Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Das hinreichend wahrscheinliche Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung im Sinne von § 53 Abs. 3a AufenthG setzt im vorläufigen Rechtsschutzverfahren typischerweise voraus, dass der betroffene Flüchtling eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, hinreichend wahrscheinlich in qualifizierter Weise, insbesondere durch eigene Gewaltbeiträge oder als Funktionär, unterstützt (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 22. Mai 2012 - 1 C 8/11 -, juris).
Eine Abschiebungsandrohung "auf Vorrat" verfehlt jedenfalls dann ihren Zweck, wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt feststeht, dass aus zwingenden rechtlichen Gründen eine Vollstreckung der Ausreisepflicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen ist (im Anschluss an VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 - 12 S 1841/22 -, juris).
Der Grundsatz der Nichtzurückweisung nach Art. 5 RL 2008/115/EG ist bereits bei Erlass der Abschiebungsandrohung einzuhalten (im Anschluss an VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 - 12 S 1841/22 -, juris).
Auch eine aufschiebend bedingte Abschiebungsandrohung wird dem Verbot des Refoulments jedenfalls dann nicht in zulässiger Weise gerecht, wenn eine Abschiebung nach dem Grundsatz der Nichtzurückweisung auf unbestimmte Dauer ausgeschlossen ist.
Eine Duldung nach § 60a AufenthG genügt grundsätzlich zur Sicherung des durch Art. 3 EMRK vermittelten Schutzes (im Anschluss an VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 - 12 S 1841/22 -, juris).
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Der Antrag, die Stadt C. – Ausländerbehörde – zum Verfahren beizuladen, wird abgelehnt.
3. Die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 561/23 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 wird hinsichtlich der Nrn. 1, 5, 6 und 7 des dortigen Tenors wiederhergestellt – hinsichtlich der Nr. 7 allerdings nur, soweit er über die Untersagung einer politischen Betätigung für die PKK und deren Ableger und Teilorganisationen hinausgeht – und hinsichtlich der Nrn. 2, 4 und 8 bis 14 des dortigen Tenors angeordnet – hinsichtlich der Nr. 14 allerdings nur, soweit die Zwangsgeldandrohung auf eine über die Untersagung einer politischen Betätigung für die PKK und deren Ableger und Teilorganisationen hinausgehende Untersagung gerichtet ist –.Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens zu 3/14, die Antragsgegnerin zu 11/14.
4. Der Streitwert wird auf 17.500,- Euro festgesetzt.
Gründe:
2Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 166 VwGO in Verbindung mit § 114, § 115 ZPO. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist bereits deshalb abzulehnen, weil der Antragsteller die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht nachgewiesen hat, da er keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben hat.
3Der mit Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 20. Februar 2023, dortige Seite 2, auch für das vorliegende Eilverfahren gestellte Antrag,
4die Stadt C. , Ausländerbehörde, zum Verfahren beizuladen,
5wird abgelehnt.
6Die begehrte Beiladung stellt bereits keine notwendige Beiladung im Sinne von § 65 Abs. 2 VwGO dar. Eine im Ermessen stehende Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO erachtet die beschließende Kammer vorliegend nicht für geboten.
7Der Fall einer notwendigen Beiladung gemäß § 65 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben.
8Notwendig ist eine Beiladung, wenn der beizuladende Dritte derart an dem streitigen Rechtsverhältnis beteiligt ist, dass die gerichtliche Entscheidung auch diesem gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies ist dann der Fall, wenn die von dem Antragsteller erstrebte Entscheidung nicht wirksam getroffen werden kann, ohne dass gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig Rechte des beizuladenden Dritten betroffen, d. h. gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden. § 65 Abs. 2 VwGO verlangt danach eine qualifizierte Betroffenheit des Dritten, die zugleich die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung des Rechtsstreits für Beteiligte und Dritte begründet.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Oktober 2013 – 7 E 650/13 – und vom 9. Mai 2018 – 10 E 216/18 –, jeweils juris, m.w.N.
10An einer derartigen qualifizierten Betroffenheit fehlt es für eine Beiladung der Stadt C. im vorliegenden Fall. Die behördliche Maßnahme hat auch keine unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung für die Stadt C. .
11Denn vor dem Hintergrund einer jedenfalls im Hauptsacheverfahren zu erwartenden hinreichenden Begründung zur Zweckmäßigkeit eines Zuständigkeitsübergangs von der Stadt C. auf die Antragsgegnerin gemäß § 71 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AufenthG in Verbindung mit § 15 Abs. 9 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO) bestehen derzeit keine durchschlagenden Bedenken gegen die (umfassende) Zuständigkeit der verfügenden Behörde im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung des Hauptsacheverfahrens und damit einer fehlenden unmittelbaren ausländerrechtlichen Betroffenheit der Stadt C. . Nach § 15 Abs. 9 Satz 1 ZustAVO ist die Antragsgegnerin zuständig für alle aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen, wenn die oberste Ausländerbehörde im Einzelfall zur zweckmäßigen Erfüllung ordnungsbehördlicher Aufgaben gegenüber der bisher zuständigen Unteren oder Zentralen Ausländerbehörde erklärt, dass die Zentrale Ausländerbehörde Essen die Zuständigkeit übernimmt. Hiervon ausgehend hat das für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten zuständige Ministerium als oberste Ausländerbehörde gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 ZustAVO aufgrund des – an die bisher zuständige Ausländerbehörde der Stadt C. gerichteten – Schreibens vom 11. August 2021 (Beiakte 1 im Klageverfahren 8 K 561/23, 307) erklärt, dass die Antragsgegnerin im vorliegenden Einzelfall zur zweckmäßigen Erfüllung ordnungsbehördlicher Aufgaben die Zuständigkeit übernehme. Dass diese Entscheidung vor dem Hintergrund der Pauschalität und Begründungslosigkeit der Erklärung vom 11. August 2021 einen Verstoß gegen das der Verfassung immanente und dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) entspringende Willkürverbot beinhaltet,
12zum Willkürverbot vgl. P. Kirchhof, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 93. EL Oktober 2020, Art. 3 Abs. 1 GG, Rn. 264 ff,
13steht – auch vor dem Hintergrund der gerichtsbekannt offenkundig wiederholenden Verwaltungspraxis – nicht zu erwarten, da der behördliche Handlungsspielraum nach § 15 Abs. 9 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 4 ZustAVO konkretisiert wird und damit hinreichend eingrenzende Anhaltspunkte vermittelt, welche erwarten lassen, dass im vorliegenden Einzelfall eine ausreichende Begründung rechtzeitig nachgeholt werden wird, die auf eine einheitliche, an sachlichen Differenzierungskriterien orientierte Verwaltungspraxis schließen lässt. So kommt ein Zuständigkeitsübergang nach Nr. 2 bzw. 3 unter anderem in Fällen in Betracht, in denen Anhaltspunkte vorliegen, dass von einer ausländischen Person eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit bzw. eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eine terroristische Gefahr ausgeht.
14Die Annahme, dass im vorliegenden Einzelfall eine ausreichende Begründung rechtzeitig nachgeholt werden wird, die auf eine einheitliche, an sachlichen Differenzierungskriterien orientierte Verwaltungspraxis schließen lässt, wird zudem bestärkt durch die mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 20. März 2023 vorgelegte Stellungnahme des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen ebenfalls vom 20. März 2023 (Gerichtsakte im Klageverfahren 8 K 561/23, 107 ff.). Danach wird insbesondere ergänzend die Absicht des Ministeriums bekundet, bis zu einer etwaigen Anpassung des § 15 Abs. 9 ZustAVO die eigene Verwaltungspraxis „insoweit anzupassen, dass Übertragungen nach § 15 Abs. 9 S. 1 ZustAVO (nur noch) in Konstellationen erfolgen, die folgende sachliche Differenzierungskriterien erfüllen:
15- Zu der ausländischen Person liegen Anhaltspunkte für das Bestehen eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 oder § 54 Abs. 2 Nr. 7 AufenthG vor
16- und
17a) sie Betroffener eines mehrere ausländische Personen umfassenden Ermittlungsverfahrens oder Gefahrenabwehrvorgangs ist, um eine landesweit einheitliche aufenthaltsrechtliche Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen
18b) oder die Durchführung einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung nach § 56a AufenthG in Betracht kommt.“
19Von einer einfachen Beiladung im Sinne des § 65 Abs. 1 VwGO sieht die beschließende Kammer in Ausübung des ihr eröffneten Ermessens ab.
20Eine einfache Beiladung setzt voraus, dass rechtliche Interessen Dritter durch die Entscheidung berührt werden. Rechtliche Interessen eines Dritten werden dann durch die Entscheidung berührt, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Entscheidung auf rechtliche Interessen des Beizuladenden einwirkt.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1981 – 8 C 1/81 – und Beschluss vom 4. März 2008 – 9 A 74/07 –, jeweils juris.
22Die vorliegend beantragte Beiladung der Stadt C. ist weder unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie zweckmäßig noch im Hinblick auf die Interessenwahrnehmung der Verfahrensbeteiligten erforderlich. Prozessökonomisch ist es regelmäßig – so auch hier – geboten, den Kreis der Verfahrensbeteiligten auf das prozessual notwendige Maß zu beschränken. Die Rechtmäßigkeit des im Klageverfahren 8 K 561/23 streitgegenständlichen Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 bestimmt sich mit der hier gebotenen Wahrscheinlichkeit unabhängig von einer ausländerrechtlichen Betroffenheit der Stadt C. (vergleiche oben).
23Der Antrag,
24die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 561/23 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 anzuordnen,
25welchen die Kammer sachgerecht dahingehend auslegt,
26die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 561/23 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 hinsichtlich der Nrn. 1 und 5 bis 7 des Tenors wiederherzustellen und hinsichtlich der Nrn. 2 bis 4 und 8 bis 14 des Tenors anzuordnen,
27hat in dem aus dem Tenor zu Nr. 3 dieses Beschlusses erkennbaren Umfang Erfolg. Im Übrigen ist der Antrag abzulehnen.
28Nr. 1 des Tenors (Ausweisung)
29Der Antrag hinsichtlich der unter Nr. 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 verfügten Ausweisung hat Erfolg.
30Der Antrag ist nicht bereits unzulässig, weil er dem Antragssteller keinen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil im Hinblick auf einen etwaig gewünschten Abschiebungsschutz vermitteln könnte. Zwar ist der Antragsteller bereits infolge der Ablehnung der Verlängerung/Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Nr. 3 des Tenors des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 vollziehbar zur Ausreise verpflichtet, § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 2 Satz 2 AufentG. Ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers hinsichtlich des Antrags zu der unter Nr. 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 verfügten Ausweisung ist jedoch infolge der an die Ausweisung anknüpfenden Anordnungen unter Nrn. 2, 5, 6, 8 bis 11, 13 und 14 des Bescheides nicht auszuschließen, da diesbezüglich ein rechtlicher oder tatsächlicher Vorteil der begehrten gerichtlichen Entscheidung nicht von vornherein auszuschließen ist.
