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Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens untersagt, den Antragsteller auf der Grundlage der Untersuchungsanordnung vom 21. November 2024 zur Überprüfung der allgemeinen Dienstunfähigkeit amtsärztlich untersuchen und begutachten zu lassen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der am 11. Dezember 2024 gestellte Antrag,
3der Antragsgegnerin aufzugeben, den Antragsteller vorläufig, bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren, von der Verpflichtung freizustellen, der Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung vom 21. November 2024 Folge zu leisten,
4hat Erfolg.
5Er ist zulässig. Insbesondere steht der Statthaftigkeit des mit dem Antrag ersuchten isolierten Rechtsschutzes gegen die Untersuchungsanordnung nicht § 44a VwGO entgegen.
6Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2022 – 2 BvR 1528/21 –, juris Rn. 24 ff.
7Der Antrag ist auch begründet.
8Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis unter anderem dann zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 ZPO die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
9Der Antragsteller hat zunächst einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, denn das bereits eingeschaltete, für den Wohnort des Antragstellers zuständige Gesundheitsamt hat der Antragsgegnerin gegenüber wenige Tage nach der Beauftragung mitgeteilt, einen Untersuchungstermin für den 29. Januar 2025 reserviert zu haben und den Antragsteller etwa drei Wochen vor diesem Termin einzuladen. Von der Durchsetzung der Untersuchungsanordnung hat die Antragsgegnerin mit Rücksicht auf das anhängige Eilverfahren nur vorläufig abgesehen. Nach dem aus ihrer schriftlichen Verfahrenserklärung vom 13. Dezember 2024 erkennbaren Willen soll die angeordnete amtsärztliche Untersuchung nach Abschluss des Eilverfahrens unverzüglich erfolgen, sodass wirksamer Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren nicht zu erlangen wäre.
10Vorliegend hat der Antragsteller auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es spricht Überwiegendes dafür, dass die Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung vom 21. November 2024 den Antragsteller in seinen Rechten verletzt. Er ist daher aufgrund dieser Untersuchungsanordnung nicht verpflichtet, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen.
11Die Untersuchungsanordnung unterliegt bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung rechtlichen Bedenken. Ungeachtet der von den Beteiligten in den gerichtlichen Verfahren vorgetragenen Umstände hat die Antragsgegnerin ihre an den Antragsteller gerichtete Untersuchungsanordnung auf eine Rechtsgrundlage gestützt, deren Voraussetzungen im Zeitpunkt ihres Erlasses nicht vorgelegen haben.
12Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW ist ein Beamter verpflichtet, sich nach Weisung der dienstvorgesetzten Stelle durch einen Arzt der unteren Gesundheitsbehörde untersuchen und, falls ein Arzt der unteren Gesundheitsbehörde dies für erforderlich hält, auch beobachten zu lassen, wenn Zweifel über die Dienstunfähigkeit bestehen.
13Der Dienstvorgesetzte muss in der Weisung die tatsächlichen Umstände angeben, auf die er seine Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten stützt. Das können zum einen zweifelbegründende tatsächliche Umstände sein, die aus dem körperlichen Zustand oder aus gesundheitlichen Gründen im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG resultieren und eine genauere Erkenntnis des Dienstvorgesetzten vom Krankheitsbild des Beamten implizieren, oder Fehlzeiten im gesetzlich geforderten Umfang von § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG voraussetzen, also drei Monate an Fehlzeiten innerhalb von sechs Monaten (sog. vermutete Dienstunfähigkeit) oder eine Kombination von geringeren Fehlzeiten plus zweifelbegründenden tatsächlichen Umständen. Ein etwaiger Begründungsmangel in der Aufforderung kann nicht im weiteren behördlichen oder gerichtlichen Verfahren – etwa gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG NRW – geheilt werden.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. März 2019 – 2 VR 5/18 –, juris, Rn. 41 bis Rn. 50; Strehle/Meissner: Untersuchungsauftrag im Zurruhesetzungsverfahren, ZBR 2020, 81, 84.
15Daran gemessen, konnte die Antragsgegnerin ihre unter dem 21. November 2024 erlassene Untersuchungsanordnung und nachfolgend auch den an das zuständige Gesundheitsamt gerichteten Untersuchungsauftrag nicht – wie geschehen – allein auf § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG stützen. Der von der Antragsgegnerin zuerst angegebene Zeitraum einer aktuellen Krankschreibung seit dem 19. September 2024 bis zum 19. Dezember 2024 um fasst zwar den Mindestzeitraum der vermuteten Dienstunfähigkeit. Allerdings war die mindestens zu fordernde Fehlzeit von drei Monaten im Erlasszeitpunkt noch nicht vollständig erreicht. Soweit die Antragsgegnerin in der weiteren Begründung auf eine Dienstunfähigkeitsbescheinigung bis zum 21. November 2024 abstellt, ist noch nicht einmal der Mindestzeitraum von drei Monaten abgedeckt. Eine spätere Heilung durch Erreichen des Mindestzeitraums scheidet ebenso aus wie eine Umstellung der streitbefangenen Untersuchungsanordnung auf eine Kombination von geringeren Fehlzeiten plus zweifelbegründenden tatsächlichen Umständen gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG.
16Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass nach den aktenkundigen Jahresdienstplänen <2022> bis <2024> zu keiner Zeit die Mindestvoraussetzungen der vermuteten Dienstunfähigkeit erfüllt gewesen sind.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
18Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Der sich nach § 52 Abs. 2 GKG ergebende Wert von 5.000,00 Euro ist im Hinblick auf den im Eilrechtsschutz lediglich angestrebten Sicherungszweck um die Hälfte zu reduzieren. Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung hätte auch mit Blick auf den für den 29. Januar 2025 anberaumten Untersuchungstermin keine Vorwegnahme der Hauptsache bedeutet. Die Bestimmung eines Untersuchungstermins ist nicht Regelungsgegenstand der streitgegenständlichen Untersuchungsanordnung. Die Festsetzung eines Untersuchungstermins und entsprechende Mitteilung an den Antragsteller dient lediglich der „technischen Abwicklung“ der Untersuchungsanordnung.
19Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2022 – 6 B 54/22 –, juris Rn. 14 m.w.N.
20Rechtsmittelbelehrung
21Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist eingeht bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
22Die Beschwerde ist einzulegen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
23Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist nicht selbstständig anfechtbar.
24Gegen die Festsetzung des Streitwerts kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem diese Entscheidung Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Hierfür besteht kein Vertretungszwang. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.