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Der Beklagte wird aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
2Der Beklagte wurde im Jahr 0000 in A. geboren. Von 0000 bis 0000 besuchte er die Grundschule U. (J.) und von 0000 bis 0000 das I.-G. Kolleg in V., das er erfolgreich mit der allgemeinen Hochschulreife abschloss.
3Im Zeitraum von Oktober 0000 bis Dezember 0000 leistete der Beklagte als Wehrpflichtiger Dienst bei der Bundeswehr.
4Zum 0. 0. 0000 wurde der Beklagte als Beamtenanwärter (Finanzanwärter) in die Bundesfinanzverwaltung eingestellt und durchlief die Ausbildung für den gehobenen nichttechnischen Zolldienst beim damaligen Hauptzollamt E.-Süd. Im Juli 0000 schloss der Beklagte seinen Vorbereitungsdienst mit dem Gesamtergebnis "befriedigend" ab und wurde mit Wirkung vom 0. 0. 0000 in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen. Die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit wurde dem Beklagten am 0. 0. 0000 verliehen. Am 0. 0. 0000 wurde der Beklagte zum Zollinspektor, zum 0. 00. 0000 zum Zolloberinspektor, zum 0. 0. 0000 zum Zollamtmann, zum 0. 0. 0000 zum Zollamtsrat und zum 0. 0. 0000 zum Zolloberamtsrat ernannt.
5Dienstlich wurde der Beklagte vom 0. 0. 0000 bis zum 00. 0. 0000 beim damaligen Hauptzollamt A.-F. als Sachbearbeiter im Aufgabengebiet "Y.“ eingesetzt. Mit Wirkung vom 0. 0. 0000 wurde der Beklagte im Rahmen einer Abordnung und späteren Versetzung zum 0. 0. 0000 im Geschäftsbereich des damaligen Zollkriminalamts in den Aufgabengebieten „Q." bzw. „K.“ als Sachbearbeiter verwendet. Ab 0.000 wurde der Beklagte im damaligen Geschäftsbereich des Zollkriminalamts im Aufgabenbereich "Q." (PÖ/ÖA)“, ab dem 0. 00. 0000 in der Funktion des Bereichsleiters, und ab dem 0. 0. 0000 in der neu eingerichteten Generalzolldirektion als Sachbearbeiter in herausgehobener Stellung „X." (PA) am Standort S.-straße in A. bis zum 0.0000 eingesetzt.
6Im Verlaufe der gegen den Beklagten geführten Ermittlungen wurde der Beklagte innerhalb der Generalzolldirektion zum 00. 0. 0000 zuerst in die Abteilung D "FIU" der Direktion […] der Generalzolldirektion am Standort S.-straße in A. umgesetzt und im Anschluss zur Geschäftsaushilfe in die Abteilung B „O.“ der Direktion […] der Generalzolldirektion vorläufig umgesetzt. Aufgrund eines negativen Votums des stellvertretenden Geheimschutzbeauftragten der Generalzolldirektion und der damit einhergehenden Aufhebung seiner VS-Ermächtigung wurde der Beklagte unter Aufhebung seiner Geschäftsaushilfe in der Abteilung B der Direktion […] der Generalzolldirektion mit Wirkung vom 0. 0. 0000 zur Geschäftsaushilfe in das Aufgabengebiet „R." in der Direktion I der Generalzolldirektion und mit Wirkung vom 00. 0. 0000 unter Aufhebung seiner Geschäftsaushilfe in der Direktion I der Generalzolldirektion temporär zur Geschäftsaushilfe in die Direktion […] der Generalzolldirektion in das Referat [….] "C.“, Arbeitsbereich [….] "W.“ am Dienstort A.-B.-straße umgesetzt.
7Der Beklagte wurde in der Besoldungsgruppe A 9g zum Stichtag 0. 0. 0000 mit der Gesamtwertung “entspricht den Anforderungen" und zum Stichtag 0. 00. 0000 mit der Gesamtwertung “tritt erheblich hervor", in der Besoldungsgruppe A 10 zum Stichtag 0. 00 0000 mit der Gesamtwertung "tritt erheblich hervor", in der Besoldungsgruppe A 11 zum Stichtag 00. 0. 0000 mit der Gesamtwertung “tritt erheblich hervor", in der Besoldungsgruppe A 12 zum Stichtag 00. 0. 0000 mit der Gesamtwertung “tritt hervor" und zum Stichtag 00. 0. 0000 mit der Gesamtwertung "tritt erheblich hervor", beurteilt. Zum Stichtag 00. 0. 0000 wurde der Beklagte in der Besoldungsgruppe A 13g mit der Gesamtwertung "stets erwartungsgemäß“ mit 8 Punkten beurteilt.
8Der Beklagte war seit dem Jahr 0000 verheiratet. Aus dieser Ehe gingen drei - nunmehr erwachsene - Kinder hervor. Die Ehe wurde im 00.0000 geschieden.
9Der Beklagte wird nach der Besoldungsstufe A 13, Erfahrungsstufe 8, besoldet.
10Der Beklagte ist disziplinarrechtlich und/oder strafrechtlich bis zu den hier erhobenen Vorwürfen bislang nicht in Erscheinung getreten.
11Mit Vermerk vom 11. April 2017 leitete der damalige Präsident der Generalzolldirektion gemäß § 17 Abs. 1 BDG ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein. Der Beklagte sei zureichend verdächtig, gegen seine Pflicht, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 61 Absatz 1 Satz 3 BBG), gegen seine Pflicht, Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 62 Absatz 1 Satz 2 BBG) sowie gegen die ihm obliegende Pflicht, sich als Beamter mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 61 Absatz 1 Satz 1 BBG) verstoßen und damit ein einheitlich zu bewertendes innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Absatz 1 Satz 1 BBG begangen zu haben, indem er
12- es unterlassen habe, im Zeitraum 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016 in zahlreichen Fällen sein Betreten und Verlassen des Dienstgebäudes durch Bedienen der in den Eingangsbereichen der Liegenschaft angebrachten Zeiterfassungsgeräte festzuhalten und die Nichtbuchungen durch Korrekturbelege zu bearbeiten,
13- es unterlassen habe, im Zeitraum 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016 eine Vielzahl von Kernzeitverletzungen mittels Korrekturbelegen zu bearbeiten,
14- es durch sein vorbeschriebenes Verhalten im Zeitraum 1. Dezember 2015 bis zum Monatsabschluss Mai 2016 zu einer Saldounterschreitung von 450 Stunden und 46 Minuten habe kommen lassen,
15- im Zeitraum 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016 die nachträglichen Buchungen seiner Arbeitszeiten ohne Vorlage von Korrekturbelegen und ohne Zustimmung des Dienstvorgesetzten unter Vorspiegelung falscher Tatsachen selbst veranlasst habe,
16- es unterlassen habe, im Zeitraum 1. Juni 2016 bis 15. Februar 2017 in zahlreichen Fällen sein Betreten und Verlassen des Dienstgebäudes durch Bedienen der in den Eingangsbereichen der Liegenschaft angebrachten Zeiterfassungsgeräte festzuhalten und die Nichtbuchungen durch Korrekturbelege zu bearbeiten,
17- es unterlassen habe, im Zeitraum 1. Juni 2016 bis 15. Februar 2017 eine Vielzahl von Kernzeitverletzungen mittels eines Korrekturbeleges zu bearbeiten,
18- es durch sein vorbeschriebenes Verhalten im Zeitraum 1. Juni 2016 bis zum 15. Februar 2017 zu einer Saldounterschreitung von 783 Stunden und 2 Minuten habe kommen lassen, und er
19- mehrfach die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben in der Sachbearbeitung „L.“ trotz diverser eingehender Bitten und Erinnerungen, ignoriert und nicht erfüllt habe.
20Der Einleitung und den Ausdehnungen des Disziplinarverfahrens gingen folgende Feststellungen voraus:
21Der Beklagte war beim Zollkriminalamt am Dienstsitz A., S.-straße, beschäftigt. Zum 0. Januar 0000 wurde mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuorganisation der Zollverwaltung die Generalzolldirektion als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen eingerichtet. Das Zollkriminalamt ist seitdem als Direktion Vlll in die Generalzolldirektion integriert.
22Seit dem 1. März 2006 beträgt für alle Beamtinnen und Beamten des Bundes die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 41 Stunden, soweit nicht besondere Arbeitszeitregelungen gelten (§ 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Arbeitszeitverordnung -AZV-). Für die Beschäftigten des Zollkriminalamtes war in dem in Rede stehenden Zeitraum auf der Grundlage der AZV, der Rahmendienstvereinbarung für die gleitende Arbeitszeit in der Bundesfinanzverwaltung (RDV), des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) die Teilnahme an der gleitenden Arbeitszeit vorgesehen.
23Der Leiter des Arbeitsbereichs "Pressearbeit" bei der Generalzolldirektion, ORR N., unterrichtete den Arbeitsbereich DI.A.27 (als für den Beklagten zuständige Personalstelle), in Person der Arbeitsbereichsleiterin, Frau Leitende Regierungsdirektorin T., mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 über folgende Sachverhalte:
24Bereits am 25. Juli 2016 habe die Gleitzeitstelle beim Zollkriminalamt Kenntnis darüber erlangt, dass im Arbeitszeitkonto des Beklagten Buchungen für ganze Tage fehlten und dass zahlreiche Kernzeitverletzungen noch nicht geheilt seien. Die für die Zeitwirtschaft zuständige Sachbearbeiterin, Zollamtfrau P., habe den Beklagten mit E-Mail vom 25. Juli 2016 aufgefordert, sein Arbeitszeitkonto bis zum 5. August, nach genehmigter Fristverlängerung bis zum 31. August 2016 entsprechend zu bereinigen. Auch nach dem 31. August 2016 habe der Beklagte wiederholt auf mehrfache Nachfragen gegenüber Frau P. erklärt, die entsprechenden Korrekturbuchungen vorzunehmen, bzw. versichert, dass er eine Liste der zu korrigierenden Tage/Buchungen erstellt habe. Unter Hinweis auf dienstrechtliche Konsequenzen bei weiterer Nichtbeachtung sei der Beklagte am 4. Oktober 2016 erneut aufgefordert worden, bis zum 25. Oktober 2016 das Arbeitszeitkonto zu bereinigen. Der Beklagte sei keiner Aufforderung nachgekommen und habe alle Fristen verstreichen lassen.
25Mit Schreiben vom 14. November 2016 sei ORR N. von dem für die Pflege der Arbeitszeitkonten für die Beschäftigten der Generalzolldirektion zuständigen Arbeitsbereichsleiter, Herrn RD H., über ein festgestelltes erhebliches Gleitzeit-Minus im Zeitraum vom 1. Juni bis 10. November 2016 im Umfang von 560 Stunden und 24 Minuten auf dem Gleitzeitkonto des Beklagten informiert worden. Das vom Beklagten angehäufte Minus sei ORR N. bis dahin nicht bekannt gewesen. Lediglich in einem Gespräch am 25. Oktober 2016 habe der Beklagte ihm gegenüber angekündigt, dass er "wegen einiger Korrekturbelege" auf ihn zukommen wolle, ohne dies näher zu erläutern. Auf Bitten von RD H. habe ORR N. mit dem Beklagten am 1. Dezember 2016 ein Personalgespräch geführt, in dem er den Beklagten eindringlich auf seine bestehenden Pflichten im Rahmen der Gleitzeiterfassung und auf die möglichen disziplinarrechtlichen Folgen seiner Nichtbeachtung der Gleitzeitvorschriften hingewiesen habe. Zudem sei der Beklagte unter Fristsetzung gebeten worden, sein Gleitzeitkonto zeitnah auszugleichen. Der Beklagte habe vorgetragen, dass ihm das bestehende Gleitzeitminus grundsätzlich bewusst sei, und habe seine Absicht bekräftigt, dieses in naher Zukunft mit der Abgabe entsprechender Korrekturbelege zu bereinigen. Zu den Gründen seiner Gleitzeitschulden habe er sich nicht weiter eingelassen.
26Auf Nachfrage habe er versichert, dass unabhängig von der Nichtbuchung von Arbeitszeiten von ihm ordnungsgemäß die Buchungen von Leistungsmengen in der Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) vorgenommen worden seien. Demnach habe der Beklagte die geleisteten Arbeitszeiten in ein zu Controllingzwecken bestehendes Erfassungssystem eingepflegt und bestimmten Arten von Leistungen zugeordnet. ORR N. habe den Beklagten sodann aufgefordert, sich detailliert zu dem Sachverhalt zu äußern und insbesondere zu folgenden Punkten Erklärungen abzugeben: zu den tatsächlich geleisteten bzw. nicht geleisteten Arbeitszeiten in den nicht von Buchungen abgedeckten Zeiträumen; zu den dokumentierten Kernzeitverletzungen und zwar in der Form, dass jede einzelne Nichtbuchung begründet werde (d.h. nicht in Form einer pauschalen Begründung); weiter zu der erfolgten Leistungsmengenerfassung in der KLR seit dem 1. Januar 2016 trotz nicht erfolgter Arbeitszeiterfassung; schließlich zu den Korrekturbuchungen für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Mai 2016. Zu letzteren möge er erklären, in welcher Form und in welchem Umfang er Korrekturanträge abgegeben habe und welcher Dienstvorgesetzte diese Korrekturbuchungen gegengezeichnet habe. Die im Personalgespräch vereinbarte Frist zur Abgabe seiner Erklärungen sei jedoch wegen einer Erkrankung des Beklagten nicht einzuhalten gewesen. Allerdings seien auch in der Folgezeit weder Korrekturbelege über PVS noch in Papierform zur Genehmigung und Abzeichnung bei ORR N. eingegangen. Die vom Beklagten tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten anhand des Kalenders des Arbeitsbereichs seien lediglich an einzelnen Tagen anhand konkret erinnerlicher Termine nachzuvollziehen gewesen. Für alle anderen Fehlzeiten lägen keine Nachweise vor. In einigen wenigen Fällen sei dem Beklagten aus persönlichen Gründen (Erkrankung von Angehörigen) mobiles Arbeiten genehmigt worden. Dies sei durch ORR N. nicht dokumentiert worden, da er jeweils von einer zeitnahen Korrekturbuchung durch den Beklagten ausgegangen sei.
27Im Zusammenhang mit den durchgeführten Nachprüfungen des Sachverhalts sei ORR N. von RD H. weiter darüber unterrichtet worden, dass der Beklagte der Gleitzeitstelle mit Datum vom 31. Mai 2016 im großen Umfang für den Zeitraum vom 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016 händische Korrekturbelege vorgelegt habe. Die Belege, bestehend aus Ausdrucken aus dem Monatsjournal des Gleitzeitkontos des Beklagten, seien handschriftlich korrigiert und durch den Beklagten selbst gezeichnet worden. Dabei seien in erheblichem Umfang Abwesenheiten bzw. Kernzeitverletzungen im Nachgang ohne weiteren Nachweis zu Gunsten des Beklagten korrigiert worden. Diese Korrekturbuchungen seien nach Auskunft von RD H. auch vorgenommen und das erheblich belastete Gleitzeitkonto des Beklagten mit Einrichtung von PVS am 1. Juni 2016 „glattgestellt“ worden. Grundsätzlich seien aber Korrekturbelege durch den Vorgesetzten und nicht durch den Betroffenen selbst zu zeichnen. Eine Vorlage von Korrekturbelegen durch den Beklagten habe jedoch nie stattgefunden. Eine Genehmigung und eine Zeichnung durch den Vorgesetzten ebenfalls nicht, so dass die Buchungen der Arbeitszeiten ohne Zustimmung des Vorgesetzten erfolgt und durch den Beklagten selbst veranlasst worden seien. Den vom Beklagten händisch eingetragenen und „selbstgenehmigten" Arbeitszeiten habe ein vom Beklagten unterschriebener Zettel an den Bediensteten der Gleitzeitstelle (Zollbetriebsinspektor D.) mit der Bemerkung „habe jetzt Journale jeweils abgezeichnet - Buchungen meiner Arbeitszeit so mit Herrn Z. abgestimmt“ beigelegen.
28Mit E-Mail vom 2. Februar 2017 teilte ORR N. der Personalstelle mit, dass das Gleitzeitkonto des Beklagten zum Stand 2. Februar 2017 ein Defizit von 733 Stunden ausweise. Entgegen der Zusage des Beklagten seien auch nach dem 1. Juni 2016 keine Zeiterfassungen am Terminal und auch keine Korrekturbuchungen in PVS vorgenommen und auch weiterhin keine Korrekturbuchungen (papiermäßig) zur Genehmigung vorgelegt worden.
29Mit Schreiben vom 21. Februar 2017 informierte RD H. die Personalstelle über ein festgestelltes erhebliches Gleitzeit-Minus im Zeitraum 1. Juni 2016 bis 15. Februar 2017 im Umfang von 783 Stunden und 2 Minuten auf dem Gleitzeitkonto des Beklagten. Im vorgenannten Zeitraum habe der Beklagte an insgesamt 87 Tagen keine Buchungen vorgenommen. Zusätzlich seien im gleichen Zeitraum insgesamt 58 Fehlermeldungen im Arbeitszeitkonto des Beklagten angezeigt. Hierbei handele es sich um einzelne fehlende Kommen- und Gehen-Buchungen (insgesamt 6) sowie begangene Kernzeitverletzungen (insgesamt 52). Der Beklagte habe seit der Umstellung der ZKA-Zeitwirtschaft auf PVS zum 1. Juni 2016 bis zum 15. Februar 2017 - trotz mehrfacher schriftlicher und mündlicher Aufforderungen sowohl seitens RD H. als auch seiner Vorgesetzten - keinen einzigen Antrag auf Korrektur seiner Arbeitszeiten über das PVS-Portal gestellt oder papiermäßig vorgelegt.
30Hinsichtlich einer Ausarbeitung zum Thema „L.“ habe ORR N. den Beklagten bereits im März/April 2016 aufgefordert, zunächst eine umfassende Pressemitteilung, später, ab dem 30. Juni 2016, eine Konzeption für Kommunikation zum Thema „L." vorzulegen. Ziel sei es gewesen, das Thema umfassend fachlich aufzuarbeiten und hinsichtlich der Gefährdungen an die betroffenen Zielgruppen in einer Kampagne zu steuern. Die Erarbeitung der Pressemitteilung / Konzeption sei vom Beklagten mehrfach in Gesprächen zugesagt worden. lm Vertrauen auf eine gute Zusammenarbeit und die Zuverlässigkeit des Beklagten seien die ersten Gespräche und Weisungen hierzu durch ORR N. ausschließlich mündlich erfolgt und nicht dokumentiert worden. Nachdem die erbetene Konzeption auch auf mehrfache mündliche Nachfrage nicht vorgelegt worden sei, habe ORR N. die Weisung schriftlich erteilt. Mit E-Mails vom 24. Mai 2016 (Frist 13. Juni 2016), vom 16. Juni 2016 (Frist 30. Juni 2016), vom 30. Juni 2016 (ohne Frist), vom 1. Juli 2016 (ohne Frist), vom 8. Juli 2016 (Frist 14. Juli 2016) und vom 17. Oktober 2016 (Frist 15. November 2016) sei der Beklagte jeweils zur Aufgabenerfüllung aufgefordert worden. Im Zeitraum Juli bis Oktober 2016 sei auf Bitten von ORR N. mindestens eine mündliche Ansprache des Beklagten durch den damaligen Leiter des Stabes der Generalzolldirektion, Herrn Leitenden Regierungsdirektor M., ebenfalls mit der Bitte, Herrn YZ. Weisung nachzukommen, durchgeführt worden. Auch diese Ansprache sei ohne Erfolg geblieben. In dem besagten, mit dem Beklagten am 1. Dezember 2016 geführten Personalgespräch habe ORR N. nochmals ausdrücklich die Vorlage der Konzeption eingefordert. Der Beklagte habe dazu erklärt, das Dokument sei fertig gestellt und „liege auf seinem Schreibtisch im Büro“. Da er wegen privater Hinderungsgründe (Erkrankung des Vaters) vor dem Gespräch nicht im Büro gewesen sei, könne er das Dokument erst am Folgetag, dem 2. Dezember 2016, zusenden. Da am 3. Dezember 2016 das Dokument immer noch nicht vorgelegt worden sei, habe ORR N. eine erneute Frist zur Vorlage am 5. Dezember 2016 gesetzt. Auch diese Frist sei nicht eingehalten worden. Am 5. Dezember 2016 habe ORR N. eine erneute unverzügliche Vorlage eingefordert. Mit E-Mails vom 30. Januar und 1. Februar 2017 habe ORR N. erneut unter Fristsetzung die Vorlage einer Konzeption "L.“ erbeten, die der Beklagte wiederum ohne Kommentierung habe verstreichen lassen. Mit abschließender E-Mail vom 2. Februar 2017 sei der Beklagte vor dem Hintergrund seiner künftigen anderweitigen Verwendung in der Generalzolldirektion von der Aufgabenerledigung „Konzeption L." entbunden worden.
31Mit Schreiben vom 8. Mai 2017 bestellte sich Rechtsanwalt VN. für den Beklagten und erhielt mit Schreiben vom 15. Mai 2017 wie gewünscht Akteneinsicht. Mit Schreiben vom 23. Mai 2017 und vom 12. Juni 2017 sowie durch Anruf beim Ermittlungsführer am 26. Juni 2017 bat der Verfahrensbevollmächtigte um Fristverlängerung zur Abgabe einer Stellungnahme, die jeweils gewährt wurde.
32Der Beklagte selbst rief am 28. Juli 2017 und am 30. August 2017 beim Ermittlungsführer an und bat um weitere Fristverlängerungen, die jeweils gewährt wurden.
33Im Juni 2017 wurde bekannt, dass der Beklagte eine entgeltliche Nebentätigkeit als vortragender Referent bei der (damaligen) Firma VJ., CV.-GmbH in A. (nachfolgend: VJ. A.), ausübe und weder in der Personalakte noch im Antragsportal des elektronischen Personalverwaltungssystems die nach § 100 BBG erforderliche Anzeige bzw. der nach § 99 BBG erforderliche Antrag auf Ausübung einer Nebentätigkeit gegenüber dem Dienstherrn vorliegend bzw. ersichtlich war. Darüber hinaus ergab sich aufgrund des daraufhin durchgeführten Datenabgleichs der Verdacht, dass der Beklagte diverse Seminare als vortragender Referent während Zeiten gemeldeter krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit bzw. während ihm genehmigter Dienstreisen durchgeführt habe.
34Der Vizepräsident der Generalzolldirektion dehnte das Disziplinarverfahren daraufhin mit Vermerk vom 16. Mai 2018, dem Beklagten zugestellt am 24. Mai 2018, aus (1. Ausdehnungsverfügung):
35Es bestünden zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, die den Verdacht rechtfertigten, dass der Beklagte gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb des Dienstes, welches sein Beruf erfordert (§ 61 Absatz 1 Satz 3 BBG), und gegen seine Pflichten, Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen sowie deren allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 62 Absatz 1 Satz 2 BBG) und sich mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 61 Absatz 1 Satz 1 BBG), verstoßen und damit ein einheitlich zu bewertendes innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Absatz 1 Satz 1 BBG begangen habe, indem er eine entgeltliche Nebentätigkeit als vortragender Referent bei der VJ. A. ausübe, ohne der nach dem BBG bestehenden Anzeige- /Genehmigungspflicht (§§ 99, 100 BBG) gegenüber dem Dienstherrn nachgekommen zu sein.
36Zudem bestünden zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, die den Verdacht rechtfertigten, dass der Beklagte die ihm obliegende Wohlverhaltenspflicht (§ 61 Absatz 1 Satz 3 BBG) verletzt habe, indem er die Seminare am 25. und 26. Januar 2018 in A. sowie am 12. und 13. März 2018 in VC. als vortragender Referent während Zeiten erkrankungsbedingter Dienstunfähigkeit sowie das Seminar am 8. und 9. Mai 2018 in NF. im Rahmen einer ihm genehmigten Dienstreise durchgeführt habe.
37Der Ermittlungsführer gewährte dem Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 19. September 2018 antragsgemäß Akteneinsicht.
38Der Ermittlungsführer bat den Geschäftsführer der VJ. A., Herrn HV., mit Schreiben vom 12. Juli 2018 um Auskunft über den Umfang der Tätigkeit des Beklagten als vortragender Referent in den Jahren 2016 bis 2018 und zur Höhe der ihm bezahlten Honorare und erinnerte am 3. September 2018 hieran. Nach gewährter Fristverlängerung bestätigte Herr HV. am 26. September 2018 Vorträge des Beklagten am 25. und 26. Januar 2018 sowie am 12. und 13. März 2018 mit Stundenzahl und Vortragstitel. Die Termine am 7. und 8. Mai 2018 seien abgesagt. Für ein „weiteres Ausforschungsinteresse“ sehe er keinen Raum.
39Die Klägerin stellte daraufhin am 23. November 2018 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf einen Antrag auf Zeugenvernehmung nach § 25 Abs. 2 BDG und übersandte den entsprechenden Fragenkatalog (38 K 9852/18.BDG). Die Disziplinarkammer lud Herrn HV. nach § 65 BDG bei und stellte fest, dass dieser ohne gesetzlichen Grund die Aussage verweigere und beauftragte die (damalige) Berichterstatterin mit der Zeugenvernehmung. Kurz vor der vorgesehenen Zeugenvernehmung am 15. April 2019 informierte der Beklagte Herrn HV. wahrheitswidrig über eine angebliche Aufhebung des Termins. Erst nach einem Telefonat mit dem Vorsitzenden der Disziplinarkammer erfuhr Herr HV., dass der Termin nicht aufgehoben war und übersandte dem Gericht die erforderlichen Unterlagen.
40Recherchen im Internetauftritt der VJ. A. für das Kalenderjahr 2019 ergaben in der Folgezeit den Verdacht, dass der Beklagte auch nach Ausdehnung des Disziplinarverfahrens im Mai 2018 in Kenntnis der gegen ihn geführten Ermittlungen wegen Ausübung einer nicht angezeigten / nicht genehmigten Nebentätigkeit seine Vortragstätigkeit fortgesetzt habe.
41Die Präsidentin der Generalzolldirektion dehnte das Disziplinarverfahren sodann mit Vermerk vom 11. April 2019, dem Beklagten zugestellt am 24. April 2019, erneut aus (2. Ausdehnungsverfügung):
42Es bestünden zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, die den Verdacht rechtfertigten, dass der Beklagte erneut und weiterhin gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb des Dienstes, welches sein Beruf erfordert (§ 61 Absatz 1 Satz 3 BBG), und gegen seine Pflicht, Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen sowie deren allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 62 Absatz 1 Satz 2 BBG) verstoßen und damit ein einheitlich zu bewertendes innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Absatz 1 Satz 1 BBG begangen habe, indem er trotz Kenntnis der gegen ihn erhobenen Vorwürfe und trotz der gegen ihn mit der 1. Ausdehnungsverfügung eingeleiteten disziplinarischen Ermittlungen weiterhin einer entgeltlichen Nebentätigkeit als vortragender Referent bei der VJ. A. nachgehe, ohne der nach dem BBG bestehenden Anzeigepflicht (§ 100 BBG) gegenüber dem Dienstherrn nachgekommen zu sein. Hierzu lägen Auszüge aus der Jahresplanung der VJ. A. für die Seminare im 2. Halbjahr 2018 und im 1. Halbjahr 2019 vor, in denen der Beklagte namentlich als zuständiger Seminarleiter oder als Referent ausgewiesen sei.
43Nachdem Rechtsanwalt VN. am 24. Mai 2019 mitgeteilt hatte, dass er den Beklagten nicht länger vertrete, bestellte sich Rechtsanwalt PA. am 20. Juli 2019 für den Beklagten. Er erhielt mit Schreiben vom 20. August 2019 antragsgemäß Akteneinsicht und nahm unter Vorlage weiterer Schreiben mit Schriftsatz vom 23. Januar 2020 Stellung. Der Ermittlungsführer gewährte mit Schreiben vom 12. Mai 2020 weitere Akteneinsicht.
44Der Geheimschutzbeauftragte der Generalzolldirektion hob am 29. Juli 2019 die VS-Ermächtigung des Beklagten auf. Das Verwaltungsgericht A. lehnte den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 5. Dezember 2019 ab (13 L 1917/19). Das OVG NRW wies die Beschwerde des Beklagten mit Beschluss vom 10. September 2020 zurück (1 B 1716/19).
45Der Beklagte zeigte mit Schreiben vom 15. Januar 2020 eine Vortragstätigkeit als Referent zu den Themenbereichen „SU.“ bei der VJ. A. an, die er bereits langjährig ausübe. Der Zeitaufwand werde mit ein bis zwei Stunden pro Woche bemessen; es seien monatliche Einkünfte in Höhe von 1.000,- Euro zu erwarten. Er gab – wahrheitswidrig – an, die beabsichtigte Nebentätigkeit sei in Absprache mit den Fachvorgesetzten erfolgt. Die Generalzolldirektion versagte mit Bescheid vom 30. April 2020 die Ausübung der Nebentätigkeit nach § 99 Abs. 2 Satz 1 BBG. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Generalzolldirektion mit Bescheid vom 15. Oktober 2020 zurück. Die beim Verwaltungsgericht A. erhobene Klage (15 K 6198/20) nahm der Kläger kurz vor der mündlichen Verhandlung am 20. März 2023 zurück.
46Der abschließende Ermittlungsbericht vom 15. Juni 2020 kommt zu dem Ergebnis, der Beklagte habe nach dem Ergebnis der disziplinarischen Ermittlungen rechtswidrig und schuldhaft gegen seine Pflichten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb des Dienstes, welches sein Beruf erfordere (§ 61 Absatz 1 Satz 3 BBG), Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen sowie deren allgemeine Richtlinien (auch im Zusammenhang mit der Ausübung einer entgeltlichen Nebentätigkeit) zu befolgen und sie zu beraten und zu unterstützen (§ 62 Absatz 1 Sätze 1 und 2 BBG i.V.m. § 99 BBG), dem Dienst nicht ohne Genehmigung seiner Dienstvorgesetzten fernzubleiben (§ 96 Absatz 1 Satz 1 BBG) und sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 61 Absatz 1 Satz 1 BBG), wobei diese Pflicht auch diejenige zur Gesunderhaltung beinhalte, verstoßen und damit ein einheitlich zu bewertendes schweres innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Absatz 1 Satz 1 BBG begangen. Der Ermittlungsbericht wurde dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit Schreiben vom 25. Juni 2020 zur abschließenden Anhörung übersandt. Die Zustellung erfolgte am 29. Juni 2020.
47Der Verfahrensbevollmächtigte bat mit Schreiben vom 28. Juli 2020 und vom 28. August 2020 um Fristverlängerung zur Abgabe einer Stellungnahme, die jeweils gewährt wurde. Eine weitere Bitte um Fristverlängerung vom 30. September 2020 wurde mit Schreiben vom 1. Oktober 2020 im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz nach § 4 BDG abgelehnt.
48Eine Stellungnahme des Beklagten erfolgte zunächst nicht.
49Der Beklagte wurde mit Schreiben vom 19. Oktober 2020 über die beabsichtigte Disziplinarklageerhebung gem. §§ 34, 52 BDG unterrichtet. Er wurde darauf hingewiesen, dass er gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BPersVG die Mitwirkung der Personalvertretung beantragen könne.
50Mit gleichem Schreiben vom 19. Oktober 2020 wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass es nach den vorliegenden Erkenntnissen und aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung des ihm vorgeworfenen Sachverhalts i.S.v. § 38 Absatz 1 Satz 1 BDG überwiegend wahrscheinlich erscheine, dass bei Klageerhebung von dem zuständigen Disziplinargericht gegen ihn die disziplinare Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verhängt werde und die Voraussetzungen für eine vorläufige Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 BDG vorlägen. Gleichzeitig wurde der Beklagte über die beabsichtigte Einbehaltung eines Teils seiner Bezüge nach Prüfung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 38 Abs. 2 BDG unterrichtet.
51Der Verfahrensbevollmächtigte des Beklagten trug mit Schriftsatz vom 22. Januar 2021 im Wesentlichen vor, in den diversen Stadien der disziplinarischen Ermittlungen und nach Bekanntwerden des Ermittlungsberichts wiederholt erklärt zu haben, sich zu den gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfen in umfangreicher Form mündlich oder schriftlich äußern zu wollen. Zudem beantrage er die Beteiligung des Personalrats.
52Der Beklagte führte weiter aus: Im Ermittlungsbericht fehlten hinsichtlich seiner Tätigkeiten im Zollkriminalamt Hinweise auf seine Aufgaben als Pressesprecher seit dem Jahre 0000, zudem seine Personalführungsaufgaben für bis zu 14 Beschäftigte der Pressestelle und seine Verantwortlichkeiten bei Anbindung der Zollfahndungsämter für den gesamten Zollfahndungsdienst. Nur aus diesen Aufgaben heraus sei der Arbeitsumfang, die Gestaltung seiner Arbeitszeiten und die Erwartungshaltung des Dienstherrn an die Pressestelle zu verstehen. Ein weiterer wesentlicher Punkt für die Bewertung der dienstrechtlichen Arbeitszeitvorwürfe sei der Übergangszeitraum in die Generalzolldirektion zum 1. Januar 2016 gewesen. Die bloße Darstellung seiner Überleitung in die neue Behörde werde den Gegebenheiten in keiner Form gerecht. Auf wiederholte Anfrage sei ihm durch die fachlichen Vorgesetzten seine Stellung als Pressesprecher des Zollkriminalamts bestätigt worden, worauf er vertraut habe. Hieraus resultiere auch sein Verständnis seiner Rolle als Sprecher des Zollfahndungsdienstes gegenüber dem Sprecher und Leiter der Pressestelle der Generalzolldirektion, ORR N.. Wichtige Entwicklungsschritte seiner dienstlichen Tätigkeit seien mangels Kenntnis oder in Verkennung der Bedeutung zur Bewertung der dienstlichen Vorwürfe irreführend verkürzt dargestellt oder schlichtweg überhaupt nicht erwähnt.
53Vollkommen falsch seien die Darstellungen zu seinen dienstlichen Tätigkeiten im Zollkriminalamt nach dem 1. Januar 2016. Seine Einsätze in der Projektgruppe "FIU" und auch im Fachbereich "O., Bekämpfung des internationalen Rauschgifthandels“ seien ausschließlich auf seine dienstlichen Erfahrungen und aus Fürsorgegründen zurückzuführen gewesen, nicht jedoch auf die gegen ihn geführten dienstrechtlichen Ermittlungen.
54Zutreffend sei, dass ihm, nicht zuletzt aufgrund seiner Führungsaufgaben mit bis zu 14 Beschäftigten in der Pressestelle, die Bestimmungen der DV-GLAZ und die weiteren Ausführungsbestimmungen hinsichtlich der grundsätzlichen Bedienung der Zeiterfassungsgeräte und der Handhabung der Korrekturbelege bekannt gewesen seien. Eine Nichtbedienung der Zeiterfassungsgeräte sei ausschließlich an Tagen mit Abwesenheiten aufgrund genehmigter Dienstreisen, Dienstgängen, krankheitsbedingter Abwesenheiten oder Urlaubszeiten erfolgt. Auch wenn die Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit keine Ausnahmen für ihn als zuständiger Pressesprecher des Zollkriminalamtes vorgesehen habe, sei die Gestaltung der Arbeitszeiten von besonderen Einsatzzeiten außerhalb der Bürozeiten, auch an Sonn- und Feiertagen, zum Beispiel bei der Vorbereitung und Durchführung von Pressegesprächen / -konferenzen, Interviews, Dienstreisen, Vor- und Nachbesprechungen, Live-Auftritten in TV-Formaten „IR.“ und „UE.", öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen wie "Tag der offenen Tür“ in A., NI., RC. oder TE. oder medienbegleitenden operativen Einsätzen geprägt gewesen. Es habe für ihn eine permanente Erreichbarkeit unter Einsatz technischer Hilfsmittel, zum Beispiel eines dienstlichen Mobiltelefons mit Freischaltung für ln- und Auslandsgespräche und einer Gebühren- und Datenflatrate, eines dienstlichen Laptops, mit dessen Hilfe jederzeit Informationen hätten empfangen, überprüft und versendet werden können, sowie eines Smartphones für Zwecke des Informationsaustausches, bestanden. Alleine hieraus könne er im streitbefangenen Zeitraum seine zahlreichen Tätigkeiten außerhalb der Bürozeiten an Werk-, Sonn- und Feiertagen und auch während seiner Urlaubszeiten lückenlos dokumentieren und belegen. Festzustellen bleibe, dass keine der diversen Arbeitszeitregelungen für die Abbildung der Arbeitszeiten eines Pressesprechers des Zollkriminalamtes und des Zollfahndungsdienstes geeignet gewesen sei. Insoweit seien die abweichenden besonderen Arbeitszeiten eines Pressesprechers, insbesondere mit Blick auf die arbeits- und reisezeitbedingten Kernzeitverletzungen und Belegkorrekturen ausnahmslos gebilligt und genehmigt und somit formell über Jahre hinweg an die Arbeitszeitregelungen angepasst worden.
55Mit Einrichtung der Generalzolldirektion sei seine Situation und seine dienstliche Zugehörigkeit als Pressesprecher des Zollkriminalamtes und die an ihn formulierten Aufgaben völlig unklar gewesen. Aufgrund regelmäßig und unmittelbar an ihn gerichteter Anfragen, zum Beispiel auch aus dem Bundesministerium der Finanzen und oberster Bundesbehörden, sei er in seiner subjektiv persönlichen Bewertung davon ausgegangen und habe darauf vertrauen können, als Pressesprecher des Zollkriminalamtes weiter wie zuvor arbeiten zu können und auch sollen. Für die Nichterstellung seiner Korrekturbelege im streitbefangenen Zeitraum sei eine fehlende verbindliche dienstliche Regelung über die Anbindung des Pressesprechers des Zollkriminalamtes nach Einrichtung der Generalzolldirektion ursächlich, und ihm sei zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden, welcher Dienstvorgesetzte nunmehr die Unterzeichnung seiner Korrekturbelege zu verantworten habe. Im Vertrauen auf eine baldige Lösung habe er daher gutgläubig eine Anhäufung der Saldounterschreitung billigend in Kauf genommen. Eine Aufsummierung seines Zeitschuldsaldos auf über 600 Stunden habe er letztlich zulassen können, da er sich seiner tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden bewusst gewesen sei und er selbst bei einer Summe von minus 687 Stunden „keinen Anlass zur Beunruhigung" gesehen habe. Die nichtgeklärten Zuständigkeiten bei der Abzeichnung der Korrekturbelege habe ihn dann auch bewogen, den Sammelkorrekturbeleg für den Zeitraum 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016 nach wiederholter Aufforderung durch die Gleitzeitstelle und aufgrund eines technischen Systemwechsels mit dem zutreffenden Hinweis "in Abstimmung mit dem Präsidenten“ trotz dessen tatsächlicher Abwesenheit gutgläubig vorzulegen. Den Vorwurf der Vortäuschung falscher Tatsachen weise er nachdrücklich und vollumfänglich zurück. Das aus seiner Sicht bestehende Organisationsverschulden des Dienstherrn bei gleichzeitiger Erwartung der weiteren Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben als Pressesprecher sei ihm gegenüber nie aufgelöst worden. Die Benennung des ORR N. als der für die Zeichnung der Korrekturbelege zuständige Dienstvorgesetzte sei für ihn nicht erkennbar gewesen, sondern es sei aus seiner Sicht vielmehr weiterhin der Präsident des Zollkriminalamtes gewesen. Bestärkt habe ihn diese Annahme dadurch, dass ORR N. trotz Kenntnis seiner zahlreichen Dienstreisen und Arbeitszeiten außerhalb des Büros zu keinem Zeitpunkt die Vorlage von Korrekturbelegen von ihm verlangt habe. Im Gegenteil habe ihn die tatsächliche Verbuchung der von ihm selbst korrigierten Arbeitszeiten durch die Gleitzeitstelle bestärkt, nicht an seinen Annahmen zu zweifeln. Den Aufforderungen der für die Zeitwirtschaft zuständigen Sachbearbeiterin P. zur Bereinigung seines Arbeitszeitkontos habe er leider nicht die nötige Aufmerksamkeit zukommen lassen, was er in der Nachschau sehr bedauere. Dies treffe auch auf seine Doppelnutzung der Gleitzeitkarten mit den Nummern 0000 und 0000 zu, die er im System unabhängig von der jeweils genutzten Arbeitszeitkarte gutgläubig für seine Ein- und Ausbuchungen an den Gleitzeitterminals verwendet und nicht hinterfragt habe. Die ihm in der Konsequenz angelastete dienstliche Unzuverlässigkeit weise er ebenfalls mit aller Deutlichkeit zurück. Die verspätete Rückgabe der Arbeitszeitkarte Nummer 0000 sei auf die Überschneidungen der jeweiligen Urlaube oder sonstiger Abwesenheiten an der Dienststelle zurückzuführen. Zu dem besagten Gespräch am 1. Dezember 2016 habe ORR N. ihn ausschließlich aus fachlichen Gründen gebeten. Es habe sich nicht um ein Personalgespräch, sondern um ein notwendiges Abstimmungsgespräch zwischen den Leitern für Q. der Generalzolldirektion und des Zollkriminalamts/des Zollfahndungsdienstes gehandelt, in dem ihn ORR N. lediglich zum Schluss des Gesprächs auf Details zum Stand seines Gleitzeitkontos angesprochen habe, was er zur Kenntnis genommen, letztlich jedoch nicht beantwortet habe. Schließlich stehe auch seine Beantragung von ganztägigen Mehrarbeiten an Wochenenden und Feiertagen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit (Mitwirkung an der Zollausstellung zum Tag der deutschen Einheit, Vorbereitungen zum Tag des Zolls, Tag der offenen Tür im Bundesministerium der Finanzen), die ihm auch genehmigt worden seien, seinen Aussagen, wonach er auf einen Zeitausgleich für Arbeitszeiten außerhalb der üblichen Dienstzeiten grundsätzlich verzichtet habe, nicht entgegen. Die im Ermittlungsbericht erfolgte Feststellung, wonach bis heute trotz mehrfacher und eindeutiger Aufforderungen eine „Bereinigung" seines Gleitzeitkontos nicht stattgefunden habe, halte gleichfalls einer rechtlichen Bewertung nicht stand. Er habe zeitnah und konstruktiv an der Aufklärung des bestehenden Gleitzeitminus mitwirken wollen und habe dies auch gegenüber dem Ermittlungsführer mehrfach telefonisch bestätigt. Seine jetzigen Fachvorgesetzten hätten ihm aus verständlichen Gründen signalisiert, seine diesbezüglichen Korrekturbelege nicht bewerten und erst recht nicht unterschreiben zu können. Er bemängele weiterhin die rechtswidrigen Weiterleitungen von Unterlagen und Absprachen zwischen ORR N. und dem Leiter des Arbeitsbereichs DI.A.17, RD H., ohne Hinzuziehung des Personalrats. Gleiches gelte für die rechtswidrigen Weitergaben von Informationen durch ORR N. an die Personalstelle (Frau Leitende Regierungsdirektorin T.) zur disziplinarischen Bewertung der Angelegenheit.
56Hinsichtlich des Konzeptes „L." trug der Beklagte vor, dass dessen Nichtrealisierung nicht auf seiner Weigerung basiert habe, eine dienstliche Weisung des Dienstvorgesetzten auszuführen. Die tatsächliche monatelange kontroverse Diskussion rund um das Thema bundesweites Kommunikationskonzept "Schmuggel L.“ habe sich auf die fachliche Zuständigkeit für die Darstellung des Themas durch den für Organisierte Kriminalität und schwere O. zuständigen Zollfahndungsdienst mit dem Zollkriminalamt als seiner Zentralstelle oder durch eines oder mehrere der am stärksten mit diesem Schmuggelphänomen betroffenen Hauptzollämtern im Ruhrgebiet konzentriert. Ein weiterer ungelöster Diskussionspunkt seien die unterschiedlichen Auffassungen zum medial geeigneten Zeitpunkt für eine solche Kampagne sowie die Frage, in welcher Intensität vorhandene Ermittlungserkenntnisse gegenüber der Öffentlichkeit bekanntzugeben gewesen seien. In Abständen seien in Abstimmung mit der Pressestelle des Zollkriminalamts regelmäßig Pressemitteilungen vor allem durch das für Ermittlungen im Schwerpunkt Ruhrgebiet zuständige Zollfahndungsamt DJ. herausgegeben worden. Allerdings sei die Bekämpfung des Schmuggels von L. damals wie heute kein bundesweit zu beobachtendes Phänomen. Die Medienkampagne sei aus seiner Sicht gegenüber zahlreichen anderen Kriminalitätsfeldern unangebracht, irreführend und unangemessen gewesen. Aus diesen Gründen habe er mangels eindeutiger Regelungen Herrn ORR N. auch zu keinem Zeitpunkt als den für ihn zuständigen Fachvorgesetzten verstanden und bewertet. Für ihn habe sich die kontrovers geführte Diskussion als fachlich motivierte Erörterung unter fachlich gleichberechtigten Pressesprechern dargestellt. Er habe daher aus fachlichen Erwägungen aufgrund mangelhafter bundesweiter Ermittlungen die Führung einer offensiven Medienkampagne unter Federführung des Zollkriminalamts und damit unter seinem Namen abgelehnt. Im Gespräch mit Herrn Leitendem Regierungsdirektor M. habe ihm dieser keine dienstlichen Weisungen erteilt, sondern ihn vielmehr gebeten, ORR N. mit seiner Erfahrung zu unterstützen und ihm fachlich kooperativ, ruhig und mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
57Herr Leitender Regierungsdirektor M. habe ihn auch auf die fehlenden Gleitzeitbuchungen angesprochen, deren Erledigung jedoch zunächst krankheitsbedingt und später durch die Einleitung des Disziplinarverfahrens bis auf Weiteres unmöglich gewesen sei. Es bleibe für ihn verwirrend, warum die kontroverse Fachdiskussion unter gleichberechtigten Pressesprechern disziplinarrelevant werden und im Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung münden könne.
58Anders als im Ermittlungsbericht dargestellt, habe er die Übersendung des Kommunikationskonzeptes in Aussicht gestellt, allerdings sei dies in der Folge daran gescheitert, dass sein pflegebedürftiger Vater intensiv behandelt worden sei und nachfolgende E-Mails ihn nicht erreicht hätten. Die gesamten pauschalen Feststellungen im Ermittlungsbericht, wonach er dienstliche Weisungen seiner Vorgesetzten ohne Rechtfertigung nicht befolgt habe, seien unzutreffend.
59Hinsichtlich seiner Vortragstätigkeiten bei der VJ. A. führte der Beklagte aus, dass er diese Tätigkeit für das Unternehmen in Kooperation mit der IHK in A. und dem DIHT in RC. seit dem Jahre 1991, mit teils jahrelangen Unterbrechungen in unterschiedlicher Intensität ausübe. Für die VJ. A. seien zahlreiche weitere Referenten aus der Zollverwaltung und aus dem Bundesministerium der Finanzen tätig. Die aus Fachvorträgen bestehende Nebentätigkeit sei anzeige-, jedoch nicht genehmigungspflichtig. Bis zur Einleitung des Disziplinarverfahrens im Jahre 2017 sei diese Handhabung weder bei ihm noch bei anderen Referenten aus der Bundesfinanzverwaltung moniert worden. Unbeschadet dessen und ohne Präjudiz habe er in 2019 rein vorsorglich mit Rücksicht auf das anhängige Disziplinarverfahren und für das laufende Jahr 2021 im Dezember 2020 auch Anträge auf Genehmigung der Nebentätigkeit gestellt. Die Genehmigung sei ihm - offensichtlich rechtswidrig - verweigert worden, was derzeit vor dem Verwaltungsgericht A. (15 K 6198/20) verhandelt werde. Seine Vortragstätigkeit sei unmittelbar vor seinem ersten Vortrag im Jahre 1991 gegenüber der Vorsteherin des damaligen Hauptzollamts A.-F. angezeigt worden. Seine Anzeige aus 1991 sei zu keinem Zeitpunkt abgeändert oder zurückgenommen worden.
60Diese Feststellung gelte auch für die Zeit seines Wechsels zum Zollkriminalamt. Die Anzeige seiner Vortragstätigkeit müsse Bestandteil der Personalakte sein. Da bisher seinen Anträgen auf Einsichtnahme in die Personalakte nicht entsprochen worden sei, seien entsprechende Dokumentationen für ihn nicht überprüfbar.
