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Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Der Kläger begehrt die Gewährung einer Zuwendung im Rahmen der außerordentlichen Wirtschaftshilfe bei Corona-bedingten Betriebsschließungen bzw. -einschränkungen aus Mitteln des Bundes für den Monat November 2020, die sogenannte Novemberhilfe.
3Am 14. Dezember 2020 beantragte der Kläger elektronisch durch seinen prüfenden Dritten eine Novemberhilfe in Höhe von 20.887,91 Euro (Az.: AWHR1-370009). In seinem Antrag gab er an, als sonstiges Unternehmen in der Branche Theater- und Konzertveranstaltungen als Mischbetrieb tätig zu sein und insoweit den Umsatz in der Summe zu mindestens 80 % eindeutig mit von Corona-bedingten Betriebsschließungen direkt, indirekt oder indirekt über Dritte Betroffene zu generieren.
4Mit Bescheid über eine Abschlagszahlung für eine Billigkeitsleistung vom selben Tag bewilligte der Beklagte zugunsten des Klägers eine Abschlagszahlung für die beantragte Novemberhilfe in Höhe von 10.443,96 Euro für einen vom Corona-bedingten Lockdown betroffenen Leistungszeitraum von 29 Tagen im November 2020. In Ziffer 2 der Hauptbestimmungen des Bescheides heißt es:
5„Die Bewilligung der Höhe der Abschlagszahlung für die Novemberhilfe und die Auszahlung eines ersten Abschlags der Novemberhilfe ergeht unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags und der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid. […]“
6In Ziffer 12 der Nebenbestimmungen des Bescheides heißt es weiter:
7„Die Novemberhilfe ist zu erstatten, soweit im Rahmen der Schlussabrechnung im Schlussbescheid eine abweichende Feststellung der Höhe der Billigkeitsleistung getroffen wird oder dieser Bescheid nach erfolgter Prüfung des Antrags oder aus anderen Gründen nach Verwaltungsverfahrensrecht (§§ 43, 48, 49 VwVfG NRW) mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder sonst unwirksam geworden ist. […]“
8Am 28. Januar 2021 und 25. Februar 2021 bat der Beklagte im Rahmen des Antragsverfahrens zur Novemberhilfe den Kläger zwecks Überprüfung der Antragsvoraussetzungen, eine Gewerbeanmeldung zu übersenden. Sollte es sich um einen gemeinnützigen Verein handeln, werde um die Zusendung des Feststellungsbescheides des zuständigen Finanzamtes gebeten. Mit Nachricht vom 26. Februar 2021 übersandte der prüfende Dritte zunächst die Steuerbescheide für das Jahr 2018 und erklärte, dass der Verein bzw. der Kläger nicht gemeinnützig sei.
9Ebenfalls am 28. Januar 2021 beantragte der Kläger die Bewilligung einer Dezemberhilfe in Höhe von 21.995,80 Euro (Az.: AWHR2-322302). Mit Bescheid vom 29. Januar 2021 wurde ihm zunächst eine Abschlagszahlung in hälftiger Höhe sowie mit Bescheid vom 26. Februar 2021 die beantragte Dezemberhilfe in voller Höhe für einen Leistungszeitraum von 31 Tagen im Dezember 2020 gewährt.
10Vor dem Hintergrund des Ablaufs des befristeten Rahmens der Europäischen Kommission am 30. Juni 2022 für die Gewährung von Novemberhilfe bewilligte die Bezirksregierung dem Kläger am 20. Juni 2022 die beantragte Novemberhilfe dem Grunde nach für den beantragen Zeitraum (sog. Temporary-Framework-Bescheid). In der Begründung des Bescheides heißt es:
11„Die vorliegende Festsetzung von Novemberhilfe dem Grunde nach steht also unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung der Antragsberechtigung und Berechnung der Anspruchshöhe. Es besteht insofern kein Vertrauensschutz, Novemberhilfe endgültig zu erhalten.“
12Mit Schreiben vom 31. Januar 2023 bat der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers im Rahmen des Verwaltungsverfahrens um eine Entscheidung des Beklagten über den Antrag auf Gewährung einer Novemberhilfe. Die erbetene Gewerbeanmeldung sei im Mai 2021 wunschgemäß überlassen worden. Weitere Beanstandungen und Nachforderungen seien seither nicht erfolgt. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass für die Bewilligung der Dezemberhilfe, die bereits im März 2021 vollständig ausgezahlt worden sei, exakt die gleichen Antragsvoraussetzungen vorgelegen hätten und offensichtlich erfüllt seien.
13Am 14. Februar 2023 bat der Beklagte erneut um die Übersendung der Gewerbeanmeldung, da diese zwingende Voraussetzung für die Beantragung einer Novemberhilfe sei. Zudem werde um Auskunft und Überlassung entsprechender Nachweise gebeten, ob zum Stichtag 29. Februar 2020 Mitarbeiter beschäftigt gewesen seien. Sollten Mitarbeiter nicht beschäftigt worden sein, werde um die Überlassung eines Nachweises zum Haupterwerb (Einkommenssteuerbescheid 2019) gebeten. Daraufhin übersandte der prüfende Dritte mit Nachricht vom 15. Februar 2023 erneut die Gewerbeanmeldung sowie die Körperschafts- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 2019 und 2020 und erklärte, dass es sich um einen Verein handele und deshalb keine Einkommensteuerbescheide vorlägen.
14Mit Bescheid vom 27. Oktober 2023 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Billigkeitsleistung in Form der Novemberhilfe vom 14. Dezember 2020 ab (Ziffer 1), hob den vorläufigen Bescheid über eine Billigkeitsleistung vom selben Tag sowie den vorläufigen, rein fristwahrenden Bescheid aus Juni 2022 vollständig auf (Ziffer 2), ersetzte die Haupt- und Nebenbestimmungen der vorangegangen Bescheide über eine Billigkeitsleistung sowie den Temporary-Framework-Bescheid aus Juni 2022 durch diesen Bescheid (Ziffer 3) und setzte den zu erstattenden Betrag mit einer Zahlungsfrist von sechs Wochen nach Zustellung des Bescheids auf 10.443,96 Euro fest (Ziffer 4). Den Ablehnungs- und Rückforderungsbescheid begründete der Beklagte im Wesentlichen damit: Die Voraussetzung für die Gewährung einer Novemberhilfe lägen nicht vor. Im Sinne der einschlägigen Richtlinie gelte jedes Unternehmen als rechtlich selbstständige Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform, die wirtschaftlich am Markt tätig sei und zumindest einen Beschäftigten habe, inklusive öffentlicher Unternehmen. Dabei gelte als Beschäftigter, wer zum Stichtag 29. Februar 2020 bei dem Antragsteller beschäftigt sei. Ehrenamtliche würden nicht berücksichtigt. Um die Antragsberechtigung zu plausibilisieren, sei über das Fachverfahren die Rückfrage gestellt worden, ob zum Stichtag des 29. Februar 2020 Mitarbeiter beschäftigt worden seien. Da kein Nachweis erbracht worden sei, habe die Antragsberechtigung nicht nachgewiesen werden können.
15Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 27. November 2023 Klage mit der ergänzenden Begründung erhoben: Er sei ein Y.er Karnevalsverein, der zum Zwecke der Brauchtumsausübung gegründet worden sei. Er bestehe aus 15 Elferratsmitgliedern, fünf davon seien Vorstandsmitglieder. Alle Mitglieder seien ehrenamtlich tätig. Die Tätigkeit des Vorstandes beschränke sich dabei nicht nur auf die Organisation von vereinsinternen Veranstaltungen, sondern insbesondere nehme er in größerem Umfang die Brauchtumsarbeit wahr. Neben Brauchtumsveranstaltungen, insbesondere während der Winterzeit, würden auch Einnahmen aus Publikumsveranstaltungen generiert, die zum einen zugunsten der Aufrechterhaltung des Winterbrauchtums, aber auch zu wohltätigen Zwecken verwendet würden. Der Umfang der Tätigkeit, insbesondere einzelner Vorstandsmitglieder, insbesondere des Präsidenten, komme dem eines Beschäftigten nahe, der über 30 Wochenstunden in einem Unternehmen tätig sei. Mitarbeiter, die sich etwa im Angestelltenverhältnis befänden, habe der Kläger nicht. Die Tätigkeit für den Verein erfolge ausschließlich aufgrund ehrenamtlichen Engagements.Der Beklagte verneine seine Antragsberechtigung, weil diese voraussetze, dass er zum relevanten Stichtag 29. Februar 2020 mindestens einen Beschäftigten habe und gleichzeitig eine rechtlich selbstständige Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform sei, die wirtschaftlich am Markt tätig sei. Bei ganzheitlicher Betrachtung und bei entsprechender Auslegung des Wortlautes der Richtlinie komme man aber zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen der Antragsberechtigung bei ihm sehr wohl gegeben seien. Er verfüge zwar nicht über einen Beschäftigten im Sinne der Richtlinie. Das liege aber nicht daran, dass für ihn niemand die entsprechenden Tätigkeiten ausübe, sondern allein daran, dass es sich bei ihm um einen Brauchtumsverein handele, für den die Mitglieder lediglich ehrenamtlich tätig seien, die sich von den in der streitentscheidenden Richtlinie gemeinten Beschäftigten nur dadurch unterscheiden würden, dass sie nicht über entsprechende Arbeitsverträge verfügten. Ihnen werde daher kein monatliches Gehalt gezahlt, sie hätten keine Arbeitszeitvorgaben, sodass deswegen die zur Beurteilung herangezogenen ersichtlich in der Richtlinie pauschal festgelegten Kriterien zur Ermittlung der Vollzeitäquivalente bei der Prüfung, ob ein Beschäftigter für das Unternehmen tätig sei, nicht herangezogen werden könnten. Gleichwohl übten die Mitglieder des Elferrates und besonders die Vorstandsmitglieder jeweils Tätigkeiten im gesellschaftlichen, insbesondere aber auch im wirtschaftlichen Bereich aus, die den Tätigkeiten der Beschäftigten im Sinne der Richtlinie gleichzustellen seien. Nach seiner Auffassung müsse daher die Arbeitskraft und der Einsatz der für ihn tätigen Personen, deren unternehmerische Tätigkeit für ihn von jenen Personen zu unterscheiden sei, die tatsächlich im alten Begriffssinne „ehrenamtlich“ und damit zumeist in einem geringeren wirtschaftlichen und zeitlichen Umfang tätig seien. Der Tätigkeitsbereich der Vorstandsmitglieder, aber auch der anderen Vereinsmitglieder verknüpfe sich mit den im Alltag ausgeübten beruflichen Tätigkeiten und nehme einen nicht unerheblichen Teil der Zeiten neben den beruflichen Tätigkeiten ein. Entscheidend in diesem Zusammenhang sei noch, dass der Zweck der außerordentlichen Wirtschaftshilfe darin liege, Corona-bedingten Betriebsschließungen oder -einschränkungen durch Leistung entsprechender finanzieller Unterstützungen zu begegnen. Dass er die Voraussetzungen einer Bewilligung im Hinblick auf den Nachweis erheblicher Einschränkungen und wirtschaftlicher Verluste, die ausschließlich durch die Coronapandemie eingetreten seien, erfüllt habe, dürfte unstreitig sein. Ein Kriterium, warum eine Ungleichbehandlung zwischen einem wirtschaftlich tätigen sowie ehrenamtlich geführten Antragsteller und einem Soloselbstständigen, der in der Aufzählung der Antragsberechtigten für die Gewährung der beantragten außerordentlichen Wirtschaftshilfe vorgesehen sei, erfolge, erkläre sich deswegen in seinem speziellen Fall nicht. Nach seiner Auffassung sei die Richtlinie, die die Grundlage der Förderung bilde, lückenhaft und entsprechend erweiternd auszulegen. Die Novemberhilfe sei zweckgebunden und diene dazu den Umsatzausfall zu kompensieren und damit die wirtschaftliche Existenz zu sichern. Nicht anders liege es bei ihm, der nachgewiesen habe, dass, gerade weil er seine Einnahmen aus Großveranstaltungen über den Verkauf von Eintrittskarten generiere, die behördlich untersagt worden seien, eine erhebliche existenzielle Gefährdung bestanden habe. Die Karnevalszeit und damit das verstärkte Veranstaltungsleben eines Karnevalvereins beginne mitten im Förderzeitraum, nämlich am 11. November eines jeden Jahres, was bedinge, dass der November meistens der umsatzstärkste Monat für den Verkauf von Karten für Karnevalsveranstaltungen sei. Zusätzlich fielen im November hohe Ausgaben an. Dadurch, dass aufgrund des behördlich angeordneten Lockdowns sämtliche Veranstaltungen ausgefallen seien, die er hätte zur Gewinnerzielung nutzen können, sei er, der nicht über erhebliche finanzielle Reserven verfüge, in eine finanzielle Notlage geraten, die es erfordere, entsprechende Hilfen zu beantragen. Der Zweck der Regelung wäre unterlaufen, wenn das Unternehmensrisiko wirtschaftlicher Totalverluste auf denjenigen verschoben werde, bei dem sich Mitglieder freiwillig und unentgeltlich engagierten. Der Beklagte habe mit Blick auf die Gewährung der Dezemberhilfe unterschiedliche Antragskriterien zugrunde gelegt, was offensichtlich daraus resultiere, dass im Zeitpunkt der Bewilligung noch gar keine konstanten Bewilligungsrichtlinien festgelegt gewesen seien, sondern entgegen der Auffassung des Beklagten die Richtlinien sehr wohl verschieden ausgelegt worden seien. In den FAQs sei unter Ziffer 1.1 geregelt, dass bei einem Verein die Antragsberechtigung bereits gegeben sei, wenn dieser wirtschaftlich am Markt tätig sei und zumindest einen Beschäftigten am Stichtag 29. Februar 2020 angemeldet habe. Direkt im Anschluss sei in den gleichen FAQs jedoch auch beschrieben, dass auch eine Ein-Personen-GmbH, die ebenfalls eine Körperschaft sei, antragsberechtigt sei, soweit der einzige Beschäftigte der sozialversicherungsfreie Gesellschafter bzw. Geschäftsführer sei. Gleichzeitig stelle die Behörde dar, dass Soloselbstständige ohne Vollzeitbeschäftigte antragsberechtigt seien, wenn sie im Jahr 2019 mindestens 51 % ihrer Einkünfte aus der gewerblichen Tätigkeit erzielt hätten. Genau für dieses Kriterium habe der Beklagte gegenüber seinem Steuerberater einen Nachweis für dessen Antragsberechtigung gefordert, der im Folgenden von ihm erbracht worden sei. Zudem stellten die FAQs zur Überbrückungshilfe III, die im gleichen Zeitraum habe beantragt werden können, ganz andere Kriterien zum Nachweis der Antragsberechtigung auf. Es werde explizit ausgeführt, dass ehrenamtlich Tätige eines Vereins als Beschäftigte zählten.
16Ursprünglich hat der Kläger sinngemäß angekündigt zu beantragen, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungs- und Rückforderungsbescheides vom 27. Oktober 2023 zu verpflichten, dem Antrag auf Gewährung der Billigkeitsleistung vom 14. Dezember 2020 zum Aktenzeichen AWHR1-370009 stattzugeben.
17Nach teilweiser Rücknahme der Klage in der mündlichen Verhandlung beantragt der Kläger nunmehr,
18den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 27. Oktober 2023 – Az.: AWHR1-370009 – zu verpflichten seinen Antrag vom 14. Dezember 2020 zur Bewilligung einer Novemberhilfe in Höhe von 20.887,91 Euro unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Der Beklagte gibt ergänzend an: Der Kläger sei nicht antragsberechtigt. Eine Antragsberechtigung sei auch nicht durch seinen Vortrag im Verwaltungsverfahren begründet worden. Der Kläger habe im Rahmen der von ihm vorgelegten Unterlagen und der von ihm getätigten Angaben im behördlichen Antragsverfahren nicht nachgewiesen, dass er die Voraussetzungen der Richtlinie erfülle. Wie bereits im Rahmen des Ablehnungsbescheids dargelegt, habe er keine Beschäftigten. Dies habe er selbst ausdrücklich verneint. Es entspreche der tatsächlichen Verwaltungspraxis, dass die von dem Kläger angegebene Tätigkeit ohne die Beschäftigung von Mitarbeitern nicht gefördert werde. Ferner könnten die Ausführungen bezüglich der nun behaupteten Soloselbstständigkeit des Klägers nicht überzeugen. Der Kläger als eingetragener Verein könne sich nicht auf die Bestimmungen für die Antragsberechtigung eines Soloselbstständigen berufen. Somit bleibe festzuhalten, dass für eine Antragsberechtigung zwingend der Nachweis über ein Beschäftigungsverhältnis zum 29. Februar 2020 erforderlich gewesen sei. In der Nichtgewährung der außerordentlichen Wirtschaftshilfe liege auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 GG. Der Ausschluss von der Wirtschaftshilfe sei nicht willkürlich. Vielmehr lägen sachliche Gründe für die von dem Beklagten vorgenommene Auswahl der förderberechtigten Unternehmen vor. Ausführungen bezüglich der FAQ zur Überbrückungshilfe III seien im Falle der Antragsberechtigung für die Novemberhilfe unerheblich. Hinsichtlich der Bewilligung einer Dezemberhilfe gelte der Grundsatz: Keine Gleichbehandlung im Unrecht.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, stellt das Gericht das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO ein.
25Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet.
26Der Ablehnungs- und Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 27. Oktober 2023 (Az.: AWHR1-370009) ist hinsichtlich der Ablehnung (dazu unter 1.) und der Rückforderung (dazu unter 2.) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 S. 1 und 2 VwGO.
271. Der Kläger hat gemäß § 113 Abs. 5 S. 1 und 2 VwGO keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags vom 14. Dezember 2020 auf Gewährung einer Novemberhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
28Die Novemberhilfe als Teil der sogenannten Außerordentlichen Wirtschaftshilfe NRW beinhaltet eine Zahlung in Höhe von maximal 75 % eines anteiligen monatlichen Vergleichsumsatzes für die Zeit, in der Unternehmen aufgrund der Corona-bedingten Betriebsschließungen bzw. Betriebseinschränkungen im November 2020 erhebliche Umsatzausfälle erlitten haben. Bei den Fördermitteln handelt es sich um Haushaltsmittel des Bundes, die bei einer fehlenden Verwendung in den Bundeshaushalt zurückfließen. Die Durchführung der Förderung, u.a. der Antragstellung, Prüfung, Bewilligung, Auszahlung und ggf. Rückforderung der Mittel erfolgt durch die Länder.
29Vgl. Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1c) und Abs. 2 sowie Art. 4 der Ergänzenden Verwaltungsvereinbarung „Novemberhilfe" zwischen dem Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen über die Gewährung von Soforthilfen des Bundes als Billigkeitsleistungen für „Corona-Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen" aus November 2020.
30Die Gewährung ist entsprechend der Vorgabe in Nr. 2.2 VV-BHO zu § 53 BHO in Billigkeitsrichtlinien geregelt, die in die Verwaltungsvereinbarungen des Bundes mit den einzelnen Bundesländern eingeflossen bzw. ihnen angehängt sind,
31vgl. hinsichtlich der Novemberhilfe den Auszug aus den Vollzugshinweisen für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen (Anlage zur Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern), abrufbar unter: https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/Content/Downloads/vollzugshinweise-novemberhilfe.pdf?__blob=publicationFile&v=5,
32und in Nordrhein-Westfalen sodann in eigene Förderrichtlinien in Form ministerieller Erlasse als besondere Verwaltungsvorschriften überführt worden sind, die im Übrigen weitestgehend inhaltsgleich zu den vom Bund erlassenen Vollzugshinweisen sind.
33Nach Buchstabe A Ziffer 1 der als Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie Nordrhein-Westfalen – V A 3 – 81.11.18.08 – vom 25. November 2020 erlassenen Richtlinien des Landes zu außerordentlichen Wirtschaftshilfen bei Corona-bedingten Betriebsschließungen bzw. -einschränkungen (“Außerordentliche Wirtschaftshilfe NRW“) in der aktualisierten und im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung vom 14. März 2022 (im Folgenden: FRL AWH) gewährt das Land die Novemberhilfe im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel aufgrund pflichtgemäßen Ermessens in Form einer Billigkeitsleistung gemäß § 53 BHO bzw. der Landeshaushaltsordnung als freiwillige Zahlung, auf die kein Rechtsanspruch besteht.
