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Die aufschiebende Wirkung der Klage 26 K 8780/24.A gegen Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 00. September 2024 wird angeordnet.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Antragsgegnerin.
Gründe:
2Der am 18. Oktober 2024 gestellte, sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 26 K 8780/24.A gegen Ziffer 3 des am 00. Oktober 2024 zugestellten Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 00. September 2024 anzuordnen,
4über den gemäß § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet, hat Erfolg.
5Der zulässige Antrag ist begründet.
6Die vom Gericht zu treffende Interessenabwägung fällt zu Gunsten des Antragstellers aus. Es bestehen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung.
7Gemäß § 71a Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 1, § 36 Abs. 1 AsylG droht das Bundesamt dem Ausländer nach § 59 und § 60 Abs. 10 AufenthG die Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche schriftlich an, wenn sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wird, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise zulässig ist und der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
8Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist ein Asylantrag unter anderem dann unzulässig, wenn im Falle eines Zweitantrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
9Ein Zweitantrag liegt nach § 71a AsylG vor, wenn der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag stellt.
10Hier liegt ein Zweitantrag im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylG vor.
11Polen ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein sicherer Drittstaat im Sinne von § 71a AsylG, für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten. Denn die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit richtet sich nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO).
12Das Asylverfahren des Antragstellers in Polen war auch erfolglos abgeschlossen im Sinne des § 71a AsylG. Nach Auskunft des polnischen „P. xxx G. “ vom 00. Mai 2024 ist das dort durch Antragstellung am 00. März 2023 eingeleitete Asylverfahren bestandskräftig am 00. Mai 2023 eingestellt worden, weil der Antragsteller abgetaucht ist (Blatt 60 der Asylakte). Die Wiedereröffnungsfrist für das eingestellte Asylerstverfahren von neun Monaten ist inzwischen verstrichen.
13Ungeachtet der Frage, ob die nach nationalem Recht genannten Voraussetzungen für die die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens hier gegeben sind
14– im Falle eines Zweitantrags ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen –,
15setzt die Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 in Verbindung mit § 71a AsylG mit der Folge einer einwöchigen Ausreisefrist die mitgliedsstaatenübergreifende Anwendbarkeit von § 71a AsylG voraus.
16Die Vereinbarkeit von § 71a AsylG mit Art. 33 Abs. 2 lit. d) der Richtlinie (RL) 2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes wird nach der Rechtsprechung des OVG NRW nicht weiter als „acte clair“ bejaht, nachdem das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht dem EuGH mit Beschluss vom 16 August 2021 – 9 A 178/21 –, juris, zur Vorabentscheidung die Frage vorgelegt hat,
17ob eine nationale Regelung, nach der ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässiger Folgeantrag abgelehnt werden kann, mit Art. 33. Abs. 2 lit. d) und Art. 2 lit. q) RL 2013/32/EU vereinbar ist, wenn das erfolglose erste Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat der EU durchgeführt wurde,
18und bereits zuvor die Europäische Kommission in einem Verfahren vor dem EuGH– in dem diese Frage aber letztlich mangels Entscheidungserheblichkeit offen geblieben ist – europarechtliche Zweifel aufgebracht hatte.
19OVG NRW, Beschluss vom 31. März 2022 – 1 B 375/22.A –, juris.
20Eine Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-123/23 steht nach Kenntnis des Einzelrichters noch aus.
21Vgl. VG Bremen, Beschluss vom 11. Oktober 2024 – 6 V 2099/24 –, juris, Rn. 25.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
23Der Gegenstandswert folgt unmittelbar aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG, ohne dass besondere Umstände des Einzelfalls für eine abweichende Festsetzung nach Abs. 2 vorliegen.
24Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).