61Er weise mit Nachdruck darauf hin, dass er für die Ausübung seiner Vortragstätigkeit zu jeder Zeit und ohne Ausnahmen Urlaub, Dienstausgleich aufgrund geleisteter Mehrarbeit, sonstige Abwesenheiten oder andere im Rahmen der jeweiligen Arbeitszeitregelungen erlaubte Zeiten genutzt bzw. in Anspruch genommen habe. Soweit ihm vorgeworfen werde, auch nach der ersten Ausdehnungsverfügung erneut und weiterhin eine Nebentätigkeit als vortragender Referent ausgeübt zu haben, äußere er sich erneut dahingehend, dass seine Vortragstätigkeit seit 1991 bekannt und angezeigt sei. Zudem sei zu beachten, dass die Seminartermine, bei denen er als Referent benannt worden sei, nur zu einem Bruchteil stattgefunden hätten. Sein Name sei kein Indiz dafür, dass der betreffende Vortrag von ihm durchgeführt worden sei. Hinsichtlich des langen Zeitraums seiner Krankschreibung von 0. 0. 2017 merke er an, dass die in diesem Zeitraum durchgeführten Seminare aus ärztlicher Sicht befürwortet worden seien und keine Auswirkungen auf die Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit gehabt hätten. Sie seien vielmehr als Heilungsprozess förderlich bewertet worden, was bei Bedarf durch Ärzte bestätigt werden könne. Es sei ihm unerklärlich, wie der Ermittlungsführer nicht ausreichend ermitteln und aus in zahlreichen Punkten fehlerhaften Feststellungen und tiefgehende Schlussfolgerungen auf seine Zuverlässigkeit und seine dienstliche Einstellung ziehen könne.
62Mit Verfügung der Präsidentin der Generalzolldirektion vom 4. März 2021, zugestellt am 9. März 2021, wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben. Mit weiterer Verfügung vom 30. Juli 2021 wurde die Einbehaltung von 30% der monatlichen Dienstbezüge angeordnet.
63Der Personalrat der Generalzolldirektion nahm am 28. Juni 2021 Stellung. Er sei der Ansicht, dass
64• nicht alle dargestellten Vorhaltungen auf einer zweifelsfreien Beweislage gründeten,
65• die Fürsorgepflicht gegenüber dem Beamten nicht ausreichend wahrgenommen worden sei,
66• den Einwendungen und Anträgen des Beamten aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht nachgegangen worden sei, z.B. durch Vernehmung von Zeugen und Verweigerung der Einsicht in seinen dienstlichen Laptop, seine Telefonabrechnungen und seine Personalakte und so seine Möglichkeiten, sich zu verteidigen, eingeschränkt worden seien.
67Aus diesem Grund reichten die Ermittlungen nicht für eine Disziplinarklage auf Entfernung aus dem Dienst aus.
68Der Gesamtpersonalrat bei der Generalzolldirektion nahm am 19. Juli 2021 wie folgt Stellung: Er sei nach eingehendem Studium des Entwurfs der Disziplinarklage sowie weiterer Unterlagen, in die von Seiten des Beamten Einsicht gewährt worden sei, zur Ansicht gelangt, dass der Sachverhalt nicht zweifelsfrei abschließend ermittelt worden und somit eine Benachteiligung des Beamten gegeben sei. Aus diesem Grund reichten die Ermittlungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus Sicht des Gesamtpersonalrats nicht für eine Disziplinarklage auf Entfernung aus dem Dienst aus.
69Die Präsidentin der Generalzolldirektion nahm hierzu unter dem 15. und 20. Juli 2021 ausführlich Stellung: Sie könne den vorgetragenen Einwendungen nicht entsprechen und halte an der Erhebung der Disziplinarklage fest.
70Die Präsidentin der Generalzolldirektion hat am 28. Juli 2021 die vorliegende Disziplinarklage erhoben mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.
71Nach dem Ergebnis der disziplinarischen Ermittlungen habe der Beklagte rechtswidrig und schuldhaft gegen seine Pflichten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb des Dienstes, welches sein Beruf erfordere (§ 61 Absatz 1 Satz 3 BBG), Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen sowie deren allgemeine Richtlinien (auch im Zusammenhang mit der Ausübung einer entgeltlichen Nebentätigkeit) zu befolgen und sie zu beraten und zu unterstützen (§ 62 Absatz 1 Sätze 1 und 2 BBG i.V.m. § 99 BBG), dem Dienst nicht ohne Genehmigung seiner Dienstvorgesetzten fernzubleiben (§ 96 Absatz 1 Satz 1 BBG) und sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 61 Absatz 1 Satz 1 BBG), wobei diese Pflicht auch diejenige zur Gesunderhaltung beinhalte, verstoßen und damit ein einheitlich zu bewertendes schweres innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Absatz 1 Satz 1 BBG begangen. Das Verhalten des Beklagten stelle sich in seiner Gesamtheit als innerdienstliches Dienstvergehen von solch erheblichem Gewicht dar, dass es geeignet sei, das in ihn gesetzte Vertrauen des Dienstherrn zu zerstören und das Ansehen des Beamtentums in der Öffentlichkeit als Sachverwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung in so bedeutsamer Weise zu mindern, dass es - auch unter Berücksichtigung möglicher bestehender Milderungsgründe - die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme erfordere.
72Nach dem Ergebnis der Ermittlungen sei erwiesen, dass der Beklagte
73im Zeitraum vom 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016
74- an insgesamt 53 Tagen, am 5., 6., 7., 8, 18., 19., 20., 21., 22., 28. Januar 2016, am 1., 2., 3., 4., 5., 9., 11., 12., 24., 25., 26. Februar 2016, am 1., 3., 4., 7., 8., 9., 10., 11., 15., 16., 17., 18., 22., 23., 24., 29., 30., 31. März 2016, am 1., 5., 14., 21., 22. April 2016, am 3., 4., 9., 18., 23., 24., 25., 27., 30. Mai 2016 keine Buchungen auf seinem Gleitzeitkonto vorgenommen bzw. ausgelöst habe und deshalb eine Dienstverrichtung an diesen Tagen nicht feststellbar sei,
75- an insgesamt 36 Tagen, am 28., 30. Dezember 2015, am 4., 11., 12., 13., 14., 15., 26., 27., 29. Januar 2016, am 10., 15., 16., 17., 18., 19., 22., 23., 29. Februar 2016, am 2., 21. März 2016, am 4, 6., 8., 15., 19., 20., 25., 27., 28. April 2016, am 2., 11., 13., 17., 20. Mai 2016, Fehlermeldungen auf seinem Gleitzeitkonto verursacht habe, die auf Kernzeitverletzungen durch fehlende Kommen- oder Gehen-Buchungen bzw. ein Unterschreiten der Mindestarbeitszeit zurückzuführen seien und es dadurch zu Gleitzeitschulden in Höhe von 450 Stunden und 46 Minuten (Stand: 31.05.2016) habe kommen lassen,
76- die er für 89 Tage, am 28., 30. Dezember 2015, am 4., 5., 6., 7., 8., 11., 12., 13., 14., 15., 18., 19., 20., 21., 22., 26., 27., 28., 29. Januar 2016, am 1., 2., 3., 4., 5., 9., 10., 11., 12., 15., 16., 17., 18., 19., 22., 23., 24., 25., 26., 29. Februar 2016, am 1., 2., 3., 4., 7., 8., 9., 10., 11., 15., 16., 17., 18., 21., 22., 23., 24., 29., 30., 31. März 2016, am 1., 4., 5., 6., 8., 14., 15., 19., 20., 21., 22., 25., 27., 28. April 2016, am 2., 3., 4., 9., 11., 13., 17., 18., 20., 23., 24., 25., 27., 30. Mai 2016, durch die Vorlage von händischen und selbst abgezeichneten Korrekturbelegen um 534 Stunden und 8 Minuten zu seinen Gunsten berichtigt und dadurch unberechtigt ein Gleitzeitguthaben in Höhe von 84 Stunden und 38 Minuten (Stand: 31.05.2016) erlangt habe,
77im Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis 15. Februar 2017
78- an insgesamt 75 Tagen, am 1., 2., 7., 8., 9., 10., 13., 14., 15., 16., 17., 20., 21., 22., 24. Juni 2016, am 6., 7., 11., 12., 13., 14., 15., 18., 19., 20., 21., 22., 25., 26., 27., 28., 29. Juli 2016, am 2., 4., 8., 9., 10., 11., 15., 16., 17., 18., 22., 26., 29. August 2016, am 1., 5., 6., 7., 21., 27., 28., 29. September 2016, am 6., 12., 13., 14., 18., 19., 20., 21., 27., 28. Oktober 2016, am 2., 3., 4., 14., 15., 16., 23., 25., 30. November 2016, am 1., 2., 6. Dezember 2016, keine Buchungen auf seinem Gleitzeitkonto vorgenommen bzw. ausgelöst habe und deshalb eine Dienstverrichtung an diesen Tagen nicht feststellbar sei,
79- an insgesamt 46 Tagen, am 6., 27., 28., 29. Juni 2016, am 1., 5. Juli 2016, am 1., 3., 5., 12., 19., 23., 24., 25., 30., 31. August 2016, am 2., 8., 9., 12., 13., 14., 15., 16., 20., 22., 23. September 2016, am 5., 7., 10., 11., 24., 25. Oktober 2016, am 7., 8., 10., 11., 17., 18., 21., 22., 28., 29. November 2016, am 5. Dezember 2016, am 16., 26. Januar 2017 Fehlermeldungen auf seinem Gleitzeitkonto verursacht habe, die auf Kernzeitverletzungen durch fehlende Kommen- oder Gehen-Buchungen bzw. ein Unterschreiten der Mindestarbeitszeit zurückzuführen seien und es dadurch zu Gleitzeitschulden in Höhe von 687 Stunden und 5 Minuten (Stand: 15.02.2017) habe kommen lassen.
80Weiterhin sei erwiesen, dass der Beklagte die dienstliche Weisung seiner Vorgesetzten, ORR N. und Leitender Regierungsdirektor M., zur Erstellung einer Konzeption für Kommunikation, das Thema "L.“ betreffend, ignoriert und deren Anweisung nicht befolgt habe.
81Darüber hinaus habe dem Beklagten nach den Feststellungen im abschließenden Ermittlungsbericht vom 15. Juni 2020 nachgewiesen werden können, dass er bei der Firma VJ. CV.-Kolleg GmbH A. im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Juli 2019 an 102 Tagen eine selbständige Tätigkeit als Referent zu den Themenbereichen "SU." in einem zeitlichen Umfang von 492,45 Stunden ausgeübt und dafür eine Vergütung von insgesamt 58.380,- Euro erhalten habe, ohne die hierfür erforderliche Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit seines Dienstherrn eingeholt zu haben.
82Im Weiteren sei bewiesen, dass der Beklagte die vorbeschriebene ungenehmigte Nebentätigkeit
83- an insgesamt 38 Tagen, am 11. Februar 2016, am 11. April 2016, am 26. September 2016, am 8., 9. Dezember 2016, am 1., 2., 9. März 2017, am 3., 6., 7., 21., 22. April 2017, am 11., 17. Mai 2017, am 20., 23., 24., 28. Juni 2017, 28. Juli 2017, am 7., 8., 11., 12., 25. August 2017, am 9., 10. Oktober 2017, am 20., 21. November 2017, am 25., 26. Januar 2018, am 12., 13., 16., 19., 20., 21. März 2018, am 5. Januar 2019, in einem zeitlichen Umfang von 199,75 Stunden ausgeübt und dafür eine Vergütung in Höhe von 30.018,75 Euro erhalten habe, obwohl er sich für diese Tage bei seiner Dienststelle dienstunfähig erkrankt gemeldet habe,
84- an insgesamt 4 Tagen, am 11. Februar 2016, am 21. April 2016, am 10. November 2017, am 1. Dezember 2017, ausgeübt habe, obwohl er an diesen Tagen ausweislich seiner eigenen Buchungen an den Gleitzeiterfassungsgeräten bzw. durch die Vorlage von selbst gezeichneten Korrekturbelegen ganztägig an der Dienststelle Dienst verrichtet haben wolle,
85- an insgesamt 7 Tagen, am 13. Januar 2017, am 1. Februar 2017, am 9., 23. November 2017, am 14. Dezember 2017, am 7. März 2018, am 25. Mai 2018, ausgeübt habe, obwohl er an diesen Tagen ausweislich seiner eigenen Buchungen ganztägig auf Dienstreisen gewesen sein wolle.
86Das umfangreiche Beweismaterial hinsichtlich der Tätigkeiten des Beklagten für die Firma VJ. A. (Termine, Vergütung) sei nach Ladung zu einer gerichtlichen Vernehmung durch das Verwaltungsgericht Düsseldorf (38 K 9852/18.BDG) vom Geschäftsführer des Unternehmens, Herrn IF. HV., vorgelegt worden. Dieser habe weitere Auskunftsersuchen im Rahmen der Beweiserhebung mit Schreiben vom 24. Mai und vom 12. September 2019 beantwortet.
87Die vom Beklagten ausgeübte Nebentätigkeit als vortragender Referent bei der VJ. A. sei, aufgeteilt nach Kalenderjahren mit entsprechenden Vergütungen, in den nachfolgenden Übersichten dargestellt. Die Buchungen bzw. Fehlermeldungen, die der Beklagte auf seinem Gleitzeitkonto an den Tagen der Ausübung der Nebentätigkeit vorgenommen bzw. ausgelöst habe, seien in der Spalte "Buchungen von Arbeitszeiten“ angegeben.
88Kalenderjahr 2016
89[…]
90Kalenderjahr 2017
91[…[
92Kalenderjahr 2018
93[…]
94Kalenderjahr 2019
95[…]
96Gesamtübersicht
97[…]
98Nach den Angaben des Zeugen HV. hätten vom Beklagten zum Zeitpunkt der Beibringung der Beweisunterlagen in zahlreichen Fällen noch keine Abrechnungsanträge für die von ihm geleisteten Seminartätigkeiten vorgelegen, so dass von einem wesentlich höheren Verdienst des Beklagten ausgegangen werden müsse.
99Ausweislich der Teilakte Erkrankungen sowie den Eintragungen der Krank- und Gesundmeldungen im Personalverwaltungssystem PVS habe der Beklagte seine Nebentätigkeit an insgesamt 38 Tagen trotz gemeldeter Dienstunfähigkeit an 30 Tagen mit und an 8 Tagen ohne Attest ausgeübt. Während der Zeiten seiner gemeldeten Dienstunfähigkeit sei der Beklagte an insgesamt 199,75 Stunden als vortragender Referent für die VJ. A. tätig gewesen und habe hierfür ein Honorar in Höhe von 30.018,75 Euro erhalten. Die Einzelheiten hierzu seien in der nachfolgenden Übersicht aufgeführt:
100[…]
101Soweit der Beklagte im Rahmen seiner Einlassungen mit Schreiben vom 22. Januar 2021 behaupte, er sei willens gewesen, sich in jedem Stadium der Ermittlungen und nach Bekanntgabe des Ermittlungsberichts zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen sowie zu den Feststellungen im Ermittlungsbericht in umfangreicher Form mündlich oder schriftlich zu äußern und bemängele, dass dieser Wunsch dauerhaft nicht gewährt worden sei und dass ihm mit dieser Stellungnahme erstmals das Recht zugestanden worden sei, sich zu den schwerwiegenden Vorwürfen zu äußern und seine Darstellungen zu den diversen Vorwürfen in zusammenhängender Form aktenkundig zu machen, werde dem nachdrücklich und entschieden widersprochen. Dem Beklagten seien mit Einleitung und Ausdehnungen des Disziplinarverfahrens sowie im gesamten laufenden Verfahren die einem Betroffenen zustehenden Rechte, insbesondere die Anhörungs- und Akteneinsichtsrechte in alle relevanten Personal-, Sach- und Verfahrensakten nach den dienstrechtlichen Vorschriften vollumfänglich zugestanden und zu jeder Zeit gewährt worden. Die Möglichkeit der Akteneinsichtnahme und die Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs seien ihm zu jedem Zeitpunkt des laufenden Disziplinarverfahrens unbenommen gewesen. Beispielhaft hierzu werde angeführt, dass dem Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten der abschließende Ermittlungsbericht vom 15. Juni 2020 mit Schreiben des Ermittlungsführers vom 25. Juni 2020 am 29. Juni 2020 zur abschließenden Anhörung übersandt worden sei. Mit seinen Anträgen vom 28. Juli und 28. August 2020 seien ihm Fristverlängerungen aus in seiner Person liegenden Gründen bis zum 30. September 2020, mithin 3 Monate zur Abgabe einer Stellungnahme, gewährt worden. Erst ein darüberhinausgehender Antrag sei verworfen worden. Eine Stellungnahme des Beklagten zu den Feststellungen im abschließenden Bericht sei gleichwohl nicht erfolgt. Seine Behauptung, dass ihm erstmals mit Stellungnahme vom 22. Januar 2021 das Recht zugestanden worden sei, sich zu äußern, sei damit eindeutig als Unwahrheit widerlegt.
102Darüber hinaus seien Anhaltspunkte dafür, dass bei der Aufklärung des disziplinarisch relevanten Sachverhalts sowie den sonstigen streitigen Umständen von einem unzutreffenden oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde und rechtswidrige Erwägungen angestellt worden seien, nicht ersichtlich und entbehrten jeder Grundlage. Der diesbezügliche Vortrag des Beklagten sei unter jedem nur erdenklichen Aspekt der Betrachtung als Schutzbehauptung zu werten.
103Die Klägerin beantragt,
104den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
105Der Beklagte beantragt,
106auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
107Er trägt im Wesentlichen vor: Es lägen zunächst Mängel der Klageschrift vor. Die von der Präsidentin der Generalzolldirektion, Frau ZP., eingereichte und von ihr unterschriebene Disziplinarklageschrift trage das Datum des 2. Juni 2021 und enthalte in der Ergänzung vom 2. Juni 2021 eine handschriftlich gestrichene bzw. erkennbar nicht von der Präsidentin unterschriebene Änderung/Ergänzung mit Datum vom 27. Juli 2021. Es erscheine fraglich, ob die vorgenommene Änderung im Einvernehmen mit der Präsidentin erfolgt sei. Aufgrund der Paraphe „En" kämen nur die Sachbearbeiter des gehobenen Dienstes, Herr IE. oder Frau EQ., in Betracht. Die Paraphe passe nicht zu einer der im Referat DI.A.27 tätigen Bediensteten des höheren Dienstes, die insoweit zeichnungsbefugt seien.
108Zudem sei die Disziplinarklageschrift vom 2. Juni 2021, die den Personalvertretungen vorgelegt worden sei, auch als Endfassung beim Verwaltungsgericht Düsseldorf eingereicht worden, wie sich aus dem unverändert gebliebenen Datum wie auch dem Umstand, dass die vorgenommene Beteiligung der Personalvertretung in der Disziplinarklageschrift keine Erwähnung gefunden habe, ersichtlich sei. Deshalb sei der ergänzende Schriftsatz datierend auf den 2. Juni 2021 mit der handschriftlichen Streichung vom 27. Juli 2021 des Passus „eine Stellungnahme des Personalrats ist nicht eingegangen" erforderlich gewesen.
109Des Weiteren berücksichtige die Disziplinarklageschrift nicht, dass sich der (frühere) Verfahrensbevollmächtigte, „der in der Sache sehr engagierte Rechtsanwalt HJ. PA.“ schriftlich eingelassen habe.
110Überdies sei in der Disziplinarklage ein einseitiges, negatives Bild seiner Person aufgebaut worden. Er sei angeblich unzuverlässig und verfolge in betrügerischer Absicht nur Eigeninteressen. Nicht ausreichend beziehungsweise gar nicht hinzugezogen worden seien die Vorbeurteilungen incl. der Beurteilungsbeiträge bzw. die Bewertungen des Sachverhalts durch seine früheren Vorgesetzten RW., UI. und Z..
111Er moniert weiter, seine Aufgabengebiete und freiwillig übernommenen zusätzlichen dienstlichen Aufgaben seit Anfang der 1990er Jahre seien nicht umfassend dargestellt. Insbesondere seine Aufgabenbereiche als Sachbearbeiter im Aufgabenbereich „Q." seien nicht ausreichend aufgeführt. Er habe diese Tätigkeiten nicht erst ab Oktober 2006 in der Funktion des Bereichsleiters, sondern bereits seit April 1999 als Vertreter des damaligen Pressesprechers und Leiters der Pressestelle des Zollkriminalamtes ausgeübt. Zudem sei er seit April 1999 durch den Präsidenten des ZKA neben diesem als weiterer Sprecher des Zollkriminalamtes benannt und beauftragt worden. Seine konkrete Tätigkeit habe besondere Arbeitszeiten außerhalb der Bürozeiten verlangt. Die Wahrnehmung der außerhalb der üblichen Arbeitszeiten wahrzunehmenden Termine sei auf Weisung und mit Wissen bzw. mit ausdrücklicher Duldung der ehemaligen Präsidenten des Zollkriminalamtes erfolgt. Er habe eine jederzeitige telefonische und internetorientierte Erreichbarkeit sicherstellen müssen. Ihm seien ein dienstliches Mobiltelefon mit Freischaltung für In- und Auslandsgespräche mit Gebühren- und Datenflatrate, ein Smartphone sowie ein dienstliches Laptop zur Verfügung gestellt worden. Dieses freiwillige und über die üblichen Arbeitszeiten hinausgehende Engagement habe auch zur Beendigung seiner Ehe geführt.
112Er habe im Übrigen keine Verfügung einer Umsetzung ab dem 0. Januar 0000 in die neu eingerichtete Generalzolldirektion erhalten. Er habe nach seinem tatsächlichen Verständnis nach wie vor als Sprecher des Zollkriminalamtes fungiert.
113Es sei auch zu berücksichtigen, dass seine Umsetzung in die Abteilung D „FIU" und die anschließende Umsetzung zur Geschäftsaushilfe in die Abteilung „O.“ nicht im Zusammenhang mit den gegen ihn geführten disziplinarrechtlichen Ermittlungen erfolgt sei.
114Es lägen auch Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens vor: Ihm sei seit der Einleitung des Disziplinarverfahrens am 11. April 2017 keine Akteneinsichtnahme gewährt worden.
115Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Präsidentin der Generalzolldirektion habe sich in ihrem Schreiben vom 15. Juli 2021 an den Personalrat der Generalzolldirektion und ihrem Schreiben vom 20. Juli 2021 an den Gesamtpersonalrat der Generalzolldirektion ebenso wie in der Disziplinarklageschrift inhaltlich nicht hinreichend mit den dortigen Einwendungen befasst und dazu Stellung genommen.
116Der Personalrat habe das schwierige Verhältnis zwischen RD N. und dem Beklagten angesprochen, insbesondere darauf verwiesen, dass der Beklagte mindestens bis zur Umorganisation der Zollverwaltung in 2016 und auch danach noch jahrelang beanstandungsfrei hinsichtlich seiner Arbeitszeit als auch hinsichtlich seiner Nebentätigkeit beim Zollkriminalamt tätig gewesen sei. Zudem seien die ehemaligen Präsidenten des ZKA nicht als Zeugen vernommen worden. Der Beklagte sei während seiner Tätigkeit als Pressesprecher des ZKA sozusagen ein „persönlicher Referent“ des jeweiligen Präsidenten gewesen. Mit den jeweiligen Präsidenten des Zollkriminalamts sei die „besondere Arbeitszeit" des Beklagten genauso abgesprochen gewesen wie dessen Nebentätigkeit. Die im ZKA über Jahrzehnte gepflegte sehr eigenständige Verfahrensweise sei ebenfalls nicht hinreichend berücksichtigt worden.
117Im Übrigen habe der Beklagte dem Disziplinarvorwurf einer Fülle von Nichtbuchungen seine tatsächliche Tätigkeit als Pressesprecher (verbunden mit Dienst zu ungünstigen Zeiten, Wochenenddienst und Dienstreisen mit Arbeitsspitzen über zwölf Stunden) entgegengehalten. Der Ermittlungsführer hätte das Stundenplus durch Arbeit an Wochenenden und auf Dienstreisen klären müssen.
118Diese Einwendungen bezögen sich rechtlich zulässig gerade auf die Frage, ob im vorliegenden Falle Disziplinarklage zu erheben sei. Auch Ermittlungsdefizite wegen Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts und der Ermittlung aller belastenden und entlastenden Umstände könnten von der Personalvertretung gerügt werden.
119Überdies sei auch die Gleichstellungsbeauftragte der Generalzolldirektion nicht beteiligt worden.
120Die Ermittlungen seien insgesamt unvollständig: Seine Beweisanträge zur Vernehmung der jeweiligen ehemaligen Präsidenten des Zollkriminalamts seien in unzulässiger Weise abgelehnt worden. Gerade im Hinblick auf die beiden zentralen Disziplinarvorwürfe (Arbeitszeit und Nebentätigkeit) habe sich eine Zeugenvernehmung der jeweiligen ehemaligen Präsidenten aufgedrängt, da er quasi die Funktion eines persönlichen Referenten der jeweiligen ehemaligen Präsidenten wahrgenommen habe.
121Die erforderlichen Ermittlungen seien auch im Hinblick auf seinen Vortrag, er habe längst nicht alle Vortragstätigkeiten bzw. Termine bei der VJ. A. wahrgenommen, die in deren Programm standen, unterblieben.
122Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass die von ihm angezeigte Nebentätigkeit in der Personalakte nach Einleitung des Disziplinarverfahrens verloren gegangen sei. Es sei allgemein bekannt, dass bei der Einführung der elektronischen Personalakte beim vorangehenden Einscannen der Seiten Schriftstücke verloren gingen.
123Zu den ihm vorgeworfenen Verstößen gegen arbeitszeitrechtliche Regelungen merke er an: Zwar enthalte die im Zollkriminalamt gültige Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit keine Ausnahmen für die beim Zollkriminalamt tätigen Pressesprecher. Gleichwohl sei er seitens der jeweiligen Präsidenten „in gewissem Umfang ausgenommen von der Arbeitszeiterfassung“ gewesen. Dies gelte jedenfalls für die jeweils genehmigten Dienstreisen, Dienstgänge, krankheitsbedingten Abwesenheiten oder Urlaubszeiten.
124Er habe die vorhandenen Zeiterfassungsgeräte grundsätzlich sowohl beim Betreten als auch beim Verlassen der Dienstgebäude zum Dienstbeginn und zum Dienstende bedient. Bis zur Umstellung vom Arbeitszeiterfassungssystem „Flaminga" auf das Personalverwaltungssystem PVS zum 1. Juni 2016 habe er auch regelmäßig papiergestützte Korrekturbelege über die zuständigen Bearbeiter im ZKA an das Bundesverwaltungsamt übersandt. Diese Belege seien vom Präsidenten des ZKA oder in Ausnahmefällen vom Vizepräsidenten in Vertretung des Präsidenten abgezeichnet worden. Bei einzelnen Nachfragen sei stets eine Klärung mit dem Beschäftigten der ZKA-Gleitzeitstelle erfolgt.
125Der Leiter des Arbeitsbereiches „PA" bei der Generalzolldirektion sei zu keinem Zeitpunkt sein direkter Vorgesetzter und damit auch gegenüber dem ZKA-Präsidenten nicht weisungsbefugt gewesen. ORR N. sei nur ein „weiterer Pressesprecher-Kollege der Bundesoberbehörde GZD“ gewesen, mit dem er einige fachliche Vorgänge der täglichen Pressearbeit sowohl konstruktiv als auch gegensätzlich erörtert habe, unter anderem das „Kommunikationskonzept L.“. Die Diskussion um Sinn und Unsinn eines solchen Konzeptes sei aus seiner Sicht eine Fachdiskussion zwischen Pressesprechern mit unterschiedlichen Auffassungen gewesen. ORR N. habe ihn weder als Vorgesetzter auffordern noch fristsetzend anweisen können, eine solche Konzeption zu erstellen. Auch seine Unterredung mit Leitendem Regierungsdirektor M. als damaligem Leiter des Stabes der GZD und fachlichem Vorgesetzten gegenüber ORR N. sei „ein lediglich kollegiales Gespräch“ gewesen, in dem Leitender Regierungsdirektor M. ihn „um fachliche Unterstützung des Herrn N. seitens der ZKA und des Zollfahndungsdienstes“ gebeten habe.
126Das Gespräch mit ORR N. vom 1. Dezember 2016 sei kein Personalgespräch gewesen. ORR N. habe ihn darauf angesprochen, dass ihn RD H. über ein erhebliches Gleitzeitminus auf seinem Konto unterrichtet habe. Er habe von ihm wissen wollen, was es damit auf sich habe. Er habe ihn darauf hingewiesen, dass ihm der Stand seines Gleitzeitkontos bewusst sei und dass er sich um die Abgabe entsprechender Korrekturbelege kümmern werde.
127Die Unterrichtung der Leiterin der ZKA-Personalstelle durch ORR N. mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 sei ebenso rechtswidrig wie die Offenlegung eines angeblich erheblichen Gleitzeit-Minus auf seinem Arbeitszeitkonto gegenüber ORR N. durch RD H.. Eine Beteiligung des Personalrats sei nicht erfolgt.
128Der weitere Zugriff auf sein Gleitzeitkonto und seine Arbeitszeitbuchungen sei ebenfalls rechtswidrig und ohne Beteiligung des Personalrates und ohne seine Kenntnisnahme oder Einwilligung erfolgt. Gleiches gelte für die Information der Personalstelle durch RD H. am 21. Februar 2017. RD H. habe ihn im Übrigen weder schriftlich noch mündlich zur Abgabe von Korrekturbelegen aufgefordert. Es bestehe ein Beweisverwertungsverbot.
129Hinsichtlich der auf Seite 11 der Klageschrift zusammengefassten Nichtbuchungen und Fehlermeldungen im Arbeitszeitkonto werde darauf hingewiesen, dass er mehrfach Einsichtnahme in seinen Mailverkehr und seine Telefonlisten beantragt habe. Im fraglichen Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis zum 15. Februar 2017 seien mindestens 30 Tage genehmigter und in den Anwesenheitslisten vermerkter Erholungsurlaub nicht gebucht worden. Bei durchschnittlich 8 Stunden pro Arbeitstag ergebe sich alleine hieraus bereits eine zu korrigierende Arbeitszeit von ca. 250 Stunden.
130Die Aufstellungen zu den angeblichen Fehlbuchungen würden vorab grundsätzlich bestritten.
131Bei der ihm vorgeworfenen Doppelnutzung von zwei Gleitzeitkarten habe es sich um einen aus heutiger Sicht vermeidbaren Umstand gehandelt. Er habe angenommen, es sei unerheblich, welche der beiden für ihn freigeschalteten Gleitzeitkarten er nutze. Er sei insofern auch aufgrund der akustisch und optisch identischen Signale bei beiden Karten davon ausgegangen, dass die Buchung seiner Arbeitszeiten korrekt und unabhängig davon erfolge, welche der beiden Karten er nutze. Dieser Irrtum sei aber keinesfalls in Betrugsabsicht erfolgt.
132Eine ungenehmigte entgeltliche Nebentätigkeit liege nicht vor. Seine Vortragstätigkeit sei dem Dienstherrn bekannt gewesen. Er übe seine Nebentätigkeit bereits seit dem Jahre 1991 in unterschiedlicher Intensität aus. Er habe diese Nebentätigkeit bei der VJ. A. übrigens nicht aufgrund eigener Initiative, sondern auf Empfehlung durch höhere Vorgesetzte der Bundeszollverwaltung aufgenommen. Er habe um die Ausübung der Nebentätigkeit nie ein Geheimnis gemacht, weil ihm diese Vortragstätigkeiten ja gerade von Vorgesetzten empfohlen worden seien. Seine Tätigkeit sei im Hauptzollamt A.-F. (später Hauptzollamt A.-West) auch mehrfach positiver Bestandteil für seine dienstlichen Beurteilungen gewesen. Bei seinem dienstlichen Wechsel vom Hauptzollamt A.-West zum Zollkriminalamt sei seine Referententätigkeit für die VJ. A. sogar ausschlaggebend für seine fachliche Eignung innerhalb der damaligen Pressestelle des Zollkriminalamtes gewesen. Sie sei allen Präsidenten des ZKA und der Personalabteilung des ZKA bekannt gewesen. Außerdem hätten mit dem jeweiligen Präsidenten auch Termine abgesprochen werden müssen, da der Dienst als Pressesprecher bzw. persönlicher Referent des jeweiligen Präsidenten des Zollkriminalamts natürlich Vorrang gehabt habe. Der (frühere) Pressesprecher des ZKA und im Jahr 2020 verstorbene ZOAR a.D. VT. habe ihn wiederholt darauf hingewiesen, dass ihm diese Tätigkeit erlaubt sei und als solche auch seitens des Zolls ausdrücklich unterstützt werde. Er solle sich in dieser Hinsicht keine Sorgen machen. Die Seminarpläne der VJ. A. seien auch im Jahr 2018 zu jedem Zeitpunkt im Internet abrufbar gewesen und seien auch als Werbeprospekte von VJ. A. und IHK A. an zahlreiche Unternehmen versandt worden. Deshalb hätte vor der Einleitung des Disziplinarverfahrens ein Personalgespräch geführt und seine damaligen Vorgesetzten, die jeweiligen Präsidenten des Zollkriminalamts, befragt werden müssen.
133Er habe seine Nebentätigkeit bereits im Jahr 1991 angezeigt. Die Personalakte sei insoweit nicht vollständig. Zahlreiche Seiten und Bestandteile seiner Personalakte im Zeitraum von 1990 bis 1999 seien gemäß handschriftlichem Vermerk „aus dienstlichen Gründen" gelöscht bzw. vernichtet worden. Der vernichtete Inhalt sei nicht rekonstruierbar oder nachvollziehbar, da der Vermerk keine Hinweise darauf enthalte. Es könnten die von ihm gefertigten Anzeigen für seine Vortragstätigkeit bei der VJ. A. als Ausübung einer genehmigungsfreien Nebentätigkeit darunter gewesen sein.
134Für ihn sei aufgrund seiner Anzeige zu Beginn der Vortragstätigkeit gegenüber seinen damaligen Vorgesetzten zu keinem Zeitpunkt fraglich gewesen, dass die Vortragstätigkeit „angezeigt, genehmigt, befürwortet, unterstützt und damit gebilligt“ werde.
135Seine Nebentätigkeit sei zudem unzureichend ermittelt worden. Die beworbenen bzw. ausgeschriebenen Veranstaltungen hätten nur zu einem kleinen Teil stattgefunden. Häufig würden ausgeschriebene Veranstaltungen wegen geringer Resonanz nicht durchgeführt. Zudem sei er nicht immer Referent gewesen. Die VJ. A. benenne regelmäßig mehrere in Betracht kommende Referenten. Eine bloße Benennung im Werbeprospekt sei kein Indiz dafür, dass er tatsächlich als Vortragender tätig gewesen sei.
136Er habe Vortragstätigkeiten grundsätzlich zu Urlaubszeiten oder mit Zeitausgleich für Mehrarbeit durchgeführt. Eine Kollision mit Arbeitszeiten während Dienstreisen oder an Tagen gemeldeter Dienstunfähigkeit liege nicht vor. Eine - mit entsprechendem ärztlichem Attest befürwortete - Ausnahme bilde die Vortragstätigkeit innerhalb und trotz seiner mehrmonatigen krankheitsbedingten Abwesenheit im Zeitraum März bis Oktober 2017.
137Im Einzelnen sei darauf verwiesen, dass eine für den 23. Juni und den 24. Juni 2017 aufgeführte Vortragstätigkeit unrichtig doppelt mit jeweils 800,- Euro Honorar aufgeführt werde. Gleichfalls unrichtig seien die doppelten Auflistungen am 9. und 10. Oktober 2017 mit angeblich jeweils 2.100,- Euro Honorar und am 20. und 21. November 2017 mit angeblich jeweils 1.050,- Euro Honorar. Ebenfalls unrichtig seien die Eintragungen zum 9. November und 10. November 2017 mit angeblich jeweils 450,- Euro Honorar und einer zeitgleichen und nachweisbaren Dienstreise zu einer internationalen Sitzung der RD. in Paris. Gleichfalls nachweisbar sei eine internationale Dienstreise nach Helsinki, obwohl die Auflistung am 25. und am 26. Mai 2028 (richtig: 2018) angeblich zwei Seminartage enthalte. Auch zu den nicht fakturierten weiteren acht Terminen vom 8. Juni 2018 bis zum 18. Oktober 2018 habe er keine Vorträge gehalten.
138Im Jahr 2019 würden mindestens neun Termine aufgeführt, an denen er überhaupt nicht vorgetragen und folglich auch kein Honorar berechnet habe.
139Er habe keine Seminare während Zeiten krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit und während genehmigter Dienstreisen durchgeführt. Sofern er Vorträge im Rahmen einer mehrmonatigen krankheitsbedingten Abwesenheit und anschließenden Wiedereingliederung im Rahmen des Hamburger Modells durchgeführt habe, sei dies in enger Abstimmung und mit ausdrücklicher Empfehlung seines behandelnden Hausarztes erfolgt. Die Ausübung der Nebentätigkeit habe der Förderung seines Heilungs- und Wiedergenesungsprozesses aus ärztlicher Sicht nicht entgegengestanden. Aufgrund der damaligen medizinischen Prognose seien die Vorträge vielmehr aus medizinischer Sicht der Heilung und Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit zuträglich gewesen.
140Der Leiter der Stabsstelle Presse in der GZD sei für ihn kein Vorgesetzter gewesen. Er habe darauf vertrauen dürfen, weiter als Sprecher des ZKA tätig zu werden und in diesem Zusammenhang allein dem ZKA-Präsidenten oder seinem Vertreter verantwortlich und weisungsgebunden zu sein. Die alltägliche Arbeitsleistung und Auftragserteilung auch nach dem 1. Januar 2016 sowie Kontaktaufnahmen seitens BMF und Stabsstelle Presse in der GZD hätten hieran keine Zweifel gelassen.
141Die Klägerin erwidert hierauf im Wesentlichen: Der Vorwurf des Beklagten, das behördliche Disziplinarverfahren bzw. die Klageschrift wiesen wesentliche Mängel auf, treffe nicht zu.
142Die Klägerin habe die Zeichnungsbefugnis der Präsidentin der Generalzolldirektion (GZD) nicht durch die Ergänzung vom 27. Juli 2021 zur Disziplinarklageschrift vom 2. Juni 2021 missachtet. Die handschriftliche Streichung betreffe ausschließlich das Anschreiben zur Disziplinarklage und nehme keine inhaltlichen Änderungen vor. Die Streichung sei durch die Disziplinarsachbearbeiterin ZAR´in EQ. im Einverständnis mit der Behördenleitung vorgenommen worden. Aus dem beigefügten Entwurf des IT-Verfahrens „Elektronische Vorgangsbearbeitung“ (EVA) sei ersichtlich, dass die Präsidentin zwei Varianten - a) sowie b) - des Anschreibens an das Verwaltungsgericht Düsseldorf zur Zeichnung erhalten und beide Varianten gebilligt habe.
143Aus dem beigefügten EVA-Entwurf sei ferner erkennbar, dass die Gleichstellungsbeauftragte der GZD bzw. deren erste Vertreterin am 2. Juni 2021 den Vorgang elektronisch mitgezeichnet habe.
144Der örtliche Personalrat der GZD sowie der Gesamtpersonalrat seien hinreichend beteiligt worden.
145Eine unzureichende Beteiligung resultiere vorliegend nicht daraus, dass der Entwurf der Disziplinarklageschrift zum Zeitpunkt der Beteiligung des Personalrates bereits erstellt war. Entscheidend sei, dass der Personalrat vor Eingang der Disziplinarklageschrift beim Verwaltungsgericht Düsseldorf beteiligt worden sei und sich habe äußern können. Der Entwurf der Disziplinarklageschrift sei am 2. Juni 2021 gezeichnet worden. Die wirksame Beteiligung der Personalräte sei durch die zwischenzeitliche Übersendung des Entwurfs der Disziplinarklage sichergestellt worden (vgl. Nr. 1 Satz 3 zu § 34 BDG der Richtlinien für das Disziplinarverfahren (BMF-Erlass vom 25. September 2003 – Z A 6 – P 1060 – 3/03 III -, geändert durch BMF-Erlass vom 19. August 2009 – Z A 4 d – P 1060/08/10001-)). Mit den Einwendungen habe sich die Präsidentin sowohl schriftlich als auch im Rahmen einer mündlichen Unterredung am 14. Juli 2021 mit der Vorsitzenden des örtlichen Personalrats auseinandergesetzt und diese im Ergebnis zurückgewiesen. Die Stellungnahme des Gesamtpersonalrates sei verspätet am 19. Juli 2021 eingegangen. Am 20. Juli 2021 sei gleichwohl die Antwort der Präsidentin an den Gesamtpersonalrat erfolgt. Sofern Einwendungen des Personalrates zu berücksichtigen gewesen wären, wäre eine jederzeitige Änderung des Entwurfs der Disziplinarklage in Betracht gekommen. Der Personalrat der Generalzolldirektion habe die Entscheidung, unverändert an der Erhebung der Disziplinarklage festzuhalten (also dem „Ob“ der Klageerhebung), jedoch akzeptiert und von der Möglichkeit, die Angelegenheit innerhalb von drei Arbeitstagen nach Zugang der vorbezeichneten Mitteilung dem Bundesministerium der Finanzen auf dem Dienstweg mit dem Antrag auf Entscheidung vorzulegen, keinen Gebrauch gemacht. Das Mitwirkungsverfahren sei nach Zuwarten der drei Arbeitstage abgeschlossen gewesen. Die Disziplinarklage sei daraufhin am 25. Juli 2021 versandt und am 28. Juli 2021 dem Verwaltungsgericht Düsseldorf zugestellt worden.
146Der Vorwurf der fehlenden Gewährung der Akteneinsicht während des Disziplinarverfahrens sei – erneut - zurückzuweisen. Der Beklagte sei während des gesamten Verfahrens mehrfach auf sein Recht auf Akteneinsichtnahme hingewiesen worden bzw. habe dieses – auch durch seine Verfahrensbevollmächtigten – wahrgenommen.
147Soweit der Beklagte moniere, dass seine Äußerungen im Ermittlungsergebnis nicht berücksichtigt worden seien, sei festzustellen, dass dem Beklagten während des Disziplinarverfahrens mehrfach Fristverlängerungen gewährt worden seien, eine Stellungnahme innerhalb der Frist entgegen der Ankündigungen jedoch nicht erfolgt sei.
148Etwaige Unvollständigkeiten der vom Beklagten genannten Tätigkeiten betreffend seinen Werdegang führten ferner nicht zu einer Fehlerhaftigkeit des Disziplinarverfahrens als solchem. Es sei erkennbar weder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden noch seien wesentliche Punkte unberücksichtigt geblieben.
149Das Persönlichkeitsbild sei durch den Direktionspräsidenten I, Herrn CM., im Auftrag der Präsidentin als Dienstvorgesetzte gezeichnet worden.
150Es seien keine Unterlagen bezüglich der Nebentätigkeit des Beklagten aus der Personalakte entnommen worden. Dabei sei es grundsätzlich durchaus möglich und rechtlich geboten, dass Aktenteile aus Personalakten entnommen und vernichtet würden. Dies könne u.a. durch zwischenzeitliche Änderungen des Personalaktenrechts, Verwertungsverbote oder aus Datenschutzgründen notwendig sein bzw. werden. Seitens der Klägerin werde davon ausgegangen, dass einer der vorgenannten Gründe die Entnahme von Aktenteilen der Personalgrundakte des Beklagten aus dienstlichen Gründen notwendig gemacht habe. Ein Vermerk, aus welchen Gründen Aktenteile vernichtet werden, dürfe in diesen Fällen nicht gefertigt werden. Die Vernichtung / Entnahme von Aktenteilen erfolge damit grundsätzlich entsprechend den Bestimmungen des Personalaktenrechts zur Wahrung der Interessen der Beamten und Beamtinnen.
151Im vorliegenden Fall ergebe sich aus den Gesamtumständen, dass die Nebentätigkeit bis zum Jahr 2020 nicht schriftlich durch den Beklagten angezeigt worden sei.
152Zum einen würden die Nebentätigkeiten bei der Klägerin grundsätzlich als gesondertes Teilaktenheft zur Personalgrundakte geführt, welches bei dem Beklagten nicht existiere. Die Vernichtung von Aktenteilen aus dienstlichen Gründen sei im Jahr 2008 vorgenommen worden, womit feststehe, dass die Entnahme von Seiten der Personalakte nicht in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren stattgefunden haben könne.
153Zum anderen finde sich auch im Personalstammdatenblatt keine (ggf. handschriftliche) Eintragung zu einer etwaig angezeigten Nebentätigkeit als vortragender Referent. Die Personalakte sei mehrmals nach der (angeblichen) Anzeige der Nebentätigkeit durchgesehen worden. Die Anzeige habe dabei nicht aufgefunden werden können. Die Überprüfung habe zeitlich vor dem Einscannen der Personalakte für den ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten, Rechtsanwalt PA., stattgefunden, sodass ausgeschlossen werden könne, dass die entsprechende Seite beim Einscannen abhandengekommen sei.
154Insgesamt erscheine auch unwahrscheinlich, dass der Beklagte bereits vorausschauend 1991 die Nebentätigkeit angezeigt haben wolle, weil die Anzeigepflicht erst 1997 eingeführt worden sei (siehe Ergänzung des § 66 BBG a.F. durch Art. 2 Nummer 2a) des Dreizehnten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Zweites Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz) vom 9. September 1997, BGBl. I S. 2294, mit Wirkung vom 18. September 1997).
155Ebenso müsse eine „bloß“ anzeigepflichtige Nebentätigkeit vor jeder erneuten Aufnahme der Personalstelle angezeigt werden. Für die genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten gelte eine auf längstens fünf Jahre befristete Genehmigungserteilung nach § 99 Absatz 4 Satz 1 BBG, sodass der Beklagte selbst bei Auffinden seiner Nebentätigkeitsanzeige aus dem Jahr 1991 seinen beamtenrechtlichen Pflichten nicht nachgekommen wäre.
156„Vortragstätigkeiten“ von Beamtinnen und Beamten in Form von Seminaren würden unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes als genehmigungspflichtige Nebentätigkeit gemäß § 99 Absatz 1 Satz 1 BBG behandelt.
157Soweit der Beklagte vortrage, er habe neun der aufgeführten Termine aus dem Jahr 2019 nicht wahrgenommen, sei dem zu entgegnen, dass allein im Jahr 2019 durch den Ermittlungsführer 17 Einsatztage festgestellt worden seien. Mit der Einleitungsverfügung vom 11. April 2017, spätestens aber mit der ersten Ausdehnungsverfügung vom 16. Mai 2018, sei dem Beklagten der Pflichtverstoß bewusst gewesen. Die Pflichtenvergessenheit werde ferner dadurch bekräftigt, dass der Beklagte erst Anfang 2020 einen Nebentätigkeitsantrag gestellt habe, allerdings nur in Bezug auf das Jahr 2020. Zudem habe er, auch nach Aufforderung und Erinnerung an seine Mitwirkungspflichten durch die Personalstelle, keine Unterlagen der vergangenen Jahre nachgereicht. Die Genehmigung dieser Nebentätigkeit sei ihm mit Bescheid vom 30. April 2020 versagt worden.
158Soweit der Beklagte ferner behaupte, die (weder angezeigten noch genehmigten) Nebentätigkeiten nicht im Rahmen von Dienstreisen durchgeführt zu haben, habe der Ermittlungsführer in seinem abschließenden Ermittlungsbericht anhand der Zeugenaussage des Geschäftsführers HV. der (ehemaligen) VJ. A. belegt, dass dies nicht zutreffe, sondern die Seminare auch während der Dienstzeit durchgeführt worden seien. Die Angaben des Zeugen seien mit den im PVS-System gestellten Anträgen des Beklagten abgeglichen worden.
159Der Beklagte habe zugestanden, im Rahmen bestehender Dienstunfähigkeit Seminare gehalten zu haben. Sofern sich der Beklagte im Rahmen der Wiedereingliederung im Rahmen des Hamburger Modells befunden habe, habe es sich ebenfalls um eine bestehende Dienstunfähigkeit gehandelt. Ein – erst noch beizubringendes – hausärztliches Attest sei nicht geeignet, den disziplinarrechtlichen Vorwurf entfallen zu lassen. Es bedürfe bei gewerbsmäßiger Ausführung der Nebentätigkeit keines konkreten medizinischen Nachweises, dass diese Nebentätigkeit den Gesundungsprozess behindert oder verzögert habe.
160Die Zeugenvernehmung mehrerer (ehemaliger) Direktionspräsidenten der Direktion VIII und weiterer Zeugen sei nicht erforderlich gewesen, da die disziplinarrechtlich relevanten Vorwürfe u.a. die Verletzung seiner Mitwirkungspflicht im Rahmen der Ausübung der Nebentätigkeit beträfen. Die Ausübung der Nebentätigkeit als vortragender Referent sei auch nicht grundsätzlich verboten. Der Beklagte hätte jederzeit eine Genehmigung beantragen können. Umso schwerer wiege, dass er die Nebentätigkeit unter Verletzung seiner Mitwirkungspflicht, innerhalb der Dienstzeiten unter Anrechnung der Stunden sowie im Rahmen seiner Erkrankung durchgeführt habe.
161Der Vorwurf der Verletzung seiner Mitwirkungspflicht entfalle auch nicht durch positive Kenntnis seiner Vorgesetzten von der Ausübung einer Nebentätigkeit. Ebenso ändere eine etwaige Empfehlung seiner Vorgesetzten, als vortragender Referent tätig zu sein, nichts an den disziplinarrechtlichen Vorwürfen. Der Beklagte sei unbestritten jahrelang als „Spitzenbeamter“ angesehen worden. Gerade aus diesem Grund und in seiner Position als Pressesprecher sei ihm besonderes Vertrauen seitens des Dienstherrn entgegengebracht worden. Dieses Vertrauen habe der Beklagte missbraucht. Die vom Beklagten genannten Vorgesetzten hätten nicht nachprüfen müssen, ob die Ausübung einer Nebentätigkeit genehmigt / angezeigt wurde. Sie hätten sich vielmehr darauf verlassen können, dass der Beamte die erforderlichen Genehmigungen eingeholt habe. Dementsprechend wäre die Einholung etwaiger Zeugenaussagen hinsichtlich der disziplinarrechtlichen Wertung nicht entscheidungserheblich.
162Für die Beamtinnen und Beamten in der Zollverwaltung hätten für die Genehmigung von Nebentätigkeiten – sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart – einheitlich die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 99 ff. BBG Geltung beansprucht. Dies sei auch vor der Umstrukturierung zum 1. Januar 2016 nicht anders gehandhabt worden.
163Der Beklagte habe zudem – wie alle anderen Beschäftigten – im Zuge der Umstrukturierung eine Umsetzungsverfügung erhalten (vgl. Verfügung vom 10. Dezember 2015, Gz.: V 3 – P 1400 B – 13/2015, PA Bl. 192), mit der ihm der Dienstposten PA.06 am Standort A. übertragen worden sei. Die Umsetzungsverfügung finde sich – entgegen der Behauptung des Beklagten – auch in seiner Personalakte (Bl. 192).
164Aus Sicht der Klägerin sei nicht nachvollziehbar, dass der Beklagte in seiner damaligen Position als Pressesprecher nicht zur Kenntnis genommen haben wolle, dass die Pressestelle des ZKA in die „Stabsstelle Presse“ eingegliedert wurde. In dem Geschäftsverteilungsplan (Stand 1. Juli 2015) sei die Pressestelle noch in die Struktur des Zollkriminalamtes eingegliedert gewesen. Mit Einrichtung der GZD (s.a. Geschäftsverteilungsplan, Stand 1. Juli 2016) sei dieser Bereich verlagert worden. Dies habe der Beklagte dem jederzeit zugänglichen Geschäftsverteilungsplan entnehmen können. Ferner habe der Beklagte ein Schreiben (vom 9. März 2016, Az.: O 1030-2016-00046-ÖÄ, PA Bl. 193) des damaligen Präsidenten der Generalzolldirektion YE. zu dessen Amtseinführung – adressiert an: Herrn HL. WT., Generalzolldirektion, Stabsbereich Pressearbeit, erhalten. Auch diesem Schreiben hätte der Beklagte entnehmen können, dass sein Tätigkeitsbereich in den Stabsbereich eingegliedert worden sei.
165Der Geschäftsverteilungsplan der GZD vom 13. Juni 2016 habe die Leitung des Bereichs „Pressearbeit“ ORR N. zugeordnet. Der Beklagte sei als „Sachbearbeiter in herausgehobener Stellung Presse für Angelegenheiten des ZFD“ gekennzeichnet. Nichts anderes habe sich aus dem Geschäftsverteilungsplan der GZD aus August 2017 ergeben. Es werde deutlich, dass der Beklagte sich nicht in die neue Struktur der neu gegründeten Generalzolldirektion habe einfügen wollen. Anders lasse es sich nicht erklären, dass er seinen Vorgesetzten (heute) RD N. als „weiteren Pressesprecher-Kollegen der Bundesoberbehörde GZD“ wahrgenommen haben wolle.
166Dass sich der Beklagte über interne Vorgaben hinweggesetzt habe, zeige sich auch an der fehlenden Buchung seiner Arbeitszeiten. Er habe die Teilnahme an der Gleitzeit für nicht notwendig gehalten. In der DV GLAZ sei keine Ausnahme für Pressesprecher von der gleitenden Arbeitszeit vorgesehen. Ebenso enthalte die DV FlexA keine Sonderregelungen für Pressesprecher.
167Der für das Höchstmaß der Disziplinarmaßnahmen maßgebende Verstoß sei die über viele Jahre hinweg durchgeführte Praxis der Ausübung einer Nebentätigkeit (hier das Abhalten von Seminaren) ohne die erforderliche Genehmigung, erschwerend während angezeigter Dienstunfähigkeit sowie während der Dienstzeit. Der Beklagte habe die Nebentätigkeit nach eigenen Angaben seit 1991 ausgeübt. Den jeweiligen zuständigen Personalstellen habe weder eine schriftliche Anzeige zur Ausübung der Nebentätigkeit als Referent bei der VJ. A. vorgelegen noch hätten die Personalstellen allgemein davon Kenntnis gehabt. Es falle nicht in den Aufgabenbereich des Dienstherrn, von sich aus zu prüfen, welche Beamten und Beamtinnen in welcher Art und in welchem Umfang Nebentätigkeiten ausübten. Es handele sich vielmehr um gesetzlich verankerte Mitwirkungspflichten gemäß § 99 Absatz 5 Satz 3 und 4 BBG des die Nebentätigkeit ausübenden Beamten. Dass der Beklagte die Nebentätigkeit ohne Genehmigung oder während der Zeiten der Erkrankung ausgeübt habe, sei seinen Vorgesetzten sicherlich nicht bekannt gewesen.
168Die Beteiligten sind in der mündlichen Verhandlung ausführlich angehört worden. Der Beklagte hat die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen eingeräumt. Es wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
169Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte 38 K 9852/18.BDG, der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts A. (15 K 6198/20), der Beschlüsse des OVG NRW vom 10. September 2020 (1 B 646/20 und 1 B 1716/19) sowie der beigezogenen Personal- und Disziplinarakten Bezug genommen.
170Entscheidungsgründe:
171Die Disziplinarklage hat Erfolg. Sie ist – weitgehend – zulässig und insoweit begründet.
172Auf das vor dem 1. April 2024 eingeleitete Disziplinarverfahren ist weiterhin das Bundesdisziplinargesetz in der bis zum 31. März 2024 geltenden Fassung anzuwenden (§ 85 Satz 1 BDG).
173A. Die Disziplinarklage ist – weitgehend – zulässig.
174I. Die Klageschrift entspricht – weitgehend – den Vorgaben des § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG a.F. Nach dieser Vorschrift muss die Klageschrift den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben sowie die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich der Beamte gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Auch tragen die gesetzlichen Anforderungen an die Klageschrift dem Umstand Rechnung, dass die Klageschrift Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festlegt. Denn gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 BDG a.F. dürfen nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder Nachtragsklage als Dienstvergehen zur Last gelegt worden sind. Aus der Klageschrift muss bei verständiger Lektüre deshalb eindeutig hervorgehen, welche konkreten Handlungen dem Beamten als Dienstvergehen zur Last gelegt werden.
175Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2023 - 2 B 12/22 -, juris, Rn. 8; Beschluss vom 12. Juni 2018 – 2 B 31/18 -, juris, Rn. 9 m.w.N.
176Nach diesen Maßgaben stellt die Disziplinarklageschrift den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beklagten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet dar. Sie berücksichtigt die Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die inhaltliche Bestimmtheit, denn sie schildert die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, aus sich heraus verständlich, wodurch Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festgelegt werden und dem Beklagten ermöglicht wurde, sich gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht zu verteidigen.
177Eine Ausnahme gilt allerdings für die beiden Vorwürfe,
178an insgesamt (im Tatbestand im Einzelnen aufgeführten) 36 Tagen Fehlermeldungen auf seinem Gleitzeitkonto verursacht zu haben, die auf Kernzeitverletzungen durch fehlende Kommen- oder Gehen-Buchungen bzw. ein Unterschreiten der Mindestarbeitszeit zurückzuführen seien,
an insgesamt (im Tatbestand im Einzelnen aufgeführten) 46 Tagen Fehlermeldungen auf seinem Gleitzeitkonto verursacht zu haben, die auf Kernzeitverletzungen durch fehlende Kommen- oder Gehen-Buchungen bzw. ein Unterschreiten der Mindestarbeitszeit zurückzuführen seien., und er es dadurch zu Gleitzeitschulden in Höhe von 687 Stunden und 5 Minuten (Stand: 15.02.2017) habe kommen lassen.
Die Disziplinarklageschrift enthält insoweit u.a. den disziplinarrechtlichen Vorwurf des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst sowie von Verstößen gegen die Gehorsamspflicht wegen Verstoßes gegen die Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit beim Zollkriminalamt (DV GLAZ). Sie legt zwar dar, für welche Tage dem Beklagten dieser Vorwurf gemacht wird, lässt aber nicht erkennen, an welchen konkreten Tagen der Beklagte den Dienst durch fehlende Kommen- oder Gehen-Buchungen bzw. ein Unterschreiten der Mindestarbeitszeit tatsächlich mit welcher Verspätung und damit unter Verstoß gegen die Kernzeitregelung angetreten hat. Vor diesem Hintergrund sind die Zahl der Verstöße gegen die Kernzeitregelung und die Dauer des unentschuldigten Fernbleibens insoweit nicht überprüfbar.
182Eine Verweisung auf die in der Disziplinarakte (Ermittlungsakte Band 1, Sachheft Anlage 1) enthaltenen Übersichten über das Arbeitszeitkonto des Beklagten ist nicht zulässig. Durch eine derartige Verweisung auf die Behördenakten kann die Klageschrift nicht mehr die ihr durch § 52 BDG a.F. zugedachte Eingrenzungs- und Informationsfunktion erfüllen. Die Klageschrift ist nicht mehr aus sich heraus verständlich, sodass der Beklagte sich nicht auf sie beschränken kann, um den genauen Gegenstand der gegen ihn erhobenen Vorwürfe und sein hiergegen mögliches Prozessverhalten bestimmen zu können.
183Zwar kann in einem Disziplinarverfahren, in dem einem Beamten - wie hier - eine Vielzahl gleichförmiger Taten zur Last gelegt wird, die durch eine gleichartige Begehungsweise gekennzeichnet sind, hinsichtlich der näheren individualisierenden tatsächlichen Umstände der Einzeltaten auf eine tabellarische Aufstellung verwiesen werden. Diese Aufstellung muss indes Teil der Klageschrift sein, weil nur so der Sachverhalt, aus dem das Dienstvergehen hergeleitet wird, in dieser hinreichend bestimmt dargestellt ist.
184Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2013 – 2 B 27/12 –, juris, Rn. 16/17.
185Der Disziplinarklageschrift haftet insoweit ein wesentlicher Mangel an, denn die fehlende inhaltliche Bestimmtheit dieses disziplinarisch relevanten Sachverhaltes steht einer Entscheidung in der Sache entgegen. Die Disziplinarkammer hat von einer Fristsetzung nach § 55 Abs. 3 Satz 1 BDG a.F. abgesehen, weil die übrigen disziplinarischen Vorwürfe die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis tragen.
186Die Einwendungen des Beklagten bleiben ohne Erfolg, da keine sonstigen wesentlichen Mängel i.S.v. § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG a.F. vorliegen. Die Disziplinarklageschrift enthält eine „geordnete“ Darstellung des persönlichen und beruflichen Werdegangs des Beklagten.
187Der berufliche Werdegang bezieht sich auf den Status und die Verwendung des Beamten. Er umfasst Ausbildungen, Prüfungen, dienstliche Beurteilungen und Beförderungen sowie frühere und gegenwärtige dienstliche Tätigkeiten.
188Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Juni 2024 – 38 K 7460/21 -, Seite 20 des Urteilsabdrucks; Urban, in: Urban/Wittkowski, Kommentar zum BDG, 2. Aufl. 2017, § 52 Rn. 11.
189Das Erfordernis, den beruflichen Werdegang des Beamten in sämtlichen Details in der Disziplinarklageschrift wiederzugeben, lässt sich der Vorschrift hingegen nicht entnehmen.
190Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 4. März 2024 – 35 K 2481/23 -, Seite 30 des Urteilsabdrucks.
191Im Übrigen enthält die Disziplinarklageschrift die hierfür erforderlichen Angaben. Im Einzelnen:
192Soweit der Beklagte rügt, seine Vorbeurteilungen incl. der Beurteilungsbeiträge bzw. die Bewertungen des Sachverhalts durch seine früheren Vorgesetzten RW., UI. und Z. seien nicht hinreichend hinzugezogen worden, trifft dies nicht zu. In der Disziplinarklageschrift sind sämtliche dienstlichen Beurteilungen des Beklagten mit dem zugehörigen Ergebnis seit dem Jahr 1990 entsprechend der Darstellung im Tatbestand aufgeführt. Es ist weder vom Beklagten vorgetragen noch aus der Personalakte ersichtlich, dass darüber hinaus weitere Beurteilungen existierten.
193Soweit er weiter moniert, seine Aufgabengebiete und freiwillig übernommenen zusätzlichen dienstlichen Aufgaben seit Anfang der 1990er Jahre seien nicht umfassend dargestellt, insbesondere seien seine Aufgabenbereiche als Sachbearbeiter im Aufgabenbereich „Q." nicht ausreichend aufgeführt, trifft dies nicht zu. Die Disziplinarklageschrift führt dazu aus:
194„Mit Wirkung vom 0. April 0000 wurde der Beklagte im Rahmen einer Abordnung und späteren Versetzung zum 0. Juli 0000 im Geschäftsbereich des damaligen Zollkriminalamts in den Aufgabengebieten "Q.“ bzw. “K." als Sachbearbeiter verwendet. Ab April 1999 wurde der Beklagte im damaligen Geschäftsbereich des Zollkriminalamts im Aufgabenbereich “Q." (PÖ/ÖA), ab dem 0. Oktober 0000 in der Funktion des Bereichsleiters, und ab dem 0. Januar 0000 in der neu eingerichteten Generalzolldirektion als Sachbearbeiter in herausgehobener Stellung “X." (PA) am Standort S.-straße in A. bis zum Juni 2017 eingesetzt.“
195Der darüber hinausgehende Vortrag des Beklagten, er habe diese Tätigkeiten bereits seit 0.0000 als Vertreter des damaligen Pressesprechers und Leiters der Pressestelle des Zollkriminalamtes ausgeübt und sei zudem seit 0.0000 durch den Präsidenten des ZKA neben diesem als weiterer Sprecher des Zollkriminalamtes benannt und beauftragt worden, war vor diesem Hintergrund nicht zwingend in die Disziplinarklageschrift aufzunehmen.
196Soweit der Beklagte geltend macht, die Disziplinarklageschrift berücksichtige nicht, dass sich der (frühere) Verfahrensbevollmächtigte, „der in der Sache sehr engagierte Rechtsanwalt HJ. PA.“, schriftlich eingelassen habe, ergibt sich keine andere Bewertung, da dessen Ausführungen hinreichend berücksichtigt wurden.
197Entgegen der Ansicht des Beklagten ergibt sich aus der Disziplinarklageschrift nicht, dass seine Umsetzung in die Abteilung D „FIU" und die anschließende Umsetzung zur Geschäftsaushilfe in die Abteilung „O.“ im Zusammenhang mit den gegen ihn geführten disziplinarrechtlichen Ermittlungen erfolgt sei. Vielmehr wird – nicht zu beanstanden – in chronologischer Reihenfolge ausgeführt:
198„Im Verlaufe der [Hervorhebung durch das Gericht] gegen den Beklagten geführten Ermittlungen wurde der Beklagte innerhalb der Generalzolldirektion zum 00. Juni 0000 zuerst in die Abteilung D "FIU“ der Direktion VIII der Generalzolldirektion am Standort S.-straße in A. umgesetzt und im Anschluss zur Geschäftsaushilfe in die Abteilung B “O.“ der Direktion VIII der Generalzolldirektion vorläufig umgesetzt.“
199Ein Mangel der Disziplinarklageschrift liegt schließlich auch nicht in dem Persönlichkeitsbild, das durch den Direktionspräsidenten I im Auftrag der Präsidentin als Dienstvorgesetzte gezeichnet wurde. Soweit der Beklagte insoweit moniert, in der Disziplinarklageschrift werde ein einseitiges, negatives Bild seiner Person aufgebaut, weil er angeblich unzuverlässig sei und in betrügerischer Absicht nur Eigeninteressen verfolge, stellt dies seine Wahrnehmung des ihm vorgeworfenen und hier zur gerichtlichen Überprüfung gestellten Dienstvergehens dar.
200Die Zeichnungsbefugnis der Präsidentin der Generalzolldirektion wurde gewahrt. Insoweit wird auf die im Tatbestand wiedergegebenen Ausführungen der Klägerin in der Replik vom 22. September 2022 Bezug genommen.
201Die Disziplinarklageschrift leidet auch im Übrigen nicht an wesentlichen, einer Sachentscheidung entgegenstehenden Mängeln im Sinne von § 55 Abs. 1 BDG a.F.
202II) Das behördliche Disziplinarverfahren leidet an keinen wesentlichen Mängeln im Sinne von § 55 Abs. 1 BDG a.F., insbesondere wurden der Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragte ordnungsgemäß beteiligt.
2031) Soweit der Beklagte geltend macht, der Personalrat und der Gesamtpersonalrat seien nicht ordnungsgemäß beteiligt worden, greift dieser Einwand nicht durch. Auf Antrag des Beklagten wurde der örtliche Personalrat vor Erhebung der Disziplinarklage gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG (in der bis zum 31. März 2024 geltenden Fassung) ordnungsgemäß beteiligt:
204Der Entwurf der Disziplinarklageschrift wurde am 2. Juni 2021 von der Präsidentin der Generalzolldirektion als Dienstvorgesetzte gezeichnet. Die wirksame Beteiligung der Personalräte wurde durch die Übersendung dieses Entwurfs der Disziplinarklage gewährleistet (vgl. Nr. 1 Satz 3 zu § 34 BDG der Richtlinien für das Disziplinarverfahren (BMF-Erlass vom 25. September 2003 – Z A 6 – P 1060 – 3/03 III -, geändert durch BMF-Erlass vom 19. August 2009 – Z A 4 d – P 1060/08/10001-)).
205Der Personalrat der Generalzolldirektion erhob zwar fristgerecht mit Schreiben vom 28. Juni 2021 Einwendungen gegen die beabsichtigte Erhebung der Disziplinarklage. Es kann indes auf sich beruhen, ob es sich bei diesen Einwendungen um zulässige Einwendungen handelte, die sich auf die in § 84 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 78 Abs. 5 Nr. 1 und 2 BPersVG a.F. bezeichneten Gründe stützen ließen, denn das Mitwirkungsverfahren war bei Erhebung der Disziplinarklage am 28. Juli 2021 abgeschlossen. Die Präsidentin teilte dem Personalrat – nach einer mündlichen Unterredung am 14. Juli 2021 mit der Vorsitzenden des örtlichen Personalrats – am 15. Juli 2021 gemäß § 81 Abs. 3 BPersVG a.F. mit, den vorgetragenen Einwendungen nicht zu entsprechen und an der Erhebung der Disziplinarklage festzuhalten, woraufhin der örtliche Personalrat sein Mitwirkungsrecht nicht weiterverfolgt hat (vgl. § 82 Abs. 1 BPersVG a.F.).
206Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Juni 2024 – 38 K 7460/21 -, Seite 21 des Urteilsabdrucks
207Der Personalrat der Generalzolldirektion hat die Entscheidung, unverändert an der Erhebung der Disziplinarklage festzuhalten (also dem „Ob“ der Klageerhebung), damit akzeptiert und von der Möglichkeit, die Angelegenheit innerhalb von drei Arbeitstagen nach Zugang der vorbezeichneten Mitteilung dem Bundesministerium der Finanzen auf dem Dienstweg mit dem Antrag auf Entscheidung vorzulegen, keinen Gebrauch gemacht. Das Mitwirkungsverfahren war damit nach Zuwarten der drei Arbeitstage abgeschlossen.
208Die Stellungnahme des Gesamtpersonalrates ging verspätet am 19. Juli 2021 ein. Gleichwohl erfolgte am 20. Juli 2021 eine – inhaltlich im Wesentlichen gleichlautende – Antwort der Präsidentin an den Gesamtpersonalrat.
2092) Die Gleichstellungsbeauftragte der GZD wurde ebenfalls vor Erhebung der Disziplinarklage beteiligt. Die erste Vertreterin hat den von der Präsidentin gezeichneten Entwurf am 2. Juni 2021 elektronisch mitgezeichnet.
210III. Das behördliche Disziplinarverfahren leidet auch im Übrigen nicht an die gerichtliche Entscheidung hindernden wesentlichen Mängeln im Sinne von § 55 Abs. 1 BDG a.F.
211Eine Anhörung des Beamten vor Einleitung eines Disziplinarverfahrens nach § 17 BDG a.F. ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht vorgesehen.
212Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Januar 2020 - 38 K 5465/19.BDG -, Seite 9 des Urteilsabdrucks; Beschluss vom 29. August 2018 – 38 L 1841/18.BDG -, juris, Rn. 9.
213Ein Verfahrensfehler im Sinne einer Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Der Vorwurf der fehlenden Gewährung der Akteneinsicht während des Disziplinarverfahrens ist zurückzuweisen. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass der Beklagte während des gesamten Verfahrens mehrfach auf sein Recht auf Akteneinsichtnahme hingewiesen wurde bzw. dieses – auch durch seine Verfahrensbevollmächtigten – wahrgenommen hat.
214Darüber hinaus wurden dem Beklagten und seinem Verfahrensbevollmächtigten während des Disziplinarverfahrens mehrfach – im Tatbestand im Einzelnen aufgeführte – Fristverlängerungen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt, ohne dass er sich weitergehend geäußert hätte. Eine im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz nach § 4 BDG a.F. abgelehnte weitere Fristverlängerung über den 00. September 0000 hinaus ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Nur am Rande sei angemerkt, dass der Beklagte sich erst weitere drei Monate später mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 22. Januar 2021 eingelassen hat.
215Soweit der Beklagte rügt, die Ermittlungen seien unvollständig, insbesondere seien seine Beweisanträge auf Vernehmung der (ehemaligen) Präsidenten des Zollkriminalamtes in unzulässiger Weise abgelehnt worden, ist ein Verfahrensmangel ebenfalls nicht dargetan. Das Disziplinargericht trifft eine Sachentscheidung auf der Grundlage eigener Sachverhaltsfeststellungen, eigener Überzeugungsbildung und einer eigenen Bemessungsentscheidung. Da die Disziplinarkammer mithin gemäß § 58 Abs. 1 BDG a.F. im Rahmen einer Disziplinarklage die erforderlichen Beweise selbst zu erheben und auf dieser Grundlage seine Entscheidung zu treffen hat, wäre ein entsprechender Mangel durch die gerichtliche Beweiserhebung jedenfalls „geheilt".
216Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. September 2022 – 2 A 17/21 –, juris, Rn. 46; OVG NRW, Urteil vom 7. Februar 2024 – 31 A 496/20.BDG -, juris, Rn. 89.
217B. Die Disziplinarklage ist – soweit sie zulässig ist – begründet.
218Der Beklagte ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§§ 5 Abs. 1 Nr. 5, 10 BDG a.F.), weil er durch ein schweres einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen gemäß § 77 Abs. 1 BBG das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat.
219I) In tatsächlicher Hinsicht geht die Disziplinarkammer von folgenden Feststellungen aus:
2201) Arbeitszeit im Zeitraum vom 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016
221Der Beklagte nahm in diesem Zeitraum an insgesamt (im Tatbestand im Einzelnen aufgeführten) 53 Tagen keine Buchungen auf seinem Gleitzeitkonto vor und legte für diese 53 Tage am 31. Mai 2016 händische und selbst abgezeichnete Korrekturbelege vor.
222Diese tatsächlichen Feststellungen sind belegt durch die Monatsjournale für die Monate Dezember 2015 bis Mai 2016 (EA, Band 1, Sachheft Anlage 1, Arbeitszeitkonten Monat Dezember 2015 bis Mai 2016, BI. 22 - BI. 27). Der Beklagte nahm den aufgeführten insgesamt 53 Tagen keine Buchungen auf seinem Gleitzeitkonto vor, was an den entsprechenden Tagen (etwa am 5. Januar 2016) mit „??.?? - ??.??“ gekennzeichnet ist, so dass eine Dienstverrichtung an diesen Tagen nicht feststellbar ist. Er legte für diese 53 Tage am 31. Mai 2016 händische und selbst abgezeichnete Korrekturbelege vor. Beigefügt war ein Post-it mit der handschriftlichen Anmerkung: „Hallo Herr D., habe jetzt Journale jeweils abgezeichnet – Buchungen meiner Arbeitszeit so mit Hrn. Z. abgestimmt! Vielen Dank + P. [Unterschrift des Beklagten – 31/5]“.
