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1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet,
a) die Antragstellerin bzw. den Antragsteller gemeinsam mit den insoweit ebenfalls erfolgreichen Studienbewerbern der Parallelverfahren unverzüglich an einem Losverfahren über einen zu vergebenen Studienplatz zum Wintersemester 2023/24 im ersten Fachsemester des Studienganges Humanmedizin zu beteiligen,
b) der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller das Ergebnis des Losverfahrens unverzüglich formlos bekannt zu geben,
c) die Antragstellerin bzw. den Antragsteller, auf die bzw. den die Rangziffer 1 entfällt, zum Studium der Medizin nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Wintersemesters 2023/2024 unter der Bedingung vorläufig zuzulassen, dass sie bzw. er gegenüber der Hochschule binnen einer Woche, nachdem ihr bzw. ihm die Entscheidung durch Zustellungsurkunde bekannt gegeben worden ist,
aa) eidesstattlich versichert, dass sie bzw. er zum Wintersemester 2023/2024 an keiner deutschen Hochschule einen Studienplatz im Studiengang Medizin vorläufig oder endgültig erhalten hat und ihr bzw. ihm ein solcher auch nicht angeboten worden ist,
bb) die Immatrikulation beantragt,
d) die Antragstellerinnen bzw. Antragsteller mit den weiteren Rangziffern entsprechend ihrer Rangfolge unter den Modalitäten gemäß c) nachrücken zu lassen, sofern ein vorrangiger Bewerber die eidesstattliche Versicherung nicht fristgerecht vorlegt oder die Immatrikulation nicht fristgerecht beantragt oder die Immatrikulation abgelehnt wird.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragstellerin bzw. der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens zu 91%, die Antragsgegnerin zu 9%.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
3Die Antragstellerin bzw. der Antragsteller hat nach der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch aus Art. 12 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) auf eine Beteiligung an einem Losverfahren um einen Studienplatz außerhalb der festgesetzten Aufnahmekapazität glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung).
4Die Anzahl der im ersten Semester des Studienjahres 2023/2024 an der S. -V. C. – S1. – im Studiengang Medizin – Vorklinik – zur Verfügung stehenden Studienplätze ist durch Anlage 1 der „Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienplätzen im ersten Fachsemester für das Wintersemester 2023/2024“ vom 26. Juni 2023 (GV. NRW. S. 413) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 14. November 2023 (GV. NRW. S. 1190) auf 343 festgesetzt worden. Die Überprüfung der Kapazitätsberechnung der S. -Universität C. ergibt, dass über die Höchstzahl hinaus ein weiterer Studienplatz vorhanden ist.
5Rechtsgrundlage für die Kapazitätsermittlung für das Studienjahr 2023/2024 ist die „Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen“ (Kapazitätsverordnung – KapVO –) vom 25. August 1994 (GV. NRW. S. 732) in der Fassung der Änderungsverordnungen vom 11. April 1996 (GV. NRW. S. 176), vom 31. Januar 2002 (GV. NRW. S. 82), vom 12. August 2003 (GV. NRW. S. 544), vom 20. September 2020 (GV. NRW. S. 907) und vom 18. August 2021 (GV. NRW. S. 1036).
6Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 KapVO wird die jährliche Aufnahmekapazität (§ 2 Abs. 2 Satz 1 KapVO) in zwei Verfahrensschritten ermittelt, nämlich erstens durch eine Berechnung aufgrund der personellen Ausstattung nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts (§§ 6‑13 KapVO) und zweitens durch eine Überprüfung des hierbei gewonnenen Ergebnisses anhand der weiteren kapazitätsbestimmenden Kriterien nach den Vorschriften des Dritten Abschnitts (§§ 14‑21 KapVO).
7Beiden Verfahrensschritten sind die Daten eines Stichtages zugrunde zu legen, der von der Hochschule auf ein Datum festgesetzt werden darf, das bis zu neun Monaten vor dem Berechnungszeitraum liegt (§ 5 Abs. 1 KapVO). Bei Eintritt wesentlicher Änderungen vor Beginn des Berechnungszeitraums soll eine Neuermittlung und Neufestsetzung durchgeführt werden (§ 5 Abs. 3 KapVO). Insoweit liegen dem Gericht die Kapazitätsberechnungen für den Berechnungszeitraum des Studienjahres 2023/2024 der Lehreinheit Vorklinische Medizin bezogen auf den Berechnungsstichtag 15. September 2023 vor.
8A. Berechnung aufgrund der personellen Ausstattung (§§ 6‑13 KapVO)
9Die jährliche Aufnahmekapazität aufgrund der personellen Ausstattung errechnet sich aus dem Verhältnis des Lehrangebots zum Ausbildungsaufwand (§ 6 KapVO i. V. m. den Formeln der Anlage 1 zur KapVO).
10I. Ermittlung des Lehrangebots
11Für die Berechnung des Lehrangebots ist von den Regellehrverpflichtungen auszugehen, welche die der Lehreinheit zugeordneten Lehrpersonen der verschiedenen Stellengruppen im Rahmen des Dienstrechts zu erbringen haben. Sie werden in Deputatstunden (DS) gemessen und ergeben das Bruttolehrangebot (§§ 8‑10 KapVO). Dieses Bruttolehrangebot (S) wird um die Lehrveranstaltungsstunden vermindert, die die Lehreinheit für ihr nicht zugeordnete Studiengänge zu erbringen hat (Dienstleistungen (E), § 11 Abs. 1 KapVO), woraus das bereinigte Lehrangebot (Sb) resultiert.
121. Ermittlung des Bruttolehrangebots (S)
13Das Bruttolehrangebot (S) ergibt sich aus der nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KapVO i. V. m. Anlage 3 zur KapVO vorzunehmenden Aufteilung des im jeweiligen Landeshaushalt veranschlagten Stellensolls für die „Medizinischen Einrichtungen der S. -Universität C. “ auf die Lehreinheiten Vorklinische Medizin, Klinisch-praktische Medizin und Klinisch-theoretische Medizin. Insoweit hat die Antragsgegnerin Kapitel 06 152 aus dem Haushaltsplan 2023 über die „Medizinischen Einrichtungen der S. -Universität“ sowie die von ihr entsprechend der Anlage 3 zur KapVO erstellte Übersicht „Wissenschaftl. Personal in der vorklinischen Medizin“ und eine Übersicht über die konkrete Stellenbesetzung vorgelegt. Danach hat die Antragsgegnerin der Lehreinheit „Vorklinische Medizin“ folgende Stellen zugewiesen:
14W3-Professor |
7 |
W2-Professor |
3 |
W1-Junior-Professor |
3 |
A 15 – 13 Akademischer Rat mit ständigen Lehraufgaben |
1,5 |
A 15 – 13 Akademischer Rat ohne ständige Lehraufgaben |
4,5 |
A 14 Akademischer Oberrat auf Zeit |
2 |
A 13 Akademischer Rat auf Zeit |
10 |
Wissenschaftliche Angestellte (unbefristet) |
5,6 |
Wissenschaftliche Angestellte (befristet) |
18,5 |
55,1 |
Jeder dieser Stellen ist ein bestimmtes Lehrdeputat zugeordnet, das sich nach der im Rahmen des Dienstrechts festgesetzten Regellehrverpflichtung der Lehrperson richtet (§ 9 Abs. 1 KapVO). Der Umfang der einzelnen Lehrverpflichtungen wird festgesetzt durch § 3 der Verordnung über die Lehrverpflichtungen an Universitäten und Fachhochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung - LVV -) vom 24. Juni 2009 (GV. NRW S. 409) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 17. November 2021 (GV. NRW. S. 1222).
