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Die Verwertung von Luftbildern in Form digitaler Orthofotos eines privaten Wohngrundstücks zur Erfüllung der gemeindlichen Abwasserbeiseitigungspflicht ist gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e DSGVO rechtmäßig.
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
2I.
3Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Sicherung von Daten, die die Antragsgegnerin zwecks Ermittlung der bebauten und befestigten Flächen für die Erhebung von Niederschlagswassergebühren mittels Befliegung ihres Wohngrundstücks gewonnen hat.
4Die Antragstellerin ist Alleineigentümerin des Grundstücks K.-straße 00 in F., G01. Die Grundstücke befinden sich im Stadtgebiet der Antragsgegnerin und sind an die gemeindliche Abwasserentsorgung angeschlossen. Grundlage der Gebührenberechnung für die Entsorgung des Niederschlagswassers im Stadtgebiet ist die Quadratmeterzahl der bebauten und/oder befestigten Grundstücksflächen, von denen Niederschlagswasser leitungsgebunden oder nicht leitungsgebunden abflusswirksam in die städtische Abwasseranlage gelangen kann.
5Am 26. und 28. März 2022 erstellte die von der Antragsgegnerin beauftragte E. GmbH mittels Befliegung des Gemeindegebiets sogenannte digitale Orthofotos, auf deren Grundlage die Antragsgegnerin eine Grundstückskartierung durchführte. Für die Befliegung wurde ein mit einer stereophotogrammetrischen Kamera ausgerüstetes Flugzeug verwendet. Die daraus entstandenen Luftbildaufnahmen wurden öffentlich über das Geoportal des Kreises O. zur Verfügung gestellt. Die Flughöhe betrug im Stadtgebiet der Antragsgegnerin rund 5.870 Fuß über Normalnull, also fast 1.800 Meter über Grund. Die Luftbildaufnahmen wurden so erzeugt, dass jeder Pixel am Boden eine Fläche von exakt sieben mal sieben Zentimeter abdeckt.
6Mit Schreiben vom 5. September 2024 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu jedem der Flurstücke mit, dass sie zum Zwecke der Erhebung der Niederschlagswassergebühren die Flächenangaben für alle Grundstücke in ihrem Gemeindegebiet auf den neuesten Stand bringe. Hierzu werde eine Neuerfassung der Flächenangaben unter Einbeziehung der Befliegungsdaten und einer Zweitbefragung durchgeführt. Grundlage für die Erhebung der Daten sei Art. 6 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO) in Verbindung mit § 18 Abs. 1 der Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage in der Stadt F. (Grundstücksentwässerungssatzung) vom 24. September 2015 (in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 20. Mai 2021) sowie § 5 Abs. 2 der Gebührensatzung zur Grundstücksentwässerungssatzung der Stadt F. (Gebührensatzung) vom 19. Dezember 2013 (in der Fassung der 11. Änderungssatzung vom 14. Dezember 2023). Die Antragstellerin wurde gebeten, die in dem ihr übersandten Erhebungsbogen aufgeführten Daten zu den bebauten und befestigten Flächen auf ihrem Grundstück zu prüfen und, soweit vorhanden, Angaben zu Zisternen, Gartenbewässerung und sonstigen Rückhalteeinrichtungen zu machen.
7Die Antragstellerin erteilte weder eine Einwilligung in die Befliegung ihres Grundstücks noch in die Aufnahme, Speicherung, Verwendung oder Auswertung von dabei gewonnenen Daten.
8Die Antragstellerin hat am 30. Oktober 2024 Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Zur Begründung trägt sie vor: Die Befliegung ihres Grundstücks sowie die Fertigung von Luftbildaufnahmen sei ohne ausreichende Rechtsgrundlage erfolgt. Die Bestimmungen, auf die sich die Antragsgegnerin stütze, seien für die Datenermittlung, Datenerfassung, Datensammlung, Datenspeicherung und Datenverwertung unzureichend. Aus Art. 6 DSGVO folge, dass für die Verarbeitung personenbezogener Daten im öffentlichen Interesse eine Rechtsgrundlage erforderlich sei. In dieser sei auch der Zweck der Datenverarbeitung zu regeln. Ein entsprechendes Landesgesetz, das die Befliegung von Privatgrundstücken mittels Drohnen zur Fertigung von Foto- und/oder Filmaufnahmen regele, existiere in Nordrhein-Westfalen nicht. Die Satzungsregelungen der Antragsgegnerin stellten keine taugliche Ermächtigungsgrundlage dar, da sie keine hinreichenden Maßstäbe für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Foto- und Videoaufnahmen normierten. Andere Rechtsgrundlagen seien nicht ersichtlich.
9Die Antragsgegnerin verarbeite trotz fehlender Rechtsgrundlage personenbezogene Daten. Die bildliche Aufnahme eines Grundstücks erfasse das persönliche Lebensumfeld der sich dort aufhaltenden Personen, etwa in Form der Gartengestaltung sowie der Art und Weise der Gartennutzung. All dies lasse Rückschlüsse auf die Bewohner zu, seien es Eigentümer, Mieter oder Besucher. Darüber hinaus stelle auch die Verbindung von Daten zur Ableitung von Niederschlagswasser aus den an die Grundstückseigentümer übermittelten Erhebungsbögen mit den Daten aus der Befliegung der Grundstücke eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar.
10Die Antragstellerin beantragt,
11der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache aufzugeben, die Daten, die aus der Grundstücksbefliegung über das Grundstück a) K.-straße 00 in F., G01 b) K.-straße in F., G03 in Computersystemen der Antragsgegnerin oder von ihr beauftragten Drittfirmen digital gespeichert sind, (aa) insoweit zu separieren, dass sie nicht bei Suchrecherchen gefunden werden und (bb) nicht durch automatisierte Anwendung der Datenanalyse oder –auswertung genutzt werden und (cc) nicht in andere Datenbank-Systeme gelangen können sowie die Punkte 2 (aa)-(cc) bezogen auf die Grundstücke 2a) und 2b) nachzuweisen.
12Die Antragsgegnerin beantragt,
13den Antrag abzulehnen.
14Zur Begründung führt sie aus: Mit § 5 Abs. 2 Satz 3 der Gebührensatzung zur Grundstücksentwässerungssatzung liege eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Erstellung und Verarbeitung von Luftbildern der Grundstücke im Gemeindegebiet vor. Als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einem einfachen Gesetzesvorbehalt unterworfen. Unter der verfassungsmäßigen Ordnung seien nicht nur die Normen der Verfassung gemeint, sondern die Gesamtheit aller Normen, die formell oder materiell mit der Verfassung in Einklang stünden, also Parlamentsgesetze, aber auch Rechtsverordnungen und Satzungen. Dies folge auch aus Erwägungsgrund 41 Satz 1 DSGVO. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von § 5 Abs. 2 der Gebührensatzung bestünden keine Bedenken. Insbesondere sei die Vorschrift verhältnismäßig.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
16II.
17Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
18Er ist zwar zulässig, insbesondere als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. In der Hauptsache begehrt die Antragstellerin die Löschung der Daten, die die Antragsgegnerin im Zuge der Befliegung ihres Grundstücks gewonnen hat. Diesen Anspruch kann sie im Wege der Leistungsklage verfolgen, da er auf ein schlichtes Verwaltungshandeln gerichtet ist. Die Antragsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO folgt aus einem möglichen Anspruch der Antragstellerin auf Löschung der Daten aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. d DSGVO.
19Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
20Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, insbesondere auch, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, das heißt der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, glaubhaft zu machen. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
21Vgl. BayVGH, Beschluss vom 29. Juni 2007 – 21 CE 07.1224 –, juris Rn. 3.
22Hiervon ausgehend hat die Antragstellerin bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
23Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt Art. 17 Abs. 1 Buchst. d DSGVO in Betracht. Diese Vorschrift begründet einen unmittelbar geltenden unionsrechtlichen Anspruch auf Folgenbeseitigung in Form einer Löschung, der nicht durch eine Anspruchsgrundlage im nationalen Recht ergänzt zu werden braucht.
24Vgl. Kamann/Braun, in: Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 3. Aufl. 2024, Art. 17 DS-GVO Rn. 34.
25Danach hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, sofern die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden.
26Hinsichtlich der Anwendbarkeit der Vorschrift bestehen zunächst keine Bedenken. Die in Rede stehende Datenverarbeitung der Antragsgegnerin unterfällt zeitlich (Art. 99 Abs. 2 DSGVO), räumlich (Art. 3 DSGVO) und sachlich (Art. 2 Abs. 1 DSGVO) dem Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung. Die Antragsgegnerin hat auch personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 und 2 DSGVO verarbeitet. Die gewonnenen Luftbildaufnahmen stellen sich – da sie das Grundstück samt der sich darauf befindenden Gebäude betreffen – zwar zunächst als sachbezogen dar. Jedoch ergibt sich der Personenbezug aus der Georeferenziertheit dieser Daten, das heißt aus ihrer Verknüpfung mit Geodaten zur Lage und Bezeichnung des Grundstücks, mit denen wiederum ein Bezug zur Person des jeweiligen Grundstückeigentümers hergestellt werden kann.
27Vgl. Schild in: Wolff/Brink/v. Ungern-Sternberg, BeckOK Datenschutzrecht, Stand 1. November 2024, Art. 4 DS-GVO Rn. 23.
28Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin die gewonnenen Luftbildaufnahmen entsprechend § 5 Abs. 1 Satz 5 ihrer Gebührensatzung mit den Daten zu den bebauten und befestigten Grundstücksflächen verknüpft, die die Eigentümer in den dafür vorgesehenen Erhebungsbögen an sie übermitteln. Auch insoweit verarbeitet sie personenbezogene Daten, da Gegenstand der Erhebung neben den genannten Flächenangaben sowie Angaben zur Rückhaltung von Niederschlagswasser auch persönliche Daten in Form des Namens und der Anschrift des jeweiligen Grundstückseigentümers sind.
29Das auf die vorläufige Sicherung dieser Daten gerichtete Begehren der Antragstellerin ist grundsätzlich von dem Löschungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. d DSGVO erfasst.
30Der Begriff der Löschung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 DSGVO ist autonom auszulegen und beinhaltet die Unkenntlichmachung der personenbezogenen Daten in einer Weise, die es tatsächlich unmöglich macht, die zuvor in den zu löschenden Daten verkörperte Information wahrzunehmen.
31Vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2024 – II ZB 10/23 –, NJW 2025, 351 (352); Herbst, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 4. Aufl. 2024, Art. 17 DS-GVO Rn. 37 ff.
32Dabei ist das in Art. 17 Abs. 1 DSGVO niedergelegte "Recht auf Löschung" nicht auf das schlichte Löschen von Daten zu verengen, sondern – entsprechend der zielorientierten weiteren Artikelüberschrift – als "Recht auf Vergessen" normativ zu verstehen.
33Vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2024 – II ZB 10/23 –, NJW 2025, 351 (352) m.w.N.
34Maßgeblich zur Bestimmung des Begriffs der Löschung ist daher der erwünschte Erfolg, der durch alle in Betracht kommenden technischen Möglichkeiten zur gebotenen Unbrauchbarmachung herbeigeführt werden kann.
35Vgl. Worms, in: Wolff/Brink/v. Ungern-Sternberg, BeckOK Datenschutzrecht, Stand 1. November 2024, Art. 17 DS-GVO Rn. 55.
36Da die betroffene Person den Umfang ihres Löschungsrechts selbst bestimmen kann, zum Beispiel durch Beschränkung ihres Antrags auf bestimmte Daten, Datenarten aber auch auf bestimmte Formen, Zwecke oder Teile der Verarbeitung, ist auch die gebotene Unbrauchbarmachung entsprechend dem von ihr begehrten Erfolg vorzunehmen.
37Vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2024 – II ZB 10/23 –, NJW 2025, 351 (352) m.w.N.
38Hiervon ausgehend stellen sich sowohl die in der Hauptsache begehrte (vollständige) Unbrauchbarmachung der in Rede stehenden Daten als auch deren vorübergehende Sicherung im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes als ein Löschen im Sinne von Art. 17 Abs. 1 DSGVO dar. Denn im einstweiligen Rechtsschutzverfahren geht es der Antragstellerin darum, ihre personenbezogenen Daten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache für eine weitere Verwendung durch die Antragsgegnerin unkenntlich und unbrauchbar zu machen. Dieser Erfolg ist als „Minus“ von dem in Art. 17 Abs. 1 DSGVO normierten Recht auf Löschung umfasst.
39Die Voraussetzungen eines Löschungsanspruchs gemäß Art. 17 Abs. 1 Buchst. d DSGVO liegen indes nicht vor. Die Antragsgegnerin hat die personenbezogenen Daten der Antragstellerin nicht in unrechtmäßiger Weise verarbeitet.
40Die Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Datenverarbeitung richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 DSGVO. Hat ein Betroffener – wie hier die Antragstellerin – nicht rechtswirksam in die Verarbeitung seiner Daten eingewilligt (Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a i. V. m. Art. 4 Nr. 11, Art. 7 DSGVO), sind Verarbeitungsvorgänge nur rechtmäßig, wenn sie auf mindestens einen Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b bis f DSGVO gestützt werden können.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2024 – 6 C 8/22 –, juris Rn. 25.
42Nach dem hier allein in Betracht kommenden Erlaubnistatbestand in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e DSGVO ist die Verarbeitung nur rechtmäßig, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde.
43Die rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e DSGVO setzt nicht nur voraus, dass der Verantwortliche eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe wahrnimmt, sondern auch, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Wahrnehmung dieser Aufgabe auf einer Rechtsgrundlage im Sinne von Art. 6 Abs. 3 DSGVO beruht.
44Vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 2022 – C-306/21 –, BeckRS 2022, 28062 Rn. 52; EuGH, Urteil vom 2. März 2023 – C-268/21 –, juris Rn. 31 f.
45Eine Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e DSGVO ist mithin nur erlaubt, wenn eine Rechtsvorschrift den Verantwortlichen zur entsprechenden Verarbeitung verpflichtet bzw. ermächtigt.
46Vgl. Albrecht, in: Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann, Datenschutzrecht, 2. Aufl. 2025, Art. 6 DSGVO, Rn. 6 m.w.N.
47Soweit die Datenverarbeitung im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 Unteralt. 1 DSGVO zur Erfüllung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt, ergibt sich eine solche aus den jeweiligen Regelungen des Fachrechts.
48Vgl. zur ähnlichen Vorschrift in § 3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): BVerwG, Urteil vom 20. März 2024 – 6 C 8/22 –, juris Rn. 40.
49Die gemeindliche Abwasserbeseitigung, zu der auch die Beseitigung des Niederschlagswassers gehört, stellt eine Aufgabe im öffentlichen Interesse dar. Zu ihrer Wahrnehmung ist die Antragsgegnerin nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeswassergesetz – LWG NRW) verpflichtet. Nach dieser Vorschrift haben die Gemeinden das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser gemäß § 56 des Wasserhaushaltsgesetzes zu beseitigen. Diese Verpflichtung umfasst nach § 46 Satz 2 Nr. 2 LWG NRW unter anderem das Sammeln und Fortleiten von Abwasser, das auf einem Grundstück des Gemeindesgebiets anfällt. Der Erfüllung dieser Aufgabe dient die hier in Rede stehende Datenverarbeitung, da anhand der gewonnenen Daten die für die Niederschlagswassergebühren relevanten bebauten und/oder befestigten Grundstücksflächen einschließlich eventueller Pflasterflächen, Dachgrößen und auch der baulichen Nutzung des Grundstücks berechnet werden.
50Die Antragsgegnerin kann ihre Datenverarbeitung auch auf eine Rechtsgrundlage im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e i.V.m. Abs. 3 Satz 1 DSGVO stützen.
51Als Rechtsgrundlage einer Datenverarbeitung im Sinne dieser Vorschrift sind alle Rechtsnormen mit unmittelbarer Außenwirkung zu verstehen. Dazu gehören sowohl unionsrechtliche als auch mitgliedstaatliche Vorschriften. Für die Bundesrepublik Deutschland ist dies vor allem materielles Bundes- und Landesrecht, aber auch kommunale Satzungen oder Satzungen anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts.
52Vgl. Frenzel, in: Paal/Pauly, DS-GVO BDSG, 3. Aufl. 2021, Art. 6 DS-GVO Rn. 35 f.; Albers/Veit in: Wolff/Brink/v. Ungern-Sternberg, BeckOK Datenschutzrecht, Stand 1. August 2024, Art. 6 DS-GVO Rn. 82; siehe auch Erwägungsgrund 41 zur DSGVO.
53Demnach stellen grundsätzlich auch die Grundstücksentwässerungssatzung sowie die dazugehörige Gebührensatzung der Antragsgegnerin, die als jeweilige Vorschriften des Fachrechts vorrangig in den Blick zu nehmen sind, taugliche Ermächtigungsgrundlagen im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 DSGVO dar.
54Vgl. zu entsprechenden kommunalrechtlichen Vorschriften in Bayern BayVGH, Beschluss vom 15. Februar 2024 – 4 CE 23.2267 –, juris Rn. 30 m.w.N.
55Für die hier in Rede stehende Datenverarbeitung enthalten die genannten Regelwerke indes keine taugliche Eingriffsnorm.
56Aus § 18 Grundstücksentwässerungssatzung lässt sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin weder die Befugnis zu einer Befliegung des Grundstücks noch zu einer Erhebung und Verwertung von grundstücksbezogenen Daten herleiten. Denn die hier in Rede stehende Datenerhebung und -verarbeitung wird durch das in der Vorschrift normierte Auskunfts- und Betretungsrecht gerade nicht erfasst. Nach § 18 Abs. 3 Grundstücksentwässerungssatzung sind die Bediensteten und die mit Berechtigungsausweis versehenen Beauftragten der Antragsgegnerin (lediglich) berechtigt, die angeschlossenen Grundstücke zu betreten, soweit dies zum Zweck der Erfüllung der städtischen Abwasserbeseitigungspflicht oder zum Vollzug dieser Satzung erforderlich ist. Die Befliegung des Grundstücks kann indes bereits begrifflich nicht unter das Betretungsrecht gefasst werden.
57Vgl. BayVGH, Beschluss vom 15. Februar 2024 – 4 CE 23.2267 –, juris Rn. 17.
58Darüber hinaus ermächtigt die Vorschrift die Antragsgegnerin lediglich zu einer Erhebung von Daten betreffend das Grundstück, nicht aber zu einer Speicherung oder Verwendung der gewonnenen Daten.
59Eine Befugnis der Antragsgegnerin zur Erhebung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Antragstellerin lässt sich auch nicht aus § 5 Abs. 2 Satz 3 Gebührensatzung herleiten. Zwar erwähnt diese Vorschrift die Überfliegung von Grundstücken im Gemeindegebiet ebenso wie die Erstellung von Luftbildern der dortigen Grundstücke. Allerdings normiert sie selbst keine Eingriffsbefugnis, sondern setzt das Bestehen einer solchen vielmehr voraus („Die Stadt erstellt durch eine Überfliegung des Gemeindegebietes Luftbilder von den Grundstücken.“). Gleiches gilt für die Verarbeitung der Daten, die die Antragsgegnerin durch die Befliegung der Grundstücke generiert. Insoweit sind der Satzung in § 5 Abs. 1 Satz 8 zwar die der Datenerhebung, Datenspeicherung und Datennutzung zugrundeliegenden Zwecke zu entnehmen, nicht aber die Voraussetzungen, unter denen die Antragsgegnerin zu einer solchen ermächtigt bzw. verpflichtet ist.
60Die Antragsgegnerin kann die Datenverarbeitung aber auf § 3 Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) i.V.m. § 46 LWG NRW stützen.
61Nach § 3 DSG NRW ist die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, erforderlich ist.
62§ 3 Abs. 1 DSG NRW enthält eine subsidiäre allgemeine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen.
63Vgl. zu § 3 BDSG: BVerwG, Urteil vom 20. März 2024 – 6 C 8/22 –, juris Rn. 28.
64Als Brückennorm in enger Verbindung mit dem jeweiligen Fachrecht kann sie bei Datenverarbeitungen mit geringer Eingriffsintensität grundsätzlich Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen sein.
65Vgl. zu § 3 BDSG: BVerwG, Urteil vom 20. März 2024 – 6 C 8/22 –, juris Rn. 28, 35.
66Diese Einschränkung ergibt sich insbesondere aus dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenbestimmtheit und -klarheit. Als Grundrechtseingriffe bedürfen Übermittlungen personenbezogener Daten einer eigenen, hinreichend bestimmten und normenklaren Rechtsgrundlage.
67Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. September 2022 – 1 BvR 2354/13 –, juris Rn. 108 m.w.N.
68Erhöhte Anforderungen an die Normenklarheit und die Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Ausgestaltung der Ermächtigungsgrundlage gelten dann, wenn eine Datenverarbeitung schwerwiegend in die Grundrechte der betroffenen Person eingreift.
69Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2024 – 6 C 8/22 –, juris Rn. 44.
70Dementsprechend sind Datenverarbeitungen mit hoher Eingriffsintensität durch den Gesetzgeber spezialgesetzlich zu normieren. Die den Eingriff legitimierende, gesetzliche Grundlage muss klare und präzise Regeln für die Tragweite und die Anwendung der fraglichen Maßnahme vorsehen, damit die Adressaten ihr Verhalten darauf einrichten können.
71Vgl. Schwartmann/Herrmann/Mühlenbeck, in: Schwartmann/Pabst, Landesdatenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen, 1. Aufl. 2020, § 3 Rn. 20 m.w.N.
72Um eine Datenverarbeitung mit hoher Eingriffsintensität handelt es sich hier aber nicht.
73Zwar betrifft die in Rede stehende Datenverarbeitung die Antragstellerin in ihren Unionsgrundrechten aus Art. 8 (Schutz personenbezogener Daten) und Art. 7 (Achtung des Privat- und Familienlebens) der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) sowie in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art.1 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Denn durch die bildliche Wiedergabe der Gebäudedraufsicht werden Bereiche der Privatsphäre der Antragstellerin erfasst, die den Blicken der Öffentlichkeit gewöhnlicher Weise entzogen sind. Dies betrifft vor allem die Rückseite des Hauses einschließlich der dort befindlichen Garten- bzw. Terrassenflächen, die von der Straße aus nicht einsehbar sind.
74Die mittels Befliegung des Grundstücks der Antragstellerin gewonnen Daten sowie deren anschließende Verwendung stellt jedoch keinen tief in die Privatsphäre reichenden Eingriff dar. Die in Rede stehenden Luftbildaufnahmen von dem Grundstück der Antragstellerin bzw. dem darauf befindlichen Gebäude lassen – auch in Verbindung mit den anschließend erhobenen personenbezogenen Daten – keinen Rückschluss auf die private Lebensführung der Antragstellerin zu. Anders als die Antragstellerin offenbar meint, wurden die Luftbildaufnahmen ihres Grundstücks nicht mittels einer Drohnenbefliegung, sondern durch eine Befliegung des Grundstücks mittels eines mit einer stereophotogrammetrischen Kamera ausgestatteten Flugzeugs gewonnen. Die bei der Befliegung entstandenen sogenannten digitalen Orthofotos wurden aus einer Höhe von etwa 1.800 Metern aufgenommen und so erzeugt, dass jeder Pixel am Boden eine Fläche von exakt sieben mal sieben Zentimeter abdeckt. Die Auflösung der Schrägluftbilder weist eine noch gröbere Auflösung aus, sodass pro Pixel eine größere Fläche als sieben Quadratzentimeter abgedeckt wird. Diese geringe Auflösung lässt eine fotografische Wiedergabe von Einzelheiten der Wohngrundstücke oder der Wohngebäude im Stadtgebiet der Antragsgegnerin nicht zu. Dementsprechend sind auf den Luftbildern von dem Grundstück der Antragstellerin,
75abrufbar über https://geoportalme.kreis-mettmann.de/ASmobile/?appid=Mobil_BuergerInfo#,
76lediglich die Grundstücksfläche, die Umrisse der darauf stehenden Gebäude und grobe Geometrien wie Hausdächer oder Terrassenflächen zu erkennen. Einzelheiten des Grundstücks bzw. des Gebäudes, die – wie Fenster, Mobiliar oder Gartenausstattung – Rückschlüsse auf die Gebäude- und Gartennutzung geben könnten, sind nicht sichtbar. Auch die Einsehbarkeit von Innenräumen, etwa durch vorhandene Glasflächen, ist aufgrund des fehlenden Detailgrades der Aufnahmen ausgeschlossen. Gleiches gilt für die Erfassung von Personen, die sich auf dem Grundstück aufhalten. Auch diese können aufgrund der geringen Auflösung nicht oder jedenfalls nicht in identifizierbarer Weise fotografisch abgebildet werden. Soweit die Luftbildaufnahmen neben den genannten bebauten und unbebauten Flächen allenfalls Umrisse von parkenden oder fahrenden Kraftfahrzeugen erkennen lassen, beschränkt sich die bildliche Wiedergabe auf die Farbe des jeweiligen Fahrzeugs und lässt nicht einmal den Fahrzeugtyp erkennen. Anderweitige personenbezogene Daten, die einen tief in die Privatsphäre der Antragstellerin gehenden Grundrechtseingriff nach sich ziehen könnten, hat die Antragsgegnerin nicht erhoben.
77Stellt sich § 3 DSG NRW i.V.m. § 46 LWG NRW damit als taugliche Rechtsgrundlage für die Erhebung und Verwertung der personenbezogenen Daten der Antragstellerin dar, liegen auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift vor.
78Die Antragstellerin ist als Grundstückseigentümerin im Stadtgebiet der Antragsgegnerin mit Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung zur Entrichtung der Abwassergebühren nach Maßgabe der Satzungsbestimmungen der Antragsgegnerin verpflichtet.
79Die Erhebung der in Rede stehenden Daten ist zur Erfüllung der gemeindlichen Abwasserbeseitigungspflicht erforderlich.
80Das Tatbestandsmerkmal der "Erforderlichkeit" der Datenverarbeitung zur Erfüllung der zugewiesenen Aufgaben sichert auf der Normebene abstrakt die unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e, Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 und Satz 4 DSGVO. Zu fragen ist, ob das verfolgte Ziel in zumutbarer Weise ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreicht werden kann, die weniger stark in die Grundrechte der Betroffenen, insbesondere die in den Art. 7 und 8 GRCh verbürgten Rechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten eingreifen, wobei sich die Ausnahmen und Einschränkungen hinsichtlich des Grundsatzes des Schutzes solcher Daten auf das absolut Notwendige beschränken müssen.
81Vgl. zu § 3 BDSG BVerwG, Urteil vom 20. März 2024 – 6 C 8/22 –, juris Rn. 28 m.w.N.
82Dies beinhaltet auch eine Prüfung des in Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DSGVO niedergelegten Grundsatzes der Datenminimierung sowie des in Art. 5 Abs. 1 Buchst. b DSGVO verankerten Grundsatzes der Zweckbindung, der infolge seiner Orientierung an den Verarbeitungszwecken den Grundsatz der Datenminimierung ergänzt.
83Vgl. zu § 3 BDSG BVerwG, Urteil vom 20. März 2024 – 6 C 8/22 –, juris Rn. 28 m.w.N.
84So verstanden, stellt sich das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit als eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar, der in jedem Einzelfall zu prüfen ist.
85Vgl. Frenzel, in: Paal/Pauly, DS-GVO BDSG, 3. Aufl. 2021, Art. 6 DS-GVO Rn. 23 m.w.N.
86Dies zugrunde gelegt, bestehen hinsichtlich der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung hier keine durchgreifenden Bedenken.
87Die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin dient der ordnungsgemäßen Erfüllung der gemeindlichen Abwasserbeseitigungspflicht nach § 46 LWG NRW, da auf ihrer Grundlage die für die Erhaltung des Versorgungssystems erforderlichen Niederschlagswassergebühren berechnet werden. Gemäß § 54 Satz 1 LWG NRW erfolgt die Erhebung von Benutzungsgebühren durch die Gemeinden auf der Grundlage des Kommunalabgabengesetzes mit der Maßgabe, dass zu den ansatzfähigen Kosten alle Aufwendungen gehören, die den Gemeinden durch die Wahrnehmung ihrer Pflichten nach § 46 entstehen. Nach § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 ihrer Gebührensatzung erhebt die Antragsgegnerin für die Inanspruchnahme der städtischen Abwasseranlage nach §§ 4 Abs. 2, 6 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) und § 53 c LWG NRW Abwassergebühren (Benutzungsgebühren). Nach § 3 i.V.m. § 5 der Satzung bemisst sich die Niederschlagswassergebühr auf der Grundlage der bebauten (bzw. überbauten) und/oder befestigten Fläche auf den angeschlossenen Grundstücken, von denen Niederschlagswasser abflusswirksam in die gemeindliche Abwasseranlage gelangen kann. Dieser Berechnung dient die Datenverarbeitung der Antragsgegnerin, da mithilfe der gewonnenen Luftbilder sowie der Daten aus den Erhebungsbögen die Flächengrößen sowie die Art der Befestigung für alle Grundstücke im Gemeindegebiet ermittelt werden. Darüber hinaus ermöglicht die Datenverarbeitung die Planung und ausreichende Dimensionierung der öffentlichen Kanäle, da durch die Erhebung der genannten Flächenangaben berechnet wird, wie viel Niederschlagswasser über leitungsgebundene Systeme voraussichtlich in die Abwasseranlage der Antragsgegnerin eingebracht wird. Zur Erreichung dieser Zwecke stellt sich die Datenverarbeitung der Antragsgegnerin als geeignet dar, da durch das zweistufige Erhebungsverfahren eine weitestgehend genaue Grundstückskartierung und damit eine verursachergerechte Berechnung der Niederschlagswassergebühren ermöglicht wird. Mildere, gleich geeignete Mittel sind nicht erkennbar. Gegenüber einem Betreten des Grundstücks stellt sich die Befliegung als weniger eingriffsintensive Maßnahme dar, da durch eine Inaugenscheinnahme des Grundstücks und der darauf befindlichen Gebäude, Gegenstände und Personen durch Mitarbeiter der Antragsgegnerin auch der Schutzbereich des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) berührt wird. Schließlich ist die Datenverarbeitung auch unter Beachtung der (Unions-)Grundrechte der Antragstellerin verhältnismäßig im engeren Sinne. Insbesondere ist der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DSGVO niedergelegte Grundsatz der Datenminimierung gewahrt. Der mit der Erhebung der personenbezogenen Daten verbundene Eingriff in die Rechte der Antragstellerin aus Art. 7 und 8 GRCh bzw. aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG steht bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht im Sinne der Vorschrift in einem Missverhältnis zu dem Zweck, eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung im Stadtgebiet der Antragstellerin sicherzustellen, für deren Aufrechterhaltung eine sachgerechte Gebührenerhebung erfolgen muss. Hierzu ist die Kenntnis der überbauten Flächen erforderlich, die weder besonders sensible Daten darstellen noch tief in den Persönlichkeitsbereich der Antragstellerin hineinreichen. Da die Antragsgegnerin – abgesehen von den zur Gebührenerhebung zwingend erforderlichen persönlichen Angaben zu dem jeweiligen Grundstückseigentümer – keine weiteren personenbezogenen Daten erhoben hat, hat sie die Datenmenge bezogen auf den zugrundeliegenden Zweck auf das notwendige Maß beschränkt und keine darüberhinausgehenden Daten erhoben.
88Anderweitige unionsrechtliche Rechtsgrundlagen für den geltend gemachten Anspruch sind nicht ersichtlich.
89Insbesondere liegen hier auch die Voraussetzungen des in Art. 18 Abs. 1 Buchst. b DSGVO normierten Rechts auf Einschränkung der Verarbeitung nicht vor. Zum einen erfasst die Vorschrift nur Fälle, in denen eigentlich eine Löschung angezeigt wäre, die betroffene Person aber ein Interesse am Erhalt des status quo hat,
90vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2024 – II ZB 10/23 –, NJW 2025, 351 (360) m.w.N.,
91was bei der Antragstellerin im Hinblick auf den in der Hauptsache geltend gemachten Löschungsanspruch nicht der Fall ist. Zum anderen setzt auch diese Vorschrift ausweislich ihres klaren Wortlauts eine unrechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten voraus, die aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e DSGVO hier indes nicht gegeben ist.
92Ein Anspruch der Antragstellerin auf Löschung ihrer personenbezogenen Daten ergibt sich schließlich auch nicht aus dem nationalen Recht.
93Die Antragstellerin kann die vorläufige Sicherung ihrer personenbezogenen Daten insbesondere nicht aus dem geltend gemachten – gewohnheitsrechtlich anerkannten – öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch herleiten. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit im Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung in Anbetracht des in Erwägungsgrund 9 und 10 der Verordnung angestrebten Ziels eines gleichmäßigen Datenschutzniveaus überhaupt auf Ansprüche aus dem nationalen Recht zurückgegriffen werden könnte,
94vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2024 – II ZB 10/23 –, NJW 2025, 351 (360) m.w.N.,
95liegen dessen Voraussetzungen ebenfalls nicht vor, da die Datenverarbeitung der Antragsgegnerin aus den vorstehenden Gründen nicht rechtswidrig ist.
96Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
97Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
98Rechtsmittelbelehrung
99Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist eingeht bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
100Die Beschwerde ist einzulegen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
101Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist nicht selbstständig anfechtbar.
102Gegen die Festsetzung des Streitwerts kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem diese Entscheidung Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Hierfür besteht kein Vertretungszwang. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.