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1. Der Anspruch eines Dritten auf immissionsschutzbehördliches Einschreiten gegen den Betrieb einer Luftwärmepumpe auf einem Nachbargrundstück setzt voraus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der einschlägigen Ermächtigungsgrundlagen des § 24 Satz 1 BImSchG bzw. des § 25 Abs. 2 BImSchG erfüllt sind.
2. Die Untersagung des Betriebs einer Luftwärmepumpe auf der Grundlage von § 24 Satz 1 BImSchG bzw. § 25 Abs. 2 BImSchG setzt voraus, dass von der Luftwärmepumpe (gesundheitsgefährdende) schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen.
3. Für die Bestimmung schädlicher Umwelteinwirkungen in Gestalt erheblicher Belästigungen durch von Luftwärmepumpen ausgehenden Anlagenlärm gilt der Maßstab der Zumutbarkeit. Im Rahmen ihres Anwendungsbereichs wird die Zumutbarkeit von Lärm durch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) bestimmt. Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende und grundsätzlich abschließende Bindungswirkung zu.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Der Kläger begehrt vom Beklagten ein immissionsschutzrechtliches Einschreiten gegenüber einer von dessen Grundstücksnachbarn nahe der Grenze zum klägerischen Grundstück betriebenen Luftwärmepumpe.
3Der Kläger ist Nießbraucher und Anwohner des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks mit der postalischen Bezeichnung M.-straße 0 in N01 Z. (G01). Das ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück der Grundstücksnachbarn (W. und Q. F.) mit der postalischen Bezeichnung M.-straße 00 in N01 Z. (G02) grenzt südlich an das klägerische Grundstück an. Die Grundstücke liegen gemäß § 34 Baugesetzbuch (BauGB) im unbeplanten Innenbereich. Aufgrund der Umgebungsbebauung durch ausschließlich vorhandene Wohngebäude entspricht die Eigenart der näheren Umgebung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 3 der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO) einem Reinen Wohngebiet (WR).
4Die Grundstücksnachbarn des Klägers haben auf ihrem Grundstück eine freistehende Luftwärmepumpe des Herstellers Vaillant (Modell: aroTHERM VWL 125/5 AS S2) aufstellen lassen und nutzen diese zur Wärmeerzeugung für ihr Wohnhaus. Die Luftwärmepumpe befindet sich im Garten des Nachbargrundstücks in einem Abstand von ca. 3,5 m vor der Grenze zum klägerischen Grundstück insgesamt ca. 7 m vom Schlafzimmerfenster des klägerischen Wohnhauses entfernt. Die Luftwärmepumpe ist außerhalb der baurechtlich einzuhaltenden Abstandsflächen aufgestellt. Die Abstrahlrichtung der Geräusche erzeugenden Ventilatoren der Luftwärmepumpe ist entgegengesetzt zum klägerischen Grundstück zur Terrasse der Grundstücksnachbarn hin ausgerichtet.
5Mit Schreiben vom 29. Mai 2022 beantragte der Kläger bei der Unteren Immissionsschutzbehörde des Beklagten immissionsschutzrechtlich gegen die Luftwärmepumpe der Nachbarn einzuschreiten und deren Betrieb gemäß § 25 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG) zu untersagen. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, von der Luftwärmepumpe gingen unzumutbare Geräuschimmissionen aus. Die behördliche Entscheidung müsse unter Berücksichtigung der tieffrequenten Geräuschanteile, der Reflexionen, der Tonalitäten und der Impulshaltigkeit der Anlage ergehen. Auch eine erhöhte Schallabstrahlung durch Erneuerung der Wandverkleidung durch bestimmte Baustoffe müsse berücksichtigt werden.
6Veranlasst durch den Antrag des Klägers führte der Beklagte am 7. Juni 2022 einen Ortstermin zur Inaugenscheinnahme und Geräuschmessung auf den streitgegenständlichen Grundstücken M.-straße 0 und 00 durch. Bei dem Ortstermin waren ein Mitarbeiter der Unteren Immissionsschutzbehörde des Beklagten, die Grundstücksnachbarn, ein Mitarbeiter des Installationsbetriebes der Luftwärmepumpe sowie ein Mitarbeiter des Herstellers der Luftwärmepumpe anwesend. Seitens des Beklagten wurde eine Überwachungsmessung nach der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) durchgeführt. Für die Überwachungsmessung wurde die Luftwärmepumpe sowohl im abgesenkten Nachtbetrieb (40 % Leistung) als auch im Tagesbetrieb (100 % Leistung im Volllastmodus) betrieben. Da eine Messung am maßgeblichen Immissionsort in einer Entfernung von 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Schlafzimmerfensters des Klägers wegen der niedrigen Geräuschanteile der Anlage und der vorherrschenden Umgebungsgeräusche nicht möglich war, wurde die Überwachungsmessung an einem Ersatzimmissionsort im Abstand von 1 m vor der Luftwärmepumpe durchgeführt. Die durchgeführte Überwachungsmessung wurde im Einzelnen in einem „Messbericht über Geräuschimmissionen“ aus Juni 2022 dokumentiert (vgl. Bl. 54 bis 70 der Verwaltungsvorgänge). Auf den Inhalt des Messberichts wird Bezug genommen.
7Mit Schreiben vom 13. Juni 2022 teilte der Beklagte dem Kläger mit, bei der durchgeführten Überwachungsmessung am 7. Juni 2022 hätten ausgehend von der Luftwärmepumpe des Nachbargrundstücks keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche festgestellt werden können. Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte für reine Wohngebiete nach Nr. 6.1 f) TA Lärm (tags 50 dB(A) und nachts 35 dB(A)) würden am maßgeblichen Immissionsort des klägerischen Grundstücks eingehalten. Nach Vornahme eines Messabschlags für Überwachungsmessungen nach Nr. 6.9 TA Lärm ergebe sich am maßgeblichen Immissionsort ein Beurteilungspegel von 34 dB(A) im Tagesbetrieb und von 19 dB(A) im Nachtbetrieb. Damit unterschreite die Luftwärmepumpe der Grundstücksnachbarn die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der TA Lärm deutlich, sodass mit deren Betrieb keine erheblichen Belästigungen verbunden seien.
8Mit Schreiben vom 15. Juli 2022 teilte der Beklagte dem Kläger mit, es sei beabsichtigt, den Antrag auf Untersagung des Betriebs der Luftwärmepumpe auf dem Grundstück M.-straße 00 abzulehnen. Dem Kläger wurde Gelegenheit gegeben, bis zum 22. August 2022 zu der beabsichtigten Ablehnung seines Antrages Stellung zu nehmen. Von der Möglichkeit zur Stellungnahme machte der Kläger mit Schreiben vom 14. August 2022 Gebrauch.
9Mit E-Mails vom 16., 17. und 18. November 2022 ersuchte der Beklagte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) um Amtshilfe in Bezug auf die Einschätzung einer Veränderung (Erhöhung) des Schallpegels der streitgegenständlichen Luftwärmepumpe im Winterbetrieb (ab ca. 7 °C) infolge der Auswirkungen einer vorübergehenden Vereisung nebst nachfolgendem Abtauvorgang. Das LANUV NRW teilte mit E-Mails vom 16. und 17. November 2022 sowie telefonisch am 18. November 2022 im Wesentlichen mit, dass angesichts der am 7. Juni 2022 gemessenen Beurteilungspegel von 34 dB(A) im Tagesbetrieb und von 19 dB(A) im Nachtbetrieb selbst im Falle der vorübergehenden Erhöhung des Schallpegels bei Vereisung der streitgegenständlichen Luftwärmepumpe keine relevante Überschreitung der geltenden Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 f) TA Lärm (tags 50 dB(A) und nachts 35 dB(A)) zu befürchten sei. Die durchgeführte Messung an einem Ersatzimmissionsort im Abstand von 1 m zur Quelle nebst Ausbreitungsberechnung sei nach den Vorgaben der TA Lärm erfolgt und angesichts der konkreten örtlichen Gegebenheiten, bei denen das Anlagengeräusch durch Umgebungsgeräusche überdeckt wurde, fachlich nicht zu beanstanden.