223Der Beklagte hat diese ausgedruckten Journale jeweils handschriftlich abgezeichnet und damit ihre Richtigkeit entsprechend dem beifügten handschriftlichen Vermerk bestätigt.
224Die von ihm selbst vorgenommenen handschriftlichen Korrekturen sind allerdings nicht zu berücksichtigen. Denn eine Korrekturbuchung durfte von der Gleitzeitstelle des (seinerzeit zuständigen) Bundesverwaltungsamtes nur dann vorgenommen werden, wenn der Vorgesetzte diese genehmigt hatte.
225Vgl. Nr. 18 der Anlage zur Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit beim Zollkriminalamt (DV GLAZ).
226Letzteres war hier - entgegen dem Vortrag des Beklagten - nicht der Fall. Insbesondere hat weder ORR N. als Vorgesetzter noch der vom Beklagten immer wieder benannte (damalige) Präsident des ZKA Z. die Korrekturbuchungen abgezeichnet und genehmigt. Einen sonstigen Nachweis, dass Präsident Z. die Korrekturbuchungen genehmigt hätte, hat der Beklagte ebenfalls nicht erbracht.
2272) Arbeitszeit im Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis 15. Februar 2017
228Der Beklagte nahm in diesem Zeitraum an insgesamt (im Tatbestand im Einzelnen aufgeführten) 75 Tagen keine Buchungen auf seinem Gleitzeitkonto vor.
229Diese tatsächlichen Feststellungen sind belegt durch die Monatsjournale für die Monate Juni 2016 bis Februar 2017 (EA, Band 2, BI. 258, Arbeitszeitkonten Monat Juni 2016 bis 15. Februar 2017, BI. 259 - BI. 282).
230Der Beklagte hat diese Feststellungen lediglich pauschal bestritten, insbesondere hat er keine Korrekturbuchungen vorgenommen. Hierzu war er indes verpflichtet.
231Vgl. Nr. 18 der Anlage zur Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit beim Zollkriminalamt (DV GLAZ).
232Ohne Erfolg bleibt der Vortrag des Beklagten, die Unterrichtung der Leiterin der ZKA-Personalstelle durch ORR N. mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 sei ebenso rechtswidrig wie die Offenlegung eines angeblich erheblichen Gleitzeit-Minus auf seinem Arbeitszeitkonto gegenüber ORR N. durch RD H.. Gleiches gelte für den weiteren Zugriff auf sein Gleitzeitkonto und seine Arbeitszeitbuchungen sowie für die Information der Personalstelle durch RD H. am 21. Februar 2017.
233Die (seinerzeit geltende) Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit beim Zollkriminalamt regelt in Nr. 40 ausdrücklich, dass Verstöße gegen Gleitzeitregelungen nach Maßgabe der Ziffer 32 der Anlage zur DV GLAZ (keine Korrekturbuchung innerhalb von 4 Wochen) den nach der jeweils im ZKA geltenden Zeichnungsbefugnis zuständigen unmittelbaren Vorgesetzten mitgeteilt werden. Darüber hinaus sind dem unmittelbaren Vorgesetzten ausschließlich für Zwecke des gezielten Personaleinsatzes die Gleitzeit- und Mehrarbeitssalden ihrer Mitarbeiter mitzuteilen, sofern sich […] negative Gleitzeitsalden von mehr als 10 Stunden ergeben. Diese Regelung entspricht den rechtlichen Vorgaben des § 7 Abs. 8 Arbeitszeitverordnung (Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Bundes).
234Diese rechtlichen Vorgaben sind eingehalten, da die für die Zeitwirtschaft zuständige Sachbearbeiterin P. (DII.A.171) den Beklagten ab Ende Juli 2016 mehrfach auf Verstöße gegen die Gleitzeitregelungen durch fehlende Buchungen, Kernzeitverletzungen und fehlende Korrekturanträge hingewiesen hat. Da der Beklagte hierauf nicht reagiert hat, durfte RD H. (DII.A.17) den unmittelbaren Vorgesetzten des Beklagten, ORR N., in Kenntnis setzen. Nicht zuletzt wurde der Personalrat vor Abgabe des Vorgangs an die Personalstelle einbezogen (vgl. Beiakte 10, Anlage 5, Bl. 115).
235Ein Beweisverwertungsverbot besteht nicht, da keine Verstöße gegen die Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit beim Zollkriminalamt samt Anlage vorliegen.
236Unabhängig davon und selbstständig tragend gilt: Ein – unterstellter – Verstoß gegen die Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit beim Zollkriminalamt samt Anlage würde entgegen der Ansicht des Beklagten nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führen:
237Ob ein Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein Verwertungsverbot nach sich zieht, ist im Disziplinarverfahren entsprechend den im Strafprozess geltenden Maßstäben nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes hiergegen unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Dabei muss beachtet werden, dass die Disziplinarbehörden bzw. -gerichte die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle bedeutsamen Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken haben. Daher ist ein Beweisverwertungsverbot nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn es ausdrücklich gesetzlich geregelt oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist, wobei es maßgeblich auf das Gewicht des infrage stehenden Verfahrensverstoßes im Hinblick auf die Bedeutung der im Einzelfall betroffenen Rechtsgüter ankommt.
238Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Mai 2013 – 3 A 10001/13 –, juris, Rn. 70 m.w.N.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21. Dezember 2000 – 2 M 64/00 –, juris, Rn. 12; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. September 2021 – 37 K 6098/16.BDG -, Seite 18 des Urteilsabdrucks.
239Ein Beweisverwertungsverbot kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung besteht hier nicht. Die daher vorzunehmende Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und Interessen führte im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass das berechtigte Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit an der Ahndung von Dienstvergehen gegenüber den schutzwürdigen Interessen des Beklagten überwiegt. Denn einerseits stellt die Verwertung der Daten betreffend die Dienstzeiten des Beklagten nur einen geringfügigen Eingriff in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Andererseits liegt eine nicht unerhebliche Dienstpflichtverletzung vor, wenn der Beklagte über einen längeren Zeitraum regelmäßig gegen die Arbeitszeitregelungen verstoßen hat und während der Kernzeit ohne Genehmigung dem Dienst ferngeblieben ist. Die Aufklärung und Ahndung dieser Pflichtverletzung hat ein größeres Gewicht als das Interesse des Beklagten am Schutz seiner Arbeitszeitdaten.
240Soweit der Beklagte darüber hinaus vorbringt, im fraglichen Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis zum 15. Februar 2017 seien mindestens 30 Tage genehmigter und in den Anwesenheitslisten vermerkter Erholungsurlaub nicht gebucht worden, bleibt dieser Vortrag unsubstantiiert. Der Beklagte legt nicht ansatzweise dar, wann er in diesem Zeitraum Erholungsurlaub genommen haben will, der nicht im Arbeitszeiterfassungssystem erfasst wurde. Er hat diesen Vortrag in der mündlichen Verhandlung auch nicht aufrechterhalten. Eine weitere Sachaufklärung war deshalb nicht veranlasst.
241Nur der Vollständigkeit halber weist die Disziplinarkammer darauf hin, dass dem Beklagten eine Doppelnutzung von zwei Gleitzeitkarten mit der Disziplinarklage nicht vorgeworfen wird.
2423) Nebentätigkeit als Referent bei VJ. A.
243Der Beklagte übte (jedenfalls) im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Juli 2019 an den im Tatbestand im Einzelnen angegebenen 102 Tagen bei der Firma VJ. CV.-Kolleg GmbH A. eine selbständige Tätigkeit als Referent zu den Themenbereichen "SU." in einem zeitlichen Umfang von 492,45 Stunden aus und erhielt dafür eine Vergütung von insgesamt 58.380,- Euro, ohne eine Genehmigung seines Dienstherrn zur Ausübung einer Nebentätigkeit eingeholt zu haben.
244Der Beklagte übte die ungenehmigte Nebentätigkeit
245an (im Tatbestand im Einzelnen aufgeführten) insgesamt 38 Tagen in einem zeitlichen Umfang von 199,75 Stunden aus und erhielt dafür eine Vergütung in Höhe von 30.018,75 Euro, obwohl er sich für diese Tage bei seiner Dienststelle dienstunfähig erkrankt gemeldet hat,
an (im Tatbestand im Einzelnen aufgeführten) insgesamt 4 Tagen aus, obwohl er an diesen Tagen ausweislich seiner eigenen Buchungen an den Gleitzeiterfassungsgeräten bzw. durch die Vorlage von selbst gezeichneten Korrekturbelegen ganztägig an der Dienststelle Dienst verrichtet haben will,
an (im Tatbestand im Einzelnen aufgeführten) insgesamt 7 Tagen aus, obwohl er an diesen Tagen ausweislich seiner eigenen Buchungen ganztägig auf Dienstreisen gewesen sein will.
Die vom Beklagten ausgeübte Nebentätigkeit als vortragender Referent bei der Firma VJ. ist aufgeteilt nach Kalenderjahren mit entsprechenden Vergütungen in den im Tatbestand wiedergegebenen Übersichten dargestellt. Die Buchungen bzw. Fehlermeldungen, die der Beklagte auf seinem Gleitzeitkonto an den Tagen der Ausübung der Nebentätigkeit vorgenommen bzw. ausgelöst hat, sind in der Spalte „Buchungen von Arbeitszeiten" angegeben (EA, Band 1, Sachheft Anlage 1, BI. 24 und 26, EA, Band 2, BI. 259 - BI. 341).
250Diese tatsächlichen Feststellungen beruhen auf den zeugenschaftlichen Angaben (mit detaillierten Tabellen) des Geschäftsführers der VJ. A., Herrn HV. gegenüber dem Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 15. April 2019 sowie gegenüber dem Ermittlungsführer vom 26. September 2018, vom 24. Mai 2019 und vom 12. September 2019.
251Die Disziplinarkammer hat auch im Hinblick auf den Vortrag des Beklagten keinen Grund, an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Insbesondere kann die Disziplinarkammer keine Belastungstendenz zu Lasten des Beklagten erkennen, da der Geschäftsführer der VJ. A. zunächst nur lückenhafte Angaben machte und bei späterer Vorlage der vollständigen Unterlagen darauf hinwies, dass in einigen Fällen noch kein Honorar gezahlt worden sei, da der Beklagte noch keine Abrechnung vorgelegt habe.
252Der Beklagte hat die ihm zur Last gelegten Vortragstätigkeiten – auch während Krankschreibung von März bis Oktober 2017 – in der mündlichen Verhandlung eingeräumt.
253Soweit der Beklagte zuvor wiederholt vorgetragen hat, seine Nebentätigkeit sei unzureichend ermittelt worden, da die beworbenen bzw. ausgeschriebenen Veranstaltungen nur zu einem kleinen Teil stattgefunden hätten, ausgeschriebene Veranstaltungen seien wegen geringer Resonanz nicht durchgeführt worden, und er sei nicht immer der durchführende Referent gewesen, stellt dies die tatsächlichen Feststellungen nicht in Frage. Denn der Ermittlungsführer hat auf der Grundlage der von der VJ. A. eingereichten Unterlagen die vom Beklagten tatsächlich durchgeführten Seminare tabellarisch mit Angabe des Datums, der Stunden, des Seminartitels, des gezahlten Honorars sowie der Buchungen von Arbeitszeiten lt. Monatsjournal aufgeführt.
254Soweit der Beklagte konkret ausgeführt hat, er sei unzutreffend für den 9. November und 10. November 2017 als Referent mit angeblich jeweils 450,- Euro Honorar aufgeführt, obwohl er sich zeitgleich auf Dienstreise zu einer internationalen Sitzung der RD. in Paris befunden habe, ist festzuhalten, dass dem Beklagten eine Referententätigkeit für diese Termine nicht vorgeworfen wird.
255Soweit der Beklagte darüber hinaus moniert hat, aufgeführte Vortragstätigkeiten seien unzutreffend (für den 23. Juni und den 24. Juni 2017 unrichtig doppelt mit jeweils 800,- Euro Honorar; für den 9. Oktober und 10. Oktober 2017 unrichtig doppelt mit jeweils 2.100,- Euro Honorar, für den 20. und 21. November 2017 mit angeblich jeweils 1.050,- Euro Honorar), sowie angeblich zwei Seminartage für den 25. Mai und am 26. Mai 2028 (richtig: 2018), folgt für die Disziplinarkammer nichts anderes. Es besteht kein Grund an den detaillierten Angaben der VJ. A. zu zweifeln. Der Beklagte hat keine aussagekräftigen Unterlagen – wie etwa Kontoauszüge – vorgelegt, die diese Angaben der VJ. A. im Ansatz erschüttern könnten. Die Disziplinarkammer nimmt insoweit auch in den Blick, dass der Beklagte eine Vortragstätigkeit am 25./26. Januar und 12./13. März 2018 in Abrede gestellt hat, die Herr HV. von der VJ. A. bereits mit seinem ersten Schreiben vom 26. September 2018 ausdrücklich bestätigt hat. Die Durchsicht der in der Disziplinarakte befindlichen Flyer zu den verschiedenen Seminaren zeigt im Übrigen, dass zahlreiche Veranstaltungen sich über zwei Tage erstrecken und das Honorar für jeden Vortragstag im Einzelnen aufgeführt ist.
256Soweit der Beklagte weiter vorgetragen hat, zu den „nicht fakturierten weiteren acht Terminen“ vom 8. Juni 2018 bis zum 18. Oktober 2018 habe er keine Vorträge gehalten, und im Jahr 2019 würden „mindestens neun Termine“ aufgeführt, an denen er überhaupt nicht vorgetragen und folglich auch kein Honorar berechnet habe, stellt dies die tatsächlichen Feststellungen ebenfalls nicht durchgreifend in Frage. Der Beklagte hat die detaillierten Angaben der VJ. A. nicht substantiiert bestritten. Es hätte für ihn aber nahegelegen, bei Herrn HV. einen – etwaigen – Fehler unmittelbar zu monieren und um Richtigstellung zu bitten oder im Disziplinarverfahren aussagekräftigen Unterlagen vorzulegen. Dies hat er indes nicht getan.
257Eine weitere Sachverhaltsaufklärung „ins Blaue hinein“ war deshalb nicht veranlasst.
2584) Der Beklagte erstellte die von ORR N. und Herrn Leitenden Regierungsdirektor M. geforderte Konzeption für Kommunikation betreffend das Thema "L.“ nicht.
259ORR N. forderte den Beklagten bereits im März/April 2016 auf, zunächst eine umfassende Pressemitteilung, später, ab dem 30. Juni 2016, eine Konzeption für Kommunikation zum Thema „L." vorzulegen. Ziel war es, das Thema umfassend fachlich aufzuarbeiten und hinsichtlich der Gefährdungen an die betroffenen Zielgruppen in einer Kampagne zu steuern. Die Erarbeitung der Pressemitteilung / Konzeption wurde vom Beklagten mehrfach in Gesprächen zugesagt.
260Nachdem die erbetene Konzeption auch auf mehrfache mündliche Nachfrage nicht vorgelegt wurde, erteilte ORR N. die Weisung schriftlich und mehrfach unter Fristsetzung (E-Mails vom 24. Mai 2016 (Frist 13. Juni 2016), vom 16. Juni 2016 (Frist 30. Juni 2016), vom 30. Juni 2016 (ohne Frist), vom 1. Juli 2016 (ohne Frist), vom 8. Juli 2016 (Frist 14. Juli 2016) und vom 17. Oktober 2016 (Frist 15. November 2016)).
261Auf Bitten von ORR N. bat der damalige Leiter des Stabes der Generalzolldirektion, Leitender Regierungsdirektor M., den Beklagten, Herrn YZ. Weisung nachzukommen.
262ORR N. forderte beim Beklagten am 1. Dezember 2016 nochmals ausdrücklich die Vorlage der Konzeption ein. Der Beklagte erklärte hierzu, das Dokument sei fertig gestellt und „liege auf seinem Schreibtisch im Büro“. Da er wegen privater Hinderungsgründe (Erkrankung des Vaters) vor dem Gespräch nicht im Büro gewesen sei, könne er das Dokument erst am Folgetag, dem 2. Dezember 2016, zusenden. Da am 3. Dezember 2016 das Dokument immer noch nicht vorgelegt worden war, setzte ORR N. eine erneute Frist zur Vorlage am 5. Dezember 2016. Da der Beklagte auch diese Frist nicht einhielt, forderte ORR N. am 5. Dezember 2016 erneut eine unverzügliche Vorlage. Mit E-Mails vom 30. Januar und 1. Februar 2017 bat ORR N. erneut unter Fristsetzung um Vorlage einer Konzeption "L.“, die der Beklagte wiederum ohne Kommentierung verstreichen ließ. Mit abschließender E-Mail vom 2. Februar 2017 wurde der Beklagte vor dem Hintergrund seiner künftigen anderweitigen Verwendung in der Generalzolldirektion von der Aufgabenerledigung „MN." entbunden.
263Dieser Sachverhalt ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wird durch den Inhalt der Disziplinarakte getragen.
264II) Disziplinarische Würdigung
265Die disziplinarische Würdigung dieser festgestellten Sachverhalte ergibt, dass sich der Beklagte eines schweren - einheitlichen - innerdienstlichen Dienstvergehens schuldig gemacht hat. Der Beklagte ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§§ 5 Abs. 1 Nr. 5, 10 BDG a.F.), weil er durch dieses Dienstvergehen gemäß § 77 Abs. 1 BBG das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat.
266Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt. Durch das festgestellte Verhalten hat der Beklagte mehrere Dienstpflichten verletzt:
2671) Arbeitszeit im Zeitraum vom 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016
268Indem der Beklagte
269an 53 Tagen keine Buchungen auf seinem Gleitzeitkonto vornahm und für diese 53 Tage händische und selbst abgezeichnete Korrekturbelege für 434,6 Stunden zu seinen Gunsten vorlegte,
verstieß der Beklagte zum einen gegen § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG (Gehorsamspflicht) und zum anderen gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 BBG (unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst). Im Einzelnen:
272(1) Nach § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG sind Beamte verpflichtet, die dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen.
273Eine solche dienstliche Anordnung stellt die Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit beim Zollkriminalamt (DV GLAZ) in der Fassung vom 5. Januar 2012 und die dazugehörende Anlage (DV GLAZ-Anl.) dar.
274Die zwischen dem damaligen Präsidenten und dem örtlichen Personalrat des Zollkriminalamtes abgeschlossene Dienstvereinbarung wurde allen Beschäftigten bekannt gegeben sowie in das Intranet des Zollkriminalamtes eingestellt. Mit der DV GLAZ hatte der Dienstherr für alle Beschäftigten verbindlich festgelegt, wie die Dienstleistung in ihrer zeitlichen Komponente zu erbringen ist. Die DV GLAZ war nach Einrichtung der Generalzolldirektion bis zum Inkrafttreten der Dienstvereinbarung über die flexible Arbeitszeit (DV FlexA) zum 1. Juli 2017 gültig.
275Danach galt die gleitende Arbeitszeit mit elektronischer Zeiterfassung im in Rede stehenden Zeitraum für alle Beschäftigten, soweit in der DV GLAZ nichts anderes bestimmt war. Der Beklagte war von der Teilnahme an der Gleitzeit nicht ausgenommen (Ziffern 3 bis 6 „Ausnahmen vom Geltungsbereich" DV GLAZ) und daher gemäß Ziffer 1 und 2 „Geltungsbereich" DV GLAZ zur Zeiterfassung verpflichtet.
276Der umfangreiche Vortrag des Beklagten, die für alle Beschäftigten des Zollkriminalamtes an allen Dienstsitzen geltende Dienstvereinbarung sei für die Arbeitszeiten eines Pressesprechers des Zollkriminalamtes und des Zollfahndungsamtes nicht geeignet gewesen, führt zu keinem anderen Ergebnis. In der Dienstvereinbarung ist schlicht keine Ausnahme für Pressesprecher vorgesehen, wie der Beklagte - auch in der mündlichen Verhandlung - eingeräumt hat.
277Im Übrigen hat bereits das OVG NRW darauf hingewiesen, dass der Beklagte nicht aufzeige, dass für ihn ein anderes als das jeweils in der Dienststelle allgemein etablierte Arbeitszeitregime gegolten haben und dass es Sache der Dienststelle gewesen sein könnte, ihn erst auf dieses Regime hinzuweisen. Zudem bleibe der Vortrag, es habe (auch nach dem 1. Januar 2016) eine Billigung seiner von diesem Regime abweichenden Handhabung gegeben, gänzlich unsubstantiiert.
278Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 -, juris, Rn. 44.
279Die Arbeitszeit wurde in der Liegenschaft S.-straße in A. mit Hilfe eines in den Eingangsbereichen angebrachten elektronischen Zeiterfassungsterminals automatisiert erfasst (Ziffer 38 DV GLAZ; Ziffer 4 DV GLAZ-Anl.). Die Abwicklung der Arbeitszeiterfassung im Zollkriminalamt erfolgte bis zum 31. Mai 2016 durch Zuhilfenahme des Arbeitszeiterfassungssystems „Flaminga“ des Bundesverwaltungsamtes (BVA) und ab dem 1. Juni 2016 durch das Personalverwaltungssystem (PVS) in der Komponente Zeitwirtschaft (PT).
280Gemäß Ziffer 14 DV GLAZ Anl. war durch die Beschäftigten jedes Betreten und Verlassen des Dienstgebäudes durch Bedienen der Zeiterfassungsgeräte festzuhalten. Außerdem war jeder Beschäftigte verpflichtet, für die Richtigkeit und die Vollständigkeit der eigenen Arbeitszeiterfassungsdaten zu sorgen. Soweit die täglichen Arbeitszeiten nicht über das elektronische Arbeitszeiterfassungssystem nachgewiesen wurden, waren entweder die Arbeitszeiten oder die Fehl-/Entschuldigungsgründe über Korrekturbuchungen in das Arbeitszeiterfassungssystem einzustellen (Ziffer 17 DV GLAZ Anl). Die Beauftragung von Korrekturbuchungen erfolgte bis zur Umstellung der Zeitwirtschaft auf PVS zum 1. Juni 2016 regelmäßig durch die Nutzung von papiergestützten Korrekturbelegen (Ziffer 19 DV GLAZ Anl). Über das Intranet des Zollkriminalamtes wurde allen Beschäftigten ein passwortgeschützter lesender Zugriff auf ihre persönlichen Zeiterfassungsdaten, mit taggenauen Angaben zu Gleitzeitguthaben bzw. -schulden, ermöglicht. Gleitzeitschulden durften zu keinem Zeitpunkt 40 Stunden überschreiten und wurden in vollem Umfang in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen (Ziffer 32 DV GLAZ). Als Abrechnungszeitraum wurde die Zeit vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres festgesetzt (Ziffer 31 DV GLAZ).
281Bis zum 31. Mai 2016 nahm das Bundesverwaltungsamt (BVA) die Aufgaben der Gleitzeitstelle für das Zollkriminalamt wahr (Ziffer 2 DV GLAZ-Anl). Zeigte das Arbeitszeitkonto (Monatsjournal) Fehlermeldungen (z. B. Kernzeitverletzungen) an, hatte der Beschäftigte unverzüglich die notwendigen Korrekturbuchungen unter Angabe des Korrekturgrundes zu initiieren. Eine Korrekturbuchung wurde dabei vom BVA nur dann vorgenommen, wenn der/die zuständige Dienstvorgesetzte diese genehmigt hatte und dem BVA über die Gleitzeitstelle des Zollkriminalamtes vorgelegt wurde. Die Dienstvorgesetzten und die Sachbearbeitung Zeitwirtschaft im Zollkriminalamt sichteten dabei die Korrekturmeldungen auf Schlüssigkeit und korrekte Anwendung der DV GLAZ. Darüber hinaus war ein von der Gleitzeitstelle bis zum 10. Werktag des Folgemonats erstelltes monatliches Fehlerprotokoll (Ziffer 30 DV GLAZ-Anl) von den Beschäftigten gleichfalls auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und ggf. mittels Korrekturbuchung zu berichtigen. Bei fehlender Buchung war eine Klärung bei dem Beschäftigten durch die Gleitzeitstelle erforderlich (Ziffern 31 und 32 DV GLAZ-Anl).
282Nach diesen Maßgaben hat der Beklagte gegen § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG (Gehorsamspflicht) i.V.m. der Dienstvereinbarung samt Anlage verstoßen, weil er
283an 53 Tagen das Betreten und Verlassen des Dienstgebäudes nicht durch Bedienen der vorgesehenen Zeiterfassungssysteme erfasst und dies nicht durch Buchung von Korrekturbelegen bearbeitet hat (Ziffer 18 DV GLAZ; Ziffer 4 und 14 DV GLAZ Anl.), und
für diese 53 Tage händische und selbst abgezeichnete Korrekturbelege für 434,6 Stunden zu seinen Gunsten vorlegte, obwohl Korrekturbuchungen nur vorgenommen werden dürfen, wenn der Vorgesetzte diese genehmigt hat (Ziffer 18 DV GLAZ Anl.), was hier – wie ausgeführt – nicht der Fall war.
(2) Der Beklagte ist darüber hinaus unerlaubt dem Dienst ferngeblieben. Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 BBG dürfen Beamte dem Dienst nicht ohne Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten fernbleiben. Der Begriff des nicht genehmigten Fernbleibens vom Dienst knüpft an die formale Dienstleistungspflicht des Beamten an. Diese beamtenrechtliche Grundpflicht fordert vom Beamten in erster Linie, sich während der vorgeschriebenen Zeit an dem vorgeschriebenen Ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen.
287Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2017 – 2 B 71/16 –, juris, Rn. 7 m.w.N.
288Die Bestimmung von Zeit und Ort der Dienstleistung ist Sache des Dienstherrn. Sie kann sich aus normativen Vorgaben, aus allgemeinen Anordnungen oder aus konkreten, individuellen Weisungen durch den Dienstvorgesetzten ergeben.
289Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2017 – 2 B 71/16 –, juris, Rn. 8.
290Der Beklagte ist an 53 vollen Tagen dem Dienst ferngeblieben.
291Der Beklagte war auch dienstfähig. Solange ein Beamter dienstunfähig ist, ist er entsprechend von der Dienstleistungspflicht befreit. Eine Dienstunfähigkeit und damit ein im Sinne von § 96 BBG berechtigtes Fernbleiben vom Dienst ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
292Durch das der Dienstvereinbarung widersprechende Nichtverbuchen der An- und Abwesenheitszeiten und durch die Vorlage selbst genehmigter Korrekturbelege hat der Beklagte zudem gegen seine aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG folgende Wohlverhaltenspflicht verstoßen, die ihn dazu verpflichtet, durch sein Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, welche sein Beruf erfordern. Ausfluss der Wohlverhaltenspflicht ist unter anderem die Wahrheitspflicht. Die Funktionsfähigkeit der Verwaltung verlangt eine reibungslose und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten, besonders auch zwischen den Beamten und ihren Vorgesetzten. Wesentliche Voraussetzung dafür ist Offenheit und Wahrhaftigkeit im dienstlichen Umgang.
293Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 29. Juli 2019 – 38 K 6897/18.BDG –, Seite 24 des Urteilsabdrucks; Urteil vom 13. November 2019 – 31 K 9317/18.O -, Seite 25 des Urteilsabdrucks; Hummel/Köhler/Mayer/Baunack-Köhler, Kommentar zum BDG [6. Aufl., 2016], Seite 237, Rn. 1.
294Dies gilt insbesondere im Hinblick auf solche Gegebenheiten, welche – wie die Einhaltung von Vorgaben der Zeiterfassung – einer Kontrolle durch den Dienstherrn weitgehend entzogen sind, so dass dieser in besonderer Weise auf die Ehrlichkeit und Gewissenhaftigkeit seiner Beamtinnen und Beamten angewiesen ist. Wer sich – wie der Beklagte – Zeitgutschriften erschleicht, indem er seine Arbeitszeiten unter Missachtung der Bestimmungen zur elektronischen Zeiterfassung nicht (oder nicht zutreffend) verbucht, verstößt gegen die Wahrheits- und damit seine Wohlverhaltenspflicht.
295Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 29. Juli 2019 – 38 K 6897/18.BDG –, Seite 24 des Urteilsabdrucks; Urteil vom 13. November 2019 – 31 K 9317/18.O -, Seite 25 des Urteilsabdrucks;
296Zugleich hat der Beklagte seine aus § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG folgende Verpflichtung, sich mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf zu widmen, verletzt. Ausfluss dieser Pflicht ist die – in § 96 Abs. 1 Satz 1 BBG verankerte – Anwesenheitspflicht, welche gebietet, dass der Beamte dem Dienst nicht ohne Genehmigung fernbleibt. Der Tatbestand des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst knüpft an die formale Dienstleistungspflicht des Beamten an. Diese beamtenrechtliche Grundpflicht fordert von dem Beamten in erster Linie, sich während der vorgeschriebenen Dienstzeit am vorgeschriebenen Ort aufzuhalten, um die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Wer dem Dienst vorsätzlich unerlaubt fernbleibt, missachtet damit zwangsläufig die Dienstpflicht zum vollen beruflichen Einsatz.
297Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 – 2 C 1/13 –, juris, Rn. 22, und Beschluss vom 21. Juni 2017 – 2 B 71/16 –, juris, Rn. 7.
2982) Arbeitszeit im Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis 15. Februar 2017
299Indem der Beklagte
300an 75 Tagen keine Buchungen auf seinem Gleitzeitkonto vornahm,
verstieß der Beklagte wiederum zum einen gegen § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG (Gehorsamspflicht) und zum anderen gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 BBG (unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst).
303Die Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit beim Zollkriminalamt (DV GLAZ) in der Fassung vom 5. Januar 2012 und der dazugehörenden Anlage (DV GLAZ-Anl.) galt in diesem Zeitraum bis zum Inkrafttreten der DV FlexA zum 1. Juli 2017 fort, so dass auf die Ausführungen unter 1) Bezug genommen werden kann.
304Seit dem 1. Juni 2016 hatte jeder Beschäftigte notwendige Korrekturbuchungen unmittelbar im PVS-Portal unter „Services für Beschäftigte" im Bereich Arbeitszeit unter Angabe des Korrekturgrundes vorzunehmen. Eine Anleitung zur Durchführung der Korrekturbuchung war im Portal hinterlegt. Auch hier wurden Korrekturbuchungen von der Zeitwirtschaft nur nach Genehmigung durch den zuständigen Dienstvorgesetzten vorgenommen.
305Nach diesen Maßgaben hat der Beklagte gegen § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG (Gehorsamspflicht) i.V.m. der Dienstvereinbarung samt Anlage verstoßen, weil er
306an 75 Tagen das Betreten und Verlassen des Dienstgebäudes nicht durch Bedienen der vorgesehenen Zeiterfassungssysteme erfasst und dies nicht durch Buchung von Korrekturbelegen bearbeitet hat (Ziffer 18 DV GLAZ; Ziffer 4 und 14 DV GLAZ Anl.).
Der Beklagte ist darüber hinaus an diesen 75 Tagen unerlaubt dem Dienst ferngeblieben (§ 96 Abs. 1 Satz 1 BBG).
309Nicht zuletzt liegt – wiederum – ein Verstoß gegen die aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG folgende Wohlverhaltenspflicht sowie die aus § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG folgende Verpflichtung, sich mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf zu widmen, vor.
3103) Zusammengefasst ergibt sich, dass der Beklagte im Zeitraum vom 1. Dezember 2015 bis zum 15. Februar 2017 gegen die Gehorsamspflicht i.V.m. der Dienstvereinbarung samt Anlage verstieß, indem er
311an 128 Tagen das Betreten und Verlassen des Dienstgebäudes nicht durch Bedienen der vorgesehenen Zeiterfassungssysteme erfasst und dies nicht durch Buchung von Korrekturbelegen bearbeitet hat,
für 53 Tage händische und selbst abgezeichnete Korrekturbelege für 434,6 Stunden zu seinen Gunsten vorlegte.
Darüber hinaus ist er an 128 Tagen und damit (bei pauschalierender Annahme von 20 Arbeitstagen pro Monat) für einen Zeitraum von über sechs Monaten dem Dienst unerlaubt ferngeblieben.
315Dem Beklagten ist vorsätzliches Verhalten zur Last zu legen. Er kannte die geltende Dienstvereinbarung und wusste, dass die Regelungen über die gleitende Arbeitszeit (auch) für ihn verbindlich waren. Ihm waren die rechtlichen Vorgaben aufgrund seiner langjährigen Erfahrung und insbesondere durch die wiederholten Aufforderungen der für die Zeitwirtschaft zuständigen Sachbearbeiterin P. bewusst. Ihr gegenüber hat er mehrfach erklärt, er werde die entsprechenden Korrekturbuchungen vornehmen bzw. versichert, dass er eine Liste der zu korrigierenden Tage/Buchungen bereits erstellt habe. Dass dem Beklagten insbesondere auch bewusst war, dass Korrekturbelege durch den Vorgesetzten abzuzeichnen waren, ergibt sich aus seiner Email vom 14. September 2016 an Frau P., der (damalige) Präsident des ZKA Z. sei wegen seines Urlaubs und anschließender Dienstreise bisher nicht dazu gekommen, seine – des Beklagten – vielen Korrekturbelege freizugeben. Nachdem er die erforderlichen Korrekturbelege auch in der Folgezeit nicht vorlegte, wurde er von Frau P. darauf hingewiesen, dass sie – sollte er der Gleitzeitstelle keine genehmigten Korrekturanträge – vorlegen, ihren Vorgesetzten, RD H. in den Fall einbinden werde. Der Beklagte hat gegenüber ORR N. am 1. Dezember 2016 auf entsprechende Nachfrage zu dem erheblichen Gleitzeitminus auf seinem Konto erklärt, dass ihm der Stand seines Gleitzeitkontos bewusst sei und er sich um die Abgabe entsprechender Korrekturbelege kümmern werde. Vor diesem Hintergrund ist schließlich auch nicht ersichtlich, weshalb der Beklagte eine Einsichtnahme in seinen Mailverkehr und seine Telefonlisten für erforderlich hält. Dies konnte er auch auf Befragen in der mündlichen Verhandlung nicht erklären. Im Übrigen hat das OVG NRW bereits ausgeführt, es sei nicht erkennbar (gemacht), warum der Beklagte eine Einsichtnahme in seinen E-Mail-Verkehr benötigen sollte.
316Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 –, juris, Rn. 44.
317Ein etwaiger Irrtum des Beklagten wäre nach den Grundsätzen des Verbotsirrtums (§ 17 StGB) zu behandeln, der den Vorsatz unberührt lässt und der vorliegend nicht unvermeidbar war. Die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums bestimmt sich nach der von dem Beamten gemäß seiner Amtsstellung (Status, Dienstposten) und seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten (Vorbildung, dienstlicher Werdegang) zu fordernden Sorgfalt unter Berücksichtigung ihm zugänglicher Informationsmöglichkeiten. Das Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit setzt in der Regel keine juristisch genaue Kenntnis der verletzten Rechtsvorschriften und Verwaltungsanordnungen voraus. Es genügt, wenn der Beamte Umfang und Inhalt seiner auf diesen Regelungen beruhenden Dienstpflichten im weitesten Sinne erfasst. Davon ist im Regelfall auf Grund der Ausbildung der Beamten und der Praxis dienstzeitbegleitender Belehrungen über Rechte und Pflichten im Dienstverhältnis auszugehen.
318Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2012 – 2 WD 1/11 –, juris, Rn. 56; Beschluss vom 21. Februar 2008 – 2 B 1/08 –, juris, Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 7. Juli 2016 ‑ 3d A 1203/16.O –, juris, Rn. 6.
319Nach diesen Maßgaben wäre ein – unterstellter – Verbotsirrtum vermeidbar gewesen, weil der Beklagte als Zolloberamtsrat mit langjähriger Diensterfahrung und seiner (auch von ihm betonten) hervorgehobenen Position als Bereichsleiter „Q." bzw. ab dem 0. Januar 0000 in der neu eingerichteten Generalzolldirektion als Sachbearbeiter in herausgehobener Stellung „X." bei gehöriger Anspannung seiner intellektuellen Fähigkeiten die Pflichtwidrigkeit seines Handelns ohne Weiteres hätte erkennen können und müssen.
320Die Verstöße gegen § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG (Gehorsamspflicht), gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 BBG (unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst), gegen § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG (Wohlverhaltenspflicht) sowie gegen § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG (Pflicht, sich mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf zu widmen), stellen eine innerdienstliche Dienstpflichtverletzung dar, weil das pflichtwidrige Verhalten des Beamten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war.
321Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6/14 -, juris, Rn. 11.
3223) Nebentätigkeit als Referent bei VJ. A.
323Der Beklagte hat durch die festgestellte Nebentätigkeit als Referent bei der VJ. A. im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Juli 2019 gegen das aus §§ § 99 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs. 1 BBG i.V.m. § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG folgende Verbot verstoßen, genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten ohne Genehmigung auszuüben.
324Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2007 - 1 D 16/05 -, juris, Rn. 31 (zum BBG a.F.); OVG NRW, Urteil vom 10. Mai 2017 – 3d A 971/15.O –, juris, Rn. 80.
325Gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BBG bedürfen Beamtinnen und Beamte zur Ausübung jeder entgeltlichen Nebentätigkeit, mit Ausnahme der in § 100 Abs. 1 BBG abschließend aufgeführten Nebentätigkeiten, der vorherigen Genehmigung, soweit sie nicht nach § 98 BBG zu ihrer Ausübung verpflichtet sind.
326Die vom Beklagten ausgeübte Nebentätigkeit als vergüteter Referent bei der VJ. A. war genehmigungspflichtig, weil es sich um eine entgeltliche Nebentätigkeit (Ausübung einer Nebenbeschäftigung i.S.v. § 97 Abs. 1 und 3 BBG) handelte. Eine Pflicht zur Ausübung der Nebenbeschäftigung bestand nicht.
327Eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht gemäß § 100 Abs. 1 BBG liegt nicht vor, insbesondere handelt es sich nicht um eine – nur anzeigepflichtige – wissenschaftliche Vortragstätigkeit. Von einer wissenschaftlichen Vortragstätigkeit abzugrenzen ist eine Lehr- und Unterrichtstätigkeit, bei der ein umfangreicherer Lehrstoff systematisch vermittelt wird (z.B. Weiterbildungsveranstaltungen).
328Vgl. Nr. II.3.c des Rundschreibens des BMI vom 28. Juni 2017 - D2-30107/4#4 -.
329Die Referententätigkeit des Beklagten stellt eine systematische Wissensvermittlung auf dem Gebiet des Zollrechts dar. Nach Inhalt und Dauer hat diese den Charakter einer Lehr- und Unterrichtstätigkeit.
330Der Beklagte bedurfte hierfür der vorherigen Genehmigung, über die er – unstreitig – nicht verfügte.
331Es kann deshalb dahinstehen, ob der Beklagte – wie er vorträgt – im Jahr 1991 bei seiner damaligen Dienststelle eine Nebentätigkeit angezeigt hat.
332Das OVG NRW hat hierzu weitergehend bereits ausgeführt, der Einwand des Beklagten, er habe seine Tätigkeit schon 1991 einmalig angezeigt, sei ersichtlich ungeeignet, den erhobenen Vorwurf, er habe eine Nebentätigkeit nicht angezeigt, auszuräumen. Es sei schon nicht glaubhaft, weil 1991 kein Grund für eine solche Anzeige bestanden habe. Die fragliche Anzeigepflicht sei nämlich überhaupt erst 1997 eingeführt worden, und zwar im Wege der entsprechenden Ergänzung des § 66 BBG a. F. durch Art. 2 Nr. 2 a) des Dreizehnten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Zweites Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz) vom 9. September 1997, BGBl. I S. 2294, mit Wirkung vom 18. September 1997.
333Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 -, juris, Rn. 52.
334Unabhängig davon hätte – so das OVG NRW weiter – der Beklagte einer (unterstellt: nur) bestehenden Anzeigepflicht in Bezug auf die hier in Rede stehenden Vorträge in den Jahren 2018 und 2019 nicht schon durch die behauptete "Anzeige" im Jahre 1991 genügt. Zu verstehen sei unter "Vortragstätigkeit" nämlich nur das Abhalten einzelner Vorträge oder einer Vortragsreihe, durch die den Zuhörern ein in sich geschlossener Überblick über ein beliebiges Thema vermittelt werden soll. Dass hier eine von 1991 bis 2018/2019 fortdauernde "Vortragsreihe" in diesem Sinne vorgelegen haben könnte, sei weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
335Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 -, juris, Rn. 54 ff.
336Diesen Ausführungen schließt sich die Disziplinarkammer an.
337Dass der Beklagte in der Folgezeit, insbesondere nach seinem Wechsel zum (damaligen) Zollkriminalamt oder im zeitlichen Zusammenhang mit dem hier in Rede stehenden Zeitraum eine Nebentätigkeit bei seinem Dienstherrn angezeigt hätte, macht der Beklagte selbst nicht geltend.
338Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 22. Januar 2021 (erstmals) vorgetragen hat, „in 2019 rein vorsorglich mit Rücksicht auf das anhängige Disziplinarverfahren und für das laufende Jahr 2021 im Dezember 2020 auch Anträge auf Genehmigung der Nebentätigkeit gestellt“ zu haben, hat er diesen Vortrag in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten.
339Schließlich weist die Klägerin darauf hin, dass sich im Personalstammblatt keine Eintragung zu einer etwaig angezeigten Nebentätigkeit finde und ein Teilaktenheft zur Personalgrundakte betreffend Nebentätigkeiten für den Beklagten nicht existiere.
340Das weitere Vorbringen des Beklagten zur Frage der Vollständigkeit seiner Personalakte im Hinblick auf eine Anzeige seiner Nebentätigkeit ist mithin unerheblich.
341Eine allgemeine Genehmigung im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 Bundesnebentätigkeitsverordnung (BNV) für die Nebenbeschäftigung lag ebenfalls nicht vor, denn jedenfalls wurde sie mit mehr als 100 Euro monatlich vergütet.
342Der Beklagte handelte auch vorsätzlich. Er wusste aufgrund seiner langjährigen hervorgehobenen Tätigkeit als Zollbeamter, dass er als Beamter nach §§ 99 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs. 1 BBG verpflichtet war, dem Dienstherrn eine Nebentätigkeit anzuzeigen bzw. einen Antrag auf Genehmigung zu stellen. Rechtlich unerheblich ist deshalb der Vortrag des Beklagten, die jeweiligen Fachvorgesetzten im Hauptzollamt als auch im Zollkriminalamt seien jederzeit über seine Vortragstätigkeiten informiert gewesen.
343Soweit sich der Beklagte darauf beruft, der im Jahr 2020 verstorbene (frühere) Pressesprecher des ZKA, ZOAR a.D. VT., habe ihn wiederholt darauf hingewiesen, dass ihm diese Tätigkeit erlaubt sei und als solche auch seitens des Zolls ausdrücklich unterstützt werde, führt dies ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Der Beklagte musste wissen, dass ihn dies – die Richtigkeit der Aussage unterstellt – nicht von der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften entbindet.
344Ein etwaiger Irrtum des Beklagten wäre – wiederum – nach den Grundsätzen des Verbotsirrtums (§ 17 StGB) zu behandeln, der den Vorsatz unberührt lässt und der vorliegend aus den bereits dargelegten Gründen auch insoweit nicht unvermeidbar war.
345Soweit der Beklagte die Nebentätigkeit in Erkrankungszeiten ausgeübt hat, hat er zudem gegen seine aus § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG folgende Pflicht zur Gesunderhaltung bzw. Genesungspflicht verstoßen. Der Beamte, der in einem besonderen Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn steht, ist im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gehalten, alles ihm Zumutbare zu tun, um eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit herbeizuführen. Dazu gehört, dass er seine Kräfte schont und sie nicht vorzeitig, insbesondere zu Erwerbszwecken, einsetzt.
346Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1992 - 1 D 2/91 -, juris, Rn. 38; OVG NRW, Urteil vom 10. Mai 2017 – 3d A 971/15.O –, juris, Rn. 86.
347Daher verstößt ein Beamter, der während einer Krankschreibung – hierzu zählen auch Zeiten einer Wiedereingliederung – Nebentätigkeiten ausübt, gegen die Pflicht zum vollen beruflichen Einsatz, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang generell geeignet ist, die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit zumindest zu verzögern. Eines konkreten Nachweises, dass die Nebentätigkeit den Gesundungsprozess behindert oder verzögert hat, bedarf es nicht. Es reicht vielmehr aus, wenn die Nebentätigkeit – wie hier – generell geeignet ist, die alsbaldige und nachhaltige Genesung wegen eines Erschöpfungszustandes zu beeinträchtigen.
348Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2013 ‑ 2 B 27/12 ‑, juris, Rn. 8; Urteil vom 14. November 2001 – 1 D 60/00 –, juris, Rn. 20; Urteil vom 15. August 2000 - 1 D 77/98 -, juris; Urteil vom 1. Juni 1999 - 1 D 49/97 -, juris.
349Die Ausübung der ungenehmigten Nebentätigkeit stellt eine innerdienstliche Dienstpflichtverletzung dar, da sie unmittelbar mit der dienstlichen Tätigkeit des Beklagten verknüpft war, ihre Eigenschaft als Nebentätigkeit gerade aufgrund der Dienststellung des Beamten erlangte.
350Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6/14 -, juris, Rn. 11, vom 8. September 2004 - 1 D 18/03 -, juris, Rn. 57, und vom 6. Juni 2007 - 1 D 8/06 -, juris, Rn. 19.
3514) dienstliche Weisung
352Indem der Beklagte die Weisung des ORR N., eine umfassende Pressemitteilung, später eine Konzeption für Kommunikation zum Thema „L." vorzulegen, von März/April 2016 bis Januar 2017 über einen Zeitraum von etwa neun Monaten beharrlich und auch nach persönlicher Ansprache durch den Leiter des Stabes der Generalzolldirektion ignorierte, hat er vorsätzlich gegen die Gehorsamspflicht aus § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG verstoßen. Nach dieser Bestimmung sind Beamte verpflichtet, die dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten auszuführen […].
353Eine dienstliche Anordnung liegt vor, wenn nach dem objektiven Erklärungswert eine Äußerung oder ein Verhalten des Vorgesetzten des Beamten diesen zu einem Handeln oder Unterlassen rechtlich verpflichten will. Voraussetzung ist, dass dem Beamten eine klare und verbindliche Anordnung von seinem Vorgesetzten gegeben wird.
354Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2000 – 1 D 34/98 –, juris, Rn. 23.
355Dies war hier der Fall, wie insbesondere die Emails des ORR N. belegen. Die vom Beklagten wiederholt geäußerte Ansicht, ORR N. sei ihm gegenüber nicht zu Weisungen befugt gewesen, trifft nicht zu. ORR N. war Vorgesetzter des Beklagten und ihm gegenüber damit weisungsbefugt, wie die Klägerin unter Hinweis auf die geltenden Organisationspläne darlegt. Dies war dem Beklagten auch bewusst: er wollte dies schlichtweg nicht anerkennen. Dies zeigt anschaulich etwa sein Vortrag, er habe ORR N. zu keinem Zeitpunkt als den für ihn zuständigen Fachvorgesetzten verstanden und bewertet.
356Dass es sich um eine Weisung handelte, war dem Beklagten bewusst. Dies ergibt sich aus den zahlreichen benannten Emails mit aller Deutlichkeit (Erinnerungs-Mails mit Fristsetzungen, Einforderung der Konzeption in einem Personalgespräch und darin erfolgte Zusage, das angeblich bereits fertiggestellte Dokument am 2. Dezember 2016 zuzusenden). Zudem sprach der Beklagte selbst von einem „Auftrag", weshalb sich seine Einlassungen als unglaubhafte Schutzbehauptungen erweisen. Vor diesem Hintergrund zeigt auch die Einlassung des Beklagten, für ihn habe sich die kontrovers geführte Diskussion als fachlich motivierte Erörterung unter fachlich gleichberechtigten Pressesprechern dargestellt, dass er nicht bereit war, der Weisung seines Vorgesetzten Folge zu leisten.
357Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 -, juris, Rn. 47.
358Darüber hinaus stellt das Verhalten des Beklagten auch einen vorsätzlichen Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb des Dienstes, welches sein Beruf erfordert (§ 61 Abs. 1 Satz 3 BBG),
359vgl. zur sog. Wohlverhaltenspflicht OVG NRW, Urteil vom 30. November 2022 – 31 A 691/21.O –, juris, Rn. 84; VG Düsseldorf, Urteil vom 4. März 2024 – 35 K 5731/22 –, juris, Rn. 278; Urteil vom 22. März 2018 – 35 K 9371/16.O –, juris, Rn. 106,
360gegen die Pflicht, seine Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen (§ 62 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BBG), sowie gegen die Pflicht, sich mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 61 Abs. 1 Satz 1 BBG), dar.
3615) Einheit des Dienstvergehens
362Die Verstöße gegen arbeitszeitrechtliche Vorschriften, die Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit sowie der Verstoß gegen die dienstliche Weisung bilden ein einheitliches Dienstvergehen. Das Disziplinarrecht wird durch den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens geprägt. Soweit die Vorwürfe Gegenstand des Disziplinarverfahrens sind, ist das durch mehrere Pflichtenverstöße zutage getretene Fehlverhalten eines Beamten danach einheitlich zu würdigen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht allein um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern vor allem um die dienstrechtliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, das im Dienstvergehen als der Summe der festgestellten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet. Der Beamte wird disziplinarisch nicht gemaßregelt, weil er bestimmte Pflichten verletzt hat, sondern weil er dadurch Persönlichkeitsmängel offenbart, die eine Pflichtenmahnung oder eine Beendigung des Beamtenstatus für geboten erscheinen lassen. Ein wesentliches Bemessungskriterium nach § 13 BDG a.F. ist deshalb auch nicht eine bestimmte Tat, sondern die durch ein bestimmtes Gesamtverhalten offenbar werdende Persönlichkeit des Beamten im Hinblick auf die Frage, ob und inwieweit dieser für den öffentlichen Dienst noch tragbar ist.
363Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2014 - 2 B 37/12 -, juris, Rn. 17; Urteil vom 25. August 2009 – 1 D 1/08 –, juris, Rn. 63; OVG NRW, Urteil vom 10. Mai 2017 – 3d A 971/15.O –, juris, Rn. 100.
364III) Nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Umstände hat der Beklagte durch das Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren (§ 13 Abs. 2 Satz 1 BDG a.F.). Er ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
365Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG a.F. nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG a.F. ist ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dies ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen belastenden und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.
366Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3/12 -, juris, Rn. 25; BVerfG, Beschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 -, juris, Rn. 29.
367Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass die sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG a.F. ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2 BDG a.F.) und in die Entscheidung eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach muss die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.
368Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 -, juris, Rn. 44; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63/11 -, juris, Rn. 13.
369Für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend. Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Dienstvergehen ist nach der festgestellten Schwere einer der im Katalog des § 5 BDG a.F. aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist.
370Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2013 – 2 B 63/12 -, juris, Rn. 7; Urteil vom 23. Februar 2012 – 2 C 38/10 -, juris, Rn. 12 m.w.N.; Urteil vom 28. Juli 2011 – 2 C 16/10 -, juris, Rn. 29; OVG NRW, Urteil vom 31. August 2016 – 3d A 910/14.O -, Seite 19 des Urteilsabdrucks.
371Setzt sich – wie hier – das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.
372Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 – 1 D 1/04 -, juris, Rn. 113, OVG NRW, Urteil vom 21. März 2018 – 3d A 1043/14.O -, juris, Rn. 70.
373Dies sind vorliegend gleichermaßen die Verstöße gegen arbeitszeitrechtliche Vorschriften einschließlich des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst sowie die unerlaubte Nebentätigkeit insbesondere in Zeiten der Krankschreibung.
374Jeder Beamte weiß, dass er – solange er nicht beurlaubt oder krankgeschrieben ist – seiner Dienstleistungspflicht nachzukommen hat. Ihre Befolgung ist von existentieller Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung. Ohne die zuverlässige Dienstleistung ihrer Mitarbeiter ist diese nicht im Stande, die ihr gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Deshalb kann einem Beamten, der ohne rechtlich erheblichen Grund nicht zum vorgeschriebenen Dienst erscheint, regelmäßig nicht mehr das Vertrauen entgegengebracht werden, das für eine gedeihliche Zusammenarbeit unerlässlich ist.
375Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Mai 2003 ‑ 1 D 26/02 –, juris, Rn. 54.
376Die Beurteilung der Schwere der nachgewiesenen Dienstpflichtverletzungen des Beklagten hat sich an den Maßstäben zu orientieren, die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die disziplinarrechtliche Ahndung des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst über einen längeren Zeitraum entwickelt worden sind: Vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst führt regelmäßig zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, wenn es über Monate andauert oder in der Summe einen vergleichbaren Gesamtzeitraum erreicht. Aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, offenbart das Fernbleiben über einen solchen Zeitraum ein besonders hohes Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit. Daher ist in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme.
377Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2021 – 2 C 9/21 –, juris, Rn. 48 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung.
378Diese Voraussetzungen liegen vor: Der Beklagte ist insgesamt über sechs Monate unerlaubt dem Dienst ferngeblieben. Diese erhebliche Dauer des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst rechtfertigt für sich allein bereits die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst geht – wie oben bereits dargelegt – einher mit zahlreichen Fällen des Verstoßes gegen die Gehorsamspflicht wegen Nichteinhaltung der Regelungen der Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit.
379Gleichermaßen schwerwiegend ist der Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht, der für sich genommen ebenfalls die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigt.
380Für die Ahndung ungenehmigter Nebentätigkeiten steht wegen der Vielfalt der möglichen Pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Es kommt auf Dauer, Häufigkeit und Umfang der Nebentätigkeiten an. Weiterhin muss berücksichtigt werden, ob der Ausübung der Nebentätigkeiten gesetzliche Versagungsgründe entgegenstehen, d.h. ob die Betätigungen auch materiell rechtswidrig sind und ob sich das Verhalten des Beamten nachteilig auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ausgewirkt hat. Erschwerend wirkt sich aus, wenn ein Beamter ungenehmigte Nebentätigkeiten in Zeiten der Krankschreibung wahrnimmt.
381BVerwG, Urteile vom 1. Juni 1999 - 1 D 49/97 -, juris, Rn. 54, und vom 11. Januar 2007 - 1 D 16/05 -, juris, Rn. 59, sowie Beschluss vom 17. Juli 2013 - 2 B 27/12 -, juris, Rn. 7.
382Dies zugrunde gelegt, indiziert die Schwere dieser Dienstpflichtverletzungen für sich genommen ebenfalls die Höchstmaßnahme. Die Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit wiegt bereits für sich schwer. In einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis wie dem Beamtenverhältnis werden die Beteiligten - anders als in einem Arbeitsverhältnis privaten Rechts - rechtlich umfassend in Anspruch genommen: Der Beamte hat aufgrund seiner vollen Hingabepflicht an den Beruf seine Arbeitskraft grundsätzlich dem Dienstherrn und der Allgemeinheit voll zu widmen; der Dienstherr hat in Form von Dienstbezügen und Alters- wie Hinterbliebenenversorgung für angemessenen Lebensunterhalt des Beamten und dessen Familie zu sorgen. Angesichts dieser korrespondierenden Pflichten liegt das Interesse des Dienstherrn auf der Hand, ihm eine Prüfungs- und Entscheidungsmöglichkeit einzuräumen, wenn der Beamte durch eine nicht dienstlich veranlasste Nebentätigkeit seine geistigen und körperlichen Kräfte außerhalb seiner beruflichen Pflichten nutzbar machen will. Dienstherr und Allgemeinheit sollen in ihrem Interesse an einer vollwertigen, nicht durch anderweitige Verausgabung der Arbeitskraft beeinträchtigten Dienstleistung des Beamten geschützt werden, darüber hinaus in ihrem Interesse daran, dass der Beamte sein Amt pflichtgemäß unparteiisch, unbefangen und in ungeteilter Loyalität gegenüber dem Wohl der Allgemeinheit wahrnimmt und schon der Anschein möglicher Interessen- oder Loyalitätskonflikte vermieden wird. Genehmigungs- oder Anzeigepflicht sollen sicherstellen, dass die Behörde schon vor Aufnahme einer Nebentätigkeit Kenntnis erhält, damit sie sachgerecht prüfen kann, ob sich die Ausübung der beabsichtigten Nebentätigkeit mit dem Amt vereinbaren lässt. Dabei sind nicht nur die dienstlichen Belastungen des Beamten zu prüfen, sondern es ist auch zu erwägen, wie sich die Nebentätigkeit auf das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Unbefangenheit des Beamten und damit letztlich auch auf dessen dienstliche Verwendbarkeit auswirken wird.
383Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1990 - 1 D 63/89 -, juris, Rn. 25; OVG NRW, Urteil vom 10. Mai 2017 – 3d A 971/15.O –, juris, Rn. 114.
384Erschwerend hinzu kommt hier vor allem die lange Dauer der Ausübung der ungenehmigten Nebentätigkeit: Der disziplinarrechtliche Vorwurf erstreckt sich auf einen Zeitraum von über dreieinhalb Jahren (1. Januar 2016 bis zum 31. Juli 2019), wobei der Beklagte selbst vorbringt, er übe diese Nebentätigkeit (in unterschiedlichem Umfang) schon 15 Jahre länger, nämlich seit dem Jahr 1991 aus. Er hat die Nebentätigkeit in dem hier maßgeblichen Zeitraum an insgesamt 102 Tagen ausgeübt. Der zeitliche Umfang von 492,45 Stunden stellt sich ebenfalls als erheblich dar. Nicht zuletzt erhielt er dafür eine Vergütung von insgesamt 58.380,- Euro. Es handelt sich daher nicht etwa nur um ein gelegentliches Tätigwerden des Beamten.
385Zur Schwere des Pflichtenverstoßes trägt noch bei, dass der Beklagte die unerlaubte Nebentätigkeit bis Juli 2019 fortsetzte und erst im Januar 2020 eine Nebentätigkeit anzeigte, obwohl das Disziplinarverfahren gegen ihn unter anderem wegen dieser Dienstpflichtverletzung bereits im Mai 2018 ausgedehnt worden war. Dass er seine Tätigkeit selbst nach Ausdehnung des Disziplinarverfahrens fortgeführt hat, zeigt die Bedeutung der Nebentätigkeit für den Beamten.
386Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Mai 2017 – 3d A 971/15.O –, juris, Rn. 119.
387Das entscheidende Gewicht erhält diese Nebentätigkeit darüber hinaus dadurch, dass diese in zahlreichen Fällen – nämlich an 38 Tagen – in einer Zeit ausgeübt worden ist, in der der Beamte krankgeschrieben war bzw. sich in der Wiedereingliederung befand. Gleiches gilt für die weiteren 11 Tage, an denen der Beklagte ausweislich seiner eigenen Buchungen an den Gleitzeiterfassungsgeräten bzw. durch die Vorlage von selbst gezeichneten Korrekturbelegen ganztägig an der Dienststelle Dienst verrichtet haben will bzw. ganztägig auf Dienstreisen gewesen sein will.
388Erschwerend wirkt sich weiter aus, dass diese (konkrete) Nebentätigkeit, wie sie vom Beklagten ausgeübt wurde, auch materiell rechtswidrig war, da sie so nicht hätte genehmigt werden können.
389Die Genehmigung ist zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden (§ 99 Abs. 2 Satz 1 BBG). Ein solcher Versagungsgrund liegt in der Regel auch vor, wenn sich die Nebentätigkeit wegen gewerbsmäßiger Dienst- oder Arbeitsleistung oder sonst nach Art, Umfang, Dauer oder Häufigkeit als Ausübung eines Zweitberufs darstellt (Satz 3). Dies ist hier der Fall, denn der Beklagte handelte gewerbsmäßig, d.h. mit Regelmäßigkeit und Gewinnerzielungsabsicht. Auch nach Art, Umfang, Dauer oder Häufigkeit der Nebentätigkeit stellt sich die Nebentätigkeit als Ausübung eines Zweitberufs dar. Der disziplinarrechtliche Vorwurf erstreckt sich auf einen Zeitraum von über dreieinhalb Jahren (0. Januar 0000 bis zum 31. Juli 2019), wobei die Nebentätigkeit an insgesamt 102 Tagen ausgeübt wurde. Der zeitliche Umfang von 492,45 Stunden stellt sich ebenfalls als erheblich dar. Nicht zuletzt erhielt er dafür eine Vergütung von insgesamt 58.380,- Euro. Er hat damit alles getan, um sich außerdienstlich ein „zweites berufliches Standbein“ aufzubauen.
390Der Beklagte hat durch die Ausübung der unerlaubten Nebentätigkeit zudem seine ihm obliegende Pflicht zur Gesunderhaltung gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG verletzt. Ein Beamter, der in einem besonderen Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn steht, ist im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gehalten, alles ihm Zumutbare zu tun, um eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit herbeizuführen. Der Beamte hat sich offenbar in der Lage gefühlt, im Rahmen seiner Nebentätigkeit Leistungen zu erbringen und hat damit die Zeit seiner Erkrankung zu Erwerbszwecken genutzt. Fühlt ein Beamter sich aber bereits imstande, Dienstleistungen auch nur im beschränkten Umfang zu erbringen, so handelt er pflichtwidrig, wenn er sie nicht seinem Dienstherrn anbietet, der ihm die Besoldung weiterzahlt und ihm aus Anlass der Krankheit soziale Vorteile gewährt.
391Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. November 2001 - 1 D 60/00 -, juris, Rn. 27, m.w.N.
392Hiernach indiziert die Schwere des Dienstvergehens wegen Ausübung einer nicht genehmigten und (konkret) nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit über einen Zeitraum von über dreieinhalb Jahren – teilweise in Zeiten der Dienstunfähigkeit und während angeblicher Dienstausübung – für sich genommen ebenfalls die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
393Schließlich ist die beharrliche Weigerung des Beklagten über einen Zeitraum von etwa neun Monaten, der Weisung des ORR N., eine Konzeption zum Thema „L." vorzulegen, in den Blick zu nehmen.
394Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 -, juris, Rn. 47.
395Dieser schwerwiegende Verstoß gegen die Gehorsamspflicht zeigt wie die massiven Verstöße gegen arbeitszeitrechtliche Bestimmungen und gegen das Nebentätigkeitsrecht deutlich, dass der Beklagte seine eigenen Vorstellungen über diejenigen des Dienstvorgesetzten bzw. des Dienstherrn setzt.
396IV) Ist hiernach Ausgangspunkt der Bemessung der Disziplinarmaßnahme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, kommt es für die Bestimmung der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme weiter darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung nach § 13 Abs. 1 Sätze 3 und 4 BDG a.F. derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist.
397Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 C 63/11 -, juris, Rn. 17 m.w.N., und Beschluss vom 1. März 2012 - 2 B 140/11 -, juris, Rn. 9; OVG NRW, Urteile vom 24. Juli 2020 – 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 108, und vom 17. April 2018 – 3d A 1047/15.O -, juris, Rn. 157.
398Je schwerwiegender das Dienstvergehen oder die mit ihm einhergehende Vertrauensbeeinträchtigung ist, umso gewichtiger müssen die sich aus dem Persönlichkeitsbild ergebenden mildernden Umstände sein, um gleichwohl eine andere Maßnahme zu rechtfertigen.
399Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 C 63/11 –, juris, Rn. 18 m.w.N.
400Im vorliegenden Fall sind keine außergewöhnlichen Umstände erkennbar, die zu einem Abweichen von der durch die Schwere des Dienstvergehens indizierten Disziplinarmaßnahme führen könnten.
4011. Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG a.F. erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor und nach der Tat. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit seinem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht.
402Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 2 B 37/12 -, juris, Rn. 21; OVG NRW, Urteile vom 24. Juli 2020 – 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 111 m.w.N., und vom 17. April 2018 – 3d A 1047/15.O -, juris, Rn. 160.
403a) Es liegen keine von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten persönlichkeitsbezogenen Milderungsgründe, die zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führen könnten, vor.
404Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 – 2 B 35/13 -, juris, Rn. 27.
405Das Verhalten des Beklagten stellt sich nicht als einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat im Zuge einer plötzlich entstandenen Versuchungssituation dar. Dies würde voraussetzen, dass die Dienstpflichtverletzung eine Kurzschlusshandlung darstellt, die durch eine spezifische Versuchungssituation hervorgerufen worden ist, und dass sich eine Wiederholung in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten ausschließen lässt.
406Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2014 – 2 B 60/14 -, juris, Rn. 29, m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 24. Juli 2020 – 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 113.
407Dem Beklagten fallen indes anhaltende Verstöße gegen arbeitszeitrechtliche Bestimmungen, gegen das Nebentätigkeitsrecht sowie gegen eine dienstliche Weisung zur Last, so dass keine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat vorliegt.
408Der Milderungsgrund der „Entgleisung während einer inzwischen überwundenen negativen Lebensphase" im Tatzeitraum kann dem Beklagten nicht zu Gute gehalten werden. Eine so genannte negative Lebensphase während des Tatzeitraums kann je nach den Umständen des Einzelfalles mildernd berücksichtigt werden. Dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat. Die Berücksichtigung einer schwierigen, inzwischen überwundenen Lebensphase liegt dabei vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge der Lebensumstände darstellt.
409Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. März 2016 – 2 B 43/15 –, juris, Rn. 11; OVG NRW, Urteil vom 10. Oktober 2018 – 3d A 2120/17.O –, juris, Rn. 147.
410Es muss sich um eine persönlich besonders belastende Situation gehandelt haben, die so gravierend ist, dass die Pflichtverletzung des Beamten in einem milderen Licht erscheint, weil ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom Beamten nicht mehr erwartet und damit nicht mehr vorausgesetzt werden kann.
411Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2016 – 2 B 49/15 –, juris, Rn. 11.
412Hierfür ist nichts vorgetragen und mit Blick auf die dem Beklagten zur Last gelegten fortdauernden Verstöße auch sonst nichts ersichtlich.
413b) Stehen dem Beklagten keine in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „anerkannten“ Milderungsgründe zur Seite, bedeutet dies nicht, dass die entlastenden Aspekte seines Persönlichkeitsbildes bei der Maßnahmebemessung unberücksichtigt bleiben dürften. Sie sind vielmehr auch dann, wenn sie keinen der anerkannten Milderungsgründe verwirklichen, insgesamt mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dabei bieten die Milderungsgründe Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Generell gilt, dass deren Gewicht umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen im Einzelfall wiegt.
414Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 C 63/11 -, juris, Rn. 25; OVG NRW, Urteil vom 20. März 2019 – 3d A 4888/18.O -, juris, Rn. 168.
415Ausgehend von diesen Maßstäben kommt den in den Blick zu nehmenden entlastenden Gesichtspunkten weder isoliert betrachtet noch in ihrer Gesamtheit ein solches Gewicht zu, dass sie eine Maßnahmemilderung für das dem Beklagten zur Last fallende Dienstvergehen rechtfertigten.
416Zu Gunsten des Beklagten sprechen seine fehlende strafrechtliche und disziplinare Vorbelastung, seine langjährige Dienstausübung und seine positiven Leistungsbeurteilungen. Allerdings sind grundsätzlich nicht einmal überdurchschnittliche Beurteilungen geeignet, gravierende Dienstpflichtverletzungen in einem durchgreifend milderen Licht erscheinen zu lassen. Jeder Beamte ist generell verpflichtet, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich achtungs- sowie vertrauenswürdig, insbesondere gesetzestreu zu verhalten. Die langjährige Erfüllung dieser Verpflichtung kann nicht dazu führen, dass die Anforderungen an das inner- und außerdienstliche Verhalten abgesenkt werden. Weder die langjährige Beachtung der Dienstpflichten noch überdurchschnittliche Leistungen sind daher geeignet, schwere Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen.
417Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Juli 2021 – 3d A 427/20.O –, juris, Rn. 188; Urteil vom 26. April 2016 – 3d A 1785/14.O –, juris, Rn. 126.
418Sonstige durchgreifende Entlastungsgründe, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
419c) Die Disziplinarkammer nimmt zur umfassenden Würdigung des „Persönlichkeitsbilds des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG a.F. sein sonstiges dienstliches Verhalten vor und nach der Tat wie folgt in den Blick:
420Der Beklagte hat in der Vergangenheit die erforderlichen Sicherheitserklärungen jeweils erst nach (mehrfacher) Erinnerung abgegeben und damit insoweit mangelhaft mitgewirkt. Der Aufforderung vom 12. September 2009 mussten drei Erinnerungsschreiben folgen, ehe der Beklagte die Sicherheitserklärung schließlich unter dem 30. Dezember 2010 abgab. Auch die mit Schreiben vom 3. November 2015 angeforderte Sicherheitserklärung gab der Beklagte erst nach drei Erinnerungen ab.
421Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 –, juris, Rn. 39 unter Hinweis auf die Sicherheitsakte.
422Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Aufhebung der VS-Ermächtigung durch den Geheimschutzbeauftragten der Generalzolldirektion vom 29. Juli 2019 führt das OVG NRW zum dortigen Vortrag des Beklagten aus, dieser Vortrag sei „offensichtlich haltlos und wahrheitswidrig“, „haltlos“ bzw. „falsch“ und kommt zu dem Schluss:
423„Dass die Prognoseentscheidung des GSB [Geheimschutzbeauftragten], die mit einer aus sich heraus ohne weiteres nachvollziehbaren Begründung versehen ist, die aus dem maßgeblichen gezeigten Gesamtverhalten des [Beklagten] zukunftsgerichtet dessen Gleichgültigkeit gegenüber der Einhaltung als lästig empfundener dienstlicher Vorgaben und ein mangelndes Verantwortungsbewusstsein ableitet, sonst an der gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Mängeln leiden könnte, ergibt sich aus dem Beschwerdevortrag nicht.“
424Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2020 – 1 B 1716/19 –, juris, Rn. 77.
425Die Disziplinarkammer nimmt darüber hinaus in den Blick, dass der Beklagte gegenüber dem von der Disziplinarkammer geladenen Zeugen HV. - wahrheitswidrig - behauptet hat, der Termin sei aufgehoben. Dieses Verhalten lässt eine sehr bedenkliche Einstellung zu rechtsstaatlichen Grundsätzen erkennen.
426Nicht zuletzt ist in den Blick zu nehmen, dass der Beklagte während des laufenden Disziplinarverfahrens im Januar 2020 in seiner „Anzeige einer Nebentätigkeit“ jedenfalls insoweit falsche Angaben machte, indem er – wahrheitswidrig – behauptete, die Anzeige sei mit seinen Vorgesetzten abgestimmt. Dies ist mit beamtenrechtlichen Pflichten ebenfalls nicht vereinbar (§ 99 Abs. 5 Sätze 3 und 4 BBG (Mitwirkungspflicht); § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG (Wahrheitspflicht)).
427Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 29. Juli 2019 – 38 K 6897/18.BDG –, Seite 24 des Urteilsabdrucks; Urteil vom 13. November 2019 – 31 K 9317/18.O -, Seite 25 des Urteilsabdrucks.
4282) Auch unter Berücksichtigung des Bemessungskriteriums „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit" ist es wegen der Schwere des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe geboten, für das Fehlverhalten des Beklagten die disziplinare Höchstmaßnahme zu verhängen.
429Dieses Bemessungskriterium erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.
430Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Juli 2021 - 3d A 2195/19.O -, juris, Rn. 183 m.w.N.
431Die Würdigung aller Aspekte unter Beachtung auch dieses Kriteriums führt bei prognostischer Beurteilung zu der Bewertung, dass der Dienstherr und die Allgemeinheit dem Beklagten nach dem von ihm begangenen schweren Dienstvergehen kein Vertrauen mehr in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen können, weil die von ihm zu verantwortende Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums bei einem Fortbestehen des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen und der vollständige Vertrauensverlust nicht zu beheben ist. Der Beklagte hat gegen leicht einsehbare Pflichten im Kernbereich des Pflichtenkreises eines Beamten verstoßen, deren strikte Einhaltung auch in den Augen der Allgemeinheit von zentraler Bedeutung ist. Sein pflichtwidriges Verhalten hat sich über einen langen Zeitraum hingezogen. Innerhalb dieses Zeitraums hat der Beklagte nicht von seinem pflichtwidrigen Handeln Abstand genommen, sondern an seinem Vorgehen - ungeachtet der Einleitung und Ausdehnung des Disziplinarverfahrens - unbeirrt festgehalten.
4323) Durch das festgestellte pflichtwidrige Verhalten hat der Beklagte das Vertrauen von Dienstherrn und Allgemeinheit endgültig verloren. Er ist als Beamter untragbar geworden.
433Die Verhängung der Höchstmaßnahme verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insoweit hat die Disziplinarkammer die für den Beklagten eintretenden schwerwiegenden Folgen in persönlicher und finanzieller Hinsicht in ihre Maßnahmeerwägungen einbezogen. Durch sein besonders schweres Fehlverhalten und mangels durchgreifender Milderungsgründe hat der Beklagte allerdings die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist dann die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Beamten ist nicht unverhältnismäßig oder unvereinbar mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise. Sie beruht auf dem vorangegangenen Fehlverhalten des für sein Handeln verantwortlichen Beklagten, der sich bewusst gewesen sein musste, dass er hiermit seine berufliche Existenz aufs Spiel setzt.
434Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juli 2020 - 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 132.
435Die lange Dauer des behördlichen und gerichtlichen Disziplinarverfahrens führt ebenfalls nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme. Die Dauer des Disziplinarverfahrens bietet keine Handhabe, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn diese Maßnahme geboten ist. Eine lange Dauer des Verfahrens ist nicht geeignet, das vom Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen.
436Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2014 - 2 B 66/14 -, juris, Rn. 7 m.w.N., und Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63/11 -, juris, Rn. 40.
437Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG a.F. i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
438Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 3 Abs. 1 a.F. BDG i.V.m. § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
439Rechtsmittelbelehrung:
440Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu.
441Die Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen und zu begründen.
442Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
443Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Berufung unzulässig. Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
444Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.