09.2013 stattgefunden habe.
25Das Verhalten des Klägers habe im Zusammenhang mit den damaligen Lageerkenntnissen die Voraussetzungen für die Maßnahme begründet. Der Kläger habe sich nach Angaben der eingesetzten Beamten nach Betreten des Hauptbahnhofs auffällig verhalten. Konkret habe er sich so verhalten, als ob er etwas zu verbergen gehabt habe und nicht habe erkannt werden wollen. So habe er seine Geschwindigkeit deutlich verlangsamt bzw. sei stehen geblieben, nachdem er die Beamten gesehen habe. Nach Bemerken der Beobachtung habe er in der Bahnhofshalle die Kapuze seines Windbreakers aufgesetzt. Während er in Richtung der Bahnsteige an den Beamten vorbei gegangen sei, habe er diese tief ins Gesicht gezogen und sein Gesicht abgewandt bzw. den Kopf etwas nach unten geneigt. In Höhe der Aufgänge zu den Bahnsteigen sei der Kläger stehen geblieben. Es habe für die Beamten so ausgesehen, als ob der Kläger den Aufzugschacht als Sichtschutz nutzte, um sich zu verstecken. Da der Aufzugschacht von Glas umgeben sei, hätten die Beamten sehen können, dass der Kläger sie von dort beobachtet habe. So habe er ab und zu links und rechts am Aufzugschacht vorbei zu den Beamten geschaut. Aufgrund dieses Verhaltens des Klägers, seines äußeren Erscheinungsbildes - der dunkelhäutige Kläger habe eine weit geschnittene Hose und einen Kinnbart getragen –, seines Alters sowie der polizeilichen Erkenntnisse habe der Verdacht bezüglich der Begehung oder Verdeckung einer Straftat nahe gelegen. Nach kriminalistischer Erfahrung seien es regelmäßig Taschendiebe, Drogendealer und Drogenabhängige, die ein Erkanntwerden verhindern wollten. Auch Vorbereitungshandlungen in Bezug auf einen extremistischen Anschlag seien nicht ausgeschlossen gewesen. Ferner komme es am Hauptbahnhof zu Straftaten durch Verstöße gegen Vorschriften des Passgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylgesetzes, für deren Verfolgung die Bundespolizei insbesondere nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 BPolG ebenfalls zuständig sei.
26Vor diesem Hintergrund hätten sich die Beamten zu der Maßnahme gegenüber dem Kläger veranlasst gesehen. Das Anhalten und Herausgabeverlangen von Personaldokumenten stelle eine Identitätsfeststellung dar, die von § 23 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 S. 2 BPolG bzw. von § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG gedeckt sei. Die Identitätsfeststellung habe hier der Aufklärung eines begründeten Gefahrenverdachts dienen sollen. Nach der Aufforderung an den Kläger, sich auszuweisen, habe man sich dann einvernehmlich auf die Wache begeben, wo nach Vorlage des Dienstausweises durch POK N. der Kläger kurz seinen Personalausweis vorgezeigt habe. Auf die Aushändigung des Ausweises durch den Kläger sei aus Gründen der Deeskalation verzichtet worden. Auch habe der Umstand, dass der Kläger sich offenkundig nur am Bahnhof aufgehalten habe, um auf seine Lebensgefährtin zu warten, zu der Feststellung geführt, dass keine Verdachtsmomente mehr vorlagen. Aus diesen Gründen sei eine weitere Fortsetzung der Identitätsfeststellung nicht erforderlich gewesen.
27Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Rechtsanwältin L. sowie der Zeugen POK N. und PHM X. . Bezüglich ihrer Angaben wird auf das Sitzungsprotokoll vom 23.04.2015 verwiesen.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
29E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
30Die Kammer konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheiden, § 101 Abs. 2 VwGO.
31Die Klage ist zulässig, hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg.
32Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO bzw. Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zulässig.
33Der Kläger hat – unter Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Umstände - ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Die durchgeführte Maßnahme in Gestalt einer Identitätsfeststellung stellt eine sich kurzfristig erledigende polizeiliche Maßnahme dar, die in das Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG eingegriffen hat.
34In Fällen der vorliegenden Art, in denen Feststellungsbegehren polizeiliche Maßnahmen in grundrechtlich geschützten Bereichen zum Gegenstand haben, das Feststellungsinteresse und damit die verwaltungsgerichtliche Überprüfbarkeit des polizeilichen Handelns zu verneinen, würde einen rechtsfreien Raum eröffnen, der mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit aus Art. 20 Abs. 3 GG und dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht zu vereinbaren wäre.
35Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 14.09.2009 – 5 E 548/09 –
36(Platzverweis); Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 21. Auflage 2015,
37§ 113 Rn 145 m.w.N.
38Es kann daher hier dahinstehen, ob sich ein rechtliches Interesse des Klägers außerdem aus einer Wiederholungsgefahr und aus dem geltend gemachten Rehabilitationsinteresse ergibt.
39Die Klage ist nur teilweise begründet.
40Die am 12.11.2013 durchgeführte polizeiliche Maßnahme stellt sich nur insoweit als rechtswidrig dar, als durch die Beamten der Bundespolizei auf der Wache der Personalausweis des Klägers kontrolliert wurde.
41Die dem vorausgegangene polizeiliche Aufforderung an den Kläger, ein Ausweispapier auszuhändigen, war hingegen rechtmäßig.
42Die Aufforderung zur Ausweisvorlage zum Zwecke der Identitätsfeststellung war auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG gerechtfertigt.
43Nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG kann die Bundespolizei die Identität einer Person feststellen, wenn die Person sich u.a. in einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3 BPolG) aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesem Objekt befindliche Personen oder das Objekt selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist.
44Unter Identitätsfeststellung wird die Erhebung und Überprüfung derjenigen Personalien einer Person verstanden, aus denen sich die Identität des Betroffenen ergibt, d.h. Zielrichtung der Maßnahme muss – anders als bei der Befragung nach § 22 BPolG – die Identifizierung sein. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen.
45Drewes/Malmberg/Walter, Bundespolizeigesetzt, 5. Auflage 2015, § 23 Rn. 9, 12; Tegtmeyer/Vahle, PolG NRW, 10. Auflage, § 12 Rn. 1.
46§ 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG gestattet Identitätsfeststellungen im Zusammenhang mit polizeilichen Schutz- und Sicherungsaufgaben an besonders gefährdeten Objekten, die durch die Norm abschließend aufgezählt sind, so u.a. in Anlagen oder Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes (§ 3 BPolG).
47Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BPolG hat die Bundespolizei die Aufgabe, auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, die den Benutzern, den Anlagen oder dem Betrieb der Bahn drohen. Bahnanlagen sind nach § 4 Abs. 1 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) u.a. Grundstücke und Bauwerke einer Eisenbahn und damit u.a. Bahnhofsgebäude.
48Der Kläger hat sich unstreitig im Hauptbahnhof Bochum aufgehalten
49Aufgrund ihrer Zweckbestimmung sind Bahnhöfe nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG als latent gefährdete Objekte eingestuft. Die Anwendung der Norm erfordert daher keine konkrete Gefahr, sofern die Tatbestandsmerkmale vorliegen und die Maßnahme erforderlich ist.
50§ 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG setzt das Vorliegen von Tatsachen voraus, die die Annahme rechtfertigen, dass in oder an dem Objekt Straftaten begangen werden, durch die Personen in den Objekten oder die Objekte selbst unmittelbar gefährdet werden.
51Tatsachen in diesem Sinne können eigene Beobachtungen und Erkenntnisse sowie Informationen anderer Behörden, eingehende Hinweise oder Anzeigen sein, die eine bestimmte Verdachtslage begründen. Nicht ausreichend sind reine Vermutungen. Als Straftaten kommen nur solche in Betracht, die einen inhaltlichen Zusammenhang zum Schutz- und Sicherungsauftrag der Bundespolizei entfalten, wie beispielsweise Eigentumsdelikte, Anschläge oder sonstige Körperverletzungsdelikte.
52Vgl. Drewes/Malmberg/Walter, BPolG § 23 Rn. 22, 25 f., so auch Heesen, Hönle, Peilert, Martens, BPolG, 5. Auflage 2012, § 23 Rn. 39, § 3 Rn. 45.
53Die Beklagte hat hinreichend nachvollziehbare Fakten dargelegt, aus denen sich ergibt, dass im Bereich des Hauptbahnhofs in Bochum derartige Straftaten begangen wurden bzw. deren Begehen künftig zu erwarten ist. Sie hat insoweit auf eigene Lageerkenntnisse betreffend Drogenkriminalität, Taschen- und Handgepäckdiebstähle verwiesen und zur Untermauerung die Polizeiliche Kriminalstatistik Tatort Bochum für den Zeitraum 01.07. bis 31.10.2013 und hinsichtlich der dargelegten Zunahme von Eigentumsdelikten die @rtus-Bund Recherche Tatort Bochum vorgelegt. Sie hat dazu ferner ausgeführt, dass gerade Taschendiebstahlshandlungen und auch Diebstähle in Zügen mehrheitlich von männlichen Tätern im Alter von ca. 20 Jahre bis Mitte 30 begangen werden, die aus Nordafrika, aber auch aus Schwarzafrika stammten. Dieser Personenkreis bildet nach den Erkenntnissen der Beklagten auch die Haupttätergruppe im Bereich Drogenkriminalität, soweit es um den Verkauf von Drogen geht. Mobil agierende Dealer pendelten u.a. zwischen Essen und Hagen.
54Darüber hinaus hat die Beklagte die Annahme einer Gefährdungslage auch auf Erkenntnisse zum Extremismus/Islamismus gestützt. Zwar hat die Beklagte im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Maßnahme die Gefährdungslage im Zusammenhang mit dem islamistischen Terrorismus in Bezug auf den Hauptbahnhof in Bochum geringer eingeschätzt als noch Ende 2010 und auch geringer als beispielsweise für die Hauptbahnhöfe Essen und Dortmund (vgl. dazu den Befehl Nr. 1 der Bundespolizeidirektion St. Augustin für Maßnahmen der Bundespolizei im Zusammenhang mit der aktuellen Gefährdungslage islamistischer Terrorismus (IGL) vom 17.11.2010 und den Folge-Befehl Nr. 5 vom 20.06.2013). Dennoch hat sie auch insoweit auf eine Gefährdungslage – vor dem Hintergrund einer in Bochum existenten islamistischen/salafistischen Szene – abgestellt, die für den Hauptbahnhof Bochum von Relevanz ist.
55Nicht erfasst sein dürften insoweit allerdings die in § 12 Abs. 1 Nr. 2 BPolG genannten Straftaten, da es sich bei Verstößen u.a. gegen das AufenthG nicht um gefährdende Straftaten handelt.
56Die - auf tatbestandsebene verlangte – Erforderlichkeit der Maßnahme gegenüber dem Kläger hat die Beklagte hier nicht auf die benannte Gefährdungslage gestützt, sondern auf personenbezogene Anhaltspunkte. Derartige Anhaltspunkte können sich insbesondere aus den Umständen oder dem Ort des Antreffens sowie aus dem Verhalten des Betroffenen ergeben.
57Die Beamten der Beklagten haben hier zu Recht ein Verhalten des Klägers angenommen, dass vor dem Hintergrund der benannten Tatsachenlage die Erforderlichkeit der Identitätsfeststellung des Klägers zunächst begründete.
58Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sowie der Gesamtwürdigung der Geschehnisse und des Vorbringens der Beteiligten ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass die Beamten der Beklagten zutreffend von einem ungewöhnlichen bzw. auffälligen Verhalten des Klägers ausgingen.
59Die Kammer folgt insoweit den glaubhaften Angaben der Zeugen POK N. und PHM X. . Diese haben schlüssig und nachvollziehbar das Verhalten des Klägers nach Betreten des Bahnhofs am 12.11.2013 beschrieben.
