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1. die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 247/25 gegen den Feststellungsbescheid Nr. 1 (Az. 24.03.10.03-010) der Bezirksregierung J. vom 16. Dezember 2024 wird angeordnet.Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.2. Der Streitwert wird auf 50.000,-Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der dem Tenor entsprechende Antrag der Antragstellerin hat Erfolg.
3Er ist zulässig und begründet.
4I.
5Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig und insbesondere statthaft.
6Die in der Hauptsache gemäß § 42 Abs. 1, 1 Fall VwGO erhobene Anfechtungsklage, der gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 16 Abs. 5 des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 702), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 2023 (GV. NRW. S. 1278), keine aufschiebende Wirkung zukommt, ist statthaft, soweit die Antragstellerin sich hiermit gegen die Versagung eines Versorgungsauftrags und der damit der Sache nach verbundenen Untersagung der Erbringung und Abrechnung von Leistungen in den Leistungsgruppen 7.2 (Leukämie und Lymphome) und 16.4 (Pankreaseingriffe) durch Bescheid des Antragsgegners vom 16. Dezember 2024 wendet.
7Der streitgegenständliche Feststellungsbescheid des Antragsgegners vom 16. Dezember 2024 enthält in Bezug auf die Nichtausweisung der Leistungsgruppen 7.2 (Leukämie und Lymphome) und 16.4 (Pankreaseingriffe) die Antragstellerin belastende Regelungen im Sinne von § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Die Ablehnung der Zuweisung der Leistungsgruppen 7.2 und 16.4 hat den Entfall eines zuvor zugunsten der Antragstellerin bestehenden Versorgungsauftrags ab dem 1. April 2025 zur Folge. Dieser ist Grundlage einer zugunsten der Antragstellerin bestehenden Zahlungsverpflichtung der Kostenträger und eines Anspruchs der Antragstellerin auf Förderung aus § 8 Abs. 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG). Hiernach ist das Bestehen eines Versorgungsauftrags rechtliche Grundlage für eine Zahlungsverpflichtung der Kostenträger.
8Der Versorgungsauftrag bestimmt, welche medizinischen Leistungen ein Krankenhaus erbringen darf und muss (§ 39 Abs. 1 Satz 3, § 109 Abs. 4 Satz 2 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch – SGB V –). Er bestimmt weiter, über welche diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten (§ 107 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) und welches jederzeit verfügbare ärztliche, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technische Personal (§ 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V) das Krankenhaus hierzu vorhalten muss. Die Bestimmung und nähere Eingrenzung des Versorgungsauftrags dient dazu, die begrenzten finanziellen Mittel zur Krankenhausfinanzierung und zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausbehandlung sparsam einzusetzen und Überkapazitäten zu vermeiden. Die nähere Bestimmung und Eingrenzung des Versorgungsauftrags dient insoweit der am konkreten Versorgungsbedarf im Einzugsbereich des Krankenhauses orientierten Steuerung des Versorgungsgeschehens. Inhaltlich wird mit dem Versorgungsauftrag u.a. konkret eingegrenzt, welche Leistungen das Krankenhaus selbst durchführen darf. Er ergibt sich bei einem Plankrankenhaus, wie das der Antragstellerin, aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 2024 – 13 B 419/24 – (n.v.).
10Ausweislich der an sie gerichteten Feststellungsbescheide verfügte die Antragstellerin im Zeitpunkt des Ergehens des streitgegenständlichen Bescheides über einen Versorgungsauftrag, der sie zur Erbringung und entsprechender Abrechnung von medizinischen Leistungen berechtigte, die nunmehr unter die Leistungsgruppen 7.2 (Leukämie und Lymphome) und 16.4 (Pankreaseingriffe) fallen. Dass diese Leistungen der Antragstellerin nach der im Krankenhausplan 2015 angelegten Verteilungssystematik nach Abteilungen und Betten unter die Bereiche „Innere Medizin“ bzw. „Chirurgie“ zugewiesen waren, welche nun mit veränderten Leistungsspektren im Krankenhausplan 2022 geregelt sind, ändert nichts an ihrer vorigen materiellen Berechtigung.
11Die Notwendigkeit der Stellung eines Eilantrags nach § 123 Abs. 1 VwGO zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Wege des Erlasses einer rechtskreiserweiternden Regelungsanordnung folgt nicht aus § 16 Abs. 1 Satz 2 KHGG NRW, wonach die den jeweiligen Leistungsgruppen zugehörigen Leistungen nur erbracht werden dürfen, wenn sie im Feststellungsbescheid zugewiesen wurden.
12Zwar würde aus der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO keine vorläufige Zuweisung der streitbefangenen Leistungsgruppen nach der dem Krankenhausplan 2022 zugrundeliegenden Systematik folgen. Gleichwohl würde der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO im Erfolgsfall nicht ins Leere gehen. Hätte der Antrag in der Sache Erfolg, wäre die Antragstellerin vorläufig so zu stellen, als wäre der Feststellungsbescheid vom 16. Dezember 2024 nicht ergangen. So wäre sie weiterhin berechtigt, nach ihrem zuletzt erteilten Versorgungsauftrag Leistungen zu erbringen und abzurechnen.
13Eine Aufhebung der den jeweiligen Krankenhäusern zuvor zugewiesenen Planpositionen von Gesetzes wegen sieht das KHGG NRW hingegen nicht vor. Wäre dies der Fall, so würde mangels Regelung einer Übergangsvorschrift – § 37 Abs. 2 KHGG NRW regelt die vorliegende Rechtsfrage nicht – seit Inkrafttreten von § 16 Abs. 1 Satz 2 KHGG NRW am 18. März 2021 (Gesetz vom 9. März 2021, GV. NRW. S. 272) kein Krankenhaus in Nordrhein-Westfalen über eine Planposition verfügen, die es zur Erbringung und Abrechnung von Leistungen berechtigen würde. Dies würde dem Willen des Gesetzgebers offensichtlich zuwiderlaufen und entspräche zudem nicht der bisherigen Handhabung des § 16 Abs. 1 Satz 2 KHGG NRW durch den Antragsgegner.
14Ob es in der Hauptsache einer auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung gerichteten Verpflichtungsklage bedarf, kann angesichts des Vorstehenden im Rahmen der Statthaftigkeit des vorläufigen Rechtsschutzes dahinstehen.
15II.
16Der Antrag ist auch begründet.
17Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Dabei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung, die sich danach richtet, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der behördlichen Anordnung das private Interesse des Adressaten der belastenden Maßnahme an deren Aussetzung überwiegt. Maßgeblich sind für die insoweit gebotene Abwägung grundsätzlich die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache, wie sie sich bei der im Eilverfahren nur gebotenen summarischen Beurteilung der Sach- und Rechtslage ergeben.
18Mit Blick auf diesen Maßstab überwiegt bei der vom Gericht bei der gebotenen summarischen Prüfung vorzunehmenden Interessenabwägung das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin gegenüber dem an den angefochtenen Zuweisungsentscheidungen des Antragsgegners bestehenden öffentlichen Vollzugsinteresse.
19Die mit Bescheid vom 16. Dezember 2024 erfolgte Nichtzuweisung der Leistungsgruppen 7.2 (Leukämie und Lymphome) und 16.4 (Pankreaseingriffe) an die Antragstellerin ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten.
20Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Feststellungsbescheides sind die §§ 16 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 4 KHGG NRW. Danach werden Feststellungen über die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan durch Bescheid der zuständigen Behörde getroffen.
21Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
22Die Bezirksregierung J. ist für den Erlass des begehrten Feststellungsbescheides über die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan gemäß § 35 KHGG NRW i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und Verfahren auf dem Gebiet des Krankenhauswesens des Landes Nordrhein-Westfalen (KHZVV) vom 21. Oktober 2008 (GV. NRW. 648), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. März 2024 (GV. NRW. S. 188), sachlich und örtlich zuständig.
23Die planungsrechtliche Anhörung der Antragstellerin nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KHGG NRW ist erfolgt. Danach werden die Beteiligten gemäß § 15 KHGG NRW und die betroffenen Krankenhäuser zu dem regionalen Planungskonzept nach Absatz 1 von dem zuständigen Ministerium gehört. Der Antragstellerin ist mit Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) vom 14. und 20. Juni 2024 sowie 4. November 2024 Gelegenheit gegeben worden, sich zu den konkreten Erwägungen des Antragsgegners zur Krankenhausplanung in Bezug auf die Leistungsgruppen 7.2 und 16.4 zu äußern.
24Der Bescheid ist jedoch in materieller Hinsicht zu beanstanden.
25§ 8 Abs. 2 Satz 1 KHG, der besagt, dass ein Anspruch auf Planaufnahme nicht besteht, ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass einem Krankenhausträger, der sich für seine Tätigkeit – wie die Antragstellerin – auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann, die Aufnahme seines Krankenhauses in den Krankenhausplan nur versagt werden kann, wenn hierfür gesetzlich bestimmte Gründe vorliegen. Gemäß § 1 Abs. 1 KHG bezweckt dieses Gesetz die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine qualitativ hochwertige, patienten- und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen digital ausgestatteten, qualitativ hochwertig und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen.
26Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG entscheidet die zuständige Landesbehörde bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung am besten gerecht wird; die Vielfalt der Krankenhausträger ist nur dann zu berücksichtigen, wenn die Qualität der erbrachten Leistungen der Einrichtungen gleichwertig ist. Danach hat ein Krankenhausträger einen Anspruch auf Feststellung der Planaufnahme, wenn das Krankenhaus zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung geeignet und leistungsfähig ist sowie wirtschaftlich arbeitet und wenn es anbietet, einen anderweitig nicht gedeckten Versorgungsbedarf zu befriedigen. Ist eine Auswahl notwendig, weil sein Krankenhaus mit einem oder mehreren anderen Krankenhäusern um einen festgestellten Bedarf konkurriert, hat der Träger einen Anspruch auf fehlerfreie Auswahlentscheidung. Ein Anspruch auf Feststellung der Planaufnahme besteht, wenn sich sein Krankenhaus in der Auswahl im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG als „am besten“ durchsetzt.
27Vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juli 2022 – 3 C 2.21 –, Rn. 12 ff., und vom 26. April 2018 – 3 C 11.16 –, Rn. 23, und Beschluss vom 17. März 2022 – 3 B 12.21 –, Rn. 18, jeweils juris.
28Das der Aufnahme in den Krankenhausplan eines Landes zugrundeliegende Verwaltungsverfahren gliedert sich in zwei Verfahrensschritte: Auf der ersten Stufe stellt die nach Landesrecht zuständige Behörde – regelmäßig eine oberste Landesbehörde – den Krankenhausplan des Landes auf. Darin legt diese Behörde die Ziele der Krankenhausplanung fest (Krankenhauszielplanung), beschreibt räumlich, fachlich und nach Versorgungsstufen gegliedert den bestehenden und den erwartbaren Bedarf an Krankenhausversorgung (Bedarfsanalyse), stellt dem eine Aufstellung der zur Bedarfsdeckung geeigneten Krankenhäuser gegenüber (Krankenhausanalyse) und legt fest, mit welchem dieser Krankenhäuser der Bedarf gedeckt werden soll (Versorgungsentscheidung). Auf der zweiten Verfahrensstufe wird gegenüber dem einzelnen Krankenhaus durch Bescheid festgestellt, ob es in den Krankenhausplan aufgenommen wird oder nicht (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHG, § 16 Abs. 1 Satz 1 KHGG NRW).
29Ausgehend hiervon ist die Auswahlentscheidung des Antragsgegners bezüglich der Leistungsgruppen 7.2 und 16.4 aller Voraussicht nach rechtswidrig.
301. Dies gilt zunächst bezüglich der Leistungsgruppe 7.2 (Leukämie und Lymphome).
31Der Antragsgegner hat den Bedarf der Leistungsgruppe 7.2 im Rahmen des Krankenhausplans 2022 landesweit auf 6.476 Fälle,
32vgl. Krankenhausplan 2022, S. 142,
33und auf Planungsebene (Regierungsbezirk J.) auf 991 Fälle ermittelt.
34Er hat aufgrund der antragsbedingten Überzeichnung im Ermessenswege die Folgende Zuweisungsentscheidung getroffen:
35Krankenhaus |
Betriebsstätte |
Anzahl beantragter Fälle |
Anzahl zugewiesener Fälle |
Bhospital Y. GmbH |
Bhospital Y. |
160 |
160 |
Dkliniken J. |
Dklinikum J. |
850 |
591 |
M-Kliniken J. GmbH |
Shospital |
50 |
50 |
Klinikum X. |
Z.-Spital X.(incl. Tagesklinik) |
165 |
130 |
Klinikum P. |
Nkrankenhaus |
70 |
110 |
Die damit einhergehende Ermessensentscheidung, der Antragstellerin, die für das von ihr betriebene Krankenhaus 100 Fälle beantragt hat, keine Fälle im Rahmen der Leistungsgruppe 7.2 zuzuweisen, ist rechtlich zu beanstanden.
37Dabei beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle der getroffenen Behördenentscheidung auf die Prüfung, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 114 Satz 1 VwGO). Aus einer Auswahlentscheidung muss hiernach hervorgehen, anhand welcher Kriterien der Antragsgegner die Qualität der Angebote der in Betracht kommenden Krankenhäuser beurteilt, wie er diese Kriterien gewichtet und welche krankenhausplanerischen Ziele er mit seiner Zusammenstellung der Auswahlkriterien verfolgt. Sodann sollte transparent sein, warum das ausgewählte Krankenhaus diese Kriterien am besten erfüllt.
38Vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juli 2022 – 3 C 2.21 –, juris Rn. 12; vom 14. April 2011 – 3 C 17.10 –, juris Rn. 15; Nds.OVG, Beschluss vom 4. August 2023 – 14 ME 66/23 –, juris Rn. 35; OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 13 B 1712/10 –, juris Rn. 12; VG Karlsruhe, Urteil vom 12. Dezember 2023 – 2 K 2547/22 –, juris Rn. 55; VG Düsseldorf, Urteil vom 1. Juli 2016 – 21 K 2483/14 –, juris Rn. 150.
39Die Verwaltungsgerichte dürfen hingegen nicht ihr eigenes Ermessen an die Stelle des behördlichen Ermessens setzen, wenn ihnen eine dem Bewerber günstigere Ermessensentscheidung nach den Umständen des konkreten Falles angemessener bzw. zweckmäßiger erscheint.
40Dies zugrunde gelegt, ist die Auswahlentscheidung aller Voraussicht nach ermessensfehlerhaft.
41Zur Begründung seiner Ermessensentscheidung bezüglich der Leistungsgruppe 7.2 (Leukämie und Lymphome) hat der Antragsgegner im Wesentlichen ausgeführt, vor dem Hintergrund der Schwere der von der LG 7.2 umfassten Erkrankungen solle es zu einer deutlichen Konzentration auf große Versorger mit hoher Strukturqualität sowie Expertise kommen. Es seien Auswahlentscheidungen zugunsten der Krankenhäuser getroffen worden, die aufgrund der in der Vergangenheit erbrachten Fallzahlen über eine größere Expertise verfügten, um eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Leistungserbringung zu gewährleisten. Die Fallzahlverteilung orientiere sich an den tatsächlich in der Vergangenheit erbrachten Fällen und nicht der Antragsstellung. Schon heute würden die 24 größten aller 73 Versorger rund zwei Drittel aller Fälle in Nordrhein-Westfalen erbringen. Mit Blick auf die Mortalität der Erkrankungen und die Bedeutung einer zeit- und leitliniengerechten Therapie werde für die Zukunft weiteres Konzentrationspotential gesehen. Darüber hinaus seien bei mehreren Standorten eines Trägers Bündelungsentscheidungen getroffen und auf die regionale Verteilung geachtet worden. Vor dem Hintergrund der direkten Konkurrenz zum leistungsstärkeren Bhospital Y. solle eine Nichtzuweisung am Klinikum Y. erfolgen. Bezüglich dieser Leistungsgruppe erkläre die Antragstellerin Dissens zur Nichtzuweisung. Es würden keine Gründe vorgetragen, die zu einer anderen Einschätzung führten. Die durch die Antragstellerin vorgebrachte Fallzahlsteigerung sowie der Verweis auf das Nkrankenhaus J. mit einer geringeren erbrachten Fallzahl führten zu keiner Anpassung dieser Einschätzung. Die Zuweisung an das Nkrankenhaus P. erfolge vor dem Hintergrund einer Bündelung aller Fälle der X.Standorte im Regierungsbezirk J. Die Nichtzuweisung an das Klinikum Y. erfolge auch vor dem Hintergrund der direkten Konkurrenz zum leistungsstärkeren Bhospital Y. Dies belegten auch die aktuellen Fallzahlen aus 2023. Vor dem Hintergrund der Vermeidung von Doppelvorhaltungen als Ziel der Krankenhausplanung werde die Zuweisung daher weiterhin abgelehnt
42Diese Erwägungen unterliegen zunächst insofern Bedenken, als das Bhospital Y. von der Bezirksregierung gegenüber dem Krankenhaus der Antragstellerin als leistungsstärker betrachtet wird. Angesichts dessen, dass – mit Ausnahme des Dklinikums J. – sämtliche antragstellende Krankenhäuser lediglich eins von vier Auswahlkriterien erfüllen, hat die Bezirksregierung ihre Auswahlentscheidung maßgeblich auf die Anzahl der in der Vergangenheit erbrachten Behandlungsfälle gestützt. Ein Vergleich der durch das Krankenhaus der Antragstellerin erbrachten Fallzahlen mit denen des Bhospitals Y. ergibt dabei jedoch, dass letzteres lediglich im Jahr 2022 höhere Fallzahlen gegenüber dem Krankenhaus der Antragstellerin aufwies und in den übrigen zum Vergleich herangezogenen Jahren die Fallzahlen der Antragstellerin höher lagen, so etwa im Jahr 2021 mehr als doppelt so hoch.
43Auch die Bewertung des Nkrankenhauses J. als leistungsstärker gegenüber dem Krankenhaus der Antragstellerin unterliegt durchgreifenden Bedenken. Zunächst erreicht dieses erst die in der Auswahlentscheidung eingestellten Fallzahlen, wenn – wie von der Bezirksregierung erfolgt – die Fallzahlen sämtlicher Krankenhäuser des Trägers Klinikum P. gebündelt betrachtet werden. Eine solche Gesamtbetrachtung widerspricht jedoch den vom MAGS in seinem Anhörungsschreiben vom 14. Juni 2024 (Bl. 284 ff. im Verwaltungsvorgang zum Verfahren 18 K 256/25) dargelegten Grundsätzen. Auf Seite 10 dieses Schreibens heißt es: „[...] Bei insbesondere lebensbedrohenden onkologischen Erkrankungen besteht ein besonderes Interesse des Landes, durch deutliche Konzentration der Leistungserbringung auf qualitativ hochwertige Versorger zu einer weiteren Verbesserung der Versorgungsqualität in der Fläche beizutragen. Deshalb sollen Versorgungsaufträge nur besonders spezialisierten Versorgern, die eine hohe Routine auch über ihre Fallzahlen nachweisen, zuerkannt werden. Leitend ist dabei der Gedanke, dass eine hohe Behandlungsqualität institutionell, d.h. weitgehend personenunabhängig, sichergestellt wird.“
44Hieraus folgt, dass sich eine hohe Behandlungsqualität regelmäßig nach der Anzahl der in der Vergangenheit erbrachten Behandlungen sowie den personellen und sächlichen Vorhaltungen am jeweiligen Krankenhausstandort und nicht an den entsprechenden Fallzahlen und Vorhaltungen eines Krankenhausträgers mit mehreren – im vorliegenden Fall offenbar unabhängig voneinander arbeitenden – Krankenhäusern bemisst. Denn aus den in einem anderen Krankenhaus erbrachten Behandlungen ergibt sich keine aus der Vergangenheit gewachsene Routine und damit Expertise, welche jedoch für die Prognose hoher Behandlungsqualität in der Zukunft erforderlich ist.
45So bereits Beschluss der beschließenden Kammer vom 11. März 2025 – 18 L 312/25 – n.v.
46Es kommt hinzu, dass die Erwägung der Bezirksregierung, die Fallzahlen in der Leistungsgruppe 7.2 aller Krankenhäuser des Trägers Klinikum P. zugunsten des Nkrankenhauses Z. zu bündeln, ausweislich des korrigierten Anhörungsschreibens des MAGS vom 20. Juni 2024 maßgeblich auf der Erwägung basiert, dem Nkrankenhaus E. – gewissermaßen im Gegenzug – die Leistungsgruppe 25.1 (Neurochirurgie) zuzuweisen. Es wird von der Bezirksregierung weder vorgetragen, noch ist anderweitig ersichtlich, was die Zuweisung der Leistungsgruppe „Neurochirurgie“ an ein Krankenhaus eines Trägers mit der Zuweisung der Leistungsgruppe „Leukämie und Lymphome“ an ein anderes Krankenhaus desselben Trägers zu tun haben soll, so dass sich insofern die Annahme einer sachfremden Ermessenserwägung aufdrängt.