34Die FRL AWH begründen damit vom Ansatz her keinen gebundenen Anspruch auf eine Billigkeitsleistung in bestimmter Höhe, sondern es besteht zusammen mit § 40 VwVfG NRW, wonach die Behörde, wenn sie ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten hat, ein Anspruch eines jeden Antragstellers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde über dessen Antrag. Dabei ist gemäß § 114 S. 1 VwGO die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung beschränkt, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
35Im Rahmen des behördlich auszuübenden Ermessens kommt den FRL AWH, bei denen es sich nicht um eine Rechtsnorm, d.h. nicht um einen Rechtssatz mit Außenwirkung, sondern um eine (bloße) interne Verwaltungsvorschrift handelt, die Funktion zu, für die Verteilung der Fördermittel einheitliche Maßstäbe zu setzen und dadurch das Ermessen der Bewilligungsbehörde intern zu binden und zu steuern. Als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften unterliegen derartige Förderrichtlinien auch keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen. Entscheidend ist vielmehr, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Ablehnungsbescheides in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebunden sind. Durch den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist die Bewilligungsbehörde nämlich in ihrem rechtlichen Verhältnis zum Förderempfänger – abgesehen von den sonstigen gesetzlichen Grenzen des Verwaltungshandelns – gebunden. Wenn sich die Behörde an die Förderrichtlinien hält, ist sie daher durch das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe im Einzelfall eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften dürfen nur für den Regelfall gelten und müssen daher Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle lassen. Weicht die Behörde hingegen generell von den maßgeblichen Förderrichtlinien ab, so verlieren diese insoweit ihre ermessensbindende Wirkung. Ob das Verwaltungshandeln in einem solchen Fall mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis.
36Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 1979 – 3 C 111.79 –, juris, Rn. 24 f., vom 17. Januar 1996 – 11 C 5.95 –, juris, Rn. 21, vom 25. April 2012 – 8 C 18.11 –, juris, Rn. 31 f. und vom 16. Juni 2015 – 10 C 15.14 –, juris, Rn. 24 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Mai 2017 – 4 A 516/15 –, juris, Rn. 30, vom 14. September 2023 – 4 B 547/23 –, juris, Rn. 9 ff. und vom 7. November 2023 – 1 A 1632/21 –, juris, Rn. 21; VG Würzburg, Urteil vom 3. Juli 2023 – W 8 K 23.52 –, juris, Rn. 25 ff., 32; VG Düsseldorf, Urteil vom 15. Dezember 2022 – 16 K 2067/22 –, juris, Rn. 19 ff.
37Zur Feststellung der tatsächlich geübten Verwaltungspraxis kann dabei neben den FRL AWH ergänzend auf öffentliche Verlautbarungen der Bewilligungsbehörde, der dieser übergeordneten Landesbehörde oder der aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung in die Förderung eingebundenen zuständigen Bundesbehörde zurückgegriffen werden, wenn diese Aufschluss über die tatsächlich geübte Verwaltungspraxis geben. Relevant sind insoweit namentlich die gemeinsam vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesministerium der Finanzen veröffentlichten Frequently Asked Questions zur „Novemberhilfe“ und „Dezemberhilfe“ (im Folgenden: FAQs).
38Abrufbar unter: https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/DE/FAQ/NhDh/novemberhilfe-und-dezemberhilfe.html; vgl. so auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 3. Dezember 2021 – 19 K 2760/20 –, juris, Rn. 38; VG Halle (Saale), Urteil vom 25. April 2022 – 4 A 28/22 –, juris, Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 15. Dezember 2022 – 16 K 2067/22 –, juris, Rn. 23 ff.
39Eine generelle Grenze bei der Anwendung der FRL AWH bildet dabei das Willkürverbot. Steht es der Behörde grundsätzlich frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden, kann eine Verletzung des Willkürverbots lediglich dann angenommen werden, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen. Unerheblich ist dagegen, ob es zur festgestellten Verwaltungspraxis Alternativen gibt, für die gute oder sogar bessere Gründe sprechen könnten.
40Vgl. VG Köln, Gerichtsbescheid vom 17. August 2015 – 16 K 6804/14 –, juris, Rn. 50; VG Würzburg, Urteile vom 26. Juli 2021 – W 8 K 20.2031 –, juris, Rn. 23 und vom 3. Juli 2023 – W 8 K 23.52 –, juris, Rn. 90; VG Düsseldorf, Urteil vom 15. Dezember 2022 – 16 K 2067/22 –, juris, Rn. 28.
41Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung der Voraussetzungen der Gewährung der Dezemberhilfe ist nicht der Zeitpunkt der Antragstellung im Verwaltungsverfahren bei der Behörde und auch nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dem materiellen Recht folgend, das hier vor allem durch die FRL AWH und deren Anwendung durch den Beklagten in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist vielmehr auf den Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides abzustellen, sodass – abgesehen von vertiefenden Erläuterungen – ein neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren grundsätzlich keine Relevanz hat.
42Vgl. VG München, Beschluss vom 25. Juni 2020 – M 31 K 20.2261 –, juris, Rn. 19; VG Aachen, Urteil vom 21. November 2022 – 7 K 2197/20 –, juris, Rn. 34; VG Würzburg, Urteile vom 13. Februar 2023 – W 8 K 22.1507 –, juris, Rn. 30 und vom 9. Oktober 2023 – W 8 K 23.422 –, juris, Rn. 33 jeweils m.w.N.
43Diese Maßstäbe zugrunde gelegt wurde der Antrag des Klägers vom 14. Dezember 2020 mit Ziffer 1 des Bescheides der Bezirksregierung Düsseldorf vom 27. Oktober 2023 zu Recht abgelehnt. Die Versagung der Bewilligung der Novemberhilfe zugunsten des Klägers ist im Rahmen einer von dem Beklagten geübten Verwaltungspraxis ergangen (dazu unter a.). Ein atypischer Einzelfall, der es unter Beachtung von Art. 3 Abs. 1 GG geboten hätte, vorliegend von der geübten Verwaltungspraxis abzuweichen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich (dazu unter b.). Die Verwaltungspraxis erweist sich auch nicht als willkürlich (dazu unter c.).
44a. Nach der für das Gericht erkennbaren Verwaltungspraxis fehlt es für die Bewilligung einer Novemberhilfe zugunsten des Klägers (jedenfalls) an dem erforderlichen Nachweis eines Beschäftigten.
45Entsprechend der in Buchstabe A Ziffer 3 Abs. 1 FRL AWH antizipierten Verwaltungspraxis des Beklagten können – sofern weitere Voraussetzungen erfüllt sind –, Unternehmen einschließlich Sozialunternehmen (gemeinnützige Unternehmen) sowie Soloselbstständige und selbstständige Angehörige der Freien Berufe im Haupterwerb antragsberechtigt sein. Als Unternehmen in diesem Sinne gilt jede rechtlich selbstständige Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform, die wirtschaftlich am Markt tätig ist und zumindest einen Beschäftigten hat, inklusive öffentlicher Unternehmen, vgl. Buchstabe A Ziffer 2 Abs. 2 S. 1 FRL AWH. Als Beschäftigter gilt, wer zum 29. Februar 2020 bei dem Antragsteller beschäftigt ist. Ehrenamtliche werden dabei nicht berücksichtigt, vgl. Buchstabe A Ziffer 2 Abs. 6 S. 1 und S. 4 und Ziffer 2.5 und Ziffer 2.6 der FAQs. Unter den Begriff des Unternehmens können insoweit auch Vereine fallen, vgl. so auch Ziffer 1.1 der FAQs.
46Der Kläger ist als nichtgemeinnütziger Verein vorliegend unstreitig wirtschaftlich am Markt tätig. Der Nachweis über einen Beschäftigten im Sinne der Förderpraxis zur Begründung der Antragsberechtigung wurde im Antragsverfahren jedoch nicht geführt. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat der Kläger selbst mehrfach vorgetragen, dass für ihn Personen lediglich ehrenamtlich tätig sind.
47Der Kläger als Unternehmen konnte seine Antragsberechtigung vorliegend auch nicht mithilfe des Merkmals des Haupterwerbs anstatt eines Beschäftigtennachweises führen. Im Falle von Soloselbstständigen oder auch Ein-Personen-Gesellschaften ist eine Antragsberechtigung trotz fehlender (weiterer) Beschäftigter möglich, soweit die wirtschaftliche Tätigkeit durch den Selbstständigen bzw. den einzigen Anteilsinhaber als sozialversicherungsfreier Geschäftsführer im Haupterwerb ausgeführt wird. Haupterwerb im Sinne der geltenden Verwaltungspraxis bedeutet wiederum, dass die Summe ihrer Einkünfte im Jahr 2019 zu mindestens 51 % aus ihrer gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit erzielt werden. Diese Verwaltungspraxis ist auf den vorliegenden Fall bereits seinem Ansatz nach nicht übertragbar, denn entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nach der Förderpraxis nicht darauf an, dass er selbst als Verein 93,6 % seiner Betriebseinnahmen durch seine wirtschaftliche Tätigkeit im Brauchtum im Jahr 2019 generierte. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Tätigkeit einer natürlichen Person für ein Unternehmen – in diesem Fall für den Kläger – als eine Tätigkeit dieser Person im Haupterwerb im Sinne der vorgenannten Förderpraxis zu qualifizieren ist.
48b. Im konkreten Fall ergaben sich für den Beklagten auch keine sachlichen Gründe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG, die es geboten hätten, von der beschriebenen Verwaltungspraxis abzuweichen. Gründe für die Annahme eines atypischen Sonderfalls ergeben sich weder mit Blick auf den geltend gemachten Umfang der ehrenamtlichen Tätigkeit (dazu unter aa.) noch aus der Bewilligung der Dezemberhilfe oder dem Vergleich zu anderen Förderprogrammen (dazu unter bb.).
49aa. Ein atypischer Ausnahmefall liegt entgegen der Auffassung des Klägers nicht etwa deshalb vor, weil Mitglieder des Vorstandes sich in einem Umfang engagieren, der der Stundenzahl nach einer Beschäftigung entsprechen könnte. Dieser Umstand wird dem Zweck der Förderung entsprechend in der geltenden Verwaltungspraxis berücksichtigt. Es kommt nämlich gerade nicht darauf an, in welchem Umfang eine Person für ein Unternehmen überhaupt tätig wird. Durch die pauschale Ausklammerung von Ehrenamtlichen aus der Betrachtung, ob ein Unternehmen Beschäftigte im Sinne der Förderpraxis hat, wird deutlich, dass der Umfang der Tätigkeit von ehrenamtlich engagierten Personen gerade nicht berücksichtigt werden soll. Vor dem Hintergrund kann jedoch im Umkehrschluss im vorliegenden Fall eine Abweichung von der geübten Förderpraxis nicht aufgrund einer vermeintlichen atypischen Sachverhaltskonstellation mit eben diesem Argument begründet werden. Vielmehr ist nach der Verwaltungspraxis in einem ersten Schritt maßgeblich, ob überhaupt eine Beschäftigung außerhalb eines ehrenamtlichen Engagements ausgeübt wird. Erst wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, wird der zeitliche Umfang einer Beschäftigung mithilfe verschiedener Faktoren nach der geltenden Verwaltungspraxis des Beklagten in Vollzeitäquivalente umgerechnet, vgl. Buchstabe A Ziffer 2 Abs. 6 S. 2 FRL AWH.
50bb. Auch aus dem positiv beschiedenen Antrag des Klägers zur Bewilligung einer Dezemberhilfe ergibt sich kein Anspruch auf Gleichbehandlung infolge einer Selbstbindung der Verwaltung. Denn zum einen gibt eine eventuelle fehlerhafte Förderung in der Vergangenheit keinen Anspruch auf Fehlerwiederholung, sondern ist gegebenenfalls ihrerseits zu revidieren.
51Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 4. Dezember 2023 – 22. ZB.2621 –, juris, Rn. 16.
52Zum anderen bindet sich der Beklagte nur im Rahmen der konkreten landesrechtlichen Vorgaben und der konkreten Förderprogramme im jeweiligen Förderzeitraum. Darüber hinaus ist es dem Beklagten ohnehin unbenommen, seine Praxis zu ändern.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. März 2021 – 14 A 1131/18 –, juris, Rn. 53; VG Würzburg, Urteil vom 5. Februar 2024 – W 8 K 23.878 –, juris, Rn. 123.
54Vor diesem Hintergrund hat auch eine von dem Beklagten gewählte Förderpraxis im Rahmen der Gewährung einer Überbrückungshilfe III keine Auswirkungen auf die Bewilligung einer Novemberhilfe. Dass entsprechend der Förderrichtlinie zur Bewilligung einer Überbrückungshilfe III und ausweislich der FAQs ein gemeinnütziges Unternehmen Ehrenamtliche als Beschäftigte berücksichtigen kann, dürfte insoweit lediglich eine Änderung der Förderpraxis im Rahmen der verschiedenen Programme zur Bewilligung einer Überbrückungshilfe nahelegen. Ausweislich der Förderrichtlinie zur Bewilligung einer Überbrückungshilfe II – als vorheriges Förderprogramm – dürften insoweit ehrenamtlich Tätige wohl ebenfalls nicht berücksichtigt worden sein.
55c. Letztlich ergeben sich für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der FRL AWH und der darauf aufbauenden Verwaltungspraxis aus Sicht der Einzelrichterin keine Anhaltspunkte.
56Nach der Willkür-Formel des Bundesverfassungsgerichts ist Willkür dann anzunehmen, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt.
57Vgl. BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1951 – 2 BvG 1/51 –, BVerfGE 1, 14-66, juris, Rn. 139 und Beschluss vom 19. Oktober 1982 – 1 BvL 39/80 –, BVerfGE 61, 138-149, juris, 34.
58Es ist dabei auch in der vorliegenden Subventionssituation allein Sache des Richtlinien- bzw. Zuwendungsgebers, den Kreis der Antragsberechtigten und den Kreis der förderfähigen Aufwendungen nach seinem eigenen autonomen Verständnis festzulegen. Dabei steht es dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben, im vorliegenden Fall insbesondere eine Beschäftigung außerhalb des Ehrenamtes für ein Unternehmen zu fordern. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt – auch bei Corona-Beihilfen – mithin nur dann von, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten. Dagegen stehen dem Zuwendungsgeber sachbezogene Argumente in weitem Umfang zu Gebote.
59Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. März 2021 – 14 A 1131/18 –, juris, Rn. 44; VG Köln, Gerichtsbescheid vom 17. August 2015 – 16 K 6804/14 –, juris, Rn. 50; VG Würzburg, Urteile vom 29. März 2021 – W 8 K 20.1574 –, juris, Rn. 32 und vom 3. Juli 2023 – W 8 K 23.52 –, juris, Rn. 90; VG Düsseldorf, Urteil vom 15. Dezember 2022 – 16 K 2067/22 –, juris, Rn. 28.
60Aus Sicht der Einzelrichterin stellt es sich gerade nicht als willkürlich dar, ehrenamtlich Tätige nicht als Beschäftigte eines Unternehmens zu berücksichtigten (dazu unter aa.). Eine sachlich nicht gerechtfertigte Verwaltungspraxis besteht insoweit auch nicht im Vergleich zu der Förderpraxis von Soloselbstständigen oder einer Ein-Personen-GmbH (dazu unter bb.).
61aa. Eine Sachbezogenheit der im konkreten Fall in Rede stehenden Verwaltungspraxis ergibt sich insbesondere vor dem Hintergrund des verfolgten Zwecks der finanziellen Unterstützung von Unternehmen im Rahmen der Bewilligung von Novemberhilfe. Nach Buchstabe A Ziffer 1 Abs. 1 FRL AWH sollen diejenigen Unternehmen gefördert werden, die erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Corona-Pandemie erlitten haben. Durch Zahlungen als Beitrag zur Kompensation ihres Umsatzausfalls soll ihre wirtschaftliche Existenz gesichert werden. Dieser verfolgte Zweck kann bei einer Verwaltungspraxis zur Verteilung von begrenzt zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln nur erreicht werden, wenn auch der Kreis der Zuwendungsempfänger im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden und sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte beschränkt wird und eine Zugangsschwelle für eine Antragsberechtigung eines Unternehmens, wie vorliegend in Buchstabe A Ziffer 2 Abs. 6 FRL AWH beschrieben, etabliert wird.
62Die Krisenpolitik in Form der Gewährung verschiedener Corona-Hilfen zielte aus wirtschaftspolitischer Sicht auf die Erhaltung der Struktur und Substanz der Volkswirtschaft ab.
63Vgl. Überblickspapier Corona-Hilfen Rückblick – Bilanz – Lessons Learned des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 27. Juni 2022, S. 14.
64Die Substanz einer Volkswirtschaft wird zu einem maßgeblichen Teil dadurch erhalten, dass diejenigen Arbeitsplätze bestehen bleiben können, die zur finanziellen Sicherung des Lebensunterhaltes einzelner Bürger beitragen und damit die Kaufkraft privater Haushalte sichern. Es ging um die Abwendung derjenigen Insolvenzen, die die Existenzgrundlage der Bürger betreffen würden. Angesichts der massiven Einschränkungen des Wirtschaftslebens aufgrund von „Lockdowns“, gerade auch im November und Dezember 2020, ist dieser Zweck und damit die Einschränkung der Antragsberechtigung unter Ausklammerung solcher Unternehmen, die ausschließlich durch ehrenamtlich Tätige geführt werden, sachlich gerechtfertigt. Denn ihren Lebensunterhalt finanzieren die Mitglieder des Klägers auf eine andere Weise bzw. durch eine andere Tätigkeit. Dass es zu einer Verknüpfung des Engagements von Vorstands- und anderen Vereinsmitgliedern für den Kläger und ihren im Alltag beruflich ausgeübten Erwerbstätigkeiten kommt, führt nach der geübten Verwaltungspraxis ebenfalls nicht zu einer Antragsberechtigung des Klägers. Vielmehr würde sich in einem solchen Fall die Frage stellen, ob nicht die Unternehmen, für die die Mitglieder beruflich im Alltag tätig werden, antragsberechtigt sind.
65In dem vorliegenden Masseverfahren ist es zudem sachlich gerechtfertigt, ein formelles Kriterium wie die Frage nach einem (entgeltlichen) Beschäftigungsverhältnis als maßgebliche Voraussetzung für eine Antragsberechtigung heranzuziehen. Es kommt vor dem Hintergrund des dargestellten Zwecks nicht darauf an, in welchem Umfang eine Person für ein Unternehmen tätig wird, sondern vielmehr ob dieses Tätigwerden im Zuge einer Erwerbstätigkeit erfolgt oder nicht.
66bb. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Verwaltungspraxis des Beklagten auch nicht im Vergleich zu der Antragsberechtigung von Soloselbstständigen als willkürlich dar. Denn auch nach den Anspruchsvoraussetzungen für Soloselbstständige setzt die Bewilligung der Novemberhilfe eine Tätigkeit voraus, die überwiegend zur Sicherung des Lebensunterhalts beiträgt. Notwendige Voraussetzung für die Antragsberechtigung ist nach der geltenden Verwaltungspraxis nämlich – wie bereits dargelegt –, dass ein Soloselbstständiger seine Corona-bedingt eingeschränkte Tätigkeit im Haupterwerb ausübt, d.h. er erzielt die Summe seiner Einkünfte im Jahr 2019 zu mindestens 51 % aus seiner gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit, vgl. Buchstabe A Ziffer 2 Abs. 1, Ziffer 1.1 der FAQs. Dies zugrunde gelegt ist die unterschiedliche Behandlung der vorliegenden Fallkonstellation und derjenigen eines Soloselbstständigen vor dem Hintergrund der zuvor genannten wirtschaftspolitischen Argumentation sachlich gerechtfertigt.
672. Die Festsetzung in Ziffer 4 des Bescheides der Bezirksregierung Düsseldorf vom 27. Oktober 2023 beruht auf § 49a Abs. 1 VwVfG NRW, der aufgrund derselben Interessenlage zu den gesetzlich benannten Fällen entsprechend anzuwenden ist, wenn ein Verwaltungsakt, der – wie hier die ausdrücklich unter dem Vorbehalt der endgültigen Prüfung ergangenen Bewilligungsbescheide vom 14. Dezember 2020 und 20. Juni 2022 – eine Zuwendung zunächst nur vorläufig bewilligt hat, rückwirkend durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt wird, ohne dass es hierzu einer – vorliegend nur klarstellend erfolgten – Aufhebung dieser Bewilligung bedarf (vgl. Ziffern 2 und 3 des Bescheides).
68Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 – 3 C 7.09 –, juris, Rn. 16 und 24; OVG NRW, Urteil vom 17. März 2023 – 4 A 1987/22 –, juris, Rn. 135 m.w.N.
69Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO
70Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 S. 1 und S. 1 ZPO.
71Rechtsmittelbelehrung
72Innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils kann bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf schriftlich beantragt werden, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster die Berufung zulässt. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
73Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster schriftlich einzureichen.
74Der Antrag ist zu stellen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
75Beschluss
76Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
7720.887,91 Euro
78festgesetzt.
79Gründe
80Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 27. November 2023 eine Verpflichtungsklage in Form der Vornahmeklage erhoben. In diesem Fall ist der Streitwert gemäß seines Antrags vom 14. Dezember 2020 auf Bewilligung einer Novemberhilfe in der beantragten Höhe zu beziffern.
81Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Dezember 2022 – 4 E 761/22 –, juris, Rn. 2.
82Rechtsmittelbelehrung
83Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der genannten Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.