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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Soweit sich der Antrag gegen die Androhung von Zwangsgeld in der Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 richtet, wird die aufschiebende Wirkung der Klage 16 K 4995/11 angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
Der Antragsteller trägt insgesamt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
21. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung, soweit sie sich gegen die in der Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 enthaltene Anordnung zu den Haltungsbedingungen von Schildkröten richtet, aus den nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Soweit sich der Antrag gegen die in der Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 enthaltene Androhung von Zwangsgeld richtet, hat er zwar Erfolg. Gleichwohl kommt eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch im Umfang des Obsiegens des Antragstellers nicht in Betracht. Die Antragsgegnerin ist im Hinblick auf die angegriffene Zwangsgeldandrohung nur unwesentlich unterlegen, da sich die Androhung des Zwangsgeldes nicht streitwerterhöhend auswirkt. Danach hat der Antragsteller in Anwendung von § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die Kosten des Verfahrens allein zu tragen.
32. Der vom Antragsteller sinngemäß gestellte Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage 16 K 4995/11 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 26. Oktober 2011 (mit der eine unter dem 9. September 2011 ausgesprochene mündliche Verfügung schriftlich bestätigt wurde) wiederherzustellen bzw. anzuordnen,
5hat nur Erfolg, soweit sich der Antragsteller gegen die in der Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 enthaltene Androhung von Zwangsgeld wendet.
6Der Antrag ist insgesamt zulässig.
7Hinsichtlich der Anordnung zu den Haltungsbedingungen von Schildkröten (Ziffer I der angegriffenen Ordnungsverfügung) ist der Antrag indessen unbegründet (a), hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung (ohne Benennung einer Ziffer in der Ordnungsverfügung) ist er begründet (b).
8a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der unter Ziffer I in der angegriffenen Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 26. Oktober 2011 getroffenen Regelung ist zunächst formell rechtmäßig. Sie genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Demnach ist in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 4 das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Das Begründungserfordernis soll die Behörde zwingen, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzugs besonders sorgfältig zu prüfen. Diesen Anforderungen ist die Antragsgegnerin nachgekommen. Sie hat eigenständig und mit Blick auf den Einzelfall ausgeführt, dass eine Beibehaltung des vorgefundenen Haltungszustandes der Schildkröte des Antragstellers mit einer konkreten Gesundheitsverschlechterung des Tieres einhergehen und aus Gründen des Tierschutzes nicht hingenommen werden kann.
9Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch nicht deshalb rechtwidrig, weil die Antragsgegnerin in der Überschrift der angegriffenen Ordnungsverfügung die Bezeichnung "Androhung der sofortigen Vollziehung" gebraucht hat. Dabei handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler. Das liegt zunächst schon deshalb nahe, weil eine "Androhung" der sofortigen Vollziehung von Gesetzes wegen nicht vorgesehen ist, sondern Zwangsmittel im Sinne des Vollstreckungsrechts, nicht aber die nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO mögliche sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes, anzudrohen sind. Zum anderen ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Ordnungsverfügung im Übrigen, dass die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der unter Ziffer I der Ordnungsverfügung getroffenen Regelung anordnen wollte. Unter Ziffer I. heißt es nämlich, die sofortige Vollziehung der getroffenen Verfügungsanordnungen werde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet. Auch in der Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist durchgehend der Ausdruck "Anordnung der sofortigen Vollziehung" gebraucht. Das gilt schließlich auch für die Rechtsbehelfsbelehrung, in der zudem die Folgen der Anordnung der sofortigen Vollziehung, nämlich das Entfallen der aufschiebenden Wirkung einer möglichen Klage, zutreffend benannt sind.
10Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 4, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Anordnung zu den Haltungsbedingungen von Schildkröten in der Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 besonders angeordnet.
11Die vorzunehmende Interessenabwägung ("kann") fällt insoweit zu Lasten des Antragstellers aus. Maßgeblich hierfür ist, dass sich die Anordnung zu den Haltungsbedingungen von Schildkröten in der Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 als voraussichtlich fortbestehend, weil offensichtlich rechtmäßig, erweist und ein besonderes öffentliches Interesse daran besteht, die Haltung der Schildkröte des Antragstellers entsprechend den geltenden Mindestanforderungen zu gestalten. Dies überwiegt sein Interesse, jedenfalls vorläufig vom Vollzug der Anordnung der angegriffenen Ordnungsverfügung verschont zu bleiben.
12Die Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 ist formell rechtmäßig.
13Sie ist inhaltlich und in zeitlicher Hinsicht ausreichend bestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes NRW (VwVfG NRW).
14Regelungsgegenstand der Ordnungsverfügung, auf den allein sich auch das in der Ordnungsverfügung weiter angedrohte Zwangsgeld bezieht, ist das Zurverfügungstellen eines geeigneten Terrariums für die gehaltene Schildkröte mit den in der Ordnungsverfügung unter Ziffer I angegebenen Mindestmaßen, nicht jedoch auch die Haltung der Schildkröte entsprechend sämtlichen Anforderungen, die im vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz herausgegebenen Gutachten vom 10. Januar 1997 ("Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien") genannt sind. Das ergibt sich aus Ziffer I der angegriffenen Ordnungsverfügung. Zwar trifft den Antragsteller - wie jeden Halter von Schildkröten - die Pflicht, diese artgerecht zu halten, was für den Bereich der Schildkrötenhaltung durch das genannte Gutachten vom 10. Januar 1997 konkretisiert ist. Auf diese Pflicht hat die Antragsgegnerin in Satz 1 der Ziffer I der Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 hingewiesen, ohne dass die Einhaltung dieser Pflicht selbst Regelungsgegenstand der Ordnungsverfügung geworden wäre. Das ergibt sich aus dem nachfolgenden Satz, der die beim Antragsteller festgestellten Defizite im Hinblick auf die Tierhaltung benennt und ihm insofern eine konkrete Verhaltenspflicht auferlegt, nämlich seiner Schildkröte ein Terrarium zur Verfügung zu stellen, das bestimmte Mindestanforderungen erfüllt. Die Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 ist auch nicht deshalb unbestimmt, weil keine genauen Maße für das Terrarium benannt sind, sondern die Mindesthöhe, Mindestbreite und der erforderliche Wasserstand als jeweiliges Vielfaches der Panzerlänge und Panzerbreite der Schildkröte angegeben ist. Dadurch ist, ausgehend von den ohne Weiteres bestimmbaren Maßen des Panzers der gehaltenen Schildkröte die Mindestgröße des Terrariums und der erforderliche Wasserstand ermittelbar. Die getroffene Regelung trägt erkennbar dem Umstand Rechnung, dass sich die Größe des Panzers einer Schildkröte verändern kann und dann auch die Größe des zur Verfügung zu stellenden Terrariums entsprechend anzupassen ist.
15In zeitlicher Hinsicht hat die Antragsgegnerin die unverzügliche Befolgung ihrer Anordnung verlangt. Auch ohne Rückgriff auf die in § 121 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) enthaltene Definition des Begriffs "unverzüglich" ist für den Antragsteller erkennbar, dass die Bereitstellung des geforderten Terrariums sofort nach Zustellung der Ordnungsverfügung zu erfolgen habe. Zwar wurde dem Antragsteller in der am 9. September 2011 mündlich ergangenen Ordnungsverfügung eine Frist bis zum 30. Oktober 2011 gesetzt. Angesichts der unter dem 26. Oktober 2011 erlassenen und am 29. Oktober 2011 zugestellten Ordnungsverfügung wertet die Kammer diesen Widerspruch allerdings als noch nicht so gravierend, dass er zur Unbestimmtheit und damit Nichtigkeit der angegriffenen Ordnungsverfügung führen würde. Denn auch bei Verwendung des Begriffs "unverzüglich" in der Ordnungsverfügung durfte der Antragsteller bei der Zustellung der Ordnungsverfügung am Samstag, dem 29. Oktober 2011, davon ausgehen, dass ihm nun noch eine Frist zur praktischen Umsetzung der Anforderungen aus der Ordnungsverfügung eingeräumt war, er allerdings mit dieser Umsetzung ohne weitere Verzögerung zu beginnen habe. Davon, dass die mündlich bis zum 30. Oktober 2011 gesetzte Frist durch die schriftlich bestätigte Ordnungsverfügung - mglw. unzulässig - verkürzt werden sollte und nunmehr nach Zustellung am 29. Oktober 2011 unmittelbar Maßnahmen zur Durchsetzung der Ordnungsverfügung drohten, musste der Antragsteller nicht ausgehen, zumal die mündliche gesetzte Frist an einem Sonntag (30. Oktober 2011) ablaufen sollte.
