Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Tatbestand:
2Die 0000 geborene Klägerin zu 1. und deren drei minderjährige Kinder, die Kläger zu 2. - 4. meldeten sich im Mai 2010 als Asylbewerber, nachdem zuvor ihr Ehemann, Kläger des Verfahrens 7a K 5410/10.A, und dessen Eltern im April einen Asylfolgeantrag gestellt hatten. Bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - gab die Klägerin zu 1. an, zuvor einige zeit in Frankreich verbracht und von dort aus nach Deutschland gereist zu sein. Die Familie habe in Surdulica gewohnt. In Serbien habe die Familie keine Lebensgrundlage. Man müsse dort auch alles bezahlen, einschließlich eines Krankenhausaufenthaltes. Sie sei ihrem Mann nachgereist.
3Mit Bescheid vom 3. November 2010 lehnte das Bundesamt den Asylantrag ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - und Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG nicht vorliegen. Ferner forderte es die Kläger unter Abschiebungsandrohung nach Serbien zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland binnen einer Frist auf.
45
Die Kläger haben am 24. November 2010 Klage erhoben. Zur Begründung beziehen sie sich auf ihre bisherigen Angaben und die Erkrankung der Klägerin zu 4., die unter Epilepsie leide. Hierzu haben die Kläger den Entlassungsbrief des Klinischen Zentrums Nis - Klinik für Kinder, Abteilung Kinderneurologie über eine dortige Behandlung vom 1. bis 6. Oktober 2008 sowie einen Bericht der Kinderklinik, Neuropädiatrie des Marienhospitals H. vom 15. März 2011 über eine Erstvorstellung dort vorgelegt. Auf die genannten Atteste wird bezug genommen.
6Die Kläger beantragen,
71. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 3. November 2010 zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
82. die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote zu Gunsten der Kläger gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen.
9Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
10die Klage abzuweisen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, einschließlich der des Verfahrens 7a K 5410/10.A (Ehemann der Klägerin zu 1.), die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die bei der Stadt H. geführten Ausländerpersonalakten Bezug genommen (Beiakten Hefte 1 - 5).
12Entscheidungsgründe:
13Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 3. November 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
14Die Kläger haben weder einen Anspruch auf asylrechtlichen Schutz im engeren Sinne oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Art. 16 a Abs. 1 GG, § 60 Abs. 1 AufenthG) noch darauf, dass die Beklagte zu ihren Gunsten Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG feststellt.
15Das Gericht ist in dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung davon überzeugt, dass die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Serbien vor politischer Verfolgung hinreichend sicher sind. Das Gericht verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid.
16Die Kläger haben davon abweichend keinen Sachverhalt schlüssig dargelegt, der in ihrem Falle Übergriffe Dritter, gegen die der Staat keinen Schutz zu bieten hat, erkennen lässt.
17Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung eines europarechtlich begründeten Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 S. 2 AufenthG.
18vgl. zur Auslegung des Antrages: BVerwG, Urt. vom 24. Juni 2008 - 10 C 43/07 - juris, LS 1 und Rdnr.13 f.
19Auch insoweit verweist die Kammer auf die zutreffenden Gründe des Bescheides des Bundesamtes vom 11. August 2010 (dort S. 5), die sie sich zu eigen macht.
20Letztlich ist auch ein (national begründetes) Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht erkennbar. Die Klägerinnen zu 1., 2. und 3. haben individuelle Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit nicht geltend gemacht, sondern sich ausschließlich auf die Erkrankung des Kindes Selma (Klägerin zu 4.) berufen. Diese ist - wie sich aus den eingereichten Unterlagen aus der Kinderklinik in Serbien aus dem Jahre 2008 ergibt - dort behandelt und medikamentös versorgt worden. Dass die dort für November 2008 vorgeschlagene Kontrolluntersuchung durchgeführt worden wäre, ist nicht belegt. Eine Erstvorstellung ist im Bundesgebiet erst im März 2011 erfolgt. Ausweislich dieses Berichts der Kinderklinik am Marienhospital in H. vom 15. März 2011 haben die Eltern die in Serbien eingeleitete Dauertherapie mit Medikamenten nicht fortgeführt. Eine dauerhafte medikamentöse Begleitung wird in diesem Bericht auch angesichts der geringen Anzahl der Anfälle und der sonstigen Befunde nicht als zwingend beschrieben.
21Eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben ist sämtlichen vorhandenen Unterlagen nicht zu entnehmen; ebenso ist die allgemein gehaltene Behauptung der Familie, in Serbien sei ausreichende ärztliche Hilfe nicht zu erlangen gewesen, durch die Behandlung ihrer Tochter in Serbien und u.a. auch durch ihre Angaben gegenüber der Kinderklinik hinsichtlich der Versorgung mit Dauermedikamenten widerlegt.
22Angesichts verschiedener, in Serbien ausgestellter Urkunden (Geburtsurkunde, Heiratsurkunde), die die Familie im Asylverfahren vorgelegt hat, ist auch sonst nicht ersichtlich, dass diese in Serbien nicht registriert und daher nicht in der Lage wäre, im Bedarfsfalle Leistungen des Staates in Anspruch zu nehmen.
23Zusammenfassend geht die Kammer davon aus, dass die Lebenssituation der Roma in Serbien nach wie vor nicht zufriedenstellend ist und diese ethnische Minderheit unter hoher Arbeits- und Mittellosigkeit und sonstigen Schwierigkeiten zu leiden hat.
24vgl. allgemein zur Situation der Roma in Serbien: UNHCR, Anmerkung zur geplanten Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als "sichere" Herkunftsstaaten festgelegt werden, Mai 2009, S. 6 f.; vgl. auch AI, Serbia - Briefing tot he UN committee ton the elimination of Racial Discrimination, February 2011; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 7. April 2011, S. 2 und 8 sowie den letzten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 4. Juni 2010 (Stand: Mai 2010).
25Dies rechtfertigt allerdings nicht die Zuerkennung der begehrten Schutzrechte.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
27