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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Si-cherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts. Ausweislich § 2 ihrer Satzung (vgl. http://www.............-L. .de.Satzung.htm) ist Zweck der Stiftung die Förderung kirchlicher Zwecke und der religiösen Anschauung im Sinne der christlichen Ökumene, kultureller Zwecke, insbesondere die Förderung der Pflege und Erhaltung von Kulturwerten und Denkmälern, der Volksbildung, insbesondere der politischen Bildung. Ausweislich § 2 Abs. 2 der Satzung werden die Stiftungszwecke insbesondere verwirklicht durch Wiedererrichtung oder Restaurierung und Erhaltung von Kirchengebäuden der römisch/katholischen und der evangelischen/lutherischen Kirche und Denkmälern oder Zuschüsse hierzu. Die Klägerin widmet sich der Erhaltung und Wiederherstellung preußischer Baudenkmäler in C. und der N. -C1. . Im Zentrum der Tätigkeit der Klägerin steht u.a. das Bestreben, die Garnisonskirche in Q. wieder aufzubauen und als Kirche wieder herzustellen. Seitens der evangelischen Kirche ist der Wiederaufbau der ehemaligen Garnisonskirche in Q. mit regelmäßigen Gottesdiensten und eigener Gemeinde nicht beabsichtigt, vielmehr soll ein pädagogisches Institut zur "Geschichts- und Versöhnungsarbeit" errichtet werden. Mit dieser Zielsetzung wurde die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonskirche Q. e.V. ins Leben gerufen. Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Zielsetzungen und der damit verbundenen Auseinandersetzung kam die Klägerin mit ihren Spendern überein, dass sie ihre Zielsetzung weiter verfolge und eine finanzielle Unterstützung im Sinne der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonskirche Q. e.V. nicht in Betracht kommen könne.
3Zur Förderung ihrer Stiftungszwecke veranstaltete die Klägerin u.a. die sogenannten "Brandenburgischen Gespräche". Im Rahmen des Brandenburgischen Gesprächs des Jahres 2008 am 06.09.2008 veranstaltete die Klägerin u.a. ein Podiumsgespräch zum Thema "Symbolbedeutung der Potsdamer Garnisonskirche", welches durch das Mitglied des Stiftungsrats L1. G. moderiert wurde. (vgl. zum Programm des Brandenburgischen Gesprächs vom 06.09.2008 Verwaltungsvorgang 1, Anlage K 1).
4Mit Schreiben vom 29.05.2008 wandte sich ein Mitglied der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonskirche Q. e.V. unter dem Briefkopf dieses Vereins an das Bundesministerium der Verteidigung. Ausweislich dieses Schreibens hatte zuvor ein Gespräch zwischen dem Verfasser des Schreibens und dem Bundesministerium der Verteidigung stattgefunden. In diesem Schreiben lautet es wörtlich:"Der Bundes-vorsitzende des VdS, Oberstleutnant a.D. N1. L2. führt in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Stiftungsrats der Stiftung Q1. L. am 6. September 2008 in Q. , Hotel Mercure, eine Podiumsdiskussion zum Thema "Symbolbedeutung der Q2. Garnisonskirche" durch. L2. wird die Gesamtveranstaltung leiten. Dieses Thema berührt unsere Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonskirche Q. e.V. unmittelbar. Unter den Mitgliedern und Freunden unserer Fördergesellschaft befinden sich aktive und ehemalige Soldaten. Dürfen wir ihnen, trotz Kontaktverbots der Bw gegenüber L2. , die Teilnahme empfehlen? Falls wir es dürfen: Empfehlen Sie, es trotzdem nicht zu tun? Können wir uns im letzteren Fall auf eine derartige Empfehlung berufen?"
5Diese Anfrage beantwortete der Referatsleiter Fü S I 4 mit Schreiben vom 11.06.2008 u.a. wie folgt:"N1. L2. ist u.a. Bundesvorsitzender des Verbands Deutscher Soldaten (VdS), zu dem seitens der Bundeswehr durch Herrn Bundesminister der Verteidigung seit 2004 ein Kontaktverbot verfügt wurde. Da Herr L2. bei der in Rede stehenden Podiumsdiskussion nicht in seiner Funktion als Bundesvorsitzender des VdS auftreten wird, greift das Kontaktverbot hier nicht unmittelbar. Das Verhalten des VdS und seines Bundesvorsitzenden in der jüngsten Vergangenheit lassen jedoch begründete Zweifel aufkommen, dass Herr L2. während und nach der geplanten Veranstaltung der "Stiftung Q1. L. " am 6. September 2008 in Q. diese klare Unterscheidung seiner unterschiedlichen Funktionen insbesondere der Außendarstellung wahren wird. Ich empfehle Ihnen daher, den aktiven Soldatinnen und Soldaten, die Mitglieder oder Freunde der "Fördergesellschaft für den Wideraufbau der Garnisonskirche Q. e.V." sind, von einer Teilnahme an der Veranstaltung am 6. September 2008 dringend abzuraten. Auch ehemaligen Soldatinnen und Soldaten sollte die Teilnahme nicht empfohlen werden."
6Mit Schreiben vom 30.03.2009 forderte die anwaltlich vertretene Klägerin das Bundesministerium der Verteidigung auf, es zu unterlassen, aktiven Soldatinnen und Soldaten von einer Teilnahme an Veranstaltungen der "Stiftung Q1. L. " dringend abzuraten oder dies Dritten gegenüber zu empfehlen.
7Mit der am 06.05.2009 erhobenen Klage erstrebt die Klägerin die Unterlassung der Empfehlung durch die Beklagte sowie den schriftlichen Widerruf der Empfehlung.
8Zur Begründung des Unterlassungsbegehrens trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, die Empfehlung greife in die Rechte der Stiftung dergestalt ein, dass die freie Entfaltung der Stiftung im Rahmen ihres Stiftungszwecks eingeschränkt werde. Durch die Erklärung werde mit "behördlichem Anstrich" damit mit entsprechender Autorität einem ganzen Personenkreis von der Teilnahme an der Veranstaltung der Stiftung dringend abgeraten. Es verstehe sich von selbst, dass eine solche Erklärung auch entsprechende Wirkung zeitige und auch auf den Motivationsprozess derjenigen Personen, die eigentlich an solchen Veranstaltungen teilnehmen wollten, einwirke. Die Klägerin sei als juristische Person auch Grundrechtsträgerin. Durch eine entsprechende Erklärung erfolge damit ein hoheitlicher Eingriff in die Grundrechte der Klägerin aus Artikel 2, Artikel 5, Artikel 8,
9Artikel 9 sowie Artikel 12 und 14 GG. Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit werde durch eine solche Erklärung verletzt. Für diese Eingriffe gebe es keine Rechtfertigung. Eine Rechtsgrundlage für die abgegebene Empfehlung sei nicht erkennbar. Derartige Empfehlungen müssten nicht nur dem Gebot der Sachlichkeit und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, sie müssten insbesondere auch auf einer richtigen Tatsachengrundlage beruhen. Gegen diese Gebote sei im vorliegenden Fall in jeder Hinsicht verstoßen worden. Soweit in dem Schreiben vom 11.06.2008 ausgeführt werde, das Verhalten des VdS und seines Bundesvorsitzenden in der jüngsten Vergangenheit ließen begründete Zweifel aufkommen, dass Herr L2. während und nach der geplanten Veranstaltung am 06.09.2008 diese klare Unterscheidung seiner unterschiedlichen Funktionen insbesondere in der Außendarstellung wahren werde, bleibe dies eine bloße Behauptung, die jeder Begründung entbehre. Es gebe keine Vorkommnisse die eine solche Vermutung rechtfertigen würden. Es sei überhaupt nicht erkennbar, inwieweit der Stiftungsratsvorsitzende die geforderte Unterscheidung seiner unterschiedlichen Funktionen in der Vergangenheit nicht gewahrt haben sollte. Hier werde eine schlicht unwahre Behauptung aufgestellt, aus der dann für die Klägerin nachteilige Schlussfolgerung einer entsprechenden Empfehlung gezogen werde. Damit werde auch das Gebot der Sachlichkeit verletzt.
10Es sei auch deutlich, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei Ausspruch der Empfehlung verletzt worden sei. Es mangele bereits an der gebotenen Differenziertheit.
