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Anforderungen an eine Durchsuchung zur Nachtzeit (hier: nicht dargelegt).
Die Durchsuchung der im Allein- oder Mitgewahrsam der Antragsgegner stehenden Wohnung U.-----straße 00, 00000 P. , einschließlich aller Nebengelasse, am 00. G. 2024 zur Tageszeit – frühester Beginn der Maßnahme um 6:00 Uhr, Abschluss der Maßnahme bis spätestens 10:00 Uhr – wird zum Zwecke der Ergreifung des Antragsgegners zu 1. zur Durchführung seiner Abschiebung angeordnet.
Im Übrigen – soweit eine Durchsuchung auch zur Nachtzeit beantragt wurde – wird der Antrag abgelehnt.
Gründe:
2Die Kammer entscheidet gemäß § 5 Abs. 3 VwGO, weil es sich nicht um eine Vollstreckung aus einem Titel gemäß § 169 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO handelt, für die der Vorsitzende zuständig wäre.
3Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Oktober 2020 – 22 I 28/20 –, juris Rn. 1; VG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Dezember 2019 – 3 K 7771/19 – juris Rn. 10.
4Der Antrag der Antragstellerin,
5die Durchsuchung der im Allein- oder Mitgewahrsam der Antragsgegner stehenden Wohnung U.-----straße 00, 00000 P. , einschließlich aller Nebengelasse, am 00. G. 2024 zur Tageszeit – frühester Beginn der Maßnahme um 5:00 Uhr, Abschluss der Maßnahme bis spätestens 9:00 Uhr – wird zum Zwecke der Ergreifung des Antragsgegners zu 1. zur Durchführung seiner Abschiebung anzuordnen,
6hat überwiegend Erfolg.
7Der Antrag ist zulässig.
8Der Verwaltungsrechtweg ist – mangels abdrängender Sonderzuweisung – gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet, da Rechtsgrundlage und damit streitentscheidende Norm für den Erlass der begehrten Durchsuchungsanordnung § 58 Abs. 6 und 8 AufenthG ist und insofern eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art vorliegt.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, juris Rn. 3; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 4. März 2021 – 27 I 11/21 –, vom 16. November 2020 – 7 I 32/20 –, und vom 6. Oktober 2020 – 22 I 28/20 –, juris Rn. 5 ff. m. w. N.; siehe ferner VG Braunschweig, Beschluss vom 22. Januar 2021 – 5 E 21/21 –, juris