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Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
beschlossen:
2Der Antrag wird abgelehnt.
3Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
4Gründe:
5Der am 00. Juni 2024 gestellte Antrag,
6dem Antragsgegner eine Frist zum Abschluss des gegen den Antragsteller geführten Disziplinarverfahrens zu setzen,
7hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
8Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW kann der Beamte bei dem Gericht die gerichtliche Bestimmung einer Frist zum Abschluss des Disziplinarverfahrens beantragen, wenn ein behördliches Disziplinarverfahren nicht innerhalb von sechs Monaten seit der Einleitung durch Einstellung, durch Erlass einer Disziplinarverfügung oder durch Erhebung der Disziplinarklage abgeschlossen worden ist. Liegt ein zureichender Grund für den fehlenden Abschluss des behördlichen Disziplinarverfahrens innerhalb von sechs Monaten nicht vor, bestimmt das Gericht eine Frist, in der es abzuschließen ist. Andernfalls lehnt es den Antrag ab (§ 62 Abs. 2 Satz 1 und 2 LDG NRW). Maßgeblich für die Beurteilung ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung,
9vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2020 – 3d A 1298/20.O -, n.v.; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 28. Mai 2024 – 38 K 2561/24.BDG -, juris, Rn. 13, vom 13. März 2020 – 35 K 8777/19.O –, juris, Rn. 13 und vom 3. Juli 2019 – 35 K 4203/19.O -, n.v.
10Ausgehend hiervon ist der Antrag zwar zulässig. Ungeachtet der Frage, ob § 22 Abs. 2 LDG NRW die Aussetzung des behördlichen Disziplinarverfahrens im Zeitraum vom 00. November 2023 (Einleitungsverfügung) bis zum 00. Januar 2024 (Fortsetzungsverfügung) trägt und der Fristlauf hierdurch gehemmt war, sind zwischenzeitlich mehr als sechs Monate verstrichen.
11Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass das behördliche Disziplinarverfahren noch nicht abgeschlossen worden ist.
12Die in § 62 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW genannte Frist von sechs Monaten ist keine absolute Frist. Sie ist vielmehr Ausdruck des das Disziplinarrecht beherrschenden Beschleunigungsgrundsatzes und soll die für die Durchführung des Disziplinarverfahrens zuständige Dienstbehörde veranlassen, das Verfahren ohne unangemessene Verzögerungen durchzuführen; es soll sie insbesondere daran hindern, nach Einleitung des Verfahrens untätig zu bleiben. Die Vorschrift steht damit in einem Spannungsverhältnis zu der gleichfalls bestehenden Pflicht, den disziplinarrechtlich erheblichen Sachverhalt umfassend zu ermitteln (§ 21 Abs. 1 LDG NRW) und dem Beamten, gegen den ermittelt wird, die Möglichkeit zur Äußerung zu geben (§ 31 Satz 1 LDG NRW). Gestalten sich die Ermittlungen schwierig oder umfangreich, so lässt sich die in § 62 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW genannte Frist unter Umständen nicht einhalten, ohne die Aufklärungs- und die Anhörungspflicht zu verletzen. Ein eventuelles säumiges Verhalten der für die Durchführung des Disziplinarverfahrens zuständigen Behörde muss daher schuldhaft sein.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. August 2009 – 2 AV 3.09 –, juris Rn. 2 m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2019 – 3d E 17/19.O –, juris Rn. 11; VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. November 2018 – 35 K 5916/18.O –, juris Rn. 10 ff.
14Ob die Behörde die Verfahrensverzögerung schuldhaft herbeigeführt hat, bestimmt sich im Wesentlichen anhand der Kriterien Umfang und Schwierigkeitsgrad des Verfahrensstoffes, Zahl und Art der zu erhebenden Beweise, das den Verfahrensbeteiligten zuzurechnende Verhalten (etwa Beweisanträge oder fehlende Kooperationsbereitschaft des Beamten) sowie die von der Behörde nicht oder nur eingeschränkt beeinflussbaren Tätigkeiten Dritter, etwa von Sachverständigen.
15Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Juli 2018 – 35 K 1998/18.O –, juris Rn. 17; VG Ansbach, Beschluss vom 31. Juli 2017 – AN 13a D 17.01317 –, juris Rn. 21.
16Eine sachlich nicht gerechtfertigte Untätigkeit des Ermittlungsführers liegt nicht in den notwendigen Einarbeitungs- und Überlegungszeiten, in den unvermeidbaren Zwischenzeiten zwischen Ladung und Anhörungs- oder Beweistermin, in den üblichen Bürolaufzeiten, in den durch die Beschuldigten selbst veranlassten Unterbrechungen oder Vertagungen von Terminen oder Fristverlängerungen für Schriftsätze oder in den urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheiten der Beteiligten.
17Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Juli 2018 – 35 K 1998/18.O –, juris Rn. 19.
18Ausgehend von diesen Maßstäben ist eine schuldhafte Verfahrensverzögerung hier nicht festzustellen.
19Das gegen den Antragsteller geführte Disziplinarverfahren ist Bestandteil eines Komplexes von insgesamt sechs Disziplinarverfahren gegen aktive oder ehemalige Angehörige der Diensthundeführerstaffel, die aufgrund des Verdachts des Mobbings und unangemessenen Sozialverhaltens eingeleitet worden sind. Bei deren Bearbeitung ist der Antragsgegner zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Verfahren ein untrennbarer sachlicher Zusammenhang besteht. Diese Annahme entspricht der Rechtsauffassung der beiden Landesdisziplinarkammern des erkennenden Gerichts, weshalb auf der Grundlage der maßgeblichen Bestimmungen der Geschäftsverteilungspläne zwei ursprünglich bei der 1. Landesdisziplinarkammer erfasste Verfahren dieses Komplexes in den Zuständigkeitsbereich der erkennenden Kammer übernommen und alle fünf gerichtlich anhängigen Fristsetzungsanträge einem Dezernat zugewiesen worden sind. Der bestehende untrennbare Sachzusammenhang bedingt vor dem Hintergrund des Beschleunigungsgebots schon aus arbeitsökonomischen Gründen eine parallele und koordinierte Sachbearbeitung aller behördlicher Disziplinarverfahren im Hinblick auf die oben genannten disziplinarrechtlichen Vorwürfe. Diesem Umstand Rechnung tragend hat der Antragsgegner die behördlichen Disziplinarverfahren jedenfalls beginnend mit der Fortsetzungsverfügung vom 00. Januar 2024 ohne schuldhafte Verzögerung sachgerecht gefördert.
20Die Aufklärung der oben genannten disziplinarrechtlichen Vorwürfe erfordert eine umfangreiche Beweisaufnahme. Unverzüglich nach der Fortsetzungsverfügung vom 00. Januar 2024 ist mit der Vorbereitung der im Zeitraum vom 00. Februar 2024 bis zum 00. März 2024 durchgeführten 30 Zeugenvernehmungen begonnen worden. Auch die sich hieran anschließenden Verfahrensschritte – Fertigung der Protokolle, deren Korrektur, Bewertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Hinblick auf einen Abschluss des jeweiligen Verfahrens oder eine notwendige ergänzende Sachaufklärung – sind ohne vermeidbare Verzögerungen abgewickelt worden. Abgesehen von der Komplexität der Sachaufklärung ist bei der Beurteilung des für die Bearbeitung in Anspruch genommenen Zeitraums auch eine besondere Belastungssituation der Disziplinarsachbearbeitung wie z.B. durch das in der Antragserwiderung erwähnte, bei der erkennenden Disziplinarkammer anhängig gewesene komplexe und eilbedürftige Verfahren betreffend den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses, dessen Vollstreckung und ein sich anschließendes Folgeverfahren zu berücksichtigen. Gleiches gilt für Verzögerungen, die aufgrund von drei Befangenheitsanträgen (Ablehnungsgesuche vom 00. März 2024 und 00. Juli 2024 gegen eine der beiden Ermittlungsführerinnen sowie vom 00. August 2024 gegen die Polizeipräsidentin) und einer Dienstaufsichtsbeschwerde vom 00. Juli 2024 gegen die Polizeipräsidentin eingetreten sind. Diese sämtlich als unbegründet zurückgewiesenen Anträge haben aufgrund der ausgelösten Berichtspflichten Arbeitskraft gebunden und in allen Verfahren Unterbrechungen der Bearbeitung verursacht. Unmittelbar nach den entsprechenden Entscheidungen ist das behördliche Disziplinarverfahren mit der Anforderung einer schriftlichen Zeugenaussage fortgesetzt worden. Nachdem diese am 00. September 2024 vorlag, ist das gegen den Antragsteller geführte Verfahren mit Verfügung vom 00. Oktober 2024 im Hinblick auf den Vorwurf einer unrechtmäßigen Gutschrift von einer Stunde Dienstzeit an 189 Tagen in den Jahren 2020 und 2021 ausgedehnt und im Hinblick auf das zugehörige strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Betruges (121 Js 1276/24 StA Düsseldorf) ausgesetzt worden. Diese Aussetzungsentscheidung ist auf der Grundlage des § 22 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 LDG NRW und im Hinblick auf den hierin zum Ausdruck kommenden Vorrang des Strafverfahrens nicht zu beanstanden. Nach den vom Antragsgegner vorgelegten Akten sind die strafrechtlichen Ermittlungen bislang nicht abgeschlossen; insbesondere stehen die Beschuldigtenvernehmung und die Bewertung der Schadenshöhe noch aus. Ist – wie hier – in einem für das Disziplinarverfahren vorgreiflichen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren mit seinen weiter reichenden Befugnissen der Staatsanwaltschaft der Sachverhalt nicht abschließend geklärt, bestehen weiterhin gute Gründe, noch keine Frist für den Abschluss des behördlichen Verfahrens zu setzen.
21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2020 – 3d A 1298/20.O -, n.v.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 3 und Abs. 1 LDG NRW i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
23Das Gericht erteilt in ständiger Rechtsprechung (vgl. u.a. Beschluss vom 28. Mai 2024 – 38 K 2561/24.BDG – juris, Rn. 20 ff.) aufgrund des Beschlusses des OVG NRW vom 14. September 2011 ‑ 3d E 974/11.O -, juris, Rn. 12 f., folgende
24Rechtsmittelbelehrung:
25Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die der Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
26Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn während ihres Laufes die Beschwerde beim Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts eingeht.
27Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden.
28Die Beschwerde ist durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
29Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.