16Die Antragsgegnerin hat entsprechend der vorstehenden Personalstellen-Ausstattung unter Berücksichtigung eines zusätzlichen Lehrangebotes von 8 DS ein Bruttolehrangebot in Höhe von 318,80 DS errechnet:
17Stellenangebot |
Zahl der Stellen |
Deputat je Stelle gemäß § 3 LVV |
Lehrdeputat in DS |
W3-Professor |
7 |
9 DS gemäß Abs. 1 Nr. 1 |
63 |
W2-Professor |
3 |
9 DS gemäß Abs. 1 Nr. 1 |
27 |
W1-Junior-Professor |
3 |
4 DS gemäß Abs. 1 Nr. 4 |
12 |
A 15-13 Akademischer Rat/Oberrat/Direktor mit ständigen Lehraufgaben |
1,5 |
9 DS gemäß Abs. 1 Nr. 10, (Abs. 5) |
13,5 |
A 15-13 Akademischer Rat/Oberrat/Direktor ohne ständige Lehraufgaben |
4,5 |
5 DS gemäß Abs. 1 Nr. 11 |
22,5 |
A 14 Akademischer Oberrat auf Zeit |
2 |
7 DS gemäß Abs. 1 Nr. 9 |
14 |
A 13 Akademischer Rat auf Zeit |
10 |
4 DS gemäß Abs. 1 Nr. 8 |
40 |
TV-L Wissenschaftlicher Angestellter befristet |
18,5 |
4 DS gemäß Abs. 4 Satz 5 |
74 |
TV-L Wissenschaftlicher Angestellter unbefristet |
5,6 |
8 DS gemäß Abs. 4 Sätze 2 u. 4 i.V.m. Abs. 1 Nr. 10 |
44,8 |
Zwischenergebnis |
310,8 |
||
Zusätzliches Lehrangebot |
8,0 |
||
Summe: |
55,1 |
318,8 |
Diese Berechnung begegnet im Ergebnis keinen Bedenken.
19a) Soweit die Antragsgegnerin jeweils eine Stelle in den Bereichen „Systembiochemie“ und „Anatomie und molekulare Embryologie“ für Beamte der Stellengruppe „A 15-13 Akademischer Rat ohne ständige Lehrverpflichtung“ mit Tarifbeschäftigten besetzt hat (Systembiochemie: Girzalsky, E 15; Anatomie und molekulare Embryologie: Priv.-Doz. Zähres, E 14) ist dies für die Berechnung des Lehrangebots unbeachtlich. Nach dem Stellenprinzip (§ 8 KapVO) ist die Lehrpersonalstelle unabhängig von ihrer Besetzung und der Qualifikation ihres Inhabers mit der abstrakt für die Gruppe, der die Stelle zuzuordnen ist, festgelegten Regellehrverpflichtung in Ansatz zu bringen. Es kommt allein auf die Regellehrverpflichtung der Stelle nach der jeweiligen Stellengruppe an, nicht auf die dienstrechtliche Stellung des Inhabers oder einer im Arbeitsvertrag festgelegten Lehrpflicht.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2014 - 13 C 8/14 -, juris zur vergleichbaren Problematik bei der Abweichung von der Obergrenze der Bandbreite des § 3 Abs. 1 Nr. 16 LVV.
21Die Antragsgegnerin hat entsprechend der Rechtsauffassung der Kammer,
22vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 19. April 2016 – 4 Nc 99/15 –, juris Rn. 29,
23diese beiden Stellen im Ergebnis mit einem Lehrdeputat von 9 DS nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 LVV berücksichtigt, jedoch nur aus berechnungstechnischen Gründen mit einer Lehrverpflichtung von 5 DS nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 LVV ausgewiesen. Denn die beiden Stellen der Stellengruppe „A 15-13 Akademischer Rat/Oberrat/Direktor“ sind ausweislich der übersandten Übersicht „Wissenschaftl. Personal in der vorklinischen Medizin“ dadurch mit jeweils 9 DS in die Berechnung eingeflossen, dass die Antragsgegnerin die Differenz von jeweils 4 DS, insgesamt also 8 DS, unter dem „zusätzlichen Lehrangebot“ verbucht hat.
24b) Auch begegnet der von einer Antragstellerin monierte jeweilige Ansatz von 4 DS für die W1-Junior-Professuren keinen Bedenken. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 LVV haben Juniorprofessoren ein Lehrdeputat von 4 DS, wenn sie sich in der ersten Anstellungsphase (1. bis 3. Jahr der Juniorprofessur) befinden und von 5 DS, wenn sie in der zweiten Anstellungsphase (4. bis 6. Jahr der Juniorprofessur) sind. Ausweislich des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 23. Februar 2024 sind die drei Stellen für Juniorprofessuren mit wissenschaftlichen Mitarbeitern auf Zeit (E 13) besetzt. Für die Kapazitätsberechnung ist grundsätzlich unerheblich, ob und gegebenenfalls wie eine Stelle tatsächlich besetzt ist. Vielmehr liegt der KapVO das abstrakte Stellenprinzip zugrunde. Ist eine Juniorprofessorenstelle nicht besetzt (oder mit wissenschaftlichen Mitarbeitern unterbesetzt), ist sie mit 4 DS zu berücksichtigen, zumal anzunehmen ist, dass die Stelle im Falle ihrer Neubesetzung an einen Juniorprofessor in der ersten Anstellungsphase vergeben würde.
25Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Januar 2014 – 13 A 1421/13 –, juris Rn. 13 ff., vom 31. Juli 2012 – 13 C 28/12 –, juris Rn. 11 f. und vom 31. Januar 2012 – 13 B 1537/11 –, juris Rn. 8; OVG Hamburg, Beschluss vom 15. Oktober 2013 – 3 Nc 158/12 –, juris Rn. 28; VG Minden, Beschlüsse vom 8. März 2022 – 10 Nc 4/21 u.a. –, juris Rn. 18, vom 13. Dezember 2018 – 10 Nc 3/18 –, juris Rn. 17, vom 12. Dezember 2018 – 10 L 1038/18 –, juris Rn. 17 und vom 19. Dezember 2017 – 10 Nc 8/17 –, juris Rn. 17; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 6. März 2012 – 4 Nc 214/11 –, juris Rn. 22, VG Aachen, Beschluss vom 18. Februar 2022 – 10 Nc 1/21 –, juris Rn. 29; VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. April 2022 – NC 7 K 3106/21 –, juris Rn. 32; VG Berlin, Beschluss vom 6. Juni 2011 – 30 L 919.10 –, juris Rn. 8.
