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Der Zurruhesetzungsbescheid der Bezirksregierung P. vom 25. Oktober 2022 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Der am 31. Juli 1958 geborene Kläger steht als Lehrer für die Sekundarstufe I (Besoldungsgruppe A 12, Erfahrungsstufe 12 Landesbesoldungsordnung Teil A) im Dienst des Beklagten. Zuletzt war er im Umfang von fünf Wochenstunden an der A.-Schule in Y. sowie im Umfang von 17 Wochenstunden an der Jugendkunstschule im Rahmen einer Schulersatzmaßnahme tätig.
3Im Jahr 2019 wurde beim Kläger eine Schwerbehinderung bei einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Dem Bericht des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. vom 18. November 2019 zufolge wurde beim Kläger eine schwere depressive Episode in rezidivierender Form diagnostiziert. Diese sei auf schwerwiegende Belastungen durch die Bedingungen und Gefährdungen an seinem Arbeitsplatz, insbesondere in Form von Morddrohungen, zurückzuführen.
4Mit Attest vom 4. März 2020 meldete sich der Kläger für seine Tätigkeit an der A.-Schule, mit Attest vom 24. März 2020 für beide Standorte seiner Tätigkeit bis zum 30. Juni 2020 dienstunfähig. Mit Schreiben vom 12. März 2020 erklärte er, dass es am 4. März 2020 in der von ihm unterrichteten 9. Klasse zu einer Konfrontation mit zwei Schülern gekommen sei, die sich geweigert hätten, seinen wiederholten Anweisungen, ein Fenster zu schließen, Folge zu leisten, und anschließend eine hinzukommende Kollegin bedrängt hätten. Mit Schreiben vom 13. Mai 2020 bot die Bezirksregierung P. dem Kläger ein Gespräch zur Gesundheitsprävention im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nach § 167 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) an. Unter dem 25. Mai 2020 erklärte der Kläger, dass die Einleitung des betrieblichen Eingliederungsmanagements zurzeit nicht möglich sei. Er werde sich zeitnah melden. Am 14. Juli 2020 meldete sich der Kläger für beide Standorte seiner Tätigkeit bis jedenfalls zum 28. Februar 2023 dienstunfähig.
5Mit Schreiben vom 22. Januar 2021 beauftragte die Bezirksregierung P. aufgrund der Krankmeldung das Gesundheitsamt der Stadt J. mit einer amtsärztlichen Untersuchung des Klägers zur Überprüfung seiner Dienstfähigkeit. Dabei bat sie insbesondere um Stellungnahme, ob der Kläger dauernd dienstunfähig sei und ob sein Gesundheitszustand noch einen Einsatz außerhalb des Unterrichts zulasse. Am 8. Oktober 2021 wurde der Kläger amtsärztlich untersucht. Aufgrund der Bitte des Amtsarztes F., eine neurologisch-psychiatrische Zusatzbegutachtung durchzuführen, erstellte Herr O. vom Neurologischen Facharztzentrum J. unter dem 25. Januar 2022 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten. Diesem zufolge wurde beim Kläger eine zu diesem Zeitpunkt leichtgradig ausgeprägte rezidivierende depressive Störung (F33.0) diagnostiziert. Zusammenfassend kam das Gutachten zu dem Ergebnis, dass es beim Kläger im Rahmen zunehmender beruflicher Belastungen und durch eine zunehmende Aggressivität der Schüler mit verbalen und teils auch körperlichen Bedrohungen zur Entwicklung einer depressiven Symptomatik gekommen sei. Diese habe sich dadurch verstärkt, dass der Kläger sich durch die Schulleitung, aber auch durch die Schulpolitik nicht ausreichend unterstützt gefühlt habe. Nach seiner Krankmeldung im März 2020 sei es therapeutisch zu einer medikamentösen antidepressiven Behandlung mit Citalopram sowie zur Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie mit zweiwöchigen Sitzungen gekommen. Unter diesen Maßnahmen habe sich die Beschwerdesymptomatik sukzessive gebessert, sodass sich hier nunmehr eine nur leichtgradig depressive Stimmungslage zeige, was auch mit der Selbsteinschätzung des Klägers im Rahmen des Tests zur Schwere der Depression korreliere. Eine Rückkehr an die Schule sei jedoch aktuell nicht möglich, weil es unter den dortigen Voraussetzungen mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder zu einer Verschlechterung des psychischen Zustandsbildes kommen werde. Eine Tätigkeit an einer anderen Schule schließe der Kläger aus, da er sich nicht nur durch die Schulleitung speziell an der A.-Schule in Y., sondern auch durch die Schulpolitik insgesamt als Lehrer nicht hinreichend unterstützt fühle. Insofern sei mit der Rückkehr seiner Leistungsfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate nicht zu rechnen, sodass eine überdauernde Dienstunfähigkeit festzustellen sei. Mit ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 21. April 2022 teilte Herr O. mit, die fehlende Möglichkeit der Rückkehr in die Dienstfähigkeit sei vom Kläger selbst angegeben worden, da dieser unter den gegebenen Umständen eine Verschlechterung des Zustandsbildes befürchte. Auch bei Fortführung der Therapie sei angesichts des Umstands, dass der Kläger nun seit mittlerweile zwei Jahren dienstunfähig sei und sich in dieser Zeit durchgehend in psychiatrischer Behandlung mit hochfrequenten psychotherapeutischen Gesprächen und unter Verordnung eines Antidepressivums befunden habe, ohne dass eine ausreichende Stabilisierung erreicht worden sei, um die berufliche Tätigkeit wieder aufzunehmen, nicht mit der Rückerlangung einer ausreichenden Leistungsfähigkeit absehbar zu rechnen. Neben dem Gutachten vom 25. Januar 2022 und der ergänzenden Stellungnahme von Herrn O. vom 21. April 2022 zog der Amtsarzt psychiatrisch-psychotherapeutische Fachgutachten des Facharztes Dr. M. vom 30. September 2021 und vom 11. Januar 2022 bei. In dem Gutachten vom 30. September 2021 war der Facharzt Dr. M. zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger an einer schweren depressiven Episode (ICD-Code F32.2G) in rezidivierender Form im Zustand eines floriden Stadiums mit schwerwiegenden Einbußen beruflicher und sozialer Anpassungsmöglichkeiten leide und der Folgezustand der Gesundheitsschäden so schwerwiegend sei, dass eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erreichbar sein werde. Beim Kläger hätten sich aus dem beruflichen Belastungsfeld schwerwiegende somatische und seelische Krankheitsbilder entwickelt, aufgrund derer sich Alltagskompetenzverluste zeigen würden. Der Verlauf der bisherigen Behandlung habe zu keinen Verbesserungen in der sozialen Regelung der Lebensumstände geführt. In dem späteren Gutachten vom 11. Januar 2022 kam der Facharzt Dr. M. zu dem Ergebnis, dass der Kläger seine berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen könne, sobald eine entsprechende Wiedereingliederung und Minderung der psychischen Gefährdungen und Belastungen nach dem Arbeitsschutzgesetz durch den Arbeitgeber erfolge. Inhaltlich seien diese Kernthemen bereits in einen Wiedereingliederungsplan und ein BEM-Verfahren eingearbeitet worden. In dem unter anderem auf Grundlage der amtsärztlichen Untersuchung vom 8. Oktober 2021, der psychiatrisch-psychotherapeutischen Fachgutachten vom 30. September 2021 und vom 11. Januar 2022, eines MRT-Befundberichtes der Halswirbelsäule vom 6. Dezember 2017, einer ärztlichen Bescheinigung zur Vorlage beim Versorgungsamt vom 8. November 2019, eines MRT-Befundberichtes des rechten Kniegelenkes vom 30. September 2021, eines Befundberichtes zur Beckenübersichtsaufnahme vom 14. Januar 2019, eines Abhilfebescheids vom 10. Dezember 2019 sowie des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Herrn O. vom 25. Januar 2024 und dessen ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 21. April 2022 angefertigten amtsärztlichen Gutachten vom 30. April 2022 führte der Amtsarzt F. aus, er schließe sich den Stellungnahmen des Fachgutachters O. an. Aus amtsärztlicher Sicht sei es unter der längeren beruflichen Entlastung und den durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zwar zu einer Stabilisierung gekommen, sodass derzeit nur noch eine leichte depressive Symptomatik bestehe. Trotzdem sei damit zu rechnen, dass der Kläger bei Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit in der Schule rasch dekompensieren und den Aufgaben des Dienstes erneut nicht mehr gewachsen sein werde. Auch bei Fortführung der Therapie sei nicht damit zu rechnen, dass der Kläger in den nächsten sechs Monaten eine ausreichende Leistungsfähigkeit zur Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit als Lehrkraft zurückerlangen können werde. Daher lägen die medizinischen Voraussetzungen der dauernden Dienstunfähigkeit umfassend vor. Die Leistungsminderung sei so stark ausgeprägt, dass auch keine anderweitige Verwendbarkeit und keine begrenzte Dienstunfähigkeit möglich seien. Hinsichtlich Empfehlungen zu Tätigkeiten, die der Kläger noch in Form eines positiven Leistungsbildes ausüben kann, enthielt das Gutachten die Bemerkung „entfällt“.
6Mit Schreiben vom 12. Mai 2022 hörte die Bezirksregierung P. den Kläger zu der beabsichtigen Zurruhesetzung an. Die Gleichstellungsbeauftragte stimmte der Maßnahme am 12. Oktober 2022 zu. Die Schwerbehindertenvertretung teilte mit Schreiben vom 16. Oktober 2022 mit, dass hinsichtlich der geplanten Zurruhesetzung des Klägers keine Bedenken bestehen würden. Der Personalrat stimmte der Maßnahme am 17. Oktober 2022 zu.
7Mit Bescheid vom 25. Oktober 2022 versetzte die Bezirksregierung P. den Kläger mit Ablauf des Monats, in dem die Verfügung zugestellt wurde, in den Ruhestand. Zur Begründung führte sie an: Die Versetzung in den Ruhestand beruhe auf § 26 Abs. 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) i. V. m. §§ 34 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. 36 Abs. 2 Satz 1 des Landesbeamtengesetzes NRW (LBG NRW). Der Kläger sei dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, weil er seit dem 14. Juli 2020 durchgehend dienstunfähig erkrankt sei und der Amtsarzt in seinem Gutachten vom 30. April 2022 zu dem Ergebnis komme, dass er auf Dauer, insbesondere in den folgenden sechs Monaten, nicht mehr in der Lage sei, seine Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich zu erfüllen. Es liege auch keine begrenzte Dienstfähigkeit gemäß § 27 Abs. 1 BeamtStG vor. Nach dem Gutachten sei zudem eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit für den Kläger auszuschließen. Unter dem Punkt „positives Leistungsbild“ seien keinerlei Tätigkeiten aufgeführt, die er derzeit noch ausüben könne. Dabei würden keine Anhaltspunkte bestehen, an den ausführlichen und nachvollziehbaren Feststellungen des Amtsarztes zu zweifeln. Der Bescheid vom 25. Oktober 2022 wurde dem Kläger am 26. Oktober 2022 zugestellt.
8Der Kläger hat am 7. November 2022 Klage gegen seine Zurruhesetzung erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Zurruhesetzungsverfügung sei bereits deshalb rechtswidrig, weil er im maßgeblichen Zeitpunkt von deren Erlass nicht dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 BeamtStG gewesen sei. Eine Dienstunfähigkeit im Sinne dieser Vorschriften lasse sich auf Grundlage des amtsärztlichen Gutachtens vom 30. April 2022 nicht eindeutig feststellen. Die zugrundeliegende Begutachtung durch den Amtsarzt sei nicht umfassend gewesen und beruhe teilweise auf Tatsachen, die seinen psychischen Zustand nicht zutreffend wiedergeben würden. Die amtsärztliche Begutachtung sei unmittelbar nach seinem zweijährigen Krankenstand erfolgt, wobei in diesem Zeitraum durch den Beklagten keine Versuche vorgenommen worden seien, eine adäquate Lösung für seine Wiedereingliederung zu finden. Auch wenn er seit dem 14. Juli 2020 durchgehend krankgeschrieben sei, was die Voraussetzungen von § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG übertreffe, habe eine Prognose, dass keine Aussicht auf volle Wiederherstellung der Dienstfähigkeit innerhalb der kommenden sechs Monate bestehe, nicht angenommen werden können. Bereits dem amtsärztlichen Gutachten sei deutlich zu entnehmen gewesen, dass mit fortschreitender Zeit eine gesundheitliche Genesung zu erwarten gewesen sei, solange ihm außerhalb der Lehrkrafttätigkeit, wenn nicht sogar lediglich an einer anderen Schule, eine anderweitige Verwendung ermöglicht worden wäre. Dementsprechend sei er derzeit durchaus dienstfähig und bereit sowie imstande, Tätigkeiten als Lehrer in einer anderen Schule oder außerhalb der Lehrtätigkeit zu übernehmen. Hierzu legt er ein psychiatrisch-psychotherapeutisches Fachgutachten des Facharztes Dr. M. vom 19. Februar 2024 vor, demzufolge er – der Kläger – aus fachärztlicher Sicht voll dienstfähig sei und seine berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen könne, sobald eine entsprechende Wiedereingliederung und Minderung der psychischen Gefährdungen und Belastungen nach dem Arbeitsschutzgesetz durch den Arbeitgeber erfolge. Außerdem habe der Beklagte seine Verpflichtung zu prüfen, ob er, der Kläger, behördenübergreifend anderweitig habe beschäftigt werden können, nicht erfüllt. Die Gefahr der Dekompensation sei bei ihm nur für die Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit als Lehrer festgestellt worden, nicht jedoch für eine anderweitige Verwendung. Das fehlende positive Leistungsbild beziehe sich daher allein auf die Tätigkeit als Lehrkraft und nicht auch zusätzlich auf eine anderweitige Verwendung. Schließlich sei hinsichtlich seines gesundheitlichen Zustands eine Stabilisierung erfolgt und liege nur noch eine leichte Symptomatik vor. Dem amtsärztlichen Gutachten sei zu entnehmen, dass mit fortschreitender Zeit eine gesundheitliche Genesung zu erwarten sei, solange ihm außerhalb der Lehrtätigkeit oder zumindest an einer anderen Schule eine anderweitige Verwendung ermöglicht werde. Soweit das amtsärztliche Gutachten feststelle, dass die Leistungsminderung derart stark ausgeprägt sei, dass keine anderweitige Verwendbarkeit möglich sei und keine begrenzte Dienstunfähigkeit vorliege, obwohl aus amtsärztlicher Sicht unter längerer beruflicher Entlastung und durchgeführten Behandlungsmaßnahmen eine Stabilisierung seines Gesundheitszustands erfolgt sei und derzeit nur noch eine leichte depressive Symptomatik vorliege, sei dies widersprüchlich. Das angeblich nicht bestehende positive Leistungsbild werde ohne nähere Begründung pauschal festgestellt. Die Suchpflicht nach einer anderweitigen Verwendung sei auch deshalb nicht hinreichend erfüllt, weil nicht annähernd oder konkret belegt worden sei, welche seiner Einschränkungen überhaupt besprochen worden seien und welche möglichen Einsatzfelder über die Tätigkeit als Lehrkraft hinaus in Betracht gezogen werden könnten. Außerdem sei die vorliegende Zurruhesetzungsverfügung ermessensfehlerhaft ergangen, weil der Beklagte die für ihn, den Kläger, günstigen Umstände nicht berücksichtigt habe. Dabei handele es sich nicht um eine gebundene Entscheidung, weil die Tatbestandsvoraussetzungen von § 26 Abs. 1 BeamtStG i. V. m §§ 33, 34 LBG NRW wegen der Regelung in § 26 Abs.1 Satz 3 BeamtStG, wonach in den Ruhestand nicht versetzt werde, wer anderweitig versetzbar sei, nicht erfüllt seien. Davon abgesehen sei die Versetzung in den Ruhestand vorliegend treuwidrig, weil der Beklagte für seine Erkrankung verantwortlich sei. Der Beklagte habe nämlich gesetzeswidrig die psychische Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 6 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbeitsSchG) unterlassen. Insbesondere stelle ein Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) keine psychische Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich seiner Person dar.
9Der Kläger beantragt,
10den Zurruhesetzungsbescheid der Bezirksregierung P. vom 25. Oktober 2022 aufzuheben.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung wiederholt und vertieft er im Wesentlichen die Begründung des angegriffenen Bescheides. Ergänzend trägt er vor, der Kläger sei im Zeitpunkt des Be-scheiderlasses in Bezug auf die Dienstpflichten des abstrakt-funktionellen Amtes eines Lehrers mit Befähigung für die Sekundarstufe I dienstunfähig gewesen. Der für die Vermutung von § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erforderliche Zeitraum sei in diesem Zeitpunkt überschritten gewesen, weil der Kläger bereits über 26 Monate krank gewesen sei. Eine andere Bewertung würde sich nicht aus den Stellungnahmen des Facharztes Dr. M. ergeben. Die medizinische Beurteilung des Amtsarztes habe wegen dessen Neutralität Vorrang vor denjenigen von Privatärzten. Vorliegend falle auf, dass der Facharzt Dr. M. ein Instrument mit dem Namen „monos prevention tool“ auffallend oft verwende, wobei die hinter diesem Instrument stehende GmbH die gleiche Anschrift besitze wie die Praxis des Arztes und dieser wiederum eine E-Mail-Adresse mit der Domain der GmbH habe. Vor diesem Hintergrund bestehe der Eindruck, dass im vorliegenden Fall private, wirtschaftliche Eigeninteressen des Facharztes Dr. M. vorhanden sein könnten. Demgegenüber sei das amtsärztliche Gutachten, demzufolge zwar eine Besserung des Gesundheitszustands des Klägers nach zweijähriger Behandlung erfolgt sei, jedoch die Gefahr einer raschen Dekompensation auch bei Fortführung der Behandlung bei einer Rückkehr in die Schule bestehe, nicht widersprüchlich. Wegen der Feststellung des Amtsarztes, dass der Kläger auf Dauer nicht in der Lage sei, seine Dienstpflichten auszuüben, sei es obsolet, eine Prognose über die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit abzugeben. Die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 BeamtStG liege im Fall des Klägers nicht vor. Die Feststellung des Amtsarztes, dass der Kläger dauerhaft dienstunfähig sei, beziehe sich auf das abstrakt-funktionelle Amt und nicht allein auf die konkrete Stelle an einer bestimmten Schule. Außerdem sei die Suchpflicht vorliegend entfallen, weil die Erkrankung des Klägers von einer solchen Art und Schwere sei, dass er für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die er wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich nicht geeignet sei. Der Amtsarzt sei explizit auch damit beauftragt worden, im Falle einer Dienstunfähigkeit zu begutachten, welche Tätigkeiten der Kläger noch verrichten könne und sei dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Punkt „positives Leistungsbild“ entfalle. Die Ausführungen des Klägers zu einer fehlerhaften Ermessensausübung würden ins Leere gehen, weil es sich bei der Zurruhesetzung um eine gebundene Entscheidung handele. Die Ursache für die Dienstunfähigkeit sei für die Rechtsmäßigkeit der Versetzung in den Ruhestand irrelevant. Dies gelte selbst dann, wenn die Dienstunfähigkeit durch ein Verhalten des Dienstherrn hervorgerufen worden sei. Ein eigenes Fehlverhalten von ihm, dem Beklagten, liege der Erkrankung des Klägers aber nicht zugrunde, weil insbesondere eine psychische Gefährdungsbeurteilung in Form von COPSOQ erfolgt sei.
14Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen jeweils vom 28. Januar 2025 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
15Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und des Gesundheitsamtes der Stadt Z. ergänzend Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe
17Das Gericht kann gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierauf mit Schriftsätzen vom 28. Januar 2025 verzichtet haben.
18Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
19Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1 Alt. 1. VwGO ist nach wie vor zulässig. Dadurch, dass der im Jahr 1958 geborene Kläger zwischenzeitlich die für ihn gemäß § 31 Abs. 2 LBG NRW geltende Regelaltersgrenze von 66 Jahren erreicht hat, ist das Rechtsschutzinteresse für die Anfechtungsklage nicht nachträglich entfallen. Die streitgegenständliche Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit hat für diesen trotz des zwischenzeitlichen Erreichens der Regelaltersgrenze noch nachteilige Auswirkungen durch den Verlust der aktiven Dienstbezüge ab dem Zeitpunkt von deren Geltung.
20Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 -, juris Rn. 34.
21Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Bezirksregierung I. vom 25. Oktober 2022 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22Zwar bestehen keine Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 12. Mai 2022 zur beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand angehört. Die Gleichstellungsbeauftragte wurde in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben § 18 Abs. 2 des Landesgleichstellungsgesetzes Nordrhein-Westfalen (LGG NRW) beteiligt und stimmte der Maßnahme am 12. Oktober 2022 zu. Die Schwerbehindertenvertretung wurde gemäß § 178 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) angehört und teilte unter dem 16. Oktober 2022 mit, dass sie keine Bedenken hinsichtlich der geplanten Zurruhesetzung des Klägers habe. Die nach den §§ 66, 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 des Landespersonalvertretungsgesetzes Nordrhein-Westfalen (LPVG NRW) erforderliche Zustimmung des Personalrats erteilte dieser am 17. Oktober 2022.
23Die angefochtene Zurruhesetzungsverfügung ist aber materiell rechtswidrig.
24Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Von einer Dienstunfähigkeit kann gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG im Sinne einer Vermutung auch dann ausgegangen werden, wenn der betroffene Beamte infolge einer Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb von sechs Monaten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW) seine Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist.
25Bei der gerichtlichen Überprüfung einer Versetzung in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung an.
26Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2014 - 2 B 24.12 -, juris, Rn. 12, und Urteile vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 -, juris, Rn. 11, und vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, juris, Rn. 16 ff.; OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2023 - 6 A 610/21 -, juris, Rn. 12, vom 23. März 2023 - 6 A 745/20 -, juris, Rn. 8, und vom 25. November 2022 - 6 A 1014/21 -, juris, Rn. 11.
27Gemessen an diesen Maßstäben ist der Beklagte in rechtswidriger Weise davon ausgegangen, dass der Kläger allgemein dienstunfähig i. S. v. § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG ist.
28Zwar erfüllte der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung vom 25. Oktober 2022 grundsätzlich die für eine vermutete Dienstunfähigkeit im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erforderlichen retrospektiven Fehlzeiten. Denn der Kläger war jedenfalls seit dem 14. Juli 2020 bis zum Erlass der streitgegenständlichen Verfügung für seine gesamte Tätigkeit sowohl an der A.-Schule als auch an der Jugendkunstschule ohne Unterbrechung durchgängig dienstunfähig erkrankt.
29Doch erweist sich die von dem Beklagten getroffene und nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erforderliche Prognoseentscheidung, dass der Kläger auch während der weiteren sechs Monate dienstunfähig erkrankt sein werde, im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung als rechtswidrig. Denn die Annahme der weiteren Dienstunfähigkeit innerhalb von mindestens weiteren sechs Monaten ab der Entscheidung über die Zurruhesetzung kann entgegen der Annahme des Beklagten nicht auf das amtsärztliche Gutachten vom 30. April 2022 gestützt werden und ergibt sich auch nicht aus sonstigen Umständen.
30Dies begründet sich bereits darin, dass dem amtsärztlichen Gutachten keine substantiierte Begründung der damals aktuellen Dienstunfähigkeit des Klägers überhaupt und damit erst recht keine tragfähige Prognose entnommen werden kann.
31Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die gesundheitlichen Leistungsbeeinträchtigungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Dies setzt in der Regel medizinische Sachkunde voraus, über die nur ein Arzt verfügt. Ein ärztliches Gutachten muss aber, um Grundlage für eine vorzeitige Zurruhesetzung zu sein, die medizinischen Befunde und Schlussfolgerungen so plausibel und nachvollziehbar darlegen, dass die zuständige Behörde bzw. das zur Entscheidung berufene Gericht auf dieser Grundlage entscheiden kann, ob der Beamte zur Erfüllung der Dienstpflichten seines (abstrakt-funktionellen) Amtes dauernd unfähig ist. Es muss nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Es muss darüber hinaus auch in medizinischer Hinsicht die erforderlichen tatsächlichen Grundlagen dafür liefern, dass der Dienstherr darüber entscheiden kann, ob der Beamte anderweitig auf einem anderen (und ggf. wie beschaffenen) Dienstposten verwendbar ist.
32Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Juli 2022 - 2 A 4.21 -, juris, Rn. 48, und vom 16. November 2017 - 2 A 5.16 -, juris, Rn. 23; OVG NRW, Beschlüsse vom 6. März 2023 - 6 A 1652/20 -, juris, Rn. 37, und vom 23. März 2023 - 6 A 745/20 -, juris, Rn. 14 f., sowie Urteil vom 8. April 2020 - 6 A 48/19 -, juris Rn. 17.
33Die Einschaltung eines Arztes bedeutet nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen werden darf. Aufgabe des Arztes ist es (lediglich), den Gesundheitszustand des Beamten festzustellen und medizinisch zu bewerten; hieraus die Schlussfolgerungen für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen, ist dagegen Aufgabe der Behörde und ggf. des Gerichts. Der Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um den zuständigen Stellen diejenige Fachkenntnis zu vermitteln, die für deren Entscheidung erforderlich ist.
34Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Juli 2022 - 2 A 4.21 -, juris, Rn. 49, vom 16. November 2017 - 2 A 5.16 -, juris, Rn. 25, und vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, juris, Rn. 18.
35Bei einer Prüfung nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG muss insbesondere plausibel sein, dass keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist.
36Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07 -, m.w.N. zum insoweit gleichlautenden § 42 BBG a.F., juris, Rn. 35 ff.
37Ausgehend hiervon ergibt sich aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 30. April 2022 nicht, dass der Kläger damals überhaupt bezüglich des abstrakt-funktionellen Amtes eines Lehrers für die Sekundarstufe I dienstunfähig war.
38Das Gutachten stützt die Annahme der Dienstunfähigkeit des Klägers auf die Beurteilung von Herrn O., dass es bei einer Rückkehr an die A.-Schule mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder zu einer Verschlechterung seines psychischen Zustands kommen würde. Diese Feststellung ist angesichts des Umstands, dass die beim Kläger diagnostizierte rezidivierende depressive Störung dessen eigenen, nachvollziehbaren Angaben zufolge auf Konflikte mit Schülern an dieser Schule zurückzuführen ist, plausibel. Das amtsärztliche Gutachten kommt ferner zu dem Ergebnis, dass dies auch für einen Einsatz des Klägers an einer anderen Schule gelte, wobei es sich insoweit ebenfalls vollumfänglich auf die Darstellung von Herrn O. stützt, der zugrunde legt, dass der Kläger die Tätigkeit an einer anderen Schule ausschließe, weil er sich nicht nur durch die Schulleitung an der A.-Schule, sondern auch durch die Schulpolitik insgesamt als Lehrer nicht hinreichend unterstützt fühle. Anhand dieser Aussage ist es zwar nicht fernliegend, dass der Kläger im Falle einer Tätigkeit an einer anderen Schule die gleichen psychischen Probleme entwickeln würde wie an der A.-Schule. Dieser Befund wird aber weder in dem amtsärztlichen Gutachten vom 30. April 2022 noch in dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten von Herrn O. vom 25. Januar 2022 in irgendeiner Weise medizinisch unterfüttert, sondern beruht allein auf den vagen, persönlichen Befürchtungen des Klägers. Dabei ist es nach Auffassung der Kammer nicht völlig unrealistisch, dass der Kläger an einer anderen Schule in der Sekundarstufe I eingesetzt werden könnte, an der das Umgangsklima mit der Schülerschaft vielleicht weniger konfliktträchtig ist und an der die Wahrscheinlichkeit einer Dekompensation deutlich geringer wäre. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass sich aus dem von Herrn O. erstellten neurologisch-psychiatrischen Gutachten ergibt, dass sich der psychische Zustand des Klägers durch die Behandlung mit Citalopram und die Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie verbessert hat und die depressive Störung des Klägers daher nur noch leichtgradig ist. Diese Verbesserung des gesundheitlichen Zustands kommt auch in den beiden im amtsärztlichen Gutachten berücksichtigten privatärztlichen Gutachten des Facharztes Dr. M. zum Ausdruck. Während laut dessen Gutachten vom 30. September 2021 eine Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht mehr erreichbar schien, kam dessen Gutachten vom 11. Januar 2022 zu dem Ergebnis, dass der Kläger seine berufliche Tätigkeit nach Wiedereingliederung und Minderung der psychischen Gefährdungen wieder aufnehmen könne. Vor diesem Hintergrund wäre eine eingehende medizinische Begründung erforderlich gewesen, warum die Gefahr einer Dekompensation generell für die Wiederaufnahme der Tätigkeit als Lehrer besteht und nicht nur bei einer Rückkehr in den Dienst an der A.-Schule. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil das Krankheitsbild einer rezidivierenden depressiven Störung vielgestaltig sein kann, häufig wechselnd ist und gerade keinen klaren Verlauf hat, weswegen sich hieraus ohne Weiteres keine eindeutigen Folgen für die berufliche Tätigkeit herleiten lassen.
39Dementsprechend genügen die nicht hinreichend substantiierten Angaben im amtsärztlichen Gutachten vom 30. April 2022 zur Frage, ob der Kläger auch hinsichtlich eines Einsatzes an einer anderen Schule dienstunfähig ist, auch nicht, um eine belastbare Prognose hinsichtlich seiner Dienstfähigkeit anstellen zu können. Dass der Kläger angesichts der diagnostizierten rezidivierenden depressiven Störung prognostisch auch nach sechs Monaten nicht mehr in der Lage sein soll, unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Tätigkeit an einer anderen Schule sein abstrakt-funktionelles Amt als Lehrer auszuüben, ohne dass es wenigstens zu erheblichen und daher dem Dienstherrn unzumutbaren Ausfällen kommt, ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar.
40Dieser Forderung, dass die Ausführungen des Amtsarztes zur prognostizierten Dienstunfähigkeit hinsichtlich der Tätigkeit des Beamten im abstrakt-funktionellen Amt in seiner gesamter Bandbreite dezidiert und nachvollziehbar medizinisch zu untermauern sind, stehen auch datenschutzrechtliche Erwägungen, insbesondere die Regelungen in § 24 Abs. 3, Abs. 5 des Gesundheitsdatenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen (GDSG NRW) i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 1. Alt., Sätze 2 und 3 der Verordnung über die amtliche Begutachtung der unteren Gesundheitsbehörde für den öffentlichen Dienst (VO-Begutachtung) nicht entgegen. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 VO-Begutachtung dürfen den personalverwaltenden Stellen in der Regel nur die Ergebnisse der Untersuchung und dabei festgestellte Risikofaktoren, die die Dienstfähigkeit beeinträchtigen, aus den Gutachten vorgelegt werden. § 2 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. VO-Begutachtung zufolge verwendet die untere Gesundheitsbehörde bei Zurruhesetzungen für die Mitteilung des Ergebnisses an die personalverwaltende Stelle das Muster der Anlage 2. Weitere, über diese Anlage hinausgehende Einzelangaben sind gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 VO-Begutachtung auf Verlangen der personalverwaltenden Stelle zu übermitteln und zu würdigen, wobei gemäß Satz 3 deren Weitergabe nur ausnahmsweise zulässig ist, wenn die personalverwaltende Stelle dies im Einzelfall begründet und dabei darlegt, aus welchen Gründen diese Angaben benötigt werden. Zwar entspricht die Mitteilung des Amtsarztes F. an den Beklagten vom 30. April 2022 dem Umfang der Anlage 2 zur VO-Begutachtung. Es spricht aber einiges dafür, dass der Beklagte auf der Grundlage von § 24 Abs. 3 Satz 2 GDSG NRW, wonach die Weitergabe von Einzelergebnissen der Anamnese, der Untersuchung, von ergänzenden Befunden und Diagnosen an den Dienstherrn zulässig ist, soweit deren Kenntnis zur Entscheidung über die konkrete Maßnahme, zu deren Zweck die Untersuchung durchgeführt worden ist, erforderlich ist, weitere Auskünfte einholen durfte. Jedenfalls ist der hier ausschließlich genutzte Rahmen des Inhalts, der gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 1. Alt. und damit letztlich in Gestalt des Musters der Anlage 2 der VO-Begutachtung vom Amtsarzt an den Dienstherrn übermittelt werden darf, zu eng gefasst. Denn – ungeachtet der Frage, ob eine derart restriktive Festlegung des regelmäßigen Umfangs der amtsärztlichen Mitteilungen gegenüber dem Dienstherrn angesichts der insofern weiteren Regelung in § 24 Abs. 3 Satz 2 GDSG überhaupt von § 24 Abs. 5 GDSG NRW als Rechtsgrundlage der VO-Begutachtung gedeckt ist –, ist der Dienstherr allein auf Grundlage des Musters der Anlage 2 nicht in der Lage, die an ihn insbesondere durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – bundes- und daher höherrechtlich – gestellten Anforderungen, wie sie auch oben bereits dargestellt wurden, hinsichtlich der Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Beamten hinreichend zu erfüllen. Demnach wird ein Amtsarzt als Sachverständiger für den Dienstherrn tätig. Dieser ist auf seine Hilfe angewiesen, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich, insbesondere hinsichtlich der Frage, welche Folgen sich aus den ärztlich festgestellten Leistungseinschränkungen für die amtsbezogenen Dienstpflichten ergeben, auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2022 - 2 C 4.21 - juris, Rn. 22 f.
42Eine Entscheidung des Dienstherrn über die Dienstfähigkeit eines Beamten allein aufgrund einer Mitteilung des Ergebnisses der amtsärztlichen Untersuchung, die nur die in Anlage 2 der VO-Begutachtung vorgesehenen Angaben enthält, liefe darauf hinaus, dass – wie es auch vorliegend im Wesentlichen erfolgt ist – der Dienstherr dem Amtsarzt die Entscheidung über die Dienstfähigkeit des Beamten faktisch überträgt, weil er lediglich Ergebnisse erhält und daher mangels tieferer Erläuterungen nicht mehr hinreichend in der Lage ist, die Feststellungen des Amtsarztes zu würdigen und auf ihrer Grundlage eine eigenständige Beurteilung vorzunehmen. Soweit die Regelungen in der VO-Begutachtung aus Gründen des Datenschutzes und damit an sich zugunsten des Beamten erfolgt sind, ist zu beachten, dass eine Weitergabe der vom Amtsarzt im Rahmen der von ihm durchgeführten Untersuchung erhobenen Daten an den Dienstherrn in einem aussagekräftigen Umfang gerade im Interesse des Beamten liegt. Denn auf diese Weise wird verhindert, dass seine Zurruhesetzung beinahe automatisch auf Grundlage eines vom Amtsarzt mitgeteilten Ergebnisses ohne weitere eigenständige Prüfung durch den Dienstherrn – und folglich auch des Gerichts – erfolgt. Nur wenn der Amtsarzt dem Dienstherrn das Ergebnis seiner Untersuchung in einer Weise mitteilt, dass dieses sowohl für den Dienstherrn als auch für Gerichte, die dessen Entscheidung überprüfen, nachvollziehbar und hinreichend überprüfbar ist, wird der aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) folgenden Rechtsweggarantie des Beamten in ausreichendem Maße Rechnung getragen.
43Davon abgesehen ist die Zurruhesetzung des Klägers auch deshalb rechtswidrig, weil nicht hinreichend geprüft worden ist, inwieweit eine anderweitige Verwendung nach § 26 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 und 3 BeamtStG für ihn in Betracht kommt. Der Beklagte hat sich insoweit nicht auf die Suche nach einer solchen begeben, obwohl er nach Annahme der Dienstunfähigkeit des Klägers hierzu gehalten war.
44Mit den benannten Vorschriften, die Ausdruck des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“ sind, geht grundsätzlich eine gesetzliche Pflicht zur Suche nach anderweitigen, dem betroffenen Beamten gesundheitlich möglichen und zumutbaren Verwendungen einher.
45Vgl. ausführlich BVerwG, Urteile vom 16. November 2017 - 2 A 5.16 -, juris, Rn. 31 ff., und vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, juris, Rn. 25 ff. (zu den insoweit inhaltsgleichen Vorschriften des § 44 BBG bzw. § 42 Abs. 3 BBG a. F.).
46Die Verpflichtung zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten entfällt allerdings dann, wenn ihr Zweck im konkreten Einzelfall von vornherein nicht erreicht werden kann. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Beamte auf absehbare Zeit oder auf Dauer keinerlei Dienst leisten kann. Ist der Beamte generell dienstunfähig, ist eine Suche nach in Betracht kommenden anderweitigen Dienstposten oder Tätigkeitsfeldern nicht erforderlich. Eine solche generelle Dienstunfähigkeit ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass er für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die er wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist oder wenn bei dem Beamten keinerlei Restleistungsvermögen mehr festzustellen ist.
47Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. November 2017 - 2 A 5.16 -, juris, Rn. 34, vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - juris, Rn. 34, und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, juris, Rn. 40.
48Zu Unrecht nimmt der Beklagte unter Berufung auf das amtsärztliche Gutachten vom 30. April 2022 in diesem Zusammenhang an, dass die Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung im Falle des Klägers nicht vorliegen würden. Das vorgenannte Gutachten verhält sich nicht in hinreichend substantiierter Weise zu der Frage der anderweitigen Verwendbarkeit des Klägers. Allein aus dem Umstand, dass die Bezirksregierung P. in ihrem Schreiben vom 22. Januar 2021 das Gesundheitsamt der Stadt J. gebeten hat, ergänzend darauf einzugehen, ob der Gesundheitszustand des Klägers noch einen Einsatz außerhalb des Unterrichts zulässt, und das amtsärztliche Gutachten vom 30. April 2022 zu der Frage, welche Tätigkeiten der Kläger als positives Leistungsbild noch ausüben kann, lediglich die Angabe „entfällt“ enthält, lässt sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht schließen, dass eine anderweitige Verwendung von vornherein ausgeschlossen ist. Angesichts fehlender über diesen pauschalen Vermerk hinausgehender Angaben hierzu ist in keiner Weise ersichtlich, dass der Amtsarzt F. irgendwelche alternativen Verwendungsmöglichkeiten für den Kläger in den Blick genommen und anhand des Krankheitsbildes untersucht hat, inwieweit seine Verwendung in diesem Bereich möglich ist. Vor dem Hintergrund, dass die Ursache der Erkrankung soweit ersichtlich jedenfalls maßgeblich in den belastenden Konflikten mit der Schülerschaft bestand und dass das Krankheitsbild einer rezidivierenden depressiven Störung – wie ausgeführt – vielgestaltig sein kann und sich aus diesem keine eindeutigen Folgen für die berufliche Tätigkeit herleiten lassen, hätte es einer eingehenden Erläuterung bedurft, warum das konkrete Krankheitsbild des Klägers auch einer anderweitigen Verwendung entgegensteht. Das amtsärztliche Gutachten vom 30. April 2022 stellt auch keine hinreichende Grundlage dar, um von vornherein eine generelle Dienstunfähigkeit des Klägers, die auch andere Laufbahnen erfasst und jegliches Restleistungsvermögen ausschließt, annehmen zu können. Angesichts des Umstands, dass die depressive Störung dem Gutachten zufolge nur leichtgradig ausgeprägt war, lag gerade nicht auf der Hand, dass eine Verwendung des Klägers in einem anderen Bereich als der Tätigkeit als Lehrer von vornherein ausschied.
49Auch der Umstand, dass der Kläger mit Ablauf des 31. Juli 2024 die Regelaltersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand erreicht hat, die bei ihm angesichts seines Geburtsjahres 1958 gemäß § 31 Abs. 2 LBG NRW bei 66 Jahren liegt, lässt die aus § 26 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 und 3 BeamtStG folgende Pflicht zur Suche nach einer anderen Verwendungsmöglichkeit und deren Prüfung durch den Beklagten nicht von vornherein entfallen. Zwar ist der Dienstherr berechtigt, den Beamten in den Ruhestand zu versetzen, wenn im Einzelfall bis zur gesetzlichen Altersgrenze nur noch eine kurze Restdienstzeit verbleibt, für die infrage kommende Stelle eine längere Unterweisungszeit erforderlich wäre und damit keine versorgungsrechtliche Härte verbunden ist.
50Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 -, Rn. 84, juris; Metzler-Müller, Rieger, Seeck, Zentgraf, Beamtenstatusgesetz Kommentar, 5. Aufl. 2020, § 26, 3.2.
51Vorliegend hat der Beklagte aber keine andere konkrete Verwendungsmöglichkeit für den Kläger überhaupt in den Blick genommen, hinsichtlich der eine im Verhältnis zur Restdienstzeit zu lange Unterweisungszeit hätte bestehen können, sondern unmittelbar darauf abgestellt, dass unter dem Punkt „positives Leistungsbild“ keinerlei Tätigkeiten aufgeführt seien, die er derzeit noch ausüben könne.
52Ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme, weist die Kammer darauf hin, dass sonstige vom Kläger gerügte „Ermessensfehler“ hingegen nicht vorliegen, da es sich bei einer Versetzung in den Ruhestand im Übrigen um eine gebundene Entscheidung handelt. Zudem war die streitgegenständliche Zurruhesetzung des Klägers auch nicht treuwidrig. Die Ursache für die Dienstunfähigkeit des Beamten im Einzelfall ist nicht relevant für die Frage der Rechtmäßigkeit der Versetzung in den Ruhestand.
53Vgl. Verwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 13. Januar 2015 - 2 K 539/13 -, Rn. 58, juris.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).
55Rechtsmittelbelehrung
56Innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils kann bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen schriftlich beantragt werden, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster die Berufung zulässt. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
57Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster schriftlich einzureichen.
58Der Antrag ist zu stellen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.