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die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 256/25 gegen den Feststellungsbescheid der Bezirksregierung J. vom 16. Dezember 2024 wird angeordnet, soweit sich die Klage auf die Anfechtung der Nichtzuweisung der Leistungsgruppe 16.4 (Pankreaseingriffe) bezieht. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 25.000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der dem Tenor sinngemäß entsprechende Antrag der Antragstellerin hat Erfolg.
3Er ist zulässig und begründet.
4I.
5Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig und insbesondere statthaft.
6Die in der Hauptsache gemäß § 42 Abs. 1, 1 Fall VwGO erhobene Anfechtungsklage, der gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 16 Abs. 5 des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 702), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 2023 (GV. NRW. S. 1278), keine aufschiebende Wirkung zukommt, ist statthaft, soweit die Antragstellerin sich hiermit gegen die Versagung eines Versorgungsauftrags und der damit der Sache nach verbundenen Untersagung der Erbringung und Abrechnung von Leistungen in der Leistungsgruppe 16.4 (Pankreaseingriffe) durch Bescheid des Antragsgegners vom 16. Dezember 2024 wendet.
7Der streitgegenständliche Feststellungsbescheid des Antragsgegners vom 16. Dezember 2024 enthält in Bezug auf die Nichtausweisung der Leistungsgruppe 16.4 (Pankreaseingriffe) eine die Antragstellerin belastende Regelung im Sinne von § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Die Ablehnung der Zuweisung der Leistungsgruppe 16.4 hat den Entfall eines zuvor zugunsten der Antragstellerin bestehenden Versorgungsauftrags ab dem 1. April 2025 zur Folge. Dieser ist Grundlage einer zugunsten der Antragstellerin bestehenden Zahlungsverpflichtung der Kostenträger und eines Anspruchs der Antragstellerin auf Förderung aus § 8 Abs. 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG). Hiernach ist das Bestehen eines Versorgungsauftrags rechtliche Grundlage für eine Zahlungsverpflichtung der Kostenträger.
8Der Versorgungsauftrag bestimmt, welche medizinischen Leistungen ein Krankenhaus erbringen darf und muss (§ 39 Abs. 1 Satz 3, § 109 Abs. 4 Satz 2 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch – SGB V –). Er bestimmt weiter, über welche diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten (§ 107 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) und welches jederzeit verfügbare ärztliche, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technische Personal (§ 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V) das Krankenhaus hierzu vorhalten muss. Die Bestimmung und nähere Eingrenzung des Versorgungsauftrags dient dazu, die begrenzten finanziellen Mittel zur Krankenhausfinanzierung und zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausbehandlung sparsam einzusetzen und Überkapazitäten zu vermeiden. Die nähere Bestimmung und Eingrenzung des Versorgungsauftrags dient insoweit der am konkreten Versorgungsbedarf im Einzugsbereich des Krankenhauses orientierten Steuerung des Versorgungsgeschehens. Inhaltlich wird mit dem Versorgungsauftrag u.a. konkret eingegrenzt, welche Leistungen das Krankenhaus selbst durchführen darf. Er ergibt sich bei einem Plankrankenhaus, wie das der Antragstellerin, aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG,
9vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 2024 – 13 B 419/24 – (n.v.).
10Ausweislich der an sie gerichteten Feststellungsbescheide verfügte die Antragstellerin im Zeitpunkt des Ergehens des streitgegenständlichen Bescheides über einen Versorgungsauftrag, der sie zur Erbringung und entsprechender Abrechnung von medizinischen Leistungen berechtigte, die nunmehr unter die Leistungsgruppe 16.4 (Pankreaseingriffe) fallen. Dass diese Leistungen der Antragstellerin nach der im Krankenhausplan 2015 angelegten Verteilungssystematik nach Abteilungen und Betten unter dem Bereich „Chirurgie“ zugewiesen waren, welche nun mit verändertem Leistungsspektrum als Leistungsgruppe 9.1 „allgemeine Chirurgie“ im Krankenhausplan geregelt ist, ändert nichts an ihrer vorigen materiellen Berechtigung.
11Die Notwendigkeit der Stellung eines Eilantrags nach § 123 Abs. 1 VwGO zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Wege des Erlasses einer rechtskreiserweiternden Regelungsanordnung folgt nicht aus § 16 Abs. 1 Satz 2 des KHGG NRW, wonach die den jeweiligen Leistungsgruppen zugehörigen Leistungen nur erbracht werden dürfen, wenn sie im Feststellungsbescheid zugewiesen wurden.
12Zwar würde aus der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO keine vorläufige Zuweisung der streitbefangenen Leistungsgruppe nach der dem Krankenhausplan 2022 zugrundeliegenden Systematik folgen. Gleichwohl würde der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO im Erfolgsfall nicht ins Leere gehen. Hätte der Antrag in der Sache Erfolg, wäre die Antragstellerin vorläufig so zu stellen, als wäre der Feststellungsbescheid vom 16. Dezember 2024 nicht ergangen. So wäre sie weiterhin berechtigt, nach ihrem zuletzt erteilten Versorgungsauftrag Leistungen zu erbringen und abzurechnen.
13Eine Aufhebung der den jeweiligen Krankenhäusern zuvor zugewiesenen Planpositionen von Gesetzes wegen sieht das KHGG NRW hingegen nicht vor. Wäre dies der Fall, so würde mangels Regelung einer Übergangsvorschrift – § 37 Abs. 2 KHGG NRW regelt die vorliegende Rechtsfrage nicht – seit Inkrafttreten von § 16 Abs. 1 Satz 2 KHGG NRW am 18. März 2021 (Gesetz vom 9. März 2021, GV. NRW. S. 272) kein Krankenhaus in Nordrhein-Westfalen über eine Planposition verfügen, die es zur Erbringung und Abrechnung von Leistungen berechtigen würde. Dies würde dem Willen des Gesetzgebers offensichtlich zuwiderlaufen und entspräche zudem nicht der bisherigen Handhabung des § 16 Abs. 1 Satz 2 KHGG NRW durch den Antragsgegner.
14Ob es in der Hauptsache einer auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung gerichteten Verpflichtungsklage bedarf, kann angesichts des Vorstehenden im Rahmen der Statthaftigkeit des vorläufigen Rechtsschutzes dahinstehen.
15II.
16Der Antrag ist auch begründet.
17Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Dabei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung, die sich danach richtet, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der behördlichen Anordnung das private Interesse des Adressaten der belastenden Maßnahme an deren Aussetzung überwiegt. Maßgeblich sind für die insoweit gebotene Abwägung grundsätzlich die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache, wie sie sich bei der im Eilverfahren nur gebotenen summarischen Beurteilung der Sach- und Rechtslage ergeben.
18Mit Blick auf diesen Maßstab überwiegt bei der vom Gericht bei der gebotenen summarischen Prüfung vorzunehmenden Interessenabwägung das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin gegenüber dem an der angefochtenen Zuweisungsentscheidung des Antragsgegners bestehenden öffentlichen Vollzugsinteresse.
19Die mit Bescheid vom 16. Dezember 2024 erfolgte Nichtzuweisung der Leistungsgruppe 16.4 (Pankreaseingriffe) an die Antragstellerin ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten.
20Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Feststellungsbescheides sind die §§ 16 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 4 KHGG NRW. Danach werden Feststellungen über die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan durch Bescheid der zuständigen Behörde getroffen.
21Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
22Die Bezirksregierung J. ist für den Erlass des begehrten Feststellungsbescheides über die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan gemäß § 35 KHGG NRW i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und Verfahren auf dem Gebiet des Krankenhauswesens des Landes Nordrhein-Westfalen (KHZVV) vom 21. Oktober 2008 (GV. NRW. 648), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. März 2024 (GV. NRW. S. 188), sachlich und örtlich zuständig.