47Des Weiteren dürfte die Auswahlentscheidung in Bezug auf die Leistungsgruppe 7.2 ermessensfehlerhaft sein, weil die Bezirksregierung den Umstand, dass die Antragstellerin an dem von ihr betriebenen Krankenhaus am Standort Einrichtungen zur Strahlentherapie vorhält, während dies bei der überwiegenden Zahl der Mitbewerber nicht der Fall ist und dieses Mindestkriterium nur in Kooperation erfüllt wird, unberücksichtigt gelassen hat. Demgegenüber wurde die Vorhaltung einer Strahlentherapie am Standort zugunsten des Shospitals J. im Rahmen der Auswahlentscheidung positiv berücksichtigt.
48Schließlich erscheint die Auswahlentscheidung zugunsten des Shospitals in J. nicht nachvollziehbar und damit ermessensfehlerhaft. Bezüglich dieses Krankenhauses, welches in zum Vergleich herangezogenen Jahren – zum Teil deutlich – weniger Behandlungsfälle aufwies als das Krankenhaus der Antragstellerin, führte das MAGS in seinem zweiten Anhörungsschreiben vom 4. November 2024 aus, dass der Träger des Shospitals geltend gemacht habe, dass eine Versorgungssicherheit für J. und enges Umland allein durch das Dklinikum J. nicht sichergestellt werden könne. Daher habe sich das MAGS dazu entschieden, dem Vorschlag des Shospitals zu folgen, eine befristete Ausweisung zunächst für ein Jahr vorzunehmen, mit dem Ziel ein gemeinsames gestuftes Versorgungskonzept mit dem Dklinikum J. sicherzustellen und daher eine Zuweisung von 50 Fallzahlen vorzunehmen, womit die geplante Fallzahlhöhe insgesamt erhöht und die Leistungsgruppe damit über Bedarf beplant werde. Diese Erwägungen erscheinen angesichts dessen, dass das Dklinikum J. mit einer nach der Auswahlentscheidung zugewiesenen Fallzahl von 591 im Vergleich zu der von diesem beantragten Fallzahl in Höhe von 850 deutlich weniger Fälle zugewiesen bekommen hat, als beantragt und daher davon auszugehen ist, dass die Behandlungskapazität des Dklinikums bei weitem nicht erschöpft sein dürfte, nicht nachvollziehbar und sachfremd.
492. Auch die Auswahlentscheidung des Antragsgegners bezüglich der Leistungsgruppe 16.4 (Pankreaseingriffe) ist voraussichtlich rechtswidrig.
50Der Antragsgegner hat den Bedarf der Leistungsgruppe 16.4 im Rahmen des Krankenhausplans 2022 landesweit auf 2.388 Fälle,
51vgl. Krankenhausplan 2022, S. 194,
52und auf Planungsebene (Regierungsbezirk J.) auf 309 Fälle ermittelt.
53Er hat aufgrund der antragsbedingten Überzeichnung im Ermessenswege die Folgende Zuweisungsentscheidung getroffen:
54Krankenhaus |
Betriebsstätte |
Anzahl beantragter Fälle |
Anzahl zugewiesener Fälle |
Bhospital Y. GmbH |
Bhospital Y. |
25 |
37 |
Dkliniken J. |
Dklinikum J. |
65 |
75 |
T.-Kliniken J. GmbH |
Shospital |
10 |
70 |
Klinikum C. |
St. R. Hospital Q. |
38 |
42 |
H.-Hospital J. |
H.-Hospital J. |
20 |
85 |
Die damit einhergehende Ermessensentscheidung, der Antragstellerin, die für das von ihr betriebene Krankenhaus 45 Fälle beantragt hat, keine Fälle im Rahmen der Leistungsgruppe 16.4 zuzuweisen, ist aller Voraussicht nach ermessensfehlerhaft.
