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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks F.-straße xxx (Gemarkung T., Flur xx, Flurstück xxx) in T.. Das Grundstück ist straßenseitig mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut. In westlicher Richtung befindet sich das Nachbargrundstück F.-straße xxx (Gemarkung T., Flur xx, Flurstücke xxx und xxx). Dieses ist straßenseitig mit einem teils grenzständigen Wohn- und Geschäftshaus bebaut. Im Erdgeschoss und Keller dieses Gebäudes betreibt die Beigeladene eine Tagespflegeeinrichtung für Senioren. An der östlichen Gebäudeseite befindet sich im Erdgeschoss eine Doppelgarage. Eine weitere Garage befindet sich in einem rückwärtigen, eingeschossigen Anbau. Dieser grenzt an einen ebenfalls rückwärtigen, eingeschossigen Anbau des Gebäudes F.-straße xxx an. Diese Anbauten befinden sich ungefähr auf der Hälfte der Längsseite der Grundstücke und liegen jeweils mit einer Ecke nicht auf dem eigenen, sondern auf dem benachbarten Grundstück (Gemarkung T., Flur xx, Flurstücke xxx und xxx). Der hofähnliche Bereich zwischen den in Rede stehenden Gebäuden – und dementsprechend auch die Garagen – ist nur über eine ca. 3 Meter breite Zufahrt auf dem Grundstück der Kläger anfahrbar.
3Weitere Einzelheiten sind dem nachfolgenden Kartenausschnitt zu entnehmen:
4[Bilddarstellung wurde entfern]
5Die benannten Grundstücke liegen nicht (mehr) im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Noch in den siebziger Jahren setzte der Bebauungsplan Nr. 7b T.-Mitte-Ost im interessierenden Bereich u.a. geschlossene Bauweise fest.
6Am 23. November 1971 schlossen die Voreigentümer der in Rede stehenden Grundstücke einen notariellen Vertrag zur Regelung nachbarrechtlicher Fragen. Darin räumte der Eigentümer des Grundstücks F.-straße xxx der Eigentümerin des Grundstücks F.-straße xxx ein Wegerecht für die Zufahrt einer zu errichtenden Garage ein, das als Baulast im Baulastenbuch verzeichnet werden sollte.
7Aufgrund einer Verpflichtungserklärung vom 29. November 1971 mit zugehörigem, im fraglichen Bereich grün schraffiertem Lageplan wurde an demselben Tage eine Zufahrtsbaulast für Garagen in das Baulastenverzeichnis von T. eingetragen.
8Mit Bauschein vom 31. August 1972 wurde der Voreigentümerin die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses auf dem bereits mit u.a. einem kleineren, freistehenden Gebäude bebauten Grundstück F.-straße xxx genehmigt (Az. 271/72 B). Im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftshauses wurde anschließend eine Apotheke betrieben. An der Ostseite des Gebäudes sowie in einem rückwärtigen Anbau wurden Garagen genehmigt.
9Aufgrund der Bemängelung des Einbaus von zwei nicht beantragten und genehmigten Fenstern an der östlichen Wand des Gebäudes F.-straße xxx im Rahmen der Schlussabnahme im Jahr 1974 wurde die damalige Bauherrin um Mitteilung gebeten, ob der damalige Nachbar eine entsprechende Baulasteintragung unterschreiben würde. Nach der Vorlage könne über eine nachträgliche Genehmigung entschieden werden.
10Aufgrund einer Verpflichtungserklärung vom 14. März 1975 wurde am 17. März 1975 eine weitere Baulast in das Baulastenverzeichnis eingetragen über den vorläufigen Verzicht auf eine weitere bauliche Nutzung des damaligen Flurstücks xxx, um einen Abstand von 5 m vor den in der Grenzwand vorgesehenen Fenstern sicherzustellen.
