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Die Intention des sog. Zweckwechselverbots nach § 16b Abs. 4 Satz 1 AufenthG (Verhinderung einer unkontrollierten Einwanderung) in der derzeit gültigen Gesetzesfassung (vergleiche insofern die mit dem bereits beschlossenen Gesetzesentwurf zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung beabsichtigte Änderung, BT-Drs. 20/6500 und 20/7394) und die Intention der grundsätzlichen Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG (Eingrenzung der Titelerteilungsmöglichkeiten für abgelehnte Asylbewerber) würden umgangen, wenn nach einem erfolglosen Studienaufenthalt und der zeitlich anschließenden erfolglosen Durchführung eines Asylverfahren ein Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen, vorliegend namentlich nach § 104c AufenthG, oder ein Aufenthaltstitel zu Ausbildungszwecken erteilt würde.
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
G r ü n d e:
2Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 166 VwGO in Verbindung mit § 114, § 115 ZPO. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist bereits deshalb abzulehnen, weil der Antragsteller die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht hinreichend nachgewiesen hat, da er die abgegebene Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nur unzureichend bzw. teilweise in sich widersprüchlich belegt hat. Ob der Antragsteller nach wie vor die im Prozesskostenhilfeantrag angegebene Vergütung (E 1. der vorgenannten Erklärungen vom 7. März 2023) erhält, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen. Denn es fehlt jedenfalls an Belegen für die Angaben des Antragstellers zu seinem Girokonto unter G 1. der vorgenannten Erklärungen. Auch stimmen die Angaben zu den Wohnkosten des Antragstellers unter H 4. der vorgenannten Erklärungen mit dem beigefügten Mietvertrag vom 26. Januar 2018 nicht überein.
3Der nach sachgerechter Auslegung nicht die durch Bescheid vom 24. Januar 2023, dortige Nr. 3 des Tenors, festgesetzte Gebühr in Höhe von 93,- Euro umfassende Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 616/23 anzuordnen,
5hat keinen Erfolg.
6Der Antrag ist bereits nicht zulässig.
7Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung unter anderem in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 3, in denen die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage kraft Bundesrechts – hier nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG – entfällt, ganz oder teilweise anordnen. Im vorliegenden Fall liegt jedoch keine von § 80 Abs. 5 VwGO prozessual vorausgesetzte Konstellation vor, weil die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2023 eine Fiktionswirkung nicht beendet hat. Denn der Antragsteller hat laut Gesprächsvermerk vom 2. Juni 2022 (BA 1 in 8 K 616/23, 83) unbestritten am selben Tag ausdrücklich erklärt, dass er kein Studium aufnehmen möchte. Insofern hat er spätestens zu diesem Zeitpunkt seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken mit seinerzeitigem Schreiben vom 29. Juli 2019 (BA 1 in 8 K 616/23, 56) zurückgenommen. Die etwaig zuvor eingetretene Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 AufenthG infolge der bis zum 28. Juli 2019 erteilten Aufenthaltserlaubnis zur Durchführung eines studienvorbereitenden Sprachkurses nach § 16 Abs. 6 AufenthG a.F. (BA 1 in 8 K 616/23, 55) ist mithin spätestens zu diesem Zeitpunkt erloschen und nicht erst im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2023.
