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Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. August 2019 (Az.: 61/5-3-050453) verpflichtet, die unter dem 31. Mai 2019 beantragte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des Dachgeschosses von Kinderzimmer zu Arbeiten und von Abstellraum zu Bad mit Errichtung einer Dachgaube auf dem Grundstück Gemarkung L. , G1. 2, G. 603 (S.------weg 21, XXX E. ) zu erteilen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. August 2019 (Az.: 61/5-3-050453) verpflichtet, die unter dem 31. Mai 2019 beantragte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des Dachgeschosses von Kinderzimmer zu Arbeiten und von Abstellraum zu Bad mit Errichtung einer Dachgaube auf dem Grundstück Gemarkung L. , G1. 2, G. 603 (S.------weg 21, XXX E. ) zu erteilen.
2Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
3Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
4Tatbestand:
5Die Kläger begehren von der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung unter anderem für die Errichtung einer Dachgaube.
6Die Kläger sind Eigentümer des südlich an der Straße S.------weg gelegenen Grundstücks Gemarkung L. , G1. 2, G. 603 (S.------weg 21, XXX E. ). Südlich des S1.------wegs schließt sich eine Bebauung an, die im Westen von der M.------------straße , im Osten von der M1. Straße und im Süden von unbebauten Flächen umgrenzt wird. Die Grundstücke südlich des S1.------wegs sind ausschließlich mit zweigeschossigen Einfamilienhäusern bebaut, die beinahe sämtlich entweder in Form von Doppelhäusern oder – wie das klägerische Wohnhaus – in Rahmen einer Häusergruppe errichtet sind. Bei den nördlich des S1.------wegs errichteten Anlagen handelt es sich um überwiegend freistehende eingeschossige Einfamilienhäusern.
7Auf dem an der südlich vom S.------weg abgehenden Stichstraße L1.------weg gelegenen Grundstück Gemarkung L. , G1. 2, G. 567 (L1.------weg 11, XXX E. ) befindet sich ein Einfamilienhaus mit einer nach Süden ausgerichteten und im Jahre 2013 von der Beklagten genehmigten Dachgaube. Dabei nimmt die Dachgaube bei einer Dachgesamtlänge von ca. 5,3 Metern eine Länge von ca. 3,1 Metern ein. Zudem weist sie eine Höhe von ca. 1,6 Metern auf. Die von außen wahrnehmbare Dachschräge weist eine Länge von ca. 4 Metern auf.
8Hier befand sich eine Skizze.
9Unter dem 31. Mai 2019 beantragten die Kläger bei der Beklagten die Baugenehmigung für die Errichtung einer nördlich, d.h. in Richtung des S1.------wegs , ausgerichteten Dachgaube. Zudem sollte der im Dachgeschoss befindliche Abstellraum in ein Badezimmer und das ebenfalls im Dachgeschoss vorhandene Kinder- in ein Arbeitszimmer umfunktioniert werden. Nach den Bauvorlagen sollte die Dachgaube eine Länge von 3,55 Meter und eine Höhe von 2,4 Meter aufweisen. Zur östlichen Nachbargrenze soll sie einen Abstand von ca. 1,1 Meter, zur westlichen Nachbargrenze einen Abstand von ca. 0,5 Meter einhalten.
10Mit Schreiben vom 17. Juni 2019 wies die Beklagte die Kläger darauf hin, dass die geplante Dachgaube die erforderlichen seitlichen Abstandsflächen nicht einhalte und daher eine Abweichung erforderlich sei. Mit Schreiben vom 16. Juli 2019 hörte die Beklagte die Kläger zur beabsichtigten Ablehnung des Bauantrags an, die sie im Wesentlichen mit der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit der geplanten Dachgaube begründete. Die Dachgaube füge sich – so die Beklagte – hinsichtlich des Maßes ihrer baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung ein, weil sie die optische Wirkung eines dritten Vollgeschosses begründe, für das es an einem Vorbild mangele. Mit Bescheid vom 14. August 2019, den Klägern am 21. August 2019 zugestellt, lehnte die Beklagte den Bauantrag mit der bereits im Anhörungsschreiben formulierten Begründung ab.
11Die Kläger haben am 13. September 2019 Klage erhoben. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus, die geplante Dachgaube bedürfe nicht nur keiner seitlichen Abstandsflächen, sondern bewahre im Übrigen auch die in der näheren Umgebung vorhandene faktische Zweigeschossigkeit. Unabhängig davon sei die im Jahre 2013 genehmigte Dachgaube auf dem Grundstück L1.------weg 11 als Vorbild zu werten, die im Vergleich zur geplanten Dachgaube deutlich größer sei.
12Die Kläger beantragen,
13die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. August 2019 (Az.: 61/5-3-050453) zu verpflichten, die unter dem 31. Mai 2019 beantragte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des Dachgeschosses von Kinderzimmer zu Arbeiten und von Abstellraum zu Bad mit Errichtung einer Dachgaube auf dem Grundstück H. L. , G1. 2, G. 603 (S.------weg 21, XXX E. ) zu erteilen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen die Argumentation aus dem Verwaltungsverfahren. Vertiefend führt sie aus, die Dachgaube auf dem Grundstück L1.------weg 11 könne nicht als Vorbild dienen, weil von ihr andere Auswirkungen ausgingen. Sie sei nämlich auf einem am Ende einer Sackgasse gelegenen Grundstück und dort auf der von der übrigen Bebauung abgewandten Seite errichtet, so dass sie wesentlich weniger wahrnehmbar sei als die von den Klägern geplante Dachgaube.
17Der zuständige Berichterstatter hat die Örtlichkeiten im Rahmen eines Ortstermins zusammen mit den Beteiligten in Augenschein genommen. Es wird insoweit auf die erstellten Lichtbilder verwiesen. Für weitere Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
18Entscheidungsgründe:
19Die zulässige Klage hat Erfolg, weil sie auch begründet ist. Die Ablehnung der von den Klägern beantragten Baugenehmigung mit Bescheid der Beklagten vom 14. August 2019 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
20Die Kläger haben nämlich auf Grundlage des § 74 Abs. 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der hier maßgeblichen, seit dem 1. Januar 2019 geltenden Fassung (BauO NRW) einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung. Dies setzt voraus, dass einem genehmigungspflichtigen Vorhaben nach Maßgabe eines vollständigen und bestimmten Bauantrags öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entgegenstehen. Dies ist hier der Fall. Das Vorhaben ist insgesamt genehmigungspflichtig (dazu I.). Der von den Klägern bei der Beklagte eingereichte Bauantrag ist auch vollständig (dazu II.) und lässt ein Entgegenstehen hier zu prüfender öffentlich-rechtlicher Vorschriften ausschließen (dazu III.).
21I.
22Das Vorhaben ist insgesamt genehmigungspflichtig. Nach § 60 Abs. 1 BauO NRW unterliegen unter anderem die Errichtung, die Änderung sowie die Nutzungsänderung von baulichen Anlagen der Genehmigungspflicht. Unabhängig davon, ob gegebenenfalls einzelne Elemente des Vorhabens – etwa die Umwandlung des Kinderzimmers in ein Arbeitszimmer – an sich danach genehmigungsfrei sein sollten, obliegt es dem Bauherrn durch seinen Bauantrag festzulegen, was das Vorhaben ist und was letztlich der Genehmigung unterliegen soll. Stellt der Bauherr ein einheitliches Vorhaben zur Genehmigung, verbietet es sich folgerichtig, dieses in einen genehmigungspflichtigen und einen genehmigungsfreien Teil aufzusplitten. Sind Teile eines Gesamtvorhabens genehmigungspflichtig, ist das Gesamtvorhaben insgesamt genehmigungspflichtig.
23Vgl. Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 4. Juli 1980 – IV C 99.77 –, juris, und vom 3. Mai 1974 – IV C 10.71 –, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 12. August 1968 – VII A 738/67 –, juris; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG RP), Urteil vom 13. April 2005 – 8 A 12135/04 –, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Oktober 2018 – 6 K 2288/15 –, juris.
24So liegt die Sache hier. Die Neugestaltung des Dachgeschosses ist ein einheitliches Vorhaben und wird durch die geplante Errichtung der Dachgaube insgesamt genehmigungspflichtig, weil es sich insoweit jedenfalls um die Errichtung einer baulichen Anlage handelt. Nicht nur, dass der Bauantrag ausdrücklich die Umgestaltung des Dachgeschosses insgesamt aufführt und hierbei den einzelnen Elementen in der Vorhabenbeschreibung gerade zusammengehörenden Charakter verleiht („mit“), zeigen auch die Bauvorlagen im Übrigen, dass die Errichtung des Dachgeschosses nur zusammen mit der Umnutzung der im Dachgeschoss befindlichen Räume in untrennbarer funktionaler Einheit zueinander stehen.
25II.
26Der Bauantrag ist nach § 70 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW in Verbindung mit § 10 der Verordnung über bautechnische Prüfungen (BauPrüfVO) vollständig und hinreichend bestimmt. Soweit die Beklagte im Verwaltungsverfahren noch die fehlende Angabe bzw. Berechnung der seitlichen Abstandsflächen der geplanten Dachgaube moniert hat, ist dies ohne Relevanz, da das Vorhaben seitliche Abstandsflächen aus den nachfolgend genannten Gründen nicht aufzuweisen hat.
27III.
28Dem Vorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen. Vor dem Hintergrund, dass die geplante Umwandlung der Raumnutzung im Dachgeschoss jedenfalls nach den hier im Wege des einfachen Genehmigungsverfahrens zu prüfenden Vorschriften (vgl. § 64 Abs. 1 BauO NRW) offenkundig zulässig ist, zumal die Beklagte Gegenteiliges auch nicht vorträgt, geht die Kammer im Folgenden nur auf die Zulässigkeit der geplanten Dachgaube ein. Auch diese ist aber mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften, insbesondere des Baurechts, vereinbar. Dies gilt zunächst in bauplanungsrechtlicher Hinsicht (dazu 1.), im Übrigen aber auch im Hinblick auf die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen (dazu 2.).
291.
30Die geplante Dachgaube ist bauplanungsrechtlich zulässig. Dies setzt nach der Vorschrift des in Ermangelung eines Bebauungsplanes anwendbaren § 34 Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuches (BauGB) voraus, dass das Vorhaben sich hinsichtlich der Art und des Maßes seiner baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Dies ist hier der Fall. Die geplante Dachgaube fügt sich insbesondere auch im Hinblick auf das – angesichts der Umstände des Falles und des jeweiligen Beteiligtenvorbringen hier allein problematische – Maß ihrer baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein (dazu a.), ohne rücksichtslos zu sein (dazu b.).
31a)
32Soweit die Beklagte vorbringt, die geplante Dachgaube füge sich hinsichtlich des Maßes ihrer baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Von einem Einfügen ist dann auszugehen, wenn das Vorhaben den von der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmen nicht sprengt. Für das Maß der baulichen Nutzung bedeutet dies, dass ein Vorhaben gerade die nach außen hin wahrnehmbaren Maßeigenschaften wie Größe, Höhe oder Umfang als Bezugsgröße beachten muss, was vor allem dann der Fall ist, wenn das Vorhaben in der näheren Umgebung ein Vorbild findet.
33Vgl. grundlegend BVerwG, Urteile vom 26. Mai 1978 – 4 C 9.77 –, juris, und vom 23. März 1994 – 4 C 18.92 –, juris; vgl. auch Kuschnerus/Bischopink/Arnold, Das zulässige Bauvorhaben, 7. Auflage 2016, Rn. 327, 333 f.
34Diese Anforderung erfüllt die geplante Dachgaube. Als nähere Umgebung ist dabei nur die südlich des S1.------wegs liegende Bebauung zu berücksichtigen (dazu aa.). Der von dieser Bebauung ausgehende Rahmen wird von der geplanten Dachgaube aber nicht überschritten (dazu bb.).
35aa)
36Das Gericht legt als nähere Umgebung nur die Bebauung südlich des S1.------wegs zwischen M2. Straße im Westen und M1. Straße im Osten zugrunde. Für die Frage, wie weit der Rahmen der näheren Umgebung zu ziehen ist, kommt es entscheidend auf die Reichweite der vorhandenen und die bodenrechtliche Situation des Vorhabengrundstücks prägenden Bebauung an. Zu berücksichtigen ist die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Wie weit die wechselseitige Prägung – und damit die nähere Umgebung – reicht, ist eine Frage des Einzelfalls.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 – 4 C 9.77 –, juris, sowie Beschluss vom 13. Mai 2014 – 4 B 38.13 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 31. Mai 2017 – 7 A 206/16 –, juris, sowie Urteil vom 10. März 2016 – 7 A 409/14 –, juris; Söfker, in: Ernst u.a. (Hrsg.), BauGB, 140. Lieferung 2020, § 34 Rn. 36 m.w.N.
38Darüber hinaus ist die Reichweite der näheren Umgebung für jedes Zulässigkeitsmerkmal gesondert zu bestimmen. Eine im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung prägende Umgebung kann weiter zu fassen sein als etwa bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung, weil die zur Prägung führenden Auswirkungen einen größeren Wirkradius aufzuweisen vermögen.
39Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 – 4 B 38.13 –, juris.
40Unter diesen Voraussetzungen erweist sich jedenfalls für das hier allein zu betrachtende Maß der baulichen Nutzung nur die genannte Bebauung als maßgebende Bebauung, weil diese sich erheblich von der übrigen Bebauung absetzt und damit keine wechselseitige Prägung mit ihr zu begründen vermag. Insbesondere die Wohnbebauung nördlich des S1.------wegs unterscheidet sich von der hier herangezogenen Umgebungsbebauung nicht nur hinsichtlich der Anzahl der Vollgeschosse, sondern auch der Bauweise deutlich. Beide Bebauungsräume bestehen demnach unabhängig voneinander.
41bb)
42Die geplante Dachgaube hält sich dabei innerhalb des von dieser Bebauung vorgegebenen Rahmens. Dabei spielt es keine Rolle, ob die geplante Dachgaube bereits ein Vorbild in der näheren Umgebung findet. Denn unabhängig davon, dass ein solches Vorbild vorhanden ist (dazu [1]), bewegt sich die geplante Dachgaube auch so innerhalb des vorgegebenen Rahmens (dazu [2]).
43(1)
44Die geplante Dachgaube fügt sich im Hinblick auf das Maß ihrer baulichen Nutzung bereits deshalb in die Eigenart der näheren Umgebung ein, weil sie in der auf dem Grundstück mit der Anschrift L1.------weg 11 errichteten Dachgaube ein hinreichendes Vorbild findet. Denn diese im Jahre 2013 von der Beklagten genehmigte Dachgaube weist im Vergleich zum vorhandenen Dach hinreichend ähnliche Maße auf. Der von der näheren Umgebung vorgegebene Rahmen ist daher bereits 2013 um eine entsprechende Dachgaube wie die von den Klägern geplante erweitert worden. Das Grundstück mit der Anschrift L1.------weg 11 ist auch nicht in einer solchen Entfernung zum klägerischen Grundstück gelegen, als bereits deshalb keine vorbildgebende Wirkung anzunehmen wäre.
45Dass die bereits vorhandene Dachgaube, wie die Beklagte ausführt, deshalb keine prägende Wirkung entfalten soll, weil sie anders als die geplante Dachgaube nicht zu einer Straße hin ausgerichtet und überdies am Ende einer Sackgasse errichtet worden ist, vermag das Gericht nicht zu überzeugen. Denn für die Frage der prägenden Wirkung einer Anlage kommt es hierauf nicht an. Allein das Vorhandensein der Anlage begründet bereits die Annahme prägender Wirkung. Etwas Anderes gilt zunächst dann, wenn eine Anlage nicht die Kraft hat, die nähere Umgebung zu beeinflussen. Das sind aber lediglich solche Anlagen, die entweder nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen oder etwa als Nebenanlage ein solch geringes Gewicht aufweisen, dass sie in der näheren Umgebung letztlich nicht auffallen und daher kein prägendes Gewicht entfalten.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2015 – 4 C 5.14 –, juris; Kuschnerus/Bischopink/Arnold, Das zulässige Bauvorhaben, 7. Auflage 2016, Rn. 315.
47Die Dachgaube auf dem Grundstück mit der Anschrift L1.------weg 11 ist aber keine solche untergeordnete Anlage. Sie dient offenkundig der Wohnraumerweiterung und ist damit dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienend und Bestandteil der Haupt-, aber selbst keine Nebenanlage. Ob die Dachgaube am Ende einer Sackgasse liegt oder wegen ihrer Ausrichtung im Vergleich zur geplanten klägerischen Dachgaube von weniger Menschen wahrnehmbar ist, sind keine städtebaulich relevanten Aspekte.
48Im Übrigen ist eine Anlage dann ohne prägende Wirkung, wenn sie sich hinsichtlich ihrer Höhe oder Ausdehnung so dermaßen von der Umgebung unterscheidet, dass sie sofort als „Ausreißer“ und damit Fremdkörper wahrgenommen wird, eine prägende Wirkung also wegen ihrer Eigenschaft als Solitär abzulehnen ist. Insoweit hängt die Annahme eines Fremdkörpers letztlich von zwei Voraussetzungen ab: Zum einen muss die betroffene Anlage hinsichtlich ihres quantitativen Erscheinungsbildes und/oder nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Darüber hinaus muss die Anlage sodann – zweitens – wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht zu beeinflussen imstande sein, insbesondere weil sie keine störenden Auswirkungen auf die Umgebung entfaltet.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 – 4 C 23.86 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2016 – 10 A 2452/14 –, juris; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH BW), Urteil vom 6. Mai 1997 – 5 S 23947/96 –, juris.
50Dies berücksichtigend vermag die Kammer die vorhandene Dachgaube nicht als einen solchen Außenseiter zu qualifizieren. Denn es ist bereits nicht ersichtlich, dass die Dachgaube das Erscheinungsbild des betroffenen Einfamilienhaus derart abzuändern vermag, als dass es mit der umliegenden Einfamilienhausbebauung keine wechselseitige prägende Wirkung mehr eingehen würde. Zwar unterscheidet sich das Wohnhaus auf dem Grundstück L1.------weg 11 von den anderen Wohngebäuden ohne Dachgaube. Der Unterschied ist aber keinesfalls so enorm, dass die Dachgaube nach der Verkehrsauffassung nicht mehr mit der übrigen Bebauung in Verbindung gebracht werden könnte und damit als Unikat zu werten wäre.
51(2)
52Selbst wenn es an einem Vorbild für die geplante Dachgaube mangeln würde, fügte sich die geplante Dachgaube bezüglich des Maßes ihrer baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der die Kammer folgt, ist dies der Fall, wenn aus Sicht eines objektiven Beobachters nicht der Eindruck eines weiteren Geschosses entsteht – unabhängig davon, ob ein Vorbild bereits vorhanden ist. Ob die formellen Vorgaben der bauordnungsrechtlichen (Voll-)Geschossdefinition erfüllt werden, spielt dabei keine Rolle. Entscheidend für das Einfügen ist, dass der Betrachter im Einzelfall den Eindruck gewinnt, dass das betroffene Gebäude wegen der Maße der Dachgaube etwa drei- und nicht mehr zweigeschossig ist und damit das Dach als solches nicht mehr zu erkennen, sondern einem weiteren Geschoss gewichen ist. Entscheidend ist damit, wie viel Dachfläche von der geplanten Dachgaube unberührt bleibt. Schematische Lösungen – wie etwa die Annahme, die Länge der Dachgaube dürfe maximal 50 % der Dachlänge betragen – verbieten sich hier. Entscheidend sind stets die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 – 4 C 18.92 –, juris, sowie Beschluss vom 21. Juni 1996 – 4 B 84.96 –, juris; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH BW), Urteil vom 14. Juli 2000 – 5 S 418/00 –, juris; VG München, Urteil vom 17. Dezember 2015 – M 11 K 14.4273 –, juris.
54Dies berücksichtigend vermag die Kammer auf Grundlage der Bauvorlagen (insb. Bl. Z5 und Z6 der Beiakte) sowie der von den Klägern eingereichten Simulation (Bl. 28 der Gerichtsakte) keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass die geplante Dachgaube den Eindruck eines weiteren – hier dritten – Geschosses vermitteln würde. Denn das Dach, in das die Dachgaube integriert werden soll, wird weiterhin klar als solches erkennbar sein. Die Dachgaube wird demnach auch als solche (und nicht als drittes Geschoss) gewertet werden. Die geplante Dachgaube soll sich nämlich nicht über die gesamte Länge des Daches erstrecken, sondern gerade einmal 3,55 Meter (von 5,1 Meter Dachlänge) einnehmen. Insbesondere soll die Dachgaube nicht an der Dachtraufe ansetzen und sich auch nicht über das gesamte Dach bis zum Dachfirst erstrecken, sondern sowohl zur Dachtraufe als auch zum Dachfrist mit jeweils ca. 1,5 Metern genügend Abstand einhalten, um das Dach als solches noch erkennbar bleiben zu lassen. Soweit die Beklagte in Bezug auf den Abstand zu Dachtraufe und Dachfirst von anderen Maßverhältnissen ausgeht, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Kammer – anders als offenbar die Beklagte – nicht auf den senkrecht gemessenen Höhenunterschied zwischen Unter- bzw. Oberkante der geplanten Dachgaube und Dachtraufe bzw. Dachfirst abstellt, sondern auf die von einem Betrachter wahrnehmbare Dachfläche, also auf die oberhalb sowie unterhalb der geplanten Dachgaube bis zur Frist- bzw. Traufhöhe des Daches schräg verlaufende Dachlänge. Da es gerade auf die optische Wirkung der geplanten Dachgaube ankommt und bei einem Satteldach wegen dessen Schräge mehr Dachfläche wahrnehmbar ist als etwa bei einem Flachdach, erweist sich die Heranziehung des reinen senkrecht gemessenen Höhenunterschieds zwischen Dachtraufe bzw. Dachfirst und Ober- bzw. Unterkante der geplanten Dachgaube aus Sicht der Kammer nicht zweckmäßig genug, um die Auswirkungen der geplanten Dachgaube gebührend abzubilden. Im Übrigen sollen zu den seitlichen Nachbargrenzen von der Dachgaube aus Abstände von 1,1 bzw. 0,5 Meter eingehalten werden. Auch dies lässt die Kammer zu dem Ergebnis kommen, dass trotz der Dachgaube noch so viel an Dachfläche übrig bleiben wird, dass ein verständiger Betrachter nicht den Eindruck gewinnen wird, die Kläger hätten das Dach ihres Wohnhaus um ein im Umfang der der beiden unteren Geschosse vergleichbares Geschoss ersetzt. Insoweit wird die geplante Dachgaube das Dach nicht so erheblich umgestalten, als dass dieses nicht mehr als solches hinreichend erkennbar wäre. Vielmehr wird einem objektivierten Betrachter klar sein, dass sich die Dachgaube auf bauliche Änderungen alleine innerhalb des Dachgeschosses beschränkt, aber nicht ein von der übrigen Bebauung abweichendes weiteres Geschoss und damit eine – nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung notwendige – massive Änderung des gesamten Wohngebäudes begründet. Dafür bleibt nämlich zu viel Dachfläche unberührt.
55b)
56Im Übrigen erweist sich die geplante Dachgaube auch nicht als rücksichtslos. Die ungeschriebene Rechtsfigur des Rücksichtnahmegebots kommt im hiesigen Fall etwa im Tatbestandsmerkmal des Einfügens in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zum Ausdruck.
57Das Gebot der Rücksichtnahme ist zunächst nur ein objektiv-rechtliches Gebot, das lediglich zur allgemeinen Rücksichtnahme verpflichtet. Drittschutz vermag es aber dann aufzuweisen, wenn im Einzelfall klar ist, dass in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Verletzt ist das Gebot der Rücksichtnahme daher insoweit nur dann, wenn die Abwägung der Schutzwürdigkeit des betroffenen Dritten, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, ergibt, dass das Bauvorhaben für den Dritten unzumutbar ist. Der Dritte kann umso mehr an Rücksichtnahme verlangen, je empfindlicher seine Stellung durch eine an die Stelle der im Bebauungsplan festgesetzten baulichen Nutzung tretende andersartige Nutzung berührt werden kann. Umgekehrt braucht derjenige, der das Bauvorhaben realisieren will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm verfolgten Interessen sind. Maßgeblich kommt es darauf an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der danach gebotenen Interessenabwägung können u.a. die topografischen Verhältnisse, die Lage der Grundstücke zueinander, die Größe der Grundstücke sowie die Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit bestehender Nutzungen von Bedeutung sein.
58Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 1983 – 4 C 96.79 –, juris, vom 25. Februar 1977 – IV C 22.75 –, juris, und vom 23. August 1996 – 4 C 13.94 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2009 – 10 A 568/07 –, juris.
59In Anwendung dieser Grundsätze vermag die Kammer eine von der geplanten Dachgaube ausgehende Rücksichtslosigkeit nicht einmal im Ansatz erkennen. Gerade eine Sprengung des Charakters der Häusergruppe, deren Bestandteil das von den Klägern bewohnte Einfamilienhaus ist, erweist sich als besonders fernliegend. Nach der gängigen obergerichtlichen sowie höchstrichterlichen Rechtsprechung, der die Kammer folgt, ist ein Vorhaben rücksichtlos, wenn es sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB hinsichtlich seiner Bauweise deshalb nicht in die als offene Bauweise zu charakterisierende Eigenart der näheren Umgebung einfügt, weil es den zwischen dem Gebäude auf dem Vorhabengrundstück und dem Gebäude auf dem Nachbargrundstück bestehenden Doppelhauscharakter beseitigt. Denn in diesem Fall wird das zwischen den Doppelhäusern bestehende Verhältnis gegenseitigen Ausgleichs aufgebrochen.
60Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –, juris, und vom 19. März 2015 – 4 C 12.14 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 19. April 2012 – 10 A 1035/10 –, juris.
61Unter einem Doppelhaus wird gemeinhin eine bauliche Anlage verstanden, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt, also in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Sie müssen hinsichtlich Proportionen und Gestalt ein Mindestmaß an Übereinstimmung begründen. Eine einheitliche Gestaltung ist nicht erforderlich, es darf aber keine der beiden Hälften als dominant erscheinen. Bei der Bewertung der baulichen Einheit sind insoweit sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte maßgeblich.
62Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. März 2015 – 4 C 12.14 –, juris, und vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –, juris; OVG NRW, Urteile vom 27. Mai 2014 – 2 A 7/13 –, juris, und vom 3. September 2015 – 7 A 1276/13 –, juris; Radeisen, in: Boeddinghaus/Hahn/Schulte u.a. (Hrsg.), BauO NRW, 52. Lfg. 2019, § 6 Rn. 229 ff. (insb. 249 ff.).
63Entsprechendes gilt für Häusergruppen, die sich von Doppelhäusern nur über die Anzahl der relevanten Gebäude unterscheiden. Statt zwei führen bei Häusergruppen aber mindestens drei Gebäude zum Eindruck baulicher Einheit.
64Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. September 1999 – 7 A 38/98 –, juris, und vom 19. Juli 2010 – 7 A 44/09 –, juris.
65Diesen Maßstab berücksichtigend liegen die Voraussetzungen für eine Rücksichtlosigkeit offensichtlich nicht vor. Nach dem vorliegenden Kartenmaterial (insbesondere „Geoportal Ruhr“, „Google-Maps“ und „tim-online“) sowie den im Rahmen des Ortstermins gewonnenen Eindruck in der Örtlichkeit, den der Berichterstatter der Kammer vermittelt hat und der durch die zahlreichen der Kammer vorliegenden Lichtbilder verdeutlicht wird, ist die nähere Umgebung zwar in offener Bauweise bebaut. Denn die Bebauung südlich des S1.------wegs zeichnet sich beinahe ausschließlich durch Häusergruppen aus, die vor dem Hintergrund des § 22 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) gerade auch den Charakter einer offenen Bauweise ausmachen können. Dass das Wohngebäude auf dem klägerischen Grundstück zusammen mit den jeweils östlich wie westlich angrenzenden Wohngebäuden (S.------weg 15-19 und 23) den Eindruck einer baulichen Einheit begründen und damit als Häusergruppe zu qualifizieren sind, bedarf aus Sicht der Kammer überdies keiner weiteren Erörterung. Die geplante Dachgaube wird diesen Eindruck aber nicht beseitigen. Denn das Wohnhaus der Kläger wird sich allein durch die Dachgaube nicht derart von den übrigen zur Häusergruppe gehörenden Wohngebäuden absetzen, als dass es als selbständiges, von den übrigen unabhängig bestehendes Gebäude zu qualifizieren wäre. Zwar wird es sich in gewisser Weise (leicht) unterscheiden. Nach dem besagten Maßstab schließt dies den Eindruck der baulichen Einheit, der lediglich ein Mindestmaß an Übereinstimmung, aber keine Identität verlangt, nicht aus. Es wird weiterhin als Teil der bestehenden Häusergruppe angesehen werden.
662.
67Die geplante Dachgaube muss auf Grundlage des § 6 BauO NRW auch keine seitlichen Abstandsflächen aufweisen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW sind Abstandsflächen grundsätzlich nur vor Außenwände von Gebäuden freizuhalten. Dabei wurde jedenfalls bis zur Neufassung der BauO NRW im Jahre 2019 angenommen, dass die seitlichen Außenwände von Dachgauben, die sich dem Dach nicht unterordnen und folglich bei wertender Betrachtung als selbständiges Bauteil zu qualifizieren sind, als Außenwände von Gebäuden einzustufen sind und folgerichtig (seitliche) Abstandsflächen aufzuweisen haben.
68Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 14. Juni 2019 – 7 A 2386/17 –, juris (Bezug nehmend auf die alte Rechtslage).
69Ob die hier geplante Dachgaube als selbständiges Bauteil anzusehen ist, kann die Kammer aber offen lassen. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, lösten ihre Seitenwände keine Abstandsflächen aus. Denn mit der hier anzuwendenden Neuregelung in § 6 Abs. 6 Nr. 3 BauO NRW gilt die Abstandsflächenpflicht nicht (mehr) für die Seitenwände von Dachaufbauten bei an der Grundstücksgrenze errichteten Gebäuden, auch wenn der Dachaufbau selbst etwa nicht grenzständig errichtet ist. Dabei hat die Regelung ausweislich der Gesetzesbegründung gerade zum Ziel, selbständige Dachaufbauten, die bislang der Abstandsflächenpflicht unterfielen, zu privilegieren und von der Pflicht zu seitlichen Abstandsflächen zu befreien.
70Vgl. LT-Drs. 17/2166, S. 104; vgl. auch Kockler, in: Spannowsky/Saurenhaus (Hrsg.), Beck´scher Onlinekommentar BauO NRW, Stand: 1. Februar 2021, § 6 Rn. 133.
71Vor diesem Hintergrund erweist sich die hier geplante Dachgaube gerade als Paradebeispiel für den Zweck der Neuregelung. Das betroffene Einfamilienhaus der Kläger ist als Bestandteil einer Häusergruppe grenzständig errichtet worden. Dass die geplante Dachgaube selbst nicht grenzständig errichtet werden soll, spielt ausweislich des ausdrücklichen Regelungswortlauts keine Rolle.
72Soweit in der Kommentarliteratur die Regelung des § 6 Abs. 6 Nr. 3 BauO NRW dahingehend teleologisch reduziert wird, dass nur solche Dachaufbauten privilegiert werden sollen, die sich dem Dach besonders im Hinblick auf die Schutzgüter des Abstandsflächenrecht unterordnen, weil nur dann eine Privilegierung gerechtfertigt erscheint,
73vgl. Boeddinghaus/Hahn/Schulte u.a., BauO NRW, Stand: 1. Oktober 2020, § 6 Rn. 524; Johlen, in: Gädtke (u.a.), BauO NRW, 13. Auflage 2019, § 6 Rn. 486,
74ist dies ohne Auswirkungen auf die vorliegende Entscheidung. Denn unabhängig davon, dass die Kammer dem nicht zu folgen vermag – der Gesetzgeber hat anders als in der Alternativregelung des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO NRW gerade keine Größenbegrenzung vorgesehen und damit die Privilegierung bewusst auf alle als Dachaufbauten zu qualifizierende Anlagen erstreckt –, wird die geplante Dachgaube nach der Auffassung der Kammer den Eindruck eines hinsichtlich der abstandsflächenrechtlichen Schutzzwecke dem Dach unterordnenden Bauteils erwecken. Denn sie soll zu den Grundstücksgrenzen jedenfalls nicht einen solch geringen Abstand aufweisen, dass sie aus Gründen des Brandschutzes, der Belichtung oder Belüftung oder auch wegen eines allgemein erforderlichen Sozialabstands einer Abstandsflächenregelung unterworfen werden müsste.
75IV.
76Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11 Var. 2, 709 Satz 2, 711 ZPO.
77Rechtsmittelbelehrung:
78Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
791. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
802. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
813. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
824. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
835. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
84Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, einzureichen.
85Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
86Beschluss:
87Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
88Gründe:
89Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Die Kammer hat auch vor dem Hintergrund des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2019, BauR 2019, 610, jedenfalls nicht genügend Anhaltspunkte für eine Bemessung des Streitwerts nach § 52 Abs. 1 GKG und legt daher den Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,- Euro zugrunde.
90Rechtsmittelbelehrung:
91Gegen diesen Beschluss findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
92Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.