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Eine Online-Ehe aus Utah/USA begründet nicht die Familienangehörigkeit zu einem Unionsbürger, wenn die Verlobten zur Zeit der Trauungszeremonie in Deutschland waren.
Es besteht keine Bindungswirkung von Bescheinigungen eines Heimatmitgliedstaates über Vorgänge im Aufnahmemitgliedstaat, wenn diese offensichtlich unzutreffend sind.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Tatbestand:
2Der am 00.00.0000 in Istanbul geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger.
3Er beantragte erstmals am 20.04.2018 bei der Deutschen Auslandsvertretung in Ankara die Erteilung eines Visums für touristische Zwecke im Mai 2018. Dies wurde mit Bescheid vom 04.05.2018 abgelehnt, da die angegebenen Informationen über den Zweck nicht glaubhaft seien. In dem hierzu eingereichten Auszug aus dem Familienbuch vom März 2018 wird der Kläger als mit Frau N. H. (geboren 00.00.0000) verheiratet geführt (Eheschließung am 00.00.2005). Ein gemeinsames Kind heißt E. H. und ist am 00.00.0000 geboren.
4Eine erste Einreise des Klägers nach Deutschland ist (spätestens) für den 31.03.2019 aktenkundig und soll - nach eigenen Angaben - über die Niederlande erfolgt sein.
5Unter dem 30.06.2021 beantragte der Kläger bei der Beklagten mit anwaltlicher Hilfe unter der Anschrift S.-straße 000 in C. angemeldet zu werden und die Erteilung einer Aufenthaltskarte gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 Freizügigkeitsgesetz sowie unverzüglich eine Bescheinigung nach § 5 Absatz 1 S. 2 Freizügigkeitsgesetz ausgestellt und zugesendet zu bekommen. Beigefügt war eine Wohnungsgeberbescheinigung, die den Kläger und Frau J. W. als Mieter ausweist.
6Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12.07.2021 reichte der Kläger bei der Beklagten eine Heiratsurkunde vom 00.00.0000 mit deutscher Übersetzung aus dem US-amerikanischen Bundesstaat Utah sowie einer vollständigen Kopie des dem Kläger bereits am 04.06.2020 im türkischen Generalkonsulat in Y am 04.06.2020 ausgestellten Reisepasses (gültig bis zum 25.09.2029) ein. Frau J. (geboren am 00.00.0000) ist ausweislich der vorgelegten Kopie aus ihrem Pass bulgarische Staatsangehörige und Klägerin im Verfahren 7 K 6592/23.
7Mit Schreiben vom 01.09.2021 forderte die Beklagte den Kläger auf, ein Scheidungsurteil sowie eine Abschrift des Familienstammbuchs zu übersenden. Zuvor hatte die Beklagte bereits mit Schreiben vom 14.07.2021 um einen Nachweis über die Freizügigkeit der bulgarischen Ehefrau – Frau W. - gebeten.
8Mit dem bei der Beklagten eingereichten Urteil vom 24.07.2019 des Familiengerichts in I./Türkei wurde die Ehe des Klägers mit Frau N. H. geschieden. Nach der Begründung des Urteils lebt der Kläger bereits zum Zeitpunkt des Urteils dauerhaft im Ausland. Das Sorgerecht bezüglich des gemeinsamen Kindes wird auf den Kindsvater übertragen. Nach dem Rechtskraftvermerk ist das Urteil seit dem 07.08.2019 rechtskräftig. Nach dem Auszug aus dem Familienregister ist der Sohn des Klägers für einen gemeinsamen Wohnsitz in I. gemeldet.
9Für die bulgarische Ehefrau des Klägers – Frau W. – wurde noch ein Arbeitsvertrag für geringfügig entlohnte Beschäftigte vorgelegt, wonach diese bei der Y. UG an der S.-straße 000, C. beschäftigt sein soll. Im Arbeitsvertrag genannt wird als ihre Anschrift „K.-straße 00“ in C.. Das Arbeitsverhältnis beginnt am 00.00.2021, sie sei als Verkaufshilfe für ein monatliches Entgelt i.H.v. 450 € angestellt. Die hierzu noch eingereichte Abrechnung der Brutto/Netto-Bezüge für August 2021 enthält unten rechts den Vermerk „Probeabrechnung“ (Bl, 153 der Verwaltungsvorgänge).
10Anlässlich einer gemeinsamen Vorsprache der Eheleute in den Räumlichkeiten der Beklagten am 15.11.2021 trug der Kläger vor, sein Kind sei derzeit im Wechsel zwischen seiner Mutter und der Oma in der Türkei aufhältig. Er habe sich mit Frau J. online über eine Website verheiraten lassen. Sie hätten sich vor dem Computer trauen lassen. Die Eheurkunde sei per Post nach der online-Trauung zugesandt worden.
11Nach einem Vermerk der Standesamtsaufsicht vom 16.11.2021 sei eine online geschlossene Ehe in Utah USA mangels Prüfung der Ehefähigkeit der Verlobten nicht anerkennungsfähig.
12Unter dem 20.01.2022 beantragte der Kläger beim angerufenen Gericht einstweiligen Rechtsschutz und die Beklagte zu verpflichten, eine Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 S. 2 Freizügigkeitsgesetz auszustellen. Mit Beschluss vom 15.02.2022 – 7 L 122/22 - lehnt der Einzelrichter dies ab, da der Kläger mangels gültiger Eheschließung kein Familienangehöriger einer Unionsbürgerin sei. Mit Beschluss vom 11.03.2022 - 18 B 242/22 - änderte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen den erstinstanzlichen Beschluss ab und gab der Beklagten auf, eine Bescheinigung über die Einreichung eines Antrags vom 30.06.2021 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte auszustellen.
13Mit Schreiben vom 15.02.2022 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Versagung einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 S. 1 Freizügigkeitsgesetz an.
14Mit Ordnungsverfügung vom 30.03.2022 lehnte die Beklagte den Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 S. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU ab, forderte den Kläger auf, innerhalb von sechs Wochen ab Bekanntgabe der Verfügung das Bundesgebiet zu verlassen und drohte anderenfalls die Abschiebung in die Türkei an. Ferner ordnete die Beklagte ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer von 32 Monaten an.
15Hiergegen hat der Kläger am 01.04.2022 Klage erhoben mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er trägt vor, er sei verheiratet mit der bulgarischen Unionsbürgerin Frau J. X. W., die mit ihm unter der Anschrift S.-straße 000 in C. lebe. Die Heirat habe durch eine sogenannte online-Ehe in dem amerikanischen Staat Utah stattgefunden. Trauzeugen seien in Stellvertretung Herr P. L. und Herr M. G. gewesen. In Stellvertretung für die über Internet gleichzeitig zu geschalteten Eheleute (Kläger und Verlobte) hätten die Trauzeugen gegenüber dem Standesbeamten in Utah den übereinstimmenden Willen beider Eheleute erklärt die Ehe eingehen zu wollen.Die Ehe sei auch nach der deutschen Rechtsprechung gültig, weil die Eheschließung in Utah durch die Stellvertreter und Zeugen vorgenommen worden sei. Die Eheleute hätten sich zu diesem Weg entschlossen, weil das deutsche Standesamt Termine derzeit erst vier Monate später vergebe und oftmals sehr schwer zu beschaffende Unterlagen verlange, was häufig auch mit hohen Kosten verbunden sei. Aus Zeit- und Kostengründen sei daher der Weg der online-Ehe gewählt worden. Hierzu habe es auch eine Mitteilung des Deutschlandfunks Anfang 2021 gegeben, in dem auf die Internetseite des Auswärtigen Amtes verwiesen worden sei. Dort sei auf die Anerkennungsfähigkeit der in Utah geschlossenen Ehen hingewiesen worden. Ein derartiger Hinweis finde sich derzeit nicht mehr auf der Homepage des Auswärtigen Amtes.
16Zur weiteren Begründung legte der Kläger noch eine am 12.04.2022 ausgestellte Heiratsurkunde des türkischen Staates für die Eheleute vor. Darin wird eine Eheschließung am 00.00.0000 in Utah zwischen dem Kläger und Frau W. bescheinigt.
17Bei der von den Eheleuten geschlossenen Ehe handele sich um eine Trauung im Ausland, weil das Ortsrecht vorsehe, dass eine Trauungszeremonie vor einer staatlichen Trauungsperson durchgeführt werde und damit der Aufenthaltsort der die Trauung vornehmende Person maßgeblich sei. Insoweit sei auf den staatlichen Registrierungsakt abzustellen.
18Während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens duldet die Beklagte den Aufenthalt des Klägers.
19Der Kläger hat am 19.08.2022 erneut um einstweiligen Rechtsschutz beim angerufenen Gericht nachgesucht. Mit Beschluss vom 24.10.2022 – 7 L 1783/22 - lehnte die Kammer den Antrag ab. Der hinsichtlich der Ausreiseaufforderungen Abschiebungsandrohung zulässiger Antrag sei unbegründet, weil das Vorbringen hinsichtlich der Eheschließung des Klägers am 00.00.0000 widersprüchlich und damit unglaubhaft sei. Mit Beschluss vom 18.11.2022 – 18 B 1199/22 - hat der 18. Senat des OVG NRW die Beschwerde hiergegen zurückgewiesen.
20Am 28.11.2022 beantragte der Kläger beim angerufenen Gericht erneut einstweiligen Rechtsschutz. Der bulgarische Staat habe am 24.11.2022 die Anerkennung der in Utah geschlossenen Ehe für die Unionsbürgerin und Ehefrau des Klägers ausgesprochen. Nach Art. 4 Abs. 2 EUV habe Deutschland die staatlichen Akte der anderen Mitgliedstaaten zu respektieren und gegen sich gelten zu lassen. Mit Beschluss vom 12.12.2022 – 7 L 2569/22 - ordnete der Vorsitzende der 7. Kammer in teilweiser Abänderung des Beschlusses der Kammer 7 L 1783/22 vom 24. Oktober 2022 die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 2728/22 gegen die in der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 30. März 2022 enthaltenen Abschiebungsandrohung und das verfügte Einreise- und Aufenthaltsverbot an. Der Kläger sei zwar kein Familienangehöriger einer Unionsbürgerin, aber wegen der bulgarischen Anerkennung dieser Ehe möglicherweis als solcher für Zwecke des Art. 21 AEUV zu behandeln. Mit Beschluss vom 18.01.2023 – 18 B 1335/23 - hat das OVG NRW die Beschwerde zurückgewiesen.
21Der Kläger beantragt,
22die Beklagte unter Aufhebung der Ordnungsverfügung vom 30.03.2022 zu verurteilen, ihm eine Aufenthaltskarte nach § 5 Absatz 1 S. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU zu erteilen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Zur Begründung wird ausgeführt, es handele sich um eine Eheschließung im Inland, da die Verlobten ihre Willenserklärung im Inland abgegeben hätten. So habe der Kläger im Eilrechtsschutzverfahren mit dem Antrag vom 19.01.2022 selbst ausgeführt, dass die Eheleute gegenüber dem Standesbeamten die Erklärung selbst und damit nicht durch Dritte abgegeben hätten. Er sei auch im Beschwerdeverfahren beim OVG nicht der Annahme des erstinstanzlichen Beschlusses entgegengetreten, dass es an einer Stellvertretersituation fehle. Erstmals in der Klageschrift werde eine Eheschließung durch Vertreter behauptet. Nachweise hierfür würden indes nicht vorgelegt. Die genannten Personen würden in der Eheurkunde als „Witness“ und damit als Trauzeugen aufgeführt, aber nicht als „representatives“ o. ä. bezeichnet. Damit könne die Urkunde nicht zum Beweis einer Stellvertretung geeignet sein. Darüber hinaus erscheine es fraglich, weshalb sich die Verlobten etwaiger Stellvertreter hätten bedienen sollen, wo sie selbst, wenn auch nicht körperlich anwesend, so doch an der Zeremonie online teilgenommen haben sollen. Eine Stellvertreterehe scheide damit aus.
26Die Beurkundung durch den Beamten des Bundesstaates Utah dürfte (wie auch im deutschen Recht) bloß formelle, nicht aber materielle Voraussetzung für die Wirksamkeit der Eheschließung sein. Dies ergebe sich auch aus der Ausgestaltung der Eheurkune, in der es heiße: „I, the undersigned, a county clerk designee, did join the matrimony accordng to the laws oft he States of Utah Z. D. and J. X. W.. The nature oft he ceremony was according to Utah Law and was a present mutual agreement of marriaqe between parties". Aus diesem Grund könne hier, entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten, für die Ortsbestimmung nicht (jedenfalls aber nicht ausschließlich) auf den Akt der staatlichen Registrierung abgestellt werden. Damil komme es (jedenfalls auch) auf den Ort der Abgabe der Eheerklärungen an. Dieser habe sich im Falle beider Verlobter unstretig jeweils in der Bundesrepublik befunden.
27Nur wenn sich beide Personen bei der Eheschließung n Utah aufgehalten hätten und dort jeweis vor Computerbildschirmen den Ehekonsens erklär hättent, wäre der Eheschließungsort der online-Trauung allein in Utah. Halte sich aber auch nur einer - oder wie hier sogar beide - der eheschließenden Personen bei der Erklärungsabgabe in Deutschand auf, so iegt der Eheschließungsort (zumindest auch) im Inland, sodass die Eheschließung unwirksam ist, denn Art.13 Abs.4 EGBGB finde bereits Anwendung, wenn die Eheschließung nicht ausschießlich im Ausland stattfinde.Die nachträgliche Anerkennung der Eheschließung durch die Türkei, führe zu keiner anderen Beurteilung. Für die Inlandsehe sei die Wahrung der inländischen Formvorschriften zwingend vorgeschrieben. Dies könne auch nicht durch eine ausländische Anerkennung der Heirat umgangen werden.
28Im Übrigen handele es sich bei der Ehe zwischen dem Kläger und Frau B. um eine Scheinehe.
29Das Gericht hat den Kläger informatorisch angehört, insoweit wird auf sie Sitzungsniederschrift vom 05.05.2023 Bezug genommen. Die Frau J. T. W. ist bei diesem Termin als Zeugin gehört worden, auch insoweit wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
30Mit Beschluss vom 24.05.2022 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Vorsitzenden als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich derer des einstweiligen Rechtsschutzes) sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe:
33Die Klage hat keinen Erfolg.
34Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig, soweit der Kläger mit ihr die Verurteilung der Beklagten zur Ausstellung einer Aufenthaltskarte als Familienangehöriger eines Unionsbürgers nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU begehrt.Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt eine Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU lediglich deklaratorisch das Bestehen eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fest. Es handelt sich dabei - wie bei der Bescheinigung über das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 5 Abs. 5 FreizügG/EU (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 10 C 8.12 - Buchholz 402.261 § 4a FreizügG/EU Nr. 3 Rn. 12) - nicht um einen feststellenden Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG, sondern um schlicht hoheitliches Handeln (vgl. Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 13. Aufl. 2020, § 5 FreizügG/EU Rn. 20 und 28), das mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen ist.
35BVerwG, Urteil vom 23. September 2020 – 1 C 27/19 –, juris Rz. 14.
36Anders verhält es sich nach dem Bundesverwaltungsgericht etwa mit dem Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung zum Nachweis eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts nach Art. 20 AEUV, der auf nationalrechtlicher Grundlage des § 4 Abs. 2 AufenthG n.F. mit der Verpflichtungsklage zu verfolgen ist.
37BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2018 – 1 C 16/17 –, BVerwGE 162, 349-363, juris Rz. 13.
38Handelt es sich aber bei der Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU nicht um einen mit der Verpflichtungsklage durchsetzbaren Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG NRW, so hat auch die Entscheidung über die Ablehnung eines solchen Begehrens keine Verwaltungsaktqualität.
39Allgemein so auch Wolff/Brink in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG – Kommentar, VwVfG, 1. Aufl.2010, § 35 Rz. 100; U. Stelkens in S/B/S, VwVfG – Kommentar, 9. Aufl. 2018, § 35 Rz. 99; Stuhlfauth in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 6. Aufl. 2021, § 35 Rz. 61 a.E.; differenzierend: Ramsauer in Kopp, VwVfG – Kommentar, 22. Aufl. 2021, § 35 Rz 90 a.E.; st. Rspr. der Kammer; Beschlüsse vom 24.10.2022, - 7 L 1783/22 – juris Rn. 14 und vom 15.06.2023, - 7 L 508/23 -
40Mithin fehlt auch der Ablehnung des Begehrens durch die Beklagte mit der Ordnungsverfügung vom 30.03.2022 die Verwaltungsaktqualität. Die Durchsetzung des Anspruchs bedarf daher nicht der vorherigen Beseitigung einer – sonst der Bestandskraft fähigen - Versagungsentscheidung.
41Daneben ist die Klage auch als Anfechtungsklage zulässig, soweit der Kläger die mit der Ordnungsverfügung vom 30.03.2022 verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung (Ziffer 2 des Tenors), sowie die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 3 des Tenors) anficht.
42Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet.Der Kläger hat gegen die Beklagte im massgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung
43BVerwG, Urteil vom 23. September 2020 – 1 C 27/19 –, juris Rz. 13,
44keinen Anspruch auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU (I.) Die Verfügung einer Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung (Ziffer 2 des Tenors), sowie die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 3 des Tenors) in der angfefochtenen Ordnungsverfügung vom 30.03.2022 sind nicht rechtswidrig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten (II.), § 113 Abs. 1 VwGO.
45I. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU zu. Nach dieser Vorschrift wird freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, von Amts wegen innerhalb von sechs Monaten, nachdem sie die erforderlichen Angaben gemacht haben, eine Aufenthaltskarte für Familienangehörige von Unionsbürgern ausgestellt, die fünf Jahre gültig sein soll.Der Kläger ist schon kein Familienangehöriger eines Unionsbürgers, so dass die Einreise und der Aufenthalt des Klägers schon nicht in den Anwendungsbereich des Freizügigkeitsgesetzes/EU fällt (a), und es liegen die Tatbestandsvoraussetzungen der Anspruchsnorm auch im Übrigen nicht vor (b).
46a) Die Anwendbarkeit des Freizügigkeitsgesetzes/EU ergibt sich nicht aus § 1 Abs. 1 Nr. 4 Freizüg/EU. Nach dieser Vorschrift dieses Gesetz die Einreise und den Aufenthalt von1. Unionsbürgern,2. Staatsangehörigen der EWR-Staaten, die nicht Unionsbürger sind,3. Staatsangehörigen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland nach dessen Austritt aus der Europäischen Union, denen nach dem Austrittsabkommen Rechte zur Einreise und zum Aufenthalt gewährt werden,4. Familienangehörigen der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen,5. nahestehenden Personen der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen sowie6. Familienangehörigen und nahestehenden Personen von Deutschen, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit nach Artikel 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union nachhaltig Gebrauch gemacht haben.
47Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und damit kein Unionsbürger im Sinne des Art. 20 AEUV. Er ist jedoch – was zunächst in Betracht zu ziehen war – auch kein Familienangehöriger eines Unionsbürgers. Insoweit hat er geltend gemacht, er habe am 00.00.0000 in Q./Utah (Vereinigte Staaten von Amerika) die Ehe mit der bulgarischen Staatsangehörigen J. T. W. geschlossen.
48Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 FreizügG/EU sind Familienangehörige einer Person, a) der Ehegatte, b) der Lebenspartner oder c) und d) andere Verwandte.
49Der Kläger ist kein Ehegatte der bulgarischen Staatsangehörigen J. T. W..
50Weder das Freizügigkeitsgesetz/EU (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3 a) FreizügG/EU) noch die Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG)
51RICHTLINIE 2004/38/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWGBerichtigte Fassung 29.06.2004, Abl. L 229/35
52definieren den Begriff des Ehegatten. Nach der Rechtsprechung des EuGHs, insbesondere zur Abgrenzung der nicht-verheirateten Lebensgemeinschaft, verweist der Begriff auf eine Beziehung, die ausschließlich auf der Ehe beruht.
53EuGH, Urteil vom 17. April 1986 – 59/85 –, juris Rn. 15.
54Die Ehe zeichne(t) sich nämlich durch Formenstrenge aus und begründe(t) weitreichende gegenseitige Rechte und Pflichten der Ehegatten, zu denen Beistands- und Einstandspflichten gehören.
55EuGH, Urteil vom 19.12.2019, C-460/18, Celex-Nr. 62018CJ0460, juris Rn. 73.
56Der Begriff des „Ehegatten“ bestimmt sich grundsätzlich nach nationalem Recht. Das Personenstandsrecht, zu dem die Regelungen über die Ehe gehören, fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und das Unionsrecht lässt diese Zuständigkeit unberührt.
57EuGH, Urteile vom 5. Juni 2018, - C-673/16 -, juris Rn. 37 und 14.12.2021, - C-490/20 -, juris Rn. 52.
58Eine im Ausland geschlossene Ehe kann aber anerkannt werden und damit ein Freizügigkeitsrecht für den ausländischen Ehegatten begründen. Die Wirksamkeit einer Eheschließung beurteilt sich nach den Regeln des IPR.
59Hailbronner in: Hailbronner, Ausländerrecht, § 1 FreizügG/EU Rz. 68
60Die Ehe ist gültig geschlossen, wenn die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder das Recht des Staates, in dem es vorgenommen wird, erfüllt sind.
61VG Mainz v. 19.8.2020, 4 L 434/20, Rn. 18; Huber/Mantel AufenthG/Brinkmann, 3. Aufl. 2021, FreizügG/EU § 5a Rn. 6.
62In Anendung dieser Grundsätze beantwortet sich die Frage nach der Gültigkeit und Wirksamkeit der vorgeblichen Ehe des Klägers mit Frau W. nach deutschem nationalen Recht. Das ergibt sich aus Folgendem:Nach Art. 3, 2. HS EGBGB
63Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche vom 18.08.1896, in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994(BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 24. Juni 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 212) geändert worden ist,
64bestimmt sich das anzuwendende Recht bei Sachverhalten mit einer Verbindung zu einem ausländischen Staat nach den Vorschriften dieses Kapitels (Internationales Privatrecht). Die Verbindung des vorliegenden Sachverhaltes zu einem ausländischen Staaat lässt sich, angesichts der Registrierung einer vorgeblichen Eheschließung in den USA zwischen einem türkischen Staatsangehörigen und einer bulgarischen Staasangehörigen bei gleichzeitiger Anwesenheit während der Abgabe des „Ja“-Worts in Deutschland, nicht leugnen.Nach den damit anwendbaren Art. 11 und 13 EGBGB ist für die Eheschließung zu unterscheiden, an welchem Ort die Eheschließung zustandekommt. Art. 13 Abs. 4 EGBGB bestimmt insoweit, dass im Inland eine Ehe nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden kann. Dabei geht der deutsche Gesetzgeber im Grundsatz davon aus, dass sich der Ort des Rechtsgeschäfts nach dem Aufenthaltsort der Beteiligten bestimmt, was sich auch aus Art. 11 Abs. 2 Alt. 2 EGBGB ableiten lässt.
65Mayer, Relevanz des Orts der Eheschließung für die Bestimmung des Formstatut bei der doppelten Handschuhehe und Online-Ehe; IPRax 2022, 593, 596.
66Allerdings wird insoweit auch vertreten, dass der Ort der Eheschließung dort anzunehmen sei, wo die Trauungshandlung vorgenommen wird,
67Beiderwieden, Kollisionsrechtliche fragen zur Wirksamkeit online geschlossener Ehen, jurisPR-IWR 2/2022 Anm. 4, Franck, Dänemark-, Handschuh- und jetzt Online-Ehe?, JZ 2023, 21, 30; Gössl, Die digitale Eheschließung im deutschen Kollsisionsrecht, StAZ 2022, 97, 99;das Auswärtige Amt hält seine zunächst in diese Richtung gehende Rechtsansicht ausdrücklich nicht mehr aufrecht: vgl. Visumhandbuch, Stand Juni 2024, Stichwort: Ehegatten- bzw. Partenernachzug Ziff. 2.2. Seite 6 und 7/8 und gibt vor: “maßgeblich ist der Aufenthaltsort der Verlobten bei Abgabe der auf die Eheschließung gerichteten Willenserklärung“.
68bzw. die (konstitutive) Mitwirkung der Behörde erfolgt.
69Mankowski, in Staudinger, BGB 2010, Art. 13 EGBGB Rn. 478 für viele andere.
70Diese Sichtweise verkennt indes, dass die Frage der Mitwirkung einer Behörde bereits eine Frage der Form der Eheschließung darstellt, die auf der Ebene der nationalen Kollisionsnorm noch nicht zu berücksichtigen ist. Denn aus deutscher Sicht ist das Kriterium des Ehekonsenses zwischen den Verlobten konstitutives Element der Eheschließung.
71Mayer, Relevanz des Orts der Eheschließung für die Bestimmung des Formstatut bei der doppelten Handschuhehe und Online-Ehe; IPRax 2022, 593, 596; Wall, Wirksamkeit von Online-Eheschließungen in den USA aus Sicht des deutschen IPR – ein Beitrag zum Ort der Eheschließung i.S.v. Art. 13 Abs. 4, 11 Abs. 1 EGBGB, StAZ 2022, 33, 37;
72Diese Sichtweise scheint auch – ohne dass es darauf ankäme – dem Recht von Utah nicht fremd zu sein, wenn es in der vom Kläger vorgelegten „Marriage License“ die Rolle des Behördenmitarbeiters als „did join in the Matrimony“ nur begleitend beschreibt.
73Die Abgabe der Erklärungen auf Eingehung der Ehe ist für die Eheschließung derart wesentlich, dass die Eheschließung (auch) am Ort der Abgabe der Erklärungen stattfindet. Haben die Verlobten ihre Erklärungen auf Eingehung der Ehe aber persönlich in Deutschland abgegeben, handelt es sich um eine Eheschließung im Inland.
74OLG Köln, Beschluss vom 08.03.2022, - I-26 Wx 3/22 -, juris Rz. 9f; vgl. auch Bay VGH Beschluss vom 20.06.2022, - 10 CS 22.716 -, juris Rn. 7; so auch schon Beschlüsse der Kammer vom 15.02.2022, - 7 L 122/22 –, juris und 24.10.2022 – 7 L 1783/22 -; VG Berlin, Urteil vom 1. Juni 2022 – 38 K 480/21 V –, juris Rn. 28f; Auswärtiges Amt, Visumhandbuch, Stand Juni 2024, Stichwort: Ehegatten- bzw. Partenernachzug Ziff. 2.2. Seite 6 und 7/8.
75Damit ist vorliegend Art 13 Abs. 4 EGBGB anzuwenden und die Formwirksamkeit bestimmt sich nach deutschem Sachrecht.
76Die Trauung des Klägers vom 00.00.0000 in Q./Utah genügt nicht den Vorschriften der §§ 1310, 1311 BGB.Nach § 1310 Abs. 1 BGB wird die Ehe nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Die Eheschließenden müssen die Erklärungen nach § 1310 Abs. 1 persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit abgeben. Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung abgegeben werden (§ 1311 BGB). Nach dem vom Kläger in der (ersten) mündlichen Verhandlung glaubhaft geschilderten Geschehensablauf am Trauungstag, der der Entscheidung zu Grunde gelegt wird,
77das hiervon abweichende Vorbringen im Verfahren 7 L 1783/22 und teilweise auch im Klageverfahren, das auf eine doppelte Handschuhehe führte, war ersichtlich verfahrensangepasst in Reaktion auf die im Verfahren 7 L 122/22 geäusserte Rechtsansicht des Einzelrichters und ist vom Kläger nicht mehr aufrechterhalten worden,
78haben die Verlobten in den Räumen des Prozessbevollmächtigten in C. vor dem per Videokonferenztechnik zugeschalteten County Clerk Designee (Beauftragter des Bezirkssekretärs) aus Q./Utah F. R. O. sich das Ja-Wort gegeben. Damit fehlt es an der gleichzeitigen Anwesenheit der Verlobten vor einem (deutschen) Stadesbeamten.Eine wirksame Ehe ist gem. Art. 13 Abs. 4 EGBGB damit zwischen dem Kläger und Frau W. durch die Zeremonie am 00.00.0000 nicht geschlossen worden.
79Es liegt auch keine wirksame Eheschließung nach Art. 13 Abs. 4 Satz 2 EGBGB vor. Danach kann eine Ehe zwischen Verlobten, von denen keiner Deutscher ist, vor einer von der Regierung des Staates, dem einer der Verlobten angehört, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der nach dem Recht dieses Staates vorgeschriebenen Form geschlossen werden; eine beglaubigte Abschrift der Eintragung der so geschlossenen Ehe in das Standesregister, das von der dazu ordnungsgemäß ermächtigten Person geführt wird, erbringt vollen Beweis der Eheschließung. Die damit eröffnete Möglichkeit der Eheschließung in Deutschland in einer der Botschaften des Staates, dem einer der Verlobten angehört, haben der Kläger und Frau W. nicht genutzt.
80Der Kläger ist aber auch kein Lebenspartner Im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU da er mit Frau W. weder eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz
81Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz - LPartG) vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 3 des Gesetzes vom 11. Juni 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 185) geändert worden ist,
82noch auf der Grundlage der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines EWR-Staates eine eingetragene Partnerschaft eingegangen ist.
83Vorliegend kann offenbleiben, ob das FreizügG/EU auf den Kläger als nahestehende Person einer Unionsbürgerin Anwendung (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 FreizügG/EU) finden kann. Nach der insoweit allein in Betracht zu ziehenden Norm des § 1 Abs. 2 Nr. 4 lit. c) FreizügG/EU müsste der Kläger dann ein Lebensgefährte sein, mit der oder dem die Person eine glaubhaft dargelegte, auf Dauer angelegte Gemeinschaft eingegangen ist, die keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt, wenn die Personen beide weder verheiratet noch Lebenspartner einer Lebenspartnerschaft im Sinne der Nummer 2 sind. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, was die Beklagte mit starken Argumenten bestreitet, kann hier offenbleiben. Denn die Anwendbarkeit des FreizügG/EU für nahestehende Personen führt indes nicht auf den geltend gemachten Anspruch auf eine Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FreizüGG/EU, die nur freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, zustehen kann. Für nahestehende Personen sieht das FreizügG/EU die „Verleihung“ des Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet vor. Hierfür ist zwar nach § 11 Abs. 5 FreizügG/EU § 5 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. Es handelt sich insoweit jedoch dann um einen konstitutiven Verleihungsakt (§ 3a Abs. 2 FreizügG/EU), der hier gerade nicht Streitgegenstand sein soll.
84Der Kläger ist auch nicht vor dem Hintergrund der vom bulgarischen Staat Frau W. und ihm erteilten bulgarischen Heiratsurkunde vom 00.00.0000 für die Zwecke des Art. 21 AEUV als Familienangehöriger der Frau B. anzusehen.Mit der vorgenannten Urkunde (Bl. 510 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten) bescheinigt die Stadt V./A. in Bulgarien dem Kläger, dass er am 00.00.0000 in den USA Frau W. geehelicht hat. Auf Grund der Niederschrift über die Eheschließung vom 00.00.0000 sei die Heiratsurkunde ausgestellt worden. Unabhängig von der Frage, ob sich der Kläger insoweit auf Art. 21 Abs.1 AEUV überhaupt berufen kann, da er nicht Unionsbürger ist und sich allenfalls als Familienangehöriger auf abgeleitete Freizügigkeitsrechte – die bei Frau W. zum maßgeblichen Zeitpunkt nach den nachfolgenden Erwägungen nicht bestehen (s.u.) - berufen kann, ist die Beklagte jedenfalls nicht an den Aussagegehalt der bulgarischen Urkunde gebunden.Allerdings hat der EuGH in mehreren Entscheidungen die Bindung an Personenstandsentscheidungen anderer Mitgliedstaaten anerkannt.
85Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 05.05.2018, - C-673/16 -, juris.
86Dies betraf Rückkehrerfälle, in denen etwa der Unionsbürger einen gleichgeschlechtlichen Drittstaater in einem anderen Mitgiedstaat, als dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, geheiratet hatte und nunmehr mit seinem Ehegatten in seinem Herkunftsstaat gemeinsam leben wollte.In einem weiteren Fall begehrte die Unionsbürgerin vom (Mitglieds-)Staat ihrer Staatsangehörigkeit die Ausstellung eines Personalausweises oder Reisepasses für das aus ihrer gleichgeschlechtlichen Ehe stammende Kind gleicher Staatsangehörigkeit, das über eine aus einem anderen Mitgliedstaat ausgestellte Geburtsurkunde mit der Eintragung beider Mütter als Eltern verfügte.
87EuGH, Urteil vom 14.12.2021, - C-490/20 -, juris.
88In diesem Fall verpflichtete der EuGH den Herkunftsstaat das aus dem Aufnahmemitgliedstaat stammende Dokument anzuerkennen.
89Die Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) bestimmt für die Ausstellung der Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitzen, die Vorlage einer Bescheinigung über das Bestehen einer familiären Beziehung oder einer eingetragenen Partnerschaft (Art. 10 Abs. 2 lit. a) RL 2004/38/EG). Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorschrift in § 5 a Abs. 2 FreizügG/EU umgesetzt. Danach darf die zuständige Behörde von Familienangehörigen in den Fällen des § 5 Absatz 2 oder für die Ausstellung der Aufenthaltskarte einen anerkannten oder sonst zugelassenen gültigen Pass oder Passersatz und zusätzlich Folgendes verlangen: 1. einen Nachweis über das Bestehen der familiären Beziehung, bei Verwandten in absteigender und aufsteigender Linie einen urkundlichen Nachweis über Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 Nummer 3, 2. eine Meldebestätigung des Unionsbürgers, den die Familienangehörigen begleiten oder dem sie nachziehen.Mit der in dieser Vorschrift vorgenommenen Beschränkung der Nachweispflichten der genannten Familienangehörigen ließe sich – im Zusammenspiel mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung
90Vgl. hierzu: Kersting in Bergmann, Handlexikon der Europäischen Union, 5. Aufl. 2015, zu Gegenseitige Anerkennung, S. 437f -
91als Ausfluss der in Art. 4 Abs. 2 EUV gewährleisteten Achtung der Gleichheit der Mitgliedstaaten und ihre jeweilige nationale Identität die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der regionalen und lokalenSelbstverwaltung zum Ausdruck kommt - eine Bindungswirkung des Aufnahmemitgliedsstaates an entsprechende Bescheinigungen des Herkunftsmitgliedstaates begründen,
92insbesondere auch unter dem Aspekt der zu garantierenden praktischen Wirksamkeit der Freizügigkeitsrechte,
93wie dies der Kläger in Bezug auf die für Frau W. ausgestellte bulgarische Heiratsurkunde geltend macht.Dies greift indes nicht durch. Zum einen bezieht sich die genannte Rechtsprechung auf Rückkehrfälle, das heißt auf Situationen, in denen die Unionsbürger in Ausübung ihrer Freizügigkeit personenstandsrelevante Entscheidungen erwirkt haben, die sie bei einer Rückkehr in den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, auch dort leben wollen. Diese Situation entscheidet sich aber grundlegend von der des Klägers und Frau W., die aus einem Umstand im Aufnahmemitgliedstaat (unwirksame Eheschließung im Inland) und dessen inhaltlich unzutreffende Bescheinigung aus dem Herkunftsmitgliedstaat (Eheschließung in USA) im Aufnahmemitgliedstaat Rechte ableiten wollen.Eine Bindungswirkung an Nachweise, die offensichtliche Unrichtigkeiten enthalten, lässt sich der Vorschrift des § 5a Abs. 2 FreizügG/EU aber nicht entnehmen.
94Huber/Mantel AufenthG/Brinkmann, 3. Aufl. 2021, FreizügG/EU § 5a Rn. 6.
95Nach der Rechtsprechung des EuGHs
96Urteil vom 27.09.1989, - C-130/88 – juris, Rn. 22
97ist der Aufnahmemitgliedstaat grundsätzlich an die Feststellungen des Herkunftsmitgliedstaates in Bestätigungen gebunden, mit denen die Grundfreiheiten in den Mitgliedstaaten verwirklicht werden kann. Dies ist für eine Heiratsurkunde, mit der die Freizügigkeit als Familienangehöriger – wie hier - in den Aufnahmemitgliedstaaten verwirklicht werden kann, uneingeschränkt zu bejahen. Allerdings ist nach dieser Rechtsprechung der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, Vorgänge ausser acht zu lassen, die sich in seinem Hoheitsgebiet zugetragen haben und die unmittelbar die Frage betreffen, ob der Betroffene tatsächlich z.B. in den USA an dem angegebenen Tag die Ehe geschlossen hat.
98Vgl. Urteil vom 27.09.1989, - C-130/88 – juris, Rn. 26.
99Ausserdem könne man dem Aufnahmemitgliedstaat nicht das Recht absprechen, Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass die Grundfreiheiten, die die Richtlinie verwirklichen wolle, von den Betroffenen dazu benutzt werden, sich den für die Staatsangehörigen dieses Landes geltenden Regelungen zu entziehen.
100Vgl. Urteil vom 27.09.1989, - C-130/88 – juris, Rn. 26.
101Auch in der neueren Judikatur zur Freizügigkeit nach Art. 21 AEUV betont der EuGH die Rechtmäßigkeit zu Grunde zu legender Personenstandsentscheidungen aus den Mitgliedstaaten.
102Urteil vom 14.12.2021, - C-490/20 -, juris Rn. 48, „rechtmäßig festgestellt“.
103Steht aber - wie vorliegend - fest, dass die vom Kläger und Frau W. vorgenommene Online-Eheschließung in C. nach nationalem deutschen Recht nicht wirksam ist, sind die deutschen Behörden an die bulgarische Bescheinigung, die diesen Vorgang als wirksame Eheschließung in den USA bestätigt, nicht gebunden. Eine freizügigkeitsrechtliche Wirkung kann aus dieser Bescheinigung daher nicht abgeleitet werden.
104Mit dieser Entscheidung wird auch nicht die Eheschließungsfreiheit des Klägers aus Art. 6 GG verletzt. Er macht insoweit geltend, er müsse sich, wenn der Rechtsauffassung des gerichts gefolgt werde, erst für den bulgarischen Rechtskreis und den türkischen Rechtskreis scheiden lassen, um eine (gültige) Ehe mit Frau W. schließen zu können. Denn er wäre ja bereits verheiratet. Dass die unwirksame Online-Ehe keine wirksame Eheschließung in Deutschland hindert, hat das OLG Köln jüngst entschieden.
105OLG Köln, Beschluss vom 08.03.2022, - I-26 Wx 3/22 -, juris Rz. 9f.
106Dem ist nichts hinzu zufügen.
107b) Ein Anspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU steht dem Kläger jedenfalls in der Sache nicht zu, weil er nicht freizügigkeitsberechtigt ist. Selbst wenn man die Familienanghörigeneigenschaft des Klägers zur bulgarischen Staatsanghörigen Frau W. auf Grundlage der Online-Ehe vom 00.00.0000 bejahen wollte, fehlte es an einem Freizügigkeitstatbestand nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU.Ein unionsrechtliches Freizügigkeitsrecht steht gem. § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU Familienangehörigen unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4 zu. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU haben Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 FreizügG/EU genannten Unionsbürger das Recht nach § 2 Abs. 1, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Frau W. ist indes, wie das erkennende Gericht mit Urteil vom heutigen Tage – 7 K 6592/23 – festgestellt hat, nicht freizügigkeitsberechtigt.
108Ungeachtet der Frage, ob man dem BVerwG Urteil vom 11.09.2019 - 1 C 48.18 -, juris Rn. 13 insoweit folgt und die Nichtbestehens-/Verlustfeststellung auf der Zeitachse für teilbar hält, gilt diese Feststellung jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der Enstscheidung des Gerichts.
109Sie verwirklicht in ihrer Person keinen Freizügigkeitstatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 FreizügG/EU. Insoweit wird auf die Gründe des den Beteiligten bekannten Urteils Bezug genommen. Ist aber die Unionsbürgerin (Stammberechtigte) nicht freizügigkeitsberechtigt, kann auch ein Familienangehöriger kein Freizügigkeitsrecht ableiten. Ob darüber hinaus das Tatbestandsmerkmal des „Begleitens oder Nachziehens“ gegeben ist, kann mithin offenbleiben.
110II. Die in der angefochtenen Ordnungsverfügung vom 30.03.2022 verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung (Ziffer 2 des Tenors) (a), sowie die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 3 des Tenors) (b) sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
111a) Die Beklagte konnte die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung auf Grundlage des § 59 AufenthG erlassen, weil das Aufenthaltsgesetz nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AfenthG auf ihn anwendbar ist, nachdem – wie gezeigt das FreizügG/EU ihm keine Rechtsstellung vermittelt.Nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen, wenn keine Abschiebungsverbote vorliegen und der Abschiebung weder das Kindeswohl noch familiäre Bindungen noch der Gesundheitszustand des Ausländers entgegenstehen.
112Die dem Kläger gesetzte Ausreisefrist von sechs Wochen geht deutlich über den Mindestrahmen nach der Vorschrift hinaus und ist auch angesichts der nunmehr nahezu fünfjährigen Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet angemessen und ausreichend, um eine geordnete Ausreise zu ermöglichen und im Übrigen auch abgelaufen. Mit dem Zielstaat Türkei benennt die Abschiebungsandrohung auch hinreichend bestimmt den Zielstaat einer gegebenenfalls erforderlichen Abschiebung.Dem Erlass der Abschiebungsandrohung stehen auch in der Sache keine familiären Bindungen entgegen. Dies wäre etwa dann aus Gründen der nach Art. 6 GG geschützten familiären Lebensgemeinschaft der Fall, wenn sie nur im Bundesgebiet zumutbar gelebt werden könnte.
113Art. 6 Abs. 1 verpflichtet den Staat, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Jedoch kann weder aus Art. 6 GG noch aus Art. 8 EMRK ein unmittelbarer Anspruch auf Einreise und Aufenthalt hergeleitet werden,
114etwa BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2005, 2 BvR 1001/04, DVBl. 2006, 247, EGMR, Entscheidung vom 16. September 2009 – 11103/03 – juris.
115Die Vorschrift des Art. 6 GG verpflichtet als wertentscheidende Grundsatznorm die Ausländerbehörde jedoch, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Aufenthalt begehrenden Ausländers an sich im Bundesgebiet berechtigterweise aufhaltende Personen pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen.Hieraus vermag der Kläger nichts für sich abzuleiten. Denn die vom Kläger insoweit geltend gemachte Ehe mit der bulgarischen Staatsangehörigen Frau W. ist in Deutschland schon nicht wirksam, Frau W. ist im Bundesgebiet nicht bleibeberechtigt und es ist nicht erkennbar, dass der Kläger diese Beziehung nicht in seinem Heimatstaat oder Bulgarien leben könnte.
116b) Auch die Anordnung und Befristung eines abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbots für die Dauer von 32 Monaten (Ziffer 3 der angefochtenen Ordnungsverfügung) auf Grundlage des § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, 3, Abs. 3 AufenthG begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
117Für die Bestimmung der grundsätzlich im Ermessen stehenden Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots gilt ein zweistufiges Prüfungsprogramm.In einem ersten Schritt bedarf es der prognostischen Einschätzung, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der Anordnung des abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbots zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an einer Gefahrenabwehr durch Fernhalten des Ausländers von dem Bundesgebiet zu tragen vermag. Das Gewicht dieses gefahrenabwehrrechtlich geprägten öffentlichen Interesses an einem befristeten Fernhalten des abgeschobenen Ausländers wird maßgeblich durch den Zweck des § 11 Abs. 1 AufenthG geprägt. Mit diesem verfolgt der Gesetzgeber gewichtige spezial- und generalpräventive Zwecke, die im Übrigen für das ausweisungsbedingte und für das abschiebungsbedingte Einreiseverbot je gesondert zu bestimmen sind.
118Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. September 2021 – 1 C 47/20 -, juris, Rn. 16.
119Dem gefahrenabwehrrechtlich geprägten öffentlichen Interesse sind in einem zweiten Schritt die Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die private Lebensführung des Ausländers gegenüberzustellen. Dieser zweite Prüfungsschritt zielt im Lichte von Art. 6 und Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 7 GRC sowie des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf eine Begrenzung der einschneidenden Folgen eines Einreise- und Aufenthaltsvebots für das Familien- und Privatleben des Betroffenen. Er bezweckt zudem, dem Interesse des Ausländers an einer „angemessenen Rückkehrperspektive“ bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen Rechnung zu tragen, weshalb zwar weder die Gründe für die Beendigung eines vormals bestehenden Aufenthaltsrechts noch die Erfüllung der Voraussetzungen für die Erteilung eines neuerlichen Aufenthaltstitels, wohl aber das Gewicht des individuellen Interesses, sich wieder im Bundesgebiet aufhalten zu dürfen, bei der Bemessung der Frist zu berücksichtigen ist. Einer angemessenen Rückkehrperspektive bedürfen im Lichte des Schutzes des Familienlebens im Sinne von Art. 6 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 7 Var. 2 GRC insbesondere Ausländer, die im Bundesgebiet in familiärer Lebensgemeinschaft mit einem deutschen oder einem ausländischen langfristig aufenthaltsberechtigten Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährigem ledigen Kind leben oder eine sozial-familiäre Beziehung mit einem solchen minderjährigen Kind pflegen.
120BVerwG, Urteil vom 7. September 2021 – 1 C 47/20, juris, Rn. 17 bis 20.
121Allerdings ist es nicht Zweck der Befristung, die Entscheidung über ein künftiges Aufenthaltsrecht vorwegzunehmen. Die Prüfung von dessen Aufenthaltsvoraussetzungen ist vielmehr dem nach Ablauf der Sperrfrist durchzuführenden Visum- bzw. Aufenthaltstitelverfahren vorzubehalten. Für die Beachtlichkeit des individuellen Interesses des Ausländers, sich wieder im Bundesgebiet aufhalten zu dürfen, ist von maßgeblicher Bedeutung, ob er ein zentrales Element einer im Aufenthaltsgesetz geregelten Anspruchsgrundlage erfüllt,
122Urteil der erkennenden Kammer vom 17. Dezember 2021 – 7 K 6069/21 – S. 14 UA, BVerwG, Urteil vom 7. September 2021 – 1 C 47/20, Rn. 23, juris, betr. die Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit.
123Gemessen an diesen Vorgaben begegnet das von der Beklagten verfügte und auf 32 Monate befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot keinen Bedenken. Sie hat das ihr hierzu vom Gestzgeber eingeräumte Ermessen erkannt und seinem Zweck entsprechend ausgeübt, § 114 Satz 1 VwGO. Die Beklagte hat das öffentliche Interesse am Fernhalten des Klägers auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass er bei der Einreise und dem anschließenden Aufenthalt die hierzu bestehenden Gesetze nicht respektiert hat, insoweit als die Länge der Normalfrist minimal erhöhend berücksichtigt. Eine diese ordnungsrechtlich bestimmte Fristlänge korrigierende Beschränkung war angesichts einer fehlenden, bzw. in Bezug auf die Berufsausübung jedem nur allgemein zustehende Rückkehrperspektive nicht angezeigt.
124Soweit das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach aktueller Rechtslage sich auch auf Bulgarien, den Heimatstaat vor Frau W., erstrecken sollte,
125gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gilt: „Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet und das Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der anderen Schengen-Staaten einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.“
126ist er insoweit wegen der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG nicht belastet. Danach erstreckt sich das Einreise- und Aufenthaltsverbot nicht auf den Mitgliedstaat der Europäischen Union oder den Schengen-Staat, wenn dem Ausländer die Einreise und der Aufenthalt dort erlaubt sind.
127Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
128Die Enscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 1667 VwGO, §§ 708, 711 ZPO.
129Rechtsmittelbelehrung:
130Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
131Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
132Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
133Die Berufung ist nur zuzulassen,
1341. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
1352. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
1363. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
1374. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
1385. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
139Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
140Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
141Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
142Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichsteinfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
143Beschluss:
144Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
145Gründe:
146Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs.1 GKG erfolgt.
147Rechtsmittelbelehrung:
148Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
149Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
150Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
151Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
152Die Beschwerdeschrift soll möglichst einfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
153War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.