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1. Für Klagen des Gläubigers gegen den Drittschuldner ist das Gericht sachlich und örtlich zuständig, bei dem der Schuldner seine Forderung gegen den Drittschuldner nach den gesetzlichen Bestimmungen über Rechtsweg und Zuständigkeit geltend machen müsste. Die Klage auf Zahlung des aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gepfändeten Teils der Dienstbezüge eines Beamten ist somit eine Klage aus dem Beamtenverhältnis, auch wenn der Kläger nicht Beamter ist.2. Die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit entfällt nicht dadurch, dass der Gläubiger, der mangels Auskunftserteilung des Drittschuldners gegen diesen eine von Anfang an unbegründete Drittschuldnerklage erhoben hat, diese im Wege der Klageänderung auf Leistung des aus der Nicht- bzw. Schlechterfüllung der Auskunftsverpflichtung entstandenen Schadens umstellt.3. Anspruchsvoraussetzung eines Schadensersatzanspruchs nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist immer, dass sich der sich aus der aus der vergeblichen Prozessführung ergebende Schaden als Folge der unrichtigen oder unterbliebenen Auskunft darstellt.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über einen Schadensersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
3Der Beigeladene steht als Justizvollzugshauptsekretär (A 8) im Dienst des beklagten Landes. Der Klägerin stehen gegen den Beigeladenen unter anderem folgende Forderungen zu:
4Aus dem Versäumnisurteil des Amtsgerichts H. vom 30. November 2021 – 00 X 000/00 – eine Hauptforderung in Höhe von 1.241,56 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. September 2021,
aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts H. vom 2. Januar 2022 – 00 X 000/00 – eine Forderung in Höhe von 431,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2021,
aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts H. vom 16. Dezember 2021 – 000 X 000/00 – eine Forderung in Höhe von 222 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Oktober 2021.
Auf Grundlage dieser Titel sowie bezüglich der bis dahin angefallenen Vollstreckungskosten in Höhe von 315,37 Euro erwirkte die Klägerin den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgericht H. vom 21. Februar 2022 – 000 X 00000/00. Dieser wurde dem Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (im Folgenden LBV NRW) am 3. März 2022 zugestellt. Ausweislich der Zustellungsurkunde wies der Gerichtsvollzieher das LBV NRW darauf hin, dass eine Drittschuldnerauskunft nach § 840 ZPO zu erteilen sei. Das LBV NRW bestätigte laut Zustellungsurkunde eine schriftliche Beantwortung der Fragen gemäß § 840 ZPO zu 1.-3./5. binnen 2 Wochen an die Auftraggeberin.
9Zum Zeitpunkt des Zugangs des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses am 3. März 2022 lagen folgende vorrangige Forderungen vor:
10Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts H. vom 5. Juli 2021 – 00 X 0000/00 –, zugestellt am 15. Juli 2021, zugunsten der Frau F. vertreten durch die Klägerin u.a. über den laufenden Unterhalt von monatlich 387,50 Euro,
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts H. vom 30. August 2021 – 00 X 0000/00 –, zugestellt am 10. September 2021, zugunsten der B. AG W. über eine Forderungshöhe von 13.369,19 Euro zuzüglich Kosten und Zinsen.
Mit Auskunft vom 7. März 2022 erkannte das LBV NRW an, dass dem Beigeladenen zurzeit ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 ZPO zustehe, und erklärte, zur Zahlung bereit zu sein, soweit künftig pfändbare Bezüge zustünden. Vorrangige Forderungen lägen derzeit nicht vor. Mit einer Tilgung sei daher „in etwa April 2022“ zu rechnen.
14Nachdem im April 2022 und in den Folgemonaten keine Zahlungen an die Klägerin geleistet worden waren, erinnerte diese das LBV NRW mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Oktober 2022 an den Ausgleich der Forderung.
15Hierauf erwiderte das LBV NRW mit Schreiben vom 21. Oktober 2022, dass eine „vorrangige Forderung Dritter in Höhe von zurzeit lfd. Unterhalt in Höhe von 387,50 €“ vorliege und daher mit einer Tilgung der Forderung in nächster Zeit nicht zu rechnen sei. Sobald pfändbare Bezüge zur Verfügung stünden oder der Anspruch auf Zahlung von Bezügen erlösche, würde eine Rückmeldung erfolgen.
16Mit Schreiben vom 3. November 2022 wies der Prozessbevollmächtigte der Klägerin das LBV NRW darauf hin, dass sie verpflichtet gewesen sei, alle pfändbaren Beträge aus dem Einkommen des Beigeladenen abzuführen, die über der Pfändungsfreigrenze unter Berücksichtigung einer unterhaltsberechtigten Person lägen. Er forderte das LBV NRW auf, die sich insoweit ergebenden pfändbaren Beträge seit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nachzuzahlen und das Nettoeinkommen des Beigeladenen ab April 2022 mitzuteilen.
17Das LBV NRW erklärte mit Schreiben vom 7. November 2022, dass der laufende Unterhalt monatlich gezahlt würde und alles, was darüber hinaus noch verbleibe, somit an den vorrangigen Gläubiger gehe. Der vorrangige Gläubiger sei vom 30. August 2021 und daher vor der Forderung der Klägerin vom 21. Februar 2022 zu tilgen. Beide Forderungen seien ohne „Pfandfreigrenze“ und mit „2 UP’s“ zu bedienen. Eine Bezügemitteilung könne aus Datenschutzgründen nicht herausgegeben werden.
18Sodann forderte die Klägerin das LBV NRW mit Schreiben vom 14. November 2022 auf, ihrer Erklärungspflicht nach § 840 ZPO in vollem Umfang nachzukommen und insbesondere die Erklärungen gemäß § 840 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO vollständig abzugeben.
19Hierauf gab das LBV NRW mit Schreiben vom 24. November 2022 an, dass die vorrangige Forderung leider noch nicht vollständig getilgt gewesen sei. Sobald diese getilgt sei, sei die Klägerin die Nächste in der Rangliste.
20Die Klägerin hat am 6. Dezember 2022 Klage beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen erhoben. Dieses hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 30. Dezember 2022 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf verwiesen.
21Mit der Klage hat die Klägerin zunächst die Zahlung von 2.454,67 Euro nebst weiteren Tageszinsen in Höhe von 0,21 Euro ab dem 6. Dezember 2022 verfolgt. Nachdem das beklagte Land mit Schriftsatz vom 27. Januar 2023 eine weitere Auskunft nach § 840 ZPO erteilt hat, begehrt die Klägerin nunmehr die Leistung des aus der Nicht- bzw. Schlechterfüllung der Auskunftsobliegenheit entstandenen Schadens.
22Die Klägerin trägt vor, das beklagte Land habe erstmals mit der Klageerwiderung Auskunft über die vorrangige Pfändung zugunsten der B. AG erteilt. Durch die Erhebung der vorliegenden Klage und die damit verbundenen Kosten sei ihr ein Schaden entstanden, den das beklagte Land nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu ersetzen habe. Zudem habe sie aufgrund der fehlenden Kenntnis über eine anderweitige vorrangige nicht bevorrechtigte Pfändung die Möglichkeit der Beantragung einer Verrechnung gemäß § 850e Nr. 4 ZPO nicht in Anspruch nehmen können.
23Die Klägerin beantragt,
24das beklagte Land zu verurteilen, ihr die Kosten des Verfahrens zu erstatten.
25Das beklagte Land beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Eine Schadensersatzpflicht scheide vorliegend aus, da die Klageerhebung nicht auf den erteilten Drittschuldnerauskünften beruhe. Die Klägerin habe vor Klageerhebung sowohl von der vorrangigen Unterhaltspfändung als auch von einer weiteren vorrangigen Pfändung vom 30. August 2021 gewusst. Damit habe sie auch Kenntnis davon gehabt, dass mit einer Tilgung ihrer Forderung nicht zu rechnen und eine Klage nicht erfolgversprechend gewesen sei. Die Klageerhebung habe vielmehr darauf beruht, dass die Klägerin der Richtigkeit der erteilten Auskunft misstraut habe. Erteile ein Drittschuldner eine negative Auskunft und klage der Gläubiger trotzdem auf Zahlung, so habe er gegen den Drittschuldner keinen Schadensersatzanspruch, wenn er die Auskunft schließlich als richtig hinnehme.
28An der mündlichen Verhandlung am 16. April 2024 haben die Beteiligten trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht teilgenommen.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des LBV NRW Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Das Gericht konnte in Abwesenheit der Beteiligten verhandeln und entscheiden, da diese in der Ladung ausdrücklich auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurden, § 102 Abs. 2 VwGO.
32Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist mit dem geänderten Klageantrag zulässig, aber unbegründet.
33Es handelt sich um eine zulässige, weil sachdienliche Klageänderung gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 263 ZPO.
34Ein Gläubiger, der mangels Auskunftserteilung des Drittschuldners gegen diesen eine von Anfang an unbegründete Drittschuldnerklage erhoben hatte, kann im Wege der Klageänderung auf Leistung des aus der Nicht- bzw. Schlechterfüllung der Auskunftsverpflichtung entstandenen Schadens bzw. Feststellung der Verpflichtung des Drittschuldners auf Ersatz dieses Schadens übergehen.
35Vgl. ausführlich BGH, Urteil vom 28. Januar 1981 – VIII ZR 1/80 –, juris Rn. 29.
36Eine derartige Klageänderung ist gemäß § 263 ZPO als sachdienlich anzusehen, sodass dahingestellt bleiben kann, ob eine Klageänderung nach § 264 Nr. 3 ZPO zulässig wäre.
37I. Die Klage ist zulässig.
381. Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 54 Abs. 1 BeamtStG eröffnet.
39Für Klagen des Gläubigers gegen den Drittschuldner ist das Gericht sachlich und örtlich zuständig, bei dem der Schuldner seine Forderung gegen den Drittschuldner nach den gesetzlichen Bestimmungen über Rechtsweg und Zuständigkeit geltend machen müsste. Die Klage auf Zahlung des aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gepfändeten Teils der Dienstbezüge eines Beamten ist somit eine Klage aus dem Beamtenverhältnis, auch wenn der Kläger nicht Beamter ist.
40Vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 4. September 1991 – 1 TE 1831/91 –, juris Rn. 2; OVG Münster vom 8. Mai 1990 – I B 3259/89 –, juris Rn. 2 ff.
41Die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist auch durch die Klageänderung nach Rechtshängigkeit nicht entfallen. Zwar ist Streitgegenstand in diesem Fall nicht die Pfändung in eine öffentlich-rechtliche Forderung, sondern ein Schadensersatzanspruch aus dem Zwangsvollstreckungsverhältnis zwischen der Klägerin und dem beklagten Land. Wird ein entsprechender Anspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO im Wege einer isolierten Klage geltend gemacht, ist der Verwaltungsrechtsweg daher nicht gegeben. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist allerdings geboten, wenn der Pfändungsgläubiger wie vorliegend in einem bereits anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren über eine öffentlich-rechtliche Forderung im Wege der Klageänderung vom Zahlungsanspruch auf einen vollstreckungsrechtlichen Schadensersatzanspruch übergeht. Es besteht ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Ansprüchen. Zudem wäre der Gläubiger andernfalls darauf verwiesen, einen weiteren Prozess in einer anderen Gerichtsbarkeit über die Schadensersatzpflicht gegen den Drittschuldner zu führen. Dies ist dem Pfändungsgläubiger jedoch unzumutbar und erweist sich nicht als prozessökonomisch.
42Vgl. ausführlich BSG, Beschluss vom 12. Februar 1998 – B 6 SF 1/97 R –, juris Rn. 9 ff.; LAG Köln, Beschluss vom 6. November 2020 – 9 Ta 176/20 –, juris.
432. Der Zulässigkeit der auf die Leistung des aus der Nicht- bzw. Schlechterfüllung der Auskunftsobliegenheit entstandenen Schadens gerichteten Klage steht nicht entgegen, dass die Geldforderung nach dem Klagebegehren nicht der Höhe nach beziffert ist. Ausreichend ist, dass die Geldleistung rein rechnerisch unzweifelhaft ermittelt werden kann,
44vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 – 2 C 28.97 –, juris Rn. 13,
45vorliegend mithilfe des RVG und des GVG.
463. Der Klägerin fehlt es zuletzt nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil sich der mit dem Klageantrag geltend gemachte Schadensersatzanspruch mit dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch decken könnte.
47Der Klägerin steht neben der Umstellung des Zahlungsantrags in einen Leistungs- oder Feststellungsantrag kein einfacherer Weg zur Verfügung, um den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO durchzusetzen und einer Kostentragung zu entgehen. Die Erklärung der Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache scheidet als einfacherer Weg aus. Da die Klage bereits vor Rechtshängigkeit unbegründet war, handelt es sich nicht um eine Erledigung i.S.d. § 161 Abs. 2 VwGO. Selbst wenn sich der beklagte Drittschuldner einer Erledigungserklärung anschließen würde, müsste der klagende Gläubiger darauf vertrauen, dass das Gericht im Rahmen der Kostenentscheidung dem beklagten Drittschuldner die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen auferlegt. Gleiches gilt bei einem Festhalten am bisherigen Klageantrag hinsichtlich einer Kostenentscheidung nach § 155 Abs. 4 VwGO. Für den Gläubiger ist es ebenfalls unzumutbar, ihn zur Geltendmachung eines auf § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO gestützten Schadensersatzanspruches auf einen neuen Prozess zu verweisen. Dies widerspricht der Prozessökonomie.
48Vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 1981 – VIII ZR 1/80 –, juris Rn. 23.
49Zu beachten ist zudem, dass der Umfang des Schadensersatzanspruchs nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO – soweit nicht wie vorliegend eine Einschränkung im Klageantrag erfolgt –über die bei der prozessualen Kostentscheidung nach § 162 VwGO zu berücksichtigenden Kosten hinausgehen kann.
50Vgl. nur Riedel, in: BeckOK ZPO, 52. Ed. 1.3.2024, § 840 ZPO Rn. 28 ff., 31 f.; Seibel, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 840 ZPO Rn. 13.
51II. Die Klage ist jedoch unbegründet.
52Die Klägerin hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Erstattung des gemäß § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu ersetzenden Schadens.
53Nach § 840 Abs. 1 ZPO hat der Drittschuldner auf Verlangen des Gläubigers binnen zwei Wochen, von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an gerechnet, dem Gläubiger die in § 840 Abs. 1 ZPO angeführten Erklärungen abzugeben, aus denen der Gläubiger insbesondere ersehen kann, ob Vorpfändungen etc. vorliegen und ob und inwieweit der Drittschuldner die Forderungen als begründet anerkennt und Zahlungen zu leisten bereit ist. Kommt der Drittschuldner einem entsprechenden Verlangen des Gläubigers nicht nach, haftet er dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung seiner Erklärungspflicht entstehenden Schaden (§ 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
54Die Voraussetzungen dieses Schadensersatzanspruchs liegen nicht vor. Die Klägerin hat jedenfalls einen auf den Drittschuldnererklärungen des LBV NRW beruhenden Schaden im Sinne des § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt.
55Grundsätzlich kann der Gläubiger, der mangels Auskunftserteilung oder auf der Grundlage einer unvollständigen, unrichtigen oder irreführenden Auskunft des Drittschuldners gegen diesen eine unbegründete Zahlungsklage erhoben hat, den Ersatz des hieraus entstehenden Schadens verlangen.
56Vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 – VII ZB 79/09 –, juris Rn. 11.
57Sinn und Zweck des § 840 ZPO ist es, den Gläubiger wenigstens in groben Zügen darüber zu informieren, ob der Drittschuldner die gepfändete Forderung als begründet anerkennt und erfüllen wird oder ob sie einem Dritten zusteht oder ob der Drittschuldner sie bestreitet und ob der Gläubiger sie deshalb dem Drittschuldner gegenüber nicht oder nur im Erkenntnis- oder Vollstreckungsverfahren durchsetzen kann.
58Vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 – XI ZR 8/99 –, juris Rn. 14, 16; LG Mönchengladbach, Urteil vom 20. November 2008 – 10 O 97/08 –, juris Rn. 18.
59Dem Gläubiger soll durch die Auskunftserteilung des Drittschuldners seine Entscheidung erleichtert werden, ob er aus der gepfändeten angeblichen Forderung seines Schuldners gegen den Drittschuldner vorgehen soll oder nicht. Nur zu diesem Zweck und in dem durch die Pfändung gezogenen Rahmen ist dem an den Rechtsbeziehungen zwischen dem Gläubiger und dessen Schuldner im Allgemeinen nicht beteiligten Drittschuldner die Auskunftsverpflichtung und die Haftung aus deren Nichterfüllung auferlegt. Diese geht deshalb nicht weiter, als den Gläubiger gemäß § 249 BGB so zu stellen, wie er bei Erfüllung der Auskunftsverpflichtung durch den Drittschuldner gestanden hätte.
60Vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1986 – IX ZR 46/86 –, juris Rn. 15.
61Anspruchsvoraussetzung ist daher immer, dass sich der sich aus der vergeblichen Prozessführung ergebende Schaden als Folge der unrichtigen oder unterbliebenen Auskunft darstellt.
62Vgl. OLG Dresden, Urteil vom 21. Februar 2001 – 18 U 1948/00 –, juris Rn. 16; OLG Hamm, Urteil vom 11. Mai 1987 – 8 U 49/87 –, juris.
63An diesem Ursachenzusammenhang fehlt es vorliegend. Zwar waren die Drittschuldnererklärungen des LBV NRW unrichtig bzw. unvollständig. So gab das LBV NRW mit der ersten Erklärung vom 7. März 2022 an, dass derzeit keine vorrangigen Forderungen vorlägen und mit einer Tilgung der Forderung in etwa im April 2022 zu rechnen sei. Erst mit Schreiben vom 21. Oktober 2022 wies das LBV NRW auf die vorrangige Unterhaltsforderung zugunsten der Tochter der Klägerin und mit Schreiben vom 7. November 2022 auf „den vorrangigen Gläubiger“ vom 30. August 2021 hin. Insofern fehlte es an den weiteren Angaben nach § 840 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO. Wäre das LBV NRW seiner Auskunftsobliegenheit nach § 840 Abs. 1 ZPO in vollem Umfang nachgekommen, so hätte es die Klägerin bis zum 17. März 2022 nicht nur über das Bestehen einer weiteren vorrangigen Forderung neben der laufenden Unterhaltsforderung, sondern auch über die Höhe dieser Forderung und die Bedienbarkeit informiert. Nach der Würdigung der Gesamtumstände kann dennoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin im Falle einer solchen vollständigen Auskunft von einer Klageerhebung abgesehen hätte. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin auch ohne eine entsprechende Drittschuldnerauskunft des LBV NRW von der vorrangigen Unterhaltsforderung in Höhe von 387,50 Euro monatlich Kenntnis hatte, da sie die Pfändung als Vertreterin ihrer Tochter initiiert hatte. Das LBV NRW hatte der Klägerin auch jedenfalls mit den im Ergebnis richtigen Drittschuldnerauskünften vom 21. Oktober 2022, 7. November 2022 und 24. November 2022 mitgeteilt, dass aufgrund der bestehenden vorrangigen Unterhaltsforderung mit einer Tilgung der Forderung nicht zu rechnen sei. Aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 3. November 2022 und der Klageschrift wird deutlich, dass Anlass der Klageerhebung vielmehr Zweifel an der Richtigkeit der erteilten Drittschuldnerauskünfte war. Insofern ging der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zum einen davon aus, dass bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens nach § 850c ZPO nur eine unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen sei, und zum anderen, dass die laufende Unterhaltsforderung vom pfändbaren Mehrbetrag nach § 850d ZPO zu befriedigen sei, sodass das pfändbare Einkommen in vollem Umfang für die Tilgung weiterer Forderungen zur Verfügung gestanden hätte. Zwar ist es richtig, dass nach § 850e Nr. 4 Satz 1 ZPO bei dem Zusammentreffen eines der in § 850d ZPO bezeichneten Ansprüche mit einer Pfändung wegen eines sonstigen Anspruchs auf die Unterhaltsansprüche von Gesetzes wegen zunächst die gemäß § 850d ZPO der Pfändung in erweitertem Umfang unterliegenden Teile des Arbeitseinkommens zu verrechnen sind. Nach § 850e Nr. 4 Satz 3 ZPO kann der Drittschuldner aber, solange ihm kein nach § 850e Nr. 4 Satz 2 ZPO zu beantragender Verrechnungsbeschluss zugestellt wurde, nach dem Inhalt der ihm bekannten Pfändungsbeschlüsse und sonstigen Verfügungen mit befreiender Wirkung leisten. Die Klägerin wäre also allein aufgrund der Kenntnis der vorrangigen laufenden Unterhaltsforderung und der negativ ausfallenden Drittschuldnererklärungen veranlasst gewesen, einen Verrechnungsantrag nach § 850e Nr. 4 Satz 2 ZPO zu stellen, um die Pfändung sonstiger Forderungen zu ermöglichen. Hierzu bedurfte es entgegen der Ansicht der Klägerin nicht der Kenntnis über alle Einzelheiten der weiteren vorrangigen Pfändung zugunsten der B. AG. Im Übrigen war der Klägerin durch die Drittschuldnerauskunft vom 7. November 2022 auch die vorrangige Pfändung vom 30. August 2021 bekannt. Auch das Bestehen dieser vorrangigen Pfändung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 28. Februar 2023 zunächst in Zweifel gezogen und mit Nichtwissen bestritten. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Klägerin aufgrund der zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsfragen sowie der Zweifel an der Richtigkeit der erteilten Auskünfte auch im Falle einer bereits vorprozessual erteilten vollständigen Drittschuldnerauskunft Klage erhoben hätte.
64III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser keinen Antrag gestellt und sich somit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
65Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
66Rechtsmittelbelehrung:
67Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
68Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
69Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
70Die Berufung ist nur zuzulassen,
711. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
722. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
733. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
744. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
755. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
76Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
77Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
78Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
79Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
80Beschluss:
81Der Streitwert wird bis zum 28. Februar 2023 (Klageänderung) auf 2.454,67 Euro festgesetzt und für die Zeit danach auf die Wertstufe bis 1.000 Euro.
82Gründe:
83Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG erfolgt. Für die Zeit ab dem 1. März 2023 hat das Gericht bei der Ermittlung des Streitwerts Gerichtskosten nach dem GVG sowie Rechtsanwaltskosten nach dem RVG jeweils unter Zugrundelegung eines Streitwerts in Höhe von 2.454,67 Euro berücksichtigt.
84Rechtsmittelbelehrung:
85Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
86Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
87Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
88Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
89Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
90War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.