23Die planungsrechtliche Anhörung der Antragstellerin nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KHGG NRW ist erfolgt. Danach werden die Beteiligten gemäß § 15 KHGG NRW und die betroffenen Krankenhäuser zu dem regionalen Planungskonzept nach Absatz 1 von dem zuständigen Ministerium gehört. Der Antragstellerin ist mit Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) vom 14. und 20. Juni 2024 Gelegenheit gegeben worden, sich zu den konkreten Erwägungen des Antragsgegners zur Krankenhausplanung in Bezug auf die Leistungsgruppe 16.4 zu äußern.
24Der Bescheid ist jedoch in materieller Hinsicht zu beanstanden.
25§ 8 Abs. 2 Satz 1 KHG, der besagt, dass ein Anspruch auf Planaufnahme nicht besteht, ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass einem Krankenhausträger, der sich für seine Tätigkeit – wie die Antragstellerin – auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann, die Aufnahme seines Krankenhauses in den Krankenhausplan nur versagt werden kann, wenn hierfür gesetzlich bestimmte Gründe vorliegen. Gemäß § 1 Abs. 1 KHG bezweckt dieses Gesetz die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine qualitativ hochwertige, patienten- und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen digital ausgestatteten, qualitativ hochwertig und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen.
26Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG entscheidet die zuständige Landesbehörde bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung am besten gerecht wird; die Vielfalt der Krankenhausträger ist nur dann zu berücksichtigen, wenn die Qualität der erbrachten Leistungen der Einrichtungen gleichwertig ist. Danach hat ein Krankenhausträger einen Anspruch auf Feststellung der Planaufnahme, wenn das Krankenhaus zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung geeignet und leistungsfähig ist sowie wirtschaftlich arbeitet und wenn es anbietet, einen anderweitig nicht gedeckten Versorgungsbedarf zu befriedigen. Ist eine Auswahl notwendig, weil sein Krankenhaus mit einem oder mehreren anderen Krankenhäusern um einen festgestellten Bedarf konkurriert, hat der Träger einen Anspruch auf fehlerfreie Auswahlentscheidung. Ein Anspruch auf Feststellung der Planaufnahme besteht, wenn sich sein Krankenhaus in der Auswahl im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG als „am besten“ durchsetzt,
27vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juli 2022 – 3 C 2.21 –, Rn. 12 ff., und vom 26. April 2018 – 3 C 11.16 –, Rn. 23, und Beschluss vom 17. März 2022 – 3 B 12.21 –, Rn. 18, jeweils juris.
28Das der Aufnahme in den Krankenhausplan eines Landes zugrundeliegende Verwaltungsverfahren gliedert sich in zwei Verfahrensschritte: Auf der ersten Stufe stellt die nach Landesrecht zuständige Behörde – regelmäßig eine oberste Landesbehörde – den Krankenhausplan des Landes auf. Darin legt diese Behörde die Ziele der Krankenhausplanung fest (Krankenhauszielplanung), beschreibt räumlich, fachlich und nach Versorgungsstufen gegliedert den bestehenden und den erwartbaren Bedarf an Krankenhausversorgung (Bedarfsanalyse), stellt dem eine Aufstellung der zur Bedarfsdeckung geeigneten Krankenhäuser gegenüber (Krankenhausanalyse) und legt fest, mit welchem dieser Krankenhäuser der Bedarf gedeckt werden soll (Versorgungsentscheidung). Auf der zweiten Verfahrensstufe wird gegenüber dem einzelnen Krankenhaus durch Bescheid festgestellt, ob es in den Krankenhausplan aufgenommen wird oder nicht (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHG, § 16 Abs. 1 Satz 1 KHGG NRW).