56Zur Begründung seiner Ermessensentscheidung bezüglich der Leistungsgruppe 16.4 (Pankreaseingriffe) hat der Antragsgegner im Wesentlichen ausgeführt, dieser hochkomplexe Eingriff sei risikobehaftet, sodass eine Konzentration der Leistungserbringung im Rahmen der Qualitätssicherung unumgänglich sei. Bei der Zuteilung des prognostizierten Bedarfs hätten daher nicht alle Antragsteller berücksichtigt werden können. Bösartige Neubildungen der Bauchspeicheldrüse wiesen die niedrigste Überlebensrate aller Krebserkrankungen auf. In der LG 16.4 solle eine Konzentration auf große Zentren erfolgen, Gelegenheitsversorger sollten künftig nicht mehr an der Versorgung von Patienten mit bösartigen Neubildungen der Bauspeicheldrüse teilnehmen. 19 Standorte hätten eine Ausweisung beantragt. Es solle eine deutliche Konzentration im Regierungsbezirk J. von bisher 16 auf zukünftig 5 Standorte erfolgen. In seiner Stellungnahme vom 28. August 2024 führe die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass angesichts der durch das Klinikum Y. erbrachten Fallzahlen die Entscheidung zur Nichtzuweisung der Leistungsgruppe 16.4 nicht nachvollziehbar sei. Wenn erbrachte und beantragte Fallzahlen als Ausweis einer höheren Expertise betrachtet würden, sei das Klinikum Y. im Vergleich zu anderen Häusern das deutlich leistungsstärkere Krankenhaus aufgrund der deutlich höher beantragten Fallzahlen und der hierzu auch im Vorfeld erbrachten Leistungen. Im Übrigen sei ab dem Jahr 2023 eine erhebliche Fallzahlentwicklung zu verzeichnen. Diese sei im Wesentlichen auf die Konzentrierung der Leistungen aus dem K A. im Klinikum Y. sowie das Abklingen der Corona-Pandemie zurückzuführen. Bis Ende 2024 würden hochgerechnet 24 Pankreas-Eingriffe erbracht. Die seitens des G-BA vorgegebenen Mindestmengen würden im Gegensatz zu anderen Antragstellern bei weitem überschritten. Der Bereich der Bauchspeicheldrüsenchirurgie sei bundesweit durch die Mindestmengenregelungen reglementiert. Aktuell finde hier ein Umbruch statt, die erforderliche Mindestmenge sei verdoppelt worden. Das Votum der NRW-Krankenhausplanung würde dem bundesweiten Mechanismus vorgreifen und das K Y. hierdurch unzulässig benachteiligen, da selbst die erneute Verschärfung der Mindestmengen durch das Haus der Antragstellerin nachhaltig sicherzustellen sei. Darüber hinaus sei die Bedarfsermittlung unzureichend, da der zu erwartende Anstieg der Inzidenz maligner Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse in den nächsten Jahren nicht in die Bedarfseinschätzung eingerechnet worden sei. Das Klinikum Y. erbringe seit Jahren nicht nur strukturell eine hervorragende und qualitativ hochwertige Onkologie, sondern verfüge auch über eine eigene strahlentherapeutische Abteilung und sei damit leistungsfähiger als das Bhospital Y. Die Mindestvoraussetzungen für Pankreaseingriffe würden erfüllt bzw. sogar übererfüllt. So würden ... (VZÄ) Fachärzte für Viszeralchirurgie vorgehalten, von denen ...( die Zusatzweiterbildung Spezielle Viszeralchirurgie vorweisen würden. Fachärzte für Innere Medizin und Gastroenterologie würden ...( (VZÄ) vorgehalten. Auch die Auswahlkriterien würden erfüllt, dies gelte insbesondere für das Angebot Strahlentherapie am Standort aber auch für die Auswahlkriterien Hämatologie und Onkologie, ferner über die Leistungsgruppen Komplexe Endokrinologie und Diabetologie. Auch die Bereitschaft zur interventionellen Radiologie und diagnostischen Angiografie werde vorgehalten. Über die Auswahlkriterien hinaus könnten nach Punkt 5.4.3 auch weitere Aspekte bei der Auswahlentscheidung Berücksichtigung finden, sodass auch die von der Antragstellerin vorgehaltene Leistungsgruppe der komplexen Gastroenterologie zu beachten sei, die bei Pankreaseingriffen ebenfalls zum Einsatz komme. Darüber hinaus sei seit 10/2021 Hauptleistungserbringer in der Chirurgie Herr Prof. Dr. D., der aufgrund seiner ursprünglichen Tätigkeit im Ohospital M., als dem vermutlich größten Krankenhaus mit pankreaschirurgischer Expertise, über besondere Kenntnisse verfüge. Die Konzentration auf 5 Standorte im Regierungsbezirk werde dazu führen, dass die vorgegebenen Zeiträume zwischen Tumorkonferenz-Beschlussfassung und Operation binnen 14 Tagen nicht umzusetzen seien, wie es im Rahmen der Qualitätssicherung jedoch gefordert werde. Dies führe zu einer vorhersehbaren schlechteren Versorgung der Patienten. Im Klinikum Y. könnten die operativen Behandlungsintervalle nachweislich einhalten werden, weil kapazitativ angepasste, verlässliche und belastbare Strukturen bei Pankreasoperationen bereits geschaffen worden seien.
57Die Ermessensentscheidung sei aufgrund der Mindest- und Auswahlkriterien getroffen worden. Darüber hinaus sei die Erfüllung der geforderten Mindestmenge laut G-BA als zusätzliches Kriterium für die Ermessensentscheidung hinzugezogen worden. Der G-BA benenne planbare Leistungen im Krankenhaus, bei denen ein Zusammenhang zwischen der Durchführungshäufigkeit und der Behandlungsqualität bestehe. Für die Leistungen lege er auf Basis der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse Mindestmengen je Ärztin/Arzt und/oder je Standort eines Krankenhauses fest. Die Mindestmenge für Pankreaseingriffe liege laut G-BA übergangsweise für 2024 bei 15 Fällen, ab 2025 bei 20 Fällen pro Kalenderjahr. Mit E-Mail vom 26. Oktober 2023 habe die AOK NordWest die Mindestmengen-Prognose für das Kalenderjahr 2024 mitgeteilt. Hierzu seien die Fallzahlen des Jahres 2022 und des 1. Halbjahres 2023 ausgewertet worden. Als weiteres Kriterium seien neben der erbrachten Fallzahl im Referenzjahr 2019 auch die Fallzahlen der Jahre 2020 bis 2022 in die Ermessenentscheidung einbezogen worden. Das Klinikum Y. erfülle sämtliche Mindestkriterien sowie fünf von sieben Auswahlkriterien. Die Mindestmengenprognose der Kostenträger werde ebenfalls erfüllt. Im Referenzjahr 2019 habe das Krankenhaus mit einer Fallzahl von 18 im Vergleich mit den weiteren Antragstellern im mittleren Bereich gelegen. In den Jahren 2020 bis 2022 sei die tatsächlich Leistungserbringung jedoch stark gesunken und liege im Vergleich mit den anderen Antragstellern nur noch im unteren Bereich. Insbesondere das Bhospital Y. könne für die in die Auswahlentscheidung einbezogenen Jahre 2019 bis 2022 wesentliche höhere Fallzahlen als das Klinikum Y. nachweisen, zumal die Leistungsgruppe 16.4 aller KERN-Häuser am Bhospital Y. gebündelt werden solle.