11Hieraus ergebe sich ebenfalls der Anspruch der Klägerin auf Widerruf der genannten Empfehlung durch das beklagte Ministerium. Dies ergebe sich aus der Tatsache, dass die Empfehlung auf falscher Tatsachengrundlage beruhe, unsachlich und undifferenziert und unter Missachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergangen sei. Das Ministerium habe denjenigen Rechtszustand wieder herzustellen, den es durch die Empfehlung zunichte gemacht habe. Dem entspreche ein Widerruf der Empfehlung.
12Die Klägerin beantragt,
131. die Empfehlung gegenüber Dritten, aktiven und ehemaligen
14Soldaten oder Soldatinnen von dem Besuch von Veranstaltungen
15der Klägerin abzuraten, zu unterlassen,
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2. die Empfehlung, aktiven oder ehemaligen Soldaten oder
18Soldatinnen von dem Besuch von Veranstaltungen der Klägerin
19abzuraten, gegenüber der Fördergesellschaft für den Wiederauf-
20bau der Garnisonskirche in Q. e.V. schriftlich zu widerrufen.
21Die Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung trägt die Beklagte vor, Hintergrund der streitgegenständlichen Empfehlung sei ein Kontaktverbot zum Verband Deutscher Soldaten e.V. (VdS) das seit dem 16. Februar 2004 bestehe. Dieses Kontaktverbot (vgl. insoweit das Klageverfahren - 26 K 5606/09 -) liege allen Dienststellen der Bundeswehr im In- und Ausland seit dem 12. März 2004 vor. Es stehe dem Dienstherren frei, ehemaligen sowie aktiven Soldaten Empfehlungen auszusprechen, wenn hierzu den Umständen nach eine Veranlassung bestehe und die Empfehlung nicht rechtswidrig in die Rechte Dritter eingreife. Mit seinem Verhalten habe Herr N1. L2. selbst Veranlassung zu der Befürchtung gegeben, dass er seine Funktion als Stiftungsrat der Klägerin einerseits und als Bundesvorsitzender des VdS e.V. andererseits bei Auftreten oder Zugegensein bei öffentlichen Veranstaltungen der Klägerin nicht klar trennen würde. Hierzu werde auf Veröffentlichungen in der Verbandszeitschrift des VdS e.V. -"Soldat im Volk" - verwiesen (Bl. 38 d.A.): Das Jahrestreffen der Klägerin (Veranstaltung am 6. September 2008 in Q. , zu der das Ministerium Empfehlungen ausgesprochen habe) sei Gegenstand der aus der "Jungen Freiheit" übernommenen Berichterstattung der Zeitung "Soldat im Volk" in der Ausgabe von September/Oktober. In Autorenschaft des Bundesvorsitzenden des VdS e.v. (N1. L2. ) werde in der Ausgabe von November/Dezember 2008 der Zeitung "Soldat im Volk" über die Forderung der Klägerin auf Akteneinsicht informiert und aus Unterlagen und Vorgängen zitiert, die der Klägerin über ihren Stiftungsrat (N1. L2. ) zur Verfügung gestellt worden seien. Die an die Fördergesellschaft und dort an aktive und ehemalige Soldaten gerichtete Information und die Empfehlungen seien den Umständen nach veranlasst und im Lichte der bezeichneten und begründeten Befürchtung auch verhältnismäßig gewesen. Mit den Empfehlungen sei nicht rechtswidrig in die Rechte der Klägerin eingegriffen worden. Ihr Recht darauf, öffentliche Veranstaltungen durchzuführen, sei durch sachgerechte Empfehlungen des Dienstherren an aktive und ehemalige Soldaten nicht berührt.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte 13 K 2957/99 sowie der Akte 26 K 5606/09 sowie der jeweiligen Anlagen und Verwaltungsvorgänge.
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Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
27E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
28Die Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten nach § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, ist zulässig.
29Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Es liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vor, da die streitige Empfehlung von dem Referatsleiter des Bundesministeriums der Verteidigung und damit einem Träger öffentlicher Verwaltung bei Erfüllung öffentlicher Aufgaben abgegeben wurde.
30Das Begehren der Klägerin ist mit dem Klageantrag zu 1. auf die Unterlassung von Äußerungen durch die Beklagte gerichtet. Statthafte Klageart ist die nicht fristgebundene allgemeine Leistungsklage in der Form der Unterlassungsklage. Der Unterlassungsklage fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis wegen des Fehlens der Wiederholungsgefahr. Das schutzwürdige Interesse an der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes bezüglich der Unterlassungsklage entfällt nur dann, wenn eine Wiederholung der streitgegenständlichen Äußerungen eindeutig und von vornherein ausgeschlossen werden kann. Das Vorliegen der Wiederholungsgefahr ist tatbestandliches Merkmal des Vorliegens eines Unterlassungsanspruchs, so dass fraglich ist, ob es bereits im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfen ist. Dies kann jedoch dahin gestellt bleiben, da das Vorliegen der Wiederholungsgefahr nicht von vorne herein ausgeschlossen werden kann. Wenn auch nicht bekannt ist, ob die Beklagte bezüglich nachfolgender Veranstaltungen der Klägerin der Empfehlung vom 11.06.2008 entsprechende Empfehlungen abgegeben hat, so ist vor dem Hintergrund des Kontaktverbotes aus dem Jahr 2004 - vgl. insoweit das Verfahren 26 K 5606/09 - nicht auszuschließen, dass die Beklagte weitere gleichartige Empfehlungen abgeben wird.
31Die Passivlegitimation der Beklagten liegt ebenfalls vor. Zutreffend richtet sich die Klage nicht gegen den Referatsleiter des Bundesministeriums, sondern gegen dessen Dienstherrn als Anstellungskörperschaft.
32Vgl. VG Bremen, Urteil vom 23.09.2010 - 2 K 582/10 - (juris)
Die auf Unterlassung der Empfehlung gerichtete Klage ist allerdings unbegründet.
35Der allgemein anerkannte öffentlich-rechtliche Anspruch auf zukünftige Unterlassung einer getätigten Äußerung setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist und die konkrete Gefahr der Wiederholung droht. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass amtliche Äußerungen sich an den allgemeinen Grundsätzen für rechtsstaatliches Verhalten in der Ausprägung des Willkürverbots und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu orientieren haben. Aus dem Willkürverbot ist abzuleiten, dass Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen dürfen, d.h. bei verständiger Beurteilung auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhen müssen, und zudem den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten dürfen (Sachlichkeitsgebot),
36vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.08.1989 - 1 BvR 881/89 - (juris); BVerwG, Urteil vom 23.05.1989 - BVerwG 7 C 2.87 - (juris), BVerwG, Beschluss vom 11.11.2010 - 7 B 54/10 - (juris).
37Anspruchsgrundlage hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens ist in analoger Anwendung des § 12 Satz 2, § 862 Abs. 1 Satz 2, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1 und 2 BGB, §§ 185 ff. StGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG der so genannte quasinegatorische Unterlassungsanspruch. Er kann sich sowohl gegen Tatsachenbehauptungen als auch gegen Meinungsäußerungen und Werturteile richten. Tatsachenbehauptungen liegen vor, wenn einer Aussage beweisbare Vorgänge zugrunde liegen, die Richtigkeit der Äußerung also durch eine Beweiserhebung objektiv festgestellt werden kann,
38vgl. BayVGH vom 28.03.1994 - 7 CE 93.2403 - m.w.N. (juris).
39Dem gegenüber sind Meinungsäußerungen in ihrem wesentlichen Inhalt durch Elemente des Meinens und Dafürhaltens gekennzeichnet und einem objektiven Richtigkeitsbeweis nicht zugänglich.
40Vgl. BayVGH, Urteil vom 29.09.2005 - 7 B 04.2927 - (juris).
41Sind beide Äußerungsformen miteinander verbunden und macht dies gemeinsam den Sinn der Äußerung aus, so liegt insgesamt eine Meinungsäußerung vor, wenn das Gesamtergebnis durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt wird, insbesondere wenn durch eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte der Sinn der Äußerung aufgehoben oder verfälscht würde.
