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1. Der Justizvollzugsdienst zählt zu den sicherheitsempfindlicher Bereichen im Sinne des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes.2. Bei der Entscheidung, ob in der betroffenen Person ein Sicherheitsrisiko festzustellen ist, steht der zuständigen Stelle ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
1. Die Anträge werden abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.
Gründe
2I.
3Die Anträge des Antragstellers,
4dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die ihm mit Schreiben vom 26. Juli 2024 A M. der JVA C. untersagte Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit im Sinne des § 2 SÜG NRW wieder zu erteilen,
5hilfsweise im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Untersagung der Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit gem. § 2 SÜG NRW mit Schreiben A M. der JVA C. vom 26. Juli 2024 rechtswidrig ist,
6sind zulässig, jedoch unbegründet.
71.
8Die statthafte Rechtsschutzform für den Haupt- und Hilfsantrag ist ein Antrag nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –. Namentlich kann Eilrechtsschutz hier nicht in einem – gegenüber dem Verfahren gemäß § 123 VwGO vorrangigen (§ 123 Abs. 5 VwGO) – Verfahren nach den §§ 80, 80a VwGO gewährt werden. Die angegriffene Maßnahme ist nämlich kein Verwaltungsakt i.S.d. § 35 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes – VwVfG –. Das an den Antragsteller gerichtete, nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene und auch sonst nicht in die Form eines Verwaltungsaktes gekleidete Kündigungsschreiben vom 26. Juli 2024 stellt, wie schon aus ihm selbst deutlich hervorgeht, auch die Information bzw. Mitteilung nach § 16 Abs. 2, Abs. 5 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Landes Nordrhein-Westfalen und den Schutz von Verschlusssachen – SÜG NRW – über das Ergebnis des Überprüfungsverfahrens dar, das der Antragsgegner nach Abschluss der Sicherheitsüberprüfung des Antragstellers aufgrund sicherheitserheblicher Erkenntnisse eingeleitet und mit der Feststellung eines Sicherheitsrisikos i.S.v. § 7 Abs. 2 SÜG NRW beendet hat.
9Eine solche Mitteilung ist bereits keine Regelung i.S.v. § 35 Satz 1 VwVfG, weil sie selbst schon begrifflich nicht objektiv und unmittelbar darauf gerichtet ist, gegenüber dem Betroffenen eine Rechtsfolge zu setzen. Stellt man gleichwohl auf den mitgeteilten Inhalt ab, so ergibt sich keine abweichende Bewertung. Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos ist nämlich nach ihrem objektiven Sinngehalt nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, wie dies die Begriffsbestimmung des § 35 Satz 1 VwVfG als Merkmal des Verwaltungsaktes verlangt. Die Sicherheitsüberprüfung dient ausschließlich dem Zweck, den Schutz geheimhaltungsbedürftiger Umstände zu gewährleisten. Die Auswirkungen einer negativen Entscheidung für den Betroffenen sind nicht Gegenstand dieser Prüfung und demzufolge nicht Regelungsinhalt der abschließenden Entscheidung. Zu diesen Auswirkungen zählen die sich daraus ergebenden organisationsinternen Verwendungseinschränkungen, vorliegend die Untersagung der Ausübung sicherheitsempfindlicher Tätigkeit gemäß § 2 SÜG NRW.
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 –, juris Rn. 17 ff. m.w.N.
112.
12Die Anträge haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
13Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO; § 920 Abs. 2, § 294 der Zivilprozessordnung – ZPO – das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
14Dabei gelten vorliegend strengere Anforderungen an den Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Das Gericht hat zu beachten, dass unter Berücksichtigung des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache erhöhte Anforderungen an den in Bezug auf den Anordnungsanspruch geltenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu stellen sind. Denn Einschränkungen im Hinblick auf das Erreichbare ergeben sich im Rahmen der Prüfung des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO gerade aus der Vorläufigkeit des begehrten Rechtsschutzes. Das Gericht darf im Wege der einstweiligen Anordnung insoweit nicht schon das gewähren, was erst im Hauptsacheverfahren erreicht werden kann. Da § 123 Abs. 1 VwGO nur von einer „einstweiligen“ Anordnung bzw. der Regelung eines „vorläufigen“ Zustandes spricht, verbietet sich grundsätzlich eine Vorwegnahme der Hauptsache, also das einstweilige bzw. vorläufige Gewähren des in der Hauptsache Begehrten.
15Dabei ist eine Vorwegnahme der Hauptsache durch beide Anträge hier deshalb anzunehmen, weil der Antragsteller im Falle seines Obsiegens – ungeachtet des anhängigen Kündigungsschutzprozesses vor dem Arbeitsgericht C. – offensichtlich begehrt, ihm die untersagte Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit im Sinne des § 2 SÜG NRW wieder zu gestatten bzw. die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme festzustellen, ohne dass ein Interesse an einer nur vorläufigen Regelung oder Feststellung erkennbar wäre.
16Eine Vorwegnahme der Hauptsache im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes ist aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes – GG –, aber ausnahmsweise dann zulässig, wenn das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache für den Antragsteller unzumutbare oder nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. Hinzutreten muss dann aber gerade auch, dass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafürspricht, dass der verfolgte Anspruch begründet ist.
17Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 9.12 –, juris Rn. 22; OVG NRW, Beschluss vom 2. Dezember 2016 – 1 B 1194/16 –, juris Rn. 9.
18a.
19Unter Berücksichtigung dieser erhöhten Anforderungen hat der Antragsteller hinsichtlich des Hauptantrags, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die ihm untersagte Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit im Sinne des § 2 SÜG NRW wieder zu gestatten, einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
20Die Entscheidung, dass in der Person des Antragstellers ein Sicherheitsrisiko i.S.d.§ 7 Abs. 2 Nr. 1 SÜG NRW vorliegt, erweist sich bei der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Überprüfung als offensichtlich rechtmäßig.
21aa.
22Rechtsgrundlage für die in Rede stehende Feststellung mit der damit verbundenen Untersagung sicherheitsempfindlicher Tätigkeiten sind die Regelungen in § 16 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Sätze 1 bis 3, Abs. 7 und § 7 Abs. 2 Nr. 1 SÜG NRW.
23Kommt nach § 16 Abs. 2 Satz 1 SÜG NRW die mitwirkende Behörde zu dem Ergebnis, dass ein Sicherheitsrisiko vorliegt, unterrichtet sie schriftlich oder elektronisch unter Darlegung der Gründe und ihrer Bewertung die zuständige Stelle. Die zuständige Stelle entscheidet gemäß § 16 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SÜG NRW, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt. Die Bewertung der durch die mitwirkende Behörde an die zuständige Stelle übermittelten Erkenntnisse erfolgt auf Grund einer am Zweck der Sicherheitsüberprüfung orientierten Gesamtwürdigung des Einzelfalles, insbesondere im Hinblick auf die vorgesehene Tätigkeit. Im Zweifel hat das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen. Ein Sicherheitsrisiko liegt nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 SÜG NRW vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte Zweifel an der Zuverlässigkeit der betroffenen Person bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen. Ohne eine abgeschlossene Sicherheitsprüfung, die zum Ergebnis hat, dass kein Sicherheitsrisiko vorliegt, darf nach § 16 Abs. 7 SÜG NRW die betroffene Person nicht mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden.
24Erforderlich ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insoweit eine prognostische Beurteilung, ob die überprüfte Person die Pflicht zur Geheimhaltung strikt beachten wird oder ob hieran (zumindest) ernstliche Zweifel bestehen.
25Vgl. zu § 5 SÜG des Bundes: OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 –, juris Rn. 26 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 31. März 2011 – 2 A 3/09 –, juris m.w.N.
26Eine negative Prognose kann dabei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur auf „feststehende Tatsachen“ gestützt werden, nicht aber auf belastende Tatsachenbehauptungen, deren Richtigkeit nicht erwiesen ist.
27Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 –, juris Rn. 30 m.w.N.
28Bei der Entscheidung, ob in der betroffenen Person ein Sicherheitsrisiko festzustellen ist, steht der zuständigen Stelle ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle ist deshalb auf die Prüfung beschränkt, ob die zuständige Stelle von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen anstellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat.
29Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 –, juris Rn. 32 unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 17. September 2015 – 2 A 9.14 –, juris Rn. 23 f.
30bb.
31Ausgehend von diesen Grundsätzen und unter Anlegung eines strengen Maßstabes ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Justizvollzugsanstalt (JVA) C. als zuständige Stelle nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 SÜG NRW aufgrund der Bewertung durch das Ministerium B J. als mitwirkende Behörde nach § 4 Abs. 3 SÜG NRW bei der Entscheidung, es liege ein Sicherheitsrisiko im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 SÜG NRW vor, die Grenzen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums überschritten habe.
32(a)
33Der Antragsteller unterfällt dem Anwendungsbereich des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 5 SÜG NRW. Danach übt eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aus, wer an einer sicherheitsempfindlichen Stelle einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung beschäftigt ist. Nach Artikel I der Verordnung zur Bestimmung der lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen vom 3. November 1995 (GV. NRW. S. 1148) stellen Justizvollzugsanstalten des geschlossenen und offenen Vollzuges lebens- oder verteidigungswichtige Einrichtungen im Geschäftsbereich des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen dar. Der Antragsteller soll nach dem Bericht des Ministeriums B J. des Landes Nordrhein-Westfalen vom 26. März 2024 in der JVA C. als Verwaltungsbediensteter mit Einsicht in Verschlusssachen eingesetzt werden, mithin an einer sicherheitsempfindlichen Stelle beschäftigt werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsteller auf diesem Dienstposten nicht in direktem Kontakt zu Inhaftierten steht. Dies ist nicht zwingend erforderlich, um von einer sicherheitsempfindlichen Stelle auszugehen. Daher ist für den hier zu entscheidenden Einzelfall auch unerheblich, ob die Forderung einer Sicherheitsüberprüfung für alle Bediensteten einer Justizvollzugsanstalt unverhältnismäßig ist und dem Zweck des SÜG NRW entgegensteht.
34Vgl. für die Bewertung des Justizvollzugsdienstes als sicherheitsempfindlicher Bereich: OVG NRW, Beschluss vom 19. November 2014 – 6 A 1896/13 –, juris Rn. 48.
35(b)
36Es liegt kein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften vor.
37(aa)
38Dem Antragsteller ist in einem persönlichen Gespräch am 30. April 2024 entsprechend § 17 SÜG NRW Gelegenheit gegeben worden, vor Ablehnung der Zulassung bzw. Weiterbeschäftigung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit sich persönlich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
39(bb)
40Die Justizvollzugsanstalt C. hat den in § 16 Abs. 2 und 4 SÜG NRW vorgesehenen Verfahrensablauf eingehalten. Mit Schriftsatz vom 26. März 2024 hat das Ministerium B J. des Landes Nordrhein-Westfalen als mitwirkende Behörde den Geheimschutzbeauftragten der JVA C. als zuständige Stelle gemäß § 16 Abs. 2 SÜG NRW über ihr Ergebnis, dass ein Sicherheitsrisiko vorliege, unter Darlegung der Gründe und ihrer Bewertung unterrichtet. Über dieses Ergebnis hat der Geheimschutzbeauftrage der JVA C. die Anstaltsleitung mit Verfügung vom 30. April 2024 informiert. Dass der Geheimschutzbeauftragte der JVA C. zu diesem Zeitpunkt keine weitergehende Überprüfung angestellt hat, stellt keinen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften dar. Eine abschließende Entscheidung hinsichtlich der Frage des Vorliegens eines Sicherheitsrisikos wie es § 16 Abs. 4 Satz 1 SÜG NRW vorsieht, hat der Geheimschutzbeauftragte der JVA C. , auch wenn der Vermerk mit „Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung“ überschrieben ist, unter dem 30. April 2024 entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht getroffen. Der Vermerk enthält lediglich eine wertungsfreie Wiedergabe der Gründe der mitwirkenden Behörde und die bloße Feststellung, dass der Antragsteller sich während des Verfahrens der Sicherheitsüberprüfung nicht an den Geheimschutzbeauftragten der JVA C. gewandt habe, um die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu thematisieren. Die getroffene Entscheidung des Abteilungsleiters 0, dass der Sachverhalt Anlass gebe, eine Kündigung auszusprechen, kann nicht mit der Entscheidung nach § 16 Abs. 4 Satz 1 SÜG NRW gleichgesetzt werden. Vielmehr hat der Geheimschutzbeauftragte der JVA C. nach Anhörung des Antragstellers erst am 27. Mai 2024 gemäß § 16 Abs. 4 Satz 1 SÜG NRW eine abschließende Entscheidung getroffen, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt.
41(c)
42Es ist nicht erkennbar, dass der Entscheidung des Antragsgegners ein unrichtiger, nicht „feststehender“ oder nicht berücksichtigungsfähiger Sachverhalt zugrunde liegt.
43(d)
44Die auf zutreffende und berücksichtigungsfähige Tatsachen gestützte Prognoseentscheidung des Antragsgegners ist – soweit sie gerichtlicher Überprüfung unterliegt – nicht zu beanstanden.
45(aa)
46A M. der Justizvollzugsanstalt C. hat im Kündigungsschreiben vom 26. Juli 2024, das im Wesentlichen dem Votum des Geheimschutzbeauftragten vom 27. Mai 2024 entspricht, im Kern ausgeführt: Die wiederholten Strafverfahren sprächen dafür, dass der Antragsteller nicht uneingeschränkt bereit sei, die Rechtsordnung einzuhalten. Er scheine das Recht gerne selbst in die Hand zu nehmen bzw. für sich selbst auszulegen. Diese Einstellung werde in allen in Rede stehenden Strafverfahren deutlich, insbesondere auch in dem lediglich mangels Strafantrags gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung – StPO – eingestellten Verfahren wegen Nötigung. Auch die Nutzung behördlichen Schriftverkehrs für private Zwecke verdeutliche dies. Ob in diesem Zusammenhang eine bewusste Täuschung von Adressaten habe stattfinden sollen, könne dahingestellt bleiben. Dem Antragsteller habe bewusst sein müssen, dass die Nutzung behördlicher Briefumschläge für private Zwecke unzulässig sei. Dies schon vor dem Hintergrund, dass die Umschläge Eigentum des Landes seien und es sich insofern um fremdes Eigentum handele. Auch der übrige Umgang mit Postsendungen und dem beständigen Nichtbeachten von Anweisungen verdeutliche den Eindruck, dass der Antragsteller nicht vollumfänglich dazu bereit sei, sich an geltende Vorgaben zu halten. Darüber hinaus habe der Antragsteller durch die Nichtangabe seiner Nebentätigkeit über viele Jahre gegen Dienstpflichten verstoßen (§ 3 Abs. 4TV-L NRW). Erschwerend komme hinzu, dass er durch seine zunächst unvollständigen und im Verlauf des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens unwahren Angaben im Kernbereich der Zuverlässigkeit versagt habe. Unter Berücksichtigung der im Zusammenhang mit den anhängigen Strafverfahren offenbarten charakterlichen Mängel erscheine eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf einer solchen Basis nicht möglich. Es sei zu befürchten, dass der Antragsteller auch zukünftig – bewusst oder unbewusst – sicherheitsrelevante Angaben verschweige oder erst offenbare, wenn eine Leugnung nicht mehr möglich sei. Eine positive Prognose erscheine aus Sicht des Antragsgegners nicht möglich. Im Interesse der Sicherheit (§ 16 Abs. 4 Satz 3 SÜG NRW) sei dem Antragsteller die weitere Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu verwehren. Den Sicherheitsbedenken könne nicht ausreichend entgegengetreten werden. Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos sei somit alternativlos.
47(bb)
48Der Antragsteller zeigt weder erfolgreich auf, dass diese Bewertung auf sachfremden Erwägungen beruht, noch an sonstigen der gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Fehlern leidet.
49Nicht zum Erfolg führt die Rüge des Antragstellers, der Antragsgegner habe bei der Bewertung des Sicherheitsrisikos nicht hinreichend beachtet, dass sämtliche Strafverfahren gegen ihn eingestellt worden seien. Diesen Umstand hat der Antragsgegner nicht unvollständig oder in sonstiger Weise beurteilungsfehlerhaft berücksichtigt. Die den Strafverfahren zugrundeliegenden Verhaltensweisen hat der Antragsteller nicht bestritten. Der Antragsgegner hat bei seiner Bewertung des Sicherheitsrisikos nicht verkannt, dass die in Rede stehenden Strafverfahren gegen den Antragsteller nach§ 153b StPO, § 153 Abs. 1 StPO und § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sind. Dabei hat der Antragsgegner insbesondere den unterschiedlichen Bedeutungsgehalt herausgestellt, den eine Straftat im strafrechtlichen oder im sicherheitsrechtlichen Sinne haben kann. Der Antragsgegner hat bei seiner Bewertung insbesondere auch nicht bloß die strafrechtliche Relevanz der Taten an sich bewertet, sondern darauf abgestellt, ob sich aus den Straftaten Hinweise ergeben, die betroffene Person werde möglicherweise auch künftig gegen Rechtsvorschriften verstoßen und ist insoweit zu dem – tragfähigen – Schluss gekommen, der Antragsteller erscheine nicht uneingeschränkt bereit, die geltende Rechtsordnung einzuhalten, sondern entscheide sich im Zweifelsfall lieber dafür, nach seinem eigenen „Rechtsverständnis“ zu handeln. Auch setzt die Feststellung eines Sicherheitsrisikos keine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung voraus.
50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 2003 – 1 WB 15/03 –, juris Rn. 5; vgl. bei einer Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO auch: BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2006 – 1 WB 17/05 –, juris Rn. 6.
51Auch soweit der Antragsteller vorträgt, es stehe in keinem Zusammenhang mit der jetzigen Sicherheitsüberprüfung, dass er im Jahr 2014 behördliche Briefumschläge für private Angelegenheiten genutzt haben solle und im Jahr 2019 eine schriftliche Abmahnung erhalten habe, führt seine Rüge nicht zum Erfolg. Es ist bereits nicht erkennbar, weshalb es dem Antragsgegner verwehrt sein sollte, in seiner Prognoseentscheidung ergänzend auch auf diese länger zurückliegenden Umstände zurückzugreifen. Er hat diese Gesichtspunkte nachvollziehbar dahingehend bewertet, dass auch die Nutzung behördlichen, im Eigentum des Antragsgegners stehenden, Schriftverkehrs für private Zwecke und der übrige Umgang des Antragstellers mit Postsendungen den Eindruck verdeutliche, dass der Antragsteller nicht uneingeschränkt bereit sei, die geltende Rechtsordnung einzuhalten.
52Soweit der Antragsteller darüber hinaus vorträgt, dass der unrichtige Schluss gezogen worden sei, dass er nicht uneingeschränkt bereit sei die Rechtsordnung einzuhalten und die Einschätzung inhaltlich nicht haltbar sei, setzt er damit seine eigene Würdigung der Umstände an die Stelle der Prognoseentscheidung des Antragsgegners, ohne diese durchgreifend in Zweifel zu ziehen.
53b.
54Auch in Bezug auf den hilfsweise anhängig gemachten Feststellungsantrag hat der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, da die aus § 16 Abs. 7 SÜG NRW folgende Untersagung der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit aufgrund der rechtmäßigen Feststellung eines Sicherheitsrisikos ihrerseits rechtmäßig ist.
553.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
57II.
58Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2, 39 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG –. Der Umstand, dass mit den Anträgen eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt wird, rechtfertigt die Ermessensentscheidung des Gerichts, von einer Reduzierung des in der Hauptsache anzusetzenden Streitwertes abzusehen.
59Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 –, juris Rn. 110.
60Rechtsmittelbelehrung:
61Gegen den Beschluss zu 1. steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zu.
62Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, einzulegen. Sie ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
63Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
64Im Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss zu 1. muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
65Gegen den Beschluss zu 2. findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
66Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
67Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.