58Zunächst begegnet die Auswahlentscheidung des Antragsgegners in Bezug auf die Leistungsgruppe 16.4 erheblichen Bedenken, weil drei von fünf ausgewählte Krankenhäuser ihren Sitz in der Stadt J. haben und damit einhergehend 230 von prognostizierten 309 Behandlungsfällen im Regierungsbezirk an diese drei Krankenhäuser vergeben wurden. Diese lokale Bündelung in einer Stadt widerspricht den Rahmenvorgaben im Krankenhausplan NRW 2022. Dort wird auf Seite 58 ausgeführt, dass bei der Festlegung der Zahl der Standorte neben weiteren Aspekten u.a. berücksichtigt werden soll, dass regionale Mehrfachvorhaltungen in unmittelbarer räumlicher Nähe vermieden werden sollen, soweit sie nicht durch das Bedarfsvolumen und/oder andere Besonderheiten der Versorgungssituation gerechtfertigt sind. Dem wird die Auswahlentscheidung der Bezirksregierung J. in Bezug auf die Leistungsgruppe 16.4 nicht gerecht. Zwar erfolgt die Planung der vorgenannten Leistungsgruppe auf der Ebene des Regierungsbezirks. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der im Krankenhausplan 2022 niedergelegte Grundsatz der Vermeidung von regionalen Mehrfachvorhaltungen außer Acht gelassen werden darf. Die Erwägung der Bezirksregierung J., die Zuweisungen an mehrere Standorte in der Stadt J. dienten der Mitversorgung von Patientinnen und Patienten aus den Kreisen I. und G., ist ohne das – hier von dem Antragsgegner nicht geltend gemachte – Hinzutreten von Besonderheiten in der Versorgungssituation in den genannten Kreisen sowie der kreisfreien Stadt J. nicht nachvollziehbar. Denn diese drei Gebietskörperschaften mit einer Einwohnerzahl von insgesamt 0.000.000 zum Stichtag 30. Juni 2024 (Stadt J. 000.000, Kreis I. 000.000, Kreis G. 000.000) machen in Verhältnis zur Gesamteinwohnerzahl des Regierungsbezirks J. von 0.000.000 lediglich einen Anteil von 39,8% aus. In die Stadt J. erfolgten jedoch drei von fünf Zuweisungen bzw. wurden 230 von 309 prognostizierten Fällen (d.h. 74,4%) zugewiesen.
59Einwohnerzahlen entnommen der amtlichen Bevölkerungsstatistik, abrufbar unter https://statistik.nrw/gesellschaft-und-staat/gebiet-und-bevoelkerung/bevoelkerung/bevoelkerung-nach-gemeinden (zuletzt aufgerufen am 13. März 2024).
60Diese Mehrfachzuweisung an Krankenhäuser in der Stadt J. lässt sich auch nicht durch Erwägungen der Bestenauslese rechtfertigen. Insbesondere begegnet die Auswahlentscheidung zugunsten des Shospitals und des H.-Hospitals in J. erheblichen Bedenken, weil diese beiden Krankenhäuser erst durch die gebündelte Betrachtung und der damit verbundenen Addition von Fallzahlen anderer Krankenhäuser des jeweiligen Krankenhausträgers – für die Auswahlentscheidung relevante –Fallzahlen in beachtenswerter Höhe aufweisen. Eine solche Gesamtbetrachtung widerspricht jedoch nach den obigen Ausführungen den vom MAGS zugrunde gelegten Grundsätzen in Bezug auf die Annahme einer aus in der Vergangenheit erbrachten Fallzahlen folgenden Expertise.
61Im Falle des H.-Hospitals J. kommt hinzu, dass die von der Bezirksregierung J. vorgenommene gebündelte Betrachtung mit dem R.-C.-Krankenhaus J. und die damit verbundene Addition der Fallzahlen dieser beiden Krankenhäuser lediglich auf die Erklärung der Regional-Geschäftsführerin des gemeinsamen Trägers dieser beiden Krankenhäuser, Frau F. in einer E-Mail vom 4. März 2024 zurückgeht. Darin habe diese gegenüber der Bezirksregierung angegeben, dass, wenn seitens des Landes eine weitere Bündelung der Leistungsgruppen vorgesehen sein sollte, man seitens des Trägers „bereit“ sei, durch Verlagerung der ärztlichen Kompetenz an den jeweils anderen Standort eine solche Konzentration mitzutragen. Eine rechtlich verbindliche Aussage kann dieser Korrespondenz nicht entnommen werden.
