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Ein Bürger hat gegenüber der Gemeinde keinen Anspruch auf die Errichtung öffentlicher Toilettenanlage
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die be-absichtigte Rechtsverfolgung aus den nachfolgenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg bietet, § 166 VwGO, § 114 ZPO.
3Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,
4die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, auf öffentlichen Plätzen in der Innenstadt, den Stadtteilzentren und am C. mobile öffentliche Toiletten zur kostenfreien Nutzung nebst Hinweisschildern auf den jeweiligen Standort aufzustellen, sowie für deren regelmäßigen Wartung und Pflege zu sorgen,
5hat keinen Erfolg.
6Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einst-weiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO, §§ 294, 920 Abs. 2 ZPO.
7Es kann dahinstehen, ob für die begehrte einstweilige Anordnung ein Anordnungs-grund vorliegt. Der vom Antragsteller im Klageverfahren 15 K 6244/17 geltend gemachte Anspruch auf Errichtung öffentlicher Toilettenanlagen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin ist nicht derart gefährdet, dass er durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden müsste. Auch erscheint es zumindest zweifelhaft, dass dem Antragsteller ein Abwarten der Entscheidung im Klageverfahren nicht zumutbar ist.
8Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Ihm steht schon kein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf die Errichtung öffentlicher Toiletten, sei es als feste Toilettenanlagen oder als mobile Toiletten, zu.
9Auf einen Anspruch aus § 8 Abs. 1 GO NRW kann sich der Antragsteller nicht berufen. Zwar schaffen die Gemeinden gemäß § 8 Abs. 1 GO NRW innerhalb der Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen. Bei öffentlichen Toiletten handelt es sich um öffentliche Einrichtungen der Daseinsvorsorge, da sie der Befriedigung der Grundbedürfnisse der Bürger dienen würden. Das Gesetz verpflichtet die Gemeinden jedoch nicht, bestimmte öffentliche Einrichtungen zu schaffen. Sie haben vielmehr im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts, vergleiche Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 78 Abs. 2 LVerf NRW, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, welche öffentlichen Einrichtungen sie für erforderlich halten. Dies gilt uneingeschränkt für den Bereich der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben nach § 2 GO NRW.
10Vgl.: OVG NRW, Beschlüsse vom 26. August 1986– 15 B 1894/86 ‑, NVwZ 1987, 518, vom 30. April 2004 ‑ 15 A 1130/04 ‑, NWVBl 2004, 387 und vom 19. Mai 2015 – 15 A 86/14 ‑, DVBl 2015, 1467, NWVBl 2016, 73; Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, GO NRW, Bd. 1, Loseblatt Stand Juni 2017, § 8 GO Anm. I. 1; Held/Winkel/Wansleben, Kommunalverfassungsrecht Nordrhein-Westfalen, Bd. 1, Loseblatt Stand Dezember 2016, § 8 GO Anm. 1.
11Bei der Zurverfügungstellung öffentlicher Toiletten im Gemeindegebiet handelt es sich um eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinde und nicht um eine Pflichtaufgabe. Pflichtaufgaben können einer Gemeinde nach § 3 Abs. 1 GO NRW nur durch Gesetz auferlegt werden. An einer solchen gesetzlichen Verpflichtung fehlt es vorliegend. Sie lässt sich insbesondere nicht aus § 3 Abs. 1 e) der ordnungs-behördlichen Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Stadtgebiet F. vom 28. Februar 2017, die auf der Grundlage des § 27 OBG NRW erlassen wurde, entnehmen. Die dort untersagte Verrichtung der Notdurft auf Verkehrsflächen und in Anlagen begründet keine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Vorhaltung öffentlicher Toiletten.
12Auch der vom Antragsteller geltend gemachte grundrechtliche Schutz seiner gesundheitlichen Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG, der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie seiner Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG führt nicht zu einer Verpflichtung der Antragsgegnerin, in ihrem Stadt-gebiet öffentliche Toiletten zu errichten. Zunächst dienen Grundrechte von ihrer Funktion her dem Schutz der Bürger vor staatlichen Eingriffen. Nur in Ausnahme-fällen lassen sich ihnen Pflichten des Staates zu einem positiven Handeln ent-nehmen. Dafür müsste der einzelne Bürger eine staatliche Leistung zur Wahrung seiner Grundrechte zwingend benötigen. Dies ist im Hinblick auf die Errichtung öffentlicher Toiletten im Gemeindegebiet nicht der Fall. Vielmehr liegt es grund-sätzlich in der Eigenverantwortung der Bürger, vor einem Aufenthalt im Gebiet der Gemeinde Vorkehrungen hinsichtlich einer etwaigen Verrichtung der Notdurft zu treffen. Dies gilt auch für den Antragsteller im Hinblick auf die von ihm geltend gemachte Notwendigkeit, aus gesundheitlichen Gründen in kürzeren Abständen und zum Teil auch recht kurzfristig seine Notdurft verrichten zu müssen. Auch kann er bei entsprechenden Notfällen auf die durchweg gegebene Möglichkeit des Aufsuchens einer Toilette in einem Gastronomie- oder Einzelhandelsbetrieb im Stadtgebiet verwiesen werden.
13Ein Anspruch des Antragstellers lässt sich auch nicht aus § 8 Abs. 2 GO NRW herleiten, wonach alle Einwohner einer Gemeinde im Rahmen des geltenden Rechts berechtigt sind, die öffentlichen Einrichtungen zu benutzen. Diese Vorschrift gewährt lediglich ein subjektives Recht auf Benutzung der bestehenden Einrichtungen, nicht aber einen Anspruch auf Schaffung einer öffentlichen Einrichtung.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. April 2004– 15 A 1130/04 –, a.a.O.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
16Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. Dabei ist der Auffangwert von 5.000 € im Hinblick auf die Vorläufigkeit der begehrten Regelung um die Hälfte zu reduzieren.