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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch die Beklagte.
3Dem 1992 geborenen Kläger wurde am 28. September 2010 die Fahrerlaubnis für die Klassen B, BE, L, M und S erteilt. Er befindet sich im letzten Jahr seiner Ausbildung zum Dachdecker.
4Das Amtsgericht E. verurteilte den Kläger am 4. Februar 2010 (Az.: 608 Ds-155 Js 731/09-497/09) wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung, Körperverletzung und Sachbeschädigung zu Freizeitarbeit und einem Anti-Aggressivitäts-Training. Dem Urteil lagen mehrere Vorfälle aus dem Jahr 2009 zugrunde, bei denen der Kläger zumeist alkoholisiert (in einem Fall mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,16 Promille) Polizeibeamte beleidigt und unter anderem mit Schlägen oder Tritten angegriffen hatte. Durch ein weiteres Urteil des Amtsgerichts E. (Az.: 608 Ds-133 Js 1155/10-340/10) vom 18. November 2010 wurde der Kläger wegen Beleidigung und Körperverletzung zu einem Freizeitarrest verurteilt, weil er im Mai 2010 den Fahrer eines Motorrollers geschlagen und beleidigt hatte, nachdem dieser den Kläger, der mit zwei Bierkästen in der Hand unvermittelt die Fahrbahn betreten hatte, auf dieses Verhalten angesprochen hatte. Mit Urteil des Amtsgerichts E. vom 25. August 2011 (Az.: 608 Ds-133 Js 825/11-182/11) wurde der Kläger wegen Sachbeschädigung zu einem Dauerarrest von einer Woche verurteilt, weil er in einer Gaststätte eine Toilettentür aus den Angeln gehoben hatte. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass ein beim Kläger am Tatabend durchgeführter Atemalkoholtest einen Wert von 1,13 mg/l ergeben hat. Aus den genannten Urteilen sind zudem weitere Anklagen und Verurteilungen des Klägers nach dem Jugendstrafrecht seit seinem 15. Lebensjahr wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung ersichtlich.
5Anfang 2012 erhielt die Beklagte Informationen über mehrere gegen den Kläger durchgeführte polizeiliche Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzungsdelikten aus den Jahren 2010 und 2011. Weitere Ermittlungen der Beklagten ergaben, dass in zwei Verfahren Anklage beim Landgericht E. erhoben wurde (gerichtliche Az. 31 KLs 33/12 und 31 KLs 12/12) und zwei Verfahren wegen Körperverletzung durch die Staatsanwaltschaft E. eingestellt worden waren (im Verfahren Az. 133 Js 1504/11, da zugunsten des Klägers von Notwehr ausgegangen wurde und im Verfahren Az. 133 Js 224/11, da von den Zeugen keine Angaben zu erlangen waren, mit denen die Tat hätte nachgewiesen werden können).
6Mit Schreiben vom 7. Mai 2012 teilte die Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass sie beabsichtige, seine Fahrerlaubnis zu entziehen. Er sei in zwölf Fällen mit Körperverletzungsdelikten, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten. Aktuell sei gegen ihn ein Verfahren beim Landgericht E. anhängig. Es bestehe die Gefahr, dass er auch in Konfliktsituationen im Straßenverkehr die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer nicht achten werde. Er sei daher zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet.
7Der Kläger erwiderte mit Schreiben vom 22. Mai 2012, er habe einen Großteil der Delikte lange vor Erteilung der Fahrerlaubnis begangen. Lediglich zwei Verurteilungen wegen Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung lägen zeitlich nach der Fahrerlaubniserteilung. Keines der Delikte habe im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr gestanden. Auch sonst sei er im Straßenverkehr nie auffällig geworden. Im Jahr 2011 habe er ein Anti-Aggressions-Training absolviert, um in allgemeinen Konfliktsituationen besser zu reagieren. Er sei schließlich beruflich auf die Fahrerlaubnis angewiesen.
8Mit Verfügung vom 2. Juli 2012 entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis, ordnete die Ablieferung des Führerscheins an, setzte ein Zwangsgeld fest und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der Kläger sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da seine bisherigen Verurteilungen und die gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren darauf schließen ließen, dass er sein hohes Aggressionspotential in Konfliktsituationen im Straßenverkehr nicht werde beherrschen können.
9Der Kläger hat am 31. Juli 2012 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, die Beklagte sei schon nicht zuständig für den Erlass der angegriffenen Verfügung, da er seit Juni 2012 in M. im Zuständigkeitsbereich des Kreises D. lebe. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig, da die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Sie habe nicht das mildeste mögliche Mittel angewandt. Es liege zudem ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, da in anderen Fällen des Entzugs der Fahrerlaubnis wegen eines hohen Aggressionspotentials immer Taten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr vorgelegen hätten. Er habe sich im Straßenverkehr nie etwas zuschulden kommen lassen. Keines der strafrichterlichen Urteile gegen ihn hätte die Möglichkeit des § 69 StGB genutzt. Auch seien in keinem Verfahren schädliche Neigungen festgestellt worden. In den aktuellen Verfahren beim Landgericht E. wegen der ihm vorgeworfenen gefährlichen Körperverletzung habe selbst die Staatsanwaltschaft Freispruch beantragt. Die eigentlichen Gründe der Fahrerlaubnisentziehung seien seine politische Gesinnung und die Tatsache, dass ihm im aktuellen Strafprozess keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden könne. Er werde daher allein wegen seiner rechten Gesinnung bestraft.
10Der Kläger beantragt,
11den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2012 aufzuheben.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung trägt sie vor, der Mangel der örtlichen Zuständigkeit sei unbeachtlich, da er das Ergebnis der Entscheidung nicht beeinflusst habe. Sie habe sowohl die Taten des Klägers vor Erteilung der Fahrerlaubnis als auch die Straftaten, bezüglich derer das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen sei, berücksichtigen dürfen. Die Entziehungsverfügung sei auch verhältnismäßig, da die Entziehung aufgrund der feststehenden Ungeeignetheit zwingend gewesen sei. Die generalisierten und gewohnheitsmäßigen Fehleinstellungen und Fehlreaktionen, die sich in allgemeinrechtlichen Straftaten zeigten, seien Verhaltensmuster, die sich auch negativ auf das Führen von Kraftfahrzeugen auswirken können und so die Verkehrssicherheit gefährdeten. Insbesondere die Häufigkeit, die kurzen zeitlichen Abstände zwischen den Taten des Klägers und die teils massiven und grundlosen Aggressionen sprächen für das Vorliegen der Ungeeignetheit.
15Den auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gerichteten Eilantrag hat das Gericht mit Beschluss vom 27. August 2012 (Az. 7 L 896/12) abgelehnt.
16Mit Urteil vom 22. Januar 2013 hat das Landgericht E. den Kläger wegen Beleidigung verwarnt und zu einem Freizeitarrest verurteilt (Az.: 31 KLs 12/12). Wegen der übrigen angeklagten Delikte wurde er freigesprochen. Ihm war zur Last gelegt worden, im November 2011 auf dem Weihnachtsmarkt in E. einer Frau ohne Anlass ins Gesicht gespuckt, zwei Jugendliche, die in eine Auseinandersetzung mit dem ebenfalls angeklagten Bruder des Klägers verwickelt worden waren, getreten und geschlagen und einen weiteren Mann, der ihn an der Flucht vor der Polizei hindern wollte, getreten und beschimpft zu haben. Am Tatabend ergab ein freiwilliger Atemalkoholtest einen Wert von etwa 1,44 Promille.
17Im ebenfalls beim Landgericht E. anhängigen Verfahren 31 KLs 33/12, in dem der Kläger wegen gemeinschaftlichen Landfriedensbruchs und Sachbeschädigung angeklagt ist, hat noch keine Hauptverhandlung stattgefunden. Dem Kläger wird in diesem Verfahren vorgeworfen, zusammen mit weiteren Personen, darunter auch seinem Bruder, im Dezember 2010 die Gaststätte „Hirsch-Q“ in E. angegriffen und dabei vor die Scheiben des Lokals getreten und Gegenstände geworfen zu haben.
18Das Amtsgericht M. hat den Kläger am 12. Februar 2013 wegen Körperverletzung in drei Fällen (unter Einbeziehung des vom Landgericht E. verhängten Arrests) zu vier Wochen Dauerarrest verurteilt und ihm aufgegeben, einen Diagnostik-Nachweis der Jugendgerichtshilfe im Hinblick auf seine Aggressionen beizubringen (Az.: 8 VRJs 7/13). In diesem Verfahren war ihm eine tätliche Auseinandersetzung im Juli 2012 auf einem Schützenfest in M. vorgeworfen worden. Laut der polizeilichen Strafanzeige war der Kläger zum Tatzeitpunkt alkoholisiert.
19Eine weitere Anklage wegen Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall wegen gefährlicher Körperverletzung, ist beim Jugendschöffengericht in C. erhoben worden (Az.: 33 Js 219/11). Dem Kläger wird zur Last gelegt, im Juni 2011 im Rahmen des Junggesellenabschieds seines Bruders einen Mann in einer C1. Table-Dance-Bar geschlagen und im weiteren Verlauf des Abends ohne jeden Anlass einen weiteren Mann im C1. Bahnhof geschlagen und getreten zu haben. Am Tatabend ergab ein vom Kläger freiwillig durchgeführter Atemalkoholtest einen Wert von 1,98 Promille.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen oben genannten Urteile und Anklagen sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten (Az. 33/2-6-FS-357/12) Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22Die zulässige Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) ist unbegründet, da die angegriffene Ordnungsverfügung rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23Die Ordnungsverfügung vom 2. Juli 2012 ist formell rechtmäßig. Insbesondere war die Beklagte für den Erlass zuständig, da sie gemäß § 3 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen das zum Zeitpunkt des Umzugs des Klägers begonnene Verfahren fortsetzen durfte,
24vgl. dazu die Gründe des Beschlusses der Kammer im Eilverfahren vom 27. August 2012 - 7 L 896/12 -, juris, Rdn. 5.
25Die Verfügung vom 2. Juli 2012 ist auch materiell rechtmäßig. Sie beruht auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz - StVG - und § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung - FeV -. Danach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.
26Der Kläger ist zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet. Er hat Straftaten im Zusammenhang mit seiner Kraftfahreignung begangen, die aufgrund einer Bereitschaft zu ausgeprägt impulsivem Handeln auf ein hohes Aggressionspotential schließen lassen und ein potentiell die Verkehrssicherheit gefährdendes Verhaltensmuster aufweisen.
27Gemäß § 2 Abs. 4 StVG und § 11 Abs. 1 Satz 3 FeV ist geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Der Kläger hat wiederholt gegen Strafgesetze verstoßen. Allerdings führt nicht jeder strafrechtliche Verstoß zur Annahme der verkehrsrechtlichen Ungeeignetheit. Erforderlich ist vielmehr, dass sich aus den Delikten konkrete Anhaltspunkte für die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ergeben.
28Welche strafrechtlichen Verstöße sich negativ auf die Kraftfahreignung auswirken, ergibt sich aus § 11 Abs. 3 Nr. 5-7 FeV. Dort ist normiert, unter welchen Voraussetzungen Straftaten Eignungszweifel begründen. Die Vorschriften unterscheiden zwischen Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr (§ 11 Abs. 3 Nr. 5 FeV), Straftaten im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung, insbesondere bei Anhaltspunkten für ein hohes Aggressionspotential (§ 11 Abs. 3 Nr. 6 und Nr. 7 FeV) und Straftaten, die unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen werden (§ 11 Abs. 3 Nr. 6 FeV). Daraus lässt sich entnehmen, dass nicht nur Verstöße gegen Straftatbestände, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, sondern auch Straftaten nicht verkehrsrechtlicher Art unter bestimmten Voraussetzungen die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in Zweifel ziehen und bei Verdichtung dieser Zweifel auch ausschließen können.
29Weiter konkretisiert werden diese Maßstäbe in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Stand: 2. November 2009, Mensch und Sicherheit, Heft M 115). Die Begutachtungsleitlinien werden unter Heranziehung von Experten aus verschiedenen Fachrichtungen erstellt und sind daher als antizipiertes Sachverständigengutachten, dem ein entsprechendes verkehrsmedizinisches Erfahrungswissen zu Grunde liegt, zur Würdigung des Sachverhalts und zur Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen heranzuziehen.
30Vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, 2. Auflage 2005, S. 35; VG Ansbach, Beschluss vom 27. April 2012 - AN 10 S 12.00548 -, juris, Rdn. 24.
