Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
2Der sinngemäße Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes,
3die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller unter Aufhebung des Bescheides vom 23. August 2024 einen Studienplatz für den Studiengang Humanmedizin im 1. Fachsemester zum Wintersemester 2024/2025 an der J. zuzuweisen,
4hat keinen Erfolg.
5Der nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht begründet. Der Antragsteller hat nicht gemäß § 123 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Zuweisung des begehrten Studienplatzes an der von ihm im Bewerbungsverfahren benannten J. im Studiengang Humanmedizin nach den für das Wintersemester 2024/2025 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen zusteht.
6Studienplätze im Studiengang Humanmedizin werden in einem zentralen Vergabeverfahren nach den Regelungen des in allen Bundesländern ratifizierten, am 1. Dezember 2019 in Kraft getretenen Staatsvertrages über die Hochschulzulassung (Vergabe-Staatsvertrag) in Verbindung mit den in den einzelnen Ländern erlassenen, die Vorgaben des Staatsvertrages konkretisierenden Rechtsverordnungen vergeben. Diese Verordnungen müssen nach Art. 12 Abs. 2 des Vergabe-Staatsvertrages in den für die zentrale Vergabe wesentlichen Punkten übereinstimmen. Im Folgenden wird – auch stellvertretend für die einschlägigen Verordnungen der übrigen Länder – auf die Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (VergabeVO NRW) vom 13. November 2020 (GVBl. NRW 2020, S. 1060), zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. Mai 2023 (GVBl. NRW 2023, S. 256), Bezug genommen.
7Die Studienplätze der in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge werden in verschiedenen, in Art. 9 und 10 des Vergabe-Staatsvertrages beschriebenen Zulassungsquoten vergeben. Während die Studienplätze der „Zusätzlichen Eignungsquote“ und der „Auswahlquote der Hochschulen“ von den einzelnen Hochschulen vergeben werden, die sich dabei der Unterstützung durch die Antragsgegnerin als „Verwaltungshelferin“ bedienen, werden die Studienplätze der „Vorabquoten“ und der „Abiturbestenquote“ von der Antragsgegnerin in eigener Verantwortung vergeben (Art. 5 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 Vergabe-Staatsvertrag).
8Die Studienplätze der Abiturbestenquote werden gemäß Art. 10 Abs. 1 des Vergabe-Staatsvertrages in Verbindung mit § 15 VergabeVO NRW nach dem Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung vergeben. Mit der von dem Antragsteller im Abitur erreichten Punktzahl 751 (Abiturnote 1,4) erfüllt er nicht die zum Wintersemester 2024/2025 in der Abiturbestenquote maßgebliche Auswahlgrenze (Punktzahl 862, Abiturnote 1,0) an der J.. Ein Antrag auf Nachteilsausgleich (§ 15 Abs. 4 VergabeVO NRW in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 Vergabe-Staatsvertrag) ist von dem Antragsteller nicht gestellt worden.
9Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Auswahl nach Härtegesichtspunkten (§ 10 VergabeVO NRW) glaubhaft gemacht. Die Studienplätze der Härtefallquote werden an Bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, wenn sie keine Zulassung erhielten. Eine außergewöhnliche Härte liegt gemäß § 10 Satz 2 VergabeVO NRW vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Da die Zulassung im Härtefallwege nach dem System des § 8 Abs. 2 VergabeVO NRW zwangsläufig zur Zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen Erstbewerbers führt, ist eine strenge Betrachtungsweise geboten.
10Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 - 13 B 504/10 -, vom 2. Juli 2012 - 13 B 656/12 -, und vom 10. Januar 2022 - 13 E 979/21 -; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. August 2015 - 6z K 3872/14 -, und Gerichtsbescheid vom 10. November 2022 - 6z K 1527/22 -, alle bei juris und www.nrwe.de; Bahro/O., Das Hochschulzulassungsrecht in der BRD, 4. Aufl. 2003, § 21 VergabeVO Rn. 1.
11Im Blick zu behalten ist überdies die Funktion der Härtefallregelung. Sie soll – wie schon der Wortlaut der Vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten Massenverfahrens der Studienzulassung einen Ausgleich für besondere Einzelfälle schaffen, in denen die Anwendung der regulären Auswahlkriterien dem Gebot der Chancengleichheit nicht gerecht wird; nach Möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer Benachteiligungen an der Erreichung seines Berufsziels gehindert werden. Anderen Zwecken – etwa der Kompensation erlittener Schicksalsschläge oder erfahrenen Leids – darf die Härtefallzulassung hingegen nicht dienen.
12Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2013 - 13 B 440/13 -, und vom 18. Dezember 2014 - 13 B 1360/14 -; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 21. Dezember 2016 - 6z L 2869/16 -, und vom 24. November 2020 - 6z L 1418/20 -, alle bei juris und www.nrwe.de, und mit weiteren Nachweisen; Brehm/Maier, DVBl. 2016, 1166 (1169 ff.).
13Daran gemessen sind die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 10 VergabeVO NRW vorliegend nicht dargetan.
14Dass der derzeit 15 Jahre alte Antragsteller das Studium nicht an einem beliebigen Studienort im Bundesgebiet ohne Betreuung durch seine Familie aufnehmen kann, ist für die Kammer verständlich. Allein die Minderjährigkeit des Antragstellers kann aber einen Härtefall erkennbar nicht begründen. Eine Minderjährigen-Quote ist im zentralen Vergabeverfahren – anders als in den örtlichen Vergabeverfahren des Landes O. (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Hochschulzulassungsverordnung O.) – gerade nicht vorgesehen.
15Vgl. in dem Zusammenhang VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. September 2024 - 6z K 3594/22 -, demnächst juris, und Beschluss vom 8. September 2022 - 6z L 1083/22 -, juris.
16In der Sache macht der Antragsteller geltend, dass seine Zulassungschancen in dem mehrgleisig und auch zwischen den einzelnen Hochschulen differenzierend konzipierten Zulassungssystem der Studienplatzvergabe,
17vgl. in dem Zusammenhang BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2017 - 1 BvL 3/14 -, BVerfGE 147, 253-363, juris Rn. 97 und 163,
18aufgrund seiner Minderjährigkeit verringert seien. Denn er könne wegen seines Alters nur auf einen kleinen Teil aus der Vielzahl denkbarer Zulassungschancen zurückgreifen. Es kann offenbleiben, ob ein solcher Nachteil bei der Auswahl nach Härtegesichtspunkten grundsätzlich in Betracht kommt.
19Denn in dem konkreten Einzelfall wurden die Zulassungschancen des Antragstellers in dem schematisierten Massenverfahren im Ergebnis nicht verringert. Ein Härtefall scheidet schon deswegen aus. Nach der plausiblen Darlegung der Antragsgegnerin, der der Antragsteller nicht durchgreifend entgegengetreten ist, hätte er mit den von ihm erzielten Leistungen auch bei einer bundesweiten Bewerbung keine Aussicht auf Zulassung in den Hauptquoten gehabt. Insofern würde der Antragsteller bevorzugt, wenn er aus Härtefallgesichtspunkten eine Studienzulassung erhielte, die er bei einer gedachten bundesweiten Bewerbung als Volljähriger nicht hätte erlangen können. Dies geht über die mit der Härtefallregelung angestrebte Kompensation von Nachteilen erkennbar hinaus.
20Mit dem Hilfsantrag vermag der Antragsteller nicht durchzudringen, denn ein Anspruch auf Neubescheidung kommt mangels Ermessen oder fehlender Spruchreife nicht in Betracht.
21Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
22Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes.
23Rechtsmittelbelehrung:
24Gegen den Beschluss zu 1. steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zu.
25Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, einzulegen. Sie ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
26Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
27Im Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss zu 1. muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
28Gegen den Beschluss zu 2. findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
29Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
30Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.