11Unter dem 24. November 2020 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung des Ladenlokals zu einer Tagespflegeeinrichtung im Erdgeschoss des Gebäudes F.-straße xxx.
12Im Februar 2021 beantragte der Kläger zu 2. die Erteilung der Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung (Gewerbe zu Wohnung und Fahrschule) sowie den Neubau von zwei Terrassen und fünf Fertiggaragen auf dem Grundstück F.-straße xxx. Nach den Planunterlagen sollte eine der Terrassen im Erdgeschoss auf der hofähnlichen Fläche zwischen den in Rede stehenden Gebäuden liegen.
13Mit Bescheid vom 17. März 2021 (Az. 60.1/1435-20-01) erteilte der Beklagte der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung. Nach den grün gestempelten Bauvorlagen sind die Betriebszeiten werktags von 8.00-16.30 Uhr. Das in der Baugenehmigung unter Ziffer 2. zudem eigens erwähnte Brandschutzkonzept des städtischen Brandamtsrates (der Stadt E.) N. vom 16. Dezember 2020 geht von 19 Senioren aus. Es seien drei Stellplätze für Mitarbeitende nachzuweisen. Dies erfolge durch die drei auf dem Grundstück befindlichen Garagen. Als Nachweis eines Wegerechts zu den Garagen sind die Verpflichtungserklärung vom 29. November 1971, eine Flurkarte mit Einzeichnung sowie ein Auszug aus dem Baulastenverzeichnis von T. ebenfalls Teil der grün gestempelten Bauvorlagen. Nach der Baubeschreibung erfolgt keine Änderung an der äußeren Gestaltung, einschließlich der Wände, Türen und Fenster. Ausweislich des Grundrisses erfolgen ebenfalls keine Änderungen an der Fassade sowie nur einige wenige bauliche Änderungen im Inneren der Nutzungseinheit. Das Brandschutzkonzept geht ebenfalls davon aus, dass die Außenwände einschließlich der Fassade im Bestand vorhanden bleiben. Dass die Garagenöffnungen eine bestimmte Feuerwiderstandsklasse aufweisen müssen, lässt sich der Baugenehmigung bzw. den dazu gehörenden Bauvorlagen nicht entnehmen.
14Zum 28. Mai 2021 zeigte die Beigeladene dem Beklagten die Fertigstellung der baulichen Anlage an. Unter dem 4. Juni 2021 bescheinigte der Beklagte die Fertigstellung.
15Mit Bescheid vom 4. Juni 2021 erteilte der Beklagte dem Kläger zu 2. eine Teilbaugenehmigung für die beantragte Nutzungsänderung (Az. 60.1/343-21-01).
16Sodann beantragte der Kläger zu 2. im Juni 2021 die Erteilung der Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung einer Gewerbeeinheit in ein Lager und ein Büro/Ausstellung sowie für den Neubau von zwei Terrassen und fünf Fertiggaragen. Nach den Planunterlagen sollte eine der Terrassen im Erdgeschoss auf der hofähnlichen Fläche zwischen den in Rede stehenden Gebäuden liegen.
17Im weiteren Verlauf des Bauantragsverfahrens des Klägers zu 2. bekundete der Beklagte, dass er die Terrasse im Erdgeschoss nicht genehmigen könne aufgrund von Öffnungen in der gegenüberliegenden Wand des Gebäudes F.-straße 136 und im Zusammenhang mit der Baulast Ziffer 3 von 1975. Mit Schreiben vom 20. September 2021 nahm der Kläger zu 2. die Terrasse im Erdgeschoss von seinem Bauantrag aus.
18Mit Bescheid vom 18. Oktober 2021 genehmigte der Beklagte dem Kläger zu 2. die Nutzungsänderung einer Gewerbeeinheit und den Neubau einer Dachterrasse sowie von fünf Fertiggaragen (Az. 60.1/343-21-01).
19Mit Schreiben vom 30. November 2021 ersuchte der Kläger zu 2. den Beklagten um Löschung der Baulast aus dem Jahr 1975. Denn eine Bebauung werde nunmehr beabsichtigt.
20Die Beteiligten und der zwischenzeitlich verstorbene Eigentümer des Grundstücks F.-straße 136 suchten wohl ab Januar 2022 Lösungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit den Stellplätzen, den Öffnungen in der Wand des Gebäudes F.-straße 136 und der von Klägerseite geplanten Terrassenerrichtung. Diese verliefen ohne Ergebnis.
21Am 14. März 2022 haben die Kläger Klage erhoben.
22Zur Begründung führen sie aus: Die Baugenehmigung verletze sie in ihren Rechten. Zunächst sei weder ein Brandschutzgutachten noch ein amtlicher Lageplan vorgelegt worden. Beides sei jedoch notwendig. Sodann sei die Erschließung der baulichen Anlage nicht gegeben. Denn die Zufahrt zu den drei notwendigen Stellplätzen sei nicht hinreichend gesichert, auch nicht durch die Baulast aus dem Jahr 1971. Über die eingetragene Baulast ließen sich die Stellplätze nicht anfahren. Zudem beziehe sich die Baulast nicht auf eine Tagespflegeeinrichtung. Weiter handele es sich bei der den Klägern zugewandten östlichen Seite des Bestandsgebäudes F.-straße xxx um eine Gebäudeabschlusswand, in der sich mit dem Garagentor für zwei Stellplätze eine für Brandwände unzulässige Öffnung befinde. Dies hätte in der Vergangenheit nicht genehmigt werden dürfen. Der Voreigentümer habe gemäß Baulast vom 14. März 1975 nur vorläufig auf eine bauliche Nutzung des Grundstücks F.-straße xxx verzichtet. Nun hätten sie selbst im Hofbereich eine Terrasse errichten wollen – und wollten dies weiterhin –, was ihnen jedoch von dem Beklagten nicht genehmigt worden sei aufgrund von Öffnungen in der gegenüberliegenden Wand des Gebäudes F.-straße xxx. Da die Stellplätze und die Nutzungsänderung für das Erdgeschoss Gegenstand der streitgegenständlichen Baugenehmigung seien, bestehe in beider Hinsicht kein Bestandsschutz.
23Die Kläger beantragen (schriftsätzlich),
24die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Beklagten vom 17. März 2021 – Nutzungsänderung Ladenlokal zu Tagespflegeeinrichtung, F.-straße xxx, T. – aufzuheben.
25Der Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
26die Klage abzuweisen.
27Er tritt der Klage entgegen und stützt sich auf die Ausführungen in der angefochtenen Baugenehmigung sowie den Vortrag der Beigeladenen. Insbesondere decke die Flächenbaulast nach Sinn und Zweck die Garagenöffnung mit ab.
28Die Beigeladene beantragt (schriftsätzlich),
29die Klage abzuweisen.
30Sie führt aus: Ein Brandschutzkonzept liege vor, anders als die Kläger meinten. Ein amtlicher Lageplan habe mangels Veränderung des Baukörpers nicht vorgelegt werden müssen. Die genehmigte Nutzungsänderung betreffe nicht die Garagen. Diese gehörten vielmehr bereits zu dem im Jahr 1972 genehmigten Bestandsgebäude und seien von der Nutzungsänderung nicht betroffen. Dies ergebe sich auch aus dem Brandschutzkonzept, wonach die Doppelgarage und die Einzelgarage von der Nutzungsänderung nicht erfasst seien. Weiter sei die Erschließung einer baulichen Anlage nicht drittschützend. Dies gelte auch für den Nachweis der notwendigen Stellplätze. Im Übrigen sei die Baulast für die Zufahrt zu den Garagen zusammen mit den sie ergänzenden Unterlagen auszulegen. Aus der notariellen Urkunde vom 23. November 1971 ergebe sich, dass die Baulast funktional zu verstehen sei: Gesichert werden solle die für die Garageneinfahrt erforderliche Zufahrt.
31Die Berichterstatterin hat am 20. November 2024 einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll Bezug genommen.
32Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
33Entscheidungsgründe
34Das Gericht entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
35Die zulässige Klage ist unbegründet.
36Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 17. März 2021 ist hinsichtlich nachbarschützender Vorschriften rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
37Ein Nachbar kann nur dann erfolgreich gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung vorgehen, wenn diese gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts verstößt und eine Befreiung oder Abweichung von diesen Vorschriften nicht vorliegt oder unter Berücksichtigung nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Ob das Vorhaben objektiv, d. h. hinsichtlich derjenigen Vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, ist dagegen im Nachbarverfahren unerheblich.
38Gemessen an diesem Maßstab ist die angefochtene Baugenehmigung nicht zu beanstanden.
391.
40Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts ist nicht gegeben.
41In Bezug auf das Abstandsflächenrecht ist festzustellen, dass die Nutzungsänderung jedenfalls auf der Grundlage von § 6 Abs. 11 S. 1 Nr. 3 der Bauordnung (BauO) NRW 2018 in ihrer zugunsten des Bauherrn im Nachbarklageverfahren anwendbaren aktuellen Fassung genehmigungsfähig ist.
42Hinsichtlich der in der Baugenehmigung geforderten Stellplätze bestehen mit Blick auf die problematische Zufahrtssituation durchaus Zweifel, ob diese hinreichend nachgewiesen wären, wenn es sich um notwendige Stellplätze handeln würde. Allerdings können die Zweifel offen bleiben. Selbst wenn die Stellplätze nicht angefahren werden könnten und insofern nicht nachgewiesen wären, würde dies kein drittschützendes Bauordnungsrecht verletzten. Denn die Stellplatzpflicht in § 48 Abs. 1 BauO NRW 2018 ist nicht drittschützend, sondern dient dem öffentlichen Interesse, den öffentlichen Verkehrsraum nicht zu überlasten.
43Vgl. in dem Zusammenhang OVG NRW, Beschlüsse vom 1. Oktober 2019 - 2 B 1395/18 -, juris Rn. 12, und vom 9. März 2007 - 10 B 2675/06 ‑, juris Rn. 25, zu § 51 Abs. 1 BauO NRW a.F.; Schulte Beerbühl, Öffentliches Baunachbarrecht, 2017, S. 217; Henke, in: BeckOK BauordnungsR NRW, 20. Ed. 2024, § 48 Rn. 84; Johlen, in: Gädtke et al., BauO NRW, 15. Aufl. 2024, § 48 Rn. 16.
44Zweifelhaft ist allerdings auch, ob für die in Rede stehende Nutzungsänderung überhaupt notwendige Stellplätze herzustellen sind. Zumindest nach der aktuellen, im Baunachbarstreit zugunsten des Bauherrn zu beachtenden Rechtslage dürfte dies abzulehnen sein. Denn nach § 3 Abs. 3 S. 1 der Stellplatzsatzung der Gemeinde T. vom 1. Dezember 2022, vgl. § 48 Abs. 1 S. 2, § 89 Abs. 1 Nr. 4 BauO NRW 2018, sind bei Nutzungsänderungen Stellplätze nur für den Mehrbedarf herzustellen. Ein solcher Mehrbedarf gegenüber der bisherigen Nutzung ist vorliegend schon nicht begründet. Überdies sind nach § 3 Abs. 3 S. 3 der Stellplatzsatzung der Gemeinde T. bei einem Mehrbedarf von weniger als vier Stellplätzen abweichend von Satz 1 keine Stellplätze für den Mehrbedarf herzustellen. Da vorliegend nur von drei notwendigen Stellplätzen ausgegangen wird, ist keine Überschreitung der genannten Bagatellgrenze ersichtlich.
45Hinsichtlich der von den Klägern gerügten Öffnungen in der Brandwand aufgrund des Tores der Doppelgarage ist ebenfalls keine Verletzung drittschützenden Bauordnungsrechts durch die angegriffene Baugenehmigung gegeben.
46Brandwände sind nach § 30 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BauO NRW 2018 erforderlich als Gebäudeabschlusswand, ausgenommen von Gebäuden ohne Aufenthaltsräume und ohne Feuerstätten mit nicht mehr als 50 m³ Brutto-Rauminhalt, wenn diese Abschlusswände an oder mit einem Abstand von weniger als 2,50 m gegenüber der Nachbargrenze errichtet werden, es sei denn, dass ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden öffentlich-rechtlich gesichert ist.
47Es kann dahinstehen, ob § 30 BauO NRW 2018 hinsichtlich der Garagenöffnungen vorliegend überhaupt zu prüfen war. Dagegen spricht, dass lediglich eine Nutzungsänderung im Erdgeschoss und Keller des Bestandsgebäudes in Rede steht sowie keine Veränderungen an den Außenwänden, auch der Garage, beantragt worden sind.
48Vgl. in dem Zusammenhang VG Aachen, Urteil vom 22. August 2017 - 3 K 654/15 -, juris Rn. 26; bei nicht ausschließlicher Nutzungsänderung hingegen VG Köln, Urteil vom 11. Oktober 2018 - 8 K 7631/17 -, juris Rn. 59 ff.
49Andererseits ist zu beachten, dass es sich bei der Anlage als Tagespflegeeinrichtung für 19 Senioren, die sich während der Betriebszeiten in einer Nutzungseinheit aufhalten sollen und deren Pflegebedürftigkeit nicht ausgeschlossen ist, nunmehr um einen großen Sonderbau i.S.v. § 50 Abs. 2 Nr. 11 oder Nr. 8 lit. a) BauO NRW 2018 handelt. Für große Sonderbauten ist der Brandschutz Teil des Genehmigungsverfahrens nach § 65 BauO NRW 2018 und für gewisse Einrichtungen stellt die Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an den Bau und Betrieb von Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17. März 2011 besondere Anforderungen an den Brandschutz. Dies dürfte Anlass sein, anlässlich der beantragten Nutzungsänderung auch die brandschutztechnische Qualität der Bauteile zumindest des Erdgeschosses einer Prüfung zu unterziehen.
50Jedenfalls ist ein Verstoß gegen § 30 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BauO NRW 2018 nicht gegeben, denn vorliegend ist durch Baulast weiterhin öffentlich-rechtlich gesichert, dass ein Abstand von mindestens 5 m von der östlichen Außenwand des Gebäudes F.-straße xxx auf Höhe der Doppelgarage zu bestehenden und künftigen Gebäuden besteht. Dies ergibt sich aus der im Baulastenverzeichnis unter Ziffer 3 lit. a) eingetragenen Baulast vom 17. März 1975, wonach für das heutige Grundstück der Kläger vorerst auf eine Bebauung verzichtet wird. Dadurch werde der Gebäudeabstand von 5 m vor den in der Grenzwand vorgesehenen Fenstern sichergestellt. Die Fenster befinden sich auf Höhe der (damals bekannten und genehmigten) Garagenöffnungen. Ein Verweis auf § 32 Abs. 6 S. 1 BauO NRW (1970) zu Brandwänden ist enthalten. Insofern waren sich die Eigentümer des Problems der Brandwand bewusst. Die Einschränkung auf eine bestimmte Nutzung des von der Baulast begünstigten Gebäudes ist nicht erkennbar.
51Eine zur Löschung führende Gegenstandslosigkeit der Regelung nach Ziffer 3 lit c.) ist derzeit nicht gegeben, da nach der getroffenen Regelung in Ziffer 3 lit c.) S. 1 dafür von einem Bauherrn auf dem Flurstück xxx (heute Flurstück xxx) nachgewiesen werden müsste, dass die Grenzwand auf dem Flurstück xxx die Eigenschaft einer Brandwand besitzt, also keine Öffnungen aufweist. Da die Garagenöffnungen nicht in der Feuerwiderstandsklasse F90 ausgeführt und weiterhin nicht verschlossen sind, der Nachweis durch die Kläger insofern nicht geführt werden kann und die Baulast nicht gelöscht ist, besteht die öffentlich-rechtliche Sicherung des 5 m Abstands auf Höhe der in Rede stehenden Garagenöffnungen weiterhin.
52Auch das Fehlen eines amtlichen Lageplans verletzt kein nachbarschützendes Bauordnungsrecht. Ein solcher Lageplan muss zwar unter Umständen vorgelegt werden, vgl. § 70 Abs. 2 S. 1 BauO NRW 2018 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 der Verordnung über bautechnische Prüfungen 1995 in der Fassung vom 1. Januar 2020. Allerdings ist § 70 Abs. 2 S. 1 BauO NRW 2018 nicht ohne Weiteres drittschützend. Zu einer Nachbarrechtsverletzung führt ein Verstoß erst dann, wenn sich infolgedessen nicht hinreichend beurteilen lässt, ob das Vorhaben die maßgeblichen nachbarschützenden Vorschriften des materiellen Baurechts einhält.
53Vgl. in dem Zusammenhang VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 6. September 2024 - 6 L 579/24 -, juris Rn. 24, und Urteil vom 9. Januar 2024 - 6 K 717/22 -, juris Rn. 28.
54Dies ist angesichts des Ausgeführten zu verneinen.
552.
56Nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts werden durch das genehmigte Vorhaben ebenfalls nicht verletzt.
57Die von den Klägern gerügte fehlende Sicherung der Erschließung, § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB), ist schon nicht drittschützend. Dass die Erschließung mangels Zufahrt zu den drei Stellplätzen nicht gesichert ist, ist vorliegend zudem fernliegend. Zwar gehört zu der Erschließung auch, dass Mindestbedingungen in verkehrlicher Hinsicht gegeben sein müssen.
58Vgl. in dem Zusammenhang nur BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1981 - 8 C 4/81 -, juris Rn. 26; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 30 Rn. 21 f.
59Angesichts des unmittelbaren Zugangs zu der baulichen Anlage über die F.-straße und des überschaubaren Verkehrsaufkommens durch das Vorhaben sind solche Mindestbedingungen hier ohne Weiteres gewährleistet.
60Aus dem Gebot der Rücksichtnahme, welches im Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ nach § 34 Abs. 1 BauGB enthalten ist,
61vgl. nur BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 4 C 12.14 -, juris Rn. 9,
62ergibt sich vorliegend nichts anderes. Eine vorhabenbedingte Überlastung der das Baugrundstück erschließenden Straße oder eine erhebliche Verschlechterung der Verkehrssituation durch unkontrollierten Parksuchverkehr und insofern eine nach Abwägung aller Belange unzumutbare Gesamtbelastung durch den Wegfall von drei Stellplätzen, ist an der Örtlichkeit – wie bereits geschildert – fernliegend. Eine gewisse Indizwirkung dürfte insofern der bereits angesprochenen Bagatellgrenze für Stellplätze bei Nutzungsänderungen zukommen, die sich auch in § 2 Abs. 2 S. 2 der Verordnung über notwendige Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrräder des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. März 2022 wiederfindet.
633.
64Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Antrag gestellt und sich damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ihrerseits einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
65Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 Zivilprozessordnung.
66Rechtsmittelbelehrung
67Innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils kann bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen schriftlich beantragt werden, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster die Berufung zulässt. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
68Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster schriftlich einzureichen.
69Der Antrag ist zu stellen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.