31Laut Ziffer 3.14 der Begutachtungsleitlinien schließen Straftaten die Eignung im Sinne von § 2 Abs. 4 StVG aus, wenn sie im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr oder im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen oder wenn sie auf ein hohes Aggressionspotential schließen lassen, u.a. bei einer Bereitschaft zu ausgeprägt impulsivem Verhalten (als Beispiel wird schwere oder gefährliche Körperverletzung genannt) und Verhaltensmustern, die sich so negativ auf das Führen von Kraftfahrzeugen auswirken können, dass die Verkehrssicherheit gefährdet wird.
32Ungeeignet ist nach diesen Maßgaben derjenige, der Straftaten im Zusammenhang mit seiner Kraftfahreignung begeht, insbesondere wenn diese Taten zum Beispiel aufgrund einer Bereitschaft zu ausgeprägt impulsivem Handeln auf ein hohes Aggressionspotential schließen lassen und ein potentiell die Verkehrssicherheit gefährdendes Verhaltensmuster aufweisen.
33Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt.
34Die von ihm begangenen Straftaten lassen auf ein hohes Aggressionspotential schließen und weisen ein potentiell die Verkehrssicherheit gefährdendes Verhaltensmuster auf.
35Dabei können entgegen der Auffassung des Klägers auch die Taten herangezogen werden, die vor Erteilung der Fahrerlaubnis am 28. September 2010 begangen wurden, da sich bereits nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und des § 46 Abs. 1 FeV auch derjenige als ungeeignet „erweist“, über den nachträglich Tatsachen bekannt werden, die bereits im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung vorlagen und die Behörde zur Versagung der Erlaubnis berechtigt hätten.
36Vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 30. Januar 2002 - 3 Bs 4/02 -, juris, Rdn. 21 ff. m.w.N.
37Auch vor der Erlaubniserteilung begangene Taten sagen etwas über das aggressive Verhaltensmuster des Klägers aus. Es ist nicht erkennbar, warum er dieses Muster nach Erteilung der Fahrerlaubnis abgelegt haben sollte.
38Aus den bisherigen Verurteilungen des Klägers lässt sich ein aggressives Verhaltensmuster erkennen. Seine impulsiven Reaktionen lassen auf eine generell geringe Hemmschwelle gegenüber den Rechtsgütern, insbesondere der körperlichen Unversehrtheit anderer, schließen.
39Seit seinem 15. Lebensjahr wurde der Kläger wiederholt nach dem Jugendstrafrecht verurteilt. Allein seit dem Jahr 2010 liegen drei Urteile wegen Körperverletzung gegen ihn vor (Urteile des Amtsgericht E. vom 4. Februar 2010, Az.: 608 Ds-155 Js 731/09-497/09 und vom 18. November 2010, Az.: 608 Ds-133 Js 1155/10-340/10 und des Amtsgerichts M. vom 12. Februar 2013, Az.: 8 VRJs 7/13). Die Urteile erfassen Sachverhalte, in denen der Kläger bei geringsten Anlässen mit unverhältnismäßiger Gewalt reagiert hat. Dem Urteil des Amtsgerichts E. vom 4. Februar 2010 lagen mehrere Vorfälle aus dem Jahr 2009 zugrunde. Bei drei dieser Vorfälle (Anklageschriften 155 Js 731/09, 133 Js 2067/09 und 155 Js 5/10) wehrte sich der Kläger unter erheblichem Alkoholeinfluss (1,16 Promille Blutalkoholkonzentration in dem unter dem Aktenzeichen 155 Js 731/09 angeklagten Vorfall) mit Schlägen und Tritten sowie zum Teil mit (versuchten) Kopfstößen und Bissen gegen Polizeibeamte, die ihn in Gewahrsam nehmen wollten. Das Amtsgericht E. ging in diesem Urteil davon aus, dass beim Kläger „ein auch unter nur mäßigem Alkoholeinfluss leicht hervorzurufendes Aggressionspotential“ vorzuliegen scheint. Diese Annahme bestätigt sich in dem Urteil des Amtsgerichts E. vom 18. November 2010 (Az.: 608 Ds-133 Js 1155/10-340/10), dem eine Tat aus dem Mai 2010 zugrunde lag. An ihr wird deutlich, dass der Kläger auf geringste Konfliktsituationen mit erheblicher körperlicher Gewalt reagiert: Der Kläger war mit zwei Bierkästen in der Hand auf eine Straße getreten, die zur gleichen Zeit von einem anderen Verkehrsteilnehmer mit einem Motorroller befahren wurde. Als sich dieser Verkehrsteilnehmer durch den Kläger gefährdet fühlte und ihn daraufhin ansprach, schlug der Kläger ihm unvermittelt mit der Faust gegen den Kopf und beleidigte ihn anschließend. Eine vergleichbare Reaktion zeigt sich auch in der Tat, wegen der der Kläger am 12. Februar 2013 durch das Amtsgericht M. (Az.: 8 VRJs 7/13) verurteilt wurde. Laut der Strafanzeige der Polizei hatte der alkoholisierte Kläger auf einem Schützenfest bei einer Auseinandersetzung auf der Tanzfläche wenigstens zwei Männern wiederum ins Gesicht geschlagen, wodurch bei einem der Männer ein Backenzahn abbrach. Auch hier zeigt sich, dass der Kläger auf eine Konfliktsituation mit erheblicher Gewalt, nämlich Schlägen in das Gesicht des Gegenübers, reagiert und eine äußerst geringe Hemmschwelle gegenüber der körperlichen Integrität anderer erkennen lässt.
40Hinzu kommen die Verurteilungen wegen Sachbeschädigung (Urteil des Amtsgerichts E. vom 25. August 2011, Az.: 608 Ds-133 Js 825/11-182/11) und Beleidigung (Urteil des Landgerichts E. vom 22. Januar 2013, Az.: 31 KLs 12/12). Dem Urteil des Amtsgerichts E. lag eine Tat aus dem Februar 2011 zugrunde. Der Kläger hatte unter deutlichem Alkoholeinfluss (Atemalkohol von 1,13 mg/l) in einer Gaststätte eine Toilettentür aus den Angeln gehoben. Das Landgericht E. hat es in seinem Urteil als Beleidigung gewertet, dass der Kläger auf dem Weihnachtsmarkt einer Frau unvermittelt ins Gesicht gespuckt hat. Ein Atemalkoholtest am Abend der Tat ergab einen Wert von etwa 1,44 Promille. Es wird auch an diesen Verurteilungen deutlich, dass der Kläger sich insbesondere unter Alkoholeinfluss impulsiv verhält und dabei keine Rücksicht auf die Rechtsgüter Dritter nimmt.
41Die dargestellten Verurteilungen lassen insgesamt ein Verhaltensmuster des Klägers erkennen, das auf ein hohes Aggressionspotential schließen lässt: Immer wieder kommt es bei geringfügigsten Anlässen zu grundloser, impulsiver und unverhältnismäßig roher Gewaltanwendung gegenüber Personen oder Gegenständen, die regelmäßig im Zusammenhang mit Alkohol und oft einem gewissen Gruppendruck steht. Insbesondere das unverhältnismäßige Ausmaß der Gewaltanwendung und die Schläge unmittelbar in das Gesicht der Opfer sprechen dafür, dass der Kläger eine besonders niedrige Hemmschwelle gegenüber der körperlichen Integrität anderer hat.
42Es kommt nicht darauf an, wie die Taten nach (Jugend-)Strafrecht geahndet worden sind. Insbesondere ist unbeachtlich, dass die bisherigen Verurteilungen die Taten des Klägers nur mit Zuchtmitteln im Sinne des § 13 Abs. 2 Jugendgerichtsgesetz ‑ JGG - und nicht mit Jugendstrafe nach § 17 JGG geahndet haben. Eine Jugendstrafe kann nach § 17 Abs. 2 JGG nur verhängt werden, wenn sie wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen oder der Schwere der Schuld erforderlich sind. Diese Voraussetzungen lagen aus Sicht der Strafgerichte beim Kläger nicht vor, insbesondere wurden bislang keine schädlichen Neigungen festgestellt. Das ist jedoch für die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV aufgrund der unterschiedlichen Ausrichtung des Fahrerlaubnisrechts im Vergleich zum Jugendstrafrecht auch nicht erforderlich. Im Zentrum des Jugendstrafrechts steht der Erziehungsgedanke und die Verhinderung weiterer Straftaten durch den Jugendlichen (vgl. § 2 Abs. 1 JGG). Ziel des Fahrerlaubnisrechts ist demgegenüber der präventive Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren, die von einzelnen, ungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehen können. Eine Gefahr für die übrigen Verkehrsteilnehmer besteht aber nicht erst, wenn ein Verhalten auf einer schädlichen Neigung des Handelnden beruht, sondern bereits dann, wenn das bisherige Verhalten darauf schließen lässt, dass auch in absehbarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schäden an den Rechtsgütern anderer Verkehrsteilnehmer eintreten werden.
43Auch die Tatsache, dass die bisherigen Urteile gegen den Kläger die Möglichkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB nicht genutzt haben, ist nicht entscheidend für die Frage, ob der Kläger wegen des mit den Taten gezeigten Gewaltpotentials zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. § 69 StGB kommt bei Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund von Taten „bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs“ oder unter „Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers“ zur Anwendung und hat daher einen engeren Anwendungsbereich als § 3 StVG i.V.m. § 46 FeV. Bei anderen als den genannten Taten kommt § 69 StGB nicht zur Anwendung. Die dargestellten Urteile gegen den Kläger betrafen andere Taten als die in § 69 StGB vorausgesetzten, so dass die unterlassene Anwendung der Vorschrift keine Beurteilung der Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen enthält, welche die Beklagte nach § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG binden könnte.
44Das erkennbare Verhaltensmuster wird durch noch offene Strafverfahren - auch wenn die Tatbeteiligung des Klägers in diesen Verfahren bisher nicht gerichtlich festgestellt ist - zusätzlich bestärkt. Dagegen spricht nicht, dass diese Strafverfahren noch nicht abgeschlossen sind und auch von der Beklagten bei ihrer Entscheidung nicht vollständig berücksichtigt worden sind. Entscheidend ist, dass aus ihnen in Verbindung mit den dargestellten Verurteilungen deutlich wird, dass sich das Aggressionspotential des Klägers nicht nachhaltig gebessert hat,
45vgl. bereits die Ausführungen im Beschluss der Kammer im Eilverfahren vom 27. August 2012 - 7 L 896/12 -, Rdnr. 7.
46Da bei den in diesen Verfahren angeklagten Taten keine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht kommt, ist die Berücksichtigung der noch offenen Verfahren nicht nach § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG gesperrt.
47Beim Jugendschöffengericht in C. ist der Kläger wegen Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall wegen gefährlicher Körperverletzung, angeklagt (Az.: 33 Js 219/11). Er soll im Juni 2011 im Rahmen des Junggesellenabschieds seines Bruders einen Mann in einer C1. Table-Dance-Bar geschlagen und später am Abend ohne jeden Anlass einen Mann im C1. Bahnhof geschlagen und getreten haben. Am Tatabend ergab ein vom Kläger freiwillig durchgeführter Atemalkoholtest einen Wert von 1,98 Promille. Da dieser gewaltsame Konflikt von einem Polizeieinsatzkommando beendet werden musste, steht die Beteiligung des Klägers hieran nach Überzeugung der Kammer fest. Ob und in welchem Umfang ihm darüber hinaus auch eine Tatbeteiligung am Überfall auf die Szene-Kneipe I. -Q im Dezember 2010 in E. (Gegenstand des Verfahrens beim Landgericht E. , Az. 31 KLs 33/12) nachgewiesen werden kann, ist nicht entscheidend. Dafür spricht allerdings die gutachterliche Auswertung der Kameraaufnahmen, die den Kläger zeigen sollen. Beide Anklagen bestätigen den aus den bisherigen Verurteilungen gewonnenen Eindruck, dass der Kläger vor allem unter dem Einfluss von Alkohol zu grundlosen, impulsiven und unverhältnismäßigen Gewaltausbrüchen neigt, um seine Interessen durchzusetzen und dabei keine Rücksicht auf die Rechtsgüter Dritter nimmt.
48Die vom Kläger begangenen Straftaten stehen „im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung“ (vgl. § 11 Abs. 3 Nr. 7 FeV sowie Ziffer 3.14 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung). Welche Anforderungen im Einzelnen an diesen Zusammenhang zu stellen sind, ist in der FeV nicht näher definiert. Die Begründung zu Ziffer 3.14 der Begutachtungs-Leitlinien beschreibt den Zusammenhang zwischen Kraftfahreignung im Sinne von § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG und § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV und Straftaten wie folgt: Derjenige, der aufgrund seines großen Aggressionspotentials in schwerwiegender Weise die Rechte anderer verletzt, lässt nicht erwarten, dass er im motorisierten Straßenverkehr die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer - zumindest in den sehr häufig auftretenden Konfliktsituationen - respektieren wird. Der Zusammenhang der Straftat mit der Kraftfahreignung ergibt sich daher aus der Prognose, dass der Betroffene aufgrund des aus den Taten ersichtlich gewordenen aggressiven und impulsiven Verhaltensmusters auch straßenverkehrsrechtlichen Konfliktsituationen nicht mit der gebotenen „ständigen Vorsicht und gegenseitigen Rücksicht“ (§ 1 Straßenverkehrsordnung - StVO -) begegnen wird und dadurch seine charakterliche Eignung in Frage gestellt ist,
49vgl. etwa BayVGH, Beschluss vom 7. März 2011 - 11 ZB 11.48 -, juris, Rdnr. 17; VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 15. Oktober 2012 - RN 8 K 12.578 -, juris, Rdnr. 20; VG Münster, Urteil vom 11. Juni 2010 - 10 K 423/09 -, juris, Rdnr. 18 unter Verweis auf OVG NRW, Beschluss vom 9. Juni 2010 - 16 E 614/10 -.
50Diese Prognose fällt zum Nachteil des Klägers aus. Die bisherigen Verurteilungen und Anklagen zeigen, dass der Kläger in tatsächlichen (oder als solchen empfundenen) Konfliktsituationen seine Interessen mit erheblicher körperlicher Gewalt gegenüber anderen durchsetzt und dabei gerade keine Rücksicht auf die Rechtsgüter Dritter nimmt. Dies zeigt sich besonders daran, dass die abgeurteilten und angeklagten Körperverletzungen in der Regel ohne einen nachvollziehbaren Anlass erfolgten und der Kläger Schläge unmittelbar gegen das Gesicht der Opfer ausführte. Hinzu kommt, dass der Kläger in der Vergangenheit bereits einmal einer Konfliktsituation im Straßenverkehr mit Gewalt begegnet ist: Die Verurteilung durch das Amtsgericht E. vom 18. November 2010 (Az.: 608 Ds-133 Js 1155/10-340/10) wegen Körperverletzung und Beleidigung zum Nachteil des Fahrers eines Motorrollers, der den Kläger auf dessen Fehlverhalten als Fußgänger angesprochen hatte, zeigt, dass der Kläger auch als Teilnehmer des Straßenverkehrs (hier als Fußgänger) Konflikte mit unverhältnismäßiger Gewaltanwendung austrägt. Auch in diesem Fall schlug er den Geschädigten unvermittelt ins Gesicht. Diese Tat zusammen mit den darauf folgenden weiteren Taten und dem bereits durchgeführten, aber erfolglos gebliebenen Anti-Aggressions-Training rechtfertigen die Prognose, dass auch in Zukunft damit zu rechnen ist, dass der Kläger Konflikte im Straßenverkehr mit Gewalt austragen wird. Dass es seit dieser Verurteilung nicht zu weiteren Verurteilungen wegen Gewalttätigkeiten im Straßenverkehr gekommen ist, kann diese Prognose nicht entkräften. Insbesondere ist zu bedenken, dass dem Kläger seit Juli 2012 die Fahrerlaubnis entzogen ist und er daher keine Straftaten als Führer eines Kraftfahrzeugs begehen konnte.
51Es ist auch nicht ersichtlich, dass dieses Verhaltensmuster des Klägers so nachhaltig unterbrochen wurde, dass von einer Wiedererlangung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden kann. Die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung gehen unter Ziffer 3.14 davon aus, dass für eine solche Wiederherstellung der Eignung eine entscheidend positive Veränderung der Persönlichkeitsbedingungen, Krankheitsbedingungen und sozialen Bedingungen, die für das frühere gesetzeswidrige Verhalten verantwortlich waren, erforderlich ist. Davon ist nur dann auszugehen, wenn sich die Lebensweise des Betroffenen zum Positiven verändert hat, diese Veränderung vom Betroffenen aus einem Problembewusstsein, ggf. mit Hilfe von außen zum Beispiel durch Therapeuten, heraus vollzogen wurde, generelle Fehleinstellungen oder Störungen, die eine soziale Einordnung verhindern, nicht mehr festzustellen sind und diese Voraussetzungen über einen gewissen Zeitraum, in der Regel etwa ein Jahr, stabil gewesen sind. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger bislang nicht vor. Die Ansätze zu einer positiven Veränderung ‑ seine Berufsausbildung, die er im Jahr 2010 begonnen hat, das bereits durchgeführte Anti-Aggressions-Training und die Veränderung seines sozialen Umfelds durch den Umzug nach M. im Juni 2012 - haben nicht zu einer Unterbrechung der Straftaten geführt. Vielmehr kam es kurz nach dem Umzug zu dem geschilderten Vorfall auf dem Schützenfest in M. (Az.: 8 VRJs 7/13). Die Verurteilungen durch das Amtsgericht E. vom 25. August 2011 wegen Sachbeschädigung (Az.: 608 Ds-133 Js 825/11-182/11) und durch das Landgericht E. vom 22. Januar 2013 wegen Beleidigung (Az.: 31 KLs 12/12) sowie die noch offenen Anklagen beim Landgericht E. (Az.: 31 KLs 33/12) und beim Jugendschöffengericht C. (Az.: 33 Js 219/11) betreffen Taten, die zeitlich nach dem Beginn der Dachdeckerausbildung liegen. Da es durch die persönlichen Veränderungen zu keiner erkennbaren Verhaltensänderung in Bezug auf die Gewaltbereitschaft kam, ist auch nicht davon auszugehen, dass diese Veränderungen aus einem Problembewusstsein oder einer beginnenden Aufarbeitung der bisherigen Taten heraus vollzogen wurden.
52Die Beklagte war berechtigt, die Fahrerlaubnis des Klägers unmittelbar zu entziehen ohne zuvor gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 7 FeV eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen (vgl. § 11 Abs. 7 FeV). Die Schwelle bloßer Zweifel, die lediglich die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gerechtfertigt hätten, ist überschritten. Die tatsächliche Grundlage der Ungeeignetheit steht aufgrund der aufgezählten strafrechtlichen Verurteilungen fest und wird durch die zwei Anklagen gegen den Kläger bestärkt. Angesichts der zeitlichen Häufung der Taten, der Wirkungslosigkeit der im Ansatz positiven Veränderungen durch die vom Kläger begonnene Berufsausbildung und den Umzug sowie des sich durch die Taten hindurch ziehenden deutlichen Einflusses von Alkohol erscheint die Möglichkeit, dass der Kläger seine Aggressionen im Straßenverkehr uneingeschränkt beherrschen wird, nicht gegeben, so dass die Ungeeignetheit feststeht.
53Bei feststehender Ungeeignetheit steht die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht im Ermessen der Beklagten. Daher musste sie die privaten und beruflichen Nachteile, die mit der Entziehung für den Kläger verbunden sind, nicht in ihre Entscheidung einbeziehen.
54Erlangt der Kläger die Kraftfahreignung zu einem späteren Zeitpunkt zurück, kann er die Wiedererteilung seiner Fahrerlaubnis beantragen. Für den Erfolg dieses Antrags wird aller Voraussicht nach ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten erforderlich sein (vgl. § 11 Abs. 3 Nr. 7 und Nr. 9 lit. b FeV). Dieses Gutachten wird sich angesichts der in den Anklagen und Urteilen gegen den Kläger erkennbaren Hinweise voraussichtlich auch auf einen möglichen Alkoholmissbrauch beziehen müssen (vgl. § 13 Nr. 2 lit. a FeV). Im Hinblick auf die Voraussetzungen, die Ziffer 3.14 der Begutachtungs-Leitlinien an die Wiedererlangung der Kraftfahreignung nach der Begehung von Straftaten mit hohem Aggressionspotential stellt (s.o.), dürfte ein positives Gutachten zunächst voraussetzen, dass der Kläger mindestens ein Jahr lang nicht strafrechtlich in Erscheinung tritt und sein bisheriges Fehlverhalten aufarbeitet, ggf. mit therapeutischer Hilfe.
55Die Klage ist mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.