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1. Zur JAV wählbare Auszubildene im Sinne von § 55 Abs. 2 S. 1 PersVG NW sind Beschäftigte, die in einem Ausbildungsverhältnis nach dem BBiG, dem LKrPflG oder dem HebG stehen.
2. Zur JAV wählbare Beamtenanwärter im Sinne von § 55 Abs. 2 S. 1 PersVG NW sind Personen, die in einem statusrechtlichen Verhältnis eines Beamten auf Widerruf stehen und ihren laufbahnrechtlich vorgeschriebenen Vorbereitungsdienstes ableisten.
3. Bedienstete, die in einem Beamtenverhältnis auf Probe oder in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit stehen und im Rahmen dieses Dienstverhältnisses eine Fortbildung oder Qualifizierungsmaßnahme durchlaufen, sind mangels eines Beschäftigungsverhältnisses auch dann keine Auszubildenden im Sinne von § 55 Abs. 2 S. 1 PersVG NW, wenn die Fortbildung oder Qualifizierungsmaßnahme einem Ausbildungsverhältnis nach dem BBiG, dem LKrPfG oder dem HebG entspricht.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der sinngemäße Antrag,
2im Wege einer einstweiligen Verfügung anzuordnen, dass der Wahlvorschlag der Antragstellerin für die Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung der Stadtverwaltung der Beteiligten zu 2. vom 29. März 2021 in unmodifizierter Form, d. h. einschließlich des Bewerbers Herr O. T. , geboren am XX.XX XXXX, laufende Nr. 5 des Wahlvorschlages, zur Wahl zuzulassen ist,
3über den die Kammer gemäß §§ 79 Abs. 2 LPVG NRW, 85 Abs. 2 des Arbeits-gerichtsgesetzes – ArbGG –, 937 Abs. 2, 944 der Zivilprozessordnung – ZPO – ohne vorherige Anhörung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter entscheidet,
4vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. April 1995 – 1 B 580/95.PVL –, juris Rn. 3; Gronimus, Das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren, § 85 ArbGG, Rn. 180,
5hat keinen Erfolg.
6Eine einstweilige Verfügung kann nach den hier anzuwendenden Vorschriften der ZPO erlassen werden, wenn die Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 940 ZPO). Verfügungs-anspruch und Verfügungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO). Die einstweilige Verfügung darf grundsätzlich nicht mehr zusprechen, als im Hauptsacheverfahren möglich ist; sie darf außerdem die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Allerdings kann es die Effektivität des Rechtsschutzes ausnahmsweise erfordern, durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, sofern wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Verfahren nicht erreicht werden kann und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Folgen führen würde, insbesondere wenn ein endgültiger Rechtsverlust oder ein sonstiger irreparabler Zustand droht. Dabei sind die Belange der Beteiligten sorgfältig abzuwägen und strenge Anforderungen an die materiellen Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung zu stellen.
7Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2003 – 1 B 1907/02.PVL –, PersV 2003, 198, vom 28. Januar 2003 – 1 B 1681/02.PVL –, PersR 2004, 64, vom 30. Dezember 2004 – 1 B 1864/04.PVL –, vom 22. Februar 2007 – 1 B 2563/06.PVL –, vom 9. Juli 2012 – 20 B 511/12.PVL –, DÖD 2012, 235, vom 20. August 2013 – 20 B 585/13.PVL –, DÖD 2013, 325 = PersR 2013, 467 = PersV 2013, 473, vom 8. Oktober 2013 – 20 B 838/13.PVL –, vom 30. April 2014 – 20 B 204/14.PVL – und vom 25. Juni 2018 – 20 B 261/18.PVL –, ZTR 2018, 547 ff., juris Rn. 11.
8Diese strengen Anforderungen sind nicht erfüllt.
91.
10Der Antragsteller hat das Vorliegen eines Verfügungsanspruches bei der im – wie hier – auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Überprüfung nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Vielmehr spricht nach Würdigung der Aktenlage Überwiegendes dafür, dass der unter Nr. 5 des streitgegenständlichen Wahlvorschlages der Antragstellerin vom 29. März 2021 aufgeführte Bewerber O. T. zu Recht zurückgewiesen worden ist, da er nicht zum wählbaren Personenkreis gehört.
11Bei Wahlen zu Jugend- und Auszubildendenvertretungen wählbar sind gemäß § 55 Abs. 2 S. 1 LPVG NRW Beschäftigte, die am Wahltag noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet haben, sowie Auszubildende, Beamtenanwärterinnen und Beamtenan-wärter und Praktikanten und Praktikanten.
12Der Bewerber O. T. hat ausweislich seines Geburtsdatums XX.XX XXXX am Wahltag, dem 27. April 2021, bereits das 27. Lebensjahr vollendet. Die Antragstellerin hat auch nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft machen können, dass der Bewerber O. T. ein Auszubildender im Sinne des § 55 Abs. 2 S. 1 LPVG NRW ist.
13Entgegen der Auffassung der Antragstellerin setzt der Begriff des Auszubildenden nicht allein voraus, dass es sich um einen anerkannten Ausbildungsberuf oder eine vergleichbare Ausbildung handelt. Vielmehr knüpft die Norm ausdrücklich an den rechtlichen Status des Auszubildenden an, indem sie zwischen Auszubildenden einerseits und Beamtenanwärterinnen und Beamtenanwärtern andererseits differenziert. Dementsprechend sind Auszubildende, wie die Antragstellerin auf Seite 3 der Antragsschrift selbst ausführt, Beschäftigte, die in einem Ausbildungsverhältnis nach dem BBiG, dem KrPflG oder dem HebG stehen. Beamtenanwärter sind demgegenüber die Beamten auf Widerruf, die in einem statusrechtlichen Verhältnis eines Beamten auf Widerruf stehen und ihren laufbahnrechtlich vorgeschriebenen Vorbereitungsdienst ableisten.
14Vgl. Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, Das Personalvertretungsrecht in NRW, Loseblatt, 82. Aktualisierung, Stand Januar 2021, § 55 LPVG Rn. 11f; Bülow, WO-LPVG NRW, § 40 Rn. 24f.
15Der Bewerber O. T. hingegen ist nach Aktenlage kein Beschäftigter und absolviert auch keinen Vorbereitungsdienst in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf. Vielmehr steht er in einem Beamtenverhältnis entweder auf Probe oder bereits auf Lebenszeit. Dies hat der Beteiligte zu 1. durch eine E-Mail vom 8. April 2021, die offenbar von einem Mitarbeiter der Beteiligten zu 2. stammt, glaubhaft gemacht. In der E-Mail ist ausgeführt, dass der Bewerber O. T. als Brandmeister und mithin als feuerwehrtechnischer Beamter an der Feuer- und Rettungswache 2 verwendet wird und derzeit an der Fachschule Rettungsdienst eine dreijährige Qualifizierungsmaßnahme zum Notfallsanitäter absolviert. Die Antragstellerin ist dem Inhalt der E-Mail innerhalb der gesetzten Frist nicht entgegengetreten. Die Schlussfolgerung, dass der Bewerber O. T. in einem Beamtenverhältnis steht, dass jedoch keines auf Widerruf ist, wird zudem durch den Wahlvorschlag der Antragstellerin gestützt. Dort wird in der Rubrik „Amts- oder Funktionsbezeichnung“ zutreffend zwischen den Bezeichnungen „Brandmeister“ und „Brandmeisteranwärter“ differenziert und für den Bewerber O. T. „Brandmeister“ angegeben.
16Die Bewertung, dass der Bewerber O. T. kein Auszubildender im hier maßgeblichen Sinne ist, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-gerichts, wonach sich Beamte, die im Rahmen einer Fortbildung bzw. einer „Zusatzausbildung“ lediglich innerhalb ihrer Laufbahn gefördert werden sollen, nicht in einer Ausbildung befinden.
17Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 1967 – VII P 8.66 –, PersV 1968, 278f., Ls. bei juris; zur bundesrechtlichen Parallelvorschrift § 57 BPersVG ebenso Altvater in: Altvater/Baden/Baunack/Berg/Dierßen/Herget/Kröll/Lenders/ Noll, BPersVG, 10. Aufl, § 57 Rn. 8.
182.
19Zudem hat die Antragstellerin auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes nicht glaubhaft gemacht.
20Es kann dahinstehen, ob die Grundsätze über den weitgehenden Ausschluss einstweiliger Verfügungen im Wahlverfahren,
21vgl. BayVGH, Beschluss vom 13. März 1996 – 17 PC 96.160 –, PersR 1996, 443 (Kurztext bei juris); ebenso für den Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit SächsLAG, Beschluss vom 22. April 2010 – 2 TaBVGA 2/10 – (juris Rn. 49 ff.); Cecior/Vallendar/Lechtermann /Klein, Das Personalvertretungsrecht in NRW, Loseblatt, 82. Aktualisierung Stand Januar 2021, § 16 Rn. 69; Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 14. Aufl., § 25 Rn. 43,
22hier deshalb nicht betroffen sein könnten, weil die Antragstellerin nicht das Ziel eines Abbruchs oder einer Aussetzung eines laufenden Wahlverfahrens verfolgt, sondern lediglich einen berichtigenden Eingriff in das Wahlverfahren begehrt. Denn auch wenn man – was hier offen gelassen werden kann – solche berichtigenden Eingriffe in das Wahlverfahren unter den sonstigen Voraussetzungen einer Vorwegnahme der Hauptsache für zulässig hält, wenn dadurch eine fehlerhafte Wahl verhindert werden kann,
23vgl. bejahend Baden in: Altvater/Baden/Baunack/Berg/ Dierßen/ Herget/Kröll/Lenders/Noll, BPersVG, 10. Aufl, § 25 Rn. 25,
24kann nicht festgestellt werden, dass hier ausnahmsweise eine Vorwegnahme der Hauptsache geboten wäre. Die Antragstellerin hat weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, weshalb es für sie mit unzumutbaren Folgen verbunden wäre, die Entscheidung in einem etwaigen (nachträglichen) Hauptsacheverfahren abzuwarten. Der bloße Verweis darauf, dass durch den Erlass der begehrten Anordnung der – nach Auffassung der Antragstellerin bestehende – Anspruch gesichert werde, genügt den rechtlichen Anforderungen ersichtlich nicht. Es liegt auch offensichtlich kein Sonderfall ersichtlich willkürlichen, rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Beteiligten zu 1. vor. Insbesondere ist die von dem Beteiligten zu 1. gegebene Begründung schon unter Berücksichtigung der Darlegungen in der Antrags-erwiderung nicht, wie die Antragstellerin vorträgt, „einfach vorgeschoben“.
25Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschluss-verfahren.
26Rechtsmittelbelehrung:
27Gegen diesen Beschluss kann innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen nach Zustellung durch Einreichen einer Beschwerdeschrift Beschwerde beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen oder beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen –, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingelegt werden.
28Statt in Schriftform können die Einlegung und die Begründung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 130a der Zivilprozessordnung – ZPO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
29Die Beschwerde muss den Beschluss bezeichnen, gegen den die Beschwerde gerichtet ist, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss die Beschwerde eingelegt wird.
30Die Beschwerdebegründung muss angeben, auf welche im Einzelnen aufzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird.