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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger legte im Jahr 1992 die Prüfung zum Metallbauer-Meister ab. In den Jahren 1998 bis 2013 war er in einem eigenen Betrieb tätig, seither ist er als Betriebsleiter bei der Firma „Q. & T. N. -N1. V. “ angestellt.
3Unter dem 16. März 2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zulassung als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Metallbauer-Handwerk. In dem Antragsformular gab er unter Ziffer 14 an, über sein Vermögen sei am 6. März 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet worden, allerdings sei das Verfahren mittlerweile eingestellt worden. Seinem Antragsformular fügte er unter anderem Bescheinigungen der Akademie des Handwerks Schloss Raesfeld über die erfolgreiche Absolvierung der Grundlagenseminare „Sachverständige I und II“ im Zeitraum 13. bis 21. März 2015 sowie weitere Teilnahmebescheinigungen über absolvierte Fortbildungen im Bereich N. bei. Zudem überreichte er ein Schreiben das Amtsgerichts Bochum vom 9. März 2016, wonach sein Insolvenzverfahren eingestellt worden sei, sowie eine Bescheinigung vom 23. März 2016, in welcher sich seine Ehefrau als Geschäftsführerin der „Q. & T. N. -N1. V. “ mit einer Tätigkeit als Sachverständiger einverstanden erklärte und ankündigte, den Kläger da Tätigkeit freizustellen.
4Die Beklagte bestätigte dem Kläger unter dem 6. April 2016 den Eingang der Unterlagen und teilte mit, die zuständige Sachbearbeiterin sei derzeit erkrankt und der Antrag würde nach deren Rückkehr schnellstmöglich bearbeitet werden. Der Kläger antwortete am gleichen Tag, er sei dringend auf die Bestellung angewiesen und bat noch einmal um eine baldige Entscheidung. Nachdem er sich unter dem 12. und 20. April 2016 erneut nach dem Stand der Bearbeitung erkundigt hatte, wandte sich der Kläger unter dem 23. April 2016 an den Präsidenten der beklagten Handwerkskammer. Er bat den Präsidenten, in seiner Angelegenheit „aktiv zu werden“ und wiederholte noch einmal unter Verweis auf seine finanzielle Abhängigkeit von der Bestellung als Sachverständiger seine Bitte um eine zügige Bearbeitung.
5Mit Schreiben vom 25. April 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die zuständige Sachbearbeiterin sei ab dem 9. Mai 2016 wieder im Büro und bot ihm an diesem Tag einen Termin für ein persönliches Gespräch an, welchen der Kläger noch am selben Tag bestätigte. Er gab an, er wolle sich den Tag dafür frei nehmen.
6Am gleichen Tag wandte sich der Kläger ferner an den Abteilungsleiter sowie an ein Mitglied des Vorstandes der Beklagten und beschwerte sich, er sei unfreundlich und abwertend von „den Damen“ am Telefon behandelt worden. Er fände es nicht in Ordnung, erst zwei Wochen später einen Termin zu erhalten und bat um einen Termin bei dem Präsidenten der Beklagten.
7Am 9. Mai 2016 rief die Ehefrau des Klägers bei der Beklagten an und teilte mit, ihr Ehemann könne den Termin nicht wahrnehmen. Auf Nachfrage gab sie an, der Kläger habe wegen der Erkrankung eines Mitarbeiters zu viel zu tun. Dem Kläger wurde ein erneuter Termin am 12. Mai 2016 angeboten, welcher sodann auch stattfand.
8Mit Schreiben vom 13. Mai 2016 teilte der Kläger mit, er habe den Termin am 9. Mai 2016 wegen eines kurzfristigen operativen Eingriffs (Entfernung eines veränderten Muttermals) absagen müssen. Bezüglich des Gesprächs am vorigen Tag beschwerte sich der Kläger über den Ablauf sowie die Haltung der Sachbearbeiterin ihm gegenüber und zitierte dabei unter Angabe von Minutenbezeichnungen aus dem Gespräch mit der Sachbearbeiterin. Er gab an, sämtliche Punkte belegen zu können.
9Nachforschungen der Beklagten in der Folgezeit ergaben, dass das Insolvenzverfahren des Klägers nach § 211 des Insolvenzordnung – InsO – wegen Masseunzulänglichkeit eingestellt worden war. Mit Beschluss vom 1. Dezember 2015 war dem Kläger nach § 291 InsO die Restschuldbefreiung mit Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 6. März 2013 angekündigt worden.
10Mit Schreiben vom 20. Mai 2016 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Ablehnung seines Antrags auf Bestellung als Sachverständigen für das Metallbauer-Handwerk an.
11Mit Bescheid vom 8. Juni 2016 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf öffentliche Bestellung und Vereidigung zum Sachverständigen ab. Zur Begründung führte sie aus, als Sachverständiger könne nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 ihrer Sachverständigenordnung – SVO – nur bestellt werden, wer in geordneten Vermögensverhältnissen lebe. Solche lägen nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Bewerbers aber erst wieder mit Erteilung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht vor. Der Kläger befinde sich noch bis zum 5. März 2019 in der sog. „Wohlverhaltensphase“, sodass zum jetzigen Zeitpunkt die geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse noch nicht wiederhergestellt worden seien. Diese Tatsache habe ihr der Kläger in seinem Antrag verschwiegen. Ein weiteres Indiz für das Fehlen geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse seien ferner die Angaben des Klägers in seinen Schreiben vom 10. und 23. April 2016, er sei dringend bzw. finanziell auf die Bestellung angewiesen. Die beeinträchtigen Vermögensverhältnisse des Klägers gefährdeten zudem dessen persönliche Unabhängigkeit und Integrität, weshalb der Kläger nicht die nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 SVO erforderliche Gewähr für die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit bei der Erstellung von Gutachten biete.
12Zudem mangele es dem Kläger an der nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 SVO erforderlichen persönlichen Eignung. Diese umfasse alle Eigenschaften eines Sachverständigen, die notwendig seien, um seine besondere Sachkunde entsprechend den hohen Erwartungen der Öffentlichkeit einsetzen zu können. Dazu gehörten unter anderem Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit und charakterliche Reife. Die Zitate mit Minutenangaben im Schreiben des Klägers vom 13. Mai 2016 sowie dessen Ankündigung eines Beweises ließen nur den Schluss zu, dass der Kläger das Gespräch mit ihrer Mitarbeiterin heimlich mitgeschnitten habe. Dies bedeute zum einen ein Verstoß gegen § 201 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuches – StGB – und zum anderen einen nicht mehr zu überbrückenden Vertrauensbruch. Darüber hinaus habe der Kläger für die Absage des ersten Termins zwei unterschiedliche Gründe genannt. Aufgrund dessen sei das für die Ausübung der Tätigkeit eines Sachverständigen notwendige intakte Vertrauensverhältnis mit ihr als Bestellkörperschaft massiv gestört.
13Sie habe bei der Ermessensentscheidung über die Bestellung das Interesse des Klägers an der Bestellung gegen das öffentliche Interesse abgewogen. Das Interesse des Klägers erschöpfe sich in einer finanziellen Besserstellung, was gegen den Grundsatz der persönlichen Unabhängigkeit eines öffentlich bestellten Sachverständigen spreche. Dementsprechend trete dieses Interesse hinter dem öffentlichen Interesse an einem unabhängigen, unparteilichen und zuverlässigen Sachverständigen und damit einem funktionierenden Sachverständigenwesen zurück.
14Der Kläger hat am 5. Juli 2016 Klage erhoben.
15Zur Begründung führt er aus, er habe seine Insolvenz gegenüber der Beklagten nicht verschwiegen. Vielmehr habe der Unterzeichner des Ablehnungsbescheides ihn sogar während seines Insolvenzverfahrens beraten und ihm die Sachverständigentätigkeit ausdrücklich als zweites Standbein empfohlen. Aufgrund dessen habe er sich überhaupt erst zu den kostspieligen Fortbildungskursen der Akademie Schloss Raesfeld angemeldet. Er lebe in geordneten finanziellen Verhältnissen. Er beziehe ein festes monatliches Gehalt und lebe mietfrei ohne weitere Verpflichtungen im Haus seiner Ehefrau. Dass er in der Wohlverhaltensphase nicht vereidigt werden dürfe, ergebe sich nicht aus der Sachverständigenordnung. Er sei auch finanziell nicht auf die Bestellung angewiesen. Seine dementsprechende Aussage im Verwaltungsverfahren sei nur ein Versuch gewesen, eine Reaktion der Beklagten auf seinen Antrag zu erhalten. Zudem würden die Einnahmen aus der Sachverständigentätigkeit nicht ihm persönlich, sondern der Gesellschaft zugutekommen, bei der er angestellt sei.
16Er sei ferner nicht unzuverlässig. Zwar habe er das persönliche Gespräch mit der Mitarbeiterin auf dem Tonträger mitgeschnitten, aber es habe sich um ein öffentliches Gespräch gehandelt, sodass der Straftatbestand des § 201 StGB nicht erfüllt worden sei. Ferner habe er sich vor dem Gespräch in einer ausweglosen Notlage befunden. Er neige auch nicht zu übersteigerter Kritik. Die von der Beklagten zitierten Passagen aus seinen Schreiben sollten ihn nur in einem schlechten Licht darstellen. Die Äußerungen der Sekretärinnen der Beklagten seien um einiges schlimmer gewesen. Auch in einem Gerichtsverfahren, in welchem er im Auftrag des Vorsitzenden Richters bereits als Sachverständiger ein Gutachten verfasst habe, habe er sich stets tadellos verhalten und der Richter sei sehr zufrieden mit ihm und seiner Arbeit gewesen.
17Die erforderlichen Fachkenntnisse und Fähigkeiten für die Vereidigung könne er durch seine langjährige berufliche Tätigkeit, zusätzliche Schulungen sowie durch die bereits erfolgte Erstellung von Privatgutachten belegen, sodass eine Überprüfung seiner Fachkenntnisse durch ein Fachgremium nicht notwendig sei. Daher läge keine rechtliche Grundlage vor, ihm die Bestellung und Vereidigung zu verweigern. Die Beklagte nutze vielmehr ihre berufliche Stellung, um ihm „eins auszuwischen“, da er sich bei deren Präsidenten über die schleppende und zum Teil falsche Beratung beschwert habe und die Ablehnung beruhe rein auf persönlichen Motiven.
18Der Kläger beantragt sinngemäß,
19die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 8. Juni 2016 zu verpflichten, ihn als Sachverständigen öffentlich zu bestellen und zu vereidigen.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Zur Begründung bezieht sie sich auf den Ablehnungsbescheid und ergänzt, eine Ablehnung des Antrags auf Bestellung und Vereidigung als Sachverständiger sei bereits bei Vorliegen begründeter Bedenken gegen die Eignung eines Antragstellers gerechtfertigt. Zweifel an der Eignung eines Bewerbers gingen dabei stets zu dessen Lasten. Wenn aufgrund solcher Zweifel die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien, stehe ihr bei der Ablehnung des Antrags kein Ermessen zu.
23Solche begründeten Bedenken gegen die persönliche Eignung des Klägers lägen aus den im Bescheid genannten Gründen vor. Die Eignung sei darüber hinaus ausgeschlossen, wenn ein Antragsteller zu unsachlicher Kritik, übersteigertem Selbstbewusstsein und mangelnder Dialogbereitschaft neige. Einen solchen Hang zu unsachgemäßen Äußerungen habe der Kläger sowohl in seinen zahlreichen Anfragen im Verwaltungsverfahren als auch in der Klageschrift gezeigt.
24Im Übrigen könne der Verpflichtungsantrag auf Bestellung und Vereidigung bereits deswegen keinen Erfolg haben, da vor einer Bestellung nach § 3 Abs. 2 SVO zuerst eine fachkundliche Überprüfung des Klägers durchgeführt werden müsse.
25Die Beteiligten haben mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2016 bzw. 3. Januar 2017 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin erklärt.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
27E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :Die Einzelrichterin kann gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
28Die zulässige Verpflichtungsklage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständiger für das Metallbauer-Handwerk.
29Rechtsgrundlage für die öffentliche Bestellung von Sachverständigen für Sachgebiete des Handwerks ist §§ 91 Abs. 1 Nr. 8, 106 Abs. 1 Nr. 12 der Handwerksordnung – HwO – i.V.m. der Sachverständigenordnung der Beklagten vom 5. Dezember 2012.
30Nach § 1 SVO bestellt und vereidigt die Beklagte auf Antrag gem. § 91 Abs. 1 Nr. 8 und Abs. 4 HwO Sachverständige für Sachgebiete des Handwerks nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen. Nach § 2 Abs. 2 SVO kann als Sachverständiger insbesondere nur öffentlich bestellt und vereidigt werden, wer die persönliche Eignung insbesondere Zuverlässigkeit sowie die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit entsprechend den Anforderungen des beantragten Sachgebietes besitzt (Nr. 3), seine besondere Sachkunde (erheblich über dem Durchschnitt liegende Fachkenntnisse und Fertigkeiten), die notwendige praktische Erfahrung und die Fähigkeit, Gutachten zu erstatten, nachweist (Nr. 4) und in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt (Nr. 6). Ist bereits eine der Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die öffentliche Bestellung zwingend abzulehnen, ohne dass die Behörde einen Ermessensspielraum hat oder das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen prüfen muss.
31Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1975 – I C 23.73 –, GewArch 1975, 333 ff.; VG Braunschweig, Urteil vom 20. Januar 2011 – 1 A 95/10 –, juris.
32So liegt der Fall hier.
33Es kann vorliegend zwar offen bleiben, ob der Kläger – wie von der Beklagten angenommen – nicht in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Dagegen könnte sprechen, dass das Insolvenzverfahren des Klägers, dessen Eröffnung er der Beklagten im Übrigen nicht verschwiegen hat (vgl. Ziffer 14 des Antragsformulars), mit Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 9. März 2016 eingestellt worden ist und ihm mit Beschluss vom 1. Dezember 2015 die Restschuldbefreiung mit Ablauf des 6. März 2019 angekündigt worden ist. Anders als die Beklagte meint, spricht die Tatsache, dass dem Kläger die angekündigte Restschuldbefreiung noch nicht erteilt worden ist, jedenfalls nicht zwangsläufig gegen seine geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse. Zwar bestehen die Schulden, deretwegen das Insolvenzverfahren eröffnet und durchgeführt worden ist, solange fort, bis das Insolvenzgericht am Ende der Wohlverhaltensphase – Laufzeit der Abtretung nach § 287 Abs. 2 InsO – die Restschuldbefreiung bewilligt hat (§ 300 Abs. 1 InsO). Indes hat sich die Restschuldbefreiung, die während des Insolvenzverfahrens lediglich eine abstrakte Möglichkeit darstellte, nach dessen Beendigung und nach der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch den Beschluss des Insolvenzgerichts zu einer konkreten Aussicht verdichtet. Der Schuldner darf nunmehr davon ausgehen, dass er am Ende der Wohlverhaltensphase die Restschuldbefreiung erlangen wird, falls er den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachkommt und die Voraussetzungen einer Versagung nach § 297 oder § 298 InsO nicht vorliegen. Vor diesem Hintergrund kann nach der Rechtsprechung bereits mit der in § 291 InsO a.F. nach Abschluss des Insolvenzverfahrens vorgesehenen Ankündigung der Restschuldbefreiung angenommen werden, geordnete Vermögensverhältnisse seien (wieder) gegeben.
34Vgl. zu dem Ganzen nur OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2011 – 4 A 1115/10 –, juris, m.w.N.
35Soweit sich die Beklagte auf einen anderslautenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
36Beschluss vom 16. September 2015 – 4 B 333/15 –, juris,
37beruft, wonach die die Unzuverlässigkeit eines Architekten begründende Überschuldung erst beseitigt werde, wenn es zur Restschuldbefreiung komme, ist diese Rechtsprechung vorliegend nicht fruchtbar zu machen. Der Beschluss ist ausdrücklich auf Grundlage der aktuellen Rechtslage zur Ankündigung der Restschuldbefreiung nach § 287a InsO ergangen. Der Senat führt in dem Beschluss aus, durch den Wegfall des § 291 InsO und die Einführung einer entsprechenden Feststellung nach § 287a Abs. 1 InsO schon mit der Eingangsentscheidung zur Verschlankung des Restschuldbefreiungsverfahrens sei die Vertrauensschutzfunktion, die der Ankündigung nach § 291 InsO zugesprochen worden sei, entfallen. Dem Kläger ist allerdings noch nach alter Rechtslage auf Grundlage des weggefallen § 291 InsO die Restschuldbefreiung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens angekündigt worden.
38Ob die Tatsache, dass der Kläger in zwei Schreiben an die Beklagte ausdrücklich betont hat, finanziell auf die Bestellung als Sachverständiger angewiesen zu sein, ausreichen würde, um Zweifel an den geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers zu begründen, muss vorliegend nicht entschieden werden. Denn jedenfalls hat die Beklagte den Antrag des Klägers auf öffentliche Bestellung und Vereidigung zu Recht wegen Zweifeln an seiner persönlichen Eignung abgelehnt.
39Die Frage, ob ein Sachverständiger zur öffentlichen Bestellung geeignet ist, ist im Einzelfall anhand der besonderen Aufgabe von Sachverständigen zu beurteilen. Dabei unterliegt der unbestimmte Rechtsbegriff der persönlichen Eignung in § 2 Abs. 2 Nr. 3 SVO der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung; ein Beurteilungsspielraum der Beklagten besteht nicht.
40Die öffentliche Bestellung erfolgt im Interesse der Allgemeinheit, um dieser die Möglichkeit zu geben, sich solcher Sachverständiger zu bedienen, die eine Gewähr für besondere Sachkunde und Eignung bieten. Während es bei dem Merkmal der besonderen Sachkunde um rein fachliche Fähigkeiten des Sachverständigen geht, ist mit dem Merkmal der „Eignung“ die uneingeschränkte persönliche Zuverlässigkeit, die Unabhängigkeit und Vertrauenswürdigkeit sowie die Persönlichkeitsstruktur und Akzeptanz des Sachverständigen bei den potentiellen Auftraggebern verbunden. Die Persönlichkeit des Sachverständigen muss eine Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung der Gutachtertätigkeit bieten. Dabei sind wegen der verantwortungsvollen Stellung des Sachverständigen an die von ihm zu verlangende Charakterstärke hohe Anforderungen zu stellen. Von ihm sind Zurückhaltung und Besonnenheit zu erwarten, selbst wenn er wegen des Ergebnisses seiner Gutachten unsachlich angegriffen wird. Unparteilichkeit und Objektivität des Sachverständigen müssen sich auch in Stil und Sprache widerspiegeln, was Zurückhaltung im Ausdruck und eine vorsichtige Wahl der Formulierungen erfordert. Unsachliche Äußerungen des Sachverständigen sind ebenso mit seiner Stellung unvereinbar wie Äußerungen, die nach Form und Inhalt den Eindruck der Überheblichkeit und des sturen Festhaltens an den eigenen Auffassungen erwecken können.
41Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 1985 – 4 A 1794/84 –, GewArch 1986, 164 f.; VG Braunschweig, Urteil vom 20. Januar 2011 – 1 A 95/10 –, juris, zur vergleichbaren Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO.
42Die Bestellungsbehörde hat deshalb eingehend zu prüfen, ob der Sachverständige für die Dauer der Bestellung die Gewähr für Unparteilichkeit, Unabhängigkeit, Objektivität und Einhaltung seiner besonderen Pflichten als öffentlich bestellter Sachverständiger bietet. Es bedarf nicht des Nachweises, dass der Bewerber ungeeignet ist, sondern es genügen durch Tatsachen belegte Zweifel am Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen, um den Antrag auf öffentliche Bestellung abzulehnen. Verbleiben Zweifel an der Geeignetheit des Bewerbers, so gehen diese zu seinen Lasten.
43Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1975 – I C 23.73 –, GewArch 1975, 333 ff.
44Nach diesen Grundsätzen ist die ablehnende Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Zu Recht hat sie aufgrund der Verhaltensweise des Klägers im Verwaltungsverfahren sowie seiner Formulierungen in verschiedenen Schreiben Zweifel an seiner persönlichen Eignung.
45Ernsthafte Zweifel an der persönlichen Eignung des Klägers, insbesondere seiner Zuverlässigkeit, ergeben sich zunächst aus dem Verhalten des Klägers im persönlichen Gespräch mit der Mitarbeiterin der Beklagten am 12. Mai 2016. Der Kläger hat ohne Einwilligung der Mitarbeiterin das Gespräch heimlich auf Tonband mitgeschnitten. Darauf hat die Beklagte zu Recht aus den mit Minutenangaben belegten Zitaten verbunden mit der Ankündigung eines Beweises im Schreiben des Klägers vom 13. Mai 2016 geschlossen. Mittlerweile hat der Kläger den Mitschnitt in seiner Klageschrift im Wesentlichen auch eingeräumt. Der heimliche Mitschnitt erfüllt den objektiven Straftatbestand von § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB, wonach mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird, wer unbefugt das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt. Soweit der Kläger nunmehr behauptet, er sei davon ausgegangen, es habe sich um ein „öffentliches Gespräch“ gehandelt, wertet das Gericht dies als Schutzbehauptung. Wie sich aus der weiteren Einlassung des Klägers hinsichtlich seiner angeblich „ausweglosen Notlage“ und den Ausführungen zu möglichen Beweisverwertungsverboten ergibt, war dem Kläger sehr wohl bewusst, dass es sich um ein nichtöffentliches Gespräch handelte und er nicht befugt war, dieses auf Tonband aufzuzeichnen.
46Aus dieser Tatsache hat die Beklagte zu Recht geschlossen, dass der Kläger nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, da er nicht die Gewähr dafür bietet, sich in Zukunft rechtstreu zu verhalten. Das zeigt sich insbesondere daran, dass er in der Klageschrift erfolglos versucht hat, den Mitschnitt mit einer angeblich „ausweglosen Notlage“ zu rechtfertigen und damit zum Ausdruck gebracht hat, auch in Zukunft in solchen Situationen, in denen er sich ungerecht behandelt bzw. missverstanden fühlt und die auch im Rahmen seiner Gutachtertätigkeit auftreten könnten, auf solche unzulässigen Mittel zurückzugreifen.
47Die Frage der tatsächlichen Strafbarkeit des erfolgten Mittschnitts, insbesondere hinsichtlich der Erfüllung des subjektiven Tatbestandes sowie der vom Kläger angenommenen Rechtfertigung seines Handelns, bedarf dabei vorliegend keiner Klärung. Denn jedenfalls muss von einem Sachverständigen erwartet werden, dass er nicht erst vor den Grenzen des Strafgesetzbuches Halt macht, sondern bereits unterhalb der Grenzen des rechtlich Zulässigen sein Verhalten so einrichtet, dass – insbesondere gemessen an den Geboten der Korrektheit und der persönlichen Integrität – Zweifel an der Zulässigkeit seines Tuns, insbesondere auch gegenüber der Bestellungsbehörde, gar nicht erst aufkommen können.
48Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 1985 – 4 A 1794/84 –, GewArch 1986, 164 f.
49Solche Zweifel an seiner persönlichen Integrität und Vertrauenswürdigkeit hat der Kläger durch den jedenfalls mit der heimlichen Aufnahme verbundenen massiven Vertrauensbruch der Beklagten gegenüber in jedem Fall aufkommen lassen.
50Diese Zweifel an der persönlichen Eignung werden vorliegend durch die unsachlichen und überzogenen Formulierungen in mehreren Schreiben des Klägers im Verwaltungsverfahren an verschiedene Stellen der Beklagten verstärkt. So schrieb er in seiner Email vom 25. April 2016 an den Abteilungsleiter sowie ein Vorstandsmitglied der Beklagten: „[…] Ich hatte den Eindruck, abwärtend [sic] und unfreundlich von den beiden Damen behandelt zu werden! Verfährt man so mit zahlenden Mitgliedern, die die Gehälter der Damen mitbezahlen, oder sind es ungeschulte Mitarbeiterinnen?“. Im Gespräch mit der Mitarbeiterin der Beklagten am 12. Mai 2016 äußerte sich der Kläger laut deren Vermerk über das Beschwerdemanagement der Beklagten, „es hat Zeiten in Deutschland gegeben, da wurde so mit Menschen umgegangen“ und man wolle ihn nur „rauskicken“. In seiner Email einen Tag später an den Abteilungsleiter der Beklagten beschwerte sich der Kläger mit den Worten „Wieviel muss man sich noch bieten lassen, wäre es meine Angestellte, würde sie eine Abmahnung erhalten, wenn sie so mit Kunden verfährt!“ und weiter „Meiner Meinung nach darf man so nicht mit zahlenden Mitgliedern umgehen, oder hat schon das Sekretariat in der HWK das Zepter übernommen?“.
51Die Unsachlichkeit seiner Kritik setzt sich auch in seiner Klageschrift fort. So behauptet der Kläger, die Ablehnung der Beklagten beruhe nicht auf einer rechtlichen Grundlage, sondern diene nur dazu, ihn zu bestrafen, weil er sich bei dem Präsidenten und anderen Stellen beschwert habe. Die Beklagte nutze ihre berufliche Stellung, um Personen, die sich beschwerten, „eins auszuwischen“ und die Ablehnung beruhe rein auf persönlichen Motiven. Zudem wirft er der Beklagten vor, deshalb das Verfahren unnötig in die Länge gezogen zu haben. Diese Anschuldigungen treffen allerdings objektiv nicht zu, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat. Die Ablehnungsentscheidung wurde auf rechtliche Ausschlussgründe, insbesondere auf das vom Kläger zu verantwortende Verhalten im Verwaltungsverfahren sowie dessen finanziellen Verhältnisse gestützt. Dem Kläger wurde nicht vorgeworfen, dass er sich beschwert hat, sondern der unsachliche und überzogene Ton seiner Beschwerden sowie der heimliche Mitschnitt des Gesprächs mit der Sachbearbeiterin hatten Zweifel an seiner persönlichen Eignung gemacht. Vergleichbares gilt für die Absage des ersten Gesprächstermins. Nicht die Krebserkrankung des Klägers, sondern die nachträgliche Auswechslung des Absagegrunds und die Absage erst am Tag des Gesprächs führten zu den Zweifeln an dessen persönlichen Eignung. Auch hat die Beklagte das Verfahren nicht unnötig verzögert. Wie sich aus den Verwaltungsvorgängen ergibt, war die zuständige Sachbearbeiterin längerfristig erkrankt und die personelle Besetzung der Abteilung ließ keine Vertretung in Sachen Bestellung von Sachverständigen zu. Dies wurde dem Kläger auch so mitgeteilt. Unmittelbar nach ihrer Rückkehr hat die zuständige Sachbearbeiterin dem Kläger einen Termin zum persönlichen Gespräch angeboten, um sein Verfahren fortzuführen. Dabei lagen zwischen Eingang des Antrags am 24. März 2016 und dem ersten Gesprächsangebot am 9. Mai 2016 keine zwei Monate.
52Diese Äußerung belegen, dass der Kläger den zu Recht sehr hohen Charakteranforderungen an öffentlich bestellte Sachverständige nicht gerecht wird. Die verbale Aggressivität sowie die enthaltene unsachliche und überzogene Kritik, zu denen sich der Kläger hat hinreißen lassen, sprechen dagegen, dass er als Sachverständiger das Gebot der Sachlichkeit und Mäßigung stets wird einhalten können. Es steht zu befürchten, dass der Kläger auch in seiner Tätigkeit als öffentlich bestellter Sachverständiger insbesondere nicht die nötige Zurückhaltung im Ausdruck wahren wird. Dass diese Äußerungen und Formulierungen nicht im direkten Zusammenhang mit einer Tätigkeit des Klägers als Sachverständiger stehen, ist ohne Belang. Die Äußerungen sind nichtsdestotrotz für die Einschätzung der persönlichen Eignung des Klägers zu berücksichtigen, da die Persönlichkeit eines Menschen unteilbar ist.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 1985 – 4 A 1794/84 –, GewArch 1986, 164 f.
54Insgesamt ergibt sich aus seinem Verhalten sowie den im Verwaltungsverfahren verfassten Schreiben des Klägers ein Gesamtbild seiner Persönlichkeit, das entgegen § 3 Abs. 2 Nr. 3 SVO befürchten lässt, dass dieser nicht die Gewähr für die persönliche Eignung zum öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bietet. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Kläger nach eigenen Angaben ein Gutachten für das Landgericht Kassel erstellt hat und der Vorsitzende Richter sehr zufrieden mit seiner Arbeit und der Verteidigung des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung gewesen sein soll. Auch das vom Kläger geltend gemachte soziale Engagement führt zu keiner anderen Bewertung. Denn selbst bei Wahrunterstellung seines diesbezüglichen Vortrags wären diese Tatsachen nicht geeignet, die sich aus den oben genannten Erkenntnissen ergebenden verbleibenden Zweifel an der persönlichen Eignung des Klägers auszuräumen.
55Im Übrigen ist, ohne dass es darauf für die Entscheidung ankommen würde, anzumerken, dass der Kläger mit seiner Klage nur die Aufhebung der Ablehnungsentscheidung und die Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über seinen Antrag, nicht aber die Verpflichtung zu der von ihm letztlich begehrten öffentlichen Bestellung und Vereidigung erreichen könnte. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen, vor allem der Sachkunde des Klägers (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 4 SVO), hat die Beklagte nämlich noch keine Entscheidung getroffen, weil sie insoweit das Verfahren (Anhörung der zuständigen Verbände/ Überprüfung durch ein Fachgremium, vgl. § 3 SVO) nach den (begründeten) Zweifeln an der persönlichen Eignung nicht weiter geführt hat.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.