Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1. Bei der Aufbewahrung, Aussonderung und Vernichtung von Geschäftsverteilungsplänen dürfte es sich um eine (Gerichts-) Verwaltungstätigkeit handeln, die dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen unterfällt.2. Weder das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht noch das Informationsfreiheitsrecht vermittelt einen Anspruch auf eine Erteilung von Rechtsauskünften.
Dem Antragsteller wird für das beabsichtigte erstinstanzliche Klageverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines noch von ihm zu benennenden Rechtsanwalts bewilligt, soweit er in diesem die Verpflichtung der Präsidentin des Landgerichts F. begehrt, ihm mitzuteilen, wer wann die Vernichtung der Geschäftsverteilungspläne von 1999 vorgenommen hat.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Gründe:
2Gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
3Diese Voraussetzungen liegen hier teilweise vor. Der Antragsteller erfüllt die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe. Auch bietet die Rechtsverfolgung im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind infolge des Trennungsbeschlusses der Kammer vom 10. August 2020 nur noch die Anträge zu „Ziffer 2.“ (s. hierzu unten I.) und „Ziffer 5.“ (s. hierzu unten II.) aus der Antragsschrift vom 16. Juli 2020.
4I. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung mit dem sinngemäßen Antrag,
5die Präsidentin des Landgerichts F. zu verpflichten, mitzuteilen, wer wann die Vernichtung der Geschäftsverteilungspläne von 1999 vorgenommen hat,
6bietet im für die Beurteilung der Erfolgsaussichten maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungs- und Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, die regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme eintritt,
7vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2016 – 9 E 73/16 –, juris, und Beschluss vom 9. März 2012 – 9 E 58/12 –; Bayerischer VGH, Beschluss vom 3. Januar 2018 – 10 C 17.2195 –, juris, und Beschluss vom 7. April 2017 – 7 ZB 16.498 –, juris; Sächsisches OVG, Beschluss vom 26. September 2019 – 2 D 48/19.NC –, juris,
8hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche Grad der Erfolgsaussicht darf mit Blick auf Art. 3 Abs. 1, 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) nicht in einer Weise überspannt werden, dass der Zweck der Prozesskostenhilfe deutlich verfehlt wird, Unbemittelten und Bemittelten weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen. Verweigert werden muss Prozesskostenhilfe aber dann, wenn die Erfolgschance in der Hauptsache nur eine entfernte oder bloß theoretische ist.
9So unter Verweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2017 – 15 E 146/17 –, juris Rn. 10.
10Hinsichtlich des dargestellten sinngemäßen Klageantrags sind die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Klage im Zeitpunkt der Bewilligungsreife jedenfalls offen.
11Dem Antragsteller könnte ein Anspruch auf eine Auskunft darüber, „wann“ und „von wem“ die Geschäftsverteilungspläne des Landgerichts F. aus dem Jahr 1999 vernichtet wurden, aus § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen – IFG NRW) zustehen.
12Bei der Aufbewahrung, Aussonderung und Vernichtung von Geschäftsverteilungsplänen dürfte es sich um eine (Gerichts-) Verwaltungstätigkeit handeln, die dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen unterfällt.
13In diesem Sinne bereits OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2019 – 15 E 1027/18 –, juris Rn. 24; siehe auch Urteil der Kammer vom 17. Februar 2020 – 20 K 4062/18 –, juris Rn. 59 ff.
14Zwar weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass § 4 Abs. 1 IFG NRW nur einen Anspruch auf die bei der auskunftspflichtigen Stelle „vorhandenen“ Informationen vermittelt. Ob die hier begehrte Information beim Landgericht F. tatsächlich nicht (mehr) „vorhanden“ ist, bedarf allerdings einer weiteren Sachaufklärung in einem Hauptsacheverfahren.
15Vgl. zu einem ähnlichen Antrag eines anderen Antragstellers bereits Beschluss der Kammer vom 25. Juni 2020 – 20 K 998/20 –, nicht veröffentlicht.
16Zwar hat der Antragsgegner – anders als in dem Verfahren 20 K 998/20 – im vorliegenden Verfahren ausgeführt, dass beim Landgericht F. jedenfalls für das Jahr 1999 keine Vorgänge mehr zur Vernichtung der Geschäftsverteilungspläne vorhanden seien. Auch ist zutreffend, dass etwaige Erkenntnisse, die nicht verkörpert sind, wie beispielsweise das Wissen oder die bloßen Erinnerungen eines Behördenmitarbeiters, keine amtlichen Informationen im Sinne des § 3 IFG NRW darstellen.
17Vgl. VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 17. Mai 2017 – 1 K 1802/16 –, juris.
18Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass – ausweislich der Angaben des Antragsgegners in dem Verfahren 20 K 998/20 – auch schon in der Vergangenheit zumindest „Vorgänge zur Aktenaussonderung“ beim Landgericht F. grundsätzlich angelegt wurden. Der genaue Inhalt dieser Vorgänge ist für die Kammer nach wie vor unklar. Ungeachtet dessen lässt sich die Frage, „von wem“ die Geschäftsverteilungspläne des Landgerichts F. aus dem Jahr 1999 vernichtet wurden, unter Umständen auch anhand der damaligen Verwaltungsgeschäftsverteilungspläne eruieren. Diese müssten – soweit noch vorhanden – zumindest erkennen lassen, welche Mitarbeiter/innen für den betreffenden Aufgabenbereich zuständig waren.
19II. Im Übrigen bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung mit dem sinngemäßen Antrag,
20den Beklagten zu verpflichten, darzulegen, wofür die Geschäftsverteilungspläne des Landgerichts F. der Jahre 2006 bis 2010 noch benötigt werden und warum diese noch nicht eingelagert sind,
21gemessen an den oben dargelegten Maßstäben keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
22Bezüglich dieses Klageantrags ist eine Verpflichtungsklage schon unzulässig, weil der Antragsteller sein Darlegungsbegehren nicht vorprozessual zunächst mit einem Antrag bei der Behörde geltend gemacht hat. Dass vorliegend ein solcher Antrag hier ausnahmsweise vor Anrufung des Gerichts entbehrlich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
23Ungeachtet dessen fehlt dem Antragsteller auch eine Klagebefugnis bezüglich dieses Klageantrags, da er damit nicht die Mitteilung von amtlichen Informationen, sondern die Darlegung von Rechtsauskünften (hier: Darlegung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Archivgesetzes Nordrhein-Westfalen – ArchivG NRW) begehrt. Weder das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht noch das Informationsfreiheitsrecht vermittelt einen Anspruch auf eine Erteilung von Rechtsauskünften.
24Vgl. etwa VG Köln, Urteil vom 4. Dezember 2008 – 13 K 996/08 –, juris.
25Abgesehen davon fehlt inzwischen das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage, da der Antragsgegner in der Antragserwiderung dem Auskunftsbegehren insoweit abgeholfen hat. Der Antragsgegner hat dargelegt, dass die Geschäftsverteilungspläne des Landgerichts F. der Jahre 2006 bis 2010 dort „nicht mehr benötigt“ werden und demgemäß im Rahmen der nächsten Aussonderung dem Landesarchiv NRW angeboten werden.