26c) Auch der Ansatz der Lehrverpflichtung der Akademischen Räte/Oberräte von je 5 Lehrveranstaltungsstunden nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 LVV NRW begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Für diese Stellen gilt ebenfalls grundsätzlich das in §§ 8 f. KapVO zum Ausdruck kommende abstrakte Stellenprinzip, das zur Folge hat, dass unabhängig von der tatsächlichen Stellenbesetzung grundsätzlich die im Rahmen des Dienstrechts festgesetzte Regellehrverpflichtung gemessen in Deputatstunden zu berücksichtigen ist. Besetzt die Hochschule eine Personalstelle der Stellengruppe § 3 Abs. 1 Nr. 11 LVV NRW hingegen erkennbar deputatmäßig dauerhaft höherwertiger, ist das abstrakte Stellenprinzip zu durchbrechen. Wegen der dann zumindest faktisch erfolgten Stellenumwandlung kann sie sich redlicherweise nicht mehr auf diesen Grundsatz berufen. Im Übrigen obliegt die Entscheidung, wie die Hochschule ihre Stellen verteilt und diesen Dienstaufgaben innerhalb und außerhalb der Lehre zuordnet, ihrem von strukturplanerischen und haushaltsbezogenen Wertungen durchzogenen und nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbaren Organisationsermessensspielraum.
27Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2023 – 13 C 10/23 –, n.v., S. 2 f. m.w.N.
28Aufgrund des abstrakten Stellenprinzips ist es zunächst irrelevant, ob und in welchem Umfang die Stelleninhaber zuletzt tatsächlich Dienstaufgaben ohne Lehraufgaben wahrgenommen haben. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass das abstrakte Stellenprinzip ausnahmsweise durchbrochen werden müsste, weil die Stellen individuell dauerhaft höherwertig besetzt sind, sind weder vorgetragen noch für das Gericht ersichtlich. Mit Blick auf die ehemals von Prof. G. besetzte Stelle ergibt sich dies bereits aus der seit Oktober 2022 bestehenden Stellenvakanz, die ausweislich der als Anlage 2b übersandten Übersicht immer noch besteht („N. N.“). Im Übrigen kommt es der Hochschule vorliegend ersichtlich auf eine stellenadäquate Besetzung der vorhandenen Personalstellen an, weshalb die Annahme einer Durchbrechung des abstrakten Stellenprinzips fernliegt.
29Vgl. zu den in Rede stehenden Stellen so bereits OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Juli 2023 – 13 C 10/23 –, n.v., S. 4 und vom 27. Juli 2023 – 13 C 6/23 u.a. –, juris Rn. 20.
30d) Die Verminderung um 6,75 SWS für Frau Prof. Dr. N. -W. als Prorektorin folgt aus § 5 Abs. 1 S. 2 LVV NRW. Die Lehrverpflichtung der Frau Prof. Dr. N. -W. als nichthauptberufliche Prorektorin reduziert sich um 75 % von 9 DS auf 2,25 DS. Die von der Antragsgegnerin in Ansatz gebrachte Verminderung von 6,75 DS ist insoweit zutreffend ermittelt worden.
31e) Soweit der Lehreinheit Vorklinische Medizin 5,6 Stellen für wissenschaftliche Angestellte in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Verfügung stehen, legt § 3 Abs. 1 LVV den Umfang der Lehrverpflichtung für diese Stellengruppe nicht ausdrücklich fest. Für Lehrende, die nicht in § 3 Abs. 1 LVV besonders aufgeführt sind, ist die Lehrverpflichtung nach § 3 Abs. 4 LVV zu ermitteln. Nach Absatz 4 Satz 2 LVV richtet sich die Lehrverpflichtung bei Angestellten grundsätzlich nach der Ausgestaltung des Dienstverhältnisses.
32Die Deputatzuweisung von 8 DS (bzw. 0,6 x 8 DS = 4,8 DS) wird – wie in den Vorjahren – nicht beanstandet. Der Personenkreis der wissenschaftlichen Angestellten in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis ist den akademischen Rätinnen und Räten, akademischen Oberrätinnen und Oberräten und akademischen Direktorinnen und Direktoren im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 10 LVV zuzuordnen, denen ein Lehrdeputat von 9 Lehrveranstaltungsstunden obliegt. U. a. für Angestellte, die aufgrund vertraglicher Vereinbarung die gleichen Dienstaufgaben wahrnehmen wie die in Absatz 1 Ziffer 10 genannten Beamten und Beamtinnen, bestimmt die Vorschrift des § 3 Abs. 4 Satz 4 LVV, dass deren Lehrverpflichtung grundsätzlich um eine Lehrveranstaltungsstunde niedriger festzusetzen ist, also auf 8 DS. Soweit § 3 Abs. 4 Satz 4, letzter Hs. LVV die vollständige Berücksichtigung des Deputats der Bezugsgruppe für den Fall vorsieht, dass mit den wissenschaftlichen Angestellten die entsprechende Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften über die Arbeitszeit vereinbart worden ist, ist das in den zu beurteilenden Arbeitsverträgen nicht der Fall.
33f) Den Befristungen von Arbeitsverhältnissen wissenschaftlicher Mitarbeiter kommt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Wie bereits ausgeführt ist die Kapazitätsverordnung auf der Lehrangebotsseite vom sog. Stellenprinzip geprägt (§ 8 Abs. 1 KapVO). Danach ist in die Kapazitätsberechnung die der Stelle der jeweiligen Stellengruppe aus ihrem Amtsinhalt abgeleitete Regellehrverpflichtung unabhängig von ihrer Besetzung oder der Qualifikation ihres Stelleninhabers und seinem tatsächlichen Lehraufwand einzubringen. Auf eine arbeitsrechtliche Betrachtung kommt es insoweit primär nicht an. In Bezug auf wissenschaftliche Mitarbeiter gilt zudem, dass diese Stellen der Lehreinheit anders als bei den übrigen Stellen des hauptberuflichen Lehrpersonals nicht zur Erhöhung des Angebots an ausbildungstragender selbstständiger Lehre zustehen, sondern lediglich zu dem Zweck, die selbständige Lehre im erforderlichen Umfang um unselbständige Lehre zu ergänzen. Angesichts des grundsätzlichen Interesses einer jeden Universität als Arbeitgeber, befristete Stellen nicht zu Dauerarbeitsverhältnissen werden zu lassen, und wegen des Bestrebens, möglichst vielen (Nachwuchs-) Wissenschaftlern eine Chance zur weiteren Qualifizierung einzuräumen, ist davon auszugehen, dass der Einhaltung der Befristungsgrenzen großes Augenmerk gewidmet wird. Insoweit besteht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes kein Anlass zu Zweifeln an der Wahrung der Befristungsdauer.
34Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 11. August 2015 - 13 C 16/15, vom 3. Juli 2013 - 13 C 32/13 -, NRWE; vom 31. Juli 2012 - 13 C 28/12 -; vom 25. Mai 2011 - 13 C 33/11 - 13 C 44/11 - und vom 9. Juni 2010 - 13 C 254/10 -; jeweils juris.
35Diese Maßstäbe hat die Antragsgegnerin bei der Kapazitätsberechnung beachtet. Ausweislich der mit der Antragserwiderung vom 22. Januar 2024 übersandten Übersichten ist keiner Lehrperson auf Dauer eine höhere individuelle Lehrverpflichtung als die Regellehrverpflichtung zugewiesen. Insbesondere bei der Stellengruppe der wissenschaftlichen Angestellten, die befristete Verträge haben und die auf einer Planstelle für Zeitangestellte geführt werden, hat die Antragsgegnerin zu Recht gemäß § 3 Abs. 4 Satz 6 LVV – in allen Fällen – eine Lehrverpflichtung von 4 DS angesetzt. Mit Blick auf die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 22. Januar 2024 vorgelegte Übersicht (Anlage 3) besteht kein Grund, am Vorliegen sachlicher Befristungsgründe zu zweifeln. Dass einige der befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter – zum Teil zeitweise – keine Lehrverpflichtung haben, ist von der Antragsgegnerin bei der Berechnung des Bruttolehrangebots zutreffend unter Berücksichtigung des Stellenprinzips außer Acht gelassen worden.
362. Das Bruttolehrangebot von 318,8 DS ist nicht gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 3 LVV zu reduzieren. Eine Lehrverpflichtung Schwerbehinderter im Sinne des Sozialgesetzbuches IX ist vorliegend nicht gegeben.
373. Gemäß § 10 KapVO ist das Lehrangebot von 318,8 DS um die Lehrauftragsstunden – umgerechnet in Deputatstunden – zu erhöhen, die der Lehreinheit für den Ausbildungsaufwand nach § 13 Abs. 1 KapVO in den dem Berechnungsstichtag vorausgegangenen zwei Semestern im Durchschnitt je Semester zur Verfügung gestanden haben und nicht auf einer Regellehrverpflichtung beruhen. Die Lehreinheit Vorklinische Medizin hat im Sommersemester 2022 und im Wintersemester 2022/2023 keine Lehraufträge erteilt, so dass sich das Lehrangebot dadurch nicht weiter erhöht.
384. Eine Erhöhung des personellen Lehrangebots gemäß § 10 KapVO durch „Pflichtlehrleistungen von Titelträgern“ (Titellehre) oder durch so genannte Drittmittelbedienstete, findet nach ständiger Rechtsprechung der Kammer nicht statt. Zur Begründung wird auf das Urteil der Kammer
39vom 2. Mai 2013 - 4 K 3699/11, 3733/11 u.a. -, juris,
40und auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen
41vom 27. Januar 2014 - 13 A 1421/13 -, juris,
42Bezug genommen.
435. Zur Ermittlung des bereinigten Lehrangebots ist gemäß § 11 KapVO das Bruttolehrangebot um die Lehrveranstaltungsstunden zu vermindern, die die Lehreinheit Vorklinische Medizin für ihr nicht zugeordnete Studiengänge zu erbringen hat (Dienstleistungen). Als Dienstleistungsexport dürfen nur solche Lehrveranstaltungen abgezogen werden, die nach der Studien- und Prüfungsordnung des nicht-zugeordneten Studiengangs für den erfolgreichen Abschluss des Studiums erforderlich sind. Ein Dienstleistungsexport für reine Wahlfächer des importierenden Studiengangs ist deshalb nicht kapazitätsmindernd berücksichtigungsfähig.
44Der Dienstleistungsabzug (E) für Lehrleistungen an nicht zugeordnete Studiengänge berechnet sich nach der Formel (2) der Anlage 1 zur KapVO aus der Hälfte der jährlichen Studienanfängerzahl in dem nicht zugeordneten Studiengang (Aq/2) multipliziert mit dessen Curricularanteil (CAq):
45Der Curricularanteil wiederum ergibt sich nach der Formel in Nr. 1 der Anlage 2 zur KapVO vom 18. Januar 1977 (GV. NRW S. 50) aus dem Produkt der Zahl der Semesterwochenstunden (v) und dem Anrechnungsfaktor (f), dividiert durch die Betreuungsrelation (g):
47Der Anrechnungsfaktor (f) drückt das Maß der durchschnittlichen Inanspruchnahme der Lehrperson durch Vorbereitung, Nachbereitung und Durchführung einer Lehrveranstaltungsstunde aus; die Betreuungsrelation (g) ist die Zahl der Studierenden, die in einer Lehrveranstaltung im Durchschnitt von einer Lehrperson zu betreuen ist. Die Anrechnungsfaktoren für die verschiedenen Lehrveranstaltungsarten werden nach wie vor der Anlage 2 zur KapVO vom 18. Januar 1977 und die Betreuungsrelationen aus der Anlage 2 zur KapVO vom 3. Dezember 1975 (GV. NRW S. 687) entnommen.
49a) Die Lehreinheit Vorklinische Medizin erbringt auch zum Wintersemester 2023/24 zugunsten der Lehreinheit Statistik der TU E. Dienstleistungen aufgrund des „Kooperationsvertrages zwischen der Universität und der S. -Universität C. zur Sicherung des Nebenfachstudiums Theoretische Medizin in den Diplomstudiengängen Informatik und Statistik an der Universität E. “ vom 23. Dezember 2004.
50aa) Die Kammer geht insoweit – wie bereits für die vergangenen Berechnungszeiträume – davon aus, dass der Abschluss eines Kooperationsvertrages trotz seiner kapazitätsmindernden Wirkung für den exportierenden Studiengang grundsätzlich nicht zu beanstanden ist.
51Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen,
52vgl. Beschluss vom 31. Juli 2012 - 13 C 28/12 -, juris,
53hat diese Rechtsprechung in ständiger Rechtsprechung bestätigt und den Kooperationsvertrag vom 23. Dezember 2004 auch mit Blick darauf als nach wie vor tragfähige Grundlage im Hinblick auf eine Kapazitätsminderung angesehen, dass sich tatsächlich eine Änderung insoweit ergeben hat, als die Studiengänge Informatik und Statistik nunmehr von der TU E. als Bachelor-Studiengang Informatik angeboten werden.
54bb) Auch materiell ist der Kooperationsvertrag bezogen auf den Bachelor-Studiengang Informatik und Statistik nicht zu beanstanden: Gemäß § 7 Abs. 1 der Prüfungsordnung für den Bachelor-Studiengang Informatik vom 27. Juni 2013 i.V.m. deren Anhang B ist das Fach Theoretische Medizin zulässiges Nebenfach des Bachelor-Studiums Informatik. Gemäß § 16 der Prüfungsordnung setzt das Bestehen der Bachelor-Prüfung u.a. den Erwerb der Leistungspunkte (ECTS) für die Prüfungen des gewählten Nebenfaches voraus. Im Nebenfach Theoretische Medizin sind 20 ECTS zu erreichen (siehe Anlage B der Prüfungsordnung), die sich entsprechend dem Modulhandbuch aus jeweils 4 ECTS in den Modulen Anatomie I und II und jeweils 3 ECTS in den Modulen Physiologie I und II sowie Biochemie I und II zusammensetzen.
55Gemäß dem im Internet veröffentlichten Modulhandbuch (siehe https://cs.tu-dortmund.de/studium/poen-mhb-etc/details/bsc-inf-details/bsc-inf-mhb-details/modulhandbuch-bsc-inf/) sind folgende Studienleistungen zu erbringen:
56Anatomie I (Prof. I. ): 2 SWS Vorlesung
57Anatomie II (Prof. Dr. G1. ): 2 SWS Vorlesung und Übung
58Physiologie I (PD Dr. I1. ): 2 SWS Vorlesung
59Physiologie II (PD. Dr. I1. ): 2 SWS Vorlesung
60Biochemie I (Prof. Dr. X. ): 2 SWS Vorlesung
61Biochemie II (Prof. Dr. X. ): 2 SWS Vorlesung
62cc) Die Kammer hat in ständiger Rechtsprechung zur Kapazitätsberechnung einen Curricularanteil dieser Lehrveranstaltungen an der Vorklinik von 0,07 für zutreffend erachtet.
63CAq = 12 SWS (v) x 1 (f) : 180 (g) = 0,0666, gerundet 0,07; vgl. Beschluss der Kammer vom 15. Mai 2013 – 4 NC 66/12 –, juris; vgl. auch Beschluss der Kammer vom 5. Mai 2020 – 4 Nc 110/19 –, n. v.
64Dass die Antragsgegnerin seit dem Wintersemester 2020/2021 insoweit einen Curricularanteil von 0,01 angesetzt hat, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, da sich die Verringerung des Dienstleistungsexports kapazitätserhöhend auswirkt.
65Vgl. dazu Beschluss der Kammer vom 31. Mai 2022 – 4 Nc 50/21 –, Rn. 68, juris.
66dd) Zur Ermittlung des Aq (Studienanfängerzahl) ist gemäß § 11 Abs. 2 KapVO die jährliche Studienanfängerzahl in dem nicht zugeordneten Studiengang „anzusetzen“, wobei die voraussichtlichen Zulassungszahlen für diesen Studiengang und/oder die bisherige Entwicklung der Studienanfängerzahlen zu berücksichtigen sind. Das bedeutet, dass grundsätzlich keine Berechnung der Studienanfängerzahl erfolgen muss, weil diese zu aufwändig ist.
67Vgl. Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Auflage 2003, § 11 KapVO, Rdnr. 3 m. w. N.
68Problematisch ist insoweit zunächst, dass die Dienstleistungen der Vorklinik nicht für alle Studierende des Bachelor-Studiengangs Informatik, sondern nur zugunsten von einem von insgesamt neun zulässigen Nebenfachstudienangeboten erbracht werden, so dass die Studienanfängersituation des Bachelor-Studiengangs Informatik keine Aussagekraft hat. Die Wahl eines der zulässigen Nebenfächer treffen die Studierenden entsprechend ihrer Absicht zur Spezialisierung für ein Berufsfeld (§ 2 Abs. 2 letzter Satz PO Informatik), sodass insoweit eine verlässliche Prognose kaum möglich erscheint. Auch soweit die Frage umstritten ist, ob nicht bei der Berechnung des Dienstleistungsbedarfs auch das Verbleibeverhalten der Studierenden des nicht zugeordneten Studiengangs zu berücksichtigen ist,
69vgl. zum Meinungsstand: Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht Band 2, 2013, Rdnr. 515 ff.,
70mit der Folge, dass als anzusetzende Studienanfängerzahl die durch Zulassungsverordnung für das erste Fachsemester des importierenden Studiengangs festgesetzte Zulassungszahl zu berücksichtigen wäre, ließe sich für die prognostische Ermittlung der „Studienanfängerzahlen“ im Nebenfach daraus wenig herleiten. Das gilt umso mehr, als ein Wechsel des Nebenfaches gemäß § 7 Abs. 3 PO Informatik grundsätzlich einmal zulässig ist und selbst statistische Erhebungen bzgl. der Studienabbrecher des Hauptstudiengangs Informatik nichts über einen „Schwund“ bei den Studierenden des Nebenfachs Theoretische Medizin aussagen.
71Die Kammer lässt deshalb den vorstehenden Meinungsstreit dahinstehen und sieht es als rechtlich nicht zu beanstanden an, dass die Antragsgegnerin zur Berechnung des Dienstleistungsexports der Vorklinik an die TU E. die Anzahl der Studierenden zugrunde legt, die im ersten Fachsemester im Sommersemester 2022 und im Wintersemester 2022/23 im Studienfach „Theoretische Medizin“ eingeschrieben waren.
72Die Antragsgegnerin hat unter Vorlage der Anlage 6 zu ihrem Schriftsatz vom 22. Januar 2024 angegeben, dass im Wintersemester 2022/23 63 Studierende und im Sommersemester 2022 3 Studierende neu eingeschrieben waren. Die Studienanfängerzahl wäre daher mit 66 der Berechnung zugrunde zu legen, so dass die Dienstleistung
73beträgt.
75Auch hat die Kammer unter Berücksichtigung des Gebots erschöpfender Kapazitätsauslastung aus Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich keine Bedenken dagegen, einen Dienstleistungsexport von einer Lehreinheit mit zulassungsbeschränkten Studiengängen kapazitätsmindernd für nicht zulassungsbeschränkte Studiengänge zu berücksichtigen. Den Hochschulen steht im Rahmen der ihnen zustehenden wissenschaftlichen Gestaltungsfreiheit das Recht zu, die Lehre ihren Vorstellungen entsprechend zu organisieren,
76vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1984 - 7 C 16.84 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 3. März 1993 - Kk 12 G 4041/91 T -, juris,
77sodass es nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass eine Lehreinheit mit zulassungsbeschränkten Studiengängen auch Dienstleistungen für nicht zulassungsbeschränkte Studiengänge erbringt. Andererseits ist diese Möglichkeit aber im Hinblick auf das aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Hochschulzugangsrecht der Studienbewerber auf das erforderliche Maß zu beschränken.
78Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22. Oktober 1991- 1 BvR 393, 610/85 - , juris.
79Insoweit wird das Gestaltungsermessen der Hochschule nur dann sachgemäß ausgeübt, wenn auf der Basis einer planerischen Abwägung, die ihrerseits auf einem vollständig ermittelten Sachverhalt beruhen muss, Kapazitätsverringerungen soweit wie möglich vermieden und Kapazitätsverluste in zulassungsbeschränkten Studiengängen jedenfalls nachvollziehbar begründet werden.
80Vgl. BVerfG, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1990 - 7 C 15.88 -, juris, DVBl. 1990, 526 (529); Hessischer VGH, a. a. O., m. w. N.; Becker, NVwZ 1989, 315 (320) und Brehm/Zimmerling/Becker, NVwZ 1996, 1175 m. w. N. aus der Rechtsprechung.
81Für diese Fälle ist jedenfalls zu verlangen, dass zumindest erwogen wird, ob die Dienstleistung so nicht auch durch Lehreinheiten ohne zulassungsbeschränkte Studiengänge oder durch die Vergabe zusätzlicher Lehraufträge erbracht werden können.
82Vgl. Bahro/Berlin, a. a. O., § 11 KapVO, Rn. 2.
83Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
84vgl. Beschluss vom 27. Januar 1999 - 13 C 1/99 -, in: NRWE,
85ist ein solcher Dienstleistungsexport gerechtfertigt, um eine sinnvolle und effektive Nutzung knapper Ressourcen zu fördern und um sicherzustellen, dass durch die Erteilung von Lehraufträgen die in der Lehre erforderliche zeitliche und inhaltliche Kontinuität ausreichend gewährleistet ist.
86Insoweit geht die Kammer in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die für das Nebenfach „Theoretische Medizin“ bestehende Ausbildungsnachfrage nur durch einen kapazitätsmindernden Dienstleistungsexport – sei es der S. -Universität C. oder der Universität E1. -F. – zu befriedigen ist. Die Vergabe von Lehraufträgen durch die TU E. kommt zwar grundsätzlich in Betracht, diese Möglichkeit ist jedoch deshalb nicht sachgerecht, weil einerseits die erforderliche Kontinuität des Lehrangebots nicht allein durch die Vergabe von Lehraufträgen sichergestellt werden kann und andererseits eine Zusammenarbeit gerade mit einem medizinischen Fachbereich notwendig ist, um bei den erforderlichen Demonstrationen in Anatomie, Physiologie und Biochemie die entsprechenden Einrichtungen und Apparaturen in Anspruch nehmen zu können.