29Ausgehend hiervon ist die Auswahlentscheidung des Antragsgegners bezüglich der Leistungsgruppe 16.4 aller Voraussicht nach rechtswidrig.
30Der Antragsgegner hat den Bedarf der Leistungsgruppe 16.4 im Rahmen des Krankenhausplans 2022 landesweit auf 2.388 Fälle,
31vgl. Krankenhausplan 2022, S. 194,
32und auf Planungsebene (Regierungsbezirk J.) auf 309 Fälle ermittelt.
33Er hat aufgrund der antragsbedingten Überzeichnung im Ermessenswege die Folgende Zuweisungsentscheidung getroffen:
34Krankenhaus |
Betriebsstätte |
Anzahl beantragter Fälle |
Anzahl zugewiesener Fälle |
Bhospital Y. GmbH |
Bhospital Y. |
25 |
37 |
Dkliniken J. |
Dklinikum J. |
65 |
75 |
T.-Kliniken J. GmbH |
Shospital |
10 |
70 |
Klinikum C. |
St. R. Hospital Q. |
38 |
42 |
H.-Hospital J. |
H.-Hospital J. |
20 |
85 |
Die damit einhergehende Ermessensentscheidung, der Antragstellerin, die für ihre Betriebsstätte Akrankenhaus T. 30 Fälle beantragt hat, keine Fälle im Rahmen der Leistungsgruppe 16.4 zuzuweisen, ist rechtlich zu beanstanden.
36Dabei beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle der getroffenen Behördenentscheidung auf die Prüfung, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 114 Satz 1 VwGO). Aus einer Auswahlentscheidung muss hiernach hervorgehen, anhand welcher Kriterien der Antragsgegner die Qualität der Angebote der in Betracht kommenden Krankenhäuser beurteilt, wie er diese Kriterien gewichtet und welche krankenhausplanerischen Ziele er mit seiner Zusammenstellung der Auswahlkriterien verfolgt. Sodann sollte transparent sein, warum das ausgewählte Krankenhaus diese Kriterien am besten erfüllt,
37vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juli 2022 – 3 C 2.21 –, juris Rn. 12; vom 14. April 2011 – 3 C 17.10 –, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 4. August 2023 – 14 ME 66/23 –, juris Rn. 35; OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 13 B 1712/10 –, juris Rn. 12; VG Karlsruhe, Urteil vom 12. Dezember 2023 – 2 K 2547/22 –, juris Rn. 55; VG Düsseldorf, Urteil vom 1. Juli 2016 – 21 K 2483/14 –, juris Rn. 150.
38Die Verwaltungsgerichte dürfen hingegen nicht ihr eigenes Ermessen an die Stelle des behördlichen Ermessens setzen, wenn ihnen eine dem Bewerber günstigere Ermessensentscheidung nach den Umständen des konkreten Falles angemessener bzw. zweckmäßiger erscheint.
39Dies zugrunde gelegt, ist die Auswahlentscheidung aller Voraussicht nach ermessensfehlerhaft.
40Zur Begründung seiner Ermessensentscheidung bezüglich der Leistungsgruppe 16.4 (Pankreaseingriffe) hat der Antragsgegner im Falle der Antragstellerin im Wesentlichen ausgeführt, dieser hochkomplexe Eingriff sei risikobehaftet, sodass eine Konzentration der Leistungserbringung im Rahmen der Qualitätssicherung unumgänglich sei. Bei der Zuteilung des prognostizierten Bedarfs hätten daher nicht alle Antragsteller berücksichtigt werden können. Bösartige Neubildungen der Bauchspeicheldrüse wiesen die niedrigste Überlebensrate aller Krebserkrankungen auf. In der LG 16.4 solle eine Konzentration auf große Zentren erfolgen, Gelegenheitsversorger sollten künftig nicht mehr an der Versorgung von Patienten mit bösartigen Neubildungen der Bauspeicheldrüse teilnehmen. 19 Standorte hätten eine Ausweisung beantragt. Es solle eine deutliche Konzentration im Regierungsbezirk J. von bisher 16 auf zukünftig 5 Standorte erfolgen.
41In seiner Stellungnahme vom 5. August 2024 führe die Antragstellerin hierzu im Wesentlichen aus, dass die Durchführung von Pankreaseingriffen im Versorgungsgebiet 8 trägerseitig am Akrankenhaus T. gebündelt werden solle. In den Verhandlungen mit den Kostenträgern sei ausdrücklich auf die Weiterverfolgung dieser Leistungsgruppe an den übrigen Verbundstandorten im Versorgungsgebiet 8 verzichtet worden. Die Chirurgische Klinik I sei zur Stärkung der Allgemein- und Viszeralchirurgie neustrukturiert worden. Für die neu gegründete Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie sei zum 1. Juli 2023 Herr Dr. Y. als Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie eingestellt worden. Herr Dr. Y. verfüge über eine große Expertise in der operativen Behandlung von Pankreaskarzinom-Patienten. In der Zeit vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2024 habe Herr Dr. Y. bereits 25 mindestmengenrelevante Pankreasoperationen in höchster medizinischer Qualität durchgeführt. Die Klinik habe zudem in die Weiterentwicklung der Viszeralchirurgie, unter anderem durch die Anschaffung des da Vinci Xi Robotiksystems, investiert. Die herausragende Leistungsentwicklung der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie unter der Leitung von Herrn Dr. Y. zeige sich in den gestiegenen Zuweisungszahlen im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2023, insbesondere bei Eingriffen der Leistungsgruppe 16.4. Im Zeitraum Januar bis Juli 2024 seien bereits 20 mindestmengenrelevante Pankreaseingriffe erbracht worden.
42Die Antragstellerin habe keine Gründe vorgetragen, die zu einer von der Anhörung abweichenden Einschätzung führen. Die in der Vergangenheit erbrachten Fallzahlen seien deutlich geringer als bei den Häusern, die im Regierungsbezirk J. eine Zuweisung dieser Leistungsgruppe erhalten. Die Ermessensentscheidung wurde aufgrund der Mindest- und Auswahlkriterien getroffen. Darüber hinaus sei die Erfüllung der geforderten Mindestmenge laut G-BA als zusätzliches Kriterium für die Ermessensentscheidung hinzugezogen worden. Als weiteres Kriterium seien neben der erbrachten Fallzahl im Referenzjahr 2019 auch die Fallzahlen der Jahre 2020 bis 2022 in die Ermessenentscheidung einbezogen worden.
43Das Akrankenhaus T. erfülle sämtliche Mindestkriterien und Auswahlkriterien. Die Mindestmengenprognose werde ebenfalls erfüllt. Im Referenzjahr 2019 sowie in den Jahren 2020 bis 2022 habe das Krankenhaus im Vergleich mit den weiteren Antragstellern jedoch nur im unteren Bereich gelegen. Trotz Fallzahlsteigerung im Jahr 2024 mit der Erbringung von voraussichtlich über 20 mindestmengenrelevanten Pankreaseingriffen werde die Leistungsgruppe 16.4 am Akrankenhaus T. nicht zugewiesen, zumal sich in unmittelbarer räumlicher Nähe ein weiterer Leistungsanbieter befinde, welcher sich als onkologischer Schwerpunktversorger aufgestellt habe.
44Zunächst begegnet die Auswahlentscheidung des Antragsgegners in Bezug auf die Leistungsgruppe 16.4 erheblichen Bedenken, weil drei von fünf ausgewählte Krankenhäuser ihren Sitz in der Stadt J. haben und damit einhergehend 230 von prognostizierten 309 Behandlungsfällen im Regierungsbezirk an diese drei Krankenhäuser vergeben wurden. Diese lokale Bündelung in einer Stadt widerspricht den Rahmenvorgaben im Krankenhausplan NRW 2022. Dort wird auf Seite 58 ausgeführt, dass bei der Festlegung der Zahl der Standorte neben weiteren Aspekten u.a. berücksichtigt werden soll, dass regionale Mehrfachvorhaltungen in unmittelbarer räumlicher Nähe vermieden werden sollen, soweit sie nicht durch das Bedarfsvolumen und/oder andere Besonderheiten der Versorgungssituation gerechtfertigt sind. Dem wird die Auswahlentscheidung der Bezirksregierung J. in Bezug auf die Leistungsgruppe 16.4 nicht gerecht. Zwar erfolgt die Planung der vorgenannten Leistungsgruppe auf der Ebene des Regierungsbezirks. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der im Krankenhausplan 2022 niedergelegte Grundsatz der Vermeidung von regionalen Mehrfachvorhaltungen außer Acht gelassen werden darf. Die Erwägung der Bezirksregierung J., die Zuweisungen an mehrere Standorte in der Stadt J. dienten der Mitversorgung von Patientinnen und Patienten aus den Kreisen I. und G., ist ohne das – hier von dem Antragsgegner nicht geltend gemachte – Hinzutreten von Besonderheiten in der Versorgungssituation in den genannten Kreisen sowie der kreisfreien Stadt J. nicht nachvollziehbar. Denn diese drei Gebietskörperschaften mit einer Einwohnerzahl von insgesamt 0.000.000 zum Stichtag 30. Juni 2024 (Stadt J. 000.000, Kreis I. 000.000, Kreis G. 000.000) machen in Verhältnis zur Gesamteinwohnerzahl des Regierungsbezirks J. von 0.000.000 lediglich einen Anteil von 39,8% aus. In die Stadt J. erfolgten jedoch drei von fünf Zuweisungen bzw. wurden 230 von 309 prognostizierten Fällen (d.h. 74,4%) zugewiesen.
45Einwohnerzahlen entnommen der amtlichen Bevölkerungsstatistik, abrufbar unter https://statistik.nrw/gesellschaft-und-staat/gebiet-und-bevoelkerung/bevoelkerung/bevoelkerung-nach-gemeinden (zuletzt aufgerufen am 13. März 2024).
46Diese Mehrfachzuweisung an Krankenhäuser in der Stadt J. lässt sich auch nicht durch Erwägungen der Bestenauslese rechtfertigen. Insbesondere begegnet die Auswahlentscheidung zugunsten des Shospitals und des H.-Hospitals in J. erheblichen Bedenken, weil diese beiden Krankenhäuser erst durch die gebündelte Betrachtung und der damit verbundenen Addition von Fallzahlen anderer Krankenhäuser des jeweiligen Krankenhausträgers – für die Auswahlentscheidung relevante –Fallzahlen in beachtenswerter Höhe aufweisen. Eine solche Gesamtbetrachtung widerspricht jedoch den vom MAGS in seinem Anhörungsschreiben vom 14. Juni 2024 (Bl. 284 ff. im Verwaltungsvorgang zum Verfahren 18 K 256/25) dargelegten Grundsätzen. Auf Seite 10 dieses Schreibens heißt es: „[...] Bei insbesondere lebensbedrohenden onkologischen Erkrankungen besteht ein besonderes Interesse des Landes, durch deutliche Konzentration der Leistungserbringung auf qualitativ hochwertige Versorger zu einer weiteren Verbesserung der Versorgungsqualität in der Fläche beizutragen. Deshalb sollen Versorgungsaufträge nur besonders spezialisierten Versorgern, die eine hohe Routine auch über ihre Fallzahlen nachweisen, zuerkannt werden. Leitend ist dabei der Gedanke, dass eine hohe Behandlungsqualität institutionell, d.h. weitgehend personenunabhängig, sichergestellt wird.“
47Hieraus folgt, dass sich eine hohe Behandlungsqualität regelmäßig nach der Anzahl der in der Vergangenheit erbrachten Behandlungen sowie den personellen und sächlichen Vorhaltungen am jeweiligen Krankenhausstandort und nicht an den entsprechenden Fallzahlen und Vorhaltungen eines Krankenhausträgers mit mehreren – im vorliegenden Fall offenbar unabhängig voneinander arbeitenden – Krankenhäusern bemisst. Denn aus den in einem anderen Krankenhaus erbrachten Behandlungen ergibt sich keine aus der Vergangenheit gewachsene Routine und damit Expertise, welche jedoch für die Prognose hoher Behandlungsqualität in der Zukunft erforderlich ist.
48So bereits Beschluss der beschließenden Kammer vom 11. März 2025 – 18 L 312/25 – n.v.
49Im Falle des H.-Hospitals J. kommt hinzu, dass die von der Bezirksregierung J. vorgenommene gebündelte Betrachtung mit dem R.-C.-Krankenhaus J. und die damit verbundene Addition der Fallzahlen dieser beiden Krankenhäuser lediglich auf die Erklärung der Regional-Geschäftsführerin des gemeinsamen Trägers dieser beiden Krankenhäuser, Frau F. in einer E-Mail vom 4. März 2024 zurückgeht. Darin habe diese gegenüber der Bezirksregierung angegeben, dass, wenn seitens des Landes eine weitere Bündelung der Leistungsgruppen vorgesehen sein sollte, man seitens des Trägers „bereit“ sei, durch Verlagerung der ärztlichen Kompetenz an den jeweils anderen Standort eine solche Konzentration mitzutragen. Eine rechtlich verbindliche Aussage kann dieser Korrespondenz nicht entnommen werden.
50Aus den im Feststellungsbescheid vom 16. Dezember 2024 enthaltenen Ausführungen wird dementsprechend nicht verständlich, weshalb sich die von der Antragstellerin erbrachten Fallzahlen im Bereich der Leistungsgruppe 16.4 nicht auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung ausgewirkt haben. Im direkten Vergleich insbesondere mit dem begünstigten Shospital und dem H.-Hospital J. hat das Akrankenhaus T. überwiegend höhere Fallzahlen erbracht. Darüber hinaus erfüllt es einzig gemeinsam mit dem Dklinikum J. sowohl die Mindest- als auch alle 7 Auswahlkriterien. Die allgemeine Ausführung, dass eine Zuweisung an das Akrankenhaus aufgrund dessen Lage in der Nähe eines – nicht namentlich benannten – onkologischen Spitzenzentrums ausgeschlossen sei, ist, auch im Hinblick auf die obigen Ausführungen zur Fallkulmination in der Stadt J., nicht verständlich.
51Des Weiteren begegnet die im Wege der Ermessensausübung getroffene Entscheidung, die Leistungsgruppe 16.4 im Regierungsbezirk J. an lediglich fünf Krankenhäuser zu vergeben Bedenken, weil – wie sich aus der obigen tabellarischen Übersicht zur Auswahlentscheidung entnehmen lässt – sämtliche Krankenhäuser eine höhere Fallzahl zugewiesen bekommen haben, als von ihnen beantragt. Namentlich wurde den fünf ausgewählten Krankenhäusern bei insgesamt von diesen beantragten 158 Fällen 309 zugewiesen. Das Shospital erhielt die Zuweisung des Siebenfachen als beantragt. Das H.-Hospital J. bekam mehr als die vierfache Menge des Beantragten. Auch wenn die Fallzahl lediglich eine Plangröße ohne unmittelbare Auswirkung auf den damit jeweils verbundenen Versorgungsauftrag sein mag, dürfte die Höhe der durch die Krankenhäuser beantragten Fallzahlen ein nicht unerhebliches Indiz dafür sein, welche Behandlungskapazität und damit Leistungsfähigkeit im Hinblick auf seine personelle und sachliche Ausstattung das jeweilige Krankenhaus als realistisch betrachtet. Ohne – vorliegend von der Bezirksregierung J. nicht geltend gemachter – Anhaltspunkte dafür, dass die ausgewählten Krankenhäuser ohne Gefährdung der Behandlungsqualität in der Lage sind, teilweise ein Vielfaches mehr als die von ihnen im Antragsverfahren genannten Fälle zu versorgen, erscheint eine Konzentration auf lediglich fünf Standorte bei zugleich gegebener Möglichkeit weitere leistungsfähige und -bereite Krankenhäuser auszuwählen, um die prognostizierten Fälle abzudecken, zumindest bedenklich.
52Die vorstehenden Erwägungen zugrunde gelegt, spricht – ohne dass es darauf ankommt, ob noch weitere von der Antragstellerin geltend gemachte Fehler bei der Auswahlentscheidung vorliegen – Überwiegendes dafür, dass die von dem Antragsgegner im streitgegenständlichen Feststellungsbescheid getroffene Auswahlentscheidung unter beachtlichen Ermessensfehlern leidet und damit rechtswidrig ist, so dass die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner einen Anspruch auf eine erneute – ermessensfehlerfreie – Auswahlentscheidung haben dürfte. Bei einer solchen ist angesichts der von der Antragstellerin erfüllten Qualitätskriterien (sämtliche Mindest- sowie Auswahlkriterien) sowie der von ihr in der Vergangenheit erbrachten Fallzahlen in Bezug auf die Leistungsgruppe 16.4 jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sie bei einer erneuten Auswahlentscheidung diese Leistungsgruppe zugewiesen bekommen könnte.
53Da nach dem Vorstehenden Erhebliches dafür spricht, dass die vom Antragsgegner bezüglich der Leistungsgruppe 16.4 getroffene Auswahlentscheidung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig ist, überwiegt das Interesse der Antragstellerin an einem vorläufigen Nichtvollzug der zu ihren Lasten getroffenen Entscheidung, ihr die Leistungsgruppe 16.4 nicht zuzuweisen, gegenüber dem öffentlichen Interesse des Antragsgegners, die Regelungen im Feststellungsbescheid ab dem 1. April 2025 umzusetzen. Ohne die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage würde die Antragstellerin ab dem vorgenannten Datum über keinen Versorgungsauftrag betreffend die Durchführung von Pankreaseingriffen mehr in dem von ihr betriebenen Akrankenhaus T. verfügen, so dass sie gehindert wäre, entsprechende Behandlungen mit den gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen und entsprechende Investitionskosten vom Antragsgegner zu erhalten, was für sie jedenfalls nicht unerhebliche wirtschaftliche Folgen hätte und zudem die Erbringung von einschlägigen Behandlungen in einer für die Erzielung der Mindestmengenprognose in den kommenden Jahren relevanten Höhe unmöglich machen oder jedenfalls erheblich erschweren würde. Demgegenüber führt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage betreffend die Leistungsgruppe 16.4 lediglich dazu, dass die Absicht des Antragsgegners, diese Leistungsgruppe an wenigen Krankenhäusern zu konzentrieren bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache aufgeschoben würde.
54III.
55Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56IV.
57Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und orientiert sich an Ziffer 23.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sie entspricht zudem der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zu Klagen betreffend Aufnahmen in den Krankenhausplan
58vgl. Beschlüsse vom 17. Dezember 2009 – 13 A 3109/08 –, Rn. 40, und vom 6. Dezember 2011 – 13 A 1402/11 –, Rn. 50 ff., jeweils juris.
59Die Kammer bemisst hiernach das wirtschaftliche Interesse eines Krankenhausträgers, der eine eigene Planposition erstrebt oder verteidigt, pauschalierend mit 50.000,- Euro. Dieser Betrag ist nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.