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1. Es gibt keinen Gleichbehandlungsanspruch der in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften auf Freistellung und Kostenübernahme von Personalratsmitgliedern für die jeweils von ihnen an-gebotenen Schulungsveranstaltungen. Die Freistellung und Kostenübernahme ist vielmehr allein am Maßstab von § 42 Abs. 5 LPVG NRW zu messen.2. Eine Schulungs- und Bildungsveranstaltung setzt begrifflich voraus, dass ein bestimmter, in einem Arbeitsplan festgelegter Lehrstoff in Unterrichtsform durch Vortrag eines oder mehrerer Referenten dargeboten und anschließend durch Diskussion oder in anderer didaktischer Form vertieft und verarbeitet wird.3. Schwerpunktmäßig auf Diskussionen, Strategiebesprechungen und Erfahrungsaustausch angelegte Veranstaltungen sind keine Schulungs- und Bildungsveranstaltungen im Sinne von § 42 Abs. 5 LPVG NRW.
Der Antrag wird abgelehnt.
G r ü n d e :
2Der wörtliche Antrag,
3den Beteiligten zu verpflichten, die Mitglieder des Antragstellers Frau U. X1. und Herrn D. T. für die Zeit vom 08.10.2024 bis 10.10.2024 für die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung „Die Zukunft der Straßenbauverwaltung – Lösen Digitalisierung und Prozessoptimierung die Probleme des Landesbetriebs?“, angeboten von der Gewerkschaft ver.di in Kooperation mit dem DGB Bildungswerk NRW e.V. (Seminarnummer E. – N01-110) in Lennestadt freizustellen und die Kosten der Seminarteilnahme zzgl. etwaig entstehender Kosten für Unterkunft und Verpflegung zu übernehmen,
4über den die Kammer gemäß §§ 79 Abs. 2 des Landespersonalvertretungsgesetzes – LPVG NRW –, 85 Abs. 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes – ArbGG –, 937 Abs. 2, 944 der Zivilprozessordnung – ZPO – ohne vorherige Anhörung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter entscheidet,
5vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. April 1995 – 1 B 580/95.PVL –, juris Rn. 3; Gronimus, Das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren, § 85 ArbGG,Rn. 180,
6hat keinen Erfolg.
7Der Antrag ist nicht wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig, soweit eine Freistellung der benannten Seminarteilnehmer begehrt wird. Zwar hatte der Beteiligte vorgerichtlich (lediglich) eine Freistellung ausdrücklich in Aussicht gestellt, dies allerdings mit der Bedingung verbunden, dass bei Antragstellung eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 26 der Freistellungs- und Urlaubsverordnung für das Land Nordrhein-Westfalen – FrUrlV NRW – erfolgt.
8Der Antrag ist unbegründet.
9Eine einstweilige Verfügung kann nach den hier anzuwendenden Vorschriften der ZPO erlassen werden, wenn die Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 940 ZPO). Verfügungs-anspruch und Verfügungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO). Die einstweilige Verfügung darf grundsätzlich nicht mehr zusprechen, als im Hauptsacheverfahren möglich ist; sie darf außerdem die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Allerdings kann es die Effektivität des Rechtsschutzes ausnahmsweise erfordern, durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, sofern wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Verfahren nicht erreicht werden kann und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Folgen führen würde, insbesondere wenn ein endgültiger Rechtsverlust oder ein sonstiger irreparabler Zustand droht. Dabei sind die Belange der Beteiligten sorgfältig abzuwägen und strenge Anforderungen an die materiellen Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung zu stellen.
10Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2003 – 1 B 1907/02.PVL –, PersV 2003, 198, vom 30. April 2014 – 20 B 204/14.PVL – und vom 25. Juni 2018 – 20 B 261/18.PVL –, ZTR 2018, 547 ff., juris Rn. 11.
111.
12Gemessen an diesen strengen Anforderungen hat der Antragsteller das Vorliegen eines Verfügungsanspruches bei der im – wie hier – auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Überprüfung nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht.
13Nach § 42 Abs. 5 S. 1 LPVG NRW sind die Mitglieder des Personalrats unter Fortzahlung der Bezüge und Erstattung der angemessenen Kosten für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen vom Dienst freizustellen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Tätigkeit im Personalrat erforderlich sind.
14Eine Freistellungs- und Kostenerstattungspflicht nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass die Schulung ihrem Inhalt nach für die teilnehmenden Personalratsmitglieder erforderlich ist, d. h. objektiv für die Personalratstätigkeit und subjektiv im Hinblick auf das Schulungsbedürfnis der Mitglieder geboten. Einer Grundschulung bedarf das Personalratsmitglied, um seine Tätigkeit im Personalrat überhaupt sachgemäß ausüben zu können. Die Teilnahme an einer Spezialschulung benötigt es, um den besonderen Aufgaben, die ihm innerhalb der Personalvertretung zukommen, gerecht werden zu können. Spezialschulungen betreffen fachlich sehr eng zugeschnittene Themenkreise und liegen auch dann vor, wenn in bestimmten für die Personalratstätigkeit relevanten Tätigkeitsfeldern Kenntnisse vermittelt werden, die über Grundzüge hinausgehen, insbesondere der Wissensvertiefung und -erweiterung dienen. Für die Erforderlichkeit der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung kommt es auch darauf an, ob die zu vermittelnden Kenntnisse gerade für das betreffende Mitglied aktuell sind. Dies ist danach zu beurteilen, ob das betreffende Mitglied der Schulung zur Ausübung seiner allgemeinen Tätigkeit bedarf (aktueller Anlass von der Person her) oder aber danach, ob gegenwärtig Anlass besteht, ein Personalratsmitglied auf einem bestimmten Sachgebiet, mit dem es innerhalb der Personalvertretung befasst ist, zu schulen (aktueller Anlass von der Materie her). Die Themen müssen in engem Zusammenhang mit der Tätigkeit im Personalrat stehen, d. h. sie müssen für den Zuständigkeits- und Aufgabenbereich der Personalvertretung praktische Bedeutung haben oder voraussichtlich in absehbarer Zeit erlangen.
15Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Oktober 2020 – 5 PB 23.19 –, juris Rn. 6, vom 9. Juli 2007, 6 P 9.06 –, juris Rn. 21, vom 11. Juli 2006 – 6 PB 8.06 –, juris Rn. 4 und vom 14. Juni 2006 – 6 P 13.05 –, juris Rn. 12; OVG NRW, Beschlüsse vom 19. April 2021 – 20 A 781/19.PVL –, juris Rn. 51 ff. und vom 9. November 2018 – 20 A 2884/17.PVL –, juris Rn. 38; Cecior/Vallendar/Lech-termann/Klein, Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen, 94. EL Stand 1. Juli 2024, § 42 Rn. 248 ff.
16Die Teilnahme an Spezialschulungen ist – abhängig von der Größe der Dienststelle sowie Art und Umfang der beteiligungspflichtigen Angelegenheiten – regelmäßig auf ein einziges Personalratsmitglied und nur in Ausnahmefällen auf einzelne Personalratsmitglieder beschränkt. Denn der Personalrat ist ein nach dem Grundsatz der Arbeitsteilung funktionierendes Gremium, dessen Mitglieder jeweils für bestimmte Arbeitsbereiche zuständig sind und das dort erworbene Fachwissen jeweils den anderen Mitgliedern weitervermitteln können, um eine ordnungsgemäße Beratung und Entscheidung im Personalratsplenum zu ermöglichen.
17Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 2006 – 6 PB 8.06 –, juris Rn. 5, m. w. N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 19. April 2021 – 20 A 781/19.PVL, juris Rn. 53f. m.w.N. und vom 9. November 2018 – 20 A 2884/17.PVL –, juris Rn. 40; Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen, 94. EL Stand 1. Juli 2024, § 42 Rn. 259, 265.
18Das zu schulende Mitglied hat der Personalrat nach sachgerechten Kriterien und unter Berücksichtigung der Maßgaben des § 42 Abs. 5 Satz 1 LPVG NRW auszuwählen. Im Übrigen ist ihm bei der Beschlussfassung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt.