10Mit Bescheid vom 5. Dezember 2022 (zugestellt am 7. Dezember 2022) lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 29. Mai 2022, den Betrieb der benachbarten Luftwärmepumpe auf dem Grundstück M.-straße 00 in N01 Z. auf Grundlage des § 25 Abs. 2 BImSchG zu untersagen, ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, bei der Luftwärmepumpe handele es sich um eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage nach § 22 BImSchG. Die Voraussetzungen für eine Untersagung des Betriebs der Luftwärmepumpe nach § 25 Abs. 2 BImSchG seien nicht gegeben, weil durch den Betrieb der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen würden, die das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder bedeutende Sachwerte gefährdeten. Bei der am 7. Juni 2022 auf Grundlage der TA Lärm durchgeführten Überwachungsmessung hätten keine schädlichen Umwelteinwirkungen festgestellt werden können. Bei der Messung seien alle relevanten Fragestellungen erfasst und in die Beurteilung einbezogen worden. Bei der messtechnischen Erfassung der Anlagengeräusche seien alle relevanten Geräuschanteile, insbesondere die tieffrequenten Geräuschanteile, die Frage der Impulshaltigkeit der Geräusche, alle durch Bauteile entstehenden Reflexionen durch Schallabstrahlungen von Gebäuden sowie die tonalen Aspekte berücksichtigt worden. Die für den in einem reinen Wohngebiet belegenen maßgeblichen Immissionsort nach Nr. 6.1 f) TA Lärm (tags 50 dB(A) und nachts 35 dB(A)) geltenden Immissionsrichtwerte würden durch den Betrieb der Anlage nicht überschritten. Durch den Tagesbetrieb (100 % Leistung im Volllastmodus) resultiere am maßgeblichen Immissionsort ein gemäß Nr. 6.9 TA Lärm verminderter Beurteilungspegel von 34 dB(A) und durch den programmierten Nachtbetrieb (40 % Leistung) ein verminderter Beurteilungspegel von 19 dB(A). Da die Luftwärmepumpe für den Tagesbetrieb im hochfrequenten Bereich tonal sei, sei gemäß der TA Lärm für die Beurteilung am Tag der Störfaktor für Tonalität mit 6 dB(A) berücksichtigt worden. Die Luftwärmepumpe entspreche daher den Anforderungen des § 22 BImSchG, weil von ihr keine schädlichen Umwelteinwirkungen ausgingen. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Luftwärmepumpe entgegen der geltenden EU-Vorschriften verändert worden sei. Auch im Falle einer möglichen Vereisung der Luftwärmepumpe im Winterbetrieb würden die geltenden Immissionsrichtwerte eingehalten, da insoweit für den Nachtbetrieb ein um 2 dB(A) erhöhter Beurteilungspegel anzunehmen sei. Dies führe selbst im Falle einer Vereisung nur zu einem nächtlichen Beurteilungspegel von 21 dB(A), womit der geltende nächtliche Immissionsrichtwert von 35 dB(A) ebenfalls sicher eingehalten werde. Die geltenden Immissionsrichtwerte würden auch unter Berücksichtigung der Tonalität der Anlage eingehalten. Die Aufstellung der Luftwärmepumpe sei aus immissionsschutzrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die Anforderungen des LAI-Leitfadens für die Verbesserung des Schutzes gegen Lärm bei stationären Geräten (Klimageräte, Kühlgeräte, Lüftungsgeräte, Luft-Wärme-Pumpen und Mini-Blockheizkraftwerke) vom 28. August 2013, aktualisiert durch Beschluss der 139. LAI Sitzung vom 24. März 2020 (im Folgenden: LAI-Leitfaden) sowie die Anforderungen des Herstellers der Luftwärmepumpe richteten sich ausschließlich an Betreiber und Installateure von Luftwärmepumpen. Bei der TA Lärm handele es sich um eine die Verwaltung bindende, normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, die den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkung verbindlich festlege und hierbei auch besondere Störeigenschaften der Geräusche, wie Tonalität und Impulshaltigkeit, berücksichtige. Die Vorsorgeanforderungen des § 5 BImSchG seien nur auf genehmigungsbedürftige Anlagen nach § 4 Abs. 1 BImSchG anwendbar, nicht aber auf die in Rede stehende Luftwärmepumpe, weil es sich bei dieser um eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage nach § 22 BImSchG handele. Da von dem Betrieb der Luftwärmepumpe keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt erheblicher Belästigungen durch Geräusche ausgingen, komme eine Betriebsuntersagung nicht in Betracht. Eine Gefährdung der Gesundheit oder bedeutender Sachgüter sei darüber hinaus nicht feststellbar.
11Der Kläger hat am 28. Dezember 2022 Klage erhoben.
12Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, er habe einen Rechtsanspruch auf Untersagung des Betriebs der Luftwärmepumpe auf dem Nachbargrundstück. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 BImSchG seien erfüllt, weil die Luftwärmepumpe schädliche Umwelteinwirkungen in Form von erheblichen Belästigungen durch Geräusche verursache.
13Die vorgenommene Überwachungsmessung sei nicht sachgerecht anhand der Vorgaben der TA Lärm durchgeführt worden und damit fehlerhaft. Die vorgenommene Ersatzmessung an einem Ersatzimmissionsort entspreche nicht den Vorgaben der Nr. A.3.4 des Anhangs der TA Lärm zur Ermittlung der Geräuschimmissionen (im Folgenden: Anhang der TA Lärm), weil der gewählte Abstand von 1 m zur Anlage zu knapp bemessen worden sei und daher zu keinem verlässlichen Messergebnis führen könne. Eine Messung in einem Abstand von 1 m zur Luftwärmepumpe tauge nicht als Ersatzimmissionsort nach Nr. A.3.4.2 des Anhangs der TA Lärm. Die Messung sei auch fehlerhaft, weil der Abstand zwischen Luftwärmepumpe und Hauswand des Nachbarn geringer als 3 m sei. Durch einen Abstand von weniger als 3 m zu einer Hauswand resultiere eine Pegelerhöhung von 3 dB(A). Die Luftwärmepumpe sei im Übrigen nicht so aufgestellt, wie auf den Bildern 4 und 5 im Messbericht abgebildet. Hierdurch komme es zu Schallreflexionen, die der Messbericht nicht berücksichtige. Der vorgenommene Messabschlag gemäß Nr. 6.9 TA Lärm in Höhe von 3 dB(A) hätte nicht angewandt werden dürfen, weil es eines solchen Messabschlages nach dem heutigen Stand der Technik und daraus folgender geringerer Messunsicherheiten nicht mehr bedürfe. Zudem sei der Messabschlag nur für Überwachungsmessungen vorgesehen. Die Richtigkeit der Messergebnisse werde zudem wegen der Diskrepanz zwischen den vom Beklagten gemessenen Immissionswerten und den Herstellerangaben der streitgegenständlichen Luftwärmepumpe zu den Schallemissionen bezweifelt. Denn während der Beklagte einen Tageswert von 34 dB(A) und eine Nachtwert von 19 dB(A) festgestellt habe, gebe der Hersteller Schallemissionen zwischen 50 dB(A) und 55 dB(A) an. Diese Diskrepanz könne nur mit der Fehlerhaftigkeit der vom Beklagten durchgeführten Messung erklärt werden. Im Übrigen lasse die Überwachungsmessung unberücksichtigt, dass es im Winterbetrieb durch eine Vereisung der Anlage zu höheren Betriebsgeräuschen und demzufolge höheren Schallpegeln komme. Die Messergebnisse seien im Übrigen nicht mehr aktuell, weil die Rasenfläche in unmittelbarer Nähe zur Luftwärmepumpe zwischenzeitlich versiegelt worden sei und zudem unmittelbar neben der Anlage ein Kinderspielhaus aufgestellt worden sei. Die Bodenversiegelung führe zu einer Reduzierung der Schallabsorption und die Aufstellung des Kinderspielhauses zu anderen Schallreflexionen. Wegen der Fehlerhaftigkeit der durchgeführten Messung könne sich der Beklagte nicht erfolgreich darauf berufen, dass der maßgebliche Immissionsort sich schon nicht mehr gemäß Nr. 2.2 a) TA Lärm im Einwirkungsbereich der Luftwärmepumpe befinde, weil die Immissionsrichtwerte zur Tages- und Nachtzeit um mehr als 10 dB(A) unterschritten werden. Zudem würden die Ergebnisse des Messberichts aus Juni 2022 durch vom Kläger im Jahr 2024 vorgenommene eigene Messungen mit einem Schallpegelmessgerät der Firma C. widerlegt.
14Die TA Lärm sei in Bezug auf die Feststellung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräusche nicht abschließend, sodass auch anderweitige Erkenntnismittel, insbesondere der LAI-Leitfaden, in Bezug auf Lärm zu berücksichtigen seien. Die TA Lärm habe keine strikte Bindungswirkung hinsichtlich der Feststellung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräusche. Die immanenten Einschränkungen der Bindungswirkung durch die TA Lärm selbst seien nicht berücksichtigt worden. Vorliegend habe der Beklagte sich nicht auf eine Prüfung im Regelfall nach Nr. 3.2.1 TA Lärm beschränken dürfen, sondern hätte wegen der besonderen Lästigkeit der von der Luftwärmepumpe ausgehenden Geräusche eine ergänzende Prüfung im Sonderfall nach Nr. 3.2.2 TA Lärm durchführen müssen. Ein Sonderfall sei gegeben, weil der Kläger als Arzt teilweise im Nachtdienst tätig sei und daher seine Nachtruhe bisweilen am Tag nachholen müsse. Die Tonhaltigkeit der Luftwärmepumpe im Tagesbetrieb stelle für ihn daher eine erhebliche Belästigung dar. Eine Sonderfallprüfung sei im Übrigen wegen der Geräuschcharakteristik der Anlage veranlasst. Hierbei sei insbesondere der auf das Grundstück einwirkende Verkehrslärm durch den umliegenden Straßen- und Bahnverkehr zu berücksichtigen sowie der Umstand, dass der Kläger als Arzt im Nachtdienst tätig sei und seine Nachtruhe tagsüber nachholen müsse. Die Bindungswirkung der TA Lärm könne auch durch neue naturwissenschaftliche bzw. technische Erkenntnisse entfallen. Solche Erkenntnisse enthalte der LAI-Leitfaden, da aus ihm hervorgehe, dass die TA Lärm die akustischen Besonderheiten von Luftwärmepumpen nicht sachgerecht erfasse. Ausweislich des LAI-Leitfadens entsprächen Geräte mit tonhaltigen Geräuschemissionen wie die streitgegenständliche Luftwärmepumpe nicht dem Stand der Technik. Der Beklagte habe den LAI-Leitfaden bei der Prüfung des Vorliegens schädlicher Umwelteinwirkungen nicht berücksichtigt. Im Übrigen sei die TA Lärm hinsichtlich der Auswirkungen durch tieffrequente Schallereignisse bzw. Infraschall durch neue naturwissenschaftliche und technische Erkenntnisse überholt. Die durch die TA Lärm geschützten Nachtzeiten von 22:00 bis 06:00 Uhr entsprächen nicht mehr dem Schlafverhalten der Bevölkerung. Daher könne die TA Lärm aufgrund ihres Alters nicht mehr zur alleinigen Grundlage der Beurteilung der Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen durch Luftwärmepumpen gemacht werden, weil sie den aktuellen Stand der Lärmwirkungsforschung nicht hinreichend berücksichtige. Die TA Lärm dürfe zudem nicht schematisch angewandt, sondern es müsse im konkreten Einzelfall eine Güterabwägung der unterschiedlichen Interessen vorgenommen werden. Im Übrigen müsse die Auslegung der TA Lärm anhand der LAI-Hinweise zur Auslegung der TA Lärm, Stand: 24. Februar 2023 (im Folgenden: LAI Hinweise) und des LAI-Leitfadens erfolgen. Luftwärmepumpen dürften daher nur unter Beachtung der Standort- und Abstandsvorgaben des LAI-Leitfadens aufgestellt werden.
15Die Luftwärmepumpe auf dem Nachbargrundstück entspreche nicht dem Stand der Technik, weil der Schallleistungspegel von 50 dB(A) ausweislich der Herstellerangaben überschritten werde und im Übrigen anstatt eines aktuellen Kältemittels (R290) ein veraltetes klimaschädliches Kältemittel (R410A) verwendet werde. Von der Luftwärmepumpe gingen daher nicht nur schädliche Umwelteinwirkungen in Form von Geräuschen, sondern auch in Form gesundheitsgefährdender Kontaminationen im Falle eines Austritts des Kältemittels aus. Im Übrigen dürfe die Luftwärmepumpe nur bei vollumfänglicher Einhaltung der Betriebsanleitung des Herstellers betrieben werden.
16Der Betrieb der Luftwärmepumpe verursache Lärm, welcher bei ihm – dem Kläger – wegen der unmittelbaren Nähe der Anlage zu seinem Schlafzimmerfenster zu Schlafstörungen führe. Angesichts dessen werde durch die Luftwärmepumpe eine konkrete Gesundheitsgefährdung hervorgerufen. Infolge des Betriebes der Luftwärmepumpe leide der Kläger bereits unter Schlafstörungen. Darüber hinaus leide er an arterieller Hypertonie und einer koronaren Herzerkrankung. Lärm sei signifikant an der Entstehung von Hypertonie beteiligt.
17Die Luftwärmepumpe verfüge über einen Kompressor und dürfe daher gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der 32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung – 32. BImSchV) an Werktagen in der Zeit von 20:00 Uhr bis 07:00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen ganztägig in reinen Wohngebieten nicht betrieben werden.
18Da die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 BImSchG erfüllt und atypische Verhältnisse nicht ersichtlich seien, sei der Beklagte zum Einschreiten verpflichtet. Dessen ungeachtet könne der Beklagte als milderes Mittel gegenüber einer Betriebsuntersagung gestützt auf § 24 BImSchG auch die Versetzung der Anlage anordnen bzw. verfügen, dass die Anlage in keinem Betriebszustand tonhaltig sein dürfe.
19Der Kläger beantragt,
20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Dezember 2022 zu verpflichten, den Betrieb der Luftwärmepumpe auf dem Grundstück M.-straße 00 in N01 Z. zu untersagen.
21Der Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung nimmt er Bezug auf den streitgegenständlichen Bescheid und führt ergänzend und vertiefend aus, der Kläger habe weder einen Anspruch auf Untersagung des Betriebs der Luftwärmepumpe gemäß § 25 Abs. 2 BImSchG noch einen Anspruch auf Erlass einer betriebseinschränkenden Anordnung nach § 24 BImSchG.
24Die nach Nr. 6.1 f) TA Lärm (tags 50 dB(A) und nachts 35 dB(A)) geltenden Immissionsrichtwerte würden mit einem ermittelten Beurteilungspegel von tags 34 dB(A) und nachts 19 dB(A) deutlich unterschritten, sodass keine erhebliche Belästigung im Sinne des § 22 i.V.m. § 3 BImSchG vorliege. Mangels Überschreitens der Erheblichkeitsschwelle könne insbesondere keine Gesundheitsgefährdung festgestellt werden.
25Die TA Lärm sei als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräusche der Luftwärmepumpe maßgeblich und insoweit abschließend. Die Anlagengeräusche der Luftwärmepumpe am Immissionsort würden gemäß Nr. 3.2.1 TA Lärm auch im Nachtzeitraum durch ständig vorherrschende Fremdgeräusche überlagert. Zudem liege der Immissionsort nach Nr. 2.2 TA Lärm bereits nicht im Einwirkungsbereich der Luftwärmepumpe, da die Immissionsrichtwerte im Tages- und Nachtzeitraum durch den Beurteilungspegel um mehr als 10 dB(A) unterschritten werden. Die vorgenommene Überwachungsmessung sei entsprechend der Vorgaben der TA Lärm durchgeführt worden und könne daher als Beurteilungsgrundlage für die Geräuschsituation herangezogen werden. Aufgrund der in der Umgebung vorherrschenden Fremdgeräusche sei ein Ersatzimmissionsort nach Nr. A.3.4.1 a) des Anhangs der TA Lärm gewählt worden um sicherzustellen, dass gemäß Nr. A.3.4.2 des Anhangs der TA Lärm die für den Immissionsort kennzeichnende Geräuschsituation erfasst werden kann. Die durchgeführte Ersatzmessung sei nach Nr. A.3.1 des Anhangs der TA Lärm mit einer Schallausbreitungsberechnung verknüpft worden. Da die Anlagengeräusche in Ausbreitungsrichtung auf den Immissionsort derart geräuscharm seien, habe vor dem Hintergrund der Fremdgeräusche eine Messung nahe am Aggregat erfolgen müssen, um eine Beurteilung der kennzeichnenden Geräuschimmissionen überhaupt zu ermöglichen. Eine Messung in einem größeren Abstand zur Anlage habe aufgrund der konkreten örtlichen Verhältnisse nicht umgesetzt werden können. Die Diskrepanz zwischen den Messwerten und den Herstellerangaben beruhe darauf, dass es sich einerseits um Schallleistungspegel als Emissionswerte und andererseits um Schalldruckpegel als Immissionswerte handele. Aufgrund der festgestellten erheblichen Unterschreitung der gebietsbezogenen Immissionsrichtwerte, insbesondere im Nachtzeitraum von 16 dB(A), seien weitere Ermittlungen oder Lärmmessungen nicht veranlasst gewesen. Der möglichen Vereisung der Luftwärmepumpe im Winter und hiermit einhergehender höherer Schallleistungspegel sei durch die Berücksichtigung eines weiteren Zuschlags von 2 dB(A) Rechnung getragen worden. Hiernach sei für den Nachtzeitraum ein Beurteilungspegel von 21 dB(A) anzunehmen, der den geltenden Immissionsrichtwert ebenfalls deutlich unterschreite und daher keine erhebliche Belästigung darstelle. Selbst bei einer Zugrundelegung der am Ersatzimmissionsort gemessenen Gesamtgeräusche (Umgebungsgeräusche zuzüglich Anlagengeräusche) ergebe sich bei einer Worst-Case-Betrachtung, dass die geltenden Immissionsrichtwerte mit tags 34,7 dB(A) und nachts 25,7 dB(A) gleichfalls deutlich unterschritten werden. Die Messergebnisse seien nach wie vor aktuell. Die angebaute Terrasse auf dem Nachbargrundstück sowie ein im Garten aufgestelltes Spielhaus aus Kunststoff führe zu keiner maßgeblichen Veränderung der Ausbreitungssituation. Die Holzterrasse sei nicht in Ausbreitungsrichtung zum Immissionsort erstellt worden, sondern in die entgegengesetzte Richtung, sodass sie nicht zu verstärkenden Reflexionen am Immissionsort führen könne. Das mobile und tragbare Spielhaus aus Kunststoff sei aufgrund seiner Größe sowie der Fenster- und Türöffnungen nicht geeignet, zu einer relevanten Erhöhung der Immissionen beizutragen.
26Der TA Lärm komme als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen Bindungswirkung dahingehend zu, ob die mit einer Anlage verbundenen Geräusche gemäß § 22 i.V.m. § 3 BImSchG als erheblich zu beurteilen sind. Die TA Lärm sei daher auf Luftwärmepumpen anwendbar. Die Bindungswirkung sei nur insoweit eingeschränkt, als die Anforderungen der Regelfallprüfung nach Nr. 3.2.1 TA Lärm nicht erfüllt seien oder die Voraussetzungen der Nr. 3.2.2 TA Lärm für die Anwendung einer Sonderfallprüfung vorliegen. Die TA Lärm sei daher für die Beurteilung der von Luftwärmepumpen ausgehenden Geräusche maßgeblich. Eine atypische Anlagensituation oder sonstige Ausnahmen, die einer Anwendung der TA Lärm entgegenstünden, seien nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für die Durchführung einer Sonderfallprüfung seien nicht gegeben, weil die in Nr. 3.2.2 TA Lärm genannten Voraussetzungen nicht vorlägen. Die Zumutbarkeit der Geräusche könne daher im Wege der Regelfallprüfung in dem in der TA Lärm standardisierten Verfahren aufgrund eines Vergleichs mit den Immissionsrichtwerten beurteilt werden. Besondere Störeigenschaften und objektivierbare Lästigkeitsfaktoren, wie Einzeltöne und Impulshaltigkeit, würden durch Zuschläge berücksichtigt. Objektivierbare Lästigkeitsfaktoren, wie Einzeltöne, Impulshaltigkeit, besonders störende Frequenzanteile sowie lärmsensible Einwirkungszeiten seien indes nicht feststellbar. Für die Tonalität im Tageszeitraum sei ein Zuschlag von 6 dB(A) vergeben worden. Tieffrequente Geräuschanteile hätten bei der Messung nicht festgestellt werden können. Darüber hinausgehende Besonderheiten, insbesondere durch nicht in der Regelfallprüfung berücksichtigte Lästigkeiten der Anlagengeräusche, seien bei der Luftwärmepumpe nicht feststellbar. Das Erfordernis einer Sonderfallprüfung könne nicht auf die auch ohne die Luftwärmepumpe auf den Immissionsort einwirkenden Verkehrsgeräusche begründet werden. Die TA Lärm entspreche dem Stand der Technik, da sie zuletzt mit Datum vom 1. Juni 2017 überarbeitet worden sei. Insbesondere widerspreche auch der in der TA Lärm definierte Nachtzeitraum zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr nicht den allgemein üblichen Ruhezeiten, da sich die TA Lärm auf den Durchschnittsmenschen beziehe und spezielle Lebenssituationen oder individuelle Gesundheitszustände im Rahmen der Regelbeurteilung unberücksichtigt bleiben müssten.
27Der LAI-Leitfaden könne im Rahmen der Überwachung nicht als Maßstab für die Zumutbarkeit von Geräuschen herangezogen werden, da er lediglich der Unterstützung der Beurteilung bei der Aufstellung von stationären Geräten, die in dem Wohnen dienenden Gebieten aufgestellt werden, diene. Die Anwendung des LAI-Leitfadens ermögliche daher im Rahmen der Überwachung keine sachgerechte Beurteilung. Bei der korrekten Anwendung des LAI-Leitfadens zur Ermittlung der erforderlichen Abstände oder der zulässigen Schallleistungspegel könne zwar im Regelfall davon ausgegangen werden, dass erhebliche Belästigungen durch Geräusche bei dem Betrieb stationärer Anlagen nicht entstehen. Im Rahmen der Überwachung der nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen seien allerdings stets die konkrete Aufstellung der jeweiligen Anlage und die jeweiligen Betriebsmodalitäten zu berücksichtigen, welche sich nicht durch eine lediglich theoretische Abstandsberechnung nach dem LAI-Leitfaden und auf der Grundlage von Datenblättern ersetzen ließen. Die Anforderungen des LAI-Leitfadens allein seien nicht ausreichend um eine Immissionssituation sachgerecht zu beurteilen. Im Zweifel seien daher Überwachungsmessungen durchzuführen. Auch die Nichteinhaltung der pauschalen und theoretischen Vorgaben des LAI-Leitfadens könne – wie hier bei der durchgeführten Überwachungsmessung festgestellt – dazu führen, dass die jeweilige Anlage im konkreten Einzelfall am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte einhalte und insoweit keine unzumutbaren Geräuschbelästigungen entstünden.
28Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass die streitgegenständliche Luftwärmepumpe nicht dem aktuellen Stand der Technik entspreche, weil es auf dem Markt neuere, leise oder insgesamt modernere Anlagen gebe. Eine Anlage entspreche mit Blick auf zumutbare Geräuschbelästigungen stets dann dem Stand der Technik, wenn diese – wie hier – die einschlägigen Immissionsrichtwerte der TA Lärm einhalte.
29Die streitgegenständliche Luftwärmepumpe unterfalle nicht dem Anwendungsbereich des § 1 32. BImSchV i.V.m. Art. 3 der Richtlinie 2000/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen (RL 2000/14/EG), da es sich nicht um eine Maschine handele, die über einen eigenen Antrieb verfügt oder bewegt werden kann. Im Übrigen unterfielen nur die im Anhang der 32. BImSchV abschließend aufgelisteten Geräte und Maschinen dem Anwendungsbereich der 32. BImSchV. Luftwärmepumpen seien dort nicht aufgeführt.
30Eine Gefahrenlage im Sinne von § 25 Abs. 2 BImSchG, die eine Untersagung des Betriebs der Luftwärmepumpe rechtfertigte, sei nicht gegeben, weil von der Luftwärmepumpe keine gesundheitsschädigenden Immissionen ausgingen. Immissionen, die zu einer Gesundheitsgefährdung führten, seien erst bei Lärmwerten von mehr als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts anzunehmen, die durch die Luftwärmepumpe nicht überschritten würden. Die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 24 BImSchG seien ebenfalls nicht gegeben, weil ein Verstoß gegen die Betreiberpflichten des § 22 BImSchG nicht vorliege. Denn die geltenden Immissionsrichtwerte würden durch die ermittelten Beurteilungspegel von tags 34 dB(A) und nachts 19 dB(A) deutlich unterschritten. Eine Unterschreitung der Immissionsrichtwerte sei selbst dann gegeben, wenn von den Gesamtimmissionen ausgegangen werde, weil insoweit Beurteilungspegel von tags 35 dB(A) und nachts 26 dB(A) anzunehmen seien. Die Versetzung der Luftwärmepumpe an einen anderen Ort oder eine Einschränkung des Betriebs der Anlage zur Vermeidung von Tonalitäten könne daher nicht angeordnet werden.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe
33Die Klage, über die der Berichterstatter als Einzelrichter entscheiden kann, bleibt ohne Erfolg.
34Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
35A. Die Klage ist zulässig.
36Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft, weil der Kläger den Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber seinen Grundstücksnachbarn durch immissionsschutzrechtliches behördliches Einschreiten in Gestalt der Anordnung einer Betriebsuntersagung für die auf dem Nachbargrundstück befindliche Luftwärmepumpe begehrt.
37Der Kläger verfügt über die erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Er macht geltend, durch die Ablehnung der von ihm beantragten Betriebsuntersagung der Luftwärmepumpe in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine solche Rechtsverletzung ist nicht nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen. Als Grundlage für die Abwehr derartiger Gefahren und Belästigungen kommen insbesondere § 24 und § 25 Abs. 2 BImSchG in Betracht. Diese Vorschriften haben drittschützenden Charakter. Der Abwehranspruch, der sich aus diesen Bestimmungen ergibt, ist personen- und nicht grundstücksbezogen. Schutzadressat der § 24 und § 25 Abs. 2 BImSchG ist der Mensch, der im Einwirkungsbereich einer mit Immissionen verbundenen Anlage Gesundheitsrisiken und erheblichen Belästigungen ausgesetzt ist, denen er sich nicht entziehen kann,
38vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. September 1993 – 10 S 1735/91 –, juris Rn. 28 m.w.N.
39B. Die Klage ist jedoch unbegründet.
40Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, den Beklagten zu verpflichten, den Betrieb der Luftwärmepumpe auf dem Grundstück M.-straße 00 in N01 Z. zu untersagen bzw. sonstige beschränkende Maßnahmen in Bezug auf den Betrieb der Luftwärmepumpe anzuordnen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 5. Dezember 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
41Im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung besteht ein Anspruch auf Einschreiten des Beklagten gegenüber den Grundstücksnachbarn in Bezug auf den Betrieb der Luftwärmepumpe weder auf der Grundlage von § 25 Abs. 2 BImSchG (hierzu unter I.), noch auf der Grundlage von § 24 Satz 1 BImSchG (hierzu unter II.).
42I. Ein Anspruch auf behördliches Einschreiten aus § 25 Abs. 2 BImSchG in Gestalt der Untersagung des Betriebs der Luftwärmepumpe auf dem Nachbargrundstück besteht nicht, weil bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt sind.
431. Nach § 25 Abs. 2 BImSchG soll die zuständige Behörde die Errichtung oder den Betrieb einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage ganz oder teilweise untersagen, wenn die von einer Anlage hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder bedeutende Sachwerte gefährden und soweit die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht auf andere Weise ausreichend geschützt werden kann.
44Die Vorschrift verschafft betroffenen Dritten bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf ein Einschreiten, soweit kein atypischer Fall anzunehmen ist,
45vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 77.87 –, juris Rn. 35; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 8 B 594/18 –, juris Rn. 16.
46Eine über eine bloße erhebliche Belästigung im Sinne einer Beeinträchtigung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens hinausgehende Gesundheitsschädigung im immissionsschutzrechtlichen Sinne ist gegeben, wenn durch unmittelbare Einwirkung von Lärm funktionelle oder morphologische Veränderungen des menschlichen Organismus auftreten, die die natürliche Variationsbreite signifikant überschreiten. Eine Gefahr für die Gesundheit ist in diesem Zusammenhang anzunehmen, wenn der Eintritt des Schadens im Sinne eines Krankheitszustandes aufgrund der konkreten Umstände überwiegend wahrscheinlich ist, ohne jedoch unmittelbar bevorstehen zu müssen. Geschützt sind dabei auch besonders empfindliche Personengruppen wie Kinder, Kranke und alte Menschen, nicht aber eine besondere, atypische Empfindlichkeit Einzelner,
47vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 8 B 594/18 –, juris Rn. 18; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. September 1993 – 10 S 1735/91 –, juris Rn. 31; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4. November 2014 – 10 S 1663/11 –, juris Rn. 37.
48Es ist davon auszugehen, dass die grundrechtliche Zumutbarkeitsgrenze zum Schutz der Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG) regelmäßig bei Lärmwerten von mehr als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts liegt,
49vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2013 – 7 B 40.12 –, juris Rn. 10; BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 2000 – 4 VR 19.99, 4 A 53.99 –, juris Rn. 12; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 8 B 594/18 –, juris Rn. 20.
502. Nach Maßgabe dieser Kriterien sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 BImSchG nicht erfüllt.
51a. Zwar handelt es sich bei der streitgegenständlichen Luftwärmepumpe um eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne des § 25 Abs. 2 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG. Eine Luftwärmepumpe ist eine ortsfeste Einrichtung und damit eine Anlage im Sinne der Legaldefinition des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG. Auch handelt es sich um eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage, da weder ihre Errichtung noch ihr Betrieb einer Genehmigung nach § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG i.V.m. der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV) bedürfen.
52b. Von der Luftwärmepumpe auf dem Nachbargrundstück des Klägers gehen jedoch keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 25 Abs. 2 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 BImSchG aus, die das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder bedeutende Sachwerte gefährden.
53Von der Luftwärmepumpe gehen bereits deshalb keine gesundheitsgefährdenden schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 25 Abs. 2 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 BImSchG aus, weil der von der Anlage ausgehende Lärm am maßgeblichen Immissionsort auf dem klägerischen Grundstück die vorgenannten Grenzwerte von mehr als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts bei weitem unterschreitet. Die sichere Einhaltung der gesundheitsgefährdenden Grenzwerte von mehr als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts wird belegt durch die vom Beklagten vor Ort durchgeführte Überwachungsmessung vom 7. Juni 2022, die in einem umfassenden „Messbericht über Geräuschimmissionen“ aus Juni 2022 dokumentiert worden ist. Die Überwachungsmessung wurde in Übereinstimmung mit den Vorgaben der TA Lärm durchgeführt, beruht auf eingehenden Messungen vor Ort und ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. hierzu nachfolgend unter II.). Ausweislich des Messberichtes und der vor Ort am 7. Juni 2022 erhobenen Messwerte wird für den Immissionsort des klägerischen Grundstücks lediglich ein maßgeblicher Beurteilungspegel von 34 dB(A) am Tag sowie von 19 dB(A) in der Nacht festgestellt.
54Eine aktuelle Gesundheitsgefahr wird schließlich nicht durch die Behauptung des Klägers begründet, an Schlafstörungen, arterieller Hypertonie und einer koronaren Herzerkrankung zu leiden. Denn das Vorliegen dieser Krankheitsbilder sowie die Ursächlichkeit der durch den Betrieb der Luftwärmepumpe entstehenden Geräusche für die Entstehung dieser Erkrankungen wurde seitens des Klägers weder substantiiert dargelegt noch belegt.
55II. Ein Anspruch auf behördliches Einschreiten aus § 24 Satz 1 BImSchG in Gestalt einer Betriebsuntersagung, einer Anordnung der Versetzung der Luftwärmepumpe auf dem Nachbargrundstück oder einer Anordnung zur Vermeidung von Tonalitäten bei dem Betrieb der Luftwärmepumpe besteht ebenfalls nicht, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt sind.
561. Nach § 24 Satz 1 BImSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 BImSchG und der auf das Bundes-Immissionsschutzgesetz gestützten Rechtsverordnungen erforderlichen Anordnungen treffen. Eine Anordnung nach § 24 Satz 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG kann mit dem Ziel erlassen werden, schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind (Nr. 1), oder nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken (Nr. 2). Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG nicht nur Gefahren, sondern auch erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen,
57vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 8 B 594/18 –, juris Rn. 31.
582. Nach Maßgabe dieser Kriterien sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 BImSchG nicht erfüllt.
59a. Zwar handelt es sich – wie vorstehend dargelegt – bei der streitgegenständlichen Luftwärmepumpe um eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne des § 24 Satz 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG.
60b. Von der Luftwärmepumpe gehen jedoch keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 24 Satz 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, § 3 Abs. 1 BImSchG aus, die unterhalb der in § 25 Abs. 2 BImSchG bezeichneten Grenze (Gefahr für Leben und Gesundheit) bleiben, weil durch den Betrieb der Luftwärmepumpe nicht nur die gesundheitsgefährdenden Grenzwerte von mehr als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts (vgl. vorstehend unter I.), sondern gleichfalls auch die für das klägerische Grundstück maßgeblichen Immissionsrichtwerte der TA Lärm deutlich unterschritten werden.
61aa. Für die Bestimmung schädlicher Umwelteinwirkungen in Gestalt erheblicher Belästigungen durch Anlagenlärm gilt der Maßstab der Zumutbarkeit. Der Begriff der Zumutbarkeit bezeichnet als Ausdruck des das nachbarliche Verhältnis prägenden Gebots der Rücksichtnahme die aufgrund einer Güterabwägung markierte Grenze, jenseits derer lästige Einwirkungen von betroffenen Nachbarn bereits unterhalb der Schwelle des Gesundheitsschutzes rechtlich nicht mehr hingenommen werden müssen,
62vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4. November 2014 – 10 S 1663/11 –, juris Rn. 50; VG Karlsruhe, Urteil vom 14. Oktober 2015 – 9 K 636/14 –, juris Rn. 63.
63Im Rahmen ihres Anwendungsbereichs wird die Zumutbarkeit von Lärm durch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) vom 26. August 1998 bestimmt. Die TA Lärm vom 26. August 1998 gilt für Anlagen, die als genehmigungsbedürftige oder nicht genehmigungsbedürftige Anlagen den Anforderungen des Zweiten Teils des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unterliegen (Nr. 1 Abs. 2 TA Lärm). Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept nur insoweit Raum, als die TA Lärm insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und 7.2 TA Lärm) und Bewertungsspannen (z.B. Nr. A.2.5.3 des Anhangs der TA Lärm) Spielräume eröffnet,
64vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 4 A 13.18 –, juris Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 14. März 2018 – 4 A 5.17 –, juris Rn. 60; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – 4 A 1.13 –, juris Rn. 53; BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 – 4 C 2.07 –, juris Rn. 11 f. m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2015 – 5 S 2020/13 –, juris Rn. 67.
65Die TA Lärm ist auf den Betrieb von Luftwärmepumpen anwendbar,
66vgl. zur Anwendbarkeit der TA Lärm auf Luftwärmepumpen: OVG Hamburg, Beschluss vom 7. Juni 2023 – 2 Bs 38/23 –, juris Rn. 44 ff.; OVG Sachsen, Urteil vom 20. August 2020 – 1 A 1194/17 –, juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 30. Oktober 2024 – 2 K 597/24 –, juris Rn. 55 ff.
67Die TA Lärm gilt ausdrücklich auch für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen, die den Anforderungen des zweiten Teils des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unterliegen (Nr. 1 Abs. 2 TA Lärm). Luftwärmepumpen sind im Katalog der in Nr. 1 TA Lärm vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausdrücklich ausgenommenen Anlagenarten nicht aufgeführt.
68Die nach der TA Lärm maßgeblichen Immissionsrichtwerte werden danach bestimmt, in welchem der in Nr. 6.1 TA Lärm genannten Baugebietstypen der Immissionsort liegt. Fehlt es – wie hier – an einer Festlegung der Gebietsart in einem Bebauungsplan, regelt Nr. 6.6 Satz 2 TA Lärm, dass die Beurteilung nach Nr. 6.1 TA Lärm entsprechend der Schutzbedürftigkeit des Gebiets zu erfolgen hat. Das Gebiet ist also einem der in Nr. 6.1 TA Lärm genannten Baugebietstypen zuzuordnen. Dabei ist von der Umschreibung des jeweiligen Baugebietscharakters in der Baunutzungsverordnung auszugehen. Heranzuziehen ist schließlich derjenige Baugebietstyp, der dem zu beurteilenden Gebiet am ehesten entspricht,
69vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2015 – 5 S 2020/13 –, juris Rn. 42, 67 m.w.N.; VG Karlsruhe, Urteil vom 14. Oktober 2015 – 9 K 636/14 –, juris Rn. 65.
70Entscheidend für diese baurechtliche Zuordnung ist die Eigenart der näheren Umgebung des Grundstücks (§ 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB), also die dort vorhandene Nutzung einschließlich derjenigen auf dem Grundstück selbst,
71vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2015 – 5 S 2020/13 –, juris Rn. 42; VG Karlsruhe, Urteil vom 14. Oktober 2015 – 9 K 636/14 –, juris Rn. 65.
72bb. Nach Maßgabe dieser Kriterien befindet sich das im unbeplanten Innenbereich (§ 34 Abs. 1 BauGB) belegene Grundstück, auf dem der Kläger wohnt, angesichts der Eigenart der näheren Umgebung, die ausschließlich durch Wohngebäude geprägt ist, in einem (faktischen) Reinen Wohngebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 3 BauNVO. Demzufolge sind für die Beurteilung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräusche die Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 f) TA Lärm für reine Wohngebiete heranzuziehen. Diese betragen für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden tags 50 dB(A) und nachts 35 dB(A).
73Die geltenden Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 f) TA Lärm werden durch den Betrieb der Luftwärmepumpe auf dem Nachbargrundstück zur Überzeugung des Gerichts nicht überschritten, sodass weder schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 24 Satz 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 BImSchG, noch gesundheitsgefährdende schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 25 Abs. 2 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 BImSchG vorliegen, die – wie bereits ausgeführt – erst ab einer Grenze von mehr als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts angenommen werden können.
74Die Einhaltung der geltenden Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 f) TA Lärm wird belegt durch die vom Beklagten vor Ort durchgeführte Überwachungsmessung vom 7. Juni 2022, die in einem umfassenden „Messbericht über Geräuschimmissionen“ aus Juni 2022 dokumentiert worden ist. Die Überwachungsmessung wurde in Übereinstimmung mit den Vorgaben der TA Lärm durchgeführt und beruht auf eingehenden Messungen vor Ort. Der nachfolgend erstellte Messbericht ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Ausweislich des Messberichtes und der vor Ort am 7. Juni 2022 erhobenen Messwerte wird für den Immissionsort des klägerischen Grundstücks ein maßgeblicher Beurteilungspegel von 34 dB(A) am Tag sowie 19 dB(A) in der Nacht festgestellt. Der Messbericht berücksichtigt in rechtlich nicht zu beanstandender Weise bereits den für Überwachungsmessungen vorzunehmenden Messabschlag, wonach gemäß Nr. 6.9 TA Lärm im Falle von Überwachungsmessungen zum Vergleich mit den Immissionsrichtwerten nach Nr. 6.1 TA Lärm ein um 3 dB(A) verminderter Beurteilungspegel heranzuziehen ist. Durch die Vornahme des Messabschlags nach Nr. 6.9 TA Lärm wird den stets mit Schallmessungen einhergehenden Unsicherheiten Rechnung getragen,
75vgl. zur Rechtmäßigkeit des Messabschlages bei Überwachungsmessungen: BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 – 4 C 2.07 –, juris Rn. 17 ff. m.w.N.; VG Karlsruhe, Urteil vom 14. Oktober 2015 – 9 K 636/14 –, juris Rn. 74.
76Bedenken hinsichtlich der Erforderlichkeit eines solchen Messabschlags angesichts des Stands der Messtechnik und der Verbesserung der Genauigkeit der eingesetzten Messgeräte bestehen nicht. Die Rechtsprechung geht zutreffend von einer fortbestehenden Anwendbarkeit der Nr. 6.9 TA Lärm aus. Denn die auch in anderen Regelwerken anerkannten Messabschläge gründen sich nur zu einem geringeren Teil auf mögliche Messinstrumentenfehler, vorwiegend aber auf die Berücksichtigung bestimmter Einflussgrößen und anderer Ursachen für Messungenauigkeiten,
77vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Februar 2017 – 10 S 1878/16 –, juris Rn. 10; VGH Bayern, Beschluss vom 14. Februar 2012 – 22 ZB 11.2059 –, juris Rn. 10; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Dezember 2016 – OVG 11 N 88.14 –, juris Rn. 4.
78Angesichts der bei der Überwachungsmessung festgestellten Schallpegel von 34 dB(A) am Tag sowie 19 dB(A) in der Nacht werden die geltenden Immissionsrichtwerte durch den Betrieb der Luftwärmepumpe deutlich unterschritten.
79cc. Die vom Kläger gegen die Ordnungsgemäßheit und Verwertbarkeit der Messergebnisse erhobenen Einwände greifen allesamt nicht durch.
80Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte zwecks Simulation des Tag- und Nachtbetriebs der Luftwärmepumpe die Überwachungsmessung einerseits bei abgesenktem Nachtbetrieb (40 % Leistung) und andererseits im Tagesbetrieb (100 % Leistung im Volllastmodus) vorgenommen hat. Hierdurch wird die Geräuschcharakteristik der Luftwärmepumpe zur Tages- und Nachtzeit nachvollziehbar und den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend abgebildet und bei der Messung erfasst. Es bestehen insbesondere keinerlei tatsachengestützte Anhaltspunkte dafür, dass die durch den bei der Überwachungsmessung anwesenden Techniker des Herstellers der Luftwärmepumpe eingestellten Betriebsmodi des Nachtbetriebs (40 % Leistung) und des Tagesbetriebs (100 % Leistung im Volllastmodus) fehlerhaft eingestellt worden sind.
81Es ist zudem rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Überwachungsmessung an einem Ersatzimmissionsort durchgeführt und die Messergebnisse mit einer Schallausbreitungsrechnung verknüpft hat. Diesbezüglich hat der Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass eine Messung am maßgeblichen Immissionsort gemäß Nr. A.1.3 Abs. 1 a) des Anhangs der TA Lärm in einer Entfernung von 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Schlafzimmerfensters des Klägers als dem vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raum nach DIN 4109 (Ausgabe November 1989) wegen der niedrigen Geräuschanteile der Luftwärmepumpe und der vorherrschenden Fremdgeräusche in der Umgebung (u.a. Verkehrslärm) nicht möglich war, sodass die Überwachungsmessung an einem Ersatzimmissionsort im Abstand von 1 m vor der Luftwärmepumpe durchgeführt werden musste. Diese Vorgehensweise entspricht in vollem Umfang den Vorgaben der TA Lärm. Denn nach Nr. A.3.1 Abs. 2 des Anhangs der TA Lärm kann die zuständige Behörde festlegen, dass, wenn – wie hier – Messungen an den maßgeblichen Immissionsorten nach Nr. A.1.3 des Anhangs der TA Lärm nicht möglich sind, u.a. bei Fremdgeräuscheinfluss, die Geräuschimmissionen an den maßgeblichen Immissionsorten aus Ersatzmessungen nach einem der in Nr. A.3.4 des Anhangs der TA Lärm beschriebenen Verfahren ermittelt werden. Hierbei werden gemäß Nr. A.3.1 Abs. 2 des Anhangs der TA Lärm Messergebnisse (Geräuschimmissionen an Ersatzimmissionsorten bzw. Schallleistungspegel) mit Schallausbreitungsrechnungen verknüpft. Angesichts dessen durfte der Beklagte den gewählten Ersatzimmissionsort in einem Abstand von 1 m vor der Luftwärmepumpe festlegen. Die durchgeführte Ersatzmessung entspricht auch den Vorgaben der Nr. A.3.4 des Anhangs der TA Lärm. Der Beklagte hat in zulässiger Weise die Messung an einem Ersatzimmissionsort gemäß Nr. A.3.4.1 Abs. 1 a) des Anhangs der TA Lärm gewählt. Die Festsetzung des Ersatzimmissionsortes im Abstand von 1 m zur Luftwärmepumpe entspricht den Anforderungen der Nr. A.3.4.2 Abs. 1 des Anhangs der TA Lärm. Denn hiernach können solche näher zur Anlage gelegene Ersatzsatzimmissionsorte festgesetzt werden, an denen die für den maßgeblichen Immissionsort kennzeichnende Geräuschsituation ermittelt werden kann und an denen der Pegel des Anlagengeräusches ausreichend weit über dem Fremdgeräuschpegel liegt. So liegt der Fall hier. Der Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Pegel des Anlagengeräusches nur im Falle eines Abstands von 1 m zur Anlage in ausreichendem Maße über dem Fremdgeräuschpegel der Umgebungsgeräusche gelegen hat. Die Regelung in Nr. A.3.4.2 Abs. 1 des Anhangs der TA Lärm schreibt keinen Mindestabstand des Ersatzimmissionsortes in Bezug auf den Abstand zur Anlage für die Durchführung der Ersatzmessung vor. Maßstab ist allein, dass der Pegel des Anlagengeräusches ausreichend weit über dem Fremdgeräuschpegel liegt. Der genaue Abstand kann daher nur anhand der konkreten örtlichen Gegebenheiten bestimmt und festgelegt werden. Diese Maßgaben hat der Beklagte hinreichend beachtet.
82Die Messergebnisse unterliegen infolge der Diskrepanz zwischen den vom Beklagten gemessenen Immissionswerten (34 dB(A) tags und 19 dB(A) nachts) einerseits und den Herstellerangaben der streitgegenständlichen Luftwärmepumpe zu den Schallemissionen (50 dB(A) bis 55 dB(A)) andererseits keinen durchgreifenden Zweifeln. Denn die Diskrepanz zwischen den Messwerten des Beklagten und den Herstellerangaben beruht schlicht darauf, dass es sich bei den Herstellerangaben um Schallleistungspegel als Emissionswerte und bei den Ergebnissen der Überwachungsmessung um Schalldruckpegel als Immissionswerte handelt, die in einem Abstand von 1 m zur Luftwärmepumpe gemessen wurden. Unabhängig davon kommt es auf die vom Kläger genannten Emissionspegel der Luftwärmepumpe als solche nicht an. Denn maßgeblich nach der TA Lärm ist ausschließlich der Beurteilungspegel am Immissionsort,
83vgl. so zur vergleichbaren AVV Baulärm: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 8 B 594/18 –, juris Rn. 27.
84Ohne Erfolg bleibt der Einwand des Klägers, der Abstand der Luftwärmepumpe zur Hauswand der Grundstücksnachbarn sei entgegen der Angaben im Messbericht geringer als 3 m. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Abstand zwischen Hauswand und Luftwärmepumpe im Messbericht durch den Beklagten unzutreffend angegeben worden ist. Jedenfalls kann die Behauptung eines geringeren Abstandes als 3 m zwischen Luftwärmepumpe und Hauswand nicht sicher durch die von Seiten des Klägers vorgelegten Lichtbilder belegt werden. Die Frage des konkreten Abstands zwischen Luftwärmepumpe und Hauswand des Nachbarn ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn selbst wenn der Vortrag des Klägers, ein Abstand von weniger als 3 m zwischen Hauswand und Luftwärmepumpe führe zu einer Pegelerhöhung von 3 dB(A), als wahr unterstellt wird, führte dies gleichwohl bei weitem nicht zu einer Überschreitung der geltenden Immissionsrichtwerte gemäß Nr. 6.1 f) TA Lärm sowie der gesundheitsgefährdenden Grenzwerte von mehr als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts.
85Der Beklagte hat bereits im streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid vom 5. Dezember 2022 berücksichtigt, dass die Überwachungsmessung im Sommer durchgeführt wurde, es indes im Winterbetrieb durch eine etwaige Vereisung der Anlage zu höheren Betriebsgeräuschen und daraus resultierend höheren Schallpegeln kommen kann. Diesbezüglich hat der Beklagte schlüssig dargelegt, dass selbst im Falle einer Vereisung der Anlage die geltenden Immissionsrichtwerte eingehalten werden. Der Beklagte hat der Situation einer möglichen Vereisung im Winter in nicht zu beanstandender Weise insoweit Rechnung getragen, als er für die hiermit einhergehenden höheren Schallleistungspegel nachvollziehbar einen weiteren Zuschlag von 2 dB(A) angesetzt hat. Der Ansatz dieses Zuschlages führt im Falle einer Vereisung zu Beurteilungspegeln von 36 dB(A) tags und 21 dB(A) nachts, womit die geltenden Immissionsrichtwerte gemäß Nr. 6.1 f) TA Lärm sicher eingehalten werden. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn zusätzlich – wie vorstehend ausgeführt – zugunsten des Klägers noch eine Pegelerhöhung von 3 dB(A) hinzugerechnet wird. Denn selbst in diesem Fall wäre von Beurteilungspegeln von maximal 39 dB(A) tags und 24 dB(A) nachts auszugehen.
86Die Aktualität und Validität der Messergebnisse wird nicht durch die nach Durchführung der Messung neben der Luftwärmepumpe angebaute Holzterrasse auf dem Nachbargrundstück sowie ein im Garten des Nachbargrundstücks aufgestelltes mobiles Spielhaus aus Kunststoff in Frage gestellt. Der Anbau der Holzterrasse ist nicht in Ausbreitungsrichtung zum Immissionsort erstellt worden, sondern in der entgegengesetzten Richtung, sodass – worauf der Beklagte nachvollziehbar hinweist – hierdurch keine verstärkenden Reflexionen am Immissionsort hervorgerufen werden können. Das mobile Spielhaus aus Kunststoff ist nach den schlüssigen Ausführungen des Beklagten aufgrund seiner Größe sowie der vorhandenen Fenster- und Türöffnungen nicht geeignet, zu einer relevanten Erhöhung der Immissionen beizutragen. Im Übrigen handelt es sich bei dem Spielhaus nicht um eine stationäre Einrichtung, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass es dauerhaft an der gleichen Stelle aufgestellt ist. Schon aus diesem Grund ist das Spielhaus nicht geeignet, die Immissionen am Immissionsort dauerhaft zu beeinflussen. Im Übrigen hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die angebaute Holzterrasse und das mobile Spielhaus zu einer nachhaltigen Veränderung der Immissionssituation führen soll.
87Die vom Kläger im Jahr 2024 mit einem Schallpegelmessgerät der Firma C. selbst vorgenommenen Geräuschmessungen sind von vornherein ungeeignet, die Ergebnisse der Überwachungsmessung in Zweifel zu ziehen. Denn die vom Kläger vorgenommenen Messungen sind nicht nach den Vorschriften der TA Lärm durchgeführt worden und daher schon im Ansatz nicht in der Lage, die Ergebnisse der den Vorgaben der TA Lärm entsprechenden Überwachungsmessung des Beklagten zu erschüttern.
88Rechtsirrig geht der Kläger davon aus, die TA Lärm sei hinsichtlich der Feststellung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräusche nicht abschließend, ihr komme keine Bindungswirkung zu, sie sei veraltet und durch neue naturwissenschaftliche und technische Erkenntnisse zur Lärmwirkungsforschung überholt, könne nicht zur alleinigen Grundlage der Beurteilung der Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen durch Luftwärmepumpen gemacht werden und dürfe nicht schematisch angewendet werden, sodass für die Beurteilung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräusche auch anderweitige Erkenntnismittel wie der LAI-Leitfaden und die LAI-Hinweise zu berücksichtigen seien. Denn es ist durch die ständige und nach wie vor aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der TA Lärm Bindungswirkung insoweit zukommt, als sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert und abschließend insoweit bestimmt, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt, sodass für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung grundsätzlich kein Raum verbleibt,
89vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 4 A 13.18 –, juris Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 14. März 2018 – 4 A 5.17 –, juris Rn. 60; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – 4 A 1.13 –, juris Rn. 53; BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 – 4 C 2.07 –, juris Rn. 11 f. m.w.N.
90Angesichts der vorbeschriebenen Bindungswirkung der TA Lärm ist daher ohne Belang, ob die streitgegenständliche Wärmepumpe auf dem Nachbargrundstück unter Beachtung der Standort- und Abstandsvorgaben des LAI-Leitfadens aufgestellt worden ist. Denn die Beurteilung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräusche wird ausschließlich und abschließend durch die TA Lärm geregelt. Dass von der streitgegenständlichen Luftwärmepumpe keine schädlichen Umwelteinwirkungen auf den maßgeblichen Immissionsort des klägerischen Grundstücks ausgehen, wird durch die den Vorgaben der TA Lärm entsprechende Überwachungsmessung zweifelsfrei belegt. Lediglich am Rande sei darauf hingewiesen, dass der LAI-Leitfaden in Bezug auf die darin enthaltenen Standort- und Abstandsvorgaben u.a. für Luftwärmepumpen lediglich Empfehlungen ausspricht, bei deren Beachtung grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche auf Nachbargrundstücke nicht hervorgerufen werden. Dies führt im Umkehrschluss jedoch nicht dazu, dass – wie hier – die Nichteinhaltung der empfohlenen Standort- und Abstandsvorgaben des LAI-Leitfadens zwangsläufig bzw. automatisch zu schädlichen Umwelteinwirkungen auf Nachbargrundstücken führt. Denn die durchgeführte Überwachungsmessung des Beklagten zeigt, dass auch im Falle der Nichteinhaltung der Vorgaben des LAI-Leitfadens im konkreten Einzelfall am maßgeblichen Immissionsort des klägerischen Grundstücks die Immissionsrichtwerte der TA Lärm sowie die gesundheitsgefährdenden Grenzwerte sicher eingehalten werden können und damit von der Luftwärmepumpe keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt unzumutbarer Geräuschbelästigungen ausgehen. Der LAI-Leitfaden ist mithin – ebenso wie das Berechnungswerkzeug „Schallrechner“ des Bundesverbands Wärmepumpe (https://www.waermepumpe.de/schallrechner/) – zur Feststellung einer Einhaltung der maßgeblichen Richtwerte in Zweifelsfällen nicht geeignet, die Einhaltung von Immissionsrichtwerten nachzuweisen. Der LAI-Leitfaden kann daher nicht den Beweiswert gutachterlicher Untersuchungen in Anspruch nehmen und ist in rechtlicher Hinsicht nicht verbindlich, sondern allenfalls eine Auslegungshilfe,
91vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 30. Oktober 2024 – 2 K 597/24 –, juris Rn. 58.
92Aufgrund der durch die Überwachungsmessung festgestellten Einhaltung der Immissionsrichtwerte und der gesundheitsgefährdenden Grenzwerte ist des Weiteren ohne Belang, ob die Luftwärmepumpe vollumfänglich unter Einhaltung der Betriebsanleitung des Herstellers betrieben wird. Inwieweit das Kältemittel der Luftwärmepumpe Auswirkungen auf die Geräuschimmissionen am maßgeblichen Immissionsort haben soll, erschließt sich dem Gericht nicht.
93Es kann im Übrigen keine Rede davon sein, dass die TA Lärm bestimmte Geräusche bei der Beurteilung des Vorliegens schädlicher Umwelteinwirkungen nicht hinreichend berücksichtigt. Denn besondere Störeigenschaften und objektivierbare Lästigkeitsfaktoren, wie Tonhaltigkeit, Informationshaltigkeit und Impulshaltigkeit werden im Beurteilungssystem der TA Lärm überwiegend durch Zuschläge berücksichtigt (vgl. u.a. Nr. A. 2.5.2, A.2.5.3, A.3.3.5 und A.3.3.6 des Anhangs der TA Lärm),
94vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Februar 2017 – 10 S 1878/16 –, juris Rn. 11; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. November 2002 – 7 A 2141/00 –, juris Rn. 127 f.
95Für tieffrequente Geräusche sind in Nr. 7.3 TA Lärm eigene Mess- und Bewertungsregeln anhand von Nr. A.1.5 des Anhangs der TA Lärm und von DIN 45680 (Ausgabe März 1997) vorgesehen, da Untersuchungen gezeigt haben, dass die Wahrnehmung und Wirkung tieffrequenter Geräusche deutlich von der Wahrnehmung und Wirkung mittel- oder hochfrequenter, schmal- oder breitbandiger Geräusche abweichen,
96vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 14. Oktober 2015 – 9 K 636/14 –, juris Rn. 77.
97Diesen Vorgaben der TA Lärm zur Berücksichtigung besonderer Störeigenschaften und objektivierbarer Lästigkeitsfaktoren hat der Beklagte bei der Überwachungsmessung in nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen, indem er für die wahrnehmbare Tonalität der Luftwärmepumpe im Tagesbetrieb (Volllastbetrieb) gemäß Nr. A.2.5.2 und A.3.3.5 des Anhangs der TA Lärm einen Zuschlag von 6 dB(A) vergeben und damit die Spanne für die Festlegung von Zuschlägen bis zur Obergrenze ausgeschöpft hat. Nicht zu beanstanden ist, dass keine Zuschläge für Informationshaltigkeit und Impulshaltigkeit angesetzt worden sind, weil derartige Geräusche bei der Überwachungsmessung nicht festgestellt werden konnten. Tieffrequente Geräusche waren ebenfalls nicht feststellbar. Der Kläger hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass derartige Geräusche bei dem Betrieb der Luftwärmepumpe wahrnehmbar sind und welche Charakteristika der Geräusche der Luftwärmepumpe aus seiner Sicht Zuschläge erfordern. Die Gewährung von Zuschlägen setzt indes zwingend voraus, dass „objektiv als lästig empfundene Komponenten“ aus dem übrigen Lärmgeschehen auffällig hervortreten,
98vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Februar 2017 – 10 S 1878/16 –, juris Rn. 11.
99Es bestehen hiernach keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass bei dem Betrieb der Luftwärmepumpe aus dem Lärmgeschehen objektiv als lästig empfundene Komponenten auffällig hervortreten.
100Schließlich ist die vom Beklagten gemäß Nr. 3.2.1 TA Lärm im Regelfall durchgeführte Prüfung des Vorliegens schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräusche rechtlich nicht zu beanstanden. Es bestand keine Veranlassung gemäß Nr. 3.2.2 TA Lärm eine ergänzende Prüfung im Sonderfall vorzunehmen, da im konkreten Einzelfall keine besonderen Umstände feststellbar sind, die bei der Regelfallprüfung keine Berücksichtigung finden, nach Art und Gewicht jedoch wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung haben können, ob die Anlage zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen relevant beiträgt. Die Tatbestände der in Nr. 3.2.2 a) bis d) TA Lärm normierten Regelbeispiele, die regelmäßig eine Sonderfallprüfung erforderlich machen können, sind nicht erfüllt. Geräuschcharakteristiken verschiedener gemeinsam einwirkender Anlagen im Sinne der Nr. 3.2.2 a) TA Lärm, Umstände im Sinne der Nr. 3.2.2 b) TA Lärm, die sich auf die Akzeptanz einer Geräuschimmission auswirken können, sicher absehbare Verbesserungen der Emissions- oder Immissionssituation im Sinne der Nr. 3.2.2 c) TA Lärm sowie besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission im Sinne der Nr. 3.2.2 d) TA Lärm sind nicht gegeben. Diesbezüglich hat der Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass von dem Betrieb der Luftwärmepumpe ausgehende objektivierbare Lästigkeitsfaktoren, wie Einzeltöne, Impulshaltigkeit, besonders störende Frequenzanteile, tieffrequente Geräuschanteile oder lärmsensible Einwirkungszeiten anlässlich der durchgeführten Überwachungsmessung nicht festgestellt werden konnten. Die festgestellte Tonhaltigkeit im Tagesbetrieb konnte im Rahmen der Regelfallprüfung durch Gewährung eines Zuschlages von 6 dB(A) berücksichtigt werden, sodass insoweit eine Sonderfallprüfung nicht veranlasst war. Darüber hinaus gehende Besonderheiten des Betriebes der Luftwärmepumpe, insbesondere weitere besondere Lästigkeiten der Anlagengeräusche, die im Rahmen der Regelfallprüfung keine Berücksichtigung finden können, sind nicht feststellbar. Das Erfordernis einer Sonderfallprüfung im Sinne der Nr. 3.2.2 a) bis d) TA Lärm kann insbesondere nicht mit dem auch ohne die Luftwärmepumpe auf den Immissionsort einwirkenden Verkehrslärm durch Straßen- und Schienenverkehr begründet werden. Auch die Behauptung des Klägers, als Arzt im Nachtdienst tätig zu sein und seine Nachtruhe daher tagsüber nachholen zu müssen, veranlasst nicht zu einer Sonderfallprüfung. In diesem Zusammenhang ist zudem anzumerken, dass der Kläger eine überwiegende Tätigkeit im Nachtdienst lediglich pauschal behauptet, aber nicht ansatzweise belegt hat. Gegen die Annahme einer überwiegenden Tätigkeit des Klägers im Schichtdienst spricht im Übrigen eine vom Gericht durchgeführte Internetrecherche. Denn hiernach ist der Kläger als niedergelassener Facharzt für Innere Medizin und Hausarzt in Y. tätig und bietet in diesem Zusammenhang ausschließlich tägliche Sprechzeiten an (Montag bis Freitag in der Zeit zwischen 08:00 Uhr und maximal 17:00 Uhr) (vgl. https://www.[...].de). Inwieweit neben dieser vollschichtigen Berufstätigkeit noch ein regelmäßiger Schichtdienst zur Nachtzeit durchgeführt werden können soll, erschließt sich dem Gericht schon aus tatsächlichen Gründen nicht. Im Übrigen ist gerichtsbekannt, dass niedergelassene Ärzte auf der Grundlage der Gemeinsamen Notdienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein und der Ärztekammer Nordrhein in der Fassung vom 26. September 2015 / 21. November 2015 alternierend und lediglich in größeren zeitlichen Abständen zum ärztlichen Notdienst herangezogen werden.
101dd. Das Vorliegen von schädlichen Umwelteinwirkungen kann letztlich auch nicht mit einer Verletzung der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. BImSchV) begründet werden. Der sachliche Anwendungsbereich der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung ist gemäß § 1 Abs. 1 a.E. 32. BImSchV nur für solche Geräte und Maschinen eröffnet, die in dem im Anhang zur 32. BImSchV enthaltenen Katalog abschließend aufgeführt sind,
102vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. August 2021 – 1 S 1894/21 –, juris Rn. 108; VG Augsburg, Beschluss vom 19. April 2022 – Au 9 E 22.948 –, juris Rn. 33; VG Karlsruhe, Urteil vom 14. Oktober 2015 – 9 K 636/14 –, juris Rn. 78.
103Luftwärmepumpen sind in diesem abschließenden Katalog nicht enthalten und unterfallen daher – auch wenn in ihnen Kompressoren verbaut sind – von vornherein nicht dem sachlichen Anwendungsbereich der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung.
1043. Ungeachtet des Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 BImSchG besteht ein Anspruch auf behördliches Einschreiten im Übrigen auch deshalb nicht, weil angesichts nicht gegebener schädlicher Umwelteinwirkungen das nach § 24 Satz 1 BImSchG eröffnete (Einschreitens-)Ermessen des Beklagten jedenfalls nicht auf Null reduziert ist und zwar weder in Bezug auf eine vollständige Stilllegung der Luftwärmepumpe noch in Bezug auf andere Maßnahmen zur Reduzierung der von dieser ausgehenden Geräusche,
105vgl. zum Erfordernis einer Ermessensreduzierung auf Null für die Begründung eines Anspruches auf behördliches Einschreiten auf der Grundlage von § 24 Satz 1 BImSchG: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 8 B 594/18 –, juris Rn. 36 ff. m.w.N.
106§ 24 Satz 1 BImSchG räumt der Behörde für ihre Entscheidung über das Einschreiten gegen schädliche Umwelteinwirkungen einer Anlage, die unterhalb der in § 25 Abs. 2 BImSchG bezeichneten Grenze (Gefahr für Leben und Gesundheit) bleiben, einen Ermessensspielraum ein,
107vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 8 B 594/18 –, juris Rn. 37 m.w.N.
108Eine Reduzierung des Ermessens bei Geräuschimmissionen kommt erst dann in Betracht, wenn sie dem Einwirkungsbereich mit Rücksicht auf dessen durch die Gebietsart und die konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können,
109vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 8 B 594/18 –, juris Rn. 43 m.w.N.
110Da von der Luftwärmepumpe – wie vorstehend dargelegt – schon keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt unzumutbarer Geräuschimmissionen ausgehen, ist eine Ermessensreduzierung auf Null denknotwendig ausgeschlossen.
111C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
112D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
113Die Berufung war nicht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt.
114Rechtsmittelbelehrung
115Innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils kann bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf schriftlich beantragt werden, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster die Berufung zulässt. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
116Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster schriftlich einzureichen.
117Der Antrag ist zu stellen und zu begründen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder eine diesen gleichgestellte Person als Bevollmächtigten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VwGO wird hingewiesen.
118Beschluss
119Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
12015.000,00 Euro
121festgesetzt.
122Gründe
123Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt. Dabei orientiert sich das erkennende Gericht an Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2. und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach bei Klagen eines drittbetroffenen Privaten gegen emittierende Anlagen regelmäßig ein Streitwert in Höhe von 15.000,00 Euro festzusetzen ist,
124vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. August 2022 – 8 A 3753/18 –, juris Rn. 43.
125Rechtsmittelbelehrung
126Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls das Verwaltungsgericht ihr nicht abhilft. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der genannten Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt.