Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1. Bei einem Vorhaben, das dem vereinfachten Genehmigungsverfahren unterliegt, kann auch der Prüfungsumfang einer Bauvoranfrage nicht über die in § 68 Abs. 1 Satz 4 BauO NRW genannten Vorschriften hinausgehen.
2.Von der Zufahrt zu einer notwendigen Garage ist zu fordern, dass sie von einem durchschnittlichen Fahrer mit einem durchschnittlichen Fahrzeug gefahrlos und je-denfalls so problemlos befahren werden kann, dass der Fahrer nicht (häufig) mit Blick auf die fahrerischen Anforderungen auf die Benutzung der Garage verzichten wird.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung V. , Flur °°, Flurstück °°°° in V. . Das rechteckige Grundstück ist offenbar durch Teilung des früheren länglichen Flurstücks °°° in zwei Teile, die heutigen Flurstücke °°°° und °°°°, entstanden. Auf dem jetzigen Flurstück °°°° befindet sich ein Einfamilienhaus mit Garage (Haus-Nr. 43). Dieses wird von der an die südöstliche Ecke des Grundstücks angrenzenden B.----straße erschlossen, die hier in einem länglichen Wendehammer endet. Das Flurstück °°°° ist bislang unbebaut. Die genaue Lage der genannten Grundstücke und Gebäude ist dem folgenden Kartenausschnitt zu entnehmen:
3Am 14. April 2009 beantragten die Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Flurstück °°°°. Dabei baten sie "um Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit incl. Zuwegung/Erschließung für die Garage und das Wohnhaus". Nach dem beigefügten Lageplan soll das Wohnhaus im östlichen Bereich des Flurstücks °°°° entstehen. In der nordöstlichen Ecke des Flurstücks, unmittelbar an der Grenze zum Flurstück °°°°, soll eine Garage errichtet werden. Die rund 40 m lange Zuwegung zu Haus und Garage soll entlang der südlichen Grenze des Flurstücks °°°° führen und in den Wendehammer der B.----straße münden. Dabei hat die durch Wegerecht gesicherte Zuwegung eine Breite von 3,00 m. Auf Höhe des Wohnhauses Nr. 43 ist die Breite allerdings ausweislich des Lageplans auf 2,14 m reduziert. Der Bauvoranfrage waren Schleppkurvenzeichnungen beigefügt, mit welchen die Befahrbarkeit der Zufahrt vom Wendehammer aus belegt werden sollte.
4Im Zuge der Bearbeitung der Voranfrage führten Mitarbeiter der Beklagten einen Fahrversuch durch, bei dem sie auf einem Parkplatz die Fläche im Einfahrtsbereich der geplanten Zufahrt absteckten. Laut Protokoll der Beklagten war das Einfahren mit einem Ford Focus in die Fahrgasse nicht möglich. Unter dem 1. Juli 2009 hörte die Beklagte die Kläger unter Hinweis auf die nach ihrer Einschätzung zu schmale Zufahrt zur beabsichtigten Teilablehnung der Bauvoranfrage an. Dabei kündigte sie an, sie werde die Voranfrage dahingehend auslegen, dass über die planungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung von Einfamilienhaus und Garage sowie die Zulässigkeit der Zuwegung und Erschließung der Garage entschieden werden solle. Die Kläger antworteten mit Schreiben vom 20. Juli 2009, sie hätten durch die verwendeten Schleppkurven nachgewiesen, dass die Zufahrt mit einem PKW benutzt werden könne. Die beabsichtigte Ablehnung sei daher rechtswidrig.
5Mit Bescheid vom 31. August 2009 beantwortete die Beklagte die Frage, ob die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Flurstück °°°° planungsrechtlich zulässig sei, positiv. Die geplante Hinterlandbebauung füge sich gemäß § 34 Baugesetzbuch (BauGB) in den Rahmen der vorhandenen Bebauung ein; die Erschließung sei bei Eintragung einer entsprechenden Zuwegungsbaulast zu Lasten des Flurstücks °°°° gesichert. Die geplante Zuwegung und Erschließung der Garage sei hingegen unzulässig. Dies ergebe sich aus § 3 Bauordnung (BauO) NRW. Mit einem heutigen Mittelklassefahrzeug sei die Zufahrt nicht bzw. nur unter erheblichen Schwierigkeiten anfahrbar, da lediglich wenige Zentimeter zur Außenwand des Gebäudes B.----straße 43 und zur Grenze des Grundstücks B.----straße 45 verblieben. Nach der analog herangezogenen Garagenverordnung sei bei einer Einstellplatzbreite von 2,30 m eine Fahrgassenbreite von 6,50 m erforderlich. Hier seien bei 2,14 Breite nur 6,00 m vorhanden. Auch die geplante Garage könne nicht auf der vorhandenen Breite von 3,00 m in einem Winkel von 90° angefahren werden.
6Die Kläger haben am 21. September 2009 die vorliegende Klage erhoben.
7Sie sind der Ansicht, die öffentliche Sicherheit und Ordnung sei durch die geplante Zuwegung nicht gefährdet. Sie hätten durch die verwendeten Schleppkurven nachgewiesen, dass das Befahren der Zuwegung ohne Weiteres in einem Zug möglich sei. Dasselbe ergebe sich auch aus den Vorgaben in dem Lehrbuch der Bauentwurfslehre von Neuffert. Im Vergleich zu den aus den Jahren 1990/1992 stammenden Schleppkurvenvorlagen seien die Kurvenradien der Fahrzeuge inzwischen sogar noch erheblich verbessert worden. Sie hätten selbst - durch ihren Architekten - einen Fahrversuch unternommen, der zu dem Ergebnis geführt habe, dass die Zufahrt problemlos befahrbar sei. Auf ihrem Grundstück werde eine ausreichend große Wendefläche geschaffen, so dass die Fahrzeuge die Zufahrt auch nicht rückwärts befahren müssten. Nach § 5 BauO NRW müsse die Zufahrt- und Durchgangsbreite ohnehin nur 1,25 m betragen. Im Gebiet der Beklagten befänden sich zahlreiche ähnlich schmale Zufahrten. Nach der einschlägigen Richtlinie genüge sogar im Baustellenbereich innerörtlicher Straßen eine Fahrstreifenbreite von 2,20 m.
8Die Kläger beantragen,
9die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheides vom 31. August 2009 zu verpflichten, ihre Bauvoranfrage auch insoweit positiv zu bescheiden, als nach der Zulässigkeit der Zuwegung gefragt worden ist (Ziffer 2 des Ablehnungsbescheides).
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie nimmt auf die Begründung ihres Bescheides Bezug und führt ergänzend aus: Es sei zu bedenken, dass die Fahrzeuge wegen der fehlenden Wendemöglichkeit auf dem Grundstück die Zufahrt auch rückwärts benutzen müssten. Auch den vorgelegten Fotos von dem Fahrversuch des Architekten der Kläger sei zu entnehmen, dass die Zufahrt wohl nicht ohne Gefahren für die Nachbargrundstücke befahren werden könne. Die von den Klägern verwendeten Schleppkurven erfassten nur den Bewegungsraum des Fahrzeugs selbst. Wegen hervorstehender Teile, etwa Außenspiegel, und des erforderlichen Bewegungsspielraums sei ein gewisser Raumbedarf hinzuzurechnen. Vorliegend bestünden mit der Außenwand des Hauses Nr. 43 und dem auf der Grenze zum Flurstück °°° errichteten Stahlgitterzaun feste Hindernisse, die einen entsprechenden Abstand erforderten.
13Die Kammer hat am 8. März 2011 durch den Berichterstatter einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll verwiesen.
14Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Das Rubrum des Verfahrens ist von Amts wegen dahingehend geändert worden, dass Beklagter nicht mehr der Bürgermeister der Stadt V. , sondern die Stadt V. selbst ist. Durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung und Bereinigung von Justizgesetzen im Lande Nordrhein-Westfalen vom 26. Januar 2010 (GVBl. NRW S. 30) hat zum 1. Januar 2011 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel stattgefunden; auch eine Verpflichtungsklage ist nunmehr gegen den Rechtsträger und nicht mehr gegen die handelnde Behörde zu richten.
17Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
18Der Bescheid vom 31. August 2009 ist, soweit er Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist (Ziffer 2 des Bescheides), rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten positiven Bauvorbescheides hinsichtlich der "Zuwegung und Erschließung der Garage".
19Ein Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides besteht gemäß § 71 Abs. 1, 2 in Verbindung mit § 75 Abs. 1 BauO NRW, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der Zuwegung nicht gegeben. Zwar lässt sich dem Vorhaben - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht § 3 BauO NRW entgegen halten (dazu nachfolgend unter 1.). Die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides scheitert jedoch an § 51 Abs. 1 BauO NRW (dazu nachfolgend unter 2.).
201.)
21Auf § 3 BauO NRW lässt sich ein negativer Bauvorbescheid hinsichtlich der Zulässigkeit der Zuwegung nicht stützten. Es handelt sich vorliegend nämlich um die Bauvoranfrage für ein Vorhaben, das gemäß § 68 Abs. 1 BauO NRW dem vereinfachten Genehmigungsverfahren unterliegt. In diesem Verfahren ist der Prüfungsumfang auf die in § 68 Abs. 1 Satz 4 BauO NRW genannten Vorschriften beschränkt. Über diesen beschränkten Prüfungsumfang kann auch die Bauvoranfrage für ein dem vereinfachten Genehmigungsverfahren unterliegendes Vorhaben nicht hinausgehen. Dies ergibt sich nicht nur aus der Überlegung, dass der Bauvorbescheid als ein Ausschnitt der - umfassenderen - Baugenehmigung zu verstehen ist. Es widerspräche vielmehr auch der Intention des Gesetzes, die Baugenehmigungsbehörde von einem Teil der Prüfung zu entlasten und die Verantwortung für die entsprechenden Fragen dem Bauherrn aufzubürden, wenn dieser im Wege der Bauvoranfrage eine verbindliche Klärung der in § 68 Abs. 1 Satz 4 BauO NRW nicht genannten Fragen herbeiführen könnte.
22Vgl. Wenzel, in Gädtke, BauO NRW, Kommentar, 12. Aufl. 2011, § 68 Rdnr. 18; Johlen, in: Gädtke, BauO NRW, Kommentar, 12. Aufl. 2011, § 71 Rdnr. 7b; zum Verhältnis von Bauvorbescheid und Baugenehmigung auch OVG NRW, Urteil vom 11.9.2003 - 10 A 4693/01 -, BauR 2003, 1870.
23Kann eine Frage aufgrund von § 68 Abs. 1 Satz 4 BauO NRW nicht zum Gegenstand einer Bauvoranfrage gemacht werden, so ist es auch der Behörde verwehrt, die Bauvoranfrage unter Hinweis auf von der Prüfung ausgeschlossene Vorschriften negativ zu beantworten. Fällt ihr ein (möglicher) Verstoß gegen nicht zum Prüfprogramm gehörende Vorschriften auf, so kann sie den Bauherrn durch Hinweise etc. darauf aufmerksam machen und gegebenenfalls den Erlass einer auf den Verstoß gestützten, die Umsetzung einer etwaigen Baugenehmigung verhindernden Ordnungsverfügung ankündigen. Im Einzelfall mag es auch zulässig sein, die Bauvoranfrage, jedenfalls aber den Bauantrag unter Hinweis auf die zwingend zu erwartende Ordnungsverfügung wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses abzulehnen. Der Erlass eines negativen Bauvorbescheides scheidet hingegen aus.
24Vgl. zu den verschiedenen Möglichkeiten Wenzel, in Gädtke, BauO NRW, Kommentar, 12. Aufl. 2011, § 68 Rdnr. 20 ff.
25§ 3 BauO NRW gehört nicht zu den in § 68 Abs. 1 Satz 4 BauO NRW genannten, im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfenden Vorschriften. Er rechtfertigt daher nicht den Erlass eines negativen Bauvorbescheides.
262.)
27Der Erteilung eines positiven Bauvorbescheides steht allerdings der auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfende § 51 Abs. 1 BauO NRW entgegen. Nach dieser Vorschrift müssen bei der Errichtung von baulichen Anlagen und anderen Anlagen, bei denen ein Zu- und Abgangsverkehr zu erwarten ist, Stellplätze und Garagen hergestellt werden, wenn und soweit unter Berücksichtigung der örtlichen Verkehrsverhältnisse und des öffentlichen Personennahverkehrs zu erwarten ist, dass der Zu- und Abgangsverkehr mittels Kraftfahrzeug erfolgt (notwendige Stellplätze und Garagen).
28Die Prüfung, ob die Stellplatzpflicht gemäß § 51 Abs. 1 BauO NRW erfüllt ist, gehört nach Überzeugung des Gerichts bei objektiver Auslegung zu den von den Klägern mit ihrem Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides aufgeworfenen Fragen. Die Kläger hatten zunächst eine Bauvoranfrage mit der Frage "Ist es zulässig auf vorgegeben Grundstück ein Einfamilienhaus mit I-geschossiger Bauweise und Satteldach zu errichten?" gestellt. Die Beklagte hatte die Kläger daraufhin aufgefordert, die Frage zu konkretisieren und dabei eine denkbare Fragestellung in den Raum gestellt, welche die Kläger in der zweiten Fassung ihres Antrags übernommen haben, in der es heißt: "Ist es zulässig auf vorgegeben Grundstück ein Einfamilienhaus mit I-geschossiger Bauweise und Satteldach zu errichten? Wir bitten auch um Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit incl. Zuwegung/Erschließung für die Garage und das Wohnhaus." Auch in dieser Fassung wird der genaue Umfang der Fragestellung nicht deutlich; insbesondere ist nicht abschließend erkennbar, ob über die bauplanungsrechtlichen hinaus auch bauordnungsrechtliche Fragen geprüft werden sollen. In ihrem Anhörungsschreiben vom 1. Juli 2009 hat die Beklagte daher ausdrücklich erklärt, sie "interpretiere" die Fragestellung dahingehend, dass die planungsrechtliche Zulässigkeit von Haus und Garage sowie die (umfassende) Zulässigkeit von Zuwegung und Erschließung geprüft werden sollen. Dieser Auslegung sind die Kläger in ihrer im Anschluss an das Anhörungsschreiben abgegebenen Stellungnahme vom 20. Juli 2009 nicht entgegen getreten. Sie verlässt nicht den Rahmen der durch die (unklare) Fragestellung der Kläger geschaffenen Auslegungsmöglichkeiten und dürfte im Übrigen zur Klärung der entscheidenden Fragen sachgerecht sein.
29Gemäß § 51 Abs. 1 BauO NRW ist im Rahmen der Errichtung des Wohnhauses zumindest ein Stellplatz oder eine Garage erforderlich. In den Bauvorlagen der Kläger wird eine Garage auch dargestellt. Die Stellplatzpflicht bezieht sich jedoch - wie sich ohne Weiteres aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt - auf Stellplätze oder Garagen in geeigneter Beschaffenheit. Dazu gehört, dass die Stellplätze oder Garagen verkehrssicher angelegt, ordnungsgemäß befestigt und entwässert sind, den Brandschutzanforderungen genügen und ihren Zweck erfüllen können.
30So Schulte, in: Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Kommentar, Stand: Dezember 2010, § 51 Rdnr. 60 f.
31Ihre Funktion als dem Einzelgrundstück zugeordnete Stellplätze erfüllen sie im Übrigen nur, wenn sie vom Nutzer als solche akzeptiert werden. Nur ein Stellplatz, der angenommen wird, vermag dazu beizutragen, dass der öffentliche Verkehrsraum nicht durch das anderweitige Abstellen von Kraftfahrzeugen überlastet wird.
32So OVG NRW, Urteil vom 18. Mai 2000 - 7 A 1155/99 -, BauR 2000, 1447; siehe auch OVG NRW, Urteil vom 21. August 1990 - 11 A 2085/88 -, Juris.
33Ihren Zweck erfüllen Stellplätze und Garagen daher insbesondere auch nur dann, wenn sie ungehindert angefahren werden können.
34So Johlen, in: Gädtke, BauO NRW, Kommentar, 12. Aufl. 2011, § 51 Rdnr. 19; zur Ungeeignetheit sog. "gefangener Stellplätze" OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. August 2002 - 1 A 10439/02 -, NVwZ-RR 2003, 548.
35Von der Zufahrt zu einer notwendigen Garage wird man nach alledem fordern müssen, dass sie von einem durchschnittlichen Fahrer mit einem durchschnittlichen Fahrzeug gefahr- und jedenfalls so problemlos angefahren werden kann, dass damit zu rechnen ist, dass der Fahrer nicht (häufig) mit Blick auf die fahrerischen Anforderungen auf die Benutzung der Garage verzichtet. Diese Anforderungen sind vorliegend nicht erfüllt. Nach Überzeugung der Kammer ruft die Benutzung der geplanten Zufahrt an der auf Höhe des Hauses Nr. 43 bestehenden Engstelle Gefahren für das Fahrzeug, die Außenwand des Hauses Nr. 43 und den auf der Grenze zum Flurstück °°° errichteten Stahlgitterzaun hervor und stellt den durchschnittlichen Fahrer vor erhebliche, die Tauglichkeit der Garage als notwendige Garage letztlich aufhebende Probleme. Dies folgt vor allem aus der Breite der Engstelle von nur 2,14 m und ihrer Lage im Einfahrtsbereich und damit in der Kurve.
36Diese Einschätzung beruht zunächst auf einer Heranziehung der vom Bundesverkehrsministerium eingeführten "Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs" - Ausgabe 2005 (EAR 05) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. In den Ausführungen zur "Parkflächengeometrie", die sich nicht nur auf die eigentlichen Stellplätze, sondern auch auf Fahrbahnen, Fahrgassen und Rampen im Zusammenhang mit Anlagen des ruhenden Verkehrs beziehen, gehen die EAR 05 von einem repräsentativen Bemessungsfahrzeug mit einer Breite von 1,76 m und einer Länge von 4,74 m aus. Um Fahrzeugbewegungen quer zur Fahrtrichtung und überstehende Teile, z. B. Außenspiegel, zu berücksichtigen, wird bei der Gestaltung von Fahrgassen ein Bewegungszuschlag von 0,125 m pro Seite hinzugerechnet (Ziffer 4.2.1.5 der EAR 05). Zu festen Hindernissen, z.B. Bauwerksteilen oder Bäumen, sind bei der Fahrzeugbewegung zusätzlich Sicherheitsabstände erforderlich, die bei Fahrgassen und geraden Rampen 25 cm betragen sollen (Ziffer 4.2.1.6 der EAR 05). Unter Einbeziehung der Hauswand des Hauses Nr. 43 und des Stahlgitterzauns auf der Grenze zum Flurstück °°° als festen Hindernissen ergibt sich somit eine notwendige Mindest-Fahrgassenbreite von (1,76 + (2 x 0,125) + (2 x 0,25) =) 2,51 m. Zwar wird man bei der Zufahrt zu einer einzigen, privaten Garage auch ein gewisses Unterschreiten dieses empfohlenen Mindestmaßes akzeptieren können; eine Unterschreitung um fast 40 cm erscheint jedoch außerordentlich problematisch.
37Vgl. zur Heranziehung der EAR 05 in bauordnungsrechtlichem Kontext auch OVG NRW, Urteil vom 30. Oktober 2009 - 7 A 2548/08 -, BauR 2010, 446.
38Ist somit schon die Breite der Engstelle auf Höhe des Hauses Nr. 43 für sich genommen problematisch, so ist zusätzlich zu bedenken, dass die Fahrzeuge diese Engstelle nicht gerade durchfahren können, sondern wegen der Grenze zum Flurstück °°° (Haus Nr. 41) unmittelbar vor bzw. nach der Engstelle einen Bogen fahren müssen. Wie die von den Beteiligten vorgelegten Schleppkurvendarstellungen, aber auch die entsprechende Vorgabe eines Kurvenzuschlags in den EAR 05 (Ziffer 4.2.1.4) belegen, wird die von einem Fahrzeug überstrichene Fläche in der Kurve zwangsläufig breiter. Das ohnehin bestehende Raumproblem wird durch diesen zusätzlichen Flächenbedarf und den Umstand, dass das Fahrzeug von der Kurvenfahrt wieder in die Geradeausfahrt bewegt werden muss (oder umgekehrt), verschärft.
39Soweit die Beklagte auf die Mindestfahrgassenbreite von 6,50 m nach § 122 Abs. 2 der Sonderbauverordnung (früher § 6 Abs. 2 Garagenverordnung) hinweist, ist festzustellen, dass die eingeschränkte Einfahrbreite vom Wendehammer auf das Flurstück °°°° von nur 6,00 m zwar nicht zwingend mit den Vorgaben der Sonderbauverordnung kollidiert, weil das Fahrzeug in einem Winkel von mehr als 90° an die Einfahrstelle herangefahren werden kann. Auch die Vorgaben der Sonderbauverordnung zeigen aber, dass es sich um eine grenzwertige Kurvenfahrt handelt, welche das Problem der Breite von lediglich 2,14 m zusätzlich verschärft.
40Die verschiedenen Schleppkurvendarstellungen, die von dem Architekten der Kläger vorgelegt worden sind, vermögen die gefahr- und problemlose Befahrbarkeit der Zufahrt ebenfalls nicht zu belegen. Unabhängig davon, ob die zum Teil im Maßstab bzw. hinsichtlich des Bemessungsfahrzeugs veränderten Schleppkurven für sich genommen plausibel sind, ist festzustellen, dass mit der Schleppkurve jeweils nur die Fläche erfasst ist, die von dem Fahrzeug (ohne Außenspiegel) überstrichen wird. Eine unmittelbar an der Gebäudekante des Hauses Nr. 43 vorbeiführende Schleppkurve belegt daher nicht die tatsächliche Befahrbarkeit in der besonderen Situation des Falles, da der erforderliche zusätzliche Raumbedarf für die Außenspiegel sowie ein Bewegungs- und Sicherheitsabstand nicht berücksichtigt ist. Auch die ebenfalls von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen erstellte und vom Bundesverkehrsministerium eingeführte Arbeitsgrundlage "Bemessungsfahrzeuge und Schleppkurven zur Überprüfung der Befahrbarkeit von Verkehrsflächen" - Ausgabe 2001 betont für die Verwendung von Schleppkurven, dass zusätzlich seitliche Toleranzen von 0,50 m berücksichtigt werden sollten, die bei eingeschränkten Bewegungsspielräumen auf 0,25 m reduziert werden können (Ziffer 4).
41Der von dem Architekten der Kläger durchgeführte und durch Fotos dokumentierte Fahrversuch belegt die gefahr- und problemlose Befahrbarkeit der Zufahrt nicht. Dabei erwecken die Fotos schon den Anschein, als befinde sich der linke Außenspiegel des Fahrzeugs streckenweise auf dem Flurstück °°°. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man entsprechend dem von der Beklagten vorgelegten Protokoll des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs H. vom 11. November 2010 davon ausgeht, dass der auf die Grenze gesetzte Randstein sich zum überwiegenden Teil auf dem Flurstück °°° befindet. Entscheidend ist aber, dass das für den Fahrversuch verwendete Fahrzeug nach Auffassung der Kammer nicht repräsentativ ist. Ein BMW der "1er-Reihe" bleibt mit einer Breite (ohne Spiegel) von 174,8 cm und einer Länge von 423,9 cm hinter dem in den erwähnten Regelwerken zugrunde gelegten Bemessungsfahrzeug (Breite: 176 cm, Länge: 474 cm) zurück. Noch deutlicher ist der Unterschied in der Breite zu aktuellen Mittelklassefahrzeugen wie dem VW Golf (Breite: 178,6 cm), dem Opel Astra (Breite 181,4 cm) und dem Ford Focus (Breite: 182,3 cm). Bezieht man die Außenspiegel in die Betrachtung mit ein, zeigt sich, dass die genannten Fahrzeuge (Breite mit Spiegeln: Golf 204,8 cm, Opel Astra 201,3 cm, Ford Focus 201,0 cm) deutlich näher an die Grenzen des verfügbaren Raumprofils (214 cm) heranrücken, als der für den Fahrversuch verwendete BMW der "1er Reihe" (Breite mit Spiegeln: 193,4 cm).
42Das Argument der Kläger, nach den "Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen" (RSA) seien im Einzelfall Fahrbahnbreiten von 2,50 m (auf Autobahnen) und 2,20 m (auf innerörtlichen Straßen) gestattet, so dass bei einer privaten Garagenzufahrt erst recht eine ähnlich geringe Breite ausreichen müsse, verfängt nicht. Denn diese Angaben beziehen sich allein auf die Breite des Fahrstreifens. Liest man die Richtlinie mit den oben genannten Regelwerken zusammen, so muss auch hier in die Betrachtung einbezogen werden, ob es sich um eine gerade Fahrbahn handelt und ob es feste Hindernisse seitlich des Fahrstreifens gibt. Dass auch bei Kurvenfahrt und/oder Vorliegen von festen Hindernissen eine Breite von 2,20 m genügt, lässt sich der RSA nicht entnehmen. Die Erklärung des Vertreters des Tiefbauamtes der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, er halte in einem solche Falle die Breite von 2,20 m für unzureichend, erscheint dem Gericht vor dem Hintergrund der oben genannten Regelwerke ohne Weiteres plausibel.
43Ob nach der vorliegenden Planung auf dem Flurstück °°°° gewendet werden kann oder nicht, kann nach alledem dahinstehen. Weder die von der Beklagten angefertigten Schleppkurvendarstellungen noch die Vorgaben in § 122 Abs. 2 der Sonderbauverordnung belegen wohl eindeutig, dass das Wenden mit einem entsprechenden Rangieraufwand nicht möglich ist. Für die Entscheidung des Falles ist dies jedoch unerheblich, da nach der Überzeugung der Kammer auch bei Vorwärtsfahrt ein gefahr- und problemloses Befahren der Zufahrt nicht gewährleistet ist.
443.)
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
46Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.
47