87b) Darüber hinaus erbringt die Lehreinheit Vorklinische Medizin zum Wintersemester 2023/24 Dienstleistungen zugunsten des zulassungsfreien Master-Studienganges Molecular and Developmental Stem Cell Biology.
88aa) Gemäß der Anlage 7 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 22. Januar 2024 werden folgende Lehrveranstaltungen erbracht:
89Wintersemester |
|||
Stem Cell Physiology I |
1,3 SWS |
Vorlesung |
180 Teilnehmer |
Stem Cell Physiology I |
0,9 SWS |
Seminar |
20 Teilnehmer |
Stem Cell Lectures Series |
0,1 SWS |
Vorlesung |
180 Teilnehmer |
Pathology of Degenerative Diseases |
1,1 SWS |
Vorlesung |
180 Teilnehmer |
Pathology of Degenerative Diseases |
0,7 SWS |
Seminar |
20 Teilnehmer |
Legal Aspects |
1,0 SWS |
Vorlesung |
180 Teilnehmer |
Stem Cell Practical Course |
5,4 SWS |
Praktikum |
15 Teilnehmer |
Stem Cell Practical Course |
1,0 SWS |
Seminar |
20 Teilnehmer |
Sommersemester |
|||
Tissue Engineering |
0,6 SWS |
Vorlesung |
180 Teilnehmer |
Tissue Engineering |
1,0 SWS |
Seminar |
20 Teilnehmer |
Mol. Tracing Methods |
0,9 SWS |
Praktikum |
15 Teilnehmer |
Mol. Tracing Methods |
0,4 SWS |
Seminar |
20 Teilnehmer |
Stem Cell Lectures Series |
0,3 SWS |
Vorlesung |
180 Teilnehmer |
Molecular Genetic Methods |
1,4 SWS |
Vorlesung |
180 Teilnehmer |
Molecular Genetic Methods |
1,1 SWS |
Seminar |
20 Teilnehmer |
17,2 SWS |
Die genannten Lehrveranstaltungen sind sämtlich in der Prüfungsordnung für den Master-Studiengang „Molecular and Developmental Stem Cell Biology“ an der Medizinischen Fakultät der S. -Universität C. “ vom 23. April 2013 in der Fassung der Änderung vom 14. September 2023 (PO Stem Cell Biology) enthalten und ausweislich der Anlage 1 zur PO Stem Cell Biology für den erfolgreichen Abschluss des Studiums – entweder als Pflicht- oder als Wahlpflichtveranstaltung – erforderlich.
91bb) Für diese Lehrveranstaltungen geht die Antragsgegnerin in ihrer Kapazitätsberechnung von einem Curricularanteil der Vorklinik von insgesamt 0,5 aus. Die Berechnungsweise der Antragsgegnerin begegnet im Hinblick auf den Ansatz der Anrechnungsfaktoren von 1,0 für Vorlesungen und Seminare und 0,5 für Praktika und die Zugrundelegung einer Gruppengröße von 180 Teilnehmern für Vorlesungen, 20 Teilnehmern für Seminare und 15 für Praktika keinen rechtlichen Bedenken.
92Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2023 – 13 C 6/23 –, juris Rn. 27.
93Diese Vorgehensweise entspricht der Anlage 2 zur KapVO vom 18. Januar 1977 und der Anlage 2 zur KapVO vom 3. Dezember 1975 (GV. NRW S. 687) und steht ferner im Einklang mit den Vorgaben der Approbationsordnung bzw. der KMK-Vereinbarung vom 18. März 1992 und den Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz vom 14. Juni 2005.
94Die jeweiligen CAq-Werte stellen sich unter Ansatz der Anrechnungsfaktoren und Gruppengrößen nach der genannten Anlage 7 wie folgt dar:
95Wintersemester |
||
Stem Cell Physiology I |
0,0072 |
|
Stem Cell Physiology I |
0,0450 |
|
Stem Cell Lectures Series |
0,0006 |
|
Pathology of Degenerative Diseases |
0,0061 |
|
Pathology of Degenerative Diseases |
0,0350 |
|
Legal Aspects |
0,0056 |
|
Stem Cell Practical Course |
0,1800 |
|
Stem Cell Practical Course |
0,0500 |
|
Sommersemester |
||
Tissue Engineering |
0,0033 |
|
Tissue Engineering |
0,0500 |
|
Mol. Tracing Methods |
0,0300 |
|
Mol. Tracing Methods |
0,0200 |
|
Stem Cell Lectures Series |
0,0017 |
|
Molecular Genetic Methods |
0,0078 |
|
Molecular Genetic Methods |
0,0550 |
|
0,4973 ≈ 0,50 |
cc) Zur Ermittlung der Studienanfängerzahl (Aq) ist gemäß § 11 Abs. 2 KapVO die jährliche Studienanfängerzahl in dem nicht zugeordneten Studiengang „anzusetzen“, wobei die voraussichtlichen Zulassungszahlen für diesen Studiengang und/oder die bisherige Entwicklung der Studienanfängerzahlen zu berücksichtigen sind. Da es sich bei dem Masterstudiengang Molecular and Developmental Stemcell Biology um einen zulassungsfreien Studiengang handelt,
97vgl. https://studienangebot.S. -uni-bochum.de/de/molecular-and-developmental-stem-cell-biology/master-1-fach,
98werden für ihn keine Zulassungszahlen errechnet, sodass auf die voraussichtliche Zulassungszahl nicht zugegriffen werden kann. In diesen Fällen bleibt, was § 11 Abs. 2 KapVO durch das Wort „oder“ zum Ausdruck bringt, nur die Möglichkeit, die Studienanfängerzahlen der früheren Semester in die Zukunft hinein fortzuschreiben.
99Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 – 7 C 17.89 –, juris Rn. 12.
100Demgemäß bestimmt Ziffer 2 des Erlasses des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23. Februar 2023, dass zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen für nicht zugeordnete Studiengänge als Studienanfängerzahl im Sinne des § 11 Abs. 2 KapVO bei Numerus-clausus-Studiengängen von der Aufnahmekapazität auszugehen ist (die im Regelfall der voraussichtlichen Zulassungszahl entsprechen dürfte) und bei den übrigen Studiengängen die Studienanfängerzahlen der bisherigen Systematik (also derjenigen des § 11 Abs. 2 KapVO) zugrunde zu legen sind.
101Insoweit hält die Kammer nicht länger daran fest, zur Errechnung des Dienstleistungsabzugs durch den Masterstudiengang Molecular and Developmental Stem Cell Biology von einer festen Aufnahmekapazität bzw. Studienanfängerzahl in Höhe von 20 Studierenden auszugehen. Vielmehr erscheint es – in Anlehnung an den Dienstleistungsabzug für den Bachelor-Studiengang Informatik – sachgerecht, die Studienanfängerzahlen des Vorjahres (hier: 18 Studierende im WS 2022/2023) bei der Berechnung zugrunde zu legen.
102Unter Berücksichtigung der Studienanfängerzahlen des Vorjahres errechnet sich damit – abweichend von der Berechnung der Antragsgegnerin – ein Dienstleistungsexport von
1034,5 DS.
1056. Das bereinigte Lehrangebot beträgt somit:
106Bruttolehrangebot |
318,80 DS |
|
Verminderungen |
./. |
6,75 DS |
Lehrauftragsstunden |
+ |
0,00 DS |
Dienstleistungen |
./. |
4,83 DS |
307,22 DS |
II. Ermittlung der Lehrnachfrage (Ausbildungsaufwand)
108Das bereinigte Lehrangebot ist ins Verhältnis zu setzen zu dem Ausbildungsaufwand, der für die ordnungsgemäße Ausbildung einer bzw. eines Studierenden in dem jeweiligen Studiengang erforderlich ist, was durch den Curricularnormwert – CNW – ausgedrückt wird. Nach § 13 Abs. 1 KapVO bestimmt der Curricularnormwert den Aufwand aller beteiligten Lehreinheiten für die Ausbildung einer bzw. eines Studierenden eines Studienganges, gemessen in Deputatstunden. Der Curricularnormwert ist somit die Summe der für die Ausbildung einer bzw. eines Studierenden insgesamt erforderlichen Veranstaltungen, multipliziert mit dem jeweiligen Anrechnungsfaktor und dividiert durch die jeweilige Betreuungsrelation gemäß der Formel:
1091. Bei der Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität sind die in der Anlage 2 zur Kapazitätsverordnung aufgeführten Curricularnormwerte anzuwenden. Der Curricularnormwert für den Vorklinischen Teil des Studiengangs Medizin beträgt gemäß Anlage 2, Ziffer 26 a) zur KapVO 2,42. Auf der Grundlage der zum 1. Oktober 2003 in Kraft getretenen Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 zuletzt geändert durch Art. 2 Heilberufe-PrüfungsrechtmodernisierungsVO vom 7. Juni 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 148) – nachfolgend: ÄApprO 2002 – umfasst die ärztliche Ausbildung im 1. Studienabschnitt Lehrveranstaltungen im Umfang von 104 SWS, die nach der Stellungnahme der früheren Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen – ZVS – zu den „Auswirkungen der neuen Approbationsordnung auf die Parameter zur Berechnung der Aufnahmekapazität“ vom 9. September 2002 – wie nachfolgend dargestellt – auf die Veranstaltungsarten aufzuteilen sind. Zu den Parametern „Gruppengröße“ und „Anrechnungsfaktor“ wird dabei von den Vorgaben der Approbationsordnung bzw. der KMK-Vereinbarung vom 18. März 1992 ausgegangen:
111Veranst.: |
SWS |
g |
f |
CAq |
Vorlesung |
48 |
180 |
1,0 |
0,2667 |
Übung |
1 |
60 |
1,0 |
0,0167 |
Praktikum |
37 |
15 |
0,5 |
1,2333 |
Seminar |
18 |
20 |
1,0 |
0,9000 |
Summe: |
104 |
2,4167 |
Den weiteren Berechnungen wird eine Semesterlänge von 14 Wochen zugrunde gelegt.
1132. Die Antragsgegnerin hat die Vorgaben der Approbationsordnung in der „Studien- und Prüfungsordnung der S. -Universität C. für den integrierten Reformstudiengang Medizin“ (Studienordnung) vom 19. November 2018 umgesetzt. Die von ihr vorgelegte Quantifizierung des Studiengangs ergibt bei summarischer Prüfung unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin eingesetzten Parameter den Curricularnormwert von 2,4171, gerundet 2,42.
114Soweit sich aus der Quantifizierung des Studiengangs weiter ergibt, dass die Lehrveranstaltung „Wahlfach“ mit dem Zusatz „nicht berücksichtigt“ versehen ist, gilt Folgendes: Das Wahlfach gehört gemäß § 2 Abs. 8 Satz 1 ÄAppO, § 8 Abs. 4 Studienordnung i.V.m. Ziffer 16 der Anlage 2 zur Studienordnung zu den Pflichtveranstaltungen und ist bis zum Ende des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung, d. h. bis zum 4. Semester, aus den Wahlfächern der Universität abzuleisten. Entsprechend ist der auf das Wahlfach entfallende Lehraufwand grundsätzlich als Curricularanteil in die Berechnung einzubeziehen.
115Geht man beim Wahlfach von den Parametern der Veranstaltungsart Seminar (einstündig) aus, entspräche das einem Anteil am Curricularwert von 0,0500, was zu einer unzulässigen Überschreitung des Curricularnormwertes
1162,4171 + 0,0500 = 2,4671
117führen würde.
118Die Verfahrensweise der Antragsgegnerin, die Lehrveranstaltung „Wahlfach“ zur Vermeidung einer unzulässigen Überschreitung des Curricularnormwertes bei ihrer Kapazitätsberechnung unberücksichtigt zu lassen, ist nicht zu beanstanden.
119Mit dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen,
120vgl. Beschlüsse vom 31. Juli 2012 - 13 C 28/12 - und vom 12. März 2013 - 13 B 78/13 u.a. -, mit Hinweis auf den Bayerischer VGH, Beschluss vom 27. August 2010 - 7 CE 10.10278 u. a. -; jeweils juris,
121ist davon auszugehen, dass sich die Nichtberücksichtigung des Wahlfaches bei der Kapazitätsberechnung allenfalls kapazitätserhöhend auswirken kann. Denn wird das Wahlfach vollständig oder teilweise als Eigenleistung erbracht, unterbleibt durch die Nichtberücksichtigung eine kapazitätsmindernde Erhöhung des Eigenanteils. Wird das Wahlfach vollständig als Fremdleistung erbracht, ist der Eigenanteil von der Nichtberücksichtigung nicht betroffen, was im Ergebnis für die Vorklinik kapazitätsneutral wirkt.
122Soweit einige Antragstellerinnen und Antragsteller für den Fall, dass die Studienordnung – wie vorliegend – einen den Curricularnormwert überschreitenden Ausbildungsaufwand festlegt, eine Rückführung auf den Curricularnormwert durch eine proportionale Kürzung („Stauchung“) des Curricularwertes für erforderlich halten,
123vgl. insoweit auch Zimmerling/Brehm, a.a.O., Rdnr. 626,
124ist eine solche jedenfalls nicht zwingend geboten. Die proportionale Kürzung wird zwar von der Rechtsprechung grundsätzlich für zulässig erachtet.
125Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Juli 2012 - 13 B 589/12 -; BayVGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - 7 CE 11.10338 - u. a.; jeweils juris.
126Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen,
127vgl. Beschlüsse vom 31. Juli 2012 - 13 B 589/12 - und vom 12. März 2013 - 13 B 78/13 -, jeweils juris, unter Hinweis auf den BayVGH, Beschluss vom 27. August 2010 - 7 CE 10.10278 - u. a., juris,
128stellt jedoch ausdrücklich fest, dass keine grundsätzliche Verpflichtung zur Rückführung auf den Curricularnormwert durch Anwendung eines Stauchungsfaktors besteht.
129Eine entsprechende Pflicht lässt sich auch nicht aus dem Kapazitätserschöpfungsgebot herleiten, selbst wenn vorliegend wegen der Erbringung des Wahlfachs durch Fremdlehreinheiten eine proportionale Stauchung aller Lehrveranstaltungen im Verhältnis zur Nichtberücksichtigung des Wahlfachs zu einer Kapazitätserhöhung führen würde. Denn im Hinblick auf die Lehrfreiheit der Hochschule unterfällt die Ausfüllung des (normierten) Curricularnormwertes durch Festlegung des Fremd- und Eigenanteils dem Gestaltungsspielraum der Hochschule, solange hier nicht manipuliert wird.
130Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. September 1981- 7 N 1.79 -, juris.
131Dementsprechend unterfällt auch die Art und Weise der Rückführung des Curricularnormwertes grundsätzlich dem Gestaltungsspielraum der Hochschule.
132Vgl. Bahro/Berlin, a. a. O, § 13 KapVO, Rdnr. 19.
133Der Curricularnormwert von 2,4171 setzt sich nach den Angaben in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Anlage 8 („Zu leistende Semesterwochenstunden der einzelnen Institute“) zum Schriftsatz vom 22. Januar 2024 wie folgt zusammen:
134Anatomie |
0,5984 |
Physiologie |
0,5099 |
Biochemie |
0,4802 |
Psychologie |
0,2516 |
Klinisch-Theoretische Medizin |
0,2419 |
Klinische Medizin |
0,1157 |
Externe |
0,2194 |
2,4171 |
3. Bei der Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität ist indes nur der Teil des Ausbildungsaufwandes bei der Lehreinheit Vorklinische Medizin zu berücksichtigen, der durch sie selbst erbracht wird (Curriculareigenanteil). Teile am Ausbildungsaufwand, die durch andere Lehreinheiten erbracht werden (Curricularfremdanteile), sind abzuziehen, so dass gemäß § 13 Abs. 4 KapVO Curricularanteile (CA) zu bilden sind.
136Ausgehend von der obigen Berechnung ergibt sich ein Curriculareigenanteil von
137Anatomie |
0,5984 |
Physiologie |
0,5099 |
Biochemie |
0,4802 |
Psychologie |
0,2516 |
1,8401 |
gerundet 1,84.
139III. Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität
140Ausgehend von einem Lehrangebot von 307,22 DS und einem Curriculareigenanteil von 1,84 errechnet sich nach der Formel 5 der Anlage 1 zur KapVO eine jährliche Aufnahmekapazität von
141307,22 x 2 / 1,84 = 333,93
142gerundet 334 Studienplätzen.
143B. Überprüfung des Berechnungsergebnisses (§§ 14-21 KapVO)
144Dieses Ergebnis ist anhand der weiteren kapazitätsbestimmenden Kriterien nach dem dritten Abschnitt der KapVO zu überprüfen. Insbesondere ist gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 3 KapVO zu prüfen, ob eine Erhöhung der Studienplatzkapazität durch Ansatz eines Schwundausgleiches in Betracht kommt. Gemäß § 16 KapVO ist die Studienanfängerzahl zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums oder Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studentinnen und Studenten in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote).
145Entsprechend hat die Antragsgegnerin eine Schwundberechnung durchgeführt, die nicht zu beanstanden ist.
146Die Schwundberechnung ist ein Vorgang zahlenförmiger Prognose für Abgänge und Zugänge von Studenten im Verlauf der vorgeschriebenen Ausbildungssemester (Fachsemester) eines Studiums. Ebenso wie es nicht nur eine absolut richtige Ausbildungskapazität einer Hochschule gibt, existiert auch nicht nur ein absolut richtiger Schwundausgleichsfaktor. Ziel des Überprüfungstatbestands des § 14 Abs. 3 Nr. 3 und § 16 KapVO ist vielmehr, eine im Voraus erkennbare grobe Nichtausschöpfung vorhandener Ausbildungskapazität durch Ersparnis beim Lehraufwand infolge rückläufiger Studierendenzahlen in höheren Fachsemestern auszugleichen. Der Kapazitätsverordnung und dem übrigen Recht sowie dem Kapazitätserschöpfungsgebot ist ein bestimmtes Modell zur rechnerischen Erfassung des studentischen Schwundverhaltens im Verlauf des Studiums nicht zu entnehmen. Die Entscheidung, wie die schwundrelevanten Faktoren erfasst werden und in die Ermittlung des zahlenförmigen Schwund-Prognosemaßstabs einzubringen sind, liegt im Regelungsermessen des Normgebers der Zulassungszahlenverordnung; sie ist dementsprechend nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Die Berechnung des Schwundausgleichsfaktors ist nach dem – auch in Nordrhein-Westfalen angewandten – sog. Hamburger Modell akzeptabel. Die Berücksichtigung sog. „schwundfremder“ Einflussfaktoren und atypischer Entwicklungen – z. B. wegen normativer Erhöhung von Regellehrverpflichtungen – ist nicht geboten; wegen des prognostischen Charakters der Schwundberechnung können gewisse Unsicherheitselemente nicht ausgeschlossen werden.
147Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2012 - 13 C 28/12 -u.a., juris Rdnr. 44 ff.
148Insoweit hat die Antragsgegnerin ausweislich der Anlage 4a zum Schriftsatz vom 22. Januar 2024 zur Schwundausgleichsberechnung nach dem Hamburger Modell einen Schwundfaktor von 1/0,97 berücksichtigt. Danach ergibt sich bei der von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Schwundquote eine Aufnahmekapazität von
149334 / 0,97 = 344,33
150gerundet 344 Studienplätzen.
151Diese Ausbildungskapazität ist durch die tatsächliche Zulassung von 343 Studienbewerberinnen und –bewerbern (vgl. Anlage 9 zur Antragserwiderung) nicht erschöpft. Es steht ein weiterer Studienplatz zur Verfügung.
152Dafür, dass aus anderen Gründen noch weitere Studienplätze bzw. Teilstudienplätze vorhanden sein könnten, ist bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
153Auch sind keine wesentlichen Änderungen vor Beginn des Berechnungszeitraums eingetreten, die eine Neuermittlung und Neufestsetzung erforderlich machen (§ 5 Abs. 3 KapVO). Soweit die Antragsgegnerin mitgeteilt hat, dass sich aufgrund der Entfristung der Frau Dr. N1. im Bereich Cytologie die Anzahl der DS um 4 erhöht hat, handelt es sich hierbei im Verhältnis zur Gesamtzahl der Deputatstunden in Höhe von 318,8 DS nicht um eine wesentliche Änderung.
154Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Angesichts der Anzahl von 11 anhängigen Verfahren und einem zu vergebenen Studienplatz liegt die Chance des Obsiegens der Antragstellerin bzw. des Antragstellers bei 1/11 (ca. 9%) und rechtfertigt damit eine Kostenbeteiligung der Antragsgegnerin in der angegebenen Höhe.
155Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 1 Nr. 1, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes. Der Auffangstreitwert ist hier voll in Ansatz zu bringen, weil eine antragsgemäße Entscheidung die Hauptsache im Wesentlichen vorweggenommen hätte (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. März 2009 – 13 C 264/08 –, juris Rn. 30 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 16. März 2009 – 13 C 1/09 –, juris Rn. 37 ff.; siehe ferner Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
156Rechtsmittelbelehrung:
157Gegen den Beschluss zu 1. steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zu.
158Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, einzulegen. Sie ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
159Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
160Im Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss zu 1. muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
161Gegen den Beschluss zu 2. findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
162Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
163Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.