62Des Weiteren begegnet die im Wege der Ermessensausübung getroffene Entscheidung, die Leistungsgruppe 16.4 im Regierungsbezirk J. an lediglich fünf Krankenhäuser zu vergeben Bedenken, weil – wie sich aus der obigen tabellarischen Übersicht zur Auswahlentscheidung entnehmen lässt – sämtliche Krankenhäuser eine höhere Fallzahl zugewiesen bekommen haben, als von ihnen beantragt. Namentlich wurde den fünf ausgewählten Krankenhäusern bei insgesamt von diesen beantragten 158 Fällen 309 zugewiesen. Auch wenn die Fallzahl lediglich eine Plangröße ohne unmittelbare Auswirkung auf den damit jeweils verbundenen Versorgungsauftrag sein mag, dürfte die Höhe der durch die Krankenhäuser beantragten Fallzahlen ein nicht unerhebliches Indiz dafür sein, welche Behandlungskapazität und damit Leistungsfähigkeit im Hinblick auf seine personelle und sachliche Ausstattung das jeweilige Krankenhaus als realistisch betrachtet. Ohne – vorliegend von der Bezirksregierung J. nicht geltend gemachter – Anhaltspunkte dafür, dass die ausgewählten Krankenhäuser ohne Gefährdung der Behandlungsqualität in der Lage sind, teilweise ein Vielfaches mehr als die von ihnen im Antragsverfahren genannten Fälle (beim Shospital etwa das Siebenfache, beim H.-Hospital mehr als das Vierfache) zu versorgen, erscheint eine Konzentration auf lediglich fünf Standorte bei zugleich gegebener Möglichkeit weitere leistungsfähige und -bereite Krankenhäuser auszuwählen, um die prognostizierten Fälle abzudecken, zumindest bedenklich.
63Die vorstehenden Erwägungen zugrunde gelegt, spricht – ohne dass es darauf ankommt, ob noch weitere von der Antragstellerin geltend gemachte Fehler bei den Auswahlentscheidungen vorliegen – Überwiegendes dafür, dass die von dem Antragsgegner im streitgegenständlichen Feststellungsbescheid getroffenen Auswahlentscheidungen bezüglich der vorliegend streitgegenständlichen Leistungsgruppen 7.2 und 16.4 unter beachtlichen Ermessensfehlern leiden und damit rechtswidrig sind, so dass die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner einen Anspruch auf erneute – ermessensfehlerfreie – Auswahlentscheidungen haben dürfte. Bei einer solchen ist angesichts der von der Antragstellerin erfüllten Qualitätskriterien (sämtliche Mindest- sowie im Falle der Leistungsgruppe 7.2 eins von vier Auswahlkriterien bzw. im Falle der Leistungsgruppe 16.4 fünf von sieben Auswahlkriterien) und der von ihr in der Vergangenheit erbrachten Fallzahlen in Bezug auf die Leistungsgruppen 7.2 und 16.4 jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sie bei einer erneuten Auswahlentscheidung diese Leistungsgruppen zugewiesen bekommen könnte.
64Da nach dem Vorstehenden Erhebliches dafür spricht, dass die vom Antragsgegner bezüglich der Leistungsgruppen 7.2 und 16.4 getroffene Auswahlentscheidungen ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig sind, überwiegt das Interesse der Antragstellerin an einem vorläufigen Nichtvollzug der zu ihren Lasten getroffenen Entscheidungen, ihr die Leistungsgruppen 7.2 und 16.4 nicht zuzuweisen, gegenüber dem öffentlichen Interesse des Antragsgegners, die Regelungen im Feststellungsbescheid ab dem 1. April 2025 umzusetzen. Ohne die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage würde die Antragstellerin ab dem vorgenannten Datum über keinen Versorgungsauftrag betreffend die Durchführung von Leistungen nach den Leistungsgruppen 7.2 und 16.4 mehr in dem von ihr betriebenen Krankenhaus verfügen, so dass sie gehindert wäre, entsprechende Behandlungen mit den gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen und entsprechende Investitionskosten vom Antragsgegner zu erhalten, was für sie jedenfalls nicht unerhebliche wirtschaftliche Folgen hätte und zudem die Erbringung von einschlägigen Behandlungen in einer für die Erzielung der Mindestmengenprognose in den kommenden Jahren relevanten Höhe unmöglich machen oder jedenfalls erheblich erschweren würde. Demgegenüber führt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage betreffend die Leistungsgruppen 7.2 und 16.4 lediglich dazu, dass die Absicht des Antragsgegners, diese Leistungsgruppen an wenigen Krankenhäusern zu konzentrieren bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache aufgeschoben würde.
65III.
66Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
67IV.
68Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und orientiert sich an Ziffer 23.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sie entspricht zudem der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zu Klagen betreffend Aufnahmen in den Krankenhausplan.
69Vgl. Beschlüsse vom 17. Dezember 2009 – 13 A 3109/08 –, Rn. 40, und vom 6. Dezember 2011 – 13 A 1402/11 –, Rn. 50 ff., jeweils juris.
70Die Kammer bemisst das wirtschaftliche Interesse eines Krankenhausträgers, der eine eigene Planposition erstrebt oder verteidigt, nach dem Vorstehenden pauschalierend mit 50.000,- Euro. Vorliegend begehrt die Antragstellerin, mit insgesamt 2 Leistungsgruppen in den Krankenhausplan aufgenommen zu werden bzw. dort zu verbleiben, was in der Hauptsache die Festsetzung eines Streitwerts von 100.000,- Euro rechtfertigt. Dieser Betrag ist nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren.