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Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
2I.
3Der im Jahr 0000 geborene Antragsteller ist seit dem Jahr 0000 Landrat des Kreises I..
4Er hat angekündigt, sich bei der im September 2025 anstehenden nächsten nordrhein-westfälischen Kommunalwahl nicht mehr als Landrat zur Wahl zu stellen; zum 1. November 2025 werde er in den Ruhestand eintreten.
5Anfang des Jahres 2024 leitete die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ein – derzeit noch laufendes – Ermittlungsverfahren ein (Az: 52 Js 9/20). Diesem liegt der Verdacht zugrunde, dass ein Netzwerk insbesondere aus Rechtsanwälten und in der öffentlichen Verwaltung beschäftigten Personen ausländischen Staatsbürgern – insbesondere Personen mit chinesischer Staatsangehörigkeit oder arabischer Volkszugehörigkeit – gegen Entgelt zur Erlangung von Aufenthaltstiteln in der Bundesrepublik Deutschland verholfen hat, ohne dass die rechtlichen Voraussetzungen für deren Erteilung vorlagen (sogenannte „Schleuseraffäre“). Im Zuge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurden am 17. April 2024 erstmalig die Räumlichkeiten der Kreisverwaltung I. durchsucht und diverse Gegenstände beschlagnahmt.
6Im Mai 2024 erfuhr der Antragsteller, dass die Staatsanwaltschaft Düsseldorf auch gegen ihn wegen des Anfangsverdachts des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern sowie der Bestechlichkeit als Beschuldigten ermittelt. Daraufhin beantragte er gegenüber der Bezirksregierung Köln mit Schreiben vom 27. Mai 2024 die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen seine Person gemäß § 18 Abs. 1 LDG NRW.
7Mit Verfügung vom 7. Juni 2024 leitete die Bezirksregierung Köln gemäß § 17 Abs. 1 LDG NRW ein Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller ein. Der Antragsteller sei hinreichend verdächtig, durch Verletzung seiner aus §§ 34 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3, 36 Abs. 1, 42 Abs. 1 BeamtStG folgenden beamtenrechtlichen Verpflichtungen (Pflicht zur Uneigennützigkeit, Wohlverhaltenspflicht, Verantwortung für die Rechtmäßigkeit dienstlicher Handlungen, Verbot der Vorteilsannahme) ein Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen zu haben. Zugleich setzte die Bezirksregierung Köln das Disziplinarverfahren gemäß § 22 Abs. 2 LDG NRW unter Hinweis auf das laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren aus.
8Mit Verfügung vom 8. November 2024, welche dem Antragsteller an demselben Tag zugestellt wurde, enthob die Bezirksregierung Köln diesen gemäß § 38 Abs. 1 LDG NRW vorläufig des Dienstes und hörte ihn zu ihrer Absicht an, gemäß § 38 Abs. 2 LDG NRW die Einbehaltung eines Teils seiner Dienstbezüge anzuordnen. Zur Begründung der vorläufigen Dienstenthebung führte die Bezirksregierung Köln aus: Einer vorherigen Anhörung des Antragstellers habe es gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW wegen des Vorliegens von Gefahr im Verzug sowie im öffentlichen Interesse nicht bedurft. Es habe gewährleistet werden müssen, dass der Antragsteller keine Gelegenheit zu weiteren, potentiell letztmöglichen Verschleierungs- sowie Beeinflussungshandlungen in Bezug auf die staatsanwaltschaftlichen und die disziplinarischen Ermittlungen erhalte. Das Fortbestehen von Verdunkelungsgefahr müsse zur Sicherung des Untersuchungszwecks, aber auch zur Wahrung des Ansehens der öffentlichen Verwaltung ausgeschlossen werden. Aufgrund der Tragweite der erhobenen Vorwürfe sowie des Umstandes, dass noch in einem weiteren, bei der Staatsanwaltschaft Aachen geführten Verfahren gegen den Antragsteller ermittelt werde (Az.: 302 Js 761/24), widerspräche es dem öffentlichen Interesse, diesen weiterhin im Dienst zu belassen. Insbesondere könne die Wahrnehmung repräsentativer Termine durch diesen nicht mehr in Kauf genommen werden, weshalb die Dienstenthebung sofort zu erfolgen habe. Abgesehen hiervon habe der Antragsteller bereits seit Erhalt der Einleitungsverfügung vom 7. Juni 2024 Gelegenheit gehabt, sich insgesamt zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen zu äußern, sodass der Verzicht auf eine Anhörung auch nicht unverhältnismäßig erscheine.
9Die vorläufige Dienstenthebung sei auch materiell rechtmäßig.
10Zum einen lägen die Voraussetzungen gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW vor: Der Antragsteller werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Strafverfahren wegen des bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern sowie der Bestechlichkeit verurteilt werden; aufgrund der Schwere des damit einhergehenden Dienstvergehens sei es höchstwahrscheinlich, dass eine solche Verurteilung zu seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen werde. Bereits nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen bestünden zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller die Erschleichung von Aufenthaltserlaubnissen durch ausländische Staatsangehörige zumindest erleichtert habe. Der Hauptbeschuldigte des Strafverfahrens, Herr Rechtsanwalt Z., habe den Antragsteller in seiner geständigen Einlassung als „treibende Kraft im Kreis I. bei der Ermöglichung der Aufenthaltserlaubnisse“ bezeichnet. Der weiterhin beschuldigte Herr T., welcher zuletzt das Referat für Wandel und Entwicklung des Kreises I. leitete, habe in seiner geständigen Einlassung angegeben, der Antragsteller habe „die Haltung der Verwaltung organisiert, u.(a.) in Gesprächen mit Mitarbeitenden des Ausländeramtes in [seinem] Büro“. Dem Antragsteller, welcher mit Herrn Z. und Herrn T. nachweislich viermal nach China gereist sei, um für Investitionen und Migration in den Kreis I. zu werben, sei nach deren Angaben bekannt gewesen, dass Aufenthaltserlaubnisse unter der Verwendung von Scheinwohnsitzen erteilt worden seien. Hierbei habe der Antragsteller es unterlassen, „korrigierend“ auf das Ausländeramt seines Kreises einzuwirken. Nach den Einlassungen des Herrn Z. habe der Antragsteller für seine Unterstützung Vorteile in Gestalt von Flugmeilen sowie finanzielle Zuwendungen für den Fußball-Regionalligisten FC I. e.V., dessen Präsident der Antragsteller ist, erhalten. Herr T. habe sich dergestalt eingelassen, dass der Antragsteller die Teilnahme an der vierten Chinareise im Jahr 2023 davon abhängig gemacht habe, dass er Geld für den FC I. e.V. erhalte, woraufhin dem Verein durch einen Investor ein zinsfreies Darlehen ohne Sicherungsmittel und Rückzahlungsziel in Höhe 250.000,00 € gewährt worden sei. Durch sein kollusives Zusammenwirken mit Herrn Z. und Herrn T. habe sich der Antragsteller einer bandenmäßigen Begehung schuldig gemacht. Zudem bestehe der Verdacht der Bestechlichkeit. Mit Blick auf den gesetzlichen Strafrahmen der dem Antragsteller zur Last gelegten Delikte reiche der disziplinarrechtliche Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Dieser Orientierungsrahmen dürfte auch auszuschöpfen sein, zumal den Antragsteller erheblich belaste, dass er das vorgeworfene Verhalten wiederholt über einen längeren Zeitraum an den Tag gelegt habe; erschwerend seien überdies seine besondere Stellung als Landrat und die Belastung des Kreises sowie dessen Mitarbeiter durch seine Taten zu berücksichtigen. Maßgebliche, den Antragsteller entlastende Umstände seien hingegen nicht ersichtlich.
11Zum anderen lägen auch die Voraussetzungen einer vorläufigen Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW vor, denn ein Verbleib des Antragstellers im Dienst würde sowohl den Dienstbetrieb als auch die disziplinarischen Ermittlungen wesentlich beeinträchtigen. Zunächst erfordere die Sicherung eines geordneten Dienstbetriebes die Suspendierung des Antragstellers: Zu den Aufgaben des Kreises I. gehörten die Unterstützung der bei der Bezirksregierung Köln geführten vier Disziplinarverfahren gegen Kreisbeamte im Zusammenhang mit dem „Schleuserkomplex“, die arbeitsrechtliche Aufarbeitung der Beteiligung weiterer im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren beschuldigter Kreisbeschäftigter, die Aufarbeitung der insoweit betroffenen ausländerrechtlichen Vorgänge für die Fachaufsichtsbehörde und die dortige Bearbeitung von kommunalaufsichtlichen Verfahren der Rechtsaufsichtsbehörde. Bei Letzterer seien zahlreiche Beschwerden über den Kreis I. eingegangen, die sich noch in Bearbeitung befänden. Es bestehe die begründete Gefahr, dass der Verbleib des Antragstellers im Dienst eine neutrale, ergebnisoffene, zweckmäßige und wahrheitsgetreue Bearbeitung dieser Verfahren behindere, wenn nicht sogar verhindere. Hierfür spreche die eigene Verstrickung des Antragstellers in den „Schleuserkomplex“. Dieser habe nachweislich nach Bekanntwerden seiner Beschuldigtenstellung im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren auf die internen Ermittlungen des Kreises Einfluss genommen. Mitarbeitende hätten vermutlich aus Loyalität ihm gegenüber bei der Staatsanwaltschaft nachweislich Falschaussagen getroffen (Frau G.) oder aber ihn unter Verstoß gegen die Wahrheitspflicht gegenüber der Bezirksregierung Köln an den internen Ermittlungen beteiligt und dies verschwiegen (Herr P. und Herr R.). Zudem sei seit Bekanntwerden der Verstrickung des Kreises I. in den „Schleuserkomplex“ der Betriebsfrieden nachhaltig gestört. Kreismitarbeitende seien dem Antragsteller gegenüber misstrauisch eingestellt (z.B. Frau B.). Seine Führung biete nach allem keine Gewähr dafür, dass seine Mitarbeitenden die Rechtmäßigkeit ihrer Aufgabenerfüllung als oberste Priorität ansähen. Abgesehen hiervon sei aufgrund der umfangreichen medialen Berichterstattung über die Rolle des Antragstellers im „Schleuserkomplex“ das Ansehen des Kreises I. in der öffentlichen Wahrnehmung stark beschädigt. In der öffentlichen Meinung erscheine dessen unlautere Beteiligung bereits als erwiesen. Insbesondere sei der Inhalt der geständigen Einlassung des Herrn T., welcher den Antragsteller schwer belastet habe, dem D. Stadtanzeiger bekannt geworden und Gegenstand eines Zeitungsartikels vom 2. August 2024 geworden. In diesem Artikel werde aus der Einlassung des Herrn T. zitiert, dass die Chinareisen sehr opulent ausgefallen seien. So seien die Reiseteilnehmer beispielsweise mit einem Rolls-Royce chauffiert worden. In einer ergänzenden Stellungnahme des Herrn T., welche der Presse wohl bislang nicht vorliege, berichte dieser zudem, dass die Reiseteilnehmer Rotlicht-Etablissements besucht hätten. Die Öffentlichkeit dürfte für eine solche Reisegestaltung – abgesehen von deren Zweck auch hinsichtlich der Kosten – kein Verständnis aufbringen. Darüber hinaus bestehe der Verdacht, dass der Antragsteller seine Amtsstellung dafür einsetzen werde, seine Beteiligung am „Schleuserkomplex“ zu verschleiern. Dieser liege zum einen darin begründet, dass der Antragsteller nachweislich auf die diesbezüglichen internen Ermittlungen des Kreises eingewirkt habe. Zum anderen habe er vermutlich durch Führen von Gesprächen mit Herrn Z. und Mitarbeitern des Ausländeramtes in seinem Büro in die Antragssachbearbeitung der Ausländerbehörde eingegriffen. Schließlich sei bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf ein anonymer Hinweis eingegangen, nach welchem der Antragsteller Mitarbeitende der Ausländerbehörde des Kreises nach der Verhaftung von Herrn T. angewiesen habe, nach Feierabend „verdächtige“ Unterlagen zu vernichten.
12Da im Disziplinarverfahren – wie ausgeführt – voraussichtlich auf die Entfernung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden werde, seien im Hinblick auf dessen vorläufige Dienstenthebung keine besonderen Anforderungen an die Interessenabwägung zu stellen. Für die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung sprächen nichtdestotrotz neben der besonderen Schwere des dem Antragsteller vorgeworfenen Dienstvergehens, der Sicherung des geordneten Dienstbetriebes, des Betriebsfriedens und der Verhinderung von Verschleierungshandlungen vor allem der ganz immense Vertrauensverlust der Öffentlichkeit in den Antragsteller sowie in die öffentliche Verwaltung insgesamt und seine machtvolle sowie repräsentative Amtsstellung als Landrat und zugleich Kreispolizeibehörde. Besondere nachteilige Wirkungen gingen von der vorläufigen Dienstenthebung für den Antragsteller nicht aus. Angesichts seiner Ankündigung, bei der nächsten Kommunalwahl nicht erneut als Landrat kandidieren zu wollen, sprächen für seinen Verbleib im Dienst weder der Verlust seiner beruflichen Fähigkeiten noch die Gefahr, dass seine Wiederwahl aufgrund einer zu Unrecht erfolgten vorläufigen Dienstenthebung verhindert werde.
13Mit Verfügung vom 3. Dezember 2024 teilte die Bezirksregierung Köln dem Antragsteller mit, dass sie das Disziplinarverfahren am 29. November 2024 gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW ausgedehnt habe. Es bestehe der Verdacht, dass der Antragsteller im Rahmen der Ausübung von insgesamt 32 – in der Verfügung näher benannten – Gremientätigkeiten inner- sowie außerhalb des öffentlichen Dienstes gegen die Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts sowie seine aus §§ 34 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3, 36 Abs. 1 sowie 42 BeamtStG folgenden beamtenrechtlichen Verpflichtungen verstoßen habe. So habe er für keine der Tätigkeiten eine Genehmigung beantragt. Im Hinblick auf 23 der benannten Gremien sei seine Tätigkeit überdies seinem Hauptamt zuzuordnen, so dass eine Einordnung als Nebentätigkeit ausscheide. In diesen Fällen bestehe der Verdacht, dass der Antragsteller Vergütungen erhalten und diese entgegen § 58 LBG NRW nicht an seinen Dienstherrn abgeführt habe. Vor diesem Hintergrund werde das Disziplinarverfahren nunmehr fortgesetzt.
14Der Antragsteller hat am 22. November 2024 den vorliegenden Antrag auf Aussetzung seiner vorläufigen Dienstenthebung gestellt. Zur Begründung führt er zunächst aus: Die vorläufige Dienstenthebung sei bereits formell rechtswidrig, weil er im Vorfeld ihres Erlasses hätte angehört werden müssen. Die Voraussetzungen für einen Anhörungsverzicht gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW lägen nicht vor. Die von der Bezirksregierung Köln insoweit angeführten Argumente seien allenfalls – im Falle ihres Zutreffens – geeignet, ein Absehen von einer schriftlichen Anhörung mit einer mehrwöchigen oder mehrtägigen Äußerungsfrist zu rechtfertigen. Hingegen sei in keiner Weise ersichtlich, dass durch eine mündliche – gegebenenfalls sogar telefonische – Anhörung ein Zeitverlust zu besorgen gewesen wäre, der den Zweck der vorläufigen Dienstenthebung gefährdet hätte. Der Anhörungsverzicht sei überdies angesichts des langen Zuwartens der Bezirksregierung Köln zwischen der Einleitung des Disziplinarverfahrens und der vorläufigen Dienstenthebung nicht verständlich. Angesichts der zunächst erfolgten Aussetzung des Disziplinarverfahrens sei eine Stellungnahme durch ihn zu den erhobenen Vorwürfen nicht zu erwarten gewesen. Der im Anhörungsmangel liegende Verfahrensfehler sei nicht gemäß § 46 VwVfG NRW unbeachtlich, denn im Falle seiner Anhörung hätte die konkrete Möglichkeit der Herbeiführung einer anderslautenden Entscheidung bestanden.
15Überdies sei die vorläufige Dienstenthebung auch in materieller Hinsicht zu beanstanden, denn es lägen weder die Voraussetzungen gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW noch gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW vor.
16Es sei schon nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er die ihm zur Last gelegten Pflichtverletzungen begangen habe. Wie in seiner Einlassung gegenüber der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 7. November 2024 bereits ausgeführt, habe er – entgegen den Angaben von Herrn Z. und Herrn T. – zu keinem Zeitpunkt Kenntnis von einer etwaigen unrechtmäßigen Erteilung von Aufenthaltstiteln in seinem Kreis gehabt und an einem solchen Vorgehen auch in keiner Weise mitgewirkt. Finanzielle Zuwendungen für sich oder den FC I. e.V., die mit seiner Amtsstellung als Landrat in Verbindung stünden, habe er zu keinem Zeitpunkt gefordert, sich versprechen lassen oder erhalten. Auch habe es keine Übertragung von Flugmeilen gegeben. Der Abschluss des Darlehensvertrages zugunsten des FC I. e.V. habe nicht im Zusammenhang mit einer Chinareise, sondern mit einem Investitionsvorhaben auf dem Vereinsgrundstück (Projekt „Sportinternat und Performance-Center“) gestanden. Nach der Festnahme von Herrn T. habe er eine interne Untersuchung der fraglichen Ereignisse im Ausländeramt und der von Herrn T. betreuten Geschäftsvorgänge durch seinen allgemeinen Vertreter, Herrn P., veranlasst. Dieser habe mit der Durchführung der Ermittlungen wiederum Herrn R. und ein Team aus nicht in dem zu untersuchenden Bereich tätigen Mitarbeitern des Kreises I. beauftragt (sogenannte „Sondereinheit“). Nachdem ihm bekannt gegeben worden sei, dass sich die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen auch gegen ihn richteten, habe er sich aus den internen Ermittlungen zurückgezogen und deren eigenverantwortliche Leitung Herrn P. übertragen. Dieser habe in der Folge eigenständig sowohl die Mitglieder des Kreistages als auch ihn – den Antragsteller – über die im Rahmen der Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse informiert und ihm in diesem Rahmen auch Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Von dieser Gelegenheit habe er mit dem Ziel der Sachverhaltsaufklärung Gebrauch gemacht, wobei seine Angaben stets überprüft und nur im Falle ihres Zutreffens berücksichtigt worden seien. Eine darüber hinausgehende Einflussnahme durch ihn auf die Ermittlungen habe nicht stattgefunden; insbesondere habe er nicht in Kontakt mit Mitarbeitern des Ausländeramtes gestanden. Es erschließe sich weder, inwiefern die Zeugenaussage von Frau G. sich als Falschaussage erweise, noch, inwiefern Frau B. ihm gegenüber misstrauisch eingestellt sei und hierdurch der Dienstbetrieb beeinträchtigt werde. Mit beiden Personen habe er zu keinem Zeitpunkt persönlichen Kontakt gehabt. Frau B. habe im Hinblick auf eine von ihr am 17. April 2024 verfasste private Sprachnachricht im Nachhinein sowohl gegenüber der Staatsanwaltschaft als auch gegenüber dem Kreis die Unrichtigkeit ihrer Angaben eingeräumt. Dem Vorwurf einer opulenten Gestaltung der Chinareisen trete er entgegen. Eine etwaige negative Medienberichterstattung über seine Person gehe nicht auf sein Verhalten zurück, sondern beruhe auf den unwahren Äußerungen der Beschuldigten Herrn Z. und Herrn T.. Unwahr seien sowohl der Vorwurf, er habe in die Sachbearbeitung des Ausländeramtes eingegriffen, als auch der Inhalt des der Staatsanwaltschaft Düsseldorf zugegangenen anonymen Hinweises, er habe die Vernichtung von Unterlagen angeordnet. Auch werde durch die gegen ihn geführten Ermittlungen der Dienstbetrieb nicht beeinträchtigt. Die Zusammenarbeit mit allen Fraktionen des Kreistages habe sich bis zu seiner vorläufigen Dienstenthebung jederzeit konstruktiv und vertrauensvoll gestaltet. Es habe weder von Seiten des Kreistages noch – von einer einzelnen Ausnahme abgesehen – von Seiten der Bürger Misstrauens- oder Unmutsbekundungen gegen seine Person gegeben. Einladungen zu Veranstaltungen in repräsentativer Funktion seien ebenso wenig zurückgegangen wie die Zahl der Anfragen für die Übernahme von Schirmherrschaften. Dem bei der Staatsanwaltschaft Aachen gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren liege eine querulatorische Strafanzeige eines ehemals vom Kreis beauftragten Dienstleisters zugrunde; die dort erhobenen Vorwürfe seien haltlos und stünden mit der „hiesige(n) Angelegenheit“ in keinem Zusammenhang.
17Einer vorläufigen Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW stehe zudem sein Eintritt in den Ruhestand zum 1. November 2025 entgegen, denn § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW enthalte keine Ermächtigung für den Ausspruch einer vorläufigen Dienstenthebung im Falle der voraussichtlichen Aberkennung des Ruhegehalts. Es sei aufgrund des erheblichen Umfangs des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens zeitlich ausgeschlossen, dass das Disziplinarverfahren vor dem 1. November 2025 abgeschlossen sein werde.
18Eine vorläufige Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW scheide nach allem ebenfalls aus, weil eine Beeinträchtigung des Dienstbetriebes oder der Ermittlungen nicht zu erwarten und die Maßnahme überdies unverhältnismäßig sei. In der ihm eröffneten Gelegenheit zur Stellungnahme zu internen Ermittlungen liege keine unrechtmäßige Verfahrensbeeinträchtigung, sondern allein die Gewährung rechtlichen Gehörs. Eine Beeinflussung von Beschäftigten des Kreises I. durch ihn habe weder bislang stattgefunden noch sei sie künftig zu erwarten. Aus diesen Gründen scheide auch eine Störung des Betriebsfriedens aus. Dieser sei zudem durch die Einleitung des Disziplinarverfahrens in keiner Weise beeinträchtigt worden. Die negative Medienberichterstattung sei – wie ausgeführt – nicht auf ein vorwerfbares Verhalten seiner Person zurückzuführen und könne daher zur Begründung nicht herangezogen werden. Die Unverhältnismäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung folge auch daraus, dass aufgrund der derzeitigen Tatsachenlage nicht überwiegend wahrscheinlich sei, dass ihm disziplinarrechtlich mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge – oder überhaupt die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme – drohe.
19Der Antragsteller beantragt,
20die durch die Bezirksregierung Köln mit Verfügung vom 8. November 2024 angeordnete vorläufige Dienstenthebung auszusetzen.
21Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
22den Antrag abzulehnen.
23Zur Begründung führt der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung vom 9. Januar 2025 unter Wiederholung und Vertiefung seiner vorangegangenen Ausführungen im Wesentlichen ergänzend aus: Von einer Anhörung des Antragstellers sei auch deshalb zum Schutz der staatsanwaltschaftlichen sowie disziplinarischen Ermittlungen abzusehen gewesen, weil relevantes Beweismaterial in erster Linie in der Verfügungsgewalt des Kreises I. und somit des Antragstellers als Landrat stehe. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf und die Bezirksregierung Köln forderten auch derzeit noch laufend Akten vom Kreis I. an. Aufgrund der Komplexität und des Umfangs der „Schleuser-Ermittlungen“ sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass die Staatsanwaltschaft bereits alle potentiellen Beweismittel ausgemacht und beschlagnahmt habe. Dem Antragsteller sei es somit möglich gewesen, diese Beweismittel zu vernichten oder zu manipulieren. Hinzu komme, dass Mitarbeitende des Kreises, beispielsweise im Ausländeramt beschäftigte Personen, potentielle Belastungszeugen seien und der Antragsteller als deren Vorgesetzter auf diese erheblichen Druck habe ausüben können. Aufgrund seiner eigenen Verstrickung in den Sachverhalt sei davon auszugehen, dass er eine Schlüsselrolle bei den Verschleierungshandlungen eingenommen habe. Der potentielle Einwand, der Antragsteller habe Verdunkelungshandlungen bis zum Zeitpunkt seiner Dienstenthebung längst erledigen können, verfange nicht. Zum einen bestehe in einer ordentlichen Verwaltung nicht zu jedem Zeitpunkt Gelegenheit zur Manipulation von Unterlagen, so dass diese gegebenenfalls über einen längeren Zeitraum erfolgen müsse. Zum anderen stelle auch die Einwirkung auf Zeugen und/oder Beteiligte unter Umständen einen Dauerprozess im Sinne einer fortlaufenden „Bearbeitung“ der Personen dar, wobei insbesondere die mögliche Ausnutzung der Dienstvorgesetzteneigenschaft durch den Antragsteller zu berücksichtigen sei. Schließlich dürfte dieser sich bis zu seiner vorläufigen Dienstenthebung in Sicherheit gewogen haben, weil er als Behördenleiter weiterhin die Kontrolle über die Herausgabe von Unterlagen sowie Auskünften habe ausüben können, und zwar auch insoweit, als vermeintlich „unabhängige“ Aufklärung durch Einsetzung einer „Sondereinheit“ versichert worden sei. So habe der Antragsteller noch am 1. Juni 2024 telefonisch mit seinem allgemeinen Vertreter den Inhalt des Ermittlungsberichts der „Sondereinheit“ abgestimmt. In der Folge habe Herr P. absprachegemäß Änderungen in der Entwurfsfassung vorgenommen und den Antragsteller um deren „Absegnung“ gebeten. Besagte Änderungen seien in der finalen Fassung des Ermittlungsberichts übernommen worden. Diese sei der Bezirksregierung Köln am 21. Juni 2024 übergeben worden, ohne dass die Beteiligung des Antragstellers offengelegt worden sei. Überdies folge aus einer von der Staatsanwaltschaft im Büro des Antragstellers am 9. Juli 2024 beschlagnahmten „grünen Umlaufmappe“, welche Unterlagen der „Sondereinheit“ enthalte, dass der Antragsteller durch Herrn P. auch nachfolgend an den laufenden Ermittlungen beteiligt worden sei. Die im Ausländeramt des Kreises tätige Frau B. habe in ihrer Sprachnachricht vom 17. April 2024 ausgeführt, sie und ihre Kollegen hätten schon lange gegen die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen „für diese Chinesen“ „rebelliert“; dies sei aber „vom Landrat so gewünscht gewesen“. Im Hinblick auf die zeitlichen Abläufe sei anzumerken, dass die umfangreiche Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Düsseldorf erst Mitte September 2024 bei der Kommunalaufsicht der Bezirksregierung Köln eingegangen sei, woraufhin eine erste Durchsicht und Auswertung im Laufe des Monats Oktober 2024 stattgefunden habe. Das letzte entscheidungserhebliche Beweismittel – der Darlehensvertrag zugunsten des FC I. e.V. – sei der Bezirksregierung Köln erst am 30. Oktober 2024 zugegangen; im Anschluss hieran sei unverzüglich die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung des Antragstellers entworfen und mit dem zuständigen Ministerium abgestimmt worden.
24Im Hinblick auf die gegenüber dem Antragsteller erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe sei ergänzend auf Folgendes hinzuweisen: Der Antragsteller habe gewusst, dass Herr T. außerhalb seiner eigentlichen Zuständigkeit auf Vorgänge des Ausländeramtes Einfluss genommen habe; so sei er in dessen E-Mails teilweise „in CC“ gesetzt worden. Jüngste Ermittlungen der Bezirksregierung Köln hätten zudem ergeben, dass der Antragsteller einer chinesischen Staatsbürgerin unter Ausnutzung seiner Amtsstellung zu einem geschäftlichen Visum verholfen habe; in der Folge habe diese das Visum zweckwidrig dazu genutzt, im Ausländeramt des Kreises I. unter Verwendung eines Scheinwohnsitzes eine Aufenthaltserlaubnis zu erlangen. Kurz vor seiner vorläufigen Dienstenthebung habe sich der Antragsteller bei der Leitung des Ausländeramtes erkundigt, ob die vorgenannte chinesische Staatsbürgerin – ebenso wie drei weitere chinesische Staatsbürger, für welche der Antragsteller ebenfalls ein geschäftliches Visum erwirkt habe, – nunmehr einen Aufenthaltstitel erhalten habe. Die Staatsanwaltschaft habe zudem jüngst ermittelt, dass eine „geschleuste“ chinesische Staatsbürgerin 236.750,00 € an die von weiteren Beschuldigten gegründete „N. GmbH“ gezahlt habe; das Geld sei unter anderem dazu verwendet worden, dem FC I. e.V. auf Wunsch des Antragstellers ein Darlehen in Höhe von 150.000,00 € zur Verfügung zu stellen.
25Ermittlungen betreffend die vom Antragsteller ausgeübten, seinem Hauptamt zuzuordnenden Gremientätigkeiten hätten ergeben, dass dieser in den Jahren 2021 bis 2023 Vergütungen in Höhe von insgesamt 47.743,00 € bezogen habe, welche er gemäß § 58 LBG NRW an seinen Dienstherrn abzuführen gehabt hätte. Soweit der Kreis I. zur rechtlichen Einordnung der Gremientätigkeiten Gutachten des Rechtsanwaltes M. eingeholt habe, in welchen die Rechtslage grundlegend und offensichtlich verkannt worden sei, könne der Antragsteller sich nicht auf einen Rechtsirrtum berufen. Vielmehr habe ihm bewusst sein müssen, dass es nicht auf die Einschätzung eines Rechtsanwaltes, sondern die Rechtsaufassung der zuständigen Aufsichtsbehörde ankomme. Nicht zuletzt aufgrund des ganz erheblichen Umfangs seiner zahlreichen Gremientätigkeiten sowie eines im März 2024 durch die Bezirksregierung Köln übersandten Infoschreibens betreffend die nebentätigkeitsrechtlichen Pflichten von Hauptverwaltungsbeamten habe der Antragsteller erkennen müssen, dass es sich bei seinen Tätigkeiten nicht mehr um Nebentätigkeiten handeln könne.
26Bezogen auf die in der Antragserwiderung vom 9. Januar 2025 enthaltenen ergänzenden Ausführungen hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 25. Februar 2025 unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen: Soweit die Bezirksregierung Köln unter Hinweis auf einen möglichen „Ankündigungseffekt“ von seiner Anhörung abgesehen habe, sei darauf hinzuweisen, dass er von dieser am 6. November 2024 zu einem Gesprächstermin am 8. November 2024 eingeladen worden sei. Dies sei einer Ankündigung seiner vorläufigen Dienstenthebung faktisch gleichgekommen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ihm innerhalb dieser oder sogar einer kürzeren Zeitspanne nicht die Möglichkeit zu einer Äußerung eingeräumt worden sei. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, dass er die verbleibende Zeit bis zum Gesprächstermin in keiner Weise zur Beeinträchtigung von Beweismaterial genutzt habe, sondern vielmehr zur Finalisierung seiner Stellungnahme gegenüber der Staatsanwaltschaft Düsseldorf zu den ihn betreffenden strafrechtlichen Vorwürfen.
27In dem ihm am 1. Juni 2024 übersandten Entwurf des Ermittlungsberichts der „Sondereinheit“ seien vornehmlich Anmerkungen des Herrn P. eingebracht gewesen. Der Umstand, dass ein Ermittlungsbericht nicht von jeder Person, die Informationen zu diesem beigetragen habe, unterzeichnet werde, stelle für sich betrachtet keine Verschleierungshandlung dar. Der Fund der „grünen Umlaufmappe“ in seinem Büro belege allenfalls eine Information seiner Person über die Ermittlungsergebnisse, nicht aber eine Beeinträchtigung der Ermittlungen durch ihn. Abgesehen von dem – inhaltlich unzutreffenden – anonymen Hinweis an die Staatsanwaltschaft Düsseldorf trage der Antragsgegner keine Umstände vor, welche den Rückschluss auf eine „beispiellose Vernichtungsaktion“ betreffend beweiserhebliche Unterlagen zuließen. Auch aus der Sprachnachricht von Frau B. ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass er Verdunklungshandlungen vorgenommen oder die Ermittlungen beeinflusst habe. In E-Mails des Herrn T. an Beschäftigte der Ausländerbehörde sei er nicht „in CC“ gesetzt worden. Zwar treffe zu, dass er sich nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft nach der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für vier chinesische Staatsbürger erkundigt habe; hierbei habe er indes das Ziel verfolgt, in Erfahrung zu bringen, ob sein Einladungsschreiben an besagte Personen, welches er ausschließlich zur Ermöglichung eines temporären Aufenthalts unterzeichnet habe, zweckwidrig genutzt worden sei. Die Gewährung eines Darlehens durch die „N. GmbH“ an den FC I. e.V. habe der Finanzierung eines aufwendigen Bauleitverfahrens gedient und gehe nicht auf seinen Wunsch zurück; die Herkunft des in diesem Rahmen eingesetzten Kapitals sei ihm nicht bekannt gewesen. Kein Mitarbeiter des Ausländeramtes des Kreises I. habe jemals angegeben, dass er – der Antragsteller – Einfluss auf ausländerrechtliche Vorgänge genommen habe.
28Im Hinblick auf den weiteren Vorwurf, er habe durch seine Tätigkeit in Gremien gegen nebentätigkeits- sowie beamtenrechtliche Vorschriften verstoßen, führt der Antragsteller im vorbezeichneten Schriftsatz im Wesentlichen aus: Nordrhein-westfälische Hauptverwaltungsbeamte seien erst seit dem Inkrafttreten des Dienstrechtsmodernisierungsgesetzes im Juli 2016 verpflichtet, Genehmigungen für Nebentätigkeiten einzuholen. Mit Erlass vom 10. Januar 2017 habe das zuständige Ministerium mitgeteilt, dass Nebentätigkeiten, welche vor dem Inkrafttreten des Dienstrechtsmodernisierungsgesetzes begonnen worden seien, (unbefristet) als genehmigt gelten würden. Da er bis zuletzt überwiegend die gleichen Gremientätigkeiten ausgeübt habe wie im Jahr 2016, sei er nicht von einem Genehmigungserfordernis ausgegangen. Gründungen neuer Unternehmen durch den Kreis oder neuer Beteiligungen an Unternehmen nach 2016 seien jeweils durch die Bezirksregierung Köln genehmigt worden; in diesen Fällen sei er durch Kreistagsbeschlüsse in die entsprechenden Gremien entsandt worden und insoweit ebenfalls nicht von einem Genehmigungserfordernis ausgegangen. Soweit ihm vorgeworfen werde, gegen seine Abführungspflicht gemäß § 58 LBG NRW verstoßen zu haben, sei einzuwenden, dass er sich stets darauf beschränkt habe, jährlich eine Aufstellung der von ihm im Vorjahr ausgeübten Gremientätigkeiten nebst der in diesem Rahmen bezogenen Vergütungen vorzulegen und um Mitteilung der von ihm abzuführenden Beträge zu bitten. Die rechtliche Einordnung der einzelnen Tätigkeiten sei sodann vom Hauptamt des Kreises I. vorgenommen worden, woraufhin er Bescheide erhalten habe, in denen ihm die Einordnung der Tätigkeiten sowie die Höhe der abzuführenden Vergütungen mitgeteilt worden seien. Das von der Bezirksregierung Köln im März 2024 versandte Infoschreiben habe er umgehend seinem allgemeinen Vertreter und dem Hauptamt mit der Bitte weitergeleitet, die dortigen Ausführungen künftig zu berücksichtigen. Abgesehen hiervon überzeuge die Rechtsauffassung des Antragsgegners betreffend die rechtliche Einordnung diverser von ihm ausgeübter Gremientätigkeiten als seinem Hauptamt zugehörend nicht. Der Antragsgegner könne sich auch nicht auf den Umfang seiner Tätigkeit in Gremien berufen, denn seine hiermit in Zusammenhang stehende zeitliche Beanspruchung habe im Durchschnitt weniger als ein Fünftel seiner wöchentlichen Arbeitszeit betragen.
29Mit weiterem Schriftsatz vom 7. März 2025 hat der Antragsgegner seinen Vortrag schließlich wie folgt ergänzt: Am 25. Februar 2025 (gemeint: 5. Februar 2025) sei der Sachgebietsleiter der Ausländer- und Einbürgerungsbehörde des Kreises I., Herr U., im Rahmen der disziplinarischen Ermittlungen als Zeuge vernommen worden. Aus seiner Aussage ergäben sich Anhaltspunkte, dass der Antragsteller davon Kenntnis gehabt habe, dass in der Kreisverwaltung trotz fehlender rechtlicher Voraussetzungen Aufenthaltserlaubnisse an ausländische Staatsangehörige erteilt worden seien. Insbesondere sei ihm die Verwendung von Scheinwohnsitzen bekannt gewesen. Dies habe er nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern sei darüber hinaus in verschiedener Weise in ausländerrechtliche Vorgänge involviert gewesen. Im Hinblick auf das unlautere Vorgehen der Rechtsanwälte Z. und X. habe er kein Störgefühl gezeigt, sondern sich dieses vielmehr für eigene Zwecke (Werbung ausländischer Investoren für den Kreis, finanzielle Unterstützung des FC I. e.V.) zunutze gemacht. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Ausführungen im vorbezeichneten Schriftsatz Bezug genommen.
30Im Hinblick auf den weiteren Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens im Zusammenhang mit ausgeübten Gremientätigkeiten überzeuge der Hinweis des Antragstellers auf den ministeriellen Erlass vom 10. Januar 2017 aus verschiedenen – im Einzelnen dargelegten – Gründen nicht. Überdies verkenne der Antragsteller, dass bereits die Entgegennahme von Vergütungen für Gremientätigkeiten, welche dem Hauptamt zuzuordnen seien, pflichtwidrig sei.
31Der Antragsteller hat hierauf mit Schriftsatz vom 14. März 2025 im Wesentlichen erwidert, dem Inhalt der Zeugenaussage des Herrn U. ließen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass er – der Antragsteller – in einzelne Vorgänge der Ausländerbehörde eingebunden gewesen sei, Straftaten begangen oder sich sonst pflichtwidrig verhalten habe. Da er keine Kenntnis von Schleusungen gehabt habe, habe er auch keinen Zusammenhang zwischen diesen und anderen Ereignissen, etwa Zahlungen an den FC I. e.V., herstellen können. Sein – dem Schriftsatz beigefügtes – Flugmeilenkonto belege, dass ihm seit dem Jahr 2017 zu keinem Zeitpunkt Flugmeilen von einem Dritten übertragen worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch betreffend den Vorwurf des Verstoßes gegen das Nebentätigkeitsrecht, wird auf die vertiefenden Ausführungen im vorbezeichneten Schriftsatz verwiesen.
32Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Disziplinarvorgangs Bezug genommen.
33II.
34Der Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung des Antragstellers hat keinen Erfolg.
35Auf den Antragsteller, der in einem Beamtenverhältnis auf Zeit steht, finden die Vorschriften des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen gemäß § 1 Abs. 1 LDG NRW i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 10 LBG NRW Anwendung. Aus seinem Amt als kommunaler Wahlbeamter ergeben sich keine Besonderheiten, die den Antragsteller von einem Berufsbeamten unterscheiden. Bei kommunalen Wahlbeamten handelt es sich um Beamte im statusrechtlichen Sinne; sie stehen ebenso wie die Berufsbeamten in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis.
36Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. August 2017 – 2 BvR 1745/17 –, juris Rn. 24; OVG Thüringen, Beschluss vom 29. April 2024 – 8 DO 415/23 –, juris Rn. 136.
37Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er gemäß § 63 Abs. 1 Halbsatz 1 Alternative 1 LDG NRW statthaft. Nach dieser Vorschrift kann der Beamte die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung beim Gericht der Hauptsache beantragen.
38Der Antrag ist indes nicht begründet.
39Gemäß § 63 Abs. 2 LDG NRW ist die vorläufige Dienstenthebung auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift sind anzunehmen, wenn bei der summarischen Prüfung der angegriffenen Anordnung im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Es ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit der Anordnung sprechenden Gründe überwiegen; der Erfolg des Antrags muss nicht wahrscheinlicher sein als der Misserfolg. Es reicht vielmehr aus, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie sein Misserfolg.
40Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. August 2021 – 2 VR 6.21 –, juris Rn. 10, und vom 28. November 2019 – 2 VR 3.19 –, juris Rn. 22; OVG Thüringen, Beschluss vom 29. April 2024 – 8 DO 415/23 –, juris Rn. 129 m.w.N.
41Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn die Verfügung der Bezirksregierung Köln vom 8. November 2024, mit welcher der Antragsteller vorläufig des Dienstes enthoben wurde, begegnet zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag,
42vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 28. November 2019 – 2 VR 3.19 –, juris Rn. 19; OVG Thüringen, Beschluss vom 29. April 2024 – 8 DO 415/23 –, juris Rn. 130; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25. März 2013 – 19 ZD 4/13 –, juris Rn. 5,
43weder im Hinblick auf ihre formelle noch auf ihre materielle Rechtmäßigkeit rechtlichen Bedenken.
441. Die vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers ist zunächst formell rechtmäßig.
45a. Die Zuständigkeit der Bezirksregierung Köln für den Erlass der vorläufigen Dienstenthebung folgt aus §§ 38 Abs. 1 Satz 1 („(d)ie für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde“), 32 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1, 79 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 KrO NRW.
46b. Die Rüge des Antragstellers, er sei vor Erlass der vorläufigen Dienstenthebung nicht angehört worden, greift nicht durch. Die nach § 3 Abs. 1 LDG NRW i.V.m. § 28 Abs. 1 VwVfG NRW vor Erlass einer vorläufigen Dienstenthebung grundsätzlich erforderliche Anhörung war vorliegend gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW entbehrlich. Demnach kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug (Alternative 1) oder im öffentlichen Interesse (Alternative 2) notwendig erscheint.
47Es kann dahinstehen, ob der Antragsgegner – wie von ihm angenommen – von einer Anhörung des Antragstellers unter Berufung auf das Vorliegen von Gefahr im Verzug absehen durfte. Denn jedenfalls ist die Entscheidung des Antragsgegners, nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 2 VwVfG NRW von der Anhörung abzusehen, weil eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig erscheint, rechtlich nicht zu beanstanden.
48§ 28 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 2 VwVfG NRW stellt einen Auffangtatbestand für alle Fallgestaltungen dar, die nicht von den sonstigen Tatbeständen gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 5 VwVfG NRW erfasst werden, und bei denen aus ähnlichen Gründen des öffentlichen Interesses eine sofortige Entscheidung notwendig erscheint. Die Regelung ist im Hinblick auf den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz eng auszulegen. Im Einzelnen genügt nicht der bloße Hinweis auf die Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns, es muss vielmehr eine Gefährdung von Rechtsgütern zentraler Bedeutung, wie etwa das Wohl des Bundes, der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder dringende Geheimhaltungsinteressen, in Frage stehen. Das öffentliche Interesse unterscheidet sich von der Gefahr im Verzug vor allem dadurch, dass hier weniger das zeitliche Dringlichkeitselement im Vordergrund steht, sondern die inhaltliche Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter. Entscheidend ist hierbei die Frage, ob durch die Anhörung der Zweck der beabsichtigten Maßnahme vereitelt würde.
49Vgl. Engel/Pfau, in: NK-VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 28 Rn. 68, 70 m.w.N.; Herrmann, in: BeckOK VwVfG, 66. Ed. 1.1.2025, § 28 Rn. 26 – jeweils beck-online.
50Ein Absehen von einer Anhörung kann im öffentlichen Interesse unter anderem dann geboten sein, wenn Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, aufgrund des mit der Anhörung verbundenen „Ankündigungseffekts“ könnten Beweismittel beiseitegeschafft und dem behördlichen Zugriff entzogen werden.
51So im Hinblick auf Vereinsverbote BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 1 BvR 1474/12 –, juris Rn. 161; BVerwG, Urteile vom 24. Juli 2024 – 6 A 5.22 –, juris Rn. 22, und vom 14. Dezember 2022 – 6 A 6.21 –, juris Rn. 20 – jeweils m.w.N.
52Hierbei genügt, dass die handelnde Behörde unter den vorbezeichneten Gesichtspunkten eine sofortige Entscheidung für notwendig halten durfte.
53Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. September 2020 – 6 VR 1.20 –, juris Rn. 11, sowie Urteil vom 3. Dezember 2004 – 6 A 10.02 –, juris Rn. 13.
54Dies ist vorliegend der Fall. Der Antragsgegner hat den Verzicht auf eine vorherige Anhörung in seiner Verfügung vom 8. November 2024 insbesondere damit begründet, es bestehe die Befürchtung, dass der Antragsteller im Falle der Ankündigung der beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung „letztmögliche() Verschleierungs- sowie Beeinflussungshandlungen“ vornehmen werde und hierdurch die staatsanwaltschaftlichen sowie disziplinarischen Ermittlungen irreversibel beeinflusst werden könnten. Durch das Fortbestehen einer solchen „Verdunkelungsgefahr“ könne – neben der Beeinträchtigung des Untersuchungszwecks – überdies dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung massiver Schaden zugefügt werden. Beides müsse durch die sofortige vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers ausgeschlossen werden. Diese Ermessenserwägungen hat der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung gemäß § 3 Abs. 1 LDG NRW i.V.m. § 114 Satz 2 VwGO im Wesentlichen wie folgt ergänzt: Angesichts des Umfangs der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sei zum Zeitpunkt der Entscheidung der Bezirksregierung Köln davon auszugehen gewesen, dass sich noch zahlreiche potentielle Beweismittel in der Verfügungsgewalt des Kreises I. befänden. Abgesehen von der Gefahr deren Vernichtung oder Manipulation durch den Antragsteller hätte dieser bei einer vorherigen Ankündigung seiner vorläufigen Dienstenthebung die Gelegenheit gehabt, unter Ausnutzung seiner Dienstvorgesetzteneigenschaft erheblichen Druck auf Mitarbeitende des Kreises auszuüben, welche potentielle Belastungszeugen seien.
55Diese Erwägungen zugrunde gelegt durfte der Antragsgegner auch unter Berücksichtigung des besonderen Stellenwertes des Gebots rechtlichen Gehörs von einer Anhörung des Antragstellers absehen. Ein funktionsfähiger Rechtsstaat ist darauf angewiesen, dass straf- sowie disziplinarrechtliche Ermittlungen frei von Einflussnahmen durch Dritte durchgeführt werden. Hierfür ist unerlässlich, dass einer bestehenden „Verdunkelungsgefahr“ – etwa durch Manipulation oder Vernichtung von Beweismitteln sowie Beeinflussung potentieller Zeugen – ebenso entgegengewirkt wird wie einer sonstigen unbefugten Einflussnahme Dritter auf Ermittlungsmaßnahmen. Der Bezirksregierung Köln lagen zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht nur Anhaltspunkte für eine abstrakte Gefährdung unbeeinflusster Ermittlungen vor, wie etwa die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Düsseldorf im Ermittlungsverfahren 52 Js 9/20 auch gegen den Antragsteller als Beschuldigten ermittelt und dieser aufgrund seines Amtes als Landrat innerhalb der Kreisverwaltung besondere Einflussmöglichkeiten besitzt. Darüber hinaus verfügte sie über Erkenntnisse, wonach der Antragsteller nach Bekanntwerden seiner Beschuldigtenstellung im Strafverfahren auf innerdienstliche Ermittlungen bereits unbefugt Einfluss genommen hatte (hierzu sogleich unter II. 2. a. bb. (a)). Es bestand daher die konkrete Befürchtung, dass der Antragsteller bei Ankündigung der beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung die verbleibende – und sei es auch nur kurze – Zeit im Dienst zu weiteren Einflussnahmen nutzt („Ankündigungseffekt“) und hierdurch zum einen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sowie seines Dienstherrn beeinträchtigt sowie zum anderen der öffentlichen Verwaltung einen massiven Ansehensverlust zufügt. Die Bezirksregierung Köln ist insoweit nachvollziehbar davon ausgegangen, dass in diesem Fall ein zentraler Zweck der vorläufigen Dienstenthebung vereitelt würde.
56Der Hinweis des Antragstellers, das an ihn gerichtete Schreiben der Bezirksregierung Köln vom 6. November 2024 sei einer Ankündigung seiner vorläufigen Dienstenthebung „faktisch gleich[gekommen]“, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach dem Vortrag des Antragstellers erschöpfte sich der Inhalt dieses Schreibens, welches nicht Gegenstand des Disziplinarvorgangs ist, darin, diesen zu einem Gesprächstermin am 8. November 2024 einzuladen. Insoweit fehlt es an der Darlegung von Anhaltspunkten, welche darauf schließen lassen, dass der Antragsteller mit Erhalt des Schreibens belastbar damit zu rechnen hatte, vorläufig des Dienstes enthoben zu werden; diese sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Bereits vor diesem Hintergrund ins Leere geht auch sein Einwand, er habe die Zeit zwischen dem Zugang des Schreibens und dem Gesprächstermin „[…] in keiner Weise zur Beeinträchtigung von Beweismaterial, sondern zur Finalisierung einer Stellungnahme zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Düsseldorf genutzt […]“.
57Ebenfalls nicht durchgreifend ist das weitere Argument des Antragstellers, der Verzicht auf eine Anhörung sei wegen des langen Zuwartens der Bezirksregierung Köln zwischen Einleitung des Disziplinarverfahrens (7. Juni 2024) und Ausspruch der vorläufigen Dienstenthebung (8. November 2024) nicht verständlich. Der Antragsgegner hat diesen zeitlichen Abstand nachvollziehbar damit begründet, er habe zur Vorbereitung seiner Entscheidung über die vorläufige Dienstenthebung zunächst die umfangreiche Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Düsseldorf auswerten müssen; diese sei erst Mitte September 2024 bei der Kommunalaufsicht der Bezirksregierung Köln eingegangen, woraufhin eine erste Durchsicht und Auswertung im Laufe des Monats Oktober 2024 stattgefunden habe. Dies zugrunde gelegt lässt sich ein in einem „langen Zuwarten“ des Antragsgegners zum Ausdruck kommendes widersprüchliches Verhalten nicht erkennen.
58c. Schließlich stand dem Ausspruch der vorläufigen Dienstenthebung nicht entgegen, dass das gegen den Antragsteller eingeleitete Disziplinarverfahren mit Blick auf das laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW ausgesetzt war. Mit der Aussetzung des Disziplinarverfahrens sollen die Tatsachenfeststellungen abgewartet werden, die in den in § 22 LDG NRW genannten Verfahren zu treffen sind. Dieser Zweck wird durch eine vorläufige Dienstenthebung des betroffenen Beamten nicht in Frage gestellt, zumal deren Ausspruch nicht als Fortsetzung des Disziplinarverfahrens anzusehen ist und der Ausspruch der vorläufigen Dienstenthebung im Übrigen dem Wesen nach keine Disziplinarmaßnahme darstellt.
59Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. März 2022 – DL 16 S 3919/21 –, juris Rn. 28; Gansen, in: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Februar 2024, § 38 BDG, Rn. 1a, 4.
602. Auch in materieller Hinsicht begegnet die vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers keinen ernstlichen Zweifeln.
61Rechtsgrundlage für die vorläufige Dienstenthebung ist § 38 Abs. 1 LDG NRW. Danach kann die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde einen Beamten gleichzeitig mit oder nach Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird (§ 38 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW, „entfernungsvorbereitende“ vorläufige Dienstenthebung). Sie kann den Beamten außerdem vorläufig des Dienstes entheben, wenn durch das Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht (§ 38 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW, „störungsabwehrende“ vorläufige Dienstenthebung).
62Der Antragsgegner hat die vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers sowohl auf § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW als auch auf § 38 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW gestützt.
63Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW vorliegen, also im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Entfernung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis im Rahmen einer ihrer Natur nach nur summarisch möglichen Beurteilung des Sachverhalts unter Zugrundelegung des aktuellen Sach- und Streitstandes wahrscheinlicher ist als eine unterhalb der Höchstmaßnahme liegende Disziplinierung.
64Zu diesem Maßstab vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 2016 – 3d B 1064/16.O –, juris Rn. 11; Bayerischer VGH, Beschluss vom 20. April 2011 – 16b DS 10.1120 –, juris Rn. 34; OVG Bremen, Beschluss vom 16. Mai 2012 – DB B 2/12 –, juris Rn. 19 m.w.N.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Juli 2021 – 35 L 141/21 –, juris Rn. 22.
65Ebenso bedarf es vorliegend auch keiner Entscheidung, ob eine vorläufige Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW überhaupt rechtlich möglich ist, wenn – wie hier – wegen des anstehenden Ruhestandes des Beamten im Disziplinarverfahren selbst bei Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme voraussichtlich nicht auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, sondern nach dem Eintritt in den Ruhestand auf Aberkennung des Ruhegehaltes erkannt werden würde.
66Denn es liegen jedenfalls die Voraussetzungen einer vorläufigen Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW vor. Da die Suspendierungstatbestände gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 LDG NRW selbstständig nebeneinander stehen, genügt das Vorliegen eines dieser Tatbestände zum Ausspruch der vorläufigen Dienstenthebung, ohne dass es auf die Erfüllung des anderen – vom Dienstherrn ebenfalls angenommenen – Tatbestandes ankommt.
67Vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 25. April 2017 – 15 B 3/17 –, juris Rn. 7; Gansen, in: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Februar 2024, § 38 BDG, Rn. 2.
68Durch das Verbleiben des Antragstellers im Dienst würden sowohl der Dienstbetrieb (hierzu unter a.) als auch die Ermittlungen (hierzu unter b.) wesentlich beeinträchtigt. Zudem steht die vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis (hierzu unter c.). Sie lässt schließlich eine fehlerhafte Ermessensausübung durch den Antragsgegner nicht erkennen (hierzu unter d.).
69a. Durch das Verbleiben des Antragstellers im Dienst würde zum einen der Dienstbetrieb wesentlich beeinträchtigt (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 LDG NRW).
70aa. Eine wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs ist vor allem dann zu besorgen, wenn auf Grund von Umständen, die mit dem mutmaßlich begangenen Dienstvergehen in Zusammenhang stehen, eine gedeihliche, der Dienstverrichtung dienende Zusammenarbeit mit dem Beamten gefährdet ist und hierunter die Aufgabenerledigung ernsthaft leiden kann. Das kann der Fall sein, wenn der Betriebsfrieden oder die Funktionsfähigkeit der Dienststelle aufgrund irreparabler Spannungen oder eines nicht mehr gegebenen Vertrauensverhältnisses zwischen dem Beamten und den Kollegen seiner Arbeitseinheit nachhaltig gestört würde. Eine entsprechende Annahme kann auch dann berechtigt sein, wenn durch die Anwesenheit des Beamten Druck auf andere Bedienstete ausgeübt wird oder auf andere Weise deren Aufgabenerledigung oder die Aufgabenerledigung der Dienststelle insgesamt wesentlich erschwert werden. Anhaltspunkte für eine nachhaltige Störung des Betriebsfriedens oder der Funktionsfähigkeit der Dienststelle können sich auch aus den bereits eingetretenen Folgen des mutmaßlichen Dienstvergehens ergeben. Auswirkungen auf den Dienstbetrieb sind weiterhin zu befürchten, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte mit einer Fortsetzung der Begehung des Dienstvergehens zu rechnen ist. Dabei wird der Disziplinarbehörde ein Beurteilungsspielraum zugestanden, ob ohne die Anordnung der Dienstbetrieb empfindlich gestört oder in besonderem Maße gefährdet würde.
71Vgl. OVG Thüringen, Beschluss vom 29. April 2024 – 8 DO 415/23 –, juris Rn. 183; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. Januar 2024 – 10 M 16/23 –, juris Rn. 86 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. März 2022 – DL 16 S 3919/21 –, juris Rn. 25; VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. April 2019 – 35 L 148/19.O –, juris Rn. 29.
72Erforderlich für eine störungsabwehrende vorläufige Dienstenthebung ist die substantiierte Darlegung in der Verfügung, in welchen konkreten Umständen im Falle der Weiterbeschäftigung des Beamten die Gefährdung oder Störung dienstlicher Belange liegt, es sei denn, besagte Umstände sind dem Betroffenen bereits bekannt oder ohne weiteres erkennbar. In jedem Fall ist es der Disziplinarkammer verwehrt, diesbezüglich eigene Ermessenserwägungen anstelle der Disziplinarbehörde anzustellen.
73Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2001 – 1 DB 15.01 –, juris Rn. 39; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. März 2022 – DL 16 S 3919/21 –, juris Rn. 25; OVG NRW, Beschlüsse vom 17. November 2016 – 3d B 547/16.O –, juris Rn. 56, und vom 14. November 2007 – 21d B 1024/07.BDG –, juris Rn. 28, 31; VG Magdeburg, Beschluss vom 25. April 2017 – 15 B 3/17 –, juris Rn. 9.
74Schließlich gilt im Rahmen von § 38 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW ein herabgesetzter Prüfungsmaßstab in dem Sinne, dass eine wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebes oder der Ermittlungen bei Verbleiben des Beamten im Dienst nicht feststehen, sondern lediglich überwiegend wahrscheinlich sein muss.
75Vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. März 2022 – DL 16 S 3919/21 –, juris Rn. 26; Gansen, in: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Februar 2024, § 38 BDG, Rn. 26a.
76bb. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Annahme des Antragsgegners, bei Verbleiben des Antragstellers im Dienst würde der Dienstbetrieb wesentlich beeinträchtigt, rechtlich nicht zu beanstanden.
77(a) Der Antragsgegner hat diese Annahme in seiner Verfügung vom 8. November 2024 unter anderem damit begründet, es bestehe bei Verbleiben des Antragstellers im Dienst die Befürchtung, dass die bei der Bezirksregierung Köln im Zusammenhang mit der „Schleuseraffäre“ anhängigen Verfahren nicht neutral, ergebnisoffen, zweckmäßig und wahrheitsgetreu würden bearbeitet werden können. Dies seien vier Disziplinarverfahren gegen Kreisbeamte – unter anderem den Antragsteller – sowie die Aufarbeitung arbeitsrechtlicher Fragestellungen betreffend nicht im Beamtenverhältnis stehende beschuldigte Kreisbeschäftigte. Insoweit sei die Bezirksregierung Köln auf die Unterstützung und Mitwirkung des Kreises I. ebenso angewiesen wie bei der Aufarbeitung der betroffenen ausländerrechtlichen Vorgänge und bei der Bearbeitung kommunalaufsichtsrechtlicher Verfahren der Rechtsaufsichtsbehörde, bei welcher zahlreiche Beschwerden gegen den Kreis I. anhängig seien. Die Befürchtung einer Beeinträchtigung der Verfahrensbearbeitung folge daraus, dass der Antragsteller auch nach Bekanntwerden seiner Beschuldigtenstellung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nachweislich auf die internen Ermittlungen des Kreises im „Schleuserkomplex“ Einfluss genommen habe. So hätten sein allgemeiner Vertreter, Herr P., sowie ein weiterer Mitarbeiter des Kreises (Herr R.) den Antragsteller an den internen Ermittlungen beteiligt und dies verschwiegen. Bei Verbleiben des Antragstellers im Dienst bestehe daher die Gefahr, dass dieser auch weiterhin in Ermittlungen eingreifen werde.
78Diese Erwägungen begegnen keinen Bedenken. Die Bezirksregierung Köln ist für eine effektive Aufarbeitung des der „Schleuseraffäre“ zu Grunde liegenden Sachverhalts auf die Unterstützung und Mitwirkung der Kreisverwaltung I. angewiesen. Dem liegt zugrunde, dass im Fokus der Ermittlungen zahlreiche in der dortigen Ausländerbehörde erteilte Aufenthaltserlaubnisse stehen und die Staatsanwaltschaft Düsseldorf neben dem Antragsteller mehrere weitere in der Kreisverwaltung beschäftigte Personen verdächtigt, am „Schleuserring“ beteiligt gewesen zu sein. Nach unbestrittenem Vortrag des Antragsgegners sollen sich voraussichtlich nach wie vor zahlreiche beweiserhebliche Unterlagen in der Verfügungsgewalt des Kreises befinden und potentielle Belastungszeugen bei der Kreisverwaltung beschäftigt sein. Zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebes hat die Kreisverwaltung I. somit Vorkehrungen zu treffen, dass sie ihren Mitwirkungspflichten objektiv und ergebnisoffen nachkommt. Hierbei muss bereits der Anschein vermieden werden, die (mögliche) Verstrickung von Kreisbeschäftigten in die „Schleuseraffäre“ stehe einer neutralen Aufgabenerfüllung im Wege. Durch einen entsprechenden Anschein könnten nicht nur der Verlauf sowie das Ergebnis der Ermittlungen beeinträchtigt werden, sondern auch das öffentliche Vertrauen in die Transparenz und Effizienz der Sachverhaltsaufklärung durch die öffentliche Verwaltung irreparablen Schaden nehmen. Vor diesem Hintergrund ist unerlässlich, dass in der Kreisverwaltung beschäftigte Personen, welche (möglicherweise) in die „Schleuseraffäre“ verstrickt sind, aus den internen Ermittlungen vollständig herausgehalten werden oder jedenfalls deren Mitwirkung – sollte sie ausnahmsweise erforderlich sein – gegenüber der Bezirksregierung Köln offengelegt wird. Dies gilt in besonderer Weise im Hinblick auf den Antragsteller als Landrat und Behördenleiter der Kreisverwaltung.
79Aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen folgt, dass die Kreisverwaltung I. diese Anforderungen in der Vergangenheit nicht erfüllte und daher ihrer Mitwirkungspflicht nicht ordnungsgemäß nachkam. So erweckte sie gegenüber der Bezirksregierung Köln lediglich den Anschein einer objektiv-neutralen verwaltungsinternen Überprüfung, indem sie eine „Sondereinheit“ einrichtete und hierbei ausdrücklich darauf hinwies, diese setze sich aus fünf in „unbeteiligten“ Aufgabenbereichen der Kreisverwaltung beschäftigten Personen zusammen (s. Schreiben des Antragstellers vom 16. Mai 2024 (S. 2 f. Verwaltungsvorgang „Akte 2 Ermittlungen“, „UA 2.1 Einflussnahme Sondereinheit.pdf“; nachfolgend: UA 2.1)). Besagten Anschein verstärkte der allgemeine Vertreter des Antragstellers, Herr P., indem er der Bezirksregierung Köln nach Bekanntwerden der Beschuldigtenstellung des Antragstellers mit Schreiben vom 7. Juni 2024 mitteilte, der Antragsteller habe nunmehr ihm „alle Angelegenheiten bezüglich der Sondereinheit“ übertragen, um „die Neutralität und die Unabhängigkeit der Sondereinheit sicher[zustellen]“ (s. Bl. 18 f. UA 2.1). Der hierdurch nach außen vermittelte Eindruck einer objektiven Aufklärung kreisinterner Vorgänge ohne Beteiligung des Antragstellers wird indes durch einen E-Mail-Verkehr zwischen diesem und Herrn P. vom 1. Juni 2024 massiv erschüttert (Bl. 5 ff., 80 UA 2.1). Aus diesem geht hervor, dass die Entwurfsfassung des Ermittlungsberichts der „Sondereinheit“ am Morgen des 1. Juni 2024, einem Samstag, zwischen dem Antragsteller und Herrn P. telefonisch erörtert wurde, woraufhin Herr P. in roter Schrift gekennzeichnete Änderungen in den Bericht einbrachte und den Antragsteller um dessen Einverständnis bat (s. Bl. 5 UA 2.1: „Bitte schauen Sie sich die Änderungsvorschläge an und geben mir eine Rückmeldung, ob diese in die richtige Richtung gehen?“). Der Antragsteller dankte Herrn P. sodann für die „sehr guten Ergänzungen bzw. Anpassungen im Bericht“; mit der nunmehrigen Fassung des Ermittlungsberichts sei er „so vollumfänglich einverstanden“ (s. Bl. 80 UA 2.1). Die von Herrn P. in Absprache mit dem Antragsteller vorgenommenen Änderungen wurden in der Folge in die Endfassung des Ermittlungsberichts der „Sondereinheit“ aufgenommen, welcher von Herrn R. unterzeichnet und der Bezirksregierung Köln am 21. Juni 2024 ohne Hinweis auf die vorbezeichnete Beteiligung des Antragstellers übergeben wurde.
80Diesen – zwischen den Beteiligten unstreitigen – Sachverhalt zugrunde gelegt, erscheint die Annahme des Antragsgegners gerechtfertigt, bei Verbleiben des Antragstellers im Dienst drohe die konkrete Gefahr, dass dieser unter Verletzung der die Kreisverwaltung treffenden Pflichten auch zukünftig verdeckt an Ermittlungstätigkeiten beteiligt werde. Die Disziplinarkammer nimmt hierbei neben der machtvollen Position des Antragstellers als Behördenleiter der Kreisverwaltung sowie der Schwere der ihm straf- sowie disziplinarrechtlich drohenden Konsequenzen in den Blick, dass dieser bezüglich seiner verschleierten Beteiligung am Ermittlungsbericht der „Sondereinheit“ kein Störgefühl zu empfinden scheint. So hat er im gerichtlichen Verfahren wiederholt betont, seine Beteiligung am Ermittlungsbericht habe keine unrechtmäßige Einflussnahme auf die Ermittlungen dargestellt, sondern lediglich der Erfüllung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gedient. Hierbei wird grundlegend verkannt, dass aus den eingangs dargelegten Gründen jedwede Beteiligung des Antragstellers – zumal ohne deren Offenlegung – zur Vermeidung auch nur des Anscheins einer nicht objektiv-neutralen Sachverhaltsaufarbeitung unbedingt zu unterbleiben hatte.
81Auch die weiteren Einwendungen des Antragstellers greifen nicht durch. Insbesondere ist ohne Relevanz, ob – wie von ihm behauptet – die am 1. Juni 2024 zwischen ihm und Herrn P. abgesprochenen Änderungen am Ermittlungsbericht inhaltlich überprüft wurden und zutreffend gewesen sind. Selbst wenn dies so sein sollte, würde dieser Umstand nichts an der Feststellung ändern, dass der Antragsteller pflichtwidrig verdeckt an Ermittlungsmaßnahmen beteiligt wurde und hierdurch den von ihr gegenüber der Bezirksregierung Köln erweckten Anschein einer objektiv-neutralen Pflichterfüllung erschüttert hat. Bereits hierdurch wäre die Erfüllung der sie treffenden dienstlichen Aufgaben – und damit der Dienstbetrieb – gravierend beeinträchtigt.
82(b) Soweit der Antragsgegner in der Verfügung vom 8. November 2024 weiter ausgeführt hat, der Dienstbetrieb der Kreisverwaltung I. werde bei Verbleiben des Antragstellers im Dienst auch durch eine nachhaltige Störung des Betriebsfriedens wesentlich beeinträchtigt, hält auch dies einer rechtlichen Überprüfung stand.
83Einen konkreten Anhaltspunkt, dass Mitarbeiter der Kreisverwaltung I. gegenüber dem Antragsteller im Zusammenhang mit den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen Vorbehalte hegen, welche sich negativ auf den Betriebsfrieden auswirken, bietet insbesondere die vom Antragsgegner in Bezug genommene „Whats-App“-Sprachnachricht von Frau B.. Frau B., welche in der Ausländerbehörde des Kreises I. beschäftigt ist, führt in dieser am 17. April 2024 – dem Tag der Durchsuchung der Räumlichkeiten der Kreisverwaltung – aufgenommenen und an eine Kollegin versandten Nachricht aus: „[…]. Es gibt eine Außenstelle vom Ausländeramt im H. Hotel, und in dieser Außenstelle wurden bis dato privilegierte Chinesen bearbeitet, um die es da gerade geht. Das ist eine Rechtsanwaltskanzlei, die die nach I. immer geschleust hat, und wir schon lange dagegen rebellieren, Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen. Aber es ist alles vom Landrat so gewünscht, dass wir das machen. Und diese Rechtsanwaltskanzlei steckte bestimmt mit dem T. […] unter einer Decke. […]“. Die Disziplinarkammer teilt angesichts dieser Ausführungen den Eindruck des Antragsgegners, Frau B. sei gegenüber dem Antragsteller bzw. dessen Amtsausübung „misstrauisch“ eingestellt. Nach dem Inhalt der Nachricht trifft dies ebenso auf andere in der Kreisverwaltung beschäftigte Personen zu („wir“). Hierfür spricht auch die Angabe der Frau B. in ihrer Beschuldigtenvernehmung am 17. September 2024 (vom Antragsteller als Anlage AS9 vorgelegt), sie habe sich mit zwei in der Kreisverwaltung beschäftigten Personen (Frau L. und Herrn C.) „zu der kritischen Betrachtung ausgetauscht“. Die von Frau B. gewählte Formulierung, gegen die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an „privilegierte Chinesen“ werde „schon lange“ „rebelliert“, lässt überdies darauf schließen, dass in der Vergangenheit bereits Konfliktsituationen im Zusammenhang mit der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgetreten sind. Frau B. hat insoweit konkretisierend in ihrer Beschuldigtenvernehmung ausgeführt, das „Rebellieren“ sei „bis zur Sachgebietsleiterebene“ gegangen und seit etwa fünf Jahren „Thema“ gewesen.
84Die Annahme, der Betriebsfrieden innerhalb der Kreisverwaltung I. sei durch die mögliche Verstrickung des Antragstellers in die „Schleuseraffäre“ beeinträchtigt, wird überdies gestützt durch den vom Antragsgegner weiter angeführten anonymen Hinweis an die Staatsanwaltschaft Düsseldorf (vom Antragsteller als Anlage AS10 vorgelegt). In diesem wird dem Antragsteller zur Last gelegt, er habe „[…] kurz nach der Verhaftung von O. T. […] Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Kreises I. […] angewiesen, im Eilverfahren verdächtige Unterlagen zu vernichten“. Ergänzend wird ausgeführt: „Das geschah in einer beispiellosen Vernichtungsaktion in vielen Stunden nach Feierabend. Wer widersetzt sich schon den Anweisungen eines Landrates!“.
85Die vom Antragsteller erhobenen Einwendungen gegen die inhaltliche Richtigkeit sowohl der vorbezeichneten Sprachnachricht als auch des anonymen Hinweises verfangen nicht. Zwar ist der Disziplinarkammer auf der Grundlage des derzeitigen Sach- und Streitstandes eine diesbezügliche inhaltliche Verifizierung nicht möglich. Die Abklärung des Wahrheitsgehalts der Sprachnachricht sowie des anonymen Hinweises ist indes für die Feststellung einer Störung des Betriebsfriedens innerhalb der Kreisverwaltung I. auch nicht erforderlich. Vielmehr führt bereits der Umstand, dass Frau B. sowie eine weitere Person sich in geschehener Weise über den Antragsteller und seine Amtsführung geäußert haben, zu der Annahme, dass es innerhalb der Kreisverwaltung I. im Hinblick auf die mögliche Verstrickung des Antragstellers in die „Schleuseraffäre“ Spannungen gibt und hierunter der Betriebsfrieden leidet. Hieran ändert auch die – von der Disziplinarkammer als wahr unterstellte – Behauptung des Antragstellers nichts, er habe mit Frau B. zu keinem Zeitpunkt persönlichen Kontakt gehabt.
86Angesichts dessen, dass die vorbezeichnete Sprachnachricht von Frau B. wenig Interpretationsspielraum zulässt, kann der Antragsteller sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, Frau B. habe deren Inhalt in ihrer Beschuldigtenvernehmung sowie in einer E-Mail an seinen allgemeinen Vertreter vom 16. Oktober 2024 revidiert. Auch wenn Frau B. – wie von ihr dort betont – die Sprachnachricht unter dem Eindruck der Ereignisse vom 17. April 2024 in „höchster Aufregung“ verfasst haben sollte, erscheint ihre Einlassung, sie habe mit „Landrat“ nicht den Antragsteller persönlich, sondern ihre Vorgesetzten im Allgemeinen gemeint (s. E-Mail der Frau B. an Herrn P. vom 16. Oktober 2024), nicht glaubhaft. Gleiches gilt für ihre nachträgliche Erklärung, ihre Kritik habe sich ausschließlich dagegen gerichtet, dass Anträge „bestimmter Personenkreise“ zeitlich bevorzugt und zudem in den Räumlichkeiten des „Welcome-Centers“ hätten bearbeitet werden müssen (s. vorbezeichnete E-Mail und S. 3 der Beschuldigtenvernehmung der Frau B.).
87Da eine vorläufige Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW nicht voraussetzt, dass die Gefahr einer wesentlichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes (oder der Ermittlungen) auf ein dem Beamten vorwerfbares Verhalten zurückzuführen ist,
88in diese Richtung auch VG Magdeburg, Beschluss vom 25. April 2017 – 15 B 3/17 –, juris Rn. 23,
89geht schließlich der vom Antragsteller wiederholt vorgebrachte Einwand, er habe mögliche Spannungen innerhalb der Dienststelle sowie die negative Wahrnehmung seiner Person nicht vorwerfbar verursacht, ins Leere.
90(c) Die vorangehenden Ausführungen zugrunde gelegt durfte der Antragsgegner unter Beachtung des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums davon ausgehen, dass der Dienstbetrieb der Kreisverwaltung I. bei Verbleib des Antragstellers im Dienst mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft wesentlich beeinträchtigt sein wird.
91Nicht zu beanstanden ist insbesondere, dass der Antragsgegner seine Prognoseentscheidung auch auf die „machtvolle und repräsentative Amtsstellung“ des Antragstellers gestützt hat.
92Als Hauptverwaltungsbeamter des Kreises I. ist der Antragsteller Dienstvorgesetzter aller Bediensteten des Kreises (§ 49 Abs. 1 Satz 1 KrO NRW); überdies ist er Leiter der Kreispolizeibehörde (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 POG NRW i.V.m. § 1 lit. b) Nr. 3 der Verordnung über die Kreispolizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalen) und repräsentativer Vertreter des Kreises (§ 25 Abs. 2 Satz 2 KrO NRW). Durch die seinem Amt zukommende Autorität und das diesem – und damit unweigerlich auch seiner Person – entgegengebrachte öffentliche Interesse hebt sich der Antragsteller deutlich von allen anderen in der Kreisverwaltung beschäftigten Personen ab. Gerät ein Hauptverwaltungsbeamter – wie vorliegend der Antragsteller – im Zusammenhang mit seiner Amtsausübung ins Visier straf- sowie disziplinarrechtlicher Ermittlungen, kann die Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes gerade auch mit Blick darauf begründet sein, dass Hauptverwaltungsbeamte – anders als „normale“ Laufbahnbeamte – nicht mittels beamtenrechtlicher Maßnahmen wie etwa einer Umsetzung oder einer Abordnung (vorübergehend) einem anderen Aufgabenbereich zugeordnet werden können, um sie „unter Kontrolle“ oder auch „aus der Schusslinie“ zu halten.
93Vgl. zu dieser Möglichkeit etwa VG Bremen, Beschluss vom 31. Mai 2023 – 8 V 630/23 –, juris Rn. 28; kritisch Bayerischer VGH, Beschluss vom 21. November 2023 – 16b DS 23.1623 –, juris Rn. 8 ff. m.w.N.
94Übt ein Hauptverwaltungsbeamter bei Verbleiben im Dienst sein bisheriges Amt somit weiter aus, besteht bereits aufgrund seiner hervorgehobenen Amtsstellung in gesteigerter Weise die Befürchtung einer wesentlichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes. So entspricht es etwa der Lebenswirklichkeit, dass sich bei dienstlicher Anwesenheit eines mit straf- sowie disziplinarrechtlichen Vorwürfen konfrontierten Behördenleiters die Ermittlungen ungemein erschweren können, etwa weil Bedienstete nicht unbeschwert aussagen wollen oder können. Dies beeinträchtigt nicht nur die Ermittlungen, sondern stört auch den gedeihlichen Dienstbetrieb.
95Vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 25. April 2017 – 15 B 3/17 –, juris Rn. 22; VG Meiningen, Beschluss vom 7. April 2004 – 6 D 60017/03.Me –, juris Rn. 20; für das Amt der Ersten Beigeordneten s. VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. April 2019 – 35 L 148/19.O –, juris Rn. 33.
96Insoweit hat der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 9. Januar 2025 plausibel ergänzend ausgeführt, für die Beschäftigten der Kreisverwaltung stelle es ohnehin eine erhebliche Belastung dar, dem Antragsteller zum Nachteil gereichende Informationen zu sammeln und diese an die Aufsichtsbehörde weiterzuleiten. Der hierdurch begründete innere Konflikt würde verschärft, wenn der Antragsteller im Dienst verbleiben und seine Vorgesetztenfunktion weiter ausüben würde. Somit würde – mit nachteiliger Wirkung auf den Dienstbetrieb – bereits durch die bloße Anwesenheit des Antragstellers in der Dienststelle erheblicher Druck auf die von der Aufsichtsbehörde oder der Staatsanwaltschaft um Mithilfe ersuchten Kreisbeschäftigten ausgeübt.
97Ebenfalls liegt auf der Hand, dass die weitere Amtsausübung durch einen Hauptverwaltungsbeamten, gegen den straf- sowie disziplinarrechtlich im Zusammenhang mit seiner Amtsausübung ermittelt wird, erhebliches Potenzial besitzt, sich negativ auf den Betriebsfrieden auszuwirken. Die diesbezüglichen ergänzenden Erwägungen des Antragsgegners in seinem Schriftsatz vom 9. Januar 2025, wonach Kreisbeschäftigte durch das Verbleiben des Antragstellers im Dienst in ein Spannungsfeld zwischen den Aufsichtsbehörden, der Staatsanwaltschaft und dem Antragsteller hineingezogen würden, begegnen daher keinen Bedenken. Gleiches gilt, soweit in der Verfügung vom 8. November 2024 auf die umfangreiche mediale Berichterstattung betreffend die „Schleuseraffäre“ und die mögliche Verstrickung des Antragstellers in diese hingewiesen wird. Der Umstand, dass in regionalen wie auch überregionalen Medien seit Monaten über den Antragsteller als namhaften möglichen Beteiligten am „Schleuserkomplex“ und diesbezügliche Ermittlungsergebnisse berichtet wird, ist nicht nur dem öffentlichen Ansehen des Kreises I. abträglich. Darüber hinaus bringt die stetige mediale Präsenz des Antragstellers zwangsläufig Unruhe in verwaltungsinterne Abläufe und vergrößert massiv die Gefahr, dass bei dessen Verbleiben im Amt der Betriebsfrieden durch Spekulationen und Vorbehalte ihm gegenüber (weiter) leidet. § 38 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW stellt – wie dargelegt – allein auf das Vorliegen einer objektiven Beeinträchtigung des Dienstbetriebes oder der Ermittlungen ab, ohne dass diese von dem Beamten in vorwerfbarer Weise verursacht sein muss. Daher greift der Einwand des Antragstellers, die negative mediale Berichterstattung betreffend seine Person gehe allein auf unwahre Äußerungen der Beschuldigten Z. und T. zurück, nicht durch.
98Auch die weiteren Einwendungen des Antragstellers verfangen nicht. Insbesondere kann dahinstehen, ob sich dessen Zusammenarbeit mit sämtlichen Fraktionen des Kreistages – wie von ihm behauptet – trotz der gegen ihn geführten Ermittlungen bis zu seiner vorläufigen Dienstenthebung „jederzeit konstruktiv und vertrauensvoll“ gestaltet hat. Selbst wenn dies zuträfe, hätte dieser Umstand keine Relevanz für die Feststellung, dass bei Verbleiben des Antragstellers im Dienst der Dienstbetrieb innerhalb der Kreisverwaltung aus den vorangehend dargestellten Gründen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wesentlich beeinträchtigt wäre. Gleiches gilt für die weiteren Behauptungen des Antragstellers, es habe auch seitens der Bürgerschaft keine Misstrauens- oder Unmutsbekundungen gegen ihn gegeben und die Zahl seiner Einladungen zu Veranstaltungen in repräsentativer Funktion sei ebenso wenig zurückgegangen wie die Anzahl der Anfragen für die Übernahme von Schirmherrschaften.
99b. Nicht zu beanstanden ist zum anderen die Feststellung des Antragsgegners, durch das Verbleiben des Antragstellers im Dienst würden die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 LDG NRW).
100Eine wesentliche Beeinträchtigung der Ermittlungen ist zu befürchten, wenn auf Grund konkreter Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die während des Disziplinarverfahrens vorzunehmenden Ermittlungen bei einem Verbleib des Beamten im Dienst nicht erfolgreich durchgeführt werden können. Dies ist etwa dann zu bejahen, wenn zu erwarten ist, der Beamte werde seinen Aufenthalt im Dienstgebäude zur Vernichtung von Beweismitteln ausnutzen, oder wenn zu befürchten ist, dass Mitarbeiter oder sonstige Angehörige der Dienstbehörde an der Aufklärung des Sachverhalts nicht konstruktiv mitwirken. Die allgemeine Befürchtung, eine derartige Situation könne eintreten, reicht indes nicht aus. Allerdings darf sich die Beurteilung der vorbezeichneten Voraussetzungen nicht nur auf Fakten im Sinne bereits vorgefallener Geschehnisse, sondern auch auf Prognosen stützen.
101Vgl. OVG Thüringen, Beschluss vom 29. April 2024 – 8 DO 415/23 –, juris Rn. 191; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25. März 2013 – 19 ZD 4/13 –, juris Rn. 10; VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. April 2019 – 35 L 148/19.O –, juris Rn. 39; VG Magdeburg, Beschluss vom 24. September 2018 – 15 B 23/18 –, juris Rn. 26.
102Diese Voraussetzungen liegen vor. Es bestehen konkrete Anhaltspunkte, welche die Prognose des Antragsgegners stützen, das Verbleiben des Antragstellers im Dienst würde zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der ihn betreffenden disziplinarrechtlichen Ermittlungen führen. Maßgeblich für diese Feststellung ist der Umstand, dass der Antragsteller sich – wie ausgeführt – bereits in der Vergangenheit unbefugt sowie verdeckt an verwaltungsinternen Ermittlungen beteiligt hat und insoweit bei einer fortgesetzten Amtsausübung Wiederholungsgefahr bestünde (vgl. hierzu die Ausführungen unter II. 2. bb. (a)).
103Indes lässt sich eine wesentliche Beeinträchtigung der Ermittlungen durch die Anwesenheit des Antragstellers im Dienst nicht im Hinblick auf die Behauptung des Antragsgegners feststellen, eine Mitarbeiterin der Ausländerbehörde des Kreises I. (Frau G.) habe vermutlich aus Loyalität gegenüber dem Antragsteller „bei der Staatsanwaltschaft nachweislich Falschaussagen getroffen“. Die diesbezüglichen Ausführungen erschöpfen sich im Wesentlichen in der Behauptung, Frau G. habe gegenüber der Staatsanwaltschaft wahrheitswidrig bekundet, mit Herrn T. zu keinem Zeitpunkt in fachlicher Hinsicht Kontakt gehabt zu haben; gleiches gelte für den Antragsteller. Hierdurch wird weder eine Einflussnahme des Antragstellers auf Frau G. als potentielle Belastungszeugin noch eine aus deren Aussageverhalten folgende Beeinträchtigung der disziplinarrechtlichen Ermittlungen dargelegt.
104c. Schließlich hält die vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers der von § 38 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW angeordneten qualifizierten Verhältnismäßigkeitsprüfung stand. Diese setzt voraus, dass die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.
105Zu den Grundsätzen vgl. Gansen, in: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Februar 2024, § 38 BDG, Rn. 29.
106Dies ist hier nicht der Fall. Sollten sich die gegenüber dem Antragsteller erhobenen schwerwiegenden disziplinarrechtlichen Vorwürfe, welche den Kernbereich seiner beamtenrechtlichen Pflichten betreffen, nach Abschluss der straf- sowie disziplinarrechtlichen Ermittlungen als zutreffend erweisen, droht ihm aller Voraussicht nach die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. – nach Eintritt in den Ruhestand – die Aberkennung seines Ruhegehalts.
107d. Die vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers lässt schließlich keine Ermessensfehler erkennen. Insbesondere erweist sie sich auch im Übrigen nicht als unverhältnismäßig. Hierbei nimmt die Disziplinarkammer auch in den Blick, dass im Hinblick auf den Antragsteller – wie ausgeführt – die (vorübergehende) Übertragung eines anderen Aufgabenbereiches als mögliches „milderes Mittel“ bereits aufgrund seiner Stellung als Hauptverwaltungsbeamter ausscheidet. Nicht zu beanstanden ist auch, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner Ermessensausübung berücksichtigt hat, dass der Antragsteller nach eigener Ankündigung zum 1. November 2025 – und damit in absehbarer Zeit – in den Ruhestand eintreten wird, weshalb dessen Interesse an einem Verbleib im Dienst hinter den betroffenen öffentlichen Belangen (Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebes und Schutz der disziplinarischen Ermittlungen) zurückzustehen habe.
108Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
109Rechtsmittelbelehrung:
110Gegen diese Entscheidung kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die der Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts in Münster entscheidet.
111Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts eingeht.
112Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
113Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Der Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts prüft nur die dargelegten Gründe.
114Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
115Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.