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Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 16. Juni 2021 verpflichtet, dem Kläger auf seinen Antrag vom 27. März 2021 hin einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid zur Errichtung eines J. auf dem Grundstück F. G. 5 in E. zu erteilen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheides für die Aufstellung eines J. auf dem Grundstück F. G. 5 in E. (Gemarkung M. , Flur .., Flurstück …).
3Das Vorhabengrundstück liegt innerhalb des Plangebiets des Bebauungsplans Nr. 145 „Gewerbegebiet S. “ der Beklagten vom 21. August 1998 in der Fassung der 2. Änderung vom 2. April 2004. Der Bebauungsplan setzt für den hier interessierenden Bereich ein Gewerbegebiet unter Ausschluss zahlreicher in einem Gewerbegebiet ansonsten allgemein zulässiger Nutzungen fest. Ausgeschlossen sind nach der textlichen Festsetzung 2 a) von den Gewerbebetrieben aller Art im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) Betriebe des Beherbergungsgewerbes sowie Einzelhandelsbetriebe. Nutzungen nach § 8 Abs. 2 Nrn. 2 und 4 BauNVO sind nach den textlichen Festsetzungen 2 b) und 2 c) bzw. 3) nicht zulassungsfähig. Ausnahmsweise können nach der textlichen Festsetzung 4 a) Schank- und Speisewirtschaften zugelassen werden und nach der textlichen Festsetzung 4 b) Einzelhandelsbetriebe, wenn sie Teil eines Gewerbebetriebes und diesem in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind. Eine vergleichbare Regelung zur Unterordnung trifft die textliche Festsetzung 2.2 für Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2. BauNVO.
4Das Plangebiet liegt in unmittelbarer Nähe zur BAB 31, die in diesem Bereich über eine Auf- und Abfahrt in beide Fahrtrichtungen verfügt. Auf den nach Norden hin dem Vorhabengrundstück gegenüberliegenden Grundstücken befinden sich eine N. G1. (F. G. 6) und eine Tankstelle (F. G. 2). Beide vorgenannten Betriebe werben an einem von der A 31 aus sichtbaren Betonpfeiler für ihre Unternehmen. Im straßenrandnahen Bereich des Grundstücks F. G. 7 wurden überdachte Ladestationen für Elektrofahrzeuge errichtet. Auf dem Vorhabengrundstück befindet sich bereits ein Garten- und Landschaftsbau-Betrieb nebst Halle und Stellplätzen.
5Wegen der weiteren vorhandenen Bebauung in dem Planbereich wird auf den folgenden Kartenausschnitt Bezug genommen:
6An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze
7Am 27. März 2021 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines J. in Form eines V. mit den Maßen 6,058 x 2,438 m. Die Betriebszeiten sind mit sonn- und werktags 11:00 Uhr bis 22:00 Uhr angegeben. Der Container soll im straßenrandnahen Bereich des Grundstücks aufgestellt werden, wo sich derzeit Parkplätze des dort ansässigen Gewerbebetriebes befinden. Zugleich beantragte der Kläger eine Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans unter Hinweis auf die im Plangebiet bereits bestehenden gastronomischen Betriebe.
8Mit Bescheid vom 16. Juni 2021 lehnte die Beklagte den Bauantrag (nach Anhörung) ab und führte zur Begründung aus, eine Ausnahme könne nur zugelassen werden, wenn das Vorhaben der im Bebauungsplan festgesetzten Ausnahme entspreche. Das sei vorliegend nicht der Fall. Mit der Festsetzung der nur ausnahmsweisen Zulässigkeit enthalte der Bebauungsplan ein Element der Feinsteuerung zur Erhaltung der Zweckbestimmung des Gebietes. Die Zulassung des Vorhabens liefe der städtebaulichen Zielvorstellung des Plangebers zuwider. Es seien bereits zwei gastronomische Betriebe vorhanden. Auf dem Flurstück … sei bereits eine N. -G1. und auf dem Flurstück … eine Tankstelle mit einem großzügigen Imbissbereich vorhanden. Eine Ausnahme müsse eine Ausnahme bleiben.
9Am 15. Juli 2021 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.
10Zur Begründung führt er aus: Der Ablehnungsbescheid sei ermessensfehlerhaft. Er enthalte bereits keinen Hinweis darauf, wie sich das Regel-Ausnahme-Verhältnis im konkreten Fall darstelle. Es bestehe ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme. In dem Planbereich befänden sich derzeit insgesamt 14 Gewerbebetriebe verschiedener Art sowie eine Tankstelle. Das Gewerbegebiet sei bis auf wenige freie Flächen mit verschiedenen Gewerbebetrieben bebaut. Lediglich ein Gewerbebetrieb (Schnellimbiss Mc Donalds) sei als ausschließliche Schank- und Speisewirtschaft genehmigt. Bei der Tankstelle handele es sich um einen Mischbetrieb, bei dem untergeordnet neben der üblichen Nutzung als Tankstelle ebenfalls Speisen und Getränke hergestellt und verkauft würden. Die städtebauliche Außenwirkung sei in diesem Fall aber nicht wahrnehmbar, da äußerlich lediglich die Tankstelle als solches in den Vordergrund trete. Ausnahmsweise zulässige Nutzungen seien Bestandteil des festgesetzten Baugebietes und damit Teil der den Gebietscharakter prägenden Nutzungen.
11Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass es vorliegend nur um einen 14,78 qm großen G2. U. gehe und der auf dem Vorhabengrundstück vorhandene Gewerbebetrieb entsprechend dem Bebauungsplan dort allgemein zulässig sei. Der G2. U. stelle nur eine untergeordnete Nutzung dar. Das beantragte Vorhaben falle bei der Beurteilung des Verhältnisses zwischen Ausnahme und Regel kaum ins Gewicht.
12Ferner sei der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gewahrt worden. Ein Bauherr habe einen Anspruch auf die Erteilung einer Ausnahme, wenn die Behörde sich durch die Erteilung von Ausnahmen in anderen, gleich gelagerten Fällen so sehr gebunden habe, dass eine Ablehnung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würde.
13Während des laufenden Klageverfahrens hat der Kläger seinen ursprünglichen, auf die Erteilung einer Baugenehmigung gerichteten Antrag insoweit umgestellt, als nunmehr nur noch die Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheides begehrt wird.
14Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
15die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 16. Juni 2021 zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 27. März 2021 hin einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid zur Errichtung eines J. auf dem Grundstück F. G. 5 in E. zu erteilen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie macht zur Begründung geltend, die Regelung, „Schank- und Speisewirtschaften“ im festgesetzten Gewerbegebiet nur ausnahmsweise zuzulassen, sei rechtmäßig. Nach § 1 Abs. 5, 2. Variante BauNVO könne durch eine modifizierende Festsetzung im Bebauungsplan eine allgemein zulässige in eine nur ausnahmsweise zulässige Nutzung umgewandelt werden. Vorliegend sei ein klassisches Gewerbegebiet gewollt und daher seien fremde Nutzungsarten ausgeschlossen worden. Im Wege der Ausnahme sei - auch zur Gebietsversorgung - eine N. -Ansiedlung gestattet worden. Damit sei die Grundversorgung für das Gewerbegebiet durch Schank- und Speisewirtschaften ausreichend gesichert. Ohne eine aufmerksame planerische Steuerung würden ansonsten an vielen Stellen wertvolle Gewerbeflächen durch artfremde, oftmals sehr lukrative Nutzungen verdrängt. Zur Vermeidung eines derartigen Verdrängungswettbewerbs durch monetär stärkere Wirtschaftsbranchen werde dem klassischen Gewerbe - vor allem dem produzierenden Handwerk - hier städtebaulich der Vorrang eingeräumt.
19Die Entscheidung über die Zulassung einer Ausnahme stehe im Ermessen. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ausnahme bestehe nicht, auch nicht bei Vorliegen der Voraussetzungen der Ausnahme. Der Kläger habe lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Eine solche sei in dem vorliegenden Verfahren ergangen. Die Versagung der Ausnahme sei aus rein städtebaulichen Gründen erfolgt. Man habe zum Schutz des Gebietscharakters als typisches Gewerbegebiet entschieden, eine vermehrte Gewährung von Ausnahmen zu vermeiden. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die Ordnungsfunktion des Bebauungsplans aufgegeben werde und sich der Gebietscharakter schleichend - hin zu einem Sondergebiet - verschiebe. Ein darüber hinausgehendes, weiteres Angebot eines J1. ginge zu Lasten des gewerblichen Charakters des Gebietes. Diese Gefahr bestehe hier durch die bereits erteilte Ausnahme für die N. G1. und das durch den Werbepylon zur benachbarten Autobahn 31 sichtbare Angebot dieses Betriebes. Zu befürchten sei ein Interesse an einer denkbaren Agglomeration von Schank- und Speisewirtschaften. Das Antragsgrundstück liege in unmittelbarer Nähe zweier bereits genehmigter J2. und ein weiterer J3. führe hier zu einer Häufung von Schank- und Speisewirtschaften, die deren nur ausnahmsweise Zulässigkeit in dem Baugebiet nicht widerspiegele und dem vom Satzungsgeber konkret gewollten Gebietscharakter entgegenstünde. Aufgrund der geringen Größe des Plangebietes und der Anordnung der gehäuften Schank- und Speisewirtschaften in seinem Zufahrtsbereich sei eine Ausstrahlung auf das gesamte Gewerbegebiet zu befürchten. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis wäre nicht mehr gewahrt. Die Ausnahmeregelung in § 31 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) verlange zwar keinen atypischen Einzelfall, die Erteilung der Ausnahme dürfe aber nicht dazu führen, dass die Festsetzungen durch die tatsächliche Entwicklung funktionslos würden oder durch sie eine Entwicklung eingeleitet werde, die zu einer Beeinträchtigung der Eigenart des Baugebiets führen könne.
20Die Berichterstatterin hat am 27. Juli 2022 einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Ortsterminsprotokoll vom selben Tage Bezug genommen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorliegende Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Das Gericht kann trotz Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da dieser ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung in der Ladung hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
24Die Klage ist zulässig. Bei der Umstellung des ursprünglich auf die Erteilung einer Baugenehmigung für den Imbisscontainer gerichteten Begehrens auf die Erteilung lediglich eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheides handelt es sich um eine Klageänderung, denn Baugenehmigung und Bauvorbescheid stellen unterschiedliche Streitgegenstände dar.
25Vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Beschluss vom 24. April 2013 - 2 A 1548/12 -, juris, Rn. 22 mit weiteren Nachweisen, Urteil vom 23. April 2015 - 7 A 1779/13 -, juris, Rn. 27.
26Gemäß § 91 Abs. 1 VwGO ist eine Klageänderung zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
27Vgl. zur Sachdienlichkeit einer Klageänderung bei Umstellung einer auf die Erteilung einer Baugenehmigung gerichteten Verpflichtungsklage auf die Verpflichtung, (lediglich) einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid zu erteilen, OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2017 - 2 A 917/15 -, juris, Rn. 39 ff.
28Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Beklagte hat der Klageänderung zwar ausdrücklich widersprochen. Die Klageänderung ist jedoch sachdienlich, denn der Bauvorbescheid betrifft einen Ausschnitt aus der ursprünglich begehrten Baugenehmigung, nämlich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des zur Genehmigung gestellten Vorhabens. Diese bildete stets den Kern des Streits zwischen den Beteiligten. Anhaltspunkte dafür, dass die erst später in den Fokus geratene bauordnungsrechtliche Stellplatzproblematik auf dem Vorhabengrundstück nicht lösbar wäre, sieht die Kammer nicht.
29Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 74 Abs. 1 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018) einen Anspruch auf Erteilung des begehrten bauplanungsrechtlichen Vorbescheides, weil seinem Vorhaben keine Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegenstehen.
30Nach § 30 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht und die - hier vorhandene - Erschließung gesichert ist. Dies ist vorliegend der Fall. Die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 145 „Gewerbegebiet S. “ der Beklagten vom 21. August 1998 in der Fassung der 2. Änderung vom 2. April 2004 stehen dem Vorhaben nicht entgegen. Der Kläger hat Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme nach §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 BauGB i. V. m. Nr. 4 a) der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 145. Nach dieser Festsetzung sind im festgesetzten Gewerbegebiet, in dem das streitige Vorhaben liegt, Schank- und Speisewirtschaften ausnahmsweise zulässig.
31Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahme sind gegeben (1.) und das der Beklagten im Rahmen des § 31 Abs. 1 BauGB eingeräumte Ermessen ist auf Null reduziert, da die Erteilung des bauplanungsrechtlichen Vorbescheids für den streitgegenständlichen Imbisscontainer in der konkreten städtebaulichen Situation nicht ermessensgerecht abgelehnt werden kann (2.).
321.
33Nach § 31 Abs. 1 BauGB können von den Festsetzungen des Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme liegen vor.
34Bei dem geplanten J4. handelt es sich um eine von der textlichen Festsetzung Nr. 4 a) des Bebauungsplans Nr. 145 umfasste Schank- und Speisewirtschaft. Aus dem Antrag des Klägers auf Erteilung einer Baugenehmigung vom 27. März 2021 im Zusammenhang mit dem Antrag auf Erteilung einer Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans und der Betriebsbeschreibung geht hinlänglich hervor, dass der J4. in Form einer solchen Schank- und Speisewirtschaft betrieben werden soll. In der Baunutzungsverordnung ist der Begriff der Schank- und Speisewirtschaft zwar nicht definiert. Als Ausgangspunkt der Begriffsbestimmung sind jedoch seit langem die beiden Legaldefinitionen des § 1 Abs. 1 Gaststättengesetz anerkannt, wonach eine Schankwirtschaft betreibt, wer im stehenden Gewerbe Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht und eine Speisewirtschaft, wer im stehenden Gewerbe zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht. Voraussetzung ist jeweils, dass der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist. Auch wenn diese Definitionen in einem anderen Sachzusammenhang stehen, umschreiben sie doch hinreichend genau den Begriffskern und eignen sich auch für die städtebaurechtliche Begriffsbestimmung.
35Vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 147. EL August 2022, BauNVO, § 4, Rn. 57.
36§ 15 der im vorliegenden Fall anwendbaren Fassung der Baunutzungsverordnung vom 23. Januar 1990 (BauNVO 1990), der auch bei der Erteilung einer Ausnahme von den Festsetzungen eines Bebauungsplans auf der Tatbestandsseite des § 31 Abs. 1 BauGB stets zu prüfen ist,
37vgl. nur Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 25. Januar 2007 - 4 C 1.06 -, juris, Rn. 10; OVG NRW, Urteil vom 25. März 2014 - 2 A 2679/12 -, juris, Rn. 82,
38steht dem streitgegenständlichen Bauvorhaben nicht entgegen.
39Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1990 sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO 1990 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen.
40Die Eigenart eines mittels Bebauungsplan festgesetzten Baugebiets im Sinne von § 15 Abs. 1 BauNVO ergibt sich nicht allein aus den typisierenden Regelungen der BauNVO. Sie lässt sich abschließend vielmehr erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in die ein Gebiet "hineingeplant" worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde, soweit dieser in den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist, berücksichtigt werden.
41Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 4 B 68/08 -, juris, Rn. 4; OVG NRW, Urteile vom 25. März 2014 - 2 A 2679/12 -, juris, Rn. 85 f., und vom 17. August 2020 - 2 A 691/17 -, juris, Rn. 57, jeweils mit weiteren Nachweisen.
42Auch durch den Ausschluss bestimmter Nutzungen nach § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO kann das Baugebiet seiner Eigenart nach eine bestimmte Ausrichtung erhalten. Maßgeblich ist insoweit die sich aus den differenzierenden Festsetzungen ergebende konkretisierte Eigenart des Baugebiets.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. März 2014 - 2 A 2679/12 -, juris, Rn. 87 f., mit weiteren Nachweisen.
44Nach dem Leitbild der Baunutzungsverordnung sind Gewerbegebiete gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO dem produzierenden Gewerbe und artverwandten Nutzungen vorbehalten.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Oktober 2010 - 7 A 1298/09 -, juris, Rn. 40.
46Allerdings ist ein Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO nicht auf die Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben beschränkt, sondern es wird auch durch die in Nr. 2 bezeichneten Lagerhäuser und -plätze, öffentlichen Betriebe, Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, Tankstellen und Anlagen für sportliche Zwecke als allgemein zulässige Anlagen ergänzt. Und auch die nach den Baugebietsvorschriften nur ausnahmsweise zulassungsfähigen Anlagen bestimmen die Eigenart des Baugebiets in begrenzter Weise mit, wenngleich die allgemein zulässigen Vorhaben nicht in unangemessener Weise durch die Zulassung nur ausnahmsweise zulassungsfähiger Vorhaben zurückgedrängt werden dürfen.
47Die spezifische Eigenart des hier vorliegenden Gewerbegebietes lässt sich infolge der durch die zahlreichen, in Abweichung von § 8 Abs. 2 und 3 BauNVO nach § 1 Abs. 9 BauNVO getroffenen, differenzierenden textlichen Festsetzungen zur Zulässigkeit bestimmter Arten von Gewerbebetrieben als „klassisches Gewerbegebiet“ charakterisieren, das in erster Linie dem produzierenden und verarbeitenden Gewerbe und den Handwerksbetrieben vorbehalten ist und zu dessen Schutz andere nach § 8 Abs. 2 BauNVO in einem festgesetzten Gewerbegebiet sonst ebenfalls allgemein zulässige Nutzungen entweder ausgeschlossen oder nur ausnahmsweise und damit in beschränktem Umfang zugelassen werden sollen, namentlich bestimmte Einzelhandelsbetriebe mit ausgesuchten Sortimenten bzw. als Annex zu produzierendem Gewerbe sowie Schank- und Speisewirtschaften. Ausweislich der Planbegründung sollte die Eingrenzung bzw. der Ausschluss von sonst zulässigen Nutzungen und Ausnahmen dem Planungsziel eines speziell auf die Bedürfnisse der S1. Gewerbetreibenden zugeschnittenen Gewerbegebietes dienen. Die Grundstücke sollten in erster Linie an die S1. Gewerbebetriebe vergeben werden; durch die Auslagerung dieser innerdörflichen Gewerbebetriebe in das neue Plangebiet sollte die Wohn- und Geschäftsnutzung im zentraleren Dorfbereich von S. stabilisiert werden. Im Laufe der Planaufstellung stellte sich indes heraus, dass sich mangels ausreichender Ansiedlung von Gewerbebetrieben aus S. auch externe Gewerbetreibende im Plangebiet würden niederlassen können, sodass auch Raum für den in den Aufstellungsvorgängen deutlich zum Ausdruck kommenden Wunsch der Beklagten nach der Ansiedlung einer Systemgastronomie und einer Tankstelle im Plangebiet verblieb.
48Das streitgegenständliche Vorhaben widerspricht nach Anzahl, Lage, Umfang und Zweckbestimmung nicht der vorbeschriebenen Eigenart des Baugebiets als klassisches Gewerbegebiet.
49Das gilt zunächst für die Anzahl und die Lage. Eine im Baugebiet grundsätzlich ausnahmsweise zulässige Anlage ist im konkreten Fall unzulässig, wenn es durch sie zu einer Häufung solcher Anlagen im Baugebiet - oder in einem bestimmten räumlichen Bereich des Baugebiets - käme, weil ausnahmsweise zulässige Nutzungen im Baugebiet die Ausnahme bleiben müssen. Ausnahmsweise zugelassene Vorhaben müssen quantitativ deutlich hinter der Regelbebauung zurückbleiben.
50Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. November 1983 - 4 C 21.83 -, juris, Rn. 14; Verwaltungsgerichtshof (VGH) BW, Urteil vom 19. November 2003 - 5 S 2726/02 -, juris, Rn. 40.
51Vorliegend gibt es mit der N. G1. auf dem Grundstück F. G. 2 bisher lediglich eine Schank- und Speisewirtschaft im Plangebiet. Denn bei der benachbarten Tankstelle handelt es sich entgegen der Auffassung der Beklagten ausweislich der Genehmigung vom 19. Oktober 2004 um keine Schank- und Speisewirtschaft im Sinne der textlichen Festsetzung Nr. 4 a) des Bebauungsplans Nr. 145. Laut Betriebsbeschreibung ist dort nur ein Shop mit tankstellenüblichem Sortiment beantragt und genehmigt worden. In der Grundrisszeichnung findet sich eine Theke mit dem Zusatz „Backfrisch“. Eine Einzeichnung von Tischen und/oder Stühlen zum Verzehr an Ort und Stelle enthalten die grüngestempelten Bauvorlagen ebenfalls nicht. Damit ist lediglich ein Mitnahmesortiment genehmigt, was nicht unter den Begriff der Schank- und Speisewirtschaft fällt. Eine Gaststättenerlaubnis existiert ebenso wenig wie die Erteilung einer Ausnahme von der textlichen Festsetzung Nr. 4 a). Sollte innerhalb des Tankstellengebäudes eine Schank- und Speisewirtschaft ohne entsprechende Baugenehmigung und Ausnahme von der Festsetzung Nr. 4 a) des Bebauungsplans formell illegal betrieben werden, kann das dem Kläger nicht entgegen gehalten werden.
52Die Zulassung des streitgegenständlichen Vorhabens - als zweites nach der textlichen Festsetzung Nr. 4 a) ausnahmsweise zulässiges Vorhaben im gesamten Plangebiet - führt nicht dazu, dass das Gewerbegebiet derart durch Schank- und Speisewirtschaften geprägt würde, dass diese entgegen dem planerischen Willen zur Regel würden und keine Ausnahme mehr blieben. Es handelt sich zwar insgesamt um ein recht kleines Gewerbegebiet mit (derzeit) nur vierzehn Gewerbegrundstücken. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass durch das etwa 15 qm kleine, überschaubare klägerische Vorhaben keine in dem (mehr als 50.000 qm großen) Plangebiet allgemein zulässige Nutzung verdrängt wird. Das Vorhaben soll lediglich auf einer Parkplatzfläche eines Gewerbegrundstücks realisiert werden, auf dem ansonsten eine im Plangebiet allgemein zulässige Nutzung vorhanden ist.
53Der Vortrag der Beklagten, dem zufolge auch der Plangeber seinerzeit davon ausgegangen sei, durch die Festsetzung zur nur ausnahmsweisen Zulassung von Schank- und Speisewirtschaften könne die Zulässigkeit auf eine einzige Schank- und Speisewirtschaft im Plangebiet beschränkt werden, führt zu keinem anderen Ergebnis.
54Die Kammer sieht auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Gebiet durch die Zulassung einer weiteren Schank- und Speisewirtschaft in Form des streitgegenständlichen J. schräg gegenüber der N. G1. in diesem Planbereich eine Prägung erfahren würde, die es nach seiner Eigenart und Zweckbestimmung gleichsam als ein bestehendes Sondergebiet für ein „Gastronomieviertel“ oder einen „Autohof“ erscheinen ließe, was zweifelsohne der Eigenart eines klassischen Gewerbegebietes für das Handwerk und das produzierende Gewerbe widersprechen würde. Es erscheint der Kammer abwegig, durch das Hinzutreten eines kleinen J. im näheren räumlichen Umfeld einer typischen N. G1. - wie sie vielerorts anzutreffen ist - die Entstehung eines Sondergebietes „Gastronomieviertel“ in Erwägung zu ziehen. Die geäußerte Befürchtung der Beklagten, es seien Nachfolgeprojekte zu erwarten, die zu einer entsprechenden Verschiebung des Gebietscharakters führen würden, kann im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO keine Berücksichtigung finden. Ein Widerspruch zur Eigenart eines Baugebiets im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO kann nicht durch befürchtete Folgewirkungen der Zulassung eines Vorhabens eintreten, sondern nur durch das konkrete Vorhaben selbst.
55Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 1991 - 4 B 40.91 -, juris, Rn. 5.
56Jede weitere hinzutretende Schank- und Speisewirtschaft wäre von der Beklagten gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO dahingehend zu überprüfen, ob sie nach Anzahl, Lage, Umfang und Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets als klassisches Gewerbegebiet widerspricht.
57Die Kammer sieht auch keine Grundlage für die Befürchtung, durch das Hinzutreten des J. würde sich in dem Bereich der bestehenden N. G1. und der benachbarten Tankstelle erstmals ein Sondergebiet „Autohof“ entwickeln. Dass das Nebeneinander von Tankstelle und Systemgastronomie durch das Hinzutreten eines kleinen J. derart an Attraktivität gewinnt, dass nennenswerter Zusatzverkehr, insbesondere von der nahe gelegenen Bundesautobahn 31 angezogen würde, erscheint der Kammer fernliegend. Der streitgegenständliche J4. dürfte infolge seiner geringen Größe und der damit einhergehenden begrenzteren Kapazität und Attraktivität über keinen nennenswerten Einzugsbereich verfügen. Im Gegensatz zu der N. G1. , die mit einem von der Autobahn gut sichtbaren Werbepylon auf sich aufmerksam macht, dürfte sich das Angebot des J. in erster Linie an bereits von der Autobahn ab- und ins Gewerbegebiet eingefahrene Kunden sowie die Beschäftigten und Kunden der im Plangebiet niedergelassenen Betriebe als Alternative zu der bestehenden N. G1. oder zur Mitnahme von Speisen und Getränken aus der Tankstelle richten, so dass im Gegensatz zu der von der Beklagten befürchteten erheblichen Umsatzsteigerung durch einen möglichen Agglomerationsvorteil mehrerer gleichartiger benachbarter Betriebe in erster Linie ein Verdrängungswettbewerb eintreten wird. Autohöfe zeichnen sich im Übrigen weniger durch vielfältige Gastronomieangebote aus, sondern mehr durch rund um die Uhr verfügbare Gastronomie - die weder die vorhandene Systemgastronomie noch der streitige J4. anbieten - und Tankmöglichkeiten sowie insbesondere durch eine ausreichende Anzahl von LKW-Stellplätzen, vermehrt auch durch Zusatzangebote wie beispielsweise Kfz-Dienstleistungsbetriebe, insbesondere Waschanlagen und Werkstätten, Hotels, Biergärten, Spielplätze oder auch Entertainmentcenter, um durch hohe Aufenthaltsqualität bei sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis auch regionale Kunden zu erreichen.
58Vgl. Wikipedia unter dem Stichwort „Autohof“.
59Bedenken dahingehend, dass sich der streitgegenständliche J4. seiner Zweckbestimmung nach nicht in das festgesetzte Gewerbegebiet einfügt, bestehen ebenfalls nicht. Dieses wird - wie vorstehend ausgeführt - auch durch die ausnahmsweise zulässigen Gewerbebetriebe einschließlich Schank- und Speisegaststätten bestimmt. Der Plangeber hat mit seinen Festsetzungen zur ausnahmsweisen Zulässigkeit von Schank- und Speisewirtschaften gerade auch Ansiedlungsmöglichkeiten für solche Betriebe im Plangebiet geschaffen.
60Ein Widerspruch des streitgegenständlichen Vorhabens zur Eigenart der Umgebung ergibt sich auch nicht wegen seines Umfangs. Nach dem Umfang kann eine Anlage der Eigenart des Baugebiets widersprechen, wenn sie im Verhältnis zu den Anlagen ihrer Umgebung größenmäßig aus dem Rahmen fällt. Ein im Baugebiet ausnahmsweise zulässiges Vorhaben muss das Regel-Ausnahme-Verhältnis auch dem Umfang nach wahren.
61Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 - 2 B 09.2419 -, juris, Rn. 30.
62Insoweit ist nicht allein die bauliche Dimensionierung des Vorhabens relevant. Auch die von ihm ausgehenden - insbesondere die mit dem angesprochenen Benutzerkreis in Zusammenhang stehenden verkehrlichen - Folgewirkungen können vielmehr einen Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets begründen.
63Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 147. EL August 2022, BauNVO § 15, Rn. 17.
64Dass das Vorhaben mit knapp 15 qm Grundfläche in jeder Hinsicht, auch hinsichtlich eventueller Folgewirkungen, seinem Umfang nach als erheblich untergeordnet einzustufen ist, liegt auf der Hand.
65Nach alledem steht § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, der die Festsetzungen eines Bebauungsplans abrunden und absichern, aber nicht dazu dienen soll, der Verwaltung die Korrektur eines durch den Rat erlassenen Bebauungsplans zu ermöglichen,
66vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 25. März 2014 - 2 A 2679/12 -, juris, Rn. 120, mit weiteren Nachweisen,
67der Erteilung der Ausnahme nicht entgegen.
682.
69Bei der Entscheidung über die ausnahmsweise Zulassung eines Vorhabens gemäß § 31 Abs. 1 BauGB handelt es sich zwar um eine Ermessensentscheidung. Das Ermessen der Beklagten ist vorliegend jedoch auf Null reduziert.
70Das von § 31 Abs. 1 BauGB eingeräumte Ermessen ist - wie auch sonst (§ 40 Verwaltungsverfahrensgesetz) - dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben. Als Ermessenserwägungen kommen daher nur städtebauliche Gründe in Betracht.
71Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. August 2020 - 2 A 691/17 -, juris, Rn. 95 und vom 25. März 2014 - 2 A 2679/12 -, juris, Rn. 132, Beschluss vom 6. Mai 2005 - 7 B 2752/04 -, juris, Rn. 34 ff.; Bay. VGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 - 2 B 09.2419 -, juris, Rn. 39; VGH BW, Urteil vom 19. November 2003 - 5 S 2762/02 -, juris, Rn. 40.
72Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausnahme vor, dann erfordern das vom Gesetzgeber mit den Ausnahmeregelungen des § 31 Abs. 1 BauGB (in Verbindung mit den Ausnahmekatalogen der Baunutzungsverordnung) verfolgte Ziel der städtebaulichen Flexibilität und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in aller Regel, dass die Ausnahme gewährt wird.
73Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. August 2020 - 2 A 691/17 -, juris, Rn. 101 und vom 25. März 2014 - 2 A 2679/12 -, juris, Rn. 134; Bay. VGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 - 2 B 09.2419 -, juris, Rn. 39, und vom 26. Januar 2007 - 1 BV 02.2147 -, juris, Rn. 51; siehe auch BVerwG, Urteil vom 19. September 2002 - 4 C 13.01 -, BVerwGE 117, 50 = juris, Rn. 31 (zur Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB).
74Erweist sich das Vorhaben auf der Tatbestandsebene als ausnahmefähig, ist die Ablehnung der ausnahmsweisen Zulassung nur dann ermessensfehlerfrei möglich, wenn besondere, nicht bereits von § 15 Abs. 1 BauNVO erfasste städtebauliche Gründe dem Vorhaben entgegenstehen. Andernfalls ist das Ermessen der Behörde zu Gunsten des Bauherrn auf Null reduziert.
75Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. August 2020 - 2 A 691/17 -, juris, Rn. 102 und vom 25. März 2014 - 2 A 2679/12 -, juris, Rn. 135; Bay. VGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 - 2 B 09.2419 -, juris, Rn. 39; VGH BW, Beschluss vom 6. Oktober 2015 - 3 S 1695/15 -, juris, Rn. 20; anderer Ansicht wohl VGH BW, Urteil vom 16. Dezember 2020 - 8 S 1784/18 -, juris, Rn. 42, das aber ebenfalls keinen Raum für eine ablehnende Entscheidung sieht, wenn keine städtebaulichen Einwände erkennbar sind.
76Ausgehend hiervon hat die Beklagte eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB für den J4. zu erteilen. Besondere, nicht bereits von § 15 Abs. 1 BauNVO erfasste städtebauliche Gründe, die dem Vorhaben entgegenstehen, hat sie nicht vorgetragen und diese liegen auch nicht vor. Die Beklagte stellt im Kern allein auf die Gefahr einer Entwicklung zu einem Sondergebiet „Autohof“ oder „Gastronomieviertel“ im nordöstlichen Bereich des Plangebiets ab. Eine solche realisiert oder vergrößert sich aber - wie ausgeführt - durch die Zulassung eines J. auf einem ansonsten plankonform gewerblich genutzten Grundstück nicht. Dass die Verwirklichung des J. konkrete negative städtebauliche Auswirkungen auf Bereiche außerhalb des Plangebiets hätte, lässt sich angesichts der konkreten örtlichen Situation ebenfalls nicht feststellen.
773.
78Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 S. 3 VwGO. Die Klageänderung ging zwar konkludent mit einer teilweisen Rücknahme einher, welche grundsätzlich die Kostenfolge des § 155 Abs. 2 VwGO nach sich zieht. Die Kammer schätzt den Umfang der Teilrücknahme aber als unbedeutend ein, weil die zwischen den Beteiligten umstrittenen Punkte im Wesentlichen auch im Bauvorbescheidsverfahren zu klären waren.
79Vgl. zu einer ähnlichen Konstellation OVG NRW, Urteil vom 23. April 2015 - 7 A 1779/13 -, juris, Rn. 90.
80Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
81Rechtsmittelbelehrung:
82Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
831. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
842. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
853. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
864. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
875. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
88Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen.
89Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
90Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
91B e s c h l u s s:
92Der Streitwert wird auf 6.000,00 € festgesetzt.
93G r ü n d e:
94Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen. Danach ist bei Baugenehmigungen für gewerbliche Bauten der geschätzte Jahresnutzwert zu Grunde zu legen, den die Kammer vorliegend mit 500,00 € pro Monat bewertet. Dieser Betrag war vorliegend nicht zu reduzieren (Ziffer 5 des Streitwertkataloges), da mit der Entscheidung über die Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheides das zwischen den Beteiligten streitige Kernproblem einer Entscheidung zugeführt wurde.
95Rechtsmittelbelehrung:
96Gegen diesen Beschluss findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
97Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
98Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.