31In der Sache selbst ist der die Ausweisung betreffende Eilantrag zudem begründet.
32Ausgehend davon, dass die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 unter Nr. 15 enthaltene Anordnung der sofortigen Vollziehung maßgeblich auf eine von dem Antragsteller ausgehende Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abstellt und durch die Bezugnahme auf individuelle Gesichtspunkte damit dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt,
33vgl. hierzu vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. Dezember 2019 – 17 B 1454/19 – n. v. unter Hinweis auf OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2016 – 8 B 866/15 –, juris Rn. 4 f. m. w. N,
34hat die Kammer gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO materiell-rechtlich eine eigenständige Abwägung der einander widerstreitenden Interessen vorzunehmen. In dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Erweist sich der angegriffene Verwaltungsakt danach als offensichtlich rechtswidrig, kann an dessen sofortiger Vollziehung ein öffentliches Interesse nicht bestehen, sodass das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig, besteht hingegen regelmäßig – bei Vorliegen eines entsprechenden Dringlichkeitsbedürfnisses – ein überwiegendes öffentliches Interesse an dem Sofortvollzug.
35Die in Anwendung der vorstehenden Grundsätze vorgenommene Abwägung fällt zu Gunsten des Antragstellers aus, da sich die angegriffene Ausweisung derzeit als offensichtlich rechtwidrig erweist.
36In der Sache ist die mit streitgegenständlichem Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 unter Nr. 1 des Tenors erlassene Ausweisungsverfügung nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung im Ergebnis rechtlich zu beanstanden. In der Gesamtbetrachtung der gegebenen Indizienlage mag zwar hinsichtlich des Antragstellers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vorliegen, welches bei der gebotenen Abwägung mit den entgegenstehenden Bleibeinteressen überwiegt. Die Ausweisung verstößt aber bei summarischer Prüfung gegen § 53 Abs. 3a AufenthG i.V.m. Art. 21 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes – sogenannte Qualifikationsrichtlinie – (im Weiteren: RL 2011/95/EU), Art. 3 der Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Weiteren: EMRK).
37Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt und somit die Prognose besteht, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet ein Schaden an einem der aufgeführten Schutzgüter eintreten wird.
38Die Ausweisung nach § 53 Abs. 1 AufenthG setzt eine umfassende und ergebnisoffene Abwägung aller Umstände des Einzelfalls voraus, die vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geleitet wird. Im Rahmen dieser Abwägung sind gemäß § 53 Abs. 2 AufenthG nach den Umständen des Einzelfalls insbesondere die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen. Dabei erfährt die nach dem Grundtatbestand des § 53 Abs. 1 AufenthG gebotene Abwägung durch die weiteren Ausweisungsvorschriften mehrfache Konkretisierungen. So wird einzelnen in die Abwägung einzustellenden Ausweisungs- und Bleibeinteressen durch den Gesetzgeber in den §§ 54, 55 AufenthG von vornherein ein spezifisches, bei der Abwägung zu berücksichtigendes Gewicht beigemessen, jeweils qualifiziert als entweder „besonders schwerwiegend" (Absatz 1) oder als „schwerwiegend" (Absatz 2).
39Die in § 54 AufenthG fixierten Tatbestände erfüllen zwei Funktionen: Sie sind gesetzliche Umschreibungen spezieller öffentlicher Interessen an einer Ausweisung im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG und weisen diesen Ausweisungsinteressen zugleich ein besonderes Gewicht für die geforderte Abwägung zu. Ein Rückgriff auf die allgemeine Formulierung eines öffentlichen Ausweisungsinteresses in § 53 Abs. 1 AufenthG ist deshalb entbehrlich, wenn der Tatbestand eines besonderen Ausweisungsinteresses nach § 54 AufenthG verwirklicht ist. Allerdings bedarf es auch bei Verwirklichung eines Tatbestandes nach § 54 AufenthG stets der Feststellung, dass die von dem Ausländer ausgehende Gefahr im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt fortbesteht,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 – 1 C 3.16 –, juris Rn. 24 ff.
41Hiervon ausgehend fällt die gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG erforderliche Abwägung zwischen dem öffentlichen Ausweisungsinteresse und dem privaten Bleibeinteresse des Antragstellers im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegend zu Gunsten des Antragstellers aus. Zwar liegt nach der im Eilverfahren gebotenen Prüfung ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vor, dem der Antragsteller keine durchschlagenden Bleibeinteressen entgegengesetzt hat. Die Ausweisung verstößt aber bei summarischer Prüfung gegen § 53 Abs. 3a AufenthG i.V.m. Art. 21 RL 2011/95 EU, Art. 3 EMRK.
42Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG setzt voraus, dass der Ausländer die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wobei hiervon unter anderem dann auszugehen ist, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er (jedenfalls) eine solche Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, es sei denn, er nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand. Bereits nach dem ausdrücklichen Wortlaut setzt § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG damit lediglich das Vorliegen von Tatsachen voraus, die die Schlussfolgerung auf eine den Terrorismus unterstützende Tätigkeit rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat mit Blick auf die spezifischen Gefahren terroristischer Aktivitäten, der Bedeutung der davon betroffenen hochrangigen Rechtsgüter und des ideologisch motivierten Vorgehens solcher Vereinigungen, aus denen sich gravierende Nachweisschwierigkeiten und eine erschwerte Bekämpfbarkeit ergeben, mit einer Absenkung des Gefahrenmaßstabs reagiert und damit anerkannten Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts entsprochen. Dies gilt jedenfalls für die Fälle des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung, weil insofern auch Vorfeldmaßnahmen erfasst und keine von der Person des Unterstützers ausgehende konkrete und gegenwärtige Gefahr gefordert wird. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ferner anerkannt, dass der Unterstützungsbegriff weit auszulegen und anzuwenden ist, um damit der auch völkerrechtlich begründeten Zielsetzung des Gesetzes gerecht zu werden, dem Terrorismus schon im Vorfeld die logistische Basis zu entziehen. Maßgeblich ist, inwieweit das festgestellte Verhalten des Einzelnen zu den latenten Gefahren der Vorfeldunterstützung des Terrorismus nicht nur ganz unwesentlich oder geringfügig beiträgt und deshalb selbst potenziell gefährlich erscheint,
43vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 – 1 C 3.16 –, juris Rn. 31 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Januar 2016 – 11 S 889/15 –, juris Rn. 84.
44Diese Voraussetzungen, namentlich Tatsachen, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Antragsteller eine Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, die den Terrorismus unterstützt, liegen nach der im Eilverfahren gebotenen Prüfung mit der insofern erforderlichen Wahrscheinlichkeit vor. Denn die im vorliegenden Einzelfall mit der hier gebotenen Wahrscheinlichkeit festzustellenden Umstände lassen in einer Gesamtbetrachtung hinreichend wahrscheinlich auf Handlungen zur Unterstützung der Arbeiterpartei Kurdistans („Partiya Karkerên Kurdistanê“, im Weiteren: PKK) durch den Antragsteller schließen.
45Bei der PKK handelt es sich um eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG
46Der Bundesminister des Inneren hat bereits am 22. November 1993 gegenüber der PKK und ihren Teilorganisationen ein bis heute geltendes Betätigungsverbot ausgesprochen.
47Mit Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 2. Mai 2002,
48vgl. insofern Beschluss (GASP) 2019/1341 des Rates vom 8. August 2019 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung finden, und zur Aufhebung des Beschlusses (GASP) 2019/25, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32019D1341,
49wurde die PKK in die Liste terroristischer Organisationen („EU-Terrorliste“) aufgenommen. Die Rechtsfolgen für die auf die Liste aufgenommenen Personen und Organisationen ergeben sich aus der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001, zuletzt geändert durch die Durchführungsverordnung (EU) 2023/420 des Rates vom 24. Februar 2023, und dem ihr zugrundeliegenden Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 27. Dezember 2001 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (2001/931/GASP) (ABl. L 344 S. 93). Diese Verordnung gilt in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar und ist, ohne dass nationale Umsetzungsmaßnahmen erforderlich wären, von allen zu beachten, unabhängig davon, ob sich die in den Namenslisten aufgeführten Personen, Vereinigungen, Organisationen oder Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland oder in einem sonstigen Land befinden.
50Hiervon ausgehend handelt es sich bei der PKK um eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.
51Die im vorliegenden Einzelfall mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit festzustellenden Umstände lassen in einer Gesamtbetrachtung hinreichend wahrscheinlich auf Handlungen des Antragstellers zur Unterstützung der PKK im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG schließen. Namentlich liegen hinreichend wahrscheinliche konkrete Tatsachen im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vor, die nach der im Eilverfahren gebotenen Prüfung die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Antragsteller die PKK, welche den Terrorismus unterstützt, unterstützt bzw. unterstützt hat.
52Die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung umfasst alle Verhaltensweisen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf deren Aktionsmöglichkeit auswirken. Darunter kann die Mitgliedschaft in der den Terrorismus unterstützenden Vereinigung ebenso zu verstehen sein wie eine entsprechende Tätigkeit ohne gleichzeitige Mitgliedschaft. Auf einen nachweisbaren oder messbaren Nutzen für diese Ziele kommt es nicht an, ebenso wenig auf die subjektive Vorwerfbarkeit der Unterstützungshandlungen. Dabei muss die – die Unterstützung der Vereinigung, ihrer Bestrebungen oder ihrer Tätigkeit bezweckende – Zielrichtung seines Handelns für den Ausländer indes erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auf eine darüber hinaus gehende innere Einstellung kommt es hingegen nicht an,
53vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 – 1 C 3.16 –, juris Rn. 31 zur Vorgängerregelung des § 54 Nr. 5 AufenthG a.F.; zur Übertragbarkeit dieser Grundsätze auf den neu gefassten § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vgl. Rn. 32 ff.
54Die Antragsgegnerin hat mit streitgegenständlichem Bescheid vom 18. Januar 2023 fußend auf einer Auswertung der Ausführungen des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport mit Schreiben vom 2. Juli 2020 (Beiakte 1 in 8 K 561/23, 247 ff.) sowie einer Auswertung der Ausführungen des Ministeriums des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen vom 3. Juni 2022, Beiakte 1 in 8 K 561/23, 338 ff.) in der Gesamtschau und im Tatsächlichen vom Antragsteller unbestritten nach der hier gebotene Wahrscheinlichkeit offensichtlich zu Recht auf Unterstützungshandlungen des Antragstellers zugunsten der PKK und deren Ideologie im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG geschlossen.
55Insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug genommen auf die diesbezüglichen Gründe des angefochtenen Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Die Annahmen der Antragsgegnerin sind im Ergebnis vor dem Hintergrund des vorliegend zugrunde zu legenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabes rechtlich nicht zu beanstanden, wenngleich sich die offensichtliche Rechtmäßigkeit der tatbestandlichen Erwägungen hier infolge der mehr oder minder ausschließlichen Vorlage der vorgenannten ministeriellen Schreiben allein aus der Gesamtschau der Mehrzahl der vorgetragenen Tatbeiträge des Antragstellers in Verbindung mit dem Umstand ergibt, dass dieser der vorgetragenen Mehrzahl der Tatbeiträge weder vorliegend noch im Klageverfahren 8 K 561/23 entgegengetreten ist.
56Zwar können auch ministeriellen Auswertungen wie Behördenzeugnisse der Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder dazu beitragen, einen konkreten Verdacht in dem vorgenannten Sinne zu begründen, auch wenn es sich hierbei regelmäßig nur um sekundäre Beweismittel handelt, welche die unmittelbaren Quellen der dort wiedergegebenen Erkenntnisse nicht oder nur unvollständig offen legen und daher einer vorsichtigen Würdigung und der Heranziehung weiterer zur Verfügung stehender Erkenntnismöglichkeiten bedürfen. Dies nimmt entsprechenden Auswertungen jedoch nicht von vornherein jeglichen Beweiswert. Der Umfang ihrer Beweiskraft bedarf vielmehr einer Prüfung im Einzelfall. Denn eine ungeprüfte Übernahme der Erkenntnisse wäre mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht zu vereinbaren,
57vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 2019 – 18 A 44/15 –, nrwe Rn. 47 ff. unter Bezugnahme auf BGH, Beschluss vom 26. März 2009 – StB 20/08 –, juris Rn. 4 zu einem hinreichenden Tatverdacht im Sinne des § 203 StPO.
58Unter Berücksichtigung des im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren zugrunde zu legenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabes genügt danach die Gesamtschau der Mehrzahl der mit den vorgenannten ministeriellen Schreiben vorgetragenen Tatbeiträge des Antragstellers, auf Unterstützungshandlungen des Antragstellers zugunsten der PKK und deren Ideologie im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zu schließen. Dies gilt vorliegend jedenfalls vor dem Hintergrund dessen, dass der Antragsteller der vorgetragenen Mehrzahl der Tatbeiträge weder hier noch (bislang) im Klageverfahren 8 K 561/23 entgegengetreten ist. Vielmehr hat er mit Klage- und Antragsschriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 20. Februar 2023, dortige Seiten 2 und 13, ausdrücklich eingeräumt, „kurdischer Sänger“ zu sein und „insofern auf Veranstaltungen der PYD … gewesen“ zu sein. Ferner hat er ausführen lassen, dass „eine gewisse Vernetzung der Organisationen (gemeint: der PYD und der PKK) bekannt“ sei, was aber „Nichts am Fehlen einer „Deckungsgleichheit“ (ändere)“ und dass er „sich für die Rechte der kurdischen Minderheit in Syrien“ einsetze, „nicht (aber) für staatsfeindliche Ziele“.
59Diese Ausführungen stehen den tatsächlichen Ausführungen mit den vorgenannten ministeriellen Schreiben inhaltlich nicht entgegen. So sind die überwiegend wahrscheinlichen Unterstützungshandlungen des Antragstellers für die PKK nach den gefahrenabwehrrechtlich gebotenen Maßstäben im Eilrechtsschutzverfahren mit hinreichender Detailschärfe erkennbar. Diese knüpfen an zahlreiche – durch den Antragsteller nicht (substantiiert) bestrittene – Umstände an, die unter anderem dessen Sympathisieren mit der Ideologie und Politik der PKK und ein Werben für und Unterstützen der PKK betreffen. Letztlich ist derzeit jedenfalls überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller vom 2. bis 15. Februar 2017 sowie jedenfalls am 12. Januar 2018 öffentlich sichtbar Gebrauch von verbotener PKK-Symbolik auf einem Facebook-Account gemacht hat. Dass die eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren jeweils nach § 153 Abs. 1 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt wurden, ist vorliegend nicht von rechtlichem Belang. Ferner ist derzeit mangels Bestreitens durch den Antragsteller überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller auf einem YouTube-Video mit dem Titel „L. W. T. -T1. Parti 2017 II I. “ vom 9. Dezember 2017 als Bandmitglied/Sänger der Gruppe L. W. T. während einer Veranstaltung in einer I. Halle zu erkennen ist, bei welcher es sich um eine Solidaritätsveranstaltung für die Freilassung des PKK-Anführers Öcalan sowie die Feier anlässlich des 39. Gründungsjahres der PKK gehandelt hat und der Antragsteller insofern für eine breite Öffentlichkeit erkennbar werbend und unterstützend für die PKK tätig geworden ist. Dies ergibt sich zudem aus den dortigen Rahmenbedingungen. So war unbestritten ein unterhalb der Bühne angebrachter rotes Stoffband mit dem verbotenen PKK-Symbol (roter Stern in gelbem Kreis mit grüner Umrandung) mit der gelben Aufschrift versehen: „39. Salvergera Damezrandina PKK' e piroz be!" (deutsch: 39. Jahrestag der Organisation PKK sei gesegnet bzw. herzlichen Glückwunsch!). Neben den beiden mit dem Abbild von Öcalan versehenen Postern war unbestritten u.a. rechtsseitig ein Poster mit drei am 10. Januar 2013 in Paris ermordeten PKK-Aktivistinnen Sakina Cansiz, Leyla Söylemez und Fidan Dogan zu sehen. Bei Cansiz handelte es sich um eine Mitbegründerin der PKK im Jahr 1978 und ein hochrangiges Führungskadermitglied der PKK, die als anerkannte Asylbewerberin zuletzt in Frankreich lebte und von dort u.a. von einem kurdischen Informationsbüro heraus nicht nur die politischen Interessen der Kurden, sondern auch die Ziele der PKK-Ideologie aktiv verfolgte. Zudem wurden unbestritten am 22. März 2018 auf dem YouTube Channel „L. W. T. “ zwei Musikvideos mit den Titeln „L. W. T. Newroza 2018" bzw. „L. W. T. Newroza 2018 Na Na" eingestellt, welche unbestritten einen PKK-Bezug der zugrundeliegenden Feierlichkeit erkennen lassen. Das Motto der Veranstaltung, auf welcher der Antragsteller gemeinsam mit fünf weiteren Personen als Sänger auftrat und dabei von den übrigen Bandmitgliedern instrumental begleitet wurde, lautete: „Lass uns im Geiste und im Sinne von Newroz den Widerstand von Afrin stärken!" Ein PKK-Bezug der Feierlichkeit war unbestritten augenscheinlich, weil dort diverse Poster u.a. mit dem Abbild des PKK-Anführers Öcalan bzw. des PKK-Mitbegründers Mazlum Dogan erkennbar waren.
60Auf die dem Antragsteller des Weiteren seitens der Antragsgegnerin vorgehaltenen Tatbeständen, kommt es danach vorliegend nicht mehr entscheidungstragend an. Weiteren Ermittlungsansätze gilt es insofern im Hauptsacheverfahren 8 K 561/23 nachzugehen. Es bedarf insofern derzeit keiner weiteren Ausführungen zu einem mit Bescheid vom 18. Januar 2023 vorgehaltenen Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit einer nicht angemeldeten Versammlung am 15. Oktober 2017 in I2. (Bahnhofstraße), einer vorgehaltenen Teilnahme an einer „PKK-Märtyrer-Veranstaltung“ am 6. September 2017 in M. (C. -S. -Ring 7B) zu Ehren eines gefallenen PKK-Kämpfers, einer vorgehaltenen Anmeldung und Versammlungsleitung der Kundgebung „Für die Einstellung der Kämpfe in Rojava (Syrien) – Aufmerksammachen auf das Schicksal der dortigen Kurden“ für die PYD am 28. Januar 2017 in I2. , einer vorgehaltenen Tätigkeit des Antragstellers als Verantwortlicher bzw. Ansprechpartner für die Bühne im Rahmen des Newrozfest am 14. März 2020 in M. sowie den Aktivitäten des Antragstellers als Sprecher der PYD, Sektion I2. (vgl. Ausführungen des Ministeriums des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen vom 3. Juni 2022, Beiakte 1 in 8 K 561/23, 338 ff.).
61Die zuvor genannten, zulasten des Antragstellers sprechenden und von diesem auch nicht bestrittenen Umstände sind im Rahmen der gebotenen Gesamtschau indes schwerlich in redlicher Weise zu erklären und lassen mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf einen terroristischen Bezug im vorgenannten Sinne schließen. Dass dem Antragsteller die Unterstützungswirkung seiner vielzähligen Handlungen für die PKK nicht erkennbar und ihm deshalb nicht zurechenbar gewesen wäre, ist vor dem aufgezeigten Hintergrund bereits nicht von ihm behauptet. Jedenfalls ist eine Distanzierung des Antragstellers von seinen Unterstützungshandlungen weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. So kann sein Vortrag dahingehend, er sei (lediglich) ein „kurdischer Sänger“ und „insofern auf Veranstaltungen der PYD … gewesen“, die vorliegend überwiegend wahrscheinliche Schlussfolgerung der Unterstützung der PKK, welche von einer Mehrzahl von überwiegend wahrscheinlichen Tatsachen getragen wird (vergleiche oben), nicht substantiiert in Zweifel ziehen. Gleiches gilt für die Ausführungen des Antragstellers, dass „eine gewisse Vernetzung der Organisationen (gemeint: der PYD und der PKK) bekannt“ sei, was aber „Nichts am Fehlen einer „Deckungsgleichheit“ (ändere)“ und dass er „sich für die Rechte der kurdischen Minderheit in Syrien“ einsetze, „nicht (aber) für staatsfeindliche Ziele“. Ein insofern etwaig beabsichtigter Vortrag einer fehlenden Erkennbarkeit seines sicherheitsgefährdenden Handelns für den Antragsteller ist vor dem Hintergrund der aufgezeigten Erkenntnislage, die als solche von Seiten des Antragstellers nicht in Zweifel gezogen wird, nicht glaubhaft. Stattdessen bringt der Hinweis auf eine fehlende Deckungsgleichheit der PYD und der PKK gerade zum Ausdruck, dass der Antragsteller bewusst von inhaltlichen Schnittmengen ausgeht. Soweit der Antragsteller behauptet, „sich (nur) für die Rechte der kurdischen Minderheit in Syrien“ einzusetzen, „nicht (aber) für staatsfeindliche Ziele“, ist ihm bei summarischer Prüfung entgegenzuhalten, dass den ihm vorgehaltenen Unterstützungshandlungen zugunsten der PKK objektiv (aus der maßgeblichen Empfängersicht) nicht zu entnehmen ist, dass er sich nicht mit der, der PKK vorgeworfenen Gewaltbereitschaft zur Durchsetzung der von ihr verfolgten Ziele identifiziert und insofern auch nicht dafür wirbt. Eine solche objektiv nicht erkennbare, differenzierte Betrachtung wäre vorliegend auch lebensfern und ist daher als Schutzbehauptung des Antragstellers zurückzuweisen.
62Soweit die Einlassungen des Antragstellers dahingehend verstanden werden sollen, dass er als Kurde im Rahmen seiner Meinungsfreiheit an den vorgenannten Veranstaltungen teilgenommen haben will, ist dieser Einwand vorliegend nicht überzeugend. Vielmehr ist eine kritische Distanz des Antragstellers zu seinen Teilnahmen an diesen Veranstaltungen nicht erkennbar. Zwar mag es an einem Unterstützen im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG fehlen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet – und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert – und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertreten möchte. Dienen solche Veranstaltungen allerdings – wie vorliegend – erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, sondern durch die Teilnahme jedenfalls auch die Vereinigung selbst (hier: die verbotene PKK) vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des Auftretens als Sänger einer Band) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potentiell gefährliches Unterstützen im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vor.
63Ebenso in einem insoweit vergleichbaren Fall zu § 54 Nr. 5 AufenthG: Bayerischer VGH, Beschluss vom 5. März 2013 – 10 ZB 12.1923 –, juris.
64Angesichts der Vielzahl der kleinteilig aufgelisteten und plausibel wiedergegebenen Unterstützungshandlungen des Antragstellers für die PKK über einen langen Zeitraum kann der Antragsteller zudem seine darin zum Ausdruck gekommene Gesinnung bereits aufgrund der Pauschalität und mangelnden Konkretheit seiner Ausführungen im vorliegenden Verfahren und im Klageverfahren 8 K 561/23 nicht hinreichend entkräften. In der Gesamtschau der vorliegenden Erkenntnisse ist insofern auch nicht hinreichend substantiiert vorgetragen und auch nicht glaubhaft, dass der Antragsteller sich nicht für die Ziele der PKK unterstützend eingesetzt hat.
65Darüber hinaus liegt die durch den Antragsteller begründete Gefahr für öffentliche Sicherheitsinteressen auch noch gegenwärtig mit der hier gebotenen Wahrscheinlichkeit vor. Soweit nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG eine Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ausscheidet, wenn der Ausländer ernsthaft und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand nimmt, kann sich der Antragsteller hierauf nicht mit Erfolg berufen. Denn eine Distanzierung des Antragstellers von seinen Unterstützungshandlungen ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. So kann sein Vortrag dahingehend, er sei (lediglich) ein „kurdischer Sänger“ und „insofern auf Veranstaltungen der PYD … gewesen“ die vorliegende überwiegend wahrscheinliche Schlussfolgerung der Unterstützung der PKK, welche von einer Mehrzahl von überwiegend wahrscheinlichen Tatsachen getragen wird (vergleiche oben), nicht substantiiert in Zweifel ziehen. Gleiches gilt für die Ausführungen des Antragstellers, dass „eine gewisse Vernetzung der Organisationen (gemeint: der PYD und der PKK) bekannt“ sei, was aber „Nichts am Fehlen einer „Deckungsgleichheit“ (ändere)“ und dass er „sich für die Rechte der kurdischen Minderheit in Syrien“ einsetze, „nicht (aber) für staatsfeindliche Ziele“. Eine insofern etwaig beabsichtigter Vortrag einer Abstandnahme des Antragstellers von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln ist vor dem Hintergrund der aufgezeigten Erkenntnislage, die als solche von Seiten des Antragstellers nicht in Zweifel gezogen wird, weder erkennbar noch glaubhaft. Stattdessen bringt der Hinweis auf eine fehlende Deckungsgleichheit der PYD und der PKK gerade zum Ausdruck, dass es aus der Sicht des Antragstellers Schnittmengen gibt. Dass der Antragsteller insofern behauptet, „sich (nur) für die Rechte der kurdischen Minderheit in Syrien“ einzusetzen, „nicht (aber) für staatsfeindliche Ziele“ ist den im vorgehaltenen Unterstützungshandlungen zugunsten der PKK objektiv nicht zu entnehmen und insofern bei summarischer Prüfung als lebensfern und Schutzbehauptung des Antragstellers zurückzuweisen. Dass er seine diesbezügliche Einstellung bzw. sein diesbezügliches Verhalten geändert hätte, ist insoweit ebenfalls weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
66Klarstellend und in Abgrenzung zu hinreichend wahrscheinlichen Handlungen des Antragstellers zur Unterstützung der PKK im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG sei ergänzend darauf aufmerksam gemacht, dass die Kammer ausdrücklich offen lässt, ob allein aus der unbestrittenen Mitgliedschaft des Antragstellers in der syrischen PYD, der „Partei der demokratischen Union“ (Pareya Yekitiya Demokrat) und seiner ebenfalls unbestrittenen Tätigkeit als Sprecher der PYD der Sektion I2. unter dem Namen „C1. “ (vergleiche Stellungnahme des Ministeriums des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen vom 3. Juni 2022, Beiakte 1 in 8 K 561/23, 338 ff.) hinreichend wahrscheinlich auf eine Unterstützung des Terrorismus im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG geschlossen werden kann.
67Hierfür könnte sprechen, dass der PYD nicht zuletzt infolge ihres bewaffneten Arms, der YPG, eine Nähe zur terroristischen PKK nachgesagt wird,
68vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. April 2019 – 14 A 2608/18.A –, juris, Rn. 35 f.,
69und sie in dieser Folge – wie unbestritten von Seiten der Antragsgegnerin vorgetragen – vom niedersächsischen und auch nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz beobachtet wird.
70Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die derzeitige türkische Regierung eine Gefährdung der Sicherheit des eigenen Staates durch die YPG als gegeben ansieht,
71vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Türkei vom 28. Juli 2022, S. 4 unten,
72ließe sich die vorgenannte Frage im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren aber allenfalls nach einer erforderlichen weiteren umfangreichen Sachverhaltsaufklärung unter Abgrenzung – der vorliegend pauschal vom Antragsteller geltend gemachten – etwaig unverwerflicher Widerstands- und Befreiungselemente,
73vgl. hierzu Hailbronner, Kommentar AufenthG § 54 Rn. 51,
74mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit klären.
75Die Ausweisung verstößt aber unabhängig davon gegen § 53 Abs. 3a AufenthG i.V.m. Art. 21 RL 2011/95/EU, Art. 3 EMRK.
76Nach § 53 Abs. 3a AufenthG in der seit dem 31. Dezember 2022 geltenden Fassung vom 21. Dezember 2022 ist die Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung zulässig.
77An dieser Bestimmung ist die Ausweisung zu messen. Der Antragsteller unterfällt dem begünstigten Personenkreis. Ihm ist mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Weiteren: Bundesamt) vom 29. März 2014 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden (Beiakte 1 in 8 K 561/23, 39 ff.). Das Bundesamt hat zudem mit Schreiben vom 7. Mai 2019 und vom 20. Mai 2021 (noch gegenüber der seinerzeit örtlich zuständigen Region I2. ) (Beiakte 1 in 8 K 561/23, 245 und 287) ausgeführt, dass die Überprüfung der asylrechtlichen Begünstigung des Antragstellers nach § 73 AsylG ergeben habe, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Rücknahme der Begünstigung nicht vorlägen. Der Antragsteller ist danach nach wie vor anerkannter Flüchtling im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG.
78Es liegen bei summarischer Prüfung aber keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung i.S.v. § 53 Abs. 3a AufenthG mit der hier gebotenen Wahrscheinlich vor.
79§ 53 Abs. 3a AufenthG ist nach den Vorgaben des höherrangigen Rechts, namentlich des Art. 21 RL 2011/95/EU als auch des Art. 33 Abs. 2 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge – Genfer Flüchtlingskonvention – (im Weiteren: GFK) auszulegen.
80Vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 22. Mai 2012 – 1 C 8/11 –, juris Rn. 24; Hailbronner, Kommentar AufenthG § 54 Rn. 53.
81Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts gebietet mit Blick auf die in Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 und 1 RL 2011/95/EU enthaltene erhöhte Gefahrenschwelle bei anerkannten Flüchtlingen eine Einschränkung der Versagungsgründe auf Fälle, in denen der Betroffene aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist.
82Die Maßstäbe für die Schwelle der zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung lassen sich nach der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickeln. Danach reicht die bloße Unterstützung oder Zugehörigkeit zu einer Organisation im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG für sich genommen noch nicht aus; vielmehr muss sich die von der Organisation ausgehende Gefährdung in der Person des Ausländers konkretisieren. Schwerwiegende Gründe liegen regelmäßig nicht schon dann vor, wenn der Betreffende sich für die Organisation etwa durch Teilnahme an deren Aktivitäten oder durch einzelne finanzielle Zuwendungen einsetzt. Vielmehr müssen bei einer am Gewicht des Ausschlussgrundes ausgerichteten Wertung die vom Ausländer ausgehenden Gefahren so gravierend sein, dass sie es rechtfertigen, das Refoulement-Verbot des Art. 33 GFK zurücktreten zu lassen.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 2012 – 1 C 8/11 –, juris Rn. 24 mit weiteren Nachweisen.
84Nach Art. 33 Abs. 1 GFK wird keiner der vertragschließenden Staaten einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde. Auf die Vergünstigung des Art. 33 Abs. 1 GFK kann sich gemäß Art. 33 Abs. 2 GFK ein Flüchtling aber dann nicht berufen, wenn er aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet. Art. 33 Abs. 2 GFK normiert unter den dort genannten Voraussetzungen einen Ausschluss von dem Verbot der Ausweisung. Als Ausnahme von dem grundsätzlichen Refoulement-Verbot ist die Regelung im Sinne einer ultima ratio eng auszulegen. Insofern wird nicht nur das Vorliegen einer Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit vorausgesetzt, sondern die Beeinträchtigung muss auch eine besondere Intensität aufweisen,
85vgl. Fleuß, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, § 53 AufenthG, unter Berufung auf OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27. Januar 2021 – 2 M 101/20 –, juris Rn. 30 sowie mit zahlreichen weiteren Nachweisen; vgl. auch Beschluss der Kammer vom 25. März 2021 – 8 L 420/21 –.
86Das ist typischerweise erst dann der Fall, wenn der Flüchtling eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, in qualifizierter Weise, insbesondere durch eigene Gewaltbeiträge oder als Funktionär, unterstützt. Das kann sich daraus ergeben, dass er durch eigene erhebliche Gewalttätigkeit oder -bereitschaft für die Ziele der Organisation eintritt oder dass er durch seine strukturelle Einbindung in die Organisation, etwa durch Ausübung einer aktiven Funktionärstätigkeit, deren Gefährdungspotential mitträgt. Welche Art der Einbindung des Ausländers in die Organisation erforderlich und ausreichend ist, um in seiner Person die erhöhte Gefahrenschwelle zu erreichen, lässt sich nicht abstrakt beantworten, sondern hängt von einer wertenden Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalles ab, u.a. auch von dem Grad der Gefährlichkeit der jeweiligen Organisation, der etwa durch ihre Struktur, Größe und Gewaltbereitschaft bestimmt wird.
87Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 2012 – 1 C 8/11 –, juris Rn. 24 mit weiteren Nachweisen.
88Hiervon ausgehend reichen die vorliegenden Unterstützungshandlungen des Antragstellers für sich genommen noch nicht aus, um mit der hier gebotenen Wahrscheinlichkeit derzeit auf das Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung im Sinne von § 53 Abs. 3a AufenthG schließen zu können. Die von dem Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgehenden Gefahren sind nicht so gravierend, dass sie es derzeit rechtfertigen, das Refoulement-Verbot des Art. 33 GFK zurücktreten zu lassen. Der als Flüchtling anerkannte Antragsteller unterstützt die PKK nicht mit der hier gebotenen Wahrscheinlichkeit in qualifizierter Weise. Insbesondere sind weder Gewaltbeiträge noch Funktionärstätigkeit des Antragstellers zugunsten der PKK vorgetragen oder ersichtlich. Im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalles, u.a. auch von dem Grad der Gefährlichkeit der verbotenen PKK, der etwa durch ihre Struktur, Größe und Gewaltbereitschaft bestimmt wird, reichen die Unterstützungsbeiträge des Antragstellers danach nicht aus, um auf zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung im Sinne von § 53 Abs. 3a AufenthG mit der hier gebotenen Wahrscheinlichkeit schließen zu können. Das würde selbst dann gelten, wenn alle dem Antragsteller von Seiten der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 18. Januar 2023 entgegengehaltenen Beiträge – auch die vorliegend nicht entscheidungstragenden – (vergleiche oben) in den Blick genommen würden. Eine konkrete Prüfung der vorgenommenen Unterstützungshandlungen, insbesondere der Untersuchung, ob der Antragsteller selbst terroristische Handlungen begangen hat, ob und in welchem Maße er an der Planung, an Entscheidungen oder an der Anleitung anderer Personen zum Zweck der Begehung solcher Handlungen beteiligt war und ob und in welchem Umfang er solche Handlungen finanziert oder anderen Personen die Mittel zu ihrer Begehung verschafft hat, bleibt danach ebenso dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, wie die in diesem Zusammenhang ferner zu untersuchende Schwere der daraus erwachsenen Gefahren. Derzeit sind derartige „qualifizierte Unterstützungshandlungen“ des Antragstellers im Sinne der aufgezeigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugunsten der PKK nicht hinreichend wahrscheinlich dargelegt oder sonst ersichtlich.
89Nach den vorstehenden Ausführungen kann sich der Antragsteller vorliegend nach § 53 Abs. 3a AufenthG in der seit dem 31. Dezember 2022 geltenden Fassung vom 21. Dezember 2022 als anerkannter Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG mit Erfolg auf ein hinreichend wahrscheinliches Nichtvorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung berufen, auch wenn seine Unterstützungshandlungen im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf eine terroristische Gefahr schließen lassen.
90Darauf ob der Antragsteller dem überwiegend wahrscheinlichen besonders schwerwiegenden öffentlichen Ausweisungsinteresse durchschlagende Bleibeinteressen entgegensetzen kann, kommt es vorliegend folglich nicht mehr entscheidungstragend an. Insofern sei aber auf die diesbezüglichen Ausführungen der Antragsgegnerin im Bescheid vom 18. Januar 2023 verwiesen und darauf aufmerksam gemacht, dass der Antragsteller diesen Ausführungen nicht entgegengetreten ist.
91Unter Abwägung aller Umstände erweist sich die Ausweisung des Antragstellers unter Nr. 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren danach als nicht verhältnismäßig. Abgesehen davon bedarf es vorliegend auch keiner Titelerteilungssperre nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, um eine Erteilung/Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2, 1. Mögl. AufenthG an den Antragsteller rechtmäßig abzulehnen (vergleiche unten).
92Ob es auf die Rechtmäßigkeit einer sogenannten inlandsbezogenen Ausweisung – wie vorliegend – Einfluss hat, dass – wie nachfolgend ersichtlich – die Abschiebungsandrohung offensichtlich rechtswidrig und daher voraussichtlich im Hauptsacheverfahren aufzuheben ist,
93so im Ergebnis: VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 – 12 S 1841/22 –, juris Rn. 102; für den Fall der inlandsbezogenen Ausweisung offen gelassen: BVerwG, Urteil vom 16. Februar 2022 – 1 C 6/21 –, juris Rn. 40 (42) mit zahlreichen Nachweisen,
94bedarf vor dem Hintergrund der bereits aus den vorgenannten Gründen zu erfolgenden Suspendierung der Ausweisung vorliegend derzeit keiner Entscheidung.
95Insofern sei lediglich erwähnt, dass durchaus einiges dafür sprechen dürfte, dass jedenfalls die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 S. 98; - sogenannte Rückführungsrichtlinie - im Folgenden: RL 2008/115/EG) einer inlandsbezogenen Ausweisung nicht entgegensteht. Denn der Gerichtshof der Europäischen Union geht selbst davon aus, dass die RL 2008/115/EG nicht zum Ziel hat, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Aufenthalt von Ausländern insgesamt zu harmonisieren. Die mit der RL 2008/115/EG geschaffenen gemeinsamen Normen und Verfahren beziehen sich nämlich nur auf den Erlass von Rückkehrentscheidungen und deren Vollstreckung. Zudem ist dem europäischen Recht und auch der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht zu entnehmen, dass die Abschiebungsandrohung, die als Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Nr. 4 RL 2008/115/EG anzusehen ist, gleichzeitig oder gar in einem Bescheid mit der Ausweisung zu erlassen ist. Vielmehr bestimmt Art. 6 Abs. 6 RL 2008/115/EG ausdrücklich, dass die Mitgliedstaaten durch diese Richtlinie nicht daran gehindert werden sollen, entsprechend ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften und unbeschadet der nach deren Kapitel III und nach anderen einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts und des einzelstaatlichen Rechts verfügbaren Verfahrensgarantien mit einer einzigen behördlichen oder richterlichen Entscheidung eine Entscheidung über die Beendigung eines legalen Aufenthalts sowie einer Rückkehrentscheidung und/oder eine Entscheidung über eine Abschiebung und/oder ein Einreiseverbot zu erlassen. Hieraus folgt – im Umkehrschluss – aber, dass zwar die Möglichkeit, nicht aber die Verpflichtung besteht, die Rückkehrentscheidung gemeinsam mit der Entscheidung, die den Aufenthalt des Betroffenen illegal macht, hier die Ausweisung (und die Ablehnung der Erteilung/Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis), zu erlassen, sondern vielmehr, dass diese – vorbehaltlich nationaler Vorschriften (vergleiche § 11 Abs. 2 AufenthG) – ebenso in einem gesonderten Bescheid ergehen kann wie ein Einreiseverbot und die Entscheidung über die Abschiebung.
96Vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 16. Februar 2022 – 1 C 6/21 –, juris Rn. 40 ff. mit zahlreichen Nachweisen.
97Der inlandsbezogenen Ausweisung könnte insofern selbst im Fall der Unmöglichkeit einer Aufenthaltsbeendigung verhaltenssteuernde Wirkung zukommen. Dies könnte selbst dann gelten, wenn mit ihr keine Titelerteilungssperre nach § 11 Abs. 1 AufenthG herbeigeführt werden könnte (vergleiche unten). Denn die inlandsbezogenen Ausweisung eröffnet u.a. die Möglichkeit von Überwachungsmaßnahmen nach § 56 AufenthG.
98So VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 – 12 S 1841/22 –, juris Rn. 92.
99Nr. 2 des Tenors
100Ist die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 561/23 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 hinsichtlich der Nr. 1 des dortigen Tenors (Ausweisung) nach den vorgenannten Ausführungen wiederherzustellen, ist der Bescheid auch hinsichtlich der an die Ausweisung anknüpfenden Nebenentscheidungen vorläufig zu suspendieren. Namentlich gilt dies zunächst für die nach § 11 Abs. 1 bis 3, Abs. 5a AufenthG verfügte Befristung der Ausweisung auf 20 Jahre in Nr. 2 des Tenors.
101Hinsichtlich der an die Ausweisung anknüpfende Befristung der Ausweisung auf 20 Jahre in Nr. 2 des Tenors sei insofern ebenfalls lediglich ergänzend darauf aufmerksam gemacht, dass es für die Suspendierung der Befristung vorliegend infolge der Suspendierung der Ausweisung derzeit ebenfalls schon nicht (mehr) darauf ankommt, dass – wie nachfolgend ersichtlich – die Abschiebungsandrohung offensichtlich rechtswidrig und daher voraussichtlich im Hauptsacheverfahren aufzuheben ist. Im Übrigen wäre allerdings auch unter diesem Gesichtspunkt eine Suspendierung vorzunehmen, weil nach dem hier anzuwendenden Art. 3 Nr. 6 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 RL 2008/115/EG ein Einreiseverbot mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht. Die RL 2008/115/EG ist vorliegend unter Umständen auch deshalb anzuwenden, weil der Gesetzgeber durch die gesetzliche Regelung in § 11 AufenthG und seine Begründungen zu § 11 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 AufenthG und seinen Vorgängerregelungen jedenfalls nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit hat erkennen lassen, dass er von der Option des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b RL 2008/115/EG nicht nur partiell, sondern umfassend Gebrauch machen wollte. Wenngleich keine besonderen formellen Anforderungen an die Bekanntgabe eines entsprechenden Beschlusses zu stellen sind, so muss doch auch nach Auffassung der Europäischen Kommission „aus den nationalen Rechtsvorschriften - explizit oder implizit - klar hervorgehen, ob und in welchem Umfang ein Mitgliedstaat die Ausnahmeregelung anwendet“. Dem Gesetzgeber bleibt es indessen unbenommen, insoweit eine eindeutige Entscheidung zu treffen, der in der gebotenen Klarheit zu entnehmen ist, dass er von der Ausnahmeregelung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b RL 2008/115/EG, nach der die Mitgliedstaaten beschließen können, diese Richtlinie nicht auf Drittstaatsangehörige anzuwenden, die nach einzelstaatlichem Recht aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung oder infolge einer strafrechtlichen Sanktion rückkehrpflichtig sind oder gegen die ein Auslieferungsverfahren anhängig ist, umfassend Gebrauch macht.
102Vgl. zu den Konsequenzen eines nicht eindeutigen Opting-Out: BVerwG, Urteil vom 16. Februar 2022 – 1 C 6/21 –, juris Rn. 54; a.A. VGH Mannheim, Urteil vom 15. April 2021 - 12 S 2505/20 - juris Rn. 152 ff.
103Die an die Ausweisung anknüpfende Befristung der Ausweisung auf 20 Jahre in Nr. 2 des Tenors ist insofern aus mehreren selbsttragenden Gründen, namentlich infolge der Suspendierung der Ausweisung als auch der Suspendierung der Abschiebungsandrohung ebenfalls zu suspendieren. Auf die Beantwortung der etwaig weiteren Frage der Rechtmäßigkeit der Länge der festgesetzten Frist von 20 Jahren kommt es folglich derzeit nicht an.
104Nrn. 5, 6, 8, 9, 10, 11, 13, 14 des Tenors
105Ist die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 561/23 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 hinsichtlich der Nr. 1 des dortigen Tenors (Ausweisung) nach den vorgenannten Ausführungen wiederherzustellen, ist der Bescheid auch hinsichtlich der an die Ausweisung anknüpfenden Nebenentscheidungen im Übrigen vorläufig zu suspendieren. Namentlich gilt dies für die nach § 56 AufenthG getroffenen Entscheidungen in Nrn. 5 (Aufenthaltsbeschränkung nach § 56 Abs. 2 AufenthG), 6 (Wöchentliche Meldepflicht nach § 56 Abs. 1 Satz 1 AufenthG), 8 (Verbot der Nutzung von sozialen Medien nach § 56 Abs. 4 Satz 1, 2. Mögl. AufenthG) und 9 (Kontaktverbot nach § 56 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) des Tenors sowie auch für die entsprechenden Zwangsgeldandrohungen der Nrn. 10, 11, 13 und 14 des Tenors.
106Nr. 4 des Tenors (Abschiebungsandrohung)
107Der Antrag hinsichtlich der unter Nr. 4 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 verfügten Abschiebungsandrohung mit dem vorrangigen Zielstaat Syrien hat ebenfalls Erfolg.
108Der hinsichtlich der Nr. 4 des Tenors gestellte zulässige Antrag ist begründet.
109Hinsichtlich der Androhung einer zwangsweisen Abschiebung kommt eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nur in Betracht, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass entgegen der gesetzlichen Grundentscheidung in § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 112 JustG NRW das private Interesse des Antragstellers an dem einstweiligen Nichtvollzug gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung vorrangig erscheint. Hingegen überwiegt das öffentliche Interesse an dem Sofortvollzug infolge der zitierten gesetzlichen Vermutung für ein überwiegendes Vollzugsinteresse in diesen Fällen regelmäßig dann, wenn die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist und kein Grund besteht, der es rechtfertigen könnte, den Antragsteller trotz der Aussichtslosigkeit seiner Klage vorläufig von der Vollziehung zu verschonen.
110Vorliegend erscheint das private Interesse des Antragstellers an dem einstweiligen Nichtvollzug der Abschiebungsandrohung zu Nr. 4 des Tenors gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung vorrangig, weil die Abschiebungsandrohung mit der im Klageverfahren 8 K 561/23 streitgegenständlichen Verfügung der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 mit dem vorrangigen Zielstaat Syrien sich nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtwidrig darstellt und in dem Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach keinen Bestand haben wird.
111Die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung folgt insbesondere nicht aus § 59 Abs. 1 in Verbindung mit § 58 Abs. 2 Satz 2, § 50 Abs. 1 AufenthG, auch wenn der Antragsteller einen erforderlichen Aufenthaltserlaubnis nicht (mehr) besitzt und die Versagung eines Aufenthaltstitels mit Verfügung der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 vollziehbar ist (vgl. unten). Vielmehr erweist sich die unter Nr. 4 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 verfügte Abschiebungsandrohung mit dem vorrangigen Zielstaat Syrien (derzeit) als offensichtlich rechtswidrig und verletzt damit den Antragsteller überwiegend wahrscheinlich in seinen Rechten.
112Nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist eine Abschiebung unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Nach § 59 Abs. 2 Satz 1 AufenthG soll in der Androhung der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gemäß § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG steht dem Erlass der Androhung das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf, § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG.
113Die Abschiebungsandrohung ist eine bereits in der Verwaltungsvollstreckung zur Einleitung der zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 und 2 AufenthG) getroffene Maßnahme. Sie verfolgt u.a. den Zweck, den betroffenen Ausländer auf seine Ausreisepflicht hinzuweisen, ihn vor einer möglichen Abschiebung zu warnen und ihm zu ermöglichen, seine persönlichen Angelegenheiten zeitnah zu ordnen und die freiwillige Ausreise vorzubereiten. Zum Zwecke der Beschleunigung und Vereinfachung der Durchsetzung der Ausreisepflicht mit den Mitteln des Verwaltungszwangs ergeht die Abschiebungsandrohung gerade unabhängig davon, ob der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür erkennbar geworden sind, dass der Ausländer seiner Ausreisepflicht möglicherweise nicht freiwillig nachkommen wird. Den Zwecken der Beschleunigung und Vereinfachung der Durchsetzung der Ausreisepflicht dient(e) (jedenfalls zunächst allein unter nationalrechtlichen Gesichtspunkten) auch die in § 59 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AufenthG statuierte Loslösung der Abschiebungsandrohung von etwaig bestehenden zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten und inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen. Die nach § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgesehene Möglichkeit, eine Abschiebungsandrohung ohne Rücksicht auf Abschiebungsverbote zu erlassen, um „auf Vorrat“ die rechtlichen Voraussetzungen für eine Durchsetzung der Ausreisepflicht zu schaffen, wenn sich später eine anderweitige Abschiebungsmöglichkeit als diejenige in den nach Satz 2 zu bezeichnenden Zielstaat, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf, ergibt, oder wenn das Abschiebungsverbot entfällt, verfehlt jedoch (jedenfalls dann) ihren Zweck, wenn in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung maßgebenden Zeitpunkt feststeht, dass aus zwingenden rechtlichen Gründen eine Vollstreckung der Ausreisepflicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen ist. Einer Aufforderung, die Ausreisepflicht zu beachten, verbunden mit der Androhung, diese zwangsweise durchzusetzen, steht in diesem Fall das grundsätzliche Verbot entgegen, eine zwangsläufig rechtswidrige Vollstreckungshandlung anzudrohen.
114Vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 – 12 S 1841/22 –, juris Rn. 107 ff. mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung und Literatur.
115Diese Argumentation entspricht von ihren Ansätzen her der auch schon bislang nach der obergerichtlichen Rechtsprechung in Betracht kommenden isolierten Aufhebung der Zielstaatsbezeichnung,
116vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2003 - 1 C 21.02 – juris, Rn. 13,
117geht aber, namentlich dann, wenn zweifelsfrei feststeht, dass eine Androhung auf Vorrat den vom Gesetzgeber verfolgten Ermächtigungszweck ausnahmsweise verfehlt, weil eine zwangsweise Abschiebung und eine freiwillige Rückkehr nicht nur in einen konkreten Staat praktisch auf unabsehbare Zeit unmöglich erscheinen, sondern wenn in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung maßgebenden Zeitpunkt feststeht, dass aus zwingenden rechtlichen Gründen eine Vollstreckung der Ausreisepflicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen ist, darüber hinaus, indem sie zur Rechtswidrigkeit der vollständigen Abschiebungsandrohung führt.
118Vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 – 12 S 1841/22 –, juris Rn. 107 ff.
119Darüber hinaus ist eine Abschiebungsandrohung, die die Rückkehrentscheidung i.S.d. RL 2008/115/EG darstellt, aufgrund der Vorgaben des Unionsrechts in Gestalt der RL 2008/115/EG aufzuheben bzw. im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu suspendieren, wenn sie als Zielstaat der Rückkehr einen Staat benennt, für den das Bundesamt ein Abschiebungsverbot im Sinne von Art. 3 EMRK festgestellt hat. Denn dann verstößt die Abschiebungsandrohung gegen den nach Art. 5 RL 2008/115/EG schon bei Erlass der Rückkehrentscheidung einzuhaltenden Grundsatz der Nichtzurückweisung. Die Kammer schließt sich insoweit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an,
120vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 – 12 S 1841/22 –, juris Rn. 105 ff.,
121wonach diese Frage unionsrechtlich aufgrund des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 22. November 2022 – C-69/21 –, juris Rn. 53 ff., und nunmehr auch des nachfolgend erlassenen Beschlusses des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 15. Februar 2023 – C-484/22 –, juris, hinreichend geklärt ist.
122Vorliegend begründet derzeit zwar die Ablehnung der Erteilung/Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 50 Abs. 1 AufenthG die Pflicht des Antragstellers zur Ausreise (vergleiche unten). Die getroffenen Abschiebungsandrohung ist aber bis zum erstinstanzlichen Abschluss des Hauptsacheverfahrens vollständig zu suspendieren, weil sie in dem hier für ihre Beurteilung maßgebenden Zeitpunkt überwiegend wahrscheinlich den ihr gemäß § 59 AufenthG beigemessenen Zweck verfehlt. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Beschlussfassung ist die Durchsetzung der Ausreisepflicht des Antragstellers aus zwingenden rechtlichen Gründen auf unabsehbare Zeit überwiegend wahrscheinlich ausgeschlossen. Denn dem Antragsteller ist mit Bescheid des Bundesamtes vom 29. März 2014 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. Das Bundesamt hat zudem mit Schreiben vom 7. Mai 2019 und vom 20. Mai 2021 ausgeführt, dass die Überprüfung der asylrechtlichen Begünstigung des Antragstellers nach § 73 AsylG ergeben habe, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Rücknahme der Begünstigung nicht vorlägen. Der Antragsteller ist danach nach wie vor anerkannter Flüchtling im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG. Aufgrund des fortbestehenden Flüchtlingsschutzes und dem diesem zugrundeliegenden Gegebenheiten ist gemäß Art. 3 EMRK eine Abschiebung des Antragstellers nach Syrien – ebenso wie eine freiwillige Rückkehr dorthin – auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen, weil dem Antragsteller in dem Staat seiner (alleinigen) Staatsangehörigkeit (eine vom Bundesamt insoweit für die zuständige Ausländerbehörde und die beschließende Ausländerrechtskammer verbindlich festgestellte) Verfolgung droht. Auch eine freiwillige Ausreise oder eine Abschiebung in ein anderes Drittland kommt realistischer Weise nicht in Betracht, zumal die Antragsgegnerin keinen konkreten anderen Staat benannt hat, der realistischer Weise als ein Zielland einer Abschiebung in Frage käme. Es ist indes nicht Sache des Gerichts, quasi „ins Blaue hinein“ entsprechende Ermittlungen anzustellen. In einer solchen Konstellation verfehlt die Abschiebungsandrohung erkennbar ihren Zweck.
123Zudem verstößt die Abschiebungsandrohung gegen den nach Art. 5 Richtlinie 2008/115/EG schon bei Erlass der Rückkehrentscheidung einzuhaltenden Grundsatz der Nichtzurückweisung, da dem Antragsteller mit Bezug auf Syrien ein Abschiebungsverbot im Sinne von Art. 3 EMRK zuerkannt ist.
124Dem Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK kommt absoluter Charakter zu. Es kann – anders als das Refoulement-Verbot nach Art. 33 Abs. 1 GFK – auch nicht unter den Voraussetzungen von Art. 21 Abs. 2 RL 2011/95/EU i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GFK durchbrochen werden. Art. 3 EMRK kennt keine Ausnahmen und Art. 15 Abs. 2 EMRK lässt keine Abweichung von Art. 3 EMRK zu. Selbst bei einer großen Gefahr für die Allgemeinheit verbietet die Konvention ausnahmslos Folter und unmenschliche und erniedrigende Strafen oder Behandlungen und lässt eine Rückführung in einen Staat, in welchem der Betroffene dem ernsthaften Risiko einer solchen Behandlung ausgesetzt ist, nicht zu. Unionsrecht bestimmt nichts Anderes. Nach Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Weiteren: GRCh) darf nicht nur niemand in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe besteht, vielmehr gilt dies auch für einen Staat, in dem das ernsthafte Risiko der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh besteht. Das in Art. 4 GRCh aufgestellte Verbot von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung hat absoluten Charakter, da es eng mit der Achtung der Würde des Menschen verbunden ist, auf die sich Art. 1 GRCh bezieht. Die durch Art. 4 GRCh garantierten Rechte haben – da sie den durch Art. 3 EMRK garantierten Rechten entsprechen – gemäß Art. 52 Abs. 3 GRCh die gleiche Bedeutung und Tragweite, wie sie ihnen in Art. 3 EMRK verliehen wird. Nach Art. 5 RL 2008/115/EG berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Richtlinie in gebührender Weise a) das Wohl des Kindes, b) die familiären Bindungen, c) den Gesundheitszustand der betreffenden Drittstaatsangehörigen, und halten den Grundsatz der Nichtzurückweisung ein. Art. 5 RL 2008/115/EG verpflichtet die zuständige nationale Behörde, in jedem Stadium des Rückkehrverfahrens den Grundsatz der Nichtzurückweisung einzuhalten. Dies gilt bereits für den Erlass der Rückkehrentscheidung, weshalb die Behörde keinen Staat als Zielort der Aufenthaltsbeendigung festlegen darf, hinsichtlich dessen für den Drittstaatsangehörigen ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK besteht.
125Vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 – 12 S 1841/22 –, juris Rn. 133 ff. mit zahlreichen Nachweisen.
126Auch vor dem Hintergrund dessen, dass das Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob im Falle einer inlandsbezogenen Ausweisung der in Art. 5 RL 2008/115/EG verankerte Grundsatz der Nichtzurückweisung bereits für den Erlass der Rückkehrentscheidung gilt, namentlich wenn bereits im Zeitpunkt des Ergehens der Rückkehrentscheidung feststeht, dass eine Abschiebung wegen des Verbots des Refoulements auf unbestimmte Dauer nicht zulässig ist, (bislang) offen lassen konnte,
127vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Februar 2022 – 1 C 6/21 –, juris Rn. 42
128schließt sich die Kammer in dieser Frage – wie bereits aufgezeigt – der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden- Württemberg,
129vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 – 12 S 1841/22 –, juris,
130vor dem Hintergrund des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 22. November 2022 – C-69/21 –, juris Rn. 53 ff., und nunmehr auch des nachfolgend erlassenen Beschlusses des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 15. Februar 2023 – C-484/22 –, juris, an. Vor dem Hintergrund des vorliegenden Eilrechtsschutzcharakters ist im Übrigen eine Entscheidung zu dem Vorabentscheidungsersuchen des österreichischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. Oktober 2021 – Ra 2021/20/0246 (EU 2021/0007) – beim Gerichtshof (C-663/21) u.a. zur Frage, ob eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist, wenn bereits im Zeitpunkt des Ergehens der Rückkehrentscheidung feststeht, dass eine Abschiebung wegen des Verbots des Refoulements auf unbestimmte Dauer nicht zulässig ist und dies auch in einer der Rechtskraft fähigen Weise festgestellt ist, nicht abzuwarten.
131Zum dortigen Verfahrensstand vgl.: Schlussanträge des Generalanwalts vom 16. Februar 2023, C-663/21, Celex-Nr. 62021CC0663, insbesondere Nr. 2 des dortigen Ergebnisses, juris, wonach Art. 5 der RL 2008/115/EG dahin auszulegen sein soll, dass er dem Erlass einer Rückkehrentscheidung gegen einen Drittstaatsangehörigen, dem die Flüchtlingseigenschaft aberkannt wurde, entgegensteht, wenn feststeht, dass eine Abschiebung dieses Staatsangehörigen nach dem Grundsatz der Nichtzurückweisung auf unbestimmte Dauer ausgeschlossen ist.
132Nach alledem verstößt die Abschiebungsandrohung auch gegen den nach Art. 5 RL 2008/115/EG schon bei Erlass der Rückkehrentscheidung einzuhaltenden Grundsatz der Nichtzurückweisung, da dem Antragsteller mit Bezug auf Syrien ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK zuerkannt ist.
133Nichts Anderes gilt insofern auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Antragsgegnerin in Satz 2 unter Nr. 4 des Tenors des Bescheides vom 18. Januar 2023 ausgeführt hat, dass eine Abschiebung für die Dauer des bestehenden internationalen Schutzes bzw. der Flüchtlingseigenschaft nicht erfolgt. Denn mit einer solchen „aufschiebenden Bedingung“ wird nach den vorgenannten Ausführungen letztlich das Verbot des Refoulement jedenfalls dann in nicht zulässiger Weise umgangen, wenn – wie hier – eine Abschiebung nach dem Grundsatz der Nichtzurückweisung auf unbestimmte Dauer ausgeschlossen ist.
134Insofern kommt es derzeit auch nicht mehr darauf an, wie sich die vorliegend fehlende Setzung einer Ausreisefrist isoliert auswirken würde. Selbiges gilt in Bezug auf den Umstand, dass Syrien entgegen § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht als der Staat bezeichnet wird, in den der Antragsteller nicht abgeschoben werden darf.
135Nr. 7 des Tenors (Beschränkung politischer Betätigungen nach § 47 Abs. 2 Sätze 1, 2 AufenthG)
136Der Antrag hinsichtlich des unter Nr. 7 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 verfügten Beschränkung politischer Betätigungen des Antragstellers nach § 47 Abs. 2 Sätze 1, 2 AufenthG hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, namentlich soweit sie über die Untersagung einer politischen Betätigung für die PKK und deren Ableger und Teilorganisationen hinausgeht. Im Übrigen ist sie abzulehnen.
137Der hinsichtlich der Nr. 7 des Tenors gestellte zulässige Antrag ist teilweise begründet.
138Ausgehend davon, dass die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 unter Nr. 15 enthaltene Anordnung der sofortigen Vollziehung maßgeblich auf eine von dem Antragsteller ausgehende Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abstellt und durch die Bezugnahme auf individuelle Gesichtspunkte damit dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt,
139vgl. hierzu vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. Dezember 2019 – 17 B 1454/19 – n. v. unter Hinweis auf OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2016 – 8 B 866/15 –, juris Rn. 4 f. m. w. N,
140hat die Kammer gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO materiell-rechtlich eine eigenständige Abwägung der einander widerstreitenden Interessen vorzunehmen. In dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Erweist sich der angegriffene Verwaltungsakt danach als offensichtlich rechtswidrig, kann an dessen sofortiger Vollziehung ein öffentliches Interesse nicht bestehen, sodass das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig, besteht hingegen regelmäßig – bei Vorliegen eines entsprechenden Dringlichkeitsbedürfnisses – ein überwiegendes öffentliches Interesse an dem Sofortvollzug.
141Die in Anwendung der vorstehenden Grundsätze vorgenommene Abwägung fällt (nur) teilweise zu Gunsten des Antragstellers aus.
142In der Sache ist die mit streitgegenständlichem Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 unter Nr. 7 des Tenors erlassene Beschränkung politischer Betätigungen nach § 47 Abs. 2 Sätze 1, 2 AufenthG nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung im Ergebnis rechtlich – auch vor dem Hintergrund eines im Übrigen bestehenden Dringlichkeitsbedürfnisses – (nur) zu beanstanden, soweit sie über die Untersagung einer politischen Betätigung für die PKK und deren Ableger und Teilorganisationen hinausgeht.
143Nach § 47 Abs. 2 AufenthG wird die politische Betätigung eines Ausländers u.a. untersagt, soweit sie
1441. die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet oder den kodifizierten Normen des Völkerrechts widerspricht oder
1452. Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer, religiöser oder sonstiger Belange öffentlich unterstützt, befürwortet oder hervorzurufen bezweckt oder geeignet ist.
146Da es sich bei der PKK um eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG handelt (vergleiche oben) und die im vorliegenden Einzelfall mit der hier gebotenen Wahrscheinlichkeit festzustellenden Umstände in einer Gesamtbetrachtung hinreichend wahrscheinlich auf Handlungen zur Unterstützung der PKK und deren Ableger und Teilorganisationen durch den Antragsteller schließen lassen (vergleiche ebenfalls oben) ist überwiegend wahrscheinlich, dass die überwiegend wahrscheinliche politische Betätigung des Antragstellers für die PKK und deren Ableger und Teilorganisationen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet und den kodifizierten Normen des Völkerrechts widerspricht und er damit auch Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer, religiöser oder sonstiger Belange öffentlich unterstützt, befürwortet oder hervorzurufen bezweckt oder seine diesbezügliche politische Betätigung hierzu zumindest geeignet ist. Das Verbot nach Nr. 7 des Bescheides ist insoweit offensichtlich rechtmäßig.
147Darüber hinaus ist das Verbot nach Nr. 7 offensichtlich rechtswidrig.
148Denn insbesondere aus der unbestritten Mitgliedschaft des Antragstellers in der syrischen PYD und seiner ebenfalls unbestrittenen Tätigkeit als Sprecher der PYD der Sektion I2. unter dem Namen „C1. “ lässt sich derzeit mit der hier erforderlichen Wahrscheinlichkeit weder eine Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder ein Widerspruch der kodifizierten Normen des Völkerrechts oder Umstände herleiten, wonach der Antragsteller Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer, religiöser oder sonstiger Belange öffentlich unterstützt, befürwortet oder hervorzurufen bezweckt oder geeignet ist.
149Auch wenn hierfür sprechen könnte, dass der PYD nicht zuletzt infolge ihres bewaffneten Arms, der YPG, eine Nähe zur terroristischen PKK nachgesagt wird,
150vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. April 2019 – 14 A 2608/18.A –, juris, Rn. 35 f.,
151und sie in dieser Folge – wie unbestritten von Seiten der Antragsgegnerin vorgetragen – vom niedersächsischen und auch nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz beobachtet wird, so reichen aus Sicht der Kammer derzeit die dem Antragsteller diesbezüglich vorgehaltene und nicht bestrittene schlichte Mitgliedschaft in und Sprechertätigkeit für die Sektion I2. der PYD nicht aus, um vorliegend mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit auf die in Tatbestände des § 47 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 AufenthG schließen zu können.
152Auch hierzu bedarf es einer weiteren umfangreichen Sachverhaltsaufklärung (vergleiche oben).
153Nr. 12 des Tenors (Zwangsgeldandrohung)
154Ist die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 561/23 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 hinsichtlich der Nr. 7 des dortigen Tenors (Beschränkung politischer Betätigungen) nach den vorgenannten Ausführungen teilweise wiederherzustellen, ist der Bescheid auch hinsichtlich der an diese Regelung anknüpfenden entsprechenden Zwangsgeldandrohungen der Nr. 12 des Tenors teilweise vorläufig zu suspendieren.
155Im Übrigen sind die Regelungen zu Nr. 7 bzw. zu Nr. 12 des Tenors vorläufig bis zum erstinstanzlichen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu beachten.
156Nr. 3 des Tenors (Ablehnung der Erteilung/Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2, 1. Mögl. AufenthG)
157Schließlich hat der Antrag hinsichtlich der unter Nr. 3 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 verfügten Ablehnung der Erteilung/Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2, 1. Mögl. AufenthG keinen Erfolg.
158Der Antrag ist jedenfalls nicht begründet.
159Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen der Versagung des Aufenthaltstitels kommt nur in Betracht, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass entgegen der gesetzlichen Grundentscheidung in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG das private Interesse des Antragstellers an dem einstweiligen Nichtvollzug gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung vorrangig erscheint. Hingegen überwiegt das öffentliche Interesse an dem Sofortvollzug infolge der zitierten gesetzlichen Vermutung für ein überwiegendes Vollzugsinteresse in diesen Fällen regelmäßig dann, wenn die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist und kein Grund besteht, der es rechtfertigen könnte, den Antragsteller trotz der Aussichtslosigkeit seiner Klage vorläufig von der Vollziehung zu verschonen.
160Vorliegend überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse, weil sich die Versagung des Aufenthaltstitels mit Verfügung der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig darstellt und in dem Hauptsacheverfahren 8 K 561/23 aller Voraussicht nach Bestand haben wird. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insofern auf die Ausführungen der Antragsgegnerin in der Ordnungsverfügung vom 18. Januar 2023 Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO analog. Die Ausführungen der Antragsgegnerin sind ernstlichen Zweifeln nicht ausgesetzt. Der Antragsteller hat vorliegend und im Klageverfahren 8 K 561/23 keine rechtserheblichen Gründe vorgetragen, die die Rechtmäßigkeit der Versagung des Aufenthaltstitels durch die Antragsgegnerin in Zweifel ziehen könnten. Weitere, für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Versagung des Aufenthaltstitels in der Verfügung der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2023 sprechende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Namentlich erfüllt der Antragsteller – wie die Antragsgegnerin bereits in der Ordnungsverfügung 18. Januar 2023 zu Recht ausgeführt hat – mit der hier gebotenen Wahrscheinlichkeit zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Verlängerung/Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2, 1. Mögl. AufenthG.
161Dem geltend gemachten Anspruch steht bei fortbestehender Flüchtlingsanerkennung des Antragstellers durch das Bundesamt mit Verfügung vom 24. März 2014 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch nicht § 25 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegen.
162Danach ist eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 1. Mögl. AufenthG nicht zu erteilen, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a AufenthG ausgewiesen worden ist. Hier liegen die Voraussetzungen des § 53 Abs. 3a AufenthG aber überwiegend wahrscheinlich nicht vor (vergleiche oben).
163Einem Anspruch auf Verlängerung/Erteilung der Aufenthaltserlaubnis steht vorliegend aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der Versagungsgrund des § 5 Abs. 4 1. Mögl., § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen.
164Nach § 5 Abs. 4 1. Mögl. AufenthG ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht. Selbiges ist vorliegend überwiegend wahrscheinlich der Fall (vergleiche oben).
165Dem steht auch nicht der Anwendungsvorrang des europäischen Rechts entgegen. Sofern – wie vorliegend – keine Rückkehrentscheidung erlassen werden kann, folgt aus dem europäischen Recht insofern kein Zwang zur Legalisierung des Aufenthalts des Betroffenen. Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht aus Art. 6 Abs. 4 Satz 1 RL 2008/115/EG.
166Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten jederzeit beschließen, illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen wegen Vorliegen eines Härtefalls oder aus humanitären oder sonstigen Gründen einen eigenen Aufenthaltstitel oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung zu erteilen. Für das Verständnis der „sonstigen Aufenthaltsberechtigung“ ist maßgebend, dass es allein darauf ankommt, den weiteren Aufenthalt irgendwie zu regeln; es wird nicht – im Unterschied zum ebenfalls genannten Aufenthaltstitel – gefordert, dass hiermit auch eine Legalisierung verbunden ist.
167Vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 – 12 S 1841/22 –, juris Rn. 148.
168Die – auch im Fall des Antragstellers – eintretende Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aufgrund der durch das Bundesamt fortgesetzten Flüchtlingsanerkennung ist als eine „sonstige Aufenthaltsberechtigung“ zu verstehen. Die Duldung, über die nach § 60a Abs. 4 AufenthG eine Bescheinigung ausgestellt wird, setzt nicht voraus, dass es eine Abschiebungsandrohung gibt. Sie genügt prinzipiell zur Sicherung des durch Art. 3 EMRK vermittelten Schutzes. Art. 3 EMRK gewährleistet kein Aufenthaltsrecht in einem bestimmten Staat, es schützt nur vor einer Abschiebung des Ausländers in einen Staat, in dem die ernsthafte Gefahr einer Behandlung besteht, die Art. 3 EMRK widerspricht.
169Vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 – 12 S 1841/22 –, juris Rn. 148.
170Auch Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU steht der Versagung der Aufenthaltserlaubnis vor dem Hintergrund des § 5 Abs. 4 1. Mögl. AufenthG nicht entgegen.
171Die Vorschrift verpflichtet die Mitgliedstaaten, einem Flüchtling so bald wie möglich nach der Anerkennung einen Aufenthaltstitel auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. Der Inhalt dieser Norm ist vom Gerichtshof der Europäischen Union in dessen Urteil vom 24. Juni 2015 näher bestimmt worden.
172Vgl. OVG, Urteil vom 26. Februar 2019 – 18 A 44/15 –, nrwe, unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 24. Juni 2015 – C-373/13 –, juris Rn. 56 ff.
173Die Entscheidung bezieht sich zwar auf die Vorgängernorm, namentlich Art. 24 Abs. 1 RL 2004/83/EG, ihre Aussagen sind aber uneingeschränkt auf die in der Sache unveränderte Vorschrift des Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU übertragbar.
174Vgl. dazu und zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 – 1 C 3.16 –, juris Rn. 47 ff.
175Zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung sind vorliegend indes nicht hinreichend wahrscheinlich (vergleiche oben).
176Dennoch steht Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU der Versagung einer Aufenthaltserlaubnis vorliegend nicht entgegen. Denn die Norm gilt ausdrücklich unbeschadet des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 RL 2011/95/EU.
177Nach dieser Norm können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Nach Absatz 2 Buchstabe a der Norm kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtungen untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem sie sich aufhält.
178Der Antragsteller stellt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Gefahr für die Sicherheit für die Bundesrepublik Deutschland dar (vergleiche oben).
179Der Versagung einer Aufenthaltserlaubnis steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die in Art. 21 Abs. 2 RL 2011/95/EU eingeräumte Möglichkeit der Zurückweisung eines anerkannten Flüchtlings unter dem Vorbehalt steht, dass diese dem Mitgliedstaat nicht aufgrund seiner völkerrechtlichen Verpflichtungen untersagt ist. Zu diesen völkerrechtlichen Verpflichtungen zählen auch die Verpflichtungen aus Art. 3 EMRK, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf. Dem Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK kommt damit ein absoluter Charakter zu. Es kann – anders als das Refoulement-Verbot nach Art. 33 Abs. 1 GFK – nicht unter den Voraussetzungen von Art. 21 Abs. 2 RL 2011/95/EU in Verbindung mit Art. 33 Abs. 2 GFK durchbrochen werden,
180vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 – 1 C 3.16 –, juris Rn. 48 mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
181Eine – wie hier auszustellende – Duldung nach § 60a AufenthG genügt prinzipiell aber zur Sicherung des durch Art. 3 EMRK vermittelten Schutzes. Art. 3 EMRK gewährleistet kein Aufenthaltsrecht in einem bestimmten Staat, es schützt nur vor einer Abschiebung des Ausländers in einen Staat, in dem die ernsthafte Gefahr einer Behandlung besteht, die Art. 3 EMRK widerspricht.
182Vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 2. Januar 2023 – 12 S 1841/22 –, juris Rn. 148; a.A. OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 2019 – 18 A 44/15 –, nrwe.
183So auch hier.
184Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 39 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 und 1 GKG und trägt dem Umstand Rechnung, dass der vorliegend gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO inhaltlich nicht allein auf die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 8 K 561/23 hinsichtlich der Ausweisung nebst der Befristung ihrer Wirkungen (20 Jahre) und der Abschiebungsandrohung gerichtet war, sondern darüber hinaus auch hinsichtlich der verfügten Ablehnung der Verlängerung/Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, der räumlichen Aufenthaltsbeschränkung, der wöchentlichen Meldepflicht, der Beschränkung politischer Betätigungen, des Verbots der Nutzung von sozialen Medien sowie des Kontaktverbots. Insofern ergibt sich vorliegend der Streitwert aus der Hälfte der Summe von 7 x 5.000,- Euro (= sogenannter Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG).
185Rechtsmittelbelehrung:
186Der Beschluss zu 1. (Ablehnung der Prozesskostenhilfe) ist unanfechtbar, § 146 Abs. 2 VwGO.
187Gegen diesen Beschluss zu 2. steht den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, zu.
188Die Beschwerde ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
189Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
190Im Beschwerdeverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
191Gegen den Beschluss zu 3. steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zu.
192Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, einzulegen. Sie ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
193Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
194Im Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss zu 3. muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
195Gegen den Beschluss zu 4. findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
196Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
197Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.