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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Mit email vom 14. Dezember 2011 bat der Kläger die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) um Übersendung der aktuellen Liste jugendgefährdender Medien (Teile C und D). Hilfsweise beantragte er diese Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG).
3Die BPjM lehnte es mit email vom 19. Dezember 2011 ab, dem Kläger diese Liste zukommen zu lassen, da es sich hierbei gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 3 und 4 des Jugendschutzgesetzes (JSchG) um eine nichtöffentliche Liste handele. Einzige Ausnahme stelle nach § 24 Abs. 5 JSchG die Weitergabe zum Zwecke der Aufnahme in Filterprogramme dar. Die Übermittlung des sogenannten BPjM-Moduls erfolge in Kooperation mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Dienstleister. Zu bestimmten Internetangeboten könne der Kläger jedoch jederzeit Einzelfragen an die BPjM richten. Wiederum per email legte der Kläger hiergegen am selben Tag Widerspruch ein.
4Diesen wies die BPjM mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2011 in der Sache zurück. Zur Begründung berief sie sich zum einen auf § 3 Nr. 4 IFG. Die Listenteile beträfen indizierte Internetangebote. Listenteil D beinhalte hierbei diejenigen Internetangebote, die nach Einschätzung der BPjM nicht nur jugendgefährdend seien, sondern auch einen strafbaren Inhalt hätten. Eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger liefe den Zielsetzungen des Jugendschutzes entgegen, weil Minderjährige durch sie erst von den jugendgefährdenden Angeboten Kenntnis erhalten könnten und so erst in die Lage versetzt würden, sich wie durch eine Anleitung zu den Angeboten im Internet Zugang zu verschaffen. Die Listenaufnahme eines Telemediums werde lediglich den Jugendministerien sowie der zentralen Aufsichtsstelle der Länder für den Jugendmedienschutz mitgeteilt, § 21 Abs. 8 Nr. 4 JSchG. Einzige Ausnahme stelle nach § 24 Abs. 5 JSchG die Weitergabe zum Zwecke der Aufnahme in Filterprogramme dar. Zum anderen sei der Zugang nach § 3 Nr. 2 IFG ausgeschlossen, da das Bekanntwerden die öffentliche Sicherheit, zu der auch der Jugendschutz zähle, gefährde. Bei Übersendung der nichtöffentlichen Listenteile an Bürgerinnen und Bürger könne nicht sichergestellt werden, dass diese Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werde.
5Der Kläger hat am 27. Dezember 2011 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, die Bezeichnungen „öffentlich“ bzw. „nichtöffentlich“ in § 18 Abs. 2 JSchG seien lediglich als Hinweis auf die Veröffentlichungspraxis im Bundesanzeiger zu verstehen und stellten keine Regelungen zum besonderen Geheimnisschutz dar. Für eine konkrete Gefährdung der öffentlichen Sicherheit lägen keine Anhaltspunkte vor. Im Übrigen sehe § 15 Abs. 4 JSchG nur ein Veröffentlichungsverbot zu geschäftlichen Werbezwecken vor. Die Beklagte gebe die Liste in großem Umfang an Dritte weiter, so an alle Suchmaschinenanbieter und an Hersteller von Netzwerkgeräten. Im Übrigen sei er seit fünf Jahren ehrenamtlicher Beisitzer der BPjM. Die Notwendigkeit zur Einsicht in die Listenteile C und D ergebe sich auch aus seiner anwaltlichen Tätigkeit. Eine anwaltliche Beratung im Jugendschutzrecht sei ohne eine solche Einsichtnahme nicht möglich. Zudem seien die Versagungstatbestände des IFG eng auszulegen.
6Der Kläger beantragt,
7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien vom 19. Dezember 2011 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2011 zu verpflichten, ihm die Liste jugendgefährdender Medien (Teile C und D) zugänglich zu machen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Unter Vertiefung der Argumente des Widerspruchsbescheides trägt sie vor, es sei zudem zu befürchten, dass Verstöße gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz- Staatsvertrages erfolgen könnten. Die Weitergabe der streitgegenständlichen Listenteile zum Zwecke der Aufnahme in Filterprogramme erfolge keineswegs in großem Umfang, sondern im Rahmen der gesetzlichen Bestimmung. Derzeit bestünden Nutzungsvereinbarungen mit 27 einzelnen Filterungsanbietern sowie eine zentrale Vereinbarung mit den in der „Selbstkontrolle der Suchmaschinenanbieter“ zusammengeschlossenen deutschen Suchmaschinenbetreibern. Alle Modulnutzer seien durch entsprechende Vereinbarungen verpflichtet worden, ihrerseits umfassende Maßnahmen zu treffen, um jegliches Öffentlichwerden der Daten zu verhindern und ggf. auch Mitarbeiter zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Diese Sicherheitsvorkehrungen könnten auch als sicher gelten, da seit Verbreitung des Moduls im Jahre 2005 keine unzulässigen Verwendungen der Moduldaten bekannt geworden seien.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Die Klage hat keinen Erfolg.
14Der Ablehnungsbescheid der BPjM vom 19. Dezember 2011 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -).
15Der geltend gemachte Zugangsanspruch ist nach § 3 Nr. 2 IFG ausgeschlossen.
16Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden die öffentliche Sicherheit gefährden kann.
17Öffentliche Sicherheit bedeutet dabei die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der grundlegenden Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates sowie die Unversehrtheit von Gesundheit, Ehre, Freiheit, Eigentum und sonstigen Rechtsgütern der Bürger,
18vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/4493, 10; Schoch, IFG, § 3 Rdn. 101.
19§ 3 Nr. 2 IFG greift ein bei einer möglichen Gefährdung des Schutzgutes; insofern genügt nicht eine abstrakte Gefahr, verlangt ist vielmehr eine konkrete Gefahrenlage,
20vgl. Schoch, § 3 Rdn. 108.
21Angesichts der Tatsache, dass die geltende Rechtsordnung in § 18 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 JSchG normiert, dass die Teile C und D der Liste jugendgefährdender Medien, in die der Kläger Einsichtnahme begehrt, nichtöffentlich zu führen sind, würde diese verletzt, wenn die BPjM gegen die genannten Regelungen verstieße, indem sie dem Kläger die bewussten Listenteile zugänglich und damit öffentlich machte.
22Eine konkrete Gefährdung der öffentlichen Sicherheit wegen drohender Verletzung der Unversehrtheit der Rechtsordnung ist damit gegeben.
23Daneben wäre das in § 18 Abs. 1 JSchG zum Ausdruck gebrachte Ziel der Rechtsordnung, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu schützen, durch eine Herausgabe der Listenteile C und D an den Kläger gefährdet.
24Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Frage, ob Informationszugang zu gewähren ist, nicht von der Person des konkreten Antragstellers und seinen Absichten bezüglich der Verwendung bekannt gewordener Informationen abhängt. Insoweit sind alle in Betracht kommenden Möglichkeiten zu berücksichtigen, die einmal aus der Hand gegebenen Informationen zu nutzen,
25Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 19. März 2013 – 8 A 1172/11 -.
26Insofern durfte die Beklagte durchaus in den Blick nehmen, dass der Kläger jederzeit die Möglichkeit hätte, die streitgegenständlichen Listenteile Kindern und Jugendlichen zugänglich zu machen. Dann aber könnten diese – entgegen der Absicht des Gesetzgebers – gerade erst von diesen jugendgefährdenden Internetangeboten Kenntnis erhalten und sich zu diesen – wie durch eine Anleitung – im Internet Zugang verschaffen,
27vgl. zu dieser Erwägung für die nichtöffentliche Führung der Listenteile C und D: BT-Drs. 14/9013, 28.
28Auch insoweit stünde damit eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in Rede.
29Hiernach war die Klage abzuweisen.
30Offen bleiben mag, ob zusätzlich der Versagungsgrund des § 3 Nr. 4 IFG eingreift.
31Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
32Anlass, die Berufung zuzulassen, bestand nicht; ein Zulassungsgrund nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegt nicht vor.