19Vgl. OVG NRW, Beschluss OVG NRW, Beschluss vom 9. November 2018 – 20 A 2884/17.PVL –, juris Rn. 42; Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen, 94. EL Stand 1. Juli 2024, § 42 Rn. 276, 282.
20a)
21Nach diesen Maßgaben handelt es sich – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – bei dem streitgegenständlichen Seminar „Die Zukunft der Straßenbauverwaltung – Lösen Digitalisierung und Prozessoptimierung die Probleme des Landesbetriebs?“ um eine Spezialschulung.
22b)
23Für drei (der insgesamt vier) Programmpunkte fehlt es bereits an der substantiierten Darlegung und Glaubhaftmachung des erforderlichen objektiven Schulungsbedarfs. Die Themen „Aktuelle Entwicklungen aus dem Landesbetrieb“, Stellen- und Finanzsituation des Landesbetriebs“ sowie „Digitalisierung im Landesbetrieb“ betreffen die Personalratstätigkeit entgegen dem antragstellerseitigen Vortrag nicht unmittelbar, sondern lediglich mittelbar, indem deren Rahmenbedingungen behandelt werden. Der bloße Hinweis des Antragstellers darauf, dass in diesen Themenbereichen Anhörungs-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bestehen, belegt die Erforderlichkeit der Schulung nicht. Ebenso wenig wird die objektive Erforderlichkeit durch das Fortbildungsprogramm belegt. Dort ist lediglich ausgeführt, das Seminar zeige die sich aus diesen Rahmenbedingungen ergebenden Herausforderungen für die Personalvertretungen auf und diene dazu, Handlungsmöglichkeiten entsprechend ihrer Rolle und Aufgaben aufzuzeigen. Der Schwerpunkt liege im Besonderen auf der Erarbeitung und Vermittlung von Wissen darüber, welche Rechtsvorschriften zu beachten seien und wie die Personalvertretungen eine aktive Rolle für die von ihnen vertretenen Beschäftigten einnehmen können. Hieraus ist aber gerade nicht ersichtlich, weshalb die Kenntnis dieser Rahmenbedingungen für die im Antrag bezeichneten Personalratsmitglieder aktuell und konkret erforderlich ist, um ihre Tätigkeit im Personalrat auszuüben. Soweit maßgebliche Rechtsvorschriften erarbeitet und vermittelt werden sollen, ist zudem nicht ersichtlich, inwiefern die behandelten Normen über den Stoff einer Grundschulung hinausgehen. Der ergänzende Vortrag im Schriftsatz vom 1. Oktober 2024, die gemeinschaftliche Auseinandersetzung mit den Themen im streitgegenständlichen Seminar solle dazu dienen, die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die beabsichtigten Maßnahmen der Dienststelle aufzuzeigen, mögliche Lösungsansätze zu bewerten, die individuellen Erfahrungen der Teilnehmenden dabei einfließen zu lassen und diese in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben im jeweiligen Gremium in Bezug auf die Behandlung der Themen kompetent entsprechend der Vorschriften des LPVG NRW wahrnehmen zu können, belegt die konkrete Erforderlichkeit ebenfalls nicht. Er bleibt vage und lässt weiterhin offen, inwiefern die vermittelten Kenntnisse aktuell und konkret für die Personalratstätigkeit erforderlich sein sollen. Gleiches gilt für den Vortrag, insbesondere die intensive Betrachtung der Mitarbeiterperspektive mit der Reflexion auf die Situation in den unterschiedlichen Arbeitsbereichen und Dienststellen mit den sich daraus ergebenden, teils auch unterschiedlichen, Handlungsoptionen für die jeweiligen Personalratsmitglieder, die es zu vermitteln gelte, könne nur in einem Seminar erfolgen und einen Mehrwert für alle Teilnehmer*innen vermitteln. Dieser Vortrag legt nahe, dass die Diskussion unter den Teilnehmern im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen solle. Diskussionen, Strategiebesprechungen und Erfahrungsaustausche sind aber keine Schulungs- und Bildungsveranstaltungen im Sinne der Norm. Eine Schulungs- und Bildungsveranstaltung setzt begrifflich voraus, dass ein bestimmter, in einem Arbeitsplan festgelegter Lehrstoff in Unterrichtsform durch Vortrag eines oder mehrerer Referenten dargeboten und anschließend durch Diskussion oder in anderer didaktischer Form vertieft und verarbeitet wird. Daran fehlt es bei einer schwerpunktmäßig auf den Meinungs- und Erfahrungsaustausch ausgerichteten Arbeitstagung einer Personalvertretung zusammen mit anderen Personalvertretungen.
24Vgl. Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen, 94. EL Stand 1. Juli 2024, § 42 Rn. 276, 282.
25§ 42 Abs. 5 S. 1 LPVG NRW fordert zudem, dass die in einer Spezialschulung vermittelten Kenntnisse für die Personalratstätigkeit aktuell und konkret erforderlich sind. Der allgemeine Hinweis auf eine Schaffung gleichberechtigter Verhältnisse in der Dienststelle ersetzt dies ebenso wenig wie der Vortrag, die Seminarveranstaltung sei speziell auf den Beteiligten und die dort bestehende Sachlage zugeschnitten und insofern einer Inhouse-Schulung vergleichbar. Inhouse-Schulungen sind nicht, gleichsam automatisch, personalvertretungsrechtlich erforderlich im Sinne von § 42 Abs. 5 S. 1 LPVG NRW.
26Für den vierten Programmpunkt „Aktuelle Rechtsprechung zum LPVG“ ist die Erforderlichkeit hingegen zu bejahen. Allerdings vermag dieser Programmpunkt die begehrten Ansprüche aufgrund seiner lediglich untergeordneten Bedeutung ebenfalls nicht zu tragen.
27Schließlich scheidet, soweit eine Vermittlung von Kenntnissen erfolgt, ein objektiver Schulungsbedarf bereits deshalb aus, weil die vermittelten Kenntnisse bei dem Antragsteller bereits vorhanden sind. Dies folgt aus dem unwidersprochenen Vortrag des Beteiligten, dass beide Dozenten Mitglieder des Antragstellers sind. Hinsichtlich des Dozenten Frank Hollweg wird seine Mitgliedschaft bei dem Antragsteller dadurch belegt, dass er die Prozessvollmacht unterzeichnet hat.
28Ebenso fehlt es an der erforderlichen Darlegung und Glaubhaftmachung eines subjektiven Schulungsbedarfs gerade für die im Antrag benannten Mitglieder. Der Antragsteller hat in keiner Weise begründet, weshalb gerade diese Mitglieder für die Spezialschulung in Betracht kommen. Sein Vortrag erschöpft sich in der Angabe, die benannten zwei Mitglieder könnten die Schulungsinhalte an die übrigen Personalratsmitglieder vermitteln. Dies kann aber offensichtlich bereits durch die beiden Mitglieder gewährleistet werden, die auf der Veranstaltung als Dozenten auftreten. Zudem ist damit jedenfalls nicht ansatzweise dargelegt, weshalb in Abweichung von den vorstehend dargelegten Grundsätzen Freistellung und Kostenersatz für die Teilnahme mehr als eines Personalratsmitglieds an der streitgegenständlichen Spezialschulung begehrt wird. Der bloße Verweis auf die Größe des Antragstellers, der nach der Antragsbegründung 15 Mitglieder hat, begründet nicht, weshalb die „Teilnahme von zwei anstatt nur einem Mitglied als erforderlich anzusehen“ sein soll.
29c)
30Auf den antragstellerseitigen Vortrag, im Hause des Beteiligten habe seit Jahren zwischen sämtlichen Beteiligten eine Absprache bestanden, nach der die im Hause des Beteiligten vertretenen drei verschiedenen Gewerkschaften ver.di, komba sowie VDStra pro Jahr je eine gewerkschaftlich organisierte Schulungsmaßnahme durchgeführt haben und die örtlichen Personalräte sowie der Antragsteller Gelegenheit hatten, ihre Mitglieder dorthin zu entsenden, kommt es nach Maßgabe des vorstehend dargelegten rechtlichen Maßstabs nicht an. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass Gremiumsmitgliedern eine Teilnahme an der durch eine andere im Hause des Beteiligten vertretene Gewerkschaft angebotenen Schulung bewilligt wurde. Es gibt keinen Gleichbehandlungsanspruch der in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften auf Freistellung und Kostenübernahme für die jeweils von ihnen angebotenen Schulungsveranstaltungen. Dies gilt erst recht, da der Beteiligte im Falle der anderen Schulung die Voraussetzungen von § 42 Abs. 5 LPVG NRW nach eigenem Vortrag als erfüllt ansieht. Freistellung und Kostenübernahme sind vielmehr allein am Maßstab von § 42 Abs. 5 LPVG NRW zu messen. Sofern eine etwaige frühere Praxis zu Freistellungen und Kostenübernahmen auch über den hieraus folgenden Rechtsrahmen hinaus geführt haben sollte, würde sie den Beteiligten jedenfalls nicht für die Zukunft binden. Ebenso wenig bindet es den Beteiligten, dass zwei Mitgliedern des örtlichen Personalrats der regionalen Niederlassung Rhein-Berg in Gummersbach, nach Vortrag des Beteiligten ohne dessen Kenntnis, durch die dortige Dienststelle eine Teilnahme an der streitgegenständlichen Schulungsveranstaltung bewilligt wurde.
31d)
32Schließlich sind auch die für einen auf Vornahme einer Handlung gerichteten Leistungsantrag geltenden besonderen Voraussetzungen von § 79 Abs. 3 S. 2 LPVG NRW i.V.m. § 23 Abs. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes – BetrVG – nicht gegeben. Die mit dem Antrag begehrte einstweilige Verfügung ist auf eine Verpflichtung des Beteiligten zur Freistellung und Übernahme der Kosten der Seminarteilnahme und mithin nicht auf eine Feststellung, sondern auf die Verpflichtung zu einer konkreten Handlung gerichtet. Zwar regelt § 79 Abs. 3 S. 1 LPVG NRW, dass das Beschlussverfahren auf die Unterlassung oder Durchführung einer Handlung oder Maßnahme gerichtet sein kann. Insofern gilt allerdings gemäß § 79 Abs. 3 S. 2 LPVG NRW § 23 Abs. 3 BetrVG entsprechend. § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG normiert, dass der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen können, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Aufgrund dessen folgt aus § 79 Abs. 3 S. 2 LPVG NRW, dass ein auf die Unterlassung oder Durchführung einer Handlung oder Maßnahme gerichteter Ausspruch des Gerichts nur dann in Betracht kommt, wenn ein grober Verstoß der Dienststelle gegen ihre personalvertretungsrechtlichen Pflichten vorliegt.
33Grobe Pflichtverletzungen müssen objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend sein. Kein grober Verstoß liegt vor, wenn die Dienststelle in einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage nach einer vertretbaren Rechtsansicht handelt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Dienststelle einen abwegigen Rechtsstandpunkt einnimmt oder die Rechtslage wegen fehlender Informationen über die gesetzliche Lage oder die höchstrichterliche Rechtsprechung verkennt.
34Vgl. Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, Personalvertretungsrecht NRW, § 42 Rn. 133, 135 ff.; Lechtermann, Der „maßnahmebezogene“ Antrag im Beschlussverfahren unter besonderer Berücksichtigung des LPVG NRW, PersV 2018, 98.
35Nach diesen Maßgaben sind Anhaltspunkte für einen groben Pflichtenverstoß des Beteiligten weder konkret benannt noch sonst ersichtlich.
362.
37Auf das Vorliegen eines Verfügungsgrundes, das jedenfalls nicht zweifelsfrei auf der Hand liegt, kommt es danach nicht mehr entscheidend an.
383.
39Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschluss-verfahren.
40Rechtsmittelbelehrung:
41Gegen diesen Beschluss kann innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen nach Zustellung durch Einreichen einer Beschwerdeschrift Beschwerde beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen oder beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen –, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingelegt werden.
42Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung –VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
43Die Beschwerde muss den Beschluss bezeichnen, gegen den die Beschwerde gerichtet ist, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss die Beschwerde eingelegt wird.
44Die Beschwerdebegründung muss angeben, auf welche im Einzelnen aufzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird.