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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Der Kläger begehrt von dem Beklagten Auskunft darüber, wofür er die ihm von der Rechtsanwaltskammer Köln im Haushaltsjahr 2011 zugewiesenen Gelder verwendet hat. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2012 und 4. Februar 2013 richtete er unter Berufung auf das IFG NRW eine entsprechende Anfrage an den Beklagten, der die Schreiben des Klägers unbeantwortet ließ. Der Beklagte wurde am 10. Juni 1999 gegründet; Gründungsmitglieder waren die Rechtsanwaltskammer Köln, der Kölner Anwaltverein e.V., der Förderverein des Joseph-DuMont-Berufskollegs und verschiedene natürliche Personen. Satzungsmäßiger Zweck ist die Förderung der beruflichen Aus- und Fortbildung im Bereich der Anwaltschaft. Nach § 2 der Satzung sollen dafür Lehrveranstaltungen in dem Schulgebäude des Joseph-DuMont-Berufskollegs durchgeführt werden.
3Der Kläger hat am 27. Februar 2013 Klage erhoben. Zur Begründung seiner Klage macht er im Wesentlichen geltend, dass der Beklagte nach §§ 4, 5 IFG NRW zur Auskunft verpflichtet sei. Der Beklagte nehme öffentlich-rechtliche Aufgaben im Sinne von § 2 Abs. 4 IFG NRW wahr, da er Gelder für die Berufsausbildung am Joseph-DuMont-Berufskolleg verwalte und investiere. Die Ausbildungskanzleien hätten für die Finanzierung der GiGS-Klassen Geld an den Beklagten zu überweisen. Der Beklagte erhalte zudem Zuwendungen von der Rechtsanwaltskammer Köln, im Jahr 2011 in Höhe von 18.000,00 Euro. Der Beklagte nehme Gelder entgegen und verwalte diese auf seinem Konto, die den Unterrichtsbetrieb an einem staatlichen Berufskolleg beträfen. Er habe die Aufgabe, den Betrieb in dem Joseph-DuMont-Berufskolleg zu organisieren, z.B. Unterrichtsmaterial zur Verfügung zu stellen und Angestellte zu beschäftigen, damit das Kolleg geöffnet und geschlossen werde. Für die Anschaffung von Notebooks für den Unterricht am Joseph-DuMont-Berufskolleg habe er 20.132,42 Euro von der Rechtsanwaltskammer erhalten. Damit werde er im hoheitlichen Bereich bzw. behördlich im Aufgabenbereich einer Schule tätig und unterfalle daher § 1 Abs. 4 VwVfG. Der Beklagte habe nach Auskunft der Rechtsanwaltskammer zudem Aufsichtspersonal für das Joseph-DuMont-Berufskolleg eingesetzt, insbesondere auch für die Klausuraufsicht. Der Beklagte sei damit mehr als nur Verwaltungshelfer gewesen. Er sei das Verbindungsglied zwischen der Rechtsanwaltskammer und dem Joseph-DuMont-Berufskolleg gewesen und habe die GiGS-Klassen organisiert und damit im Sinne von § 2 Abs. 4 IFG NRW eigenständig öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrgenommen.
4Der Kläger beantragt,
5den Beklagten zu verpflichten, darüber Auskunft zu erteilen, wofür er die ihm von der Rechtsanwaltskammer Köln im Haushaltsjahr 2011 zugewiesenen Gelder in Höhe von 18.000,00 Euro verwendet hat.
6Der Beklagte beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8Der Beklagte macht im Wesentlichen geltend, dass er nicht dem IFG NRW unterliege, da er keine Hoheitsgewalt ausübe, sondern nur private Dienstleistungen erbringe. Er unterstütze die Rechtsanwaltskammer im Bereich der Ausbildung von Rechtsanwaltsfachangestellten, indem er für die Bereitstellung der Räumlichkeiten im Schulgebäude des Joseph-DuMont-Berufskollegs sorge und Personal für Serviceaufgaben zur Verfügung stelle (bspw. für die Installierung von Technik, die ausreichende Ausstattung mit Stühlen und Tischen oder das Angebot von Verpflegung). Seine Position sei auf die eines Verwaltungshelfers beschränkt. Er verfüge über keine Berechtigung zur Ausübung von Hoheitsgewalt. Er nehme auch keine Aufsichtstätigkeiten im Zusammenhang mit Ausbildung und Prüfung wahr, sondern sorge nur dafür, dass nach Dienstschluss des Hausmeisters des Joseph-DuMont-Berufskollegs für die dann noch andauernden bzw. erst beginnenden Ausbildungsveranstaltungen der Rechtsanwaltskammer die allgemeine Gebäudeaufsicht gewährleistet sei.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
10E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
11Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
12Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, da der Kläger die geltend gemachten Auskunftsansprüche ausschließlich auf Normen des öffentlichen Rechts stützt. Ob der Beklagte als juristische Person des Privatrechts tatsächlich ein Träger staatlicher Gewalt ist und zum Kreis der Anspruchsverpflichteten zählt, ist in diesem Fall eine Frage der Begründetheit der Klage,
13vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 8. Juni 2005 - 8 E 283/05 -, juris, Rn. 15.
14Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat vorliegend keinen Anspruch auf Informationszugang gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen – IFG NRW) vom 27. November 2001 (GV. NRW. S. 806), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 765).
15Als juristische Person des Privatrechts unterliegt der Beklagte dem Informationsfreiheitsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen gemäß § 2 Abs. 4 IFG NRW nur, sofern er öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnimmt. Die Auskunftsanträge des Klägers beziehen sich jedoch nicht auf eine mögliche Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben.
16Eine juristische Person des Privatrechts nimmt einer Ansicht zufolge nur dann eine öffentlich-rechtliche Aufgabe wahr, wenn sie als Beliehene selbständig hoheitlich tätig wird, also ihr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes die Befugnis verliehen worden ist, Verwaltungsaufgaben in eigenem Namen und mit den Mitteln des öffentlichen Rechts wahrzunehmen. Demnach erweitert § 2 Abs. 4 IFG NRW nicht etwa den Anwendungsbereich des Gesetzes auf private Stellen, sondern stellt lediglich klar, dass auch Beliehene als Anspruchsverpflichtete anzusehen sind,
17vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 3. Februar 2006 - 26 K 1585/04 -, juris, Rn. 13; Stollmann, Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.) 2002, 216; siehe auch VG Cottbus, Beschluss vom 19. September 2013 - 1 L 219/13 -, juris, Rn. 29.
18Daneben wird teilweise vertreten, dass § 2 Abs. 4 IFG NRW auch solche juristischen Personen des Privatrechts erfasst, die von einem Verwaltungsträger gegründet wurden, um die ihm obliegenden Aufgaben mit den Mitteln des Privatrechts wahrzunehmen. Solange die juristische Person des Privatrechts von der öffentlichen Stelle beherrscht werde und die Tätigkeit der Privatrechtsperson daher der mittelbaren Staatsverwaltung zuzurechnen sei, sei es nicht entscheidend, ob sie die Befugnis zum Gebrauch öffentlich-rechtlicher Handlungsformen besitze,
19vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, Rn. 305 ff.; Bischopink, NWVBl. 2003, 245, 247 f.
20Beides ist hier nicht der Fall. Dem Beklagten ist vorliegend weder durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes die Befugnis zur hoheitlichen Aufgabenwahrnehmung übertragen worden noch handelt es sich bei ihm um ein von einem Verwaltungsträger beherrschtes Unternehmen, das eigenständig Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Der Beklagte ist im Hinblick auf die Berufsausbildung am Joseph-DuMont-Berufskolleg vielmehr rein privatrechtlich bzw. als Verwaltungshelfer der Rechtsanwaltskammer tätig geworden.
21Ein Verwaltungshelfer, der nicht in eigener Verantwortung öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnimmt, sondern aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung für einen Hoheitsträger einzelne Aufgaben nach dessen Weisung erledigt, unterfällt nicht § 2 Abs. 4 IFG NRW. Der Auskunftssuchende muss sich in diesem Fall an den Verwaltungsträger wenden, der sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung seiner Aufgaben bedient,
22vgl. Franßen/Seidel, a.a.O., Rn. 322; Stollmann, NWVBl. 2002, 216; Bischopink, NWVBl. 2003, 245, 248.
23Der Begriff der „Wahrnehmung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe“ beinhaltet, dass die Verantwortung für die Aufgabenerfüllung auf das Privatrechtssubjekt übertragen wurde. Der Gesetzeswortlaut unterscheidet sich hier deutlich von den (früheren) Formulierungen in anderen Informationsfreiheitsgesetzen, die davon sprechen, dass sich eine Behörde einer juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient und damit potentiell auch Verwaltungshelfer in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbeziehen bzw. einbezogen haben,
24vgl. § 3 Abs. 4 des Informationsfreiheitsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein vom 9. Februar 2000 a.F. (Regelung mittlerweile geändert, vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 2 des Informationszugangsgesetzes vom 19. Januar 2012); § 2 Abs. 4 des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes (AIG) des Landes Brandenburg vom 10. März 1998 a.F. (Regelung mittlerweile geändert, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG n.F.); § 1 Abs. 1 Satz 3 des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) vom 5. September 2005 (anspruchsverpflichtet insoweit allerdings gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 IFG die Behörde).
25Die Aufgaben, die der Beklagte nach dem Vortrag des Klägers und der Auskunft der Rechtsanwaltskammer vom 8. April 2013 übernommen hatte, beinhalten keine der Rechtsanwaltskammer nach dem Berufsbildungsgesetzes (BBiG) vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749), zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Entscheidungsbefugnisse.
26Indem der Beklagte Unterrichtsräume und -materialien zur Verfügung gestellt hat, hat er organisatorische Hilfsarbeit für die Ausbildung der Rechtsanwaltsfachangestellten geleistet, aber nicht eigenständig über die Zulassung zur Abschlussprüfung oder ähnliche öffentlich-rechtliche Fragen entschieden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beklagte erhebliche Summen in die Anschaffung von Notebooks oder anderer Technik investiert hat. Eine eigene öffentlich-rechtliche Gestaltungsmacht ist mit einer derartigen Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien nicht verbunden.
27Gewisse Berührungspunkte zu der öffentlich-rechtlichen Aufgabe der Abnahme der Abschlussprüfung, die nach § 39 BBiG durch einen von der Rechtsanwaltskammer zu errichtenden Prüfungsausschuss zu erfolgen hat, ergeben sich lediglich bei der Klausuraufsicht. Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob der Beklagte – wie vom Kläger angeführt – auch Mitarbeiter zur Klausuraufsicht abgestellt hat. Denn der Kläger hat zum einen nicht vorgetragen und es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die für die Klausuraufsicht eingesetzten Personen nicht nur weisungsabhängige Verwaltungshilfe geleistet, sondern eigenständig über mögliche Sanktionen entschieden hätten. Zum anderen bliebe auch im letzteren Fall die Verantwortung für die Abnahme der Prüfung bei der dafür zuständigen Stelle, auch wenn sie es versäumt hätte, die von ihr eingesetzten Hilfspersonen ausreichend anzuweisen. Unabhängig davon begehrt der Kläger schließlich auch nicht Auskunft über den Vollzug der Klausuraufsicht, sondern darüber, wie der Beklagte die ihm von der Rechtsanwaltskammer zugewiesenen Gelder verwendet hat. Es besteht grundsätzlich ein Anspruch darauf, auch Auskunft über die Ausgaben öffentlicher Stellen zu erhalten; doch steht insoweit der Verwaltungsträger selbst in der Pflicht. Dies ist hier die Rechtsanwaltskammer, die Beklagte im Verfahren 13 K 3710/12. Die privaten Vertragspartner der öffentlichen Hand werden durch das IFG NRW nicht verpflichtet, ihre internen Kalkulationen offenzulegen.
28Der Beklagte hat auch nicht deshalb im Sinne des § 2 Abs. 4 IFG NRW öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrgenommen, weil er im Bereich einer staatlichen Schule tätig geworden ist. Die Bereitstellung von Aufsichtspersonal, technischen Hilfsmitteln und sonstigen Unterrichtsmaterialien beinhaltet keine Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Entscheidungsbefugnisse. Es ist insoweit auch unerheblich, ob der Beklagte auf Weisung des Berufskollegs, im Auftrag der Rechtsanwaltskammer oder aus eigener Initiative tätig geworden ist. Ein privatrechtlicher Verein, der sich selbst zum Ziel setzt, öffentliche Stellen bei ihren Aufgaben zu unterstützen und zu entlasten, handelt dabei privatrechtlich, auch wenn die gleiche Tätigkeit durch eine öffentliche Stelle als Verwaltungstätigkeit einzustufen wäre. Der weite Begriff der „Aufgaben der öffentlichen Verwaltung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 IFG NRW und § 1 Abs. 2 VwVfG NRW gilt nur für die Tätigkeit öffentlicher Stellen und ist nicht mit dem Begriff der „öffentlich-rechtlichen Aufgaben“ im Sinne von § 2 Abs. 4 IFG NRW gleichzusetzen,
29vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juni 2002 - 21 B 589/02 -, juris, Rn. 7 ff.
30Der Beklagte ist insoweit nicht anders zu beurteilen als ein Förderverein, der private Gelder einwirbt, um sie öffentlichen Einrichtungen für bestimmte Projekte zur Verfügung zu stellen. Die Ausstattung bestimmter Schulklassen mit moderner Technik oder sonstigen Sachmitteln mag Auswirkungen auf die Qualität des Unterrichts haben. Die Verantwortung für die Unterrichtsgestaltung und die schulischen Prüfungen wird davon aber nicht berührt. Dementsprechend stellt es auch keine öffentlich-rechtliche Tätigkeit dar, für die Ausstattung der „GiGS-Klassen“ am Joseph-DuMont-Berufskolleg zusätzlich Gelder von den betroffenen Ausbildungskanzleien einzusammeln, zumal sich der Auskunftsantrag des Klägers auf die Verwendung derjenigen Gelder beschränkt, die der Beklagte von der Rechtsanwaltskammer zugewiesen bekommen hat.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, §711 ZPO.
32Die Voraussetzungen der § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.