42Maßgeblich für die Beurteilung, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung oder aber Meinungsäußerung handelt und für die Frage, ob die Äußerung in unzulässiger Weise Rechte Dritter beeinträchtigt, ist der Sinn, den die Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat,
43vgl. BayVGH vom 13.11.2009 - 7 CE 09.2455 - mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BVerfG und des BGH (juris).
44Entscheidend ist weder die subjektive Ansicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen. Es kommt vielmehr auf den objektiven Empfängerhorizont an.
45Bei den hier in Streit stehenden Empfehlung handelt es sich um eine Meinungsäußerung und ein Werturteil, da sie im Wesentlichen durch Elemente des Meinens, Dafürhaltens und Wertens gekennzeichnet und einem Beweis nicht zugänglich ist. Die Empfehlung gründet sich auf "begründete Zweifel" des Referatsleiters hinsichtlich des Verhaltens "des VdS und seines Bundesvorsitzenden in der jüngsten Vergangenheit". Mag auch das hier angedeutete Verhalten bei entsprechender Konkretisierung der Beweiserhebung zugänglich sein, so ist dies bei den die Empfehlung tragenden Zweifeln, also bei geäußerten Vermutungen bzw. Prognosen gerade nicht der Fall. Die Empfehlung " von einer Teilnahme ... dringend abzuraten" und "sollte die Teilnahme nicht empfohlen werden" stellt deshalb in ihrem Schwerpunkt ein Werturteil dergestalt dar, die geplante Veranstaltung am 06.09.2008 sei ob des zu befürchtenden undifferenzierten Verhaltens des Bundesvorsitzenden des VdS für das Ansehen der Bundeswehr schädlich.
46Es ist bereits fraglich, ob die streitige Empfehlung des BMV überhaupt in eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition der Klägerin (hier allein in Betracht kommend das allgemeine Persönlichkeitsrecht) eingegriffen hat. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, auf das sich gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch die Klägerin als rechtsfähige Stiftung und damit als juristische Person berufen kann, umfasst den Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Bild der betroffenen Person in der Öffentlichkeit auszuwirken,
47std. Rspr. des BVerfG; vgl. z.B. Beschluss vom 14.07.2004 - 1 BvR 263/03 - (juris).
48Hierzu zählen auch das Verfügungsrecht und das Selbstbestimmungsrecht über die eigene Außendarstellung sowie der Schutz des sozialen Geltungsanspruchs, der sog. "äußeren Ehre" als des Ansehens in den Augen anderer,
49vgl. BVerwG, Urteil vom 21.5.2008 - 6 C 13/07 - (juris).
50Die angegriffene Empfehlung der Beklagten erscheint bereits nicht geeignet, sich abträglich auf das Bild der Klägerin in der Öffentlichkeit auszuwirken,
51Vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 24.5.2005 - 1 BvR 1072/01 - (juris).
52Sie wurde lediglich gegenüber der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonskirche Q. e.V. abgegeben und war nicht für eine breite Öffentlichkeit bestimmt. Sie bezog sich auch nur auf die Veranstaltung am 06.09.2008 und dies mit Blick auf die Teilnahme des Bundesvorsitzenden des VdS. Sie betraf überdies ausschließlich ehemalige und aktive Soldatinnen und Soldaten. Dieses Empfehlungsschreiben beanspruchte also keineswegs größere Publizität.
53Selbst wenn aber eine Rechtsbeeinträchtigung der Klägerin angenommen werden könnte, so wäre diese gerechtfertigt, denn die streitige Empfehlung als Werturteil ist nach Auffassung der Kammer nicht zu beanstanden. Die Empfehlung des BMV beruht auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern und hat zudem den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschritten.
54Vgl. zum Sachlichkeitsgebot BVerfG, Beschluss vom 15. 08. 1989 - 1 BvR 881/89 - (juris).
55Das Sachlichkeitsgebot als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips verlangt, dass die jeweilige Äußerung in einem konkreten Bezug zur Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe steht, Werturteile auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern fußen und weder auf sachfremden Erwägungen beruhen noch den sachlich gebotenen Rahmen überschreiten.
56Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.08.1989, a.a.O..
57Die Empfehlung des BMV steht im konkreten Bezug zu dem - mit Urteil vom heutigen Tag in der Sache 26 K 5606/09 - ebenfalls als rechtmäßig bewerteten sog. Kontaktverbot der Beklagten vom 11.03.2004 zum Verband deutsche Soldaten und erfüllt in Konsequenz dessen die Aufgabe des BMV, im besonderen Pflichtenverhältnis und hier im Rahmen seiner Regelungsbefugnis die zur Durchführung des ihm durch Art. 65a und 87a GG erteilten Verfassungsauftrags erforderlichen Dienstvorschriften und Anweisungen zu erlassen.
58Vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.1982 -1 WB 62/81 - (iuris)
59So wie jeder einzelne Soldat verpflichtet ist, das Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit nicht zu gefährden, so versteht es sich von selbst, dass andererseits auch der BMV gefordert ist, alles zu tun, um dieses Ansehen in der Öffentlichkeit zu wahren
60und Gefährdungen desselben schon im Ansatz zu vermeiden.
61Vgl. Urteil der Kammer vom heutigen Tag - 26 K 5606/09 -.
62In dieser Entscheidung hat die Kammer der Beklagten darin zugestimmt, dass im offiziellen Publikationsorgan Soldat im Volk (SiV) des VdS nach wie vor teilweise rechtsextreme, häufig militärhistorisch falsche Behauptungen verbreitet werden, die im deutlichen Widerspruch stehen zum Selbst- und Traditionsverständnis der Beklagten und zum heutigen Stand der historischen Forschung und dass aus diesem Grund der Abbruch des Kontaktes der Beklagten zum VdS und die Einstellung jedweder Unterstützung des VdS gerechtfertigt ist, um das Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit nicht zu gefährden.
63Die Vermutung der Beklagten, der Vorsitzende des VdS, N1. L2. , werde nicht zwischen seinen verschiedenen Funktionen unterscheiden, war berechtigt; sie hat sich nachträglich als zutreffend herausgestellt:
64Insoweit wird auf die Veröffentlichung von N1. L2. in SiV 11/12 - 2008 Bl. 38 verwiesen. Hier berichtet N1. L2. im zentralen Publikationsorgan des VdS auf der Titelseite unter der Überschrift:"Wer jetzig Zeiten leben will, muss ein tapfer´ Herze ..." von der der Klägerin widerfahrenen "Intrige", die zeige, wie weit die fragwürdigen Eingriffe des Verteidigungsministeriums in Grundrechte der Soldaten inzwischen gehen.
65Das in der Empfehlung des BMV zum Ausdruck kommende Werturteil beruht damit auf einem zutreffenden und sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern.
66Die Empfehlung beruht damit auch nicht auf sachfremden Erwägungen. Denn die Nähe des N1. L2. als Bundesvorsitzender des VdS zu dessen Publikationsorgan SiV und den in diesem nach wie vor vertretenen teilweise rechtsextremen, häufig militärhistorisch falschen Behauptungen lässt die Vermutung, N1. L2. werde es in seiner Funktion als Vorsitzender des Stiftungsrats der Klägerin bei der Veranstaltung am 06.09.2008 an der klaren Unterscheidung seiner unterschiedlichen Funktionen vermissen lassen und auf diesem Weg das Kontaktverbot des Bundesministers der Verteidigung vom 16.02.2004 umgehen, als durchaus gerechtfertigt erscheinen.
67In Konsequenz dessen ist auch der geltend gemachte Widerrufsanspruch unbegründet
68Der öffentlich-rechtliche Widerrufsanspruch ist als allgemeiner öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch nicht anders als der Anspruch auf Unterlassung künftigen rechtswidrigen Verwaltungshandelns verfassungsrechtlichen Ursprungs und wird ebenso wie dieser aus dem jeweils berührten Grundrecht, teilweise auch aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitet. Der Folgenbeseitigungsanspruch entsteht, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein noch andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist. Er ist auf die Wiederherstellung des Zustands gerichtet, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand
69vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1989 - 7 C 2/87 - (juris)
Diese Voraussetzungen liegen hier mit Rücksicht auf die nicht zu beanstandende Empfehlung des BMV nicht vor.
73Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
74Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).