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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 8 K 3255/19

Datum:
01.04.2022
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 K 3255/19
ECLI:
ECLI:DE:VGGE:2022:0401.8K3255.19.00
 
Schlagworte:
Windenergieanlage Halde Drittschutz Außenbereich Bebauungskomplex Ortsteil Schädliche Umwelteinwirkungen Lärm Nachtbetrieb Tagbetrieb Schallimmissionsprognose Interimsverfahren Vermessung Schallreflexionen Infraschall Optisch bedrängende Wirkung Erschütterungen Standsicherheit Landesentwicklungsplan Regionalplan Bebauungsplan
Normen:
VwGO § 42, § 91, BlmSchG § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1; BauGB § 34 Abs. 1, § 35; TA Lärm Nr. 3.2.1, Nr. 6.1, Nr. 6.5
Leitsätze:

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer im-missionsschutzrechtlichen Drittanfechtungsklage grundsätzlich der Zeitpunkt der Geneh-migungserteilung. Während nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zu Las-ten des Anlagenbetreibers außer Betracht bleiben, sind solche zu dessen Gunsten zu berücksichtigen.

2. Vermittelt eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Ein-druck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit, liegt mithin ein Bebauungszu-sammenhang vor, an dem das in Rede stehende Grundstück teilnimmt, ist in einem wei-teren Schritt - in Abgrenzung zur Splittersiedlung - zu klären, ob dieser Bebauungszu-sammenhang Teil eines Bebauungskomplexes im Gebiet einer Gemeinde ist, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer orga-nischen Siedlungsstruktur ist.

3. Im Vergleich zum "Alternativen Verfahren" nach der DIN ISO 9613-2 verzichtet das Interimsverfahren im Kern auf die Berücksichtigung von Bodendämpfungen sowie einer meteorologischen Korrektur. Zudem stellt das Interimsverfahren das Berechnungsverfah-ren auf eine frequenzabhängige Berechnung um mit der Folge, dass auch die Dämpfung aufgrund der Luftabsorption (Aatm) frequenzabhängig erfolgt.

4. Können Risiken, die allenfalls theoretisch denkbar sind, im Rahmen der Prognoseent-scheidung außer Betracht bleiben, obliegt es nicht dem Anlagenbetreiber im Genehmi-gungsverfahren den diesbezüglichen Nachweis ihres Nichtvorliegens zu erbringen. Es ist daher Sache desjenigen, der die Realisierung eines lediglich als entfernt anzusehenden Risikos geltend macht, hierfür hinreichend konkrete Anknüpfungstatsachen zu benennen.

5. Bei dem Verweis in Nr. 6.5 TA Lärm auf Nr. 6.1 Satz 1 Buchstabe d TA Lärm handelt es sich um ein bei Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift in der Fassung vom 1. Juni 2017 zu berichtigendes offensichtliches Redaktionsversehen.

6. Der Höhenunterschied zwischen dem Standort der Windenergieanlage und einem Wohnhaus (hier: etwa 60 m) ist nicht bei der Abstandsbewertung zu der Gesamthöhe der Anlage zu addieren, sondern (nur) im Rahmen der Einzelfallprüfung zu berücksichtigen.

7. Nutzungen im Terrassen-/Gartenbereich, die im Regelfall ohnehin nur in den Som-mermonaten stattfinden, treten im Hinblick auf ihre Schutzwürdigkeit hinter derjenigen von Wohngebäuden zurück.

8. Ziele der Raumordnung entfalten gegenüber privaten Grundstückseigentümern grund-sätzlich keine unmittelbaren Rechtswirkungen.

 
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene allerdings nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 
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