16Eine (nochmalige) Anhörung war bereits deshalb nicht erforderlich, weil der Antragsteller anlässlich des Besuchs des Amtstierarztes Dr. von S. der Antragsgegnerin am 9. September 2011 Gelegenheit hatte, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen i. S. v. § 28 Abs. 1 VwVfG NRW zu äußern. Im Übrigen spricht Einiges dafür, dass eine Anhörung nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW entbehrlich war, weil eine sofortige Entscheidung wegen der nicht artgerechten Haltung der Schildkröte notwendig war. Jedenfalls wäre aber eine zu Unrecht unterbliebene Anhörung nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW geheilt, weil der Antragsteller im vorliegenden Verfahren ausreichende Gelegenheit erhalten hat, seinen Standpunkt darzulegen.
17Die unter Ziffer I der Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 20011 getroffene Regelung ist auch materiell rechtmäßig. Die Antragsgegnerin hat sie zu Recht auf § 16a Satz 1 und 2 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) gestützt. Demnach trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen treffen. Eine Anordnung zur Verhütung künftiger Verstöße setzt ferner voraus, dass solche Verstöße für die Zukunft drohen, also hinreichend wahrscheinlich sind.
18Diese Voraussetzungen lagen und liegen auch heute vor. Es lag ein Verstoß gegen § 2 Nr. 1 TierSchG in der Vergangenheit vor. Durch den Antragsteller drohten zudem weitere Verstöße gegen § 2 Nr. 1 TierSchG. Nach § 2 Nr. 1 TierSchG muss, wer ein Tier hält, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend u. a. angemessen verhaltensgerecht unterbringen. Die Anforderungen an eine artgerechte Haltung von Schildkröten sind im Tierschutzgesetz nicht normiert. Sie ergeben sich auch nicht aus einer nach § 2a TierSchG erlassenen, konkretisierenden Rechtsverordnung, ungeachtet des Umstandes, dass die Antragsgegnerin diese Vorschrift in ihrer Ordnungsverfügung benannt hat. Bei dem vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz herausgegebenen Gutachten vom 10. Januar 1997 ("Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien") handelt es sich nicht um eine Verordnung im Sinne von § 2a TierSchG. Die in § 2 TierSchG genannten, sehr allgemeinen Haltungsgrundsätze lassen sich indessen durch Auslegung unter Berücksichtigung des in § 1 Satz 1 TierSchG niedergelegten Zwecks des Tierschutzgesetzes ermitteln. Herangezogen werden dürfen das einschlägige tiermedizinische und verhaltenswissenschaftliche Schrifttum sowie einschlägige gutachterliche Stellungnahmen.
19Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 22. Mai 2003 - 6 L 92/03 -, VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Mai 2002 - 23 L 1867/02 -, VG Münster, Beschluss vom 23. Januar 2008 - 1 L 726/07 -, jeweils juris.
20Davon ausgehend kann zur Bestimmung der konkreten Anforderungen an eine art- und verhaltensgerechte Haltung von Schildkröten auf das vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz herausgegebene Gutachten vom 10. Januar 1997 ("Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien") zurückgegriffen werden. Es ist nichts dafür ersichtlich oder vom Antragsteller vorgetragen, dass die darin gemachten Haltungsempfehlungen - u. a. und hier einschlägig - für Schildkröten nicht dem Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse entsprächen oder aus einem anderen Grund im vorliegenden Fall zur Konkretisierung ordnungsrechtlicher Verhaltenspflichten nicht herangezogen werden dürften.
21In dem Gutachten sind im Abschnitt I.3 im Allgemeinen Teil Ausführungen zur Terrariengestaltung von Reptilien gemacht. Danach muss sich die Gehegegestaltung bzw. die Infrastruktur des künstlichen Lebensraumes an den Bedürfnissen der zu pflegenden Art orientieren. Zu den wichtigsten Mindestausstattungen gehören u. a. geeignetes Bodensubtrat in genügender Höhe und evtl. Wasser- und Badebecken. Was Schildkröten anbetrifft, ergeben sich konkretisierte Mindestanforderungen aus dem Abschnitt II.5 des Besonderen Teils des Gutachtens (S. 57 ff.). Die Anforderungen an die Haltung sind dort für einzelne Schildkrötenarten bestimmt. Unter anderem sind Vorgaben hinsichtlich der Mindestgröße für das Terrarium und den erforderlichen Wasserstand gemacht, wobei die jeweils erforderliche Größe in Form eines Vielfachen der Panzerlänge und Panzerbreite der Schildkröte angegeben ist. Zusätzlich werden unter dem Gesichtspunkt ähnlicher Haltungsansprüche Gattungen und Arten zu bestimmten Gruppen A bis I zusammengefasst, auf die die Haltungsbedingungen von einzelnen - den Gruppencharakteristika ähnlichen - Arten übertragen werden.
22Die Antragsgegnerin hat in nicht zu beanstandender Weise für die Florida-Schmuckschildkröte des Antragstellers eine Terrarienlänge von 5 Panzerlängen, eine Terrarienbreite von 21/2 Panzerlängen und einen Wasserstand von 2 Panzerbreiten zugrundegelegt. Ohne dass die Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 dazu weitere Ausführungen enthält, dürfte die Antragsgegnerin die Schildkröte des Antragstellers der Gruppe D (kleine bis mittelgroße (bis ca. 25 cm Panzerlänge) aquatile Arten) zugeordnet haben, deren Gruppencharakteristik u. a. an den amerikanischen Schmuckschildkröten Pseudemis spec. (S. 64 des Gutachtens) und Trachemys spec. (S. 65 des Gutachtens) orientiert ist.
23Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass der Antragsteller diese Haltungsbedingungen nicht erfüllt. Ein Terrarium für die Schildkröte stand überhaupt nicht zur Verfügung. Soweit der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren geltend macht, er besitze noch eine "Stapelbox", in der die Schildkröte regelmäßig baden könne, würde eine solche Behandlung der Schildkröte den geforderten Haltungsbedingungen nicht im Ansatz gerecht. Es bestehen schon Zweifel daran, ob der Antragsteller die angeführte "Stapelbox" überhaupt für seine Schildkröte benutzt. Bei dem Besuch des Amtstierarztes am 9. September 2011 hat er diese - im Gegensatz zu einer etwa 30 x 30 x 15 cm großen Plastikwanne - offensichtlich nicht erwähnt. Weiter bestehen generelle Zweifel an einer Eignung der "Stapelbox" für die Einrichtung eines Terrariums für Schildkröten. Ob die Stapelbox überhaupt die geforderten Maße erfüllen würde, ist ungewiss; der Antragsteller hat insoweit nur vorgetragen, sie sei größer als die im Bescheid genannte Wanne.
24Ohne Belang ist es, dass die von der Antragsgegnerin - möglicherweise im Wege der Schätzung - ermittelte Panzerlänge von Angaben des Antragstellers abweicht. Es ist nicht ersichtlich, dass die Schildkröte dadurch einer unzutreffenden Art oder Gruppe im Sinne des Gutachtens vom 10. Januar 1997 ("Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien") zugeordnet worden sein könnte. Ob ein künftig zur Verfügung zu stellendes Terrarium von den Maßen her ausreichend ist, wird sich - wie bereits ausgeführt - durch eine einfache Messung der Panzerlänge und der Panzerbreite der Schildkröte ermitteln lassen. Schließlich ist offensichtlich, dass selbst dann, wenn man die vom Antragsteller angegebenen Maße der Schildkröte (15 cm Länge und 12 cm Breite) als zutreffend zugrundelegte, eine Haltung in einem Terrarium entsprechend den Anforderungen des Gutachtens vom 10. Januar 1997 ("Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien") im Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung nicht vorgelegen hat.
25Es stand und steht auch zu erwarten, dass es durch die Haltung der Schildkröte des Antragstellers zu künftigen Verstößen gegen die in § 2 Nr. 1 TierSchG genannten Anforderungen kommen würde. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller die Haltungsbedingungen ändern wollte. Dass er angeblich bereits ein Terrarium in ausreichender Größe erworben hat, steht dem nicht entgegen. Denn der Antragsteller trägt selbst vor, er könne dieses derzeit nicht aufstellen, weil seine Wohnung zu klein sei. Auch erscheint es nicht naheliegend, dass der Antragsteller die Haltung der Schildkröte kurzfristig aufgeben wollte, etwa durch Abgabe an seine Tochter oder ein Altenheim in der Nachbarschaft. Der Antragsteller macht zwar geltend, er halte die Schildkröte nur vorübergehend. Andererseits bezeichnet er sich aber als "Eigentümer", der die Schildkröte bereits seit zwei Jahren bei sich habe. Das Vorbringen in der Antragschrift, dauerhaft werde "die Schildkröte aber wohl wieder an die Tochter und den Schwiegersohn gegeben werden" erscheint demgegenüber als vager Plan, dessen Umsetzung gänzlich ungewiss ist.
26Es kann danach dahinstehen, ob die bisherige Haltung der Schildkröte des Antragstellers auch gegen die von der Antragsgegnerin in der Ordnungsverfügung zitierte Vorschrift des § 2 Nr. 2 TierSchG verstieß, wonach die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so eingeschränkt werden darf, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden und/ oder ob der Antragsteller nicht über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im Sinne von § 2 Nr. 3 TierSchG verfügt.
27Die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin sind nicht zu beanstanden. Die getroffene Anordnung ist insbesondere verhältnismäßig und belastet den Antragsteller nicht übermäßig. Dem Antragsteller ist es zumutbar, auch in einer kleinen Wohnung ein Terrarium in den geforderten Maßen aufzustellen. Es liegt in der freien Entscheidung des Antragstellers, Tiere zu halten. Wenn er sich aber entschließt, Tiere zu halten, müssen wenigstens die Mindestanforderungen der Haltung erfüllt sein, wohingegen persönliche Interessen des Halters - auch was die Beeinträchtigung seiner Wohnfläche anbetrifft - zurückstehen müssen.
28Die Ermessenerwägungen der Antragsgegnerin, die angeordnete Maßnahme sei geeignet, unnötige Leiden und Schäden von der gehaltenen Schildkröte abzuwenden und die Maßnahme schütze die Gesundheit der Schildkröte, tragen die getroffene Anordnung auch dann, wenn ausschließlich ein Verstoß gegen § 2 Nr. 1 TierSchG - und nicht auch gegen die in der Ordnungsverfügung ebenfalls genannten § 2 Nr. 2 und 3 TierSchG - vorliegen sollte. Auch Verstöße gegen die angemessene, verhaltensgerechte Unterbringung im Sinne von § 2 Nr. 1 TierSchG stellen - jedenfalls auf längere Sicht - eine Gesundheitsgefahr für das Tier dar und können dessen Leiden verursachen. Dem kann mit entsprechenden behördlichen Anordnungen begegnet werden.
29Es sind auch sonst keine privaten Interessen des Antragstellers erkennbar, die trotz der offensichtlichen Rechtmäßigkeit der getroffenen Anordnung ausnahmsweise das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegen würden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Umgang des Antragstellers mit seiner Schildkröte derzeit nicht betroffen ist, sondern ihm lediglich abverlangt wird, die Mindestanforderungen an die Haltung von Schildkröten einzuhalten.
30b) Ferner kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag nach § 112 Satz 2 des Justizgesetzes NRW (JustG NRW) i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung im Falle des § 112 Satz 1 JustG NRW ganz oder teilweise anordnen. Nach § 112 Satz 1 JustG NRW haben Rechtsbehelfe, die sich gegen Maßnahmen einer Vollzugsbehörde in der Verwaltungsvollstreckung richten, keine aufschiebende Wirkung. Die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500,- Euro in der Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 ist eine Maßnahme einer Vollzugsbehörde in der Verwaltungsvollstreckung.
31Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung ist dem Antrag stattzugeben, weil diese offensichtlich rechtswidrig ist. Das folgt aus einem Verstoß gegen § 63 Abs. 1 Satz 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW (VwVG NRW). Nach dieser Vorschrift ist dem Betroffenen zur Erfüllung der Verpflichtung eine angemessene Frist zu bestimmen. Hier fehlt es an einer Fristsetzung in der Zwangsgeldandrohung. Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie habe die Erfüllung der unter Ziffer I der Ordnungsverfügung angeordneten Verpflichtung "unverzüglich" verlangt. Auch wenn es in geeigneten Fällen möglich sein mag, die zur Erfüllung einer Grundverfügung gesetzte Frist zugleich als Frist im Rahmen der Zwangsmittelandrohung im Sinne von § 63 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW anzusehen, scheidet das hier aus. Die von der Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf die Grundverfügung gesetzte Frist "unverzüglich" ist nämlich im Hinblick auf die Androhung eines Zwangsmitteleinsatzes nicht ausreichend bestimmt. Die Antragsgegnerin hat mit diesem Begriff keinen genauen Zeitpunkt für die Pflicht zur Erfüllung der Anordnung, die Schildkröte nur noch in einem Terrarium bestimmter Beschaffenheit zu halten, gesetzt. Der Ablauf einer mit "unverzüglich" bestimmten Frist lässt sich nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt fixieren. Das gilt auch dann, wenn man nach der gesetzlichen Definition in § 121 Abs. 1 BGB "unverzüglich" als "ohne schuldhaftes Zögern" ansieht. Damit ist das Ende der eingeräumten Frist nicht im Vorhinein bestimmbar, vielmehr vom Verhalten des Betroffenen abhängig. Der Betroffene vermag nicht zu erkennen, ab wann mit Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen ist; der Zweck der Fristbestimmung nach § 63 Abs. 1 Satz 2 VwVG, den Betroffenen verbindlich wissen zu lassen, bis zu welchem Termin er seiner Handlungspflicht nachkommen muss, kann in diesem Fall nicht erreicht werden.
32Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 12. Juli 1991 - 4 B 3581/90 -, NVwZ-RR 1993, 59; Thüringer OVG, Beschluss vom 12. März 2008 - 3 EO 283/07 -; Hessischer Verwaltungsgerichtshof (VGH), Urteil vom 23. März 1998 - 12 UE 1310/95 - (zur bundesrechtlichen Vorschrift des § 13 VwVG); VG Wiesbaden, Urteil vom 1. September 2008 - 7 K 576/08.WI -, jeweils juris.
33Auch sofern man der Auffassung folgt, eine Fristsetzung auf "sofort" komme (wohl anders als "unverzüglich") bei der Zwangsmittelandrohung dann in Betracht, wenn die sofortige Durchsetzung der Grundverfügung zur Gefahrenabwehr unabweisbar notwendig ist,
34vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. Mai 2009 - 11 S 1013/09 -, DVBl. 2009, 853 = juris; Sadler, VwVG, VwZG, 5. Aufl. 2002, § 13 VwVG Rn. 14; Engelhardt/ App, VwVG, VwZG, 6. Aufl. 2004, § 6 VwVG Rn. 3,
35und man die Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 so auslegte, dass die Frist zur Androhung des Zwangsgeldes in Höhe von 500,- Euro auf "sofort" festgesetzt sei, läge im vorliegenden Fall keine wirksame Fristsetzung im Sinne von § 63 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW vor. Denn von der Notwendigkeit der sofortigen Durchsetzung der Grundverfügung ging die Antragsgegnerin selbst nicht aus. Nach dem Vermerk des amtlichen Tierarztes Dr. von S. wurde die hier gegenständliche Ordnungsverfügung vom 26. Oktober 2011 jedenfalls mit ihrer Grundverfügung bereits am 9. September 2011 in mündlicher Form erlassen und dabei eine Frist zur Erfüllung der Ordnungspflicht bis zum 30. Oktober 2011, d. h. eine Frist von mehr als sieben Wochen, gesetzt.
36Schließlich lässt sich auch die am 9. September 2011 mündlich ausgesprochene Frist zur Erfüllung der Ordnungspflicht bis zum 30. Oktober 2011 nicht als ausreichende und wirksame Frist im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW ansehen. Abgesehen davon, dass nichts dafür ersichtlich ist, dass am 9. September 2011 eine Zwangsmittelandrohung überhaupt verfügt worden ist, würde es an dem Erfordernis der Zustellung nach § 63 Abs. 6 VwVG NRW fehlen.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
38Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes.
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