8An der spätestens am 2. Juni 2022 erfolgten Rücknahme des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 16b Abs. 5 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 4 AufenthG (§ 16 Abs. 4 AufenthG a.F.) ändert rechtlich auch der Umstand nichts, dass der Antragsteller laut Gesprächsvermerk vom 2. Juni 2022 (BA 1 in 8 K 616/23, 83) unbestritten des Weiteren ausführte, zurzeit als Lagerhelfer zu arbeiten und ggfls. eine Ausbildung aufnehmen zu wollen, wozu er sich nochmals bis zum 5. Juli 2022 bei der Antragsgegnerin melden wollte. Denn die im Zeitpunkt der Antragsrücknahme am 2. Juni 2022 geäußerte etwaige Absicht, ggfls. eine Ausbildung aufnehmen zu wollen, wozu sich der Antragsteller nochmals bis zum 5. Juli 2022 bei der Antragsgegnerin melden werde, ist bereits nicht hinreichend konkret, um hierin einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16a AufenthG zu erkennen und damit auf einen sogenannten Zweckwechsel zum vorausgegangenen studienvorbereitenden Sprachkurs zu schließen. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16a AufenthG wurde vielmehr hinreichend konkret frühestens am 21. Juli 2022 gestellt, namentlich zu dem Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller bei der Antragsgegnerin eine Bescheinigung der C. GmbH vorlegte, wonach er dort eine Ausbildung zum Familienpfleger antreten könne, sobald eine Gleichwertigkeitsbescheinigung seines Schulabschlusses vorliege und wonach er gleichzeitig auf die Möglichkeit einer Ausbildung zum Anlagenmechaniker verwies sowie ein hierauf gerichtetes Vorstellungsgespräch am nächsten Tag (vgl. Niederschrift vom 21. Juli 2022, BA 1 in 8 K 616/23, 86). Dieser Antrag des Antragstellers hat indes keine Fiktionswirkung ausgelöst. Denn selbst in diesem zugunsten des Antragstellers frühesten etwaig erkennbaren Zeitpunkt einer Antragstellung verfügte er unstreitig nicht mehr über eine erforderliche Aufenthaltserlaubnis, da die ihm ausgestellte Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 4 AufenthG a.F mit Ablauf des 28. Juli 2019 ihre Gültigkeit verloren hatte. Dies hatte zur Folge, dass einem Verlängerungs-/Erteilungsantrag am 21. Juli 2022 eine Fortbestehensfiktion nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG nicht zukam, zumal eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 8 Abs. 1 AufenthG infolge des (endgültigen) Erlöschens der Aufenthaltserlaubnis und der nicht erfolgten Aufrechterhaltung des Verlängerungsantrags vom 29. Juli 2019 am 2. Juni 2022 nicht mehr in Betracht kam. Die Fortwirkungsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG hilft im Fall einer rechtzeitigen Antragstellung insofern allein über den nachfolgenden Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels hinweg, nicht aber – wie vorliegend – über „antragsfreie“ Zeiten ohne Aufenthaltstitel.
9Dass die Antragsgegnerin gleichwohl – entgegen der objektiven Rechtslage – am 2. Juni 2022 erneut eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt hat (BA 1 in 8 K 616/23, 84), führt zu keinem anderen Ergebnis. Bei der Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG handelt es sich nicht um einen feststellenden oder rechtsgestaltenden Verwaltungsakt, sondern lediglich um eine Bescheinigung, die nicht hindert, auf die unmittelbar durch das Gesetz bestimmte Rechtslage zurückzugreifen. Eine Fiktionsbescheinigung hat insofern lediglich deklaratorische Wirkung und vermag nicht konstitutiv einen bestimmten Rechtsstatus zu begründen.
10Vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 12 m. w. N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Juli 2014 – 17 B 805/14 –, und vom 2. Mai 2016 – 17 B 1144/15 –.
11Auch dass die Antragsgegnerin die Fortgeltungsfiktion nach § 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG angeordnet hätte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es ist bei summarischer Prüfung auch weder etwas dafür vorgetragen noch sonst etwas dafür ersichtlich, dass eine Fortgeltungsfiktion vorliegend von der Antragsgegnerin ausnahmsweise konkludent angeordnet worden wäre. Hiergegen spricht bereits, dass im Zeitpunkt der Ausstellung der Fiktionsbescheinigung am 2. Juni 2022 allenfalls die vage und mithin lediglich unbestimmte Möglichkeit eines sogenannten Zweckwechsels von dem Antragsteller geäußert wurde, die keinen hinreichend bestimmten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einer etwaigen Berufsausbildung beinhaltete.
