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Die Ordnungsverfügung vom 19. Oktober 2020 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die in Polen ansässige Klägerin ist Mieterin des Wohnhauses I.-----straße 172 (Gemarkung E. , Flur .., Flurstück …) in E. . Das Grundstück, in dessen näherer Umgebung sich Gewerbe-, aber auch Wohngrundstücke befinden, wird von dem Eigentümer vorrangig für den Verkauf von Wohnmobilen und Wohnwagen genutzt. Inmitten der zu diesem Zweck abgestellten Fahrzeuge befindet sich das streitgegenständliche Gebäude, das über ein Erdgeschoss und ein ausgebautes Dachgeschoss sowie eine Terrasse verfügt. Es wird von der Klägerin zur Unterbringung ihrer Mitarbeiter genutzt, die sie anderen Unternehmen gegen Entgelt zur Verfügung stellt.
3Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 17 „Im T. “ – 2. Abschnitt, der hier ein Gewerbegebiet festsetzt. Auch der Flächennutzungsplan stellt eine gewerbliche Baufläche dar.
4Weitere Einzelheiten zeigt der nachfolgende Kartenausschnitt:
5An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze
6Das streitgegenständliche Gebäude ist in der Nachkriegszeit entstanden: Eigentümer des Grundstücks war seinerzeit der Kaufmann L. , der hier einen Holzhandel betrieb. Herr L. wandte sich unter dem 3. März 1946 an die Bauaufsichtsbehörde und erklärte, er beabsichtige, auf seinem Lagerplatz ein „Behelfsheim“ zu errichten. Seine jetzige Wohnung müsse er seinem Bruder und dessen Familie überlassen. Unter dem 9. März 1946 wandte Herr L. sich erneut an die Bauaufsichtsbehörde und erklärte unter Vorlage entsprechender Zeichnungen sowie einer Baubeschreibung („zum Aufbau eines Behelfsheims mit Büro für den Holzhändler Rudolf L. “), er beabsichtige, auf seinem Grundstück „ein Einfamilienhaus (Behelfsheim)“ zu errichten und bitte um die Genehmigung des Vorhabens. In einer Stellungnahme zu dem seinerzeit erforderlichen Antrag auf „bauwirtschaftliche Anerkenntnis“ für das Vorhaben erklärte die Gemeinde im März 1946:
7„Die Unterbringung der Familie des Antragstellers bereitet Schwierigkeiten, insbesondere dadurch, weil der Antragsteller zur Beaufsichtigung seines Betriebes unmittelbar beim Lagerplatz wohnen muss. Die Errichtung einer entsprechenden Notwohnung kann deshalb als dringend angesehen werden. Materialien sind vorhanden. Die Durchführung in Selbsthilfeleistung ist gewährleistet.“
8Das Genehmigungsverfahren wurde in der Folgezeit offenbar nicht weiter betrieben und abgeschlossen. Ein behördlicher Vermerk vom 9. Dezember 1949 stellt fest, das Bauvorhaben sei fertiggestellt und bezogen; eine Genehmigung liege allerdings nicht vor. In einem weiteren Vermerk vom 19. Januar 1950 wird festgestellt, das errichtete Gebäude stimme nicht mit den vorgelegten Zeichnungen überein. Es sei nämlich voll unterkellert und ein Windfang sei angebaut worden. Unter dem 30. Januar 1950 und mit der Betreffzeile „Errichtung eines Behelfsheims“ wandte die Behörde sich an Herrn L. und erklärte, das Genehmigungsverfahren sei seinerzeit nicht zum Abschluss gebracht worden. Das Vorhaben sei inzwischen abweichend von den eingereichten Unterlagen fertiggestellt worden. Daher seien neue Pläne erforderlich; es sei zweckmäßig, einen neuen Antrag zu stellen. Trotz mehrerer Erinnerungen unter Androhung von „Zwangsmaßnahmen“ kam Herr L. dieser Aufforderung nicht nach. Mit Schreiben an ihn vom 15. Juni 1950 kündigte die Behörde an, sie werde eine Bestandsaufnahme vornehmen und hiernach Zeichnungen anfertigen lassen; die Kosten würden in Rechnung gestellt werden.
9Mit Datum vom 28. Juli 1950 erteilte die Bauaufsichtsbehörde unter der Betreffzeile „Errichtung eines Wohnhauses“ nachträglich die Baugenehmigung für das Vorhaben (Bauschein Nr. 50/12921). Mit einem „Grünstempel“ als zugehörig gekennzeichnet ist ein Blatt, das unter der Überschrift „Zeichnung zum Bau eines Behelfsheimes für den Holzhändler Herrn Rudolf L. “ Ansichtszeichnungen, einen Schnitt und Grundrisse des Gebäudes – offenbar in der damals aktuellen Gestalt – zeigt.
10Im März 2020 nahm die Beklagte das Grundstück in Augenschein und stellte unter anderem fest, dass das Wohnhaus I.-----straße 172 offenbar zur Unterbringung von Arbeitern genutzt wird. Unter dem 27. März 2020 hörte die Beklagte den Zeugen X. als Grundstückseigentümer zum Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung (unter anderem) hinsichtlich des streitgegenständlichen Gebäudes mit der Begründung an, die Nutzung des Gebäudes als „Arbeiterwohnheim“ sei nicht genehmigt und daher formell illegal. Der Zeuge X. teilte daraufhin mit, das Gebäude sei vermietet und die Bewohner seien ordnungsgemäß gemeldet.
11Die Beklagte hörte daraufhin unter dem 7. Mai 2020 die Klägerin zum Erlass einer entsprechenden Nutzungsuntersagungsverfügung an. Diese teilte unter dem 3. Juni und unter dem 5. Juni 2020 mit, die Häuser würden ausschließlich von ihren Mitarbeitern bewohnt, wobei pro Schlafzimmer maximal zwei Mitarbeiter untergebracht seien; negative Auswirkungen auf das Wohnumfeld seien nicht zu befürchten. Es handele sich nicht um eine Nutzungsänderung, weil die Nutzungsart „Wohnen“ beibehalten bleibe.
12Mit Ordnungsverfügung vom 19. Oktober 2020 untersagte die Beklagte der Klägerin unter Androhung eines Zwangsgeldes die Nutzung des Wohnhauses I.-----straße 172 und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte sie aus: Bei dem Gebäude handele es sich um ein betriebsbezogen genehmigtes Wohnhaus, das Betriebsinhabern und -leitern vorbehalten sei. Die Unterbringung der Arbeitskräfte sei durch die geltende Baugenehmigung nicht gedeckt, da es an dem erforderlichen Betriebsbezug fehle.
13Am 20. November 2020 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung sie ausführt: Für das Gebäude sei die Nutzungsart „Wohnen“ genehmigt, ohne dass sich eine Einschränkung auf „betriebsbezogenes Wohnen“ erkennen lasse. Dem entsprechend werde es auch genutzt. Ihre Mitarbeiter könnten das Haus eigenverantwortlich nutzen. Für ihre Verpflegung und Wäsche sowie die Reinigung des Hauses hätten sie selbst zu sorgen. Die Immobilie sei auch nicht überbelegt. In den einzelnen Räumen werde nur jeweils ein Mitarbeiter untergebracht, der über einen Schlüssel für das Haus und sein Zimmer verfüge. Überdies gebe es Gemeinschaftsräume und einen Freisitz, die für die Freizeitgestaltung genutzt werden könnten.
14Die Klägerin beantragt,
15die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 19. Oktober 2020 aufzuheben.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie wiederholt die Begründung ihrer Ordnungsverfügung und führt ergänzend aus: In ihren Bauakten fänden sich mehrere Baugenehmigungen. Ihnen sei gemein, dass es sich um betriebsbedingtes Wohnen handele. Dem Holzhändler L. sei die Errichtung des „Behelfsheims“ seinerzeit genehmigt worden, damit dieser auf seinem Lagerplatz wohnen und diesen beaufsichtigen könne. Nach den Gesamtumständen könne es sich nur um ein für den Betriebsleiter bestimmtes Gebäude handeln. Schon wegen der Immissionen und der mit dem Holzlagerplatz zusammenhängenden Gefahren könne es sich nicht um die Genehmigung eines gewöhnlichen Wohnhauses handeln. Mit der endgültigen Aufgabe der Holzhandlung sei der Baugenehmigung die Grundlage entzogen und diese unwirksam geworden. Jede neue Nutzung bedürfe folglich der Baugenehmigung. Selbst wenn man demgegenüber die Genehmigung eines nicht an den Betrieb gebundenen Wohnhauses annehme, sei die Nutzung formell illegal. Denn es handele sich nicht um „Wohnen“, sondern um Beherbergung. Die Mitarbeiter würden durch die Klägerin in dem Haus untergebracht, wobei sich offenbar häufig zwei Mitarbeiter einen Raum teilen müssten; in den Räumen befänden sich nämlich überwiegend zwei Betten.
19Der Berichterstatter der Kammer hat am 4. Mai 2022 einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll Bezug genommen.
20Die Klägerin hat im Anschluss an den Ortstermin auf Aufforderung des Gerichts eine Reihe von Lichtbildern vorgelegt, die das Innere des Gebäudes zeigen.
21In der mündlichen Verhandlung hat die Kammer Beweis erhoben durch Vernehmung mehrerer, von der Klägerin benannter Zeugen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll Bezug genommen.
22Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden und des den zugehörigen Gebührenbescheid betreffenden Parallelverfahrens 6 K 4456/20 sowie denjenigen der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Die Klage ist zulässig und begründet.
25Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 19. Oktober 2020 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
26Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Ordnungsverfügung ist § 58 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 82 Abs. 1 S. 2 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018).
27In formeller Hinsicht begegnet die angegriffene Ordnungsverfügung keinen rechtlichen Bedenken, insbesondere ist die Klägerin vor ihrem Erlass – wie in § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) vorgeschrieben –angehört worden.
28Die Ordnungsverfügung ist jedoch materiell rechtswidrig. Nach § 58 Abs. 2 S. 2 BauO NRW 2018 haben die Bauaufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Aufgabe, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften bei der Errichtung, der Änderung, der Nutzungsänderung und der Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen zu überwachen, nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. § 82 Abs. 1 S. 2 BauO NRW 2018 sieht insoweit vor, dass die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung untersagen kann, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften in diesem Sinne gehören unter anderem die §§ 60 ff. BauO NRW 2018, denen zufolge bestimmte Vorhaben der Einholung einer Baugenehmigung bedürfen. Wird ein solches genehmigungsbedürftiges Vorhaben ohne die erforderliche Genehmigung durchgeführt, hat die Behörde ein Einschreiten zu erwägen.
29Gemäß § 60 Abs. 1 BauO NRW 2018 bedarf auch die Nutzungsänderung von bestehenden Anlagen einer Baugenehmigung, soweit in den §§ 61 bis 63, 78 und 79 BauO NRW 2018 nichts anderes bestimmt ist. Von einer solchen Nutzungsänderung ist auszugehen, wenn die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme der veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage neu stellt.
30Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. November 2005 - 10 A 1166/04 - und Beschluss vom 29. Juni 2021 - 2 B 499/21 -, juris (Rn. 8); Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 13. Aufl. 2019, § 3 Rn. 107.
31Die derzeitige Nutzung durch die Klägerin wäre das Ergebnis einer (genehmigungspflichtigen) Nutzungsänderung und würde damit zur formellen Illegalität führen, wenn das in Rede stehende Gebäude als „Betriebsleiterwohnhaus“ genehmigt worden ist oder wenn es sich bei der aktuellen Nutzung nicht mehr um „Wohnen“ handelt. Beides ist indessen nicht der Fall.
32Der Annahme der Beklagten, das Gebäude sei seinerzeit als Betriebsleiterwohnhaus genehmigt worden, vermag die Kammer nicht zu folgen. Eine derartige Beschränkung der genehmigten Nutzung ist der Baugenehmigung vom 28. Juli 1950 nach Auffassung der Kammer nicht zu entnehmen.
33Der Inhalt eines Verwaltungsakts ist im Allgemeinen durch Auslegung zu ermitteln, wobei der objektive Erklärungswert aus Sicht des Empfängerhorizonts maßgeblich ist. Zu seiner Ermittlung sind grundsätzlich alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen. Maßgeblich ist also, wie der Adressat die Erklärung unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste; Zweifel gehen zu Lasten der Behörde.
34Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 17. August 1995 - 1 C 15.94 -, BVerwGE 99, 101 ff. = juris (Rn. 17); von Alemann/ Scheffczyk, in BeckOK VwVfG, 52. Edition 1.7.2022, § 35 Rn. 46 mit weiteren Nachweisen.
35Der Regelungsgehalt einer Baugenehmigung ist allerdings regelmäßig allein anhand des Bauscheins selbst und der mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen zu bestimmen. Auf sonstige Umstände, insbesondere auf nicht „grüngestempelte“ Unterlagen und Abreden, darf in aller Regel nicht zurückgegriffen werden.
36Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. April 2004 - 10 B 545/04 -, juris (Rn. 10), vom 20. September 2007- 10 A 4372/05 -, juris (Rn. 3), vom 7. September 2010 – 10 B 846/10 -, juris (Rn. 3), und vom 21. Dezember 2020 - 10 B 944/20 -, juris (Rn. 11); Hüwelmeier, in: BeckOK BauordnungsR NRW, 11. Edition 1.5.2022, § 74 Rn. 76 und 96 mit weiteren Nachweisen.
37Dies ergibt sich vor allem aus dem Antragsgrundsatz und dem strikten Schriftformgebot im Baugenehmigungsverfahren (heute § 70 Abs. 1 und § 74 Abs. 2 S. 1 BauO NRW 2018) und gilt auch für den vorliegenden Fall. Denn auch im Jahre 1950 war eine Baugenehmigung gemäß §§ 1 und 2 der hier anwendbaren Bauordnung des Verbandspräsidenten für den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk vom 24. Dezember 1938 in der Fassung vom 1. Juni 1946 schriftlich und auf entsprechenden Antrag zu erteilen.
38Hinsichtlich der fraglichen Baugenehmigung vom 28. Juli 1950 ist insoweit zu konstatieren, dass der dem Bauherrn seinerzeit ausgehändigte Bauschein 50/12921 selbst (Bl. 140 der vorgelegten Bauakte) die Betreffzeile „Errichtung eines Wohnhauses“ trägt und keinerlei Hinweise auf einen Betriebsbezug enthält. Dass die Nutzung des genehmigten Wohnhauses nur durch den Inhaber oder Leiter des seinerzeit noch vorhandenen Holzhandels erfolgen darf, ist im Text dieses Bauscheins nicht einmal angedeutet.
39Die einzige „grüngestempelte“ Bauvorlage, ein Ansichts-, Schnitt- und Grundrisszeichnungen zeigendes Blatt (Bl. 171 der vorgelegten Bauakte) mit der Überschrift „Zeichnung zum Bau eines Behelfsheims für den Holzhändler Herrn Rudolf L. “, enthält ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass das dargestellte Haus ausschließlich durch den Betriebsinhaber oder -leiter soll genutzt werden dürfen. Dies gilt auch für die Bezeichnung des Bauherrn als „Holzhändler“. Denn es entsprach den üblichen Gepflogenheiten jener Zeit, Bürger mit ihrer Berufsbezeichnung zu benennen. Aussagekraft in Bezug auf den Inhalt der erteilten Baugenehmigung kann einer solchen Bezeichnung in aller Regel nicht beigemessen werden. Ähnliches gilt für die Bezeichnung des Vorhabens als „Behelfsheim“. Sie deutet lediglich auf eine vereinfachte bauliche Ausführung des Gebäudes hin, nicht aber auf einen zwingenden Bezug zu dem vorhandenen Betrieb.
40Bezugnahmen auf weitere Dokumente oder Umstände, aus denen sich eine Beschränkung der Baugenehmigung vom 28. Juli 1950 entnehmen ließe, enthalten der Bauschein und die mit Zugehörigkeitsvermerk versehene Bauvorlage nicht.
41Vgl. demgegenüber OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2016 - 7 A 936/15 -, juris (Rn. 4); NdsOVG, Urteil vom 20. Februar 2014 - 1 LB 189/11 -, juris (Rn. 21 ff.); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. April 2016 - 5 K 1866/14 -, juris (Rn. 38 ff.), in denen entsprechende Bezugnahmen ausgemacht werden konnten.
42Die von der Beklagten hervorgehobene Stellungnahme der Gemeinde vom 13. März 1946, in welcher von einer für den Bauherrn bestehenden Notwendigkeit die Rede ist, unmittelbar bei seinem Lagerplatz zu wohnen, ist nicht mit einem Zugehörigkeitsvermerk versehen, und im Bauschein wird auch nicht auf sie Bezug genommen. Es lässt sich im Übrigen durchaus die Frage stellen, ob es sich bei dem im Jahre 1950 durchgeführten Baugenehmigungsverfahren noch um das Verfahren handelt, das im März 1946 zu der fraglichen Stellungnahme der Gemeinde geführt hat. Denn nach der Abgabe der Stellungnahme wurde nach Lage der Akten das Verfahren rund vier Jahre lang nicht weitergeführt und die Wiederaufnahme erfolgte seinerzeit mit dem Hinweis an den Bauherrn, es sei wegen der abweichenden Erstellung des Gebäudes „zweckmäßig, einen neuen, der Ausführung entsprechenden Antrag zu stellen“ (Schreiben vom 30. Januar 1950, Bl. 128 der Bauakte). Überdies ist die Stellungnahme vom 13. März 1946 nicht einmal im Baugenehmigungsverfahren selbst, sondern in dem damals zusätzlich erforderlichen Verfahren auf „bauwirtschaftliche Anerkenntnis“ abgegeben worden. Nach alledem kann die Auslegung der Baugenehmigung nicht maßgeblich auf die Stellungnahme der Gemeinde gestützt werden.
43Unabhängig von der fehlenden Verschriftlichung im Bauschein und in den als zugehörig gekennzeichneten Bauvorlagen steht im Übrigen auch keineswegs fest, dass der dauerhafte Bezug des Gebäudes zu dem vorhandenen Betrieb aus Sicht der Behörde eine Bedingung für die Erteilung der Baugenehmigung und deren Beschränkung auf „betriebsbezogenes Wohnen“ folglich geboten war. Zwar enthielt auch die Bauordnung des Verbandspräsidenten für den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk seinerzeit für Gewerbegebiete die Regelung „Ausnahmsweise dürfen Wohnungen als Zubehör zu gewerblichen oder Industrieanlagen für Aufsichtshabende, Betriebsleiter, Pförtner, Heizer und dgl. eingerichtet werden.“ (§ 7A Absatz 48). Ausweislich des den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung präsentierten Luftbilds aus dem Jahre 1952 (Quelle: luftbilder.geoportal.ruhr) gab es seinerzeit an dieser Stelle aber noch kein Gewerbegebiet. Es handelte sich vielmehr um eine allseits von Acker- und Weideflächen umgebene Ansammlung einiger weniger Gebäude nebst dem Holzlager. Nach heutigen Maßstäben und wohl auch nach der Rechtslage im Jahre 1950 dürfte es sich um Außenbereich gehandelt haben (§ 7B Abs. 3 ff. der Bauordnung des Verbandspräsidenten für den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk). Anlass für eine Beschränkung der Baugenehmigung auf „betriebsbezogenes Wohnen“ hätte insoweit eventuell bestanden, wenn das Wohnhaus des Holzhändlers als zu einem forstwirtschaftlichen Betrieb oder einem entsprechenden Nebenbetrieb gehörig betrachtet worden wäre. Da das Grundstück bei Erteilung der Baugenehmigung nicht im Wald oder in dessen Nähe lag, liegt jedoch auch eine solche Annahme nicht gerade nahe.
44Nach alledem ist die Baugenehmigung vom 28. Juli 1950 dahingehend auszulegen, dass sie ein Wohnhaus ohne Einschränkung auf eine Nutzung durch Betriebsleiter oder Betriebsinhaber zum Gegenstand hat.
45Das Gericht vermag im Ergebnis auch nicht festzustellen, dass das Gebäude durch die Klägerin nicht als Wohnhaus genutzt wird.
46Eine Wohnnutzung zeichnet sich durch auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthaltes aus. Maßgeblich sind das Nutzungskonzept und seine grundsätzliche Verwirklichung, nicht das individuelle und mehr oder weniger spontane Verhalten einzelner Bewohner. Der Begriff des Wohnens ist dabei nicht zu eng zu verstehen. Die für das Wohnen prägende Möglichkeit zur Eigengestaltung des häuslichen Wirkungskreises erfordert neben hinreichenden Aufenthaltsmöglichkeiten auch private Rückzugsräume, die der Eigengestaltung offenstehen. Das beschränkt den Nutzerkreis einer Wohneinheit allerdings nicht auf eine Familie bzw. eine Kleingruppe von Personen mit enger persönlicher Beziehung. Es schließt insbesondere nicht aus, dass sich Personen auf freiwilliger Basis und aufgrund persönlicher Beziehungen zusammenfinden und gemeinschaftlich zusammenleben, wie beispielsweise bei einer studentischen Wohngemeinschaft. Dieselben Maßstäbe sind an neuere Typen von Wohngemeinschaften von Monteuren/Arbeitern oder Alterswohngemeinschaften zu stellen. Das dürfte auch dann noch gelten, wenn aufgrund eingeschränkter finanzieller Mittel eine Wohndichte erreicht wird, die hiesigen Wohnstandards nicht voll entspricht. Allerdings wird man eine Wohnnutzung regelmäßig bei einer Doppelbelegung von Schlafräumen nur annehmen können, wenn persönliche Beziehungen zwischen den Bewohnern bestehen, weil andernfalls ein Rückzug in das Private nicht in dem gebotenen Umfang möglich ist. Enger Freundschaft oder verwandtschaftlicher Bande bedarf es dazu allerdings nicht.
47So zusammenfassend OVG NRW, Beschluss vom 27. Mai 2021 - 2 B 1866/20 -, juris (Rn. 16 ff. ff.); vgl. zu diesen Fragen auch BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2017 - 4 C 5.16 -, juris (Rn. 17); NdsOVG, Beschlüsse vom 18. September 2015 - 1 ME 126/15 -, juris (Rn. 10 f.), und vom 16. August 2019 - 1 LA 28/19 -, juris (Rn. 7); BayVGH, Beschluss vom 13. August 2020 - 15 CS 20.1512 -, juris (Rn. 40 ff.); HessVGH, Beschluss vom 23. September 2021 - 4 B 773/21 -, juris (Rn. 15 f.); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. August 2020 - 6 K 3783/18 -, juris (Rn. 31 ff.), jeweils mit weiteren Nachweisen.
48Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Wohnnutzung anzunehmen.
49Dass das in Rede stehende Gebäude seiner Ausstattung nach als Wohngebäude taugt, unterliegt keinen Zweifeln. Es handelt sich um ein gewöhnliches, wenn auch sehr einfaches Wohnhaus mit den entsprechenden Zimmern, Außenbereichen und Anschlüssen, das ohne weiteres zur eigengestalteten Haushaltsführung dienen kann. Es verfügt neben den einzelnen Schlafzimmern über eine voll ausgestattete Küche mit Sitzgelegenheit und mehrere Waschmaschinen sowie eine geräumige Terrasse. Nach dem von ihr beschriebenen Konzept der Klägerin, aber auch nach den Ausführungen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung sind die Bewohner für ihre Verpflegung, die Wäsche und die Reinigung des Gebäudes selbst verantwortlich, nehmen insoweit also keine zusätzlichen Dienstleistungen in Anspruch, wie sie für einen Beherbergungsbetrieb und auch eine Unterbringung typisch wären.
50Es fehlt auch nicht an einer entsprechenden „Häuslichkeit“. Die von der Klägerin vorgelegten Fotos belegen, dass die einzelnen Bewohner des Hauses ihre jeweiligen Räume mit persönlichen Gegenständen, aber auch mit Postern und anderem Wandschmuck versehen. Zudem verfügen sie in den Zimmern regelmäßig über Kühlschränke, Fernsehgeräte etc., die – so die Aussage der Zeugen Gheorghe und Marius – in ihrem Eigentum stehen. Die Beschreibung des gemeinsamen Lebens in dem streitgegenständlichen Gebäude durch die beiden genannten Zeugen weckt aus Sicht der Kammer keine Zweifel daran, dass hier eine Häuslichkeit erzielt wird.
51Diese ist grundsätzlich auch auf Dauer angelegt. Gerade bei diesem Bestandteil des Wohnbegriffs verbietet sich eine schematische Betrachtung anhand der Frage, ob die Nutzung von längerer oder kürzerer bzw. von bestimmter oder unbestimmter Dauer ist. Das Merkmal ist vielmehr flexibel zu handhaben und dient der Abgrenzung des Wohnens, nämlich des Wohngebäudes als „Heimstatt im Alltag“, von verschiedenen Erscheinungsformen des vorübergehenden oder übergangsweisen sowie des provisorischen, nur einem bestimmten Zweck dienenden Unterkommens wie etwa dem Übernachten in Hotels und Herbergen aller Art, in Notunterkünften und Aufnahmelagern sowie in Ferienwohnungen mit ständigem Wechsel der Nutzer.
52Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. August 2020 - 6 K 3783/18 -, juris (Rn. 42), mit weiteren Nachweisen.
53Die Mitarbeiter der Klägerin sind nach deren Angaben und ausweislich der Ausführungen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung regelmäßig für einen längeren Zeitraum in E. beschäftigt und kommen auch nach ihren Aufenthalten in Polen oder Rumänien in der Regel wieder in das Haus zurück. So hat der Zeuge Marius angegeben, er wohne (mit entsprechenden Unterbrechungen) bereits seit vier Jahren in dem streitgegenständlichen Gebäude.
54Auch das Merkmal der „Freiwilligkeit“, mit welchem das Wohnen von der Unterbringung (etwa von Asylbewerbern und nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychisch Kranken Untergebrachten) abgegrenzt wird, ist vorliegend zu bejahen. Die Mitarbeiter erhalten als Bestandteil ihres mit der Klägerin eingegangenen Arbeitsverhältnisses die Möglichkeit, in einem der von dieser angemieteten Gebäude zu wohnen und nehmen diese schon aus Kostengründen wahr. Dass sie dabei durchaus ein Mitspracherecht haben, lässt sich an der beiläufigen Bemerkung des Zeugen Gheorghe ersehen, er sei in das fragliche Haus gezogen, weil er näher an seinem Betrieb habe wohnen wollen. Dass der Mietvertrag mit dem Grundstückseigentümer nicht von den einzelnen Mitarbeitern, sondern von der Klägerin abgeschlossen worden ist, ist für die baurechtliche Einordnung der Nutzung nicht von Belang.
55Es lässt sich schließlich auch nicht feststellen, dass den Bewohnern des Hauses die für eine Wohnnutzung erforderlichen privaten Rückzugsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen, wenngleich insoweit ein Grenzfall vorliegen dürfte. Soweit die zur Baugenehmigung vom 28. Juli 1950 gehörende Grundrisszeichnung die Existenz eines Durchgangszimmers in der nordöstlichen Ecke des Erdgeschosses zu belegen scheint, entspricht dies nicht (mehr) den tatsächlichen Verhältnissen. Die vorgelegten Fotos zeigen, dass, wie auch der Zeuge X. vorgetragen hat, der Durchgang zu dem anschließenden Zimmer dort zumindest durch einen massiven Schrank (s. Foto auf Bl. 184 der Gerichtsakte) versperrt ist, so dass der Zugang zu dem Zimmer vom Flur aus zu erfolgen hat. Die Klägerin hat ferner im Klageverfahren durchgehend erklärt, die einzelnen Schlafzimmer würden jeweils nur von einem einzigen Mitarbeiter bewohnt, der auch über einen Zimmerschlüssel verfüge. Dies haben im Prinzip auch die Zeugen N. und H. in der mündlichen Verhandlung berichtet. Dass der Zeuge H. erklärt hat, er schließe sein Zimmer nicht ab, weil es dafür keinen Anlass gebe, ändert nichts daran, dass jedenfalls die Möglichkeit gegeben ist und dem Bewohner eine Rückzugsmöglichkeit offensteht. Die auf den Fotos erkennbare Ausstattung der einzelnen Zimmer mit Wandschmuck und persönlichem Hausrat bestätigt diesen Eindruck. Dass nach der Schilderung beider Zeugen mitunter ein zweiter Kollege für ein, zwei oder drei Tage in ein Schlafzimmer aufgenommen wird, nämlich dann, wenn kurzfristig keine andere Unterbringungsmöglichkeit zur Verfügung steht, genügt aus Sicht der Kammer nicht, um das grundsätzliche Bestehen privater Rückzugsmöglichkeiten zu verneinen. Denn den Schilderungen der vorgenannten Zeugen war zu entnehmen, dass die Aufnahme eines zweiten Kollegen in entsprechenden Ausnahmesituationen für sie selbstverständlich ist und einvernehmlich unter den Bewohnern geregelt wird. Eine solche einvernehmliche Regelung entspricht gerade der Annahme einer Verfügungsgewalt des einzelnen Bewohners über sein Zimmer, auch wenn bei lebensnaher Betrachtung die Erwartung der Klägerin als Arbeitgeberin an den einzelnen Bewohner bestehen dürfte, sich einer Lösung des Problems nicht zu verschließen.
56Hinreichende Gründe für die Annahme, die Aussagen der Zeugen H. und N. entsprächen nicht der Wahrheit, sieht die Kammer im Ergebnis nicht.
57Das durch den Vortrag der Klägerin und die Aussagen der vier Zeugen entstandene Gesamtbild ist allerdings nicht ganz frei von Ungereimtheiten und (möglichen) Widersprüchen. So hat die Klägerin noch im Verwaltungsverfahren auf die Anhörung der Beklagten hin erklärt, die Zimmer würden maximal mit zwei Mitarbeitern belegt. Wenn damit lediglich die vorstehend beschriebene Möglichkeit der kurzfristigen Unterbringung eines zweiten Kollegen für bis zu drei Tage angesprochen werden sollte, liegt kein Widerspruch vor. Wenn allerdings – was näher liegen dürfte – eine regelmäßige Belegung der Zimmer mit zwei Personen gemeint war, so widerspricht dies den Aussagen der Zeugen. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat diesen Widerspruch indes nachvollziehbar damit erklärt, dass eine Doppelbelegung der Zimmer ursprünglich geplant gewesen, faktisch jedoch – auch infolge der Corona-Pandemie – nie verwirklicht worden sei.
58Die Behauptung der Zeugin N1. und des Zeugen (insoweit vom Hörensagen) X. , dass die beiden Betten in einem Zimmer im Wechsel von zwei Personen benutzt würden, findet sich in den Aussagen der Zeugen N. und H. so nicht wieder; Herr H. hat vielmehr angegeben, wenn er nicht da sei, werde das Zimmer grundsätzlich nicht genutzt. Allerdings hat Herr X. mit der Unterbringung der Mitarbeiter in dem streitgegenständlichen Haus gar nichts zu tun und auch die Zeugin N1. hat angegeben, sie sei lediglich für die Anmeldung der Mitarbeiter bei der Meldebehörde, nicht aber für die Verteilung auf die Häuser und die Fragen der dortigen Organisation zuständig. Insoweit mag es – neben gewissen Sprachproblemen im Falle der Zeugin N1. – der Unkenntnis der beiden Zeugen geschuldet sein, dass ihre Beschreibung nicht ganz den Aussagen der Zeugen N. und H. entspricht.
59Zweifel an der Behauptung, jedes Zimmer werde nur mit einem einzigen Mitarbeiter belegt, weckt schließlich die Tatsache, dass sich in den meisten Zimmern zwei Betten befinden und diese ausweislich der Fotos auch durchweg bezogen sind. Die Erklärungen der Zeugen dazu waren nicht uneingeschränkt überzeugend. Auf der anderen Seite wäre es ein Leichtes gewesen, die Bettwäsche jeweils eines Bettes vor der Anfertigung der Fotos zu entfernen, hätte man ein manipuliertes Bild der Situation in dem Gebäude produzieren wollen. Jedenfalls haben gerade die mit den Verhältnissen vor Ort unmittelbar vertrauten Zeugen N. und H. lebendig, spontan und teilweise durchaus detailreich vom Zusammenleben in dem streitgegenständlichen Gebäude berichtet; klare Widersprüche innerhalb ihrer jeweiligen Aussagen ließen sich nicht ausmachen. Die Kammer geht daher davon aus, dass ihre Schilderung im Wesentlichen den Tatsachen entspricht und jeder Bewohner grundsätzlich ein eigenes Zimmer zur Verfügung hat, mag die Nutzung der Betten auch von den Bewohnern je nach Bedarf flexibel gehandhabt werden.
60Das Gericht hält die nach alledem durchaus verbleibenden Restzweifel nicht für bedeutend genug, um die Behauptung der Klägerin, jedes Zimmer werde – von Ausnahmesituationen abgesehen – nur von einem einzigen Mitarbeiter genutzt, zu widerlegen. Insgesamt ist die Nutzung des Gebäudes durch die Klägerin damit als Wohnnutzung anzusehen und bewegt sich im Rahmen der mit der Baugenehmigung vom 28. Juli 1950 genehmigten Nutzungsart.
61Nicht näher zu prüfen braucht die Kammer, ob es sich bei den vorgenommenen baulichen Änderungen (Errichtung des Dachaufbaus und der Terrasse) und der Umnutzung einzelner Räume (ehemaliges Büro im Erdgeschoss, Badezimmer im Obergeschoss, zusätzlicher Aufenthaltsraum unter dem Dachaufbau) um genehmigungspflichtige Maßnahmen handelt. Denn die angefochtene Ordnungsverfügung ist auf derartige Verstöße nicht gestützt und die Auswechslung der Begründung würde sie in ihrem Wesen verändern. Wenn sie die Ordnungsverfügung auf eine oder mehrere der vorgenannten, möglicherweise formell rechtswidrigen Maßnahmen hätte stützen wollen, hätte die Beklagte im Rahmen der allein ihr zustehenden Ermessensausübung prüfen müssen, ob eine vollständige Nutzungsuntersagung infolge des Verstoßes gerechtfertigt und angezeigt ist.
62Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
63Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Zivilprozessordnung.
64Rechtsmittelbelehrung:
65Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
661. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
672. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
683. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
694. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
705. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
71Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen.
72Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
73Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
74B e s c h l u s s:
75Der Streitwert wird auf 9.000,00 € festgesetzt.
76G r ü n d e:
77Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer hat den Jahresnutzwert für das Wohnhaus mangels konkreter Angaben grob geschätzt. Gegenüber der vorläufigen Streitwertfestsetzung ist der Betrag dabei nach genauerer Kenntnis des Gebäudes um ein Viertel reduziert worden.
78Rechtsmittelbelehrung:
79Gegen diesen Beschluss findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
80Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
81Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.