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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Der Kläger ist seit 2004 Mitglied des Rates der Beklagten und bezieht als Stadtverwaltungsdirektor a.D. Versorgungsbezüge nach Besoldungsgruppe A 15. Er begehrt Ersatz von Verdienstausfall für seine Teilnahme an den Sitzungen des Rates, der Ausschüsse und der Fraktion.
3Mit Formularantrag vom 14. Juni 2010 beantragte der Kläger Ersatz des Verdienstausfalls für alle Rats-, Ausschuss- und Fraktionssitzungen, an denen er seit Beginn der Wahlperiode am 21. Oktober 2009 teilgenommen hat. Er gab an, dass er als Selbständiger in seinem Hauptberuf als Wohnungsverwalter einen Verdienst in Höhe von mindestens 20,00 Euro je Stunde habe. In diesem Hauptberuf habe er montags bis freitags sowie samstags und sonntags regelmäßige Arbeitszeiten von 15.00 bis 19.00 Uhr. Für die in diesen Zeiten entstehenden Verdienstausfälle mache er die Erstattung eines Stundensatzes von 16,00 Euro geltend.
4Mit Schreiben vom 15. Juli 2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag abzulehnen, da er als Ruhestandsbeamter als festes Einkommen Ruhestandsbezüge beziehe. Finanzielle Einbußen entstünden daher nicht. Bei der Tätigkeit als selbständiger Wohnungsverwalter handele es sich um eine Nebentätigkeit, für die nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GO NRW die Erstattung von Verdienstausfall ausgeschlossen sei.
5Am 23. Juli 2010 ging bei der Beklagten ein weiterer Abrechnungsvordruck des Klägers ein, auf dem er für acht einzeln aufgeführte Sitzungen Verdienstausfall in Höhe von insgesamt 336,00 Euro geltend machte. Unter dem 4. August 2010 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass es sich bei seiner Tätigkeit als Wohnungsverwalter um eine Haupttätigkeit handele.
6Mit Bescheid vom 21. Oktober 2010 lehnte die Beklagte den Antrag vom 14. Juni 2010 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass nach dem Sinn des Gesetzes der Status als Ruhestandsbeamter als Haupttätigkeit zu bewerten sei. Für die Erstattung von mandatsbedingten finanziellen Ausfällen aus Nebenverdiensten bestehe kein Raum. Unabhängig davon sei auch zu berücksichtigen, dass die Mandatsausübung nicht während der regelmäßigen Arbeitszeit erforderlich sei. Die Wahrnehmung der Tätigkeit eines Wohnungsverwalters sei nicht an festgelegte Uhrzeiten gebunden. Als Pensionär könne der Kläger den mit vier Stunden täglich angegebenen Arbeitsaufwand so disponieren, dass er mit den Zeiten seiner Ratstätigkeit nicht kollidiere.
7Am 21. November 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor: Bei der Tätigkeit als Wohnungsverwalter handele es sich um eine selbständige Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Nr. 2 GO NRW. Dass er daneben Bezüge als Ruhestandsbeamter erhalte, wirke sich auf die Anspruchsgrundlage nicht aus. Die aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielten Einkünfte stünden gleichberechtigt neben den Ruhestandsbezügen. Zudem sei er finanziell auf die Tätigkeit als Wohnungsverwalter angewiesen, um seinen bzw. den Lebensunterhalt seiner Familie bestreiten zu können. Für seine Rechtsauffassung spreche auch der Sinn der gesetzlichen Regelung. Der Gesetzgeber habe verhindern wollen, dass potentielle Mandatsträger von einer ehrenamtlichen Tätigkeit abgehalten werden könnten, wenn ihnen durch deren Ausübung finanzielle Einbußen entstünden. Er, der Kläger, habe finanzielle Einbußen, die auch nicht bereits durch Dritte kompensiert würden. Zudem sei die Mandatsausübung während der regelmäßigen Arbeitszeit erforderlich. Die Vorziehung, Verlegung oder Aufteilung der Arbeiten in einer für den Kläger zumutbaren Weise sei nicht darstellbar, da er weder über ein Sekretariat noch über Mitarbeiter verfüge, die seine Arbeit in der Zeit nach 17.00 Uhr übernehmen könnten. Der späte Beginn sowie die Dauer bis in die Abendstunden verstünden sich als Serviceleistung gegenüber den Wohnungsmietern, die ihrerseits darauf angewiesen seien, einen Ansprechpartner auch abends, also nach Beendigung ihrer eigenen Berufstätigkeit, vorzufinden.
8Die Beklagte hat dem Kläger zugesichert, ihn auf der Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung oder einer einvernehmlichen Vereinbarung bezüglich aller Sitzungen des Rates, der Ausschüsse und der Fraktion gleich zu behandeln.
9Der Kläger beantragt daraufhin,
10die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Oktober 2010 zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 14. Juni 2010 Verdienstausfallentschädigung für die Teilnahme an der Sitzung am 27. Oktober 2009 in Höhe von insgesamt 48,00 Euro zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Ausführungen aus dem angegriffenen Bescheid. Ergänzend führt sie im Wesentlichen aus: Selbst wenn man die Tätigkeit des Klägers im Bereich der Wohnungsverwaltung als Haupttätigkeit qualifiziere, sei nicht zu erkennen, welche finanziellen Nachteile der Kläger tatsächlich erleide. Tätigkeiten von Wohnungsverwaltern würden in aller Regel im Zuge der Zahlung von monatlichen oder jährlichen festen Pauschalsätzen abgegolten. Des Weiteren halte sie an ihrer Auffassung fest, dass es dem Kläger als Pensionär zumutbar sei, den mit vier Stunden täglich angegebenen Arbeitsaufwand für die selbständige Tätigkeit als Wohnungsverwalter so zu disponieren, dass er mit den Zeiten der Ausübung seines Ratsmandates nicht in Konflikt gerate. Die mandatsbedingten Inanspruchnahmen durch die Sitzungsteilnahmen eröffneten noch genügend Spielraum für notwendige Terminabsprachen mit Mietern, ohne dass hierbei ein Nachteil für diese oder den Kläger festzustellen sei.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe
16Die zulässige Klage ist unbegründet.
17Der Kläger kann von der Beklagten keinen Ersatz von Verdienstausfall beanspruchen. Der jede Zahlung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
18Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 GO NRW hat ein Ratsmitglied oder ein Mitglied eines Ausschusses Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls, der ihm durch die Mandatsausübung entsteht, soweit sie während der regelmäßigen Arbeitszeit erforderlich ist. Bereits hierzu kann die Kammer keine dem Kläger günstigen Feststellungen treffen.
19Als regelmäßige Arbeitszeit ist diejenige Arbeitszeit anzusehen, während der jemand gewöhnlich, dem jeweiligen Berufsbild entsprechend, tatsächlich Arbeit leistet. Die Ausübung der Mandatstätigkeit ist nur dann während der regelmäßigen Arbeitszeit erforderlich, wenn die Arbeit nicht durch flexible Arbeitszeitregelungen nachgeholt werden kann.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 05.10.2010 - 15 A 79/10 -, juris, Rdnr. 17; Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, GO NRW, Kommentar, Stand Dezember 2008, § 45 Seite 3.
21Der Kläger ist nach seinen Angaben als selbständiger Wohnungsverwalter tätig. Danach kann er seine Arbeitszeit weitgehend flexibel und individuell gestalten. Er kann, anders als der Arbeitnehmer, über seine Arbeitszeit selbst verfügen. Der Kläger hat weder bei Antragstellung gegenüber der Beklagten noch im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens substantiiert, dass und wann konkret ihm durch die Wahrnehmung des Ratsmandates Verdienst als Wohnungsverwalter entgangen ist. Er trägt lediglich pauschal vor, der späte Beginn seiner Arbeitszeit sowie die Dauer bis in die Abendstunden verstünden sich als Serviceleistung gegenüber den Wohnungsmietern, die ihrerseits darauf angewiesen seien, einen Ansprechpartner auch abends, also nach Beendigung ihrer eigenen Berufstätigkeit, vorzufinden. Dazu fehlen aber Angaben des Klägers zu seinem genauen Aufgabenkreis und insbesondere auch seiner vertraglichen Rechte und Pflichten. Dies hätte umso mehr nahegelegen, als Wohnungsverwaltung üblicherweise die folgenden Aufgaben umfasst: Vereinnahmen und Verwaltung des Mietzinses, Erstellung der jährlichen Nebenkostenabrechnungen, Bezahlung anfallender Kosten, Beauftragung von Versorgungsleistungen sowie Kontrolle und Überwachung der Dienstleistungen.
22Dessen ungeachtet entfällt der Ersatz von Verdienstausfall nach § 45 Abs. 2 Satz 1 GO NRW, wenn ersichtlich kein finanzieller Nachteil entstanden ist. Keinen Ersatzanspruch haben somit Mandatsträger, bei denen wegen der durch die Mandatsausübung ausfallenden Arbeitszeit keine anteilige Kürzung der Löhne, Gehälter oder Bezüge durch den Arbeitgeber/Dienstherrn vorgenommen wird. Gleiches gilt für Pensionäre und Rentner.
23Vgl. zu entsprechenden Vorgängerregelungen OVG NRW, Beschluss vom 11.05.1997 - 15 A 3102/94 -, Urteil vom 26.09.1996 - 15 A 2733/93 -, juris, Rdnr. 22 und Urteil vom 29. 11.1985 - 15 A 1165/84 -; Articus/Schneider, GO NRW, Kommentar, 3. Auflage, Seite 248; Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, GO NRW, Kommentar, Stand Dezember 2008, § 45 Seite 4; vgl. auch VG Magdeburg, Urteil vom 01.02.2006 - 9 A 370/04 -, juris, Rdnr. 19.
24Der Kläger wird durch ungekürzte Versorgungsbezüge nach Besoldungsgruppe A 15 voll alimentiert und erleidet insoweit keinen finanziellen Verlust durch die Tätigkeit als Ratsmitglied. Seine Pension ist mandatsunabhängig und stellt eine echte Vollversorgung dar.
25Dass der Kläger Pensionär und nach seinen Angaben zugleich selbständiger Hausverwalter ist, führt auch nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht zu einem anderen Ergebnis. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die gesetzliche Regelung dazu beitragen, dass allen Bevölkerungsgruppen die Übernahme eines Mandates nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich offensteht.
26Vgl. LT-Drs. 11/4983, Seite 12.
27Der Gesetzgeber wollte aktiv im Berufsleben Stehenden, die durch ihre Arbeitsleistung in aller Regel ihren Lebensunterhalt sichern, die Möglichkeit eröffnen, ein kommunales Ehrenamt auszuüben. Es sollten nicht nur Beamte, Rentner und Pensionäre, die keine finanziellen Einbußen erleiden, für eine Ratstätigkeit zur Verfügung stehen. Daher ist es mit Sinn und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar, dass Beamte ab dem Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand und gleichzeitiger Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit - sei es selbständig oder unselbständig - in den vom Gesetzgeber begünstigten Personenkreis wechseln.
28Vgl. VG Augsburg, Urteil vom 26.04.2010 - Au 7 K 09.1564 -, juris, Rdnr. 23.
29Es verfängt vorliegend schließlich nicht, dass der Kläger nach seinen Angaben finanziell auf die Tätigkeit als Wohnungsverwalter angewiesen sein will, um seinen bzw. den Lebensunterhalt seiner Familie bestreiten zu können. Denn nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GO NRW werden nicht sämtliche finanziellen Nachteile ausgeglichen.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.