12Ergänzend sei erwähnt, dass auch kein Fall des § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorlag. Denn der Antragsteller befand sich im frühesten etwaig erkennbaren Zeitpunkt einer Antragstellung am 2. Juni 2022 entgegen der diesbezüglichen Tatbestandsvoraussetzung des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht (mehr) rechtmäßig im Bundesgebiet, da sein Aufenthaltstitel mit Ablauf des 28. Juli 2019 seine Gültigkeit verloren hatte. Infolge der zeitlichen Zusammenhänge und dem von dem Antragsteller gestellten Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis am 29. Juli 2019 aus dem Inland heraus, dem zwischenzeitlich erfolglos durchgeführten Asylverfahren (mit Asylantragstellung am 20. April 2020 (BA 2 in 8 K 616/23, 2), ablehnendem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge am 18. August 2020 (BA 2 in 8 K 616/23, 4 ff.) und abweisendem Asylurteil des beschließenden Gerichts vom 10. Februar 2022 – 13a K 3349/20.A – (BA 2 in 8 K 616/23, 26 ff.)) sowie seiner weiteren Vorsprachen bei der Antragsgegnerin am 2. Juni 2022 und am 21. Juli 2022 spricht aber Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller bereits mit Ablauf der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis beabsichtigte, fortwährend langfristig im Schengengebiet zu verbleiben. Er war insofern spätestens mit Rücknahme des Verlängerungsantrags der ihm zuletzt ausgestellten Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 4 AufenthG a.F. am 2. Juni 2022 zur Ausreise verpflichtet, § 50 Abs. 1 AufenthG. Ob der Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis daher letztlich verspätet im Sinne von § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG gestellt wurde oder aber aus dem Ausland heraus hätte gestellt werden müssen, kann hier letztlich dahinstehen. Denn nach § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG hätte die Abschiebung des Antragstellers frühestens vom 21. Juli 2022 bis zur Entscheidung der Antragsgegnerin – hier mit Bescheid vom 24. Januar 2023 – allenfalls als ausgesetzt gegolten, mithin allenfalls eine Duldungsfiktion bestanden.
13Letztlich vermochte nach alledem auch der nachfolgend am 19. Januar 2023 gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG (BA 1 in 8 K 616/23, 128) – der allein im Klageverfahren 8 K 616/23 weiterverfolgt wird –eine Fiktionswirkung im Sinne von § 81 Abs. 3, 4 AufenthG nicht zu begründen.
14Hinsichtlich der mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2023 erfolgten „Ablehnung“ der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 16b Abs. 5 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 4 AufenthG fehlt es vorliegend auch an einem erforderlichen Eilrechtsschutzbedürfnis. Denn der Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2023 geht insoweit (bereits mangels aufrecht erhaltener Antragstellung) ins Leere bzw. hat insofern allein klarstellende Funktion, indem auf der dortigen Seite 2 ausdrücklich ausgeführt wird: „Den studienvorbereitenden Sprachkurs haben Sie beendet. Sie haben nicht vor, ein Studium aufzunehmen. Sie begehren gegenwärtig die Ausübung der Berufsausbildung als Anlagenmechaniker. Dementsprechend kommt eine Verlängerung der studienbezogenen Aufenthaltserlaubnis nicht in Betracht.“ Der Sachverhalt ist insoweit im Ergebnis auch unstreitig. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 21. Februar 2023 (GA 8 K 616/23, 2 ff.), dortige Seite 3, entsprechend vortragen lassen: „Der Kläger und Antragsteller hatte darauf hingewiesen, dass er aber seit Jahren kein Studium mehr betrieben habe, auch nicht immatrikuliert sei und auch nicht beabsichtige, ein Studium aufzunehmen. Ferner hat er darauf hingewiesen, dass er bereits eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens angenommen hatte, sodass damit verbunden die Rücknahme des Antrages auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken erfolgt sei …“.
15Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 616/23 anzuordnen, wäre darüber hinaus auch nicht begründet.
16Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen der Versagung der Aufenthaltserlaubnis kommt nur in Betracht, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass entgegen der gesetzlichen Grundentscheidung in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG das private Interesse des Antragstellers an dem einstweiligen Nichtvollzug gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung vorrangig erscheint. Hingegen überwiegt das öffentliche Interesse an dem Sofortvollzug infolge der zitierten gesetzlichen Vermutungen für ein überwiegendes Vollzugsinteresse in diesen Fällen regelmäßig dann, wenn die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist und kein Grund besteht, der es rechtfertigen könnte, den Antragsteller trotz der Aussichtslosigkeit seiner Klage vorläufig von der Vollziehung zu verschonen.
17Vorliegend überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse, weil die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 16b AufenthG – soweit ihr überhaupt ein Regelungsgehalt zukommt (vgl. oben) – nach summarischer Prüfung keine subjektive Rechtsverletzung des Antragstellers bewirkt und sich die Versagung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16a bzw. § 104c AufenthG mit Verfügung der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2023 nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig darstellen und damit in dem Hauptsacheverfahren 8 K 616/23 aller Voraussicht nach Bestand haben werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insofern auf die Ausführungen der Antragsgegnerin in der Ordnungsverfügung vom 24. Januar 2023 Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO analog. Der Antragsteller hat vorliegend und im Klageverfahren 8 K 616/23 insbesondere keine rechtserheblichen Gründe vorgetragen, die die Rechtmäßigkeit der Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach § 16a bzw. § 104c AufenthG durch die Antragsgegnerin in Zweifel ziehen könnten. Weitere, für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach § 16a bzw. § 104c AufenthG in der Verfügung der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2023 sprechende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
18Ergänzend sei insofern – hinsichtlich der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16a AufenthG allein informatorisch, weil im Klageverfahren nicht begehrt – darauf hingewiesen, dass der Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis nach § 16a AufenthG vorliegend jedenfalls die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG entgegensteht – wie die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 24. Januar 2023 zu Recht ausgeführt hat.
19Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG darf einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Die Beschränkung des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG entfällt nach Satz 3 der Norm grundsätzlich nur im Falle eines (gesetzlichen) Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bzw. infolge des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.
20Der Asylantrag des Antragstellers ist mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge am 18. August 2020 (BA 2 in 8 K 616/23, 4 ff.) – nachfolgend abweisendes Asylurteil des beschließenden Gerichts vom 10. Februar 2022 – 13a K 3349/20.A – (BA 2 in 8 K 616/23, 26 ff.) – unanfechtbar abgelehnt worden. Der Antragsteller ist im zeitlichen Anschluss nicht aus der Bundesrepublik Deutschland ausgereist. Ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG liegt im Falle einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16a AufenthG – wie vorliegend begehrt – nicht vor.
21Denn entgegen der mit Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 10. Juli 2023, dortige Seite 2, geäußerten Rechtsauffassung liegt ein solcher Rechtsanspruch im Falle einer Ermessensnorm – wie vorliegend § 16a AufenthG („kann erteilt werden“) – auch dann nicht vor, wenn – wie vorliegend geltend gemacht – eine sog. Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.Dezember 2008 – 1 C 37.07 –, juris, Rn. 20 ff. (ständige Rechtsprechung).
23Klarstellend wird insofern ergänzend darauf aufmerksam gemacht, dass die Frage, ob § 10 Abs. 2 AufenthG im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 3 AufenthG Berücksichtigung findet,
24vgl. zu dem diesbezüglichen Streitstand: Diesterhöft, HTK-AuslR / § 10 AufenthG / zu Abs. 2 Rn. 13 ff. mit Nachweisen aus der obergerichtlichen Rechtsprechung,
25vorliegend unbeantwortet bleiben kann.
26Denn § 10 Abs. 2 AufenthG erfasst nur und ausschließlich Fälle der Verlängerung bereits bestehender Aufenthaltstitel.
27Vgl. Diesterhöft, HTK-AuslR / § 10 AufenthG / zu Abs. 2 Rn. 10.
28Eine (erneute) Verlängerung der dem Antragsteller seinerzeit erteilten Aufenthaltserlaubnis zur Durchführung studienvorbereitender Maßnahmen steht ihm aber bereits nicht zu, weil er einen solchen Verlängerungsantrag nicht aufrechterhalten hat (vergleiche oben).
29Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG steht vorliegend letztlich – wie die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 24. Januar 2023 ebenfalls zu Recht ausgeführt hat – jedenfalls das sog. Zweckwechselverbot nach § 16b Abs. 4 Satz 1 AufenthG entgegen.
30Denn die von dem Antragsteller begehrte Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG stellt keinen von § 16b Abs. 4 Satz 1 AufenthG in der derzeit gültigen Fassung erlaubten Wechsel des Aufenthaltszwecks dar.
31Nach § 16b Abs. 4 Satz 1 AufenthG in der aktuellen Fassung darf eine Aufenthaltserlaubnis während eines Aufenthalts nach Absatz 1 für einen anderen Aufenthaltszweck nur zum Zweck einer qualifizierten Berufsausbildung, der Ausübung einer Beschäftigung als Fachkraft, der Ausübung einer Beschäftigung mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen nach § 19c Abs. 2 oder in Fällen eines gesetzlichen Anspruchs erteilt werden.
32Erklärtes Ziel des Gesetzgebers ist es (nach aktueller Rechtslage) mithin, einen Zweckwechsel vor erfolgreichem Abschluss des Studiums etc. (also auch bei Abbruch oder erfolgloser Beendigung) nur (noch) in den Fällen des § 16b Abs. 4 Satz 1 AufenthG zu gestatten und im Übrigen auszuschließen.
33Für die Annahme dessen, dass § 104c AufenthG insofern auch ohne gesonderte Regelung als lex specialis zu § 16b Abs. 4 Satz 1 AufenthG anzusehen wäre,
34offengelassen: OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. Dezember 2022 – 13 ME 270/22 –, juris Rn. 11,
35ist vorliegend weder etwas vorgetragen noch sonst etwas ersichtlich. Hiergegen spricht zudem die durch den Gesetzgeber beabsichtigte künftige Rechtsänderung (vgl. Gesetzes zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung, welches am 23. Juni 2023 durch den Bundestag beschlossenen wurde, S. 13850B und 13869A des BT-Plenarprotokolls 20/113: Annahme in Ausschussfassung (20/6500, 20/7394); vgl. gerichtliche Aufklärungsverfügung vom 27. Juni 2023, GA 8 K 616/23, 37 f.), welche unter Berücksichtigung des entscheidungserheblichen Zeitpunkts vorliegend materiell rechtlich keine Berücksichtigung finden kann.
36§ 104c AufenthG vermittelt auch keinen gesetzlichen Anspruch („soll“) im Sinne von § 16b Abs. 4 Satz 1 AufenthG.
37Vgl. zur insoweit vergleichbaren „Sollregelung“ des § 25b AufenthG: VG Aachen, Urteil vom 25. Februar 2021 – 8 K 2456/18 –, juris (rechtskräftig).
38Das Zweckwechselverbot des § 16b Abs. 4 Satz 1 AufenthG entfaltet zudem in zeitlicher Hinsicht über die Geltungsdauer der ursprünglich erteilten bzw. verlängerten studienbezogenen Aufenthaltserlaubnis hinaus bis zu einer vom Gesetz zugelassenen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bzw. bis zu einer Ausreise des Ausländers Geltung. Das Zweckwechselverbot wird daher auch nicht durch die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder einer Ausbildungsduldung nach § 60c AufenthG beseitigt.
39Vgl. zum Ganzen ausführlich: VG Aachen, Urteil vom 25. Februar 2021 – 8 K 2456/18 –, juris (rechtskräftig), mit weiteren Nachweisen.
40So auch hier.
41Auch durch das (erfolglos) abgeschlossene Asylverfahren des Antragstellers, währenddessen dem Antragsteller eine Aufenthaltsgestattung erteilt wurde (§ 55 Abs. 1 AsylG), ist entgegen der der mit Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 7. Juli 2023, dortige Seite 2, geäußerten Rechtsauffassung keine „Zäsur eingetreten, die das Zweckwechselverbot hier entfallen lässt“. Denn eine Aufenthaltsgestattung ist keine vom Gesetz zugelassene Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im vorgenannten Sinne, sondern dient allein einem rechtmäßigen inländischen Aufenthalt während der Durchführung eines Asylverfahrens (vgl. § 55 Abs. 1 AsylG). Zudem käme die Annahme einer Zäsur durch ein erfolglos abgeschlossenes Asylverfahren, die das Zweckwechselverbot entfallen ließe, vorliegend einer Umgehung der Intention des Zweckwechselverbots in der aktuellen gesetzlichen Fassung gleich.
42Denn mit dem Zweckwechselverbot soll im Kern verhindert werden, dass die Aufenthaltserlaubnis nach § 16b AufenthG als Vehikel für eine unkontrollierte Einwanderung zu anderen Aufenthaltszwecken genutzt wird. Eine Erlaubnis soll nach Wegfall des ursprünglichen Aufenthaltszwecks grundsätzlich nicht für einen anderen Aufenthaltszweck erteilt werden, ohne dass der Ausländer vorher ausgereist ist und die Erfüllung der Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen für den geänderten Aufenthaltszweck überprüft worden sind.
43Vgl. Hailbronner, AuslR Kommentar, § 16b AufenthG, Rn. 46a.
44Dem kann vorliegend auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der begehrte Aufenthaltstitel nach § 104c AufenthG nur aus dem Inland heraus beantragt werden kann und einem Ausländer, dessen Asylantrag – wie im Falle des Antragstellers – unanfechtbar abgelehnt worden ist, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden kann (§ 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG), als welcher auch ein Aufenthaltstitel nach § 104c AufenthG gemäß Abs. 3 Satz 2 der Norm gilt.
45Denn das Zweckwechselverbot soll gerade auch eine unkontrollierte Einwanderung in humanitäre Aufenthaltstitel, die nur aus dem Inland heraus beantragt werden können, verhindern.
46Die vorliegend von beiden Zweckwechselverboten, namentlich des § 16b Abs. 4 AufenthG und des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG geprägte aufenthaltsrechtliche Situation des Antragstellers ändert insofern rechtlich nichts. Sie ist von diesem nicht nur selbst herbeigeführt worden, sondern zeigt, dass im Falle eines letztlich erfolglosen Studienaufenthalts und anschließenden erfolglosen Asylverfahrens vor einer Ausreise nichts Anderes gelten kann, als in sonstigen Fällen. Insbesondere sollen durch diese Kombination keine ungerechtfertigten rechtlichen Vorteile geschaffen werden und damit der Zweck des sog. Zweckwechselverbots nach § 16b Abs. 4 Satz 1 AufenthG (Verhinderung einer unkontrollierten Einwanderung) oder der Zweck der grundsätzlichen Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG für abgelehnte Asylbewerber (Eingrenzung der Titelerteilungsmöglichkeiten für abgelehnte Asylbewerber) umgangen werden. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG und § 16b Abs. 4 Satz 1 AufenthG ist daher vorliegend weder ein Aufenthaltstitel zu Ausbildungszwecken noch ein solcher aus humanitären Gründen zu erteilen.
47Eine Umdeutung des Antrags des anwaltlich vertretenen Antragstellers in einen solchen nach § 123 VwGO kommt bereits infolge des Wortlauts der Antragstellung vor dem aufgezeigten Hintergrund nicht in Betracht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Beteiligten bereits im Verwaltungsverfahren die Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60c AufenthG in den Blick genommenen hatten.
48Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.
49Rechtsmittelbelehrung:
50Der Beschluss zu 1. (Ablehnung der Prozesskostenhilfe) ist unanfechtbar, § 146 Abs. 2 VwGO.
51Gegen den Beschluss zu 2. steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zu.
52Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, einzulegen. Sie ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
53Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
54Im Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss zu 2. muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
55Gegen den Beschluss zu 3. findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
56Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
57Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.