60So hat der Zeuge POK N. bereits in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 20.12.2013 - und damit zeitnah zur Maßnahme - detailliert geschildert, dass der Kläger - nachdem er die Bahnhofshalle betreten und sie bemerkt habe - seinen Gang gestoppt und in dem überdachten Bahnhof die Kapuze seines Windbreakers über seinen Kopf gezogen habe. Als er dann an ihnen vorbei gegangen sei, habe er die Kapuze auf der ihnen zugewandte Seite ins Gesicht gezogen und auf den Boden geschaut. Er habe bei einem der Fahrstuhlschächte gestoppt und den Schacht als Sichtschutz genutzt, während er hinter dem Schacht hervorgeschaut und sie beobachtet habe.
61Der Zeuge hat diese Wahrnehmungen bezüglich des Klägers in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekräftigt. Er hat nochmals dargelegt, den Kläger wahrgenommen zu haben, als dieser den Bahnhof betreten habe. Die Kapuze habe der Kläger über den Kopf gezogen als er an ihnen vorbei gegangen sei, anschließend habe dieser sich - aus seiner Sicht hinter dem Aufzugsschacht - gewissermaßen verborgen. Er – der Zeuge - habe aufgrund dessen mehrere Verdachtsaspekte im Kopf gehabt. Er sei aber durch das Auftreten der Zeugin L. nicht mehr dazu gekommen, die Verdachtsmomente gegenüber dem Kläger zu erwähnen.
62Die Ausführungen des Zeugen POK N. sind durch die glaubhaften Angaben des Zeugen PHM X. bestätigt worden. Dabei wirkten die Aussagen der Zeugen nicht abgesprochen. Denn das gleichermaßen wahrgenommene auffällige Verhalten des Klägers führte bei den Zeugen zu doch nicht völlig deckungsgleichen Bewertungen. So führte der Zeuge PHM X. aus, er habe sich gedacht, was das denn für ein Verhalten sei. Er habe das Verhalten als sehr merkwürdig, gewissermaßen fast schon als eine Provokation empfunden. Er hätte den Kläger auch nicht gleich kontrolliert, sondern erst noch abgewartet. In der Regel werde aber eine Person, die sich so verhalte wie der Kläger, kontrolliert. Die Angaben des Zeugen PHM X. wirkten dabei besonders lebensnah und authentisch.
63Die Angaben des Klägers und der Zeugin L. waren nicht geeignet, die Angaben der Zeugen POK N. und PHM X. zu entkräften.
64Der Kläger selbst hat erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung konkrete Angaben zu seinem Verhalten an diesem Abend gemacht. So legte er dar, er habe den Bahnhof über den Hintereingang am Buddenbergplatz betreten, wo er auch sein Auto geparkt habe. Bereits vor Betreten des Bahnhofsgebäudes habe er die Kapuze aufgesetzt, da ihm kalt gewesen sei und er nach dem Sporttraining noch nasse Haare gehabt habe. Er habe sie auch beim Betreten des Bahnhofs aufgehabt. Die Kammer folgt diesen Angaben des Klägers nicht. Es ist bereits nicht nachvollziehbar, warum sich der Kläger erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung konkret dazu eingelassen hat, obwohl die Beklagte bereits in der Klageerwiderung einen den Aussagen der Polizeibeamten entsprechenden Sachverhalt vorgetragen hatte. Darüber hinaus steht seine Darstellung nicht nur im Widerspruch zu den Angaben der Zeugen POK N. und PHM X. , die glaubhaft und nachvollziehbar erklärt haben, der Kläger habe den Bahnhof durch den Haupteingang betreten, sondern sie widerspricht insoweit auch den glaubhaften Angaben der Zeugin L. . Diese gab - anders als der Kläger - an, dessen Auto habe an diesem Abend auf der Seite des Bahnhofs gestanden, auf der sich auch die Wache befinde, und damit auf der Seite des Haupteinganges. Belastungstendenzen der Zeugin L. zum Nachteil des Klägers waren insoweit nicht erkennbar.
65In Bezug auf das Verhalten des Klägers im Bahnhof geht die Kammer davon aus, dass dieser in Ansehung der auf ihn gerichteten Blicke der Polizeibeamten – sei es auch unwillkürlich, quasi wie im Affekt - die von den Zeugen POK N. und PHM X. geschilderten Handlungen vorgenommen und auch im Weiteren vom Aufzug aus wiederholt nach den Beamten geschaut hat. Dafür, dass beim Kläger allein schon durch eine Beobachtung seitens der Beamten eine Verunsicherung entstanden sein kann, die dieses Verhalten bewirkt haben könnte, sprechen die von ihm geschilderten Erfahrungen im Zusammenhang mit polizeilichen Kontrollen.
66Es ist danach nichts dafür ersichtlich, dass die Beamten der Beklagten von einer unzutreffenden Tatsachenlage ausgegangen sind.
67Die hier getroffene Anordnung der Ausweisvorlage ist dementsprechend nicht zu beanstanden.
68Ermessenfehler sind nicht ersichtlich. Der Umstand, dass die Beamten der Beklagten nicht nur die Lageerkenntnisse und das Verhalten des Klägers, sondern auch sein äußeres Erscheinungsbild – das in der von der Beklagten dargelegten Form als zwischen den Beteiligten unstreitig angesehen werden kann - in die Beurteilung und Entscheidung mit einbezogen haben, stellt keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG. Liegen Erkenntnisse vor, dass Delikte von Personen aus bestimmten Herkunftsländern bzw. von Personen mit einem bestimmten äußeren Erscheinungsbild begangen werden, ist es nicht zu beanstanden, wenn derartige äußere Merkmale, die diesem Täterkreis zuzuordnen sind, sei es beispielsweise die Hautfarbe, das Alter, das Geschlecht und auch die Kleidung bei der Entscheidung mit berücksichtigt werden. Hingegen darf die Hautfarbe des Betroffenen nicht das ausschlaggebende Kriterium für eine Ausweiskontrolle sein,
69vgl. dazu die Presseerklärung des OVG Rheinland-Pfalz zum Verfahren7 A 10532/12. OVG, juris.
70Nach obigen Ausführungen kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass die Hautfarbe des Klägers das alleinige bzw. ausschlaggebende Kriterium für die Anordnung der Ausweisvorlage war.
71Soweit die Beklagte die Maßnahme (auch) auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 BPolG gestützt hat, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden.
72Gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 BPolG kann die Bundespolizei zur Abwehr einer Gefahr die Identität einer Person feststellen.
73Zwar kann das Vorliegen einer konkreten Gefahr hier nicht festgestellt werden. Auch bestehen nach zum Teil vertretener Ansicht Zweifel, ob die Identitätsfeststellung überhaupt ein taugliches Mittel zur Abwehr konkreter Gefahren ist.
74Vgl. dazu Drewes/Malmberg/Walter, BPolG § 23 Rn. 14 unter Verweis auf Hoppe, § 23 Rn. 17.
75Identitätsfeststellungen auf dieser Grundlage sind aber jedenfalls als sogenannte Gefahrerforschungseingriffe zulässig. Besteht ein durch Tatsachen begründeter Gefahrenverdacht, das heißt, hält die Polizei aufgrund objektiver Umstände das Vorhandensein einer Gefahr für möglich, ist sich aber nicht sicher, so ist sie berechtigt, Maßnahmen zu treffen, die zur weiteren Erforschung und Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sind
76Insofern stellt der Gefahrerforschungseingriff eine vorläufige Maßnahme dar; der Adressat der Maßnahme wird vorsorglich für den Fall des Vorliegens einer Gefahr bis zu dem Zeitpunkt in Anspruch genommen, an dem das Vorliegen einer Gefahr negiert werden kann. Bestätigt sich der Verdacht nicht, ist die Maßnahme sofort abzubrechen.
77Vgl. dazu Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Auflage 2011, D Rn. 48; Drewes/Malmberg/Walter, a.a.O., § 23, Rn 15, § 14 Rn. 57a m.w.N.
78Die Sachlage, wie sie sich für die Beamten nach obigen Ausführungen darstellte, begründete die Annahme eines Gefahrenverdachtes hinsichtlich der Begehung von Straftaten und rechtfertigte daher die Aufforderung zur Ausweisvorlage als Gefahrerforschungseingriff. Unbeachtlich war insoweit, dass die Beamten dabei zugleich auch Aspekte gedanklich nicht ausgeschlossen haben, die den Bereich der Strafverfolgung – hier von Straftaten nach dem AufenthG – betrafen.
79Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass ein Handeln auf der Grundlage von § 22 Abs. 1a BPolG – wie der Kläger es angenommen hat - erkennbar nicht bezweckt war und die entsprechenden Voraussetzungen auch nicht vorgelegen hätten.
80§ 22 BPolG regelt ein Befragungsrecht und beinhaltet die Identitätsfeststellung lediglich als Begleitmaßnahme, wenn sich aus der Befragung die Erforderlichkeit der Identitätsfeststellung ergibt.
81Vgl. dazu Urteil der Kammer vom 13.06.2013 – 20 K 4683/12 – juris Rn. 26
82Vorrangiges Ziel der Maßnahme war hier aber die Identifizierung des Klägers. Darüber hinaus war die Maßnahme nicht entsprechend § 22 Abs. 1a BPolG auf die Verhinderung oder Unterbindung einer unerlaubten Einreise gerichtet. Denn die Beamten sind erkennbar nicht davon ausgegangen, dass sich der Kläger auf einem Einreiseweg befand, haben sie doch übereinstimmend angenommen, dass der Kläger den Bahnhof durch den Haupteingang und damit von außen kommend betreten hat. Vielmehr diente die Maßnahme primär der Aufklärung eines im Zeitpunkt des Handelns nicht näher konkretisierten Gefahrenverdachtes hinsichtlich der Begehung von Straftaten.
83Die am 12.11.2013 durchgeführte polizeiliche Maßnahme stellt sich jedoch insoweit als rechtswidrig dar, als durch die Beamten der Bundespolizei auf der Wache der Personalausweis des Klägers kontrolliert wurde.
84Wie sich aus § 23 Abs. 3 Satz 2 BPolG ergibt, kann die Identitätsfeststellung eine mehraktige Maßnahme sein. Bei entsprechendem Anlass ist zu prüfen, ob noch weitere Schritte zur Identitätsfeststellung erforderlich sind.
85Hier konnten die Beamten der Beklagten nach dem Gespräch mit dem Kläger und der Zeugin L. im Bahnhofsgebäude nicht mehr von einem Gefahrenverdacht in Bezug auf die Person des Klägers ausgehen. Die Beklagte selbst hat dazu im Rahmen der Klageerwiderung ausgeführt, der Umstand, dass der Kläger sich offenkundig nur am Bahnhof aufgehalten habe, um auf seine Lebensgefährtin zu warten, habe zu der Feststellung geführt, dass keine Verdachtsmomente mehr vorlagen. Die Kammer teilt diese Auffassung.
86Auch die Beamten selbst haben nicht dargelegt, dass sie dem Kläger und seiner Lebensgefährtin die Angaben zu den Umständen ihres Aufenthaltes auf dem Bahnhof nicht geglaubt haben. Die Annahme eines Gefahrenverdachts hinsichtlich der Begehung von Straftaten – seien es Eigentums- oder BtM-Deklikte - konnte danach berechtigterweise in Bezug auf den Kläger nicht mehr aufrecht erhalten werden. Auch sprach erkennbar nichts mehr für eine Zugehörigkeit des Klägers zum salafistischen bzw. ex-tremistischen Personenkreis. Entsprechendes gilt für Straftaten wegen Verstoßes gegen das Passgesetz bzw. AufenthG.
87Die Beamten der Beklagten hätten daher nach dem Gespräch im Hauptbahnhof von weiteren Schritten zur Identitätsfeststellung auf der Wache Abstand nehmen müssen. Zwar beruhte das Mitgehen zur Wache nicht auf einer polizeilichen Aufforderung, der Kläger und die Zeugin L. sind vielmehr freiwillig – um den Dienstausweis des Zeugen POK N. zur Vorbereitung einer Dienstaufsichtsbeschwerde einzusehen – mit zur Wache gegangen. An dem Verlangen, den Ausweis des Klägers zu sehen, hielt der Zeuge POK N. jedoch bis zuletzt fest.
88Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
89Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.