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1. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, wenn der Kläger seinen Auskunftsanspruch – sowohl ausdrücklich als auch inhaltlich – ausschließlich auf § 4 IFG NRW stützt und die geltend gemachte Anspruchsgrundlage im konkreten Fall nicht offensichtlich ausgeschlossen ist.
2. Es bleibt dahingestellt, ob Sparkassenstiftungen, die als rechtsfähige Stiftungen des Bürgerlichen Rechts errichtet werden, dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen unterfallen.
3. § 12 StiftG NRW entfaltet eine Sperrwirkung gegenüber dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen in Bezug auf die der Stiftungsaufsicht unterliegenden – insbesondere das Stiftungsvermögen und dessen Verwendung betreffenden – Informationen. Dies gilt auch dann, wenn deren Herausgabe nicht von der Stiftungsbehörde, sondern – wie hier – von der Stiftung selbst begehrt wird.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger ist Bürger der Stadt M. . Die Beklagte wurde °°°° als eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts gegründet. Inzwischen trägt die Beklagte den Stiftungsnamen „Bürger- und Kulturstiftung der Sparkasse M1. , Zweckverbandssparkasse der Städte M. , T. und X. “. Als Stiftungszwecke sind im Stiftungsverzeichnis eingetragen: „Kunst und Kultur - allgemein, Denkmalpflege, Brauchtum und Heimatgedanke/-geschichte“. Mitglieder des Vorstands der Stiftung sind der Hauptverwaltungsbeamte der Stadt M. (Vorsitzender) und der Stadt T. (stellvertretender Vorsitzender). Vorsitzender des Kuratoriums ist der Vorsitzende des Verwaltungsrates; die übrigen Mitglieder des Kuratoriums werden vom Verwaltungsrat auf Vorschlag des Vorstandes der Sparkasse für die Dauer der Wahl des Verwaltungsrates berufen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Satzung der Beklagten Bezug genommen (Bl. 74 - 80 der Gerichtsakte).
3Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 31. März 2015 unter Berufung auf §§ 4 und 5 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen - IFG NRW) von der Beklagten Auskunft zu den in dem Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2015 gemachten Zuwendungen (vgl. Bl. 23 - 25 der Gerichtsakte).
4Die Beklagte lehnte die begehrte Auskunft mit Schreiben vom 7. April 2015 ab (Bl. 26 der Gerichtsakte). Dem Schreiben war keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Zur Begründung wird in dem Schreiben ausgeführt, dass die Beklagte als rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts errichtet worden sei und insofern nicht dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen unterfalle. Im Übrigen stehe § 12 Abs. 5 des Stiftungsgesetzes Nordrhein-Westfalen (StiftG NRW) der Erteilung der Auskunft entgegen.
5Der Kläger hat am 30. Dezember 2015 Klage erhoben. Mit der Klage verfolgt er sein Auskunftsbegehren weiter. Er trägt vor, dass er Auskunft begehre, weil laut Pressemitteilungen und -berichten sowie ausweislich des Haushaltssicherungskonzeptes der Stadt M. für den Zeitraum 2013 bis 2015 die Beklagte Zuwendungen an die Stadt M. geleistet habe. Nach Auffassung des Klägers sei eine solche Zuwendung nach der Satzung der Beklagten nicht erlaubt gewesen. Denn in § 2 Abs. 4 der Satzung sei geregelt, dass „den Städten M. und T. und den ihnen nahestehenden Personen […] keine Finanz- und Sachmittel überlassen bzw. zugewendet werden“ dürften. Die erhobene Klage sei zulässig, insbesondere sei der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Die Klage sei auch begründet, da ein Auskunftsanspruch nach §§ 4 und 5 IFG NRW gegeben sei. Die Beklagte sei eine öffentliche Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW. Denn sie sei eine Einrichtung der Sparkasse M. und damit eine Einrichtung einer der Aufsicht des Landes unterstehenden Anstalt. Sparkassen seien nach § 1 Abs. 1 des Sparkassengesetzes Nordrhein-Westfalen (SpkG NRW) Anstalten des öffentlichen Rechts. Nach § 39 Abs. 1 SpkG NRW unterlägen sie der Aufsicht des Landes. Gleiches gelte für Zweckverbände, §§ 5 und 29 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG NRW). Die Beklagte sei durch die Sparkasse errichtet worden und werde von dieser beherrscht. Selbst wenn man dies anders sehen wolle, so sei die Beklagte als juristische Person des Privatrechts jedenfalls nach § 2 Abs. 4 IFG NRW zur Auskunft verpflichtet. Die durch die Beklagte erfolgende Kulturförderung sei eine öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgabe im Sinne des Art. 18 Abs. 1 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen (LVerf NRW). Versagungsgründe seien nicht einschlägig. Auch stehe § 12 Abs. 5 StiftG NRW dem Anspruch nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift würden nur die behördlichen Unterlagen über die Anerkennung und Beaufsichtigung einzelner Stiftungen nicht dem allgemeinen Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen unterliegen. Um solche Unterlagen gehe es im vorliegenden Fall nicht.
6Der Kläger hat ursprünglich mit dem schriftsätzlich angekündigten Klageantrag Informationen über die „Ausschüttungen“ der Beklagten begehrt. In der mündlichen Verhandlung hat er klargestellt, dass er keine Informationen über „Ausschüttungen“ der Sparkasse (vgl. § 25 SpkG NRW), sondern Informationen über die seitens der beklagten Stiftung erfolgten „Zuwendungen“ begehrt.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 7. April 2015 zu verpflichten, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen,
9an wen und in welcher Höhe in dem Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. März 2015 Zuwendungen erfolgten, wobei in den Fällen der Zuwendung an natürliche Personen die Nennung des Betrages und des Datums ausreichend ist;
10mit welchem Verwendungszweck die jeweilige Zuwendung erfolgte;
11ob, wie und mit welchen Ergebnissen Kontrollen über die Zuführung der bereitgestellten Mittel zu den jeweiligen Verwendungszwecken erfolgten;
12ob und warum sie ausschließen kann, dass die Zuwendungen an die Stadt M. weitergeleitet wurden und
13wie hoch das Stiftungsvermögen jeweils am Beginn der Kalenderjahre 2013, 2014 und 2015 war.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei, da es sich bei ihr um eine juristische Person des Privatrechts ohne öffentlich-rechtliche Handlungsbefugnisse handele. Mit Blick auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, nach der es für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ausreiche, dass der Kläger seinen Anspruch mit dem IFG NRW auf eine öffentlich-rechtliche Vorschrift stütze, verzichte die Beklagte allerdings darauf, im Streitfall den Rechtsweg zu rügen. Die Klage sei allerdings unbegründet, da die Beklagte keine zur Informationserteilung verpflichtete öffentliche Stelle im Sinne des § 2 IFG NRW sei. Als juristische Person des Privatrechts gelte sie nach § 2 Abs. 4 IFG NRW nur dann als Behörde im Sinne dieses Gesetzes, sofern sie öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehme. § 2 Abs. 4 IFG NRW sei „eng“ auszulegen und erfasse nur Beliehene. Die Beklagte sei jedoch keine Beliehene. Selbst wenn man § 2 Abs. 4 IFG NRW weiter auslegen wolle, so würde die Vorschrift dennoch nicht eingreifen. Denn die Beklagte nehme keine öffentlich-rechtlichen Aufgaben der Sparkassen im Sinne des § 2 SpkG NRW wahr. Unzutreffend sei ferner die Annahme, bei den von der Beklagten gewährten Zuwendungen handele es sich um „staatliche Kunst- und Kulturförderung“. Ein Privatrechtssubjekt nehme nicht deswegen eine öffentliche-rechtliche Aufgabe wahr, weil seine Tätigkeit, würde sie von staatlicher Stelle ausgeübt, etwa dem Bereich der Daseinsvorsorge zugrechnet werden könnte. Schließlich sei ein Informationsanspruch jedenfalls nach § 12 StiftG NRW ausgeschlossen. Das Stiftungsgesetz Nordrhein-Westfalen regele für Stiftungen des bürgerlichen Rechts abschließend und gegenüber dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen vorrangig im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW, welche Informationen über eine solche Stiftung allgemein zugänglich sein sollen. Dies seien nur die gemäß § 12 Abs. 2 StiftG NRW in das über das Internet zugängliche Stiftungsverzeichnis einzutragenden Informationen. Im Übrigen würde der Regelungsgehalt des § 12 Abs. 5 StiftG NRW konterkariert, wenn die Informationen, bezüglich derer der Gesetzgeber des nordrhein-westfälischen Stiftungsgesetzes ein legitimes und den Zugriff nach dem IFG NRW ausschließendes Vertraulichkeitsinteresse bejaht hat, gleichwohl dem Zugang diesem Gesetz unterliegen würden.
17Die Kammer hat nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 15. Mai 2018 den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20I. Die Entscheidung ergeht nach § 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch den Einzelrichter, da diesem der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 15. Mai 2018 zur Entscheidung übertragen worden ist.
21II. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, da der Kläger den geltend gemachten Auskunftsanspruch – sowohl ausdrücklich als auch inhaltlich – ausschließlich auf § 4 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen - IFG NRW) und damit auf eine Norm des öffentlichen Rechts stützt. Die geltend gemachte Anspruchsgrundlage ist im konkreten Fall nicht offensichtlich ausgeschlossen. Ob der jeweilige Beklagte tatsächlich eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 IFG NRW ist, ist eine Frage der Begründetheit der Klage.
22Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 8. Juni 2005 – 8 E 283/05 –, juris, Rn. 15, und vom 26. August 2009 – 8 E 1044/09 –, juris, Rn. 7 ff.; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Oktober 2016 – OVG 12 L 65.16 –, juris, Rn. 5 (zum Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin); vgl. ferner VG Köln, Urteile vom 23. Oktober 2014 – 13 K 1582/13 –, juris, Rn. 10, und – 13 K 6769/12 –, juris, Rn. 16; unter Zurückstellung von Bedenken ebenfalls VG Düsseldorf, Urteile vom 3. Februar 2006 – 26 K 1585/04 –, juris, Rn. 12, und vom 7. Mai 2010 – 26 K 3548/09 –, juris, Rn. 10.
23III. Die Klage ist in der Fassung durch die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung des Klägers zulässig; sie ist insoweit weder geändert (§ 91 Abs. 1 VwGO) noch teilweise zurückgenommen worden (§ 92 Abs. 1 VwGO). Vielmehr handelt es sich bei diesen Erklärungen um eine Klarstellung des von Anfang an verfolgten Klagebegehrens. Bei sachgerechtem Verständnis dieses Begehrens, wie es sich aus dem gesamten inhaltlichen Vorbringen einschließlich den Erklärungen in der mündlichen Verhandlung ergibt, hat der Kläger von Anfang an die Gewährung von Einsicht in die Unterlagen betreffend das Stiftungsvermögen und der Zuwendungen seitens der Stiftung begehrt.
24Vgl. zur Zulässigkeit einer solchen nur klarstellenden Neufassung des Klageantrags in der mündlichen Verhandlung: OVG NRW, Urteil vom 26. November 2013 – 8 A 809/12 –, juris, Rn. 24.
25Die Klage ist auch ansonsten zulässig. Sie ist insbesondere nicht verfristet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Auskunftsbegehren mit der allgemeinen Leistungsklage oder – wovon der Kläger ausweislich seines Klageantrags ausgeht – mit der Verpflichtungsklage, für die grundsätzlich die Monatsfrist des § 74 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VwGO gilt, zu verfolgen ist. Denn in dem Ablehnungsschreiben ist eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO. Die danach maßgebliche Jahresfrist wurde hier gewahrt.
26IV. Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat vorliegend keinen Anspruch auf Informationszugang gemäß § 4 Abs. 1 IFG NRW. Zwar spricht Einiges dafür, dass die Beklagte dem Anwendungsbereich des Gesetzes nach § 2 Abs. 4 IFG NRW unterfällt. Denn ihr Stiftungszweck dürfte in der Sache zumindest auch darauf gerichtet sein, die von der Sparkasse gestifteten Ausschüttungsbeträge nach § 25 Abs. 3 des Sparkassengesetzes Nordrhein-Westfalen (Sparkassengesetz - SpkG NRW) für öffentlich-rechtliche Aufgaben der Daseinsvorsorge im Allgemeinen und der Kulturförderung im Sinne des Art. 18 Abs. 1 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen (LVerf NRW) im Besonderen zu verwenden. Die Frage der Anwendbarkeit des Gesetzes auf die Beklagte kann aber letztendlich dahingestellt bleiben. Denn der geltend gemachte Anspruch ist jedenfalls durch die Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen.
271. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW treten die Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen zurück, soweit besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bestehen. Darunter sind bereichsspezifische Gesetze des Bundes oder des Landes zu verstehen, die einen Informationsanspruch regeln.
28Vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 11.
29Wie das Tatbestandsmerkmal „soweit“ zeigt, sind nur solche Vorschriften als vorrangig in Betracht zu ziehen, die denselben Sachverhalt abschließend – sei es identisch, sei es abweichend – regeln. Konkurrenzfragen sind in jedem konkreten Einzelfall durch eine systematische, an Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung der jeweiligen Informationszugangsrechte zu klären. Um die Bestimmung des Verhältnisses verschiedener Informationszugangsrechte untereinander vornehmen zu können, müssen vor allem deren jeweilige Regelungsmaterien berücksichtigt werden. Eine Vorrangigkeit im Sinne einer Ausschließlichkeit ist nur dort anzunehmen, wo die jeweiligen Rechte die gleichen Anliegen verfolgen und/oder identische Zielgruppen erfassen. Eine besondere Rechtsvorschrift im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW liegt daher nur dann vor, wenn ihr Anwendungsbereich in sachlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Informationen, die der Rechtsvorschrift unterfallen, und/oder in persönlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Personen, auf welche die Rechtsvorschrift Anwendung findet, beschränkt ist.
30Vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Beschlüsse vom 19. Juni 2002 – 21 B 589/02 –, juris, Rn. 20, und vom 31. K. 2005 – 21 E 1487/04 –, juris, Rn. 14 ff., sowie Urteile vom 17. Mai 2006 – 8 A 1642/05 –, juris, Rn. 52, vom 15. Juni 2011 – 8 A 1150/10 –, juris, Rn. 27 ff., vom 6. Mai 2015 – 8 A 1943/13 –, juris, Rn. 54 ff., vom 2. Juni 2015 – 15 A 1997/12 –, juris, Rn. 56 ff., und vom 24. November 2015 – 8 A 1032/14 –, juris, Rn. 45 ff.; VG Düsseldorf, Urteile vom 6. Juli 2012 – 26 K 4363/11 –, juris, Rn. 14 ff., und 23. November 2012 – 26 K 1846/12 –, juris, Rn. 12; VG Aachen, Urteil vom 27. Juni 2012 – 8 K 1026/08 –, juris, Rn. 49, 56 und 60.
31Wenn spezialgesetzliche Regelungen für einen gesonderten Sachbereich oder für bestimmte Personengruppen einen begrenzten Informationsanspruch vorsehen, ist deshalb im Einzelfall zu untersuchen, ob diese Grenzen auch für den Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW bindend sind. Das ist anzunehmen, wenn ein umfassender Informationsanspruch dem Schutzzweck des Spezialgesetzes zuwider laufen würde. Lässt sich derartiges nicht feststellen, gelangt der Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW zur Anwendung.
32Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. Juni 2011 – 8 A 1150/10 –, juris, Rn. 31, und vom 24. November 2015 – 8 A 1032/14 –, juris, Rn. 48; vgl. auch Urteil vom 26. Oktober 2011 – 8 A 2593/10 –, juris, Rn. 169 (zu § 1 Abs. 3 IFG Bund).
332. In Anlegung dieser Maßstäbe entfaltet § 12 StiftG NRW eine Sperrwirkung gegenüber dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen in Bezug auf die der Stiftungsaufsicht unterliegenden – insbesondere das Stiftungsvermögen und dessen Verwendung betreffenden – Informationen. Dies gilt auch dann, wenn deren Herausgabe nicht von der Stiftungsbehörde, sondern – wie hier – von der Stiftung selbst begehrt wird.
34§ 12 StiftG NRW regelt denselben Sachverhalt, namentlich die Offenlegung stiftungsbezogener Informationen gegenüber jedermann. Die Vorschrift stellt mit ihren Absätzen 1 bis 5 eine in sich geschlossene, abschließende Regelung dar. Sie enthält dabei in Bezug auf bestimmte Informationen zur Wahrung ihrer Vertraulichkeit gewisse Restriktionen. Ein umfassender Informationsanspruch würde dem Schutzzweck des Spezialgesetzes insoweit zuwiderlaufen. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:
35Das Stiftungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen gilt nicht für öffentlich-rechtliche Stiftungen im Sinne des § 21 des Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung (Landesorganisationsgesetz - LOG NRW), sondern für rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts (vgl. § 1 StiftG NRW). Dabei unterscheidet das Gesetz nicht zwischen bürgerlich-rechtlichen Stiftungen der öffentlichen Hand und solchen, die von Privatpersonen gegründet werden. Aufgrund der Formenwahlfreiheit der öffentlichen Hand steht es dieser frei, Stiftungen des bürgerlichen Rechts zu gründen. Entscheidet sich die öffentliche Hand für die Privatrechtsform, so gilt das für die bürgerlich-rechtliche Stiftung maßgebliche Recht – mit allen seinen Vor- und Nachteilen – gleichermaßen für die bürgerlich-rechtliche Stiftung der öffentlichen Hand, soweit der Gesetzgeber keine Sonderregelungen getroffen hat.
36Vgl. zum Ganzen: Schröder, in: Hüttemann/Richter/Weitemeyer, Landesstiftungsrecht, 2011, Kap. 33 Rn. 33.11 ff.
37Für rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts, die ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen haben, hat der Landesgesetzgeber vorgesehen, dass diese in einem Stiftungsverzeichnis erfasst werden, vgl. § 12 Abs. 1 StiftG NRW. Geführt wird das Verzeichnis von der zuständigen Stiftungsbehörde (§ 15 Abs. 2 Satz 2 StiftG NRW). Während nach der Vorläuferregelung des § 26 des Stiftungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (StiftG NRW) vom 21. Juni 1977 nur demjenigen, der ein berechtigtes Interesse geltend machen konnte, aus dem Stiftungsverzeichnis Auskunft über Name, Sitz, Zweck und vertretungsberechtigte Organe der Stiftung zu erteilen war, ist nach § 12 Abs. 1 StiftG NRW das Verzeichnis allgemein über das Internet zugänglich. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll hierdurch „das Stiftungswesen transparenter“ werden.
38Vgl. LT-Drs. 13/5987, S. 16; vgl. auch Heuel, Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, in: Praxis der Kommunalverwaltung, Losebl.-Ausgabe (Stand: Dezember 2008), § 12 Erl. 1 und 3; Rawert, in: Hüttemann/Richter/Weitemeyer, Landesstiftungsrecht, 2011, Kap. 11 Rn. 11.1; vgl. ferner Nr. 5 der „Grundsätze guter Stiftungspraxis“ des Bundesverband Deutscher Stiftungen e. V. (abrufbar unter https://www.stiftungen.org).
39Damit ist die Einsichtnahme in das Stiftungsverzeichnis jedermann zu jeder Zeit eröffnet.
40Vgl. Andrick/Suerbaum, Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 2016, § 12 Rn. 8.
41In dem Stiftungsverzeichnis sind allerdings nur die in § 12 Abs. 2 StiftG NRW enumerativ aufgezählten Informationen einzutragen. Nicht in das Verzeichnis einzutragen sind vor allem Angaben über das Vermögen einer Stiftung. Hiervon hat der Gesetzgeber bewusst Abstand genommen.
42Vgl. Rawert, in: Hüttemann/Richter/Weitemeyer, a.a.O., Kap. 11 Rn. 11.25.
43Die Angaben und deren Änderungen, die die Stiftungen der Stiftungsbehörde mitzuteilen haben, seien – so heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs – „insbesondere dazu bestimmt und auch völlig ausreichend, um eine Kontaktaufnahme mit den Stiftungen zu ermöglichen und Näheres über die Arbeit der Stiftung und bestehende Förderungsmöglichkeiten in Erfahrung zu bringen“. Die Beschränkung auf die genannten „Grunddaten“ sei außerdem erfolgt, um den „mit der Führung des Stiftungsverzeichnisses verbundenen Verwaltungsaufwand für die Stiftungen, aber auch für die Stiftungsaufsichtsbehörden in vertretbaren Grenzen“ zu halten.
44Vgl. LT-Drs. 13/5987, S. 16 f.; vgl. insofern auch Andrick/Suerbaum, a.a.O., § 12 Rn. 8.
45Die Eintragungen im Stiftungsverzeichnis begründen nicht die Vermutung ihrer Richtigkeit (§ 12 Abs. 3 StiftG NRW). Allerdings stellt die Stiftungsbehörde auf Antrag eine Bescheinigung darüber aus, wer nach Maßgabe der Satzung und der von der Stiftung mitgeteilten Angaben zur Vertretung der Stiftung berechtigt ist (§ 12 Abs. 4 StiftG NRW). Darüber hinaus ordnet § 12 Abs. 5 StiftG NRW an, dass die behördlichen Unterlagen über die Anerkennung und Beaufsichtigung einzelner Stiftungen nicht dem allgemeinen Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen unterliegen. Bereits § 26 StiftG NW 1977 habe – so heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs – „in Bezug auf die Auskunftserteilung zu Stiftungen seitens der Stiftungsaufsichtsbehörden erkennbar eine abschließende, bereichsspezifische Regelung“ enthalten. Nach dem Willen des Gesetzgebers stellt „auch § 12 des neuen Stiftungsgesetzes in Bezug auf die behördlichen Unterlagen zu einzelnen Stiftungen eine vorrangige und insoweit abschließende Regelung im Sinne des § 4 Abs. 2 IFG NRW“ dar.
46Vgl. LT-Drs. 13/5987, S. 17.
47Auch ansonsten ist anerkannt, dass Vorschriften über die Einsicht in bzw. die Auskunft aus bei öffentlichen Stellen geführten Büchern, Registern, Verzeichnissen, Listen u. ä. besondere Rechtsvorschriften im Sinne des § 4 Abs. 2 IFG NRW sind, da sie regelmäßig einen spezifischen sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich haben.
48Vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, Ein Praxiskommentar, 2007, Rn. 488; vgl. auch zu § 1 Abs. 3 IFG Bund: Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 323 ff.; Brink/Polenz/Blatt, Informationsfreiheitsgesetz, Kommentar, 2017, § 1 Rn. 136.
49Zwar erstreckt sich die Sperrwirkung des § 12 StiftG NRW – nach dem Wortlaut des Absatzes 5 – nicht auf solche Informationen, die inhaltlich weder die Anerkennung noch die Beaufsichtigung der Stiftung betreffen,
50vgl. in diesem Sinne etwa VG Aachen, Urteil vom 17. April 2012 – 8 K 86/11 –, juris, Rn. 16 (zum Anspruch eines Destinatärs gegen die Stiftungsaufsicht auf Herausgabe von Namen und Anschriften anderer Destinatäre),
51ansonsten können aber Dritte grundsätzlich nur Einsicht in das Stiftungsverzeichnis nehmen, haben aber keine Möglichkeit, etwa die Vertretungsbescheinigungen und die ihrer Erteilung zugrunde liegenden Unterlagen einzusehen.
52Vgl. Andrick/Suerbaum, a.a.O., § 12 Rn. 25 m. H. a. Rawert, in: Hüttemann/Richter/Weitemeyer, a.a.O., Kap. 12 Rn. 12.25 f.; siehe auch Hüttemann/Rawert, in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, Vorbemerkungen zu §§ 80 - 88 BGB, Rn. 173 („Unanwendbarkeit des IFG NRW auf Stiftungen“).
53Dieser weitgehende Ausschluss von Informationsansprüchen gegen die nordrhein-westfälischen Stiftungsbehörden schließt nach § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW auch etwaige Ansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen gegen die Stiftung aus. Dies ergibt sich zum einen aus einer systematischen Betrachtung der Absätze 1 bis 5 des § 12 StiftG NRW, der umfassend und damit auch abschließend die Information der Allgemeinheit regeln will. Zum anderen folgt dies aus dem Normzweck. Der Zweck der Beschränkung von Informationsansprüchen gegen die Stiftungsbehörde besteht nämlich im Wesentlichen darin, die für das Stiftungswesen elementare Vertraulichkeit für die Gebenden genauso wie für die Empfangenden zu wahren. Die Regelung des § 12 StiftG NRW beruht insoweit auf einer Abwägung des Gesetzgebers zwischen dem Publizitätsinteresse der Allgemeinheit einerseits und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Gebenden und Empfangenden sowie den in der Privatautonomie wurzelnden Vermögens- und Selbstverwaltungsinteressen der bürgerlich-rechtlichen Stiftung als eigener Rechtspersönlichkeit andererseits.
54Vgl. zu den – auch historischen – Gründen gegen die Offenlegung stiftungsbezogener Informationen Andrick/Suerbaum, Das Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts, NJW 2002, 2905, 2909; Rawert, in: Hüttemann/Richter/Weitemeyer, a.a.O., Kap. 11 Rn. 11.28; vgl. auch Horst Köhler, Festrede von Bundespräsident Horst Köhler aus Anlass des 60-jährigen Bestehens des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, 27. Juni 2008: „Stiftungen leben vom Vertrauen: vom Vertrauen derer, die viel Geld in sie einbringen, und vom Vertrauen der staatlichen Gemeinschaft, die dafür steuerliche Vergünstigungen gewährt.“ (abrufbar unter http://www.bundespraesident.de).
55Dieser in § 12 StiftG NRW verankerte Schutzzweck würde unterlaufen, wenn die Stiftung selbst verpflichtet wäre, die Informationen herauszugeben, die der Gesetzgeber als vertraulich erachtet. Dass der Wortlaut des § 12 Abs. 5 StiftG NRW nur die Informationsansprüche gegenüber der Stiftungsbehörde beschränkt, ist bei alledem darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber nur die Stiftungsbehörden als potentielle informationspflichtige öffentliche Stellen im Blick hatte. Allein der Wortlaut steht daher in Anbetracht des aufgezeigten Normzwecks einer Beschränkung der Ansprüche auch und gerade gegenüber einer Stiftung, die selbst dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen unterfällt, nicht entgegen.
56Sämtliche der vom Kläger begehrten Informationen (namentlich die Höhe des Stiftungsvermögens jeweils am Beginn der Kalenderjahre 2013, 2014 und 2015, die Angaben zu den Zuwendungen in dem Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. März 2015 sowie zu den Kontrollen über die Zuführung der bereitgestellten Mittel) sind solche, die ausweislich des § 7 Abs. 1 Satz 1 StiftG NRW der Beaufsichtigung durch die Stiftungsbehörde unterliegen. Danach ist der Stiftungsvorstand verpflichtet, der Stiftungsbehörde innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres eine Jahresabrechnung mit einer Vermögensübersicht und einen Bericht über die Erfüllung der Stiftungszwecke vorzulegen. Nach den vorstehenden Ausführungen unterliegen diese Informationen dem durch § 12 StiftG NRW vermittelten Vertrauensschutz.
57Entgegen der Besorgnis des Klägers sind Sparkassenstiftungen in bürgerlich-rechtlicher Rechtsform damit keineswegs einer Beobachtung durch die Öffentlichkeit entzogen. Vielmehr unterstehen auch die Sparkassenstiftungen der Stiftungsaufsicht, deren Aufgabe es ist, zu überwachen und sicherzustellen, dass die Organe der Stiftung den in Stiftungsgeschäft und Stiftungssatzung zum Ausdruck kommenden Willen der Stifterin oder des Stifters beachten und die Tätigkeit der Stiftung im Einklang mit Recht und Gesetz steht (§ 6 Abs. 2 StiftG NRW).
583. Ob dem Auskunftsbegehren darüber hinaus auch ein Ausschlussgrund nach den §§ 6 ff. IFG NRW – in Betracht kommt vor allem der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 8 IFG NRW) – entgegensteht, kann bei alledem dahingestellt bleiben.
59V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
60VI. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.