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Der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung X. vom 00. Oktober 2023 wird aufgehoben.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Rücknahme- und Rückforderungsbescheides nach Teilbewilligung einer Billigkeitsleistung von Überbrückungshilfe III (Überbrückungshilfe Corona, im Folgenden ÜBH III) des Überbrückungshilfeprogramms des Bundes.
3Das beklagte Land gewährt durch die Bezirksregierungen die ÜBH III auf der Grundlage von § 53 der Landeshaushaltsordnung und den Richtlinien des Landes zur fortgesetzten Gewährung von Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen 2021 („Überbrückungshilfe III NRW und „Überbrückungshilfe III Plus NRW“)
4– veröffentlicht als Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie Nordrhein-Westfalen – V A 3 –81.11.18.02 – vom 10. Februar 2021, 4. aktualisierte Fassung vom 21. November 2023,
5sowie mit Rücksicht auf die gemeinsam vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz dem Bundesministerium für Finanzen veröffentlichten FAQs zur „Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen“ Dritte Phase von November 2020 bis Juni 2021.
6https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/DE/FAQ/Ubh-III/ueberbrueckungshilfe-iii.html.
7Der Kläger ist ein Sportverein und betreibt eine derzeit in der 2. Fußball-Bundesliga aktive Fußball-Profisportabteilung.
8Unter dem 18. Mai 2021 beantragte der Kläger über seine prüfende Dritte beim beklagten Land im digitalen Antragsforum die Gewährung von ÜBH III für November 2020 bis Juni 2021 in Höhe von 1.902,370,78 Euro.
9Mit Bescheid vom 00. Dezember 2021 (im Folgenden: Teilbewilligungsbescheid) bewilligte das beklagte Land eine Billigkeitsleistung in Höhe von 1.729.670,67 Euro und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Am 21. Januar 2022 hat der Kläger Klage gegen den Teilbewilligungsbescheid erhoben.
10Mit Schreiben vom 17. Mai 2023 (im Folgenden: Anhörungsschreiben) hat das beklagte Land den Kläger zu einer beabsichtigten Rücknahme des Teilbewilligungsbescheides angehört. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, im Rahmen der Prüfung des Förderantrages vom 31. März 2022 zur Bewilligung von Überbrückungshilfe III Plus (ÜBH III Plus) – Az. XXX0XX-000000 – sei bekannt geworden, dass der Kläger zum Ende der Fußball-Bundesliga-Saison 2019/2020 von der ersten in die zweite Fußball-Bundesliga abgestiegen sei. Diese Tatsache sei aus der eingereichten betriebswirtschaftlichen Aufstellung (BWA) für den Zeitraum der Überbrückungshilfe III nicht hervorgegangen. Es werde daher vermutet, dass die geltend gemachten Umsatzeinbrüche nicht ausschließlich Corona-bedingt, sondern in beträchtlichem Umfang auch abstiegsbedingt seien. Der Kläger wurde gebeten, eine korrigierte BWA, entsprechend der eingereichten Version im Rahmen des Antrags in der ÜBH III Plus vorzulegen, welche Corona-bedingte und abstiegsbedingte Umsatzeinbrüche ausweise.
11Mit Schreiben vom 21. Juni 2023 (im Folgenden: Stellungnahme) hat der Kläger in Beantwortung des Anhörungsschreibens eine Gegenüberstellung der für den Antrag auf ÜBH III eingereichten Umsatzberechnung mit einer „korrigierten“ Umsatzberechnung sowie Umsatzberechnungen für die einzelnen Fördermonate vorgelegt. Dabei werden die Posten „außerordentliche Erträge“, „Einnahmen Hauptsponsor“, „Einnahmen DFB-Pokal“, „Infront Signing Fees“ und „TV-Gelder“ als nicht Corona-bedingt aus den erzielten Umsätzen für den Förderzeitraum im Jahr 2020 und den Vergleichszeitraum in 2019 jeweils herausgerechnet. Für Einzelheiten wird auf die Bl. 385 ff. der Gerichtsakte verwiesen. Gemäß einer Stellungnahme der prüfenden Dritten des Klägers ändert sich an der Höhe der Förderung aufgrund der Deckelung zur Fixkostenhilfe nichts. Der Kläger trägt in der Stellungnahme vor, die Corona-bedingten Umsatzeinbrüche resultierten noch aus Zuschauerbeschränkungen, abgesagten Veranstaltungen, geringeren Umsätzen von Merchandise-Shops und des Arena-Shops sowie zurückgegangenen Einnahmen aus Lizenzüberlassungen für Fanartikel und der Fußballschule wegen Auflagen für die Camps. Auch sei die aufgrund der Corona-Maßnahmen fehlende Unterstützung durch die Zuschauer im Stadion ein wesentlicher Faktor dafür, dass der Klassenerhalt letztendlich nicht geschafft worden sei.
12Mit Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 00. Oktober 2023 (im Folgenden: Rücknahmebescheid) hat die Bezirksregierung den Teilbewilligungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen und den zu erstattenden Betrag auf 1.729.670,67 Euro festgesetzt. Zur Begründung wird im Rücknahmebescheid ausgeführt, es sei festgestellt worden, dass erhebliche Teile des Umsatzeinbruchs auf den Ligaabstieg in der Fußballsaison 2019/2020 zurückzuführen gewesen seien. Als Gründe für Corona-bedingt zurückgegangene Einnahmepositionen würden in der Stellungnahme Zuschauerausschluss, Veranstaltungen, Merchandise-Shops, Arena-Shops, Lizenzen und Fußballschule genannt. Für diese Gründe sei nicht gesichert, dass der sie betreffende Umsatzrückgang ausschließlich Corona-bedingt sei. Insbesondere bezüglich der Zuschauerzahlen, der Erlöse aus Veranstaltungen und des Verkaufs von Merchandise erscheine plausibel, dass der Ligaabstieg negative Auswirkungen auf die aus ihnen erzielten Erlöse gehabt habe. Als nicht Corona-bedingt zurückgegangene Einnahmepositionen infolge des Ligaabstiegs würden Transfererlöse, TV-Gelder, Einnahmen durch den Hauptsponsor, Einnahmen aus dem DFB-Pokal, Infront-Signing-Fees, außerordentliche Erträge und sonstige Erträge aus der JA-Buchung genannt. Das Vorliegen von externen Faktoren schließe denklogisch einen ausschließlich Corona-bedingten Umsatzrückgang aus. Die Behauptung, dass auch der Abstieg Corona-bedingt sei, überzeuge nicht. Der Abstieg sei Folge der sportlichen Leistung des Teams, das diese unter denselben Umständen wie alle anderen Teams in der Liga erbracht habe. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Leistung bestehe nicht.
13Am 17. November 2023 hat der Kläger zum Aktenzeichen 16 K 8340/23 Klage gegen den Rücknahmebescheid erhoben. Nach zunächst erfolgter Verbindung beider Verfahren unter dem hiesigen Aktenzeichen hat das Gericht mit Beschluss vom 10. Februar 2025 das Verfahren über den Teilbewilligungsbescheid abgetrennt. Die gegen den Teilbewilligungsbescheid gerichtete Klage wird unter dem Aktenzeichen 16 K 1288/25 fortgeführt.
14Das Gericht hat die Bezirksregierungen des beklagten Landes um eine Darstellung ihrer Verwaltungspraxis bei der Entscheidung über Anträge auf Bewilligung von ÜBH III gebeten, bei denen der geltend gemachte Umsatzrückgang nicht ausschließlich Corona-bedingt gewesen ist, und dabei angeregt, insbesondere Entscheidungen über Anträge aus dem Bereich des (Profi-)Fußballsports zu berücksichtigen. Auf die Anfrage haben die Bezirksregierungen die folgenden Auskünfte gegeben:
15Bezirksregierung Z.:
16Die Corona-Bedingtheit der geltend gemachten Umsatzrückgänge sei im Rahmen der ÜBH III nicht gesondert geprüft worden, da der Förderzeitraum von strengen gesetzgeberischen Vorgaben und einem umfangreichen Lockdown geprägt gewesen sei. Nur in Ausnahmefällen, in denen evidente Zweifel an der Plausibilität der vorgetragenen Corona-Bedingtheit bestanden, habe man sich vorbehalten, Rückfragen zu stellen und eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Im Bereich des (Profi-)Fußballs sei es zu einer solchen Einzelfallprüfung nicht gekommen. In den einzelnen Fällen habe die Kombination aus Branche und Umsätzen zu einem Störgefühl und daraufhin zu Rückfragen geführt. In Beispielsfällen hätten bereits im Referenzzeitraum 2019 starke Umsatzschwankungen vorgelegen, eine Corona-Bedingtheit habe nicht plausibilisiert werden können und die Umsatzrückgänge schienen auf das Geschäftsmodell zurückzuführen zu sein. Auch die Annahme wenig lukrativer Aufträge aufgrund der Corona-Hilfen (Antrag eines prüfenden Dritten) sei nicht als Corona-bedingt angesehen worden. In einem Fall habe der prüfende Dritte mitgeteilt, dass die Umsatzrückgänge lediglich „im Wesentlichen“ Corona-bedingt gewesen seien. Dieser Antrag sei mit der Begründung abgelehnt worden, die Umsatzeinbrüche in Bezug auf einen Corona-bedingten Umsatzrückgang seien nicht plausibel gewesen, da sie jedenfalls nicht ausschließlich auf Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern zurückzuführen gewesen seien.
17Bezirksregierung M.:
18Im Förderzeitraum der ÜBH III sei grundsätzlich von der Corona-Bedingtheit des Umsatzeinbruchs ausgegangen worden. Nach den FRL habe es grundsätzlich einer Einzelfallprüfung bedurft, sobald Anhaltspunkte für einen nicht auf Corona beruhenden Umsatzeinbruch vorgelegen hätten. In diesem Fall sei eine Bestätigung des prüfenden Dritten hinsichtlich des Corona-bedingten Umsatzeinbruchs eingeholt worden. Die SC O. 00 GmbH & Co. KGaA habe einen Erst- und Änderungsantrag in der ÜBH III gestellt. In diesem Fall sei eine Bestätigung des prüfenden Dritten hinsichtlich des Corona-bedingten Umsatzeinbruchs in den Fördermonaten eingeholt worden. Nach dessen Bestätigung, dass ein mindestens dreißigprozentiger Umsatzeinbruch vorgelegen habe, sei der Antrag in Form einer Teilbewilligung (u.a. Kürzung nicht förderfähiger Fixkosten) beschieden worden.
19Bezirksregierung B.:
20Bei der Bearbeitung der Anträge auf Bewilligung der ÜBH III sei entsprechend der FAQs mit Blick auf die im Förderzeitraum geltenden staatlichen Corona-Maßnahmen zunächst grundsätzlich angenommen worden, dass eine Corona-Bedingtheit der in den Anträgen angegebenen Umsatzeinbrüche vorgelegen habe. Lediglich wenn sich innerhalb eines Antrages Anhaltspunkte ergeben hätten, die Zweifel an der Corona-Bedingtheit begründeten, seien diese vertieft geprüft worden. Je nachdem, ob die nach Anforderung eingereichten Unterlagen die Corona-Bedingtheit der angegebenen Umsatzrückgänge hätten darlegen können, seien solche vertieft geprüften Anträge bewilligt oder abgelehnt worden. Es sei somit im Ergebnis eine einzelfallbezogene Plausibilitätsprüfung vorgenommen worden.
21Bezirksregierung V.:
22Der Begriff der Corona-Bedingtheit sei für die ÜBH III weit ausgelegt worden, da in diesem Zeitraum teils sehr weitreichende Einschränkungen aufgrund der Pandemie fortgedauert hätten. Im Regelfall sei eine im Antrag zugesicherte Corona-Bedingtheit als plausibel eingestuft worden. Lediglich in Einzelfällen, in denen sich nach den konkreten Umständen ernstzunehmende Anhaltspunkte oder erhebliche Zweifel an der Corona-Bedingtheit ergeben hätten, seien diese inhaltlich näher geprüft worden. Gerade Profi-Fußballvereine unterfielen regelmäßig nicht dem Ausschluss gemäß Fußnote 12 der FAQ des Bundes zur ÜBH III, sodass auch hier Umsatzausfälle, die zum Beispiel nur aufgrund regelmäßiger saisonaler oder anderer dem Geschäftsmodell inhärenter Schwankungen aufträten, nicht gefördert würden. Bei Profi-Sportvereinen stelle sich aus Sicht der Bezirksregierung V. die Problematik insbesondere im Falle eines Ligaabstiegs, der gravierende Auswirkungen auf die Finanzierung und speziell die TV-Gelder haben könne. Unter angemessener Berücksichtigung der Volatilität und Komplexität der großen Sportvereine könne im Einzelfall ein Herausrechnen einzelnen Umsatzteile geboten sein, um die Gleichbehandlung mit anderen Antragstellern sicherzustellen.
23Der Kläger trägt zur Begründung der Klage gegen den Rücknahmebescheid vor:
24Durch Entscheidung der Deutschen Fußball Liga (DFL) vom 13. März 2020 sei der Spielbetrieb in den Ligen wegen der Corona-Pandemie bis zum 2. April 2020 ausgesetzt worden. Die Spielpause sei Ende März bis Mitte Mai 2020 verlängert worden. Die Bundesliga-Saison sei am 16. Mai 2020 unter strengen Hygiene-Auflagen fortgesetzt worden. Zuschauer hätten bis zum Abschlussspieltag am 27. Juni 2020 nicht in die Stadien gedurft. Für die Bundesligasaison 2020/2021 hätten sich die Bundesländer auf Rahmenbedingungen für einen Test der Rückkehr von Zuschauern entschieden, die Entscheidung im Detail habe den örtlichen Behörden obgelegen. Ihre Mannschaft habe ihr erstes Spiel der Saison vor 10.800 Zuschauern bestreiten können. Ab Mitte Oktober habe jedoch wieder ohne Zuschauer gespielt werden müssen. Bis zum letzten Spieltag der drei Profiligen Ende Mai 2021 seien bis auf einzelne Ausnahmegenehmigungen sogenannte Geisterspiele durchgeführt worden. Die Besucherzahlen in ihrem Stadion hätten sich in der Saison 2020/2021 aufgrund der behördlichen Anordnungen auf kumuliert insgesamt 7.500 während der 17 Heimspiele belaufen. Der Zuschauerdurchschnitt habe vor der Pandemie (Spielzeit 2018/2019) in der 1. Bundesliga bei 43.845 Zuschauern pro Spiel gelegen, nach dem Ende der epidemischen Lage (Spielzeit 2022/2023) in der 2. Bundesliga bei 30.836 Zuschauern. In der durch Corona geprägten Spielzeit 2020/2021 hätten insgesamt 7.500 Zuschauer in das Stadium gedurft, im Schnitt somit 441 Zuschauer pro Spiel. Zur Bundesligasaison 2021/2022 hätten die Arenen zu maximal 50 % ausgelastet gewesen sein dürfen. Ab Oktober/November 2021 hätten Bundesligaspiele teilweise wieder als Geisterspiele ausgetragen werden müssen.
25Die Bezirksregierung behaupte, dass im Land Nordrhein-Westfalen in ständiger Verwaltungspraxis Überbrückungshilfen nur bei ausschließlich Corona-bedingten Umsatzeinbrüchen bewilligt worden seien. Eine Antragsberechtigung würde danach nur bestehen, wenn sämtliche Umsatzrückgängen Corona-bedingt seien, mithin keine anderen Gründe für einen Umsatzrückgang bestünden. Das Vorliegen einer solchen Verwaltungspraxis sei zu bestreiten, jedenfalls wäre sie gegebenenfalls rechtswidrig.
26Es liege fern, dass Antragsteller von der ÜBH ausgeschlossen worden seien, weil neben der Corona-Pandemie auch andere Faktoren für einen Umsatzrückgang in Frage gekommen seien. Wäre so verfahren worden, hätte in NRW keine ÜBH III gewährt werden dürfen. Diese Praxis lasse sich auch weder aus den FRL noch aus den FAQs entnehmen. Diese forderten an keiner Stelle, dass ein ausschließlich Corona-bedingter Umsatzeinbruch nachzuweisen sei. Im Gegenteil spreche Buchstabe A Ziffer 2 Abs. 7a Uabs. 2 FRL davon, dass nur solche Umsatzausfälle nicht zur Förderung herangezogen werden könnten, die nur auf saisonale oder geschäftsinhärente Schwankungen zurückzuführen seien. Dass die Bezirksregierungen die Regelungen in ständiger Praxis erheblich verengt angewendet haben sollten, sei nicht plausibel. Die behauptete Verwaltungspraxis sei unsachgerecht und diskriminierend. Bei tatsächlicher Ausübung wäre nahezu kein Unternehmen für eine Überbrückungshilfe antragsberechtigt. Außer bei den von einer Schließungsanordnung betroffenen Unternehmen würden sich stets auch andere Faktoren finden lassen, die sich auf den Umsatz auswirkten, so etwa Witterungsbedingungen, das Bestehen von Angebotsalternativen etc. Die behauptete Praxis, die Antragsberechtigung für die ÜBH III nur anzuerkennen, wenn sämtliche erklärten Umsatzausfälle ausschließlich Corona-bedingt seien, könne per se nicht durchgehalten werden.
27Begründete Zweifel an der behaupteten Verwaltungspraxis bestünden auch deshalb, weil andere Fußballvereine in vergleichbarer Lage in vergleichbaren Zeiträumen Überbrückungshilfe bewilligt bekommen hätten. Dies betreffe beispielsweise den FC Q. XX, der in der Saison 2020/21 nach jahrzehntelanger Zugehörigkeit zur 1. Bundesliga in die 2. Liga abgestiegen sei und ÜBH III, III Plus und IV erhalten habe. Auch der SC O., der in der gleichen Saison wie sie in die zweite Bundesliga abgestiegen sei, habe ÜBH III, III Plus und IV erhalten. Zahlreiche (namentlich aufgeführte) Vereine hätten in der Saison 2020/21 unter diversen Gesichtspunkten schlechtere wettbewerbsübergreifende Saisonleistungen erbracht als in der Saison 2019/20 und gleichwohl Überbrückungshilfen erhalten.
28Falls es die Praxis gegeben haben sollte, stehe sie im Widerspruch zur Zielsetzung der Corona-Überbrückungshilfen und führe zu einer Diskriminierung von Profisportvereinen. Die Praxis würde von den Antragstellenden einen Nachweis verlangen, der von nahezu keinem Unternehmen geführt werden könne. Eine solche Einengung des Kreises der Förderberechtigten stehe auch im Widerspruch zu dem mit der ÜBH III verfolgten Zweck. Dieser liege gemäß der FRL darin, zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von Unternehmen beizutragen, wenn diese Corona-bedingt Umsatzausfälle erlitten. Diese Zielsetzung ergebe sich auch aus der beihilferechtlichen Genehmigung der Kommission der EU zur „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“. Die Kommission verlange nicht, dass die Schwierigkeiten des Unternehmens ausschließlich auf Corona zurückgingen und dass das Unternehmen mit keinen weiteren Schwierigkeiten konfrontiert sei. Mit der geschilderten Praxis wäre die Überbrückungshilfe keine Maßnahme zur Existenzsicherung, sondern würde sich auf eine Ersatzleistung für staatliche Schließungsanordnungen reduzieren.
29Die behauptete Verwaltungspraxis führe auch zu willkürlichen Ergebnissen. Eine Hinterfragung der Antragsberechtigung werde nur in Fällen betrieben, in denen ein möglicher zusätzlicher Umstand für den Umsatzrückgang allgemein bekannt sei.
30Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass die Zuschauerzahlen bei Spielen der Fußballprofivereine weniger davon abhingen, ob es sich um die erste oder die zweite Bundesliga handele, als vielmehr davon, welche Vereine mit welchen Spielern in einer Saison in den jeweiligen Ligen spielten. Ausweislich einer Tabelle im Magazin „G.“ vom 15. Januar 2024 seien in der Saison 20123/2024 unter den 15 Vereinen mit den meisten Zuschauerzahlen 7 Zweitligisten, zwei dabei unter den Top 5.
31Der Teilbewilligungsbescheid sei nicht als insgesamt vorläufiger Verwaltungsakt erlassen. Er sei nur im Hinblick auf die Höhe der Überbrückungshilfe, nicht aber dem Grunde nach oder hinsichtlich der Prüfung der Antragsberechtigung unter Vorbehalt gestellt. Von Seiten des beklagten Landes wäre nachzuweisen, dass die Bezirksregierungen in vergleichbaren Fällen Anträge auf ÜBH III abgelehnt hätten.
32Der Rücknahme stehe schützenswertes Vertrauen entgegen. Der Kläger habe auf den Bestand des Bewilligungsbescheides dem Grunde nach vertrauen dürfen.
33Mit Blick auf die Situation von Profi-Fußballvereinen sei darauf hingewiesen, dass diese im fraglichen Förderzeitraum unbestritten von staatlichen Einschränkungen und Auflagen betroffen gewesen seien. Gleichzeitig sei die Rückbindung von Umsatzausfällen auf einen Ligaabstieg nicht so selbstverständlich, wie das beklagte Land meine. So hingen Vermarktungseinnahmen zum Beispiel auch von Popularität, Fanbindung, den eingesetzten Spielern, der Qualifikation in Pokalspielen und internationalen Wettbewerben oder besonderen Vermarktungskonzepten ab. Auch die Verteilung der TV-Erlöse hänge nicht nur von der Liga-Zugehörigkeit, sondern von einer Reihe anderer Faktoren ab. Das beklagte Land habe auch nicht aufklären können, warum bei unterstellter Anwendung der behaupteten Verwaltungspraxis andere Profifußballvereine, die offensichtlich zwischen der Saison 2019/2020 und den späteren Förderzeiträumen einen erheblichen Umsatzrückgang erlitten hätten, Überbrückungshilfe erhalten hätten und keinen Rückforderungen ausgesetzt seien. Ungeachtet dessen könne der Beklagte sich aber auch nicht auf eine allgemeine Verwaltungspraxis berufen, die für atypische Einzelfälle oder Fälle, bei denen in eine tiefergehende Prüfung eingestiegen werden müsse, aufgrund der Besonderheiten des Sachverhalts nicht geeignet sei. Es entspreche ständiger Rechtsprechung, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz die Bewilligungsbehörden zur Prüfung verpflichte, ob im Einzelfall sachliche Gründe für das Abweichen von einer vermeintlich bestehenden Verwaltungspraxis bestünden. Die Äußerungen der Bezirksregierungen des beklagten Landes hätten erkennen lassen, dass für die Behandlung von atypischen Sachverhalten keine einheitliche Verwaltungspraxis und insbesondere nicht die von der Bezirksregierung X. behauptete bestanden habe. Eine Übertragung der von der Bezirksregierung X. behaupteten Verwaltungspraxis auf besondere Fallgestaltungen wie der hier vorliegenden würde im Übrigen zu einer Ungleichbehandlung mit der überwiegenden Zahl der sonst beschiedenen Fälle der ÜBH III führen, da bei diesen Fällen die ausschließliche Corona-Bedingtheit unterstellt und nicht näher geprüft worden sei.
34Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
35den Rücknahme- und Rückforderungsbescheides der Bezirksregierung X. vom 00. Oktober 2023 aufzuheben.
36Das beklagte Land beantragt schriftsätzlich,
37die Klage abzuweisen.
38Zur Begründung trägt das beklagte Land vor:
39Die Einzelrichterin habe es wohl den Prozessbevollmächtigten nicht zugetraut, die Verwaltungspraxis für das gesamte Land auszuführen, so dass gleichzeitig eine entsprechende Anfrage an die weiteren, am vorliegenden Verfahren nicht beteiligten Bezirksregierungen ergangen sei. Die Fragen des Gerichts zu den Profisportvereinen seien nicht entscheidungserheblich, da es keine separate Verwaltungspraxis für Profisportvereine gebe. Hätte die Einzelrichterin zunächst die Klageerwiderung abgewartet, hätte dieses Missverständnis des Gerichts vermieden werden können.
40Die Bezirksregierungen hätten zu der grundsätzlichen Frage der Corona-Bedingtheit einheitlich geantwortet. Nach der Verwaltungspraxis liege eine notwendige Pandemiebedingtheit nur vor, wenn der Umsatzrückgang sich ausschließlich Corona-bedingt darstelle. Die Bejahung der Antragsberechtigung bezüglich des Punktes „ausschließliche Corona-Bedingtheit“ sei dabei von der Verwaltung grundsätzlich als gegeben angesehen worden, soweit keine konkreten Anhaltspunkte für einen nicht Corona-bedingten Umsatzeinbruch gesprochen hätten. Seien Anhaltspunkte ersichtlich geworden, die gegen die Antragsberechtigung gesprochen hätten, sei eine detaillierte Prüfung vorgenommen und infolgedessen abgelehnt worden, sofern Umsatzeinbrüche auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art zurückzuführen gewesen seien. Es sei somit im Ergebnis eine einzelfallbezogene Plausibilitätsprüfung erfolgt. Entsprechend dieser Praxis sei auch im Falle des Klägers verfahren worden. Der Umstand, dass die Bezirksregierung V. im Einzelfall ein Herausrechnen einzelner Umsatzteile als geboten angesehen habe, führe nicht zu einer anderen maßgeblichen Verwaltungspraxis. Sofern es aufgrund dieser Handhabung zu Bewilligungen gekommen sei, die mit der dargelegten Praxis nicht im Einklang gestanden hätten, behalte sich das Land vor, im Rahmen der Schlussabrechnung diese Thematik aufzuarbeiten.
41Der Ligaabstieg eines Profi-Fußballvereins sei kein atypischer Einzelfall, sondern ein Paradebeispiel für ein dem Geschäftsmodell inhärentes Risiko. Solche Risiken seien nach der ständigen Verwaltungspraxis sämtlicher Bezirksregierungen als nicht Corona-bedingter Umsatzrückgang zu qualifizieren.
42Die tatsächliche Verwaltungspraxis sei mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Es bestehe bei Gewährung einer freiwilligen Billigkeitsleistung ein weiter Gestaltungsspielraum bezüglich der Fördertatbestände. Nur unsachliche, vollends willkürliche Entscheidungen und Differenzierungen könnten beanstandet werden. Die Verwaltungspraxis sei sachlich und plausibel. Allgemeine, jedes Unternehmen betreffende Umsatzschwankungen seien im Rahmen der Beurteilung der Corona-bedingten Umsatzausfälle unschädlich. Zu unterscheiden seien die allgemeinen Umsatzschwankungen von dem Geschäftsmodell inhärenten Umsatzausfällen, wie dem Ligaabstieg im Profifußball. An der Gleichheit der Verwaltungspraxis ändere sich durch die vom Kläger angeführten Vergleichsfälle nichts. In den Vergleichsfällen hätten die Antragsberechtigten den Umsatzeinbruch nicht auf einen etwaigen Ligaabstieg zurückgeführt. Es hätten daher keine entsprechenden Anhaltspunkte für einen nicht vollständig Corona-bedingten Umsatzeinbruch bestanden. In den Fällen von Borussia Mönchengladbach und dem MSV Duisburg sei ein Ligaabstieg gar nicht verzeichnet worden. Sollte sich im Rahmen der Schlussabrechnung ergeben, dass Q. XX oder der SC O. zu Unrecht Überbrückungshilfe erhalten hätten, so werde die Förderung dann vollständig versagt. Generell begründeten Ausreißer in den vorliegenden Massenverfahren für sich nicht eine gegenläufige Verwaltungspraxis, sondern wären gegebenenfalls im Rahmen der Schlussprüfung zu korrigieren. Der Kläger habe nicht stichhaltig den Nachweis einer ausschließlichen Corona-Bedingtheit seiner Umsatzeinbrüche führen können.
43Der Kläger könne sich nicht auf schützenswertes Vertrauen berufen, da er den Verwaltungsakt durch in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt habe. Die mit dem Ligaabstieg einhergehenden Umsatzeinbrüche seien nicht aus der eingereichten betriebswirtschaftlichen Aufstellung für die ÜBH III hervorgegangen. Vielmehr habe sich erst im Rahmen der Prüfung des Förderantrages vom 31. März 2022 in der ÜBH III Plus gezeigt, dass der Kläger konkret durch seinen Abstieg in die zweite Liga Umsatzeinbrüche verzeichnet habe. Der Kläger habe zudem die Rechtswidrigkeit in Folge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Die notwendige Corona-Bedingtheit des Umsatzeinbruchs sei für ihn im Zeitpunkt der Antragstellung ersichtlich gewesen. Ein Hinweis darauf, dass der Umsatzeinbruch allein „teilweise“ Corona-bedingt erfolgt sei, sei im Antrag vom 23. August 2021 nicht erfolgt.
44Die Beteiligten haben schriftsätzlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
45Für weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung X. Bezug genommen.
46Entscheidungsgründe
47Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. § 101 Abs. 2 VwGO.
48Die Klage ist zulässig und begründet. Der Rücknahmebescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Er ist ermessensfehlerhaft ergangen.
49Die Gewährung der ÜBH III erfolgte aufgrund pflichtgemäßen Ermessens in Form einer Billigkeitsleistung als freiwillige Zahlung im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel.
50Die FRL begründen damit vom Ansatz her keinen gebundenen Anspruch auf eine Billigkeitsleistung in bestimmter Höhe, sondern es besteht zusammen mit § 40 VwVfG NRW, wonach die Behörde, wenn sie ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten hat, ein Anspruch eines jeden Antragstellers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde über dessen Antrag. Dabei ist gemäß § 114 Satz 1 VwGO die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung beschränkt, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
51Im Rahmen des behördlich auszuübenden Ermessens kommt den FRL, bei denen es sich nicht um eine Rechtsnorm, d.h. nicht einen Rechtssatz mit Außenwirkung, sondern um eine (bloße) interne Verwaltungsvorschrift handelt, die Funktion zu, für die Verteilung der Fördermittel einheitliche Maßstäbe zu setzen und dadurch das Ermessen der Bewilligungsbehörde intern zu binden und zu steuern. Als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften unterliegen derartige Förderrichtlinien keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen. Entscheidend ist vielmehr, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebunden sind. Durch den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist die Bewilligungsbehörde in ihrem rechtlichen Verhältnis zum Förderempfänger – abgesehen von den sonstigen gesetzlichen Grenzen des Verwaltungshandelns – gebunden. Wenn sich die Behörde an ihre Förderrichtlinien hält, ist sie daher durch das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe im Einzelfall eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. Weicht sie hingegen generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese insoweit ihre ermessensbindende Wirkung; ob das Verwaltungshandeln mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis.
52Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 1979 – 3 C 111/79 –, juris, Rn. 24, vom 25. April 2012 – 8 C 18/11 –, BVerwGE 143, 50 ff., Rn. 31 f., vom 17. Januar 1996 – 11 C 5/95 –, juris, Rn. 21, und vom 16. Juni 2015 – 10 C 15/14 –, BVerwGE 152, 211 ff., Rn. 24, jeweils m.w.N.
53Zur Feststellung der tatsächlich geübten Verwaltungspraxis kann dabei neben den FRL ergänzend auf öffentliche Verlautbarungen der Bewilligungsbehörde, der dieser übergeordneten Landesbehörde oder der aufgrund Verwaltungsvereinbarung in die Förderung eingebundenen zuständigen Bundesbehörde zurückgegriffen werden, soweit sie Aufschluss über die tatsächlich geübte Verwaltungspraxis geben.
54Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 3. Dezember 2021 – 19 K 2760/20 – juris, Rn. 38; VG Halle (Saale), Urteil vom 25. April 2022 – 4 A 28/22 –, juris, Rn. 20.
55Relevant sind insoweit namentlich die FAQs.
56Eine generelle Grenze bei der Anwendung von Förderrichtlinien bildet dabei das Willkürverbot. Steht es der Behörde grundsätzlich frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden, kann eine Verletzung des Willkürverbots lediglich dann angenommen werden, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen.
57Vgl. VG B., Gerichtsbescheid vom 17. August 2015 – 16 K 6804/14 –, juris, Rn. 50; VG Würzburg, Urteil vom 26. Juli 2021 – W 8 K 20.2031 –, juris, Rn. 23.
58Nach diesen Maßgaben erweist sich der Rücknahmebescheid als rechtswidrig. Die Rücknahme des Teilbewilligungsbescheides und (Gesamt-)ablehnung der Billigkeitsleistung stellt sich als ermessensfehlerhaft dar, da sie nicht im Einklang mit einer feststellbaren ständigen willkürfreien Verwaltungspraxis des beklagten Landes stand.
59Das beklagte Land hat keine ständige einheitliche Verwaltungspraxis seiner Bewilligungsstellen zu belegen vermocht, nach welcher Umsatzrückgänge wie die vom Kläger in seinem Antrag geltend gemachten in der Förderphase der ÜBH III als nicht im Sinne der Förderrichtlinien Corona-bedingt und damit nicht förderfähig abzulehnen waren. Die Auskünfte der Bezirksregierungen haben vielmehr ergeben, dass jedenfalls in der hier zu beurteilenden besonderen Fallkonstellation, in der unmittelbar vor Inkrafttreten der Pandemiemaßnahmen eine grundlegende Änderung der Rahmenbedingungen des Geschäftsbetriebes eines Antragstellers stattgefunden hat, die Bewilligungsstellen eine unterschiedliche Bewertung dieser Situation vorgenommen haben. Damit einhergehend wurde die Frage einer im Grundsatz bestehenden Antragsberechtigung nicht, wie vom beklagten Land vorgetragen, einheitlich verneint.
60Nach den vom Gericht eingeholten Auskünften der Bezirksregierungen des beklagten Landes war die Handhabung der eingegangenen Anträge in Bezug auf die Feststellung der Corona-Bedingtheit bei Umsatzrückgängen in der Phase der ÜBH III nicht einheitlich. Allerdings wurde in einem einheitlich geschilderten ersten Schritt eine Corona-Bedingtheit in dieser Phase wegen der seinerzeit bestehenden strengen gesetzgeberischen Vorgaben und der strengen Lock-Downs grundsätzlich nicht gesondert geprüft, sondern es wurden lediglich im Falle evidenter Zweifel/Störgefühle aufgrund auffälliger Umsatzschwankungen Rückfragen gestellt, die zu einer einzelfallbezogenen Plausibilitätsprüfung führen konnten. Die Ausgestaltung dieser Plausibilitätsprüfung und insbesondere deren Ergebnis, also die daraus resultierende Entscheidung über das Vorliegen einer Antragsberechtigung und Förderfähigkeit, wird jedoch für die hier gegebene Fallgestaltung einer durchgreifenden Änderung des Geschäftsprofils von den einzelnen Stellen unterschiedlich dargelegt. Insbesondere zu der zentral relevanten Frage, inwieweit eine „ausschließliche“ Corona-Bedingtheit Voraussetzung für eine Antragsberechtigung und Förderung war, erweist sich die geschilderte Praxis in diesen Fallgestaltungen als uneinheitlich. Entgegen der Behauptung des beklagten Landes haben die Bezirksregierungen nicht einheitlich auf einer „ausschließlichen“ Corona-Bedingtheit von Umsatzrückgängen bestanden, sondern hielten es für grundsätzlich möglich, Umsatzbestandteile bei der Ermittlung der relevanten Rückgänge nicht zu berücksichtigen.
61Nach den eingeholten Stellungnahmen stimmt zum einen die Praxis der Bezirksregierung M. zur Beurteilung der Corona-Bedingtheit nicht mit der im Gerichtsverfahren behaupteten allgemeinen Praxis des beklagten Landes überein. So gibt die Bezirksregierung M. an, im Falle des SC O. XX, der ebenso wie der Kläger in der Saison 2019/2020 in die 2. Bundesliga abgestiegen ist, sei nach Rückfrage und einer daraufhin erfolgten Bestätigung des prüfenden Dritten, dass ein mindestens dreißigprozentiger Corona-bedingter Umsatzeinbruch vorgelegen habe, der Antrag in Form einer Teilbewilligung beschieden worden. Das belegt eine Verwaltungspraxis, die gerade nicht das Erfordernis einer „ausschließlichen“ Corona-Bedingtheit als Voraussetzung für eine Antragsberechtigung aufgestellt hatte. Die Frage, ob mit dem Ligaabstieg weitere, über die bestätigten 30 Prozent hinausgehende Umsatzeinbrüche beim SC O. XX eingetreten waren, ist im Verwaltungsverfahren von der Bezirksregierung M. nicht thematisiert worden, obwohl nach allgemeiner Lebenserfahrung die Annahme von – ggf. weiteren – abstiegsbedingten Umsatzrückgängen sich dort wie im Falle des Klägers aufdrängte. Eine Bestätigung zu einem mindestens dreißigprozentigen Umsatzrückgang, der jedenfalls nach ihrer Beurteilung Corona-bedingt war, hat aber auch die prüfende Dritte des Klägers im Rahmen der Anhörung zu der beabsichtigten Rücknahmeentscheidung vorgelegt, ohne dass dies von der Bezirksregierung X. als ausreichend erachtet wurde.
62Ebenfalls in der Verwaltungspraxis abweichend wird in der eingeholten Stellungnahme die Beurteilung der Corona-Bedingtheit von Umsatzrückgängen durch die Bezirksregierung V. geschildert. Hier wird insbesondere für den Fall des Profi-Fußballs das Herausrechnen einzelner Umsatzteile für möglicherweise geboten gehalten, um die Gleichbehandlung mit anderen Antragstellern sicherzustellen. Ein solches Herausrechnen, wie es auch vom prüfenden Dritten des Klägers im Rücknahmeverfahren zur Antragsbegründung vorgeschlagen worden ist, indiziert, dass die Bezirksregierung V. eine Anerkennung von Umsatzrückgängen auch dann grundsätzlich für möglich hielt, wenn sie nicht ausschließlich, sondern nur in einem nicht herausgerechneten Anteil Corona-bedingt waren. Der Einwand des beklagten Landes, eine solche Sichtweise würde bedeuten, die ständige Verwaltungspraxis nicht einheitlich für alle Gewerbebetriebe zu gestalten, sondern eine besondere Praxis für Profifußballvereine anzunehmen, geht fehl. Aus der Stellungnahme der Bezirksregierung V. geht vielmehr hervor, dass jedenfalls nach dortiger Auffassung und Praxis ein Herausrechnen von Umsatzanteilen in besonderen Fallgestaltungen gerade zur Sicherstellung einer Gleichbehandlung sämtlicher Antragsteller, also sämtlicher Gewerbebetriebe, als geboten erachtet worden ist. Das Eingehen auf die Situation des Profifußballs vermag zu verdeutlichen, dass eine solche besondere Beurteilung grundsätzlich in Fallkonstellationen für geboten gehalten wurde, in denen die Antragsteller zusätzlich zu den Corona-Maßnahmen mit einer Corona-unabhängigen durchgreifenden Änderung ihrer grundlegenden Geschäftsbedingungen konfrontiert waren. Es ergibt sich nichts dafür, dass eine vergleichbare substantielle Änderung der Geschäftsgrundlagen ausschließlich im Falle von Profifußballvereinen denkbar ist. Unabhängig davon wäre eine existierende Verwaltungspraxis auch dann maßgebend für die rechtliche Beurteilung durch das Gericht, wenn sie tatsächlich unterschiedlich für verschiedene Gewerbearten ausgestaltet gewesen wäre.
63Der Vortrag des beklagten Landes, einzelne Ausreißer könnten keine gegenteilige Verwaltungspraxis indizieren, sondern seien im Rahmen der Schlussabrechnung zu korrigieren, vermag nicht zu überzeugen. Die dargelegten Abweichungen in der Verwaltungspraxis stellen keine Ausreißer im rechtlichen Sinne dar. Sogenannte Ausreißer in diesem Sinne liegen vor, wenn es sich lediglich um einzelne Fälle einer im Nachhinein als fehlerhaft erkannten Rechtsanwendung handelt. Solche Fälle sind nicht geeignet, eine gegenläufige Verwaltungspraxis zu begründen, solange die praxisabweichenden Entscheidungen nicht gebilligt oder geduldet werden.
64Vgl. etwa BayVGH, Beschluss vom 4. Dezember 2023 – 22 ZB 22.2621 –, juris, Rn. 15 und Beschluss vom 27. Februar 2023 – 22 ZB 22.2554 –, juris, Rn. 19.
65Im Gegensatz hierzu hat die Bezirksregierung V. aber dargelegt, ein Herausrechnen einzelner Umsatzanteile in besonderen Fallkonstellationen könne aus Gründen der Gleichbehandlung grundsätzlich geboten sein. Ein solches Herausrechnen wäre demgemäß keine fehlerhafte Handhabung, sondern stünde im Einklang mit den allgemein angewandten Grundsätzen der ständigen Verwaltungspraxis. Ebenso schildert die Bezirksregierung M. die angewandte Praxis bei der Entscheidung über den Antrag des SC O. XX als exemplarisch und damit übereinstimmend mit der dort generell angewendeten Förderpraxis, nicht als Abweichung. Von der in den Auskünften dargelegten Verwaltungspraxis ist offenbar auch bis heute nicht abgewichen worden. Die dargelegten unterschiedlichen Handhabungen der Bezirksregierungen belegen somit eine im Grundsatz nicht gleichförmig ausgestaltete Förderpraxis, die im hier vorliegenden Fall zu einer Benachteiligung des Klägers geführt hat. Eine ständige dem Gleichheitssatz entsprechende Verwaltungspraxis kann nicht durch Korrekturen im Schlussabrechnungsverfahren hergestellt werden, sondern muss notwendig von vornherein bei der Entscheidung über die eingehenden Erstanträge bestehen.
66Da sich nach alledem die festgestellte tatsächliche Praxis der einzelnen Bezirksregierungen, die allein für das Gericht maßgeblich sein kann, gerade nicht als einheitlich darstellt, vermag die abstrakte geäußerte Auffassung des beklagten Landes, der Ligaabstieg eines Profi-Fußballvereins sei ein Paradebeispiel für ein dem Geschäftsmodell inhärentes Risiko, keine andere Beurteilung herbeizuführen.
67Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.
68Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
69Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.
70Rechtsmittelbelehrung
71Innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils kann bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf schriftlich beantragt werden, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in V. die Berufung zulässt. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
72Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in V. schriftlich einzureichen.
73Der Antrag ist zu stellen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
74Beschluss
75Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
761.729.670,67 Euro
77festgesetzt.
78Gründe
79Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Der festgesetzte Wert entspricht der Bedeutung der Sache.
80Rechtsmittelbelehrung
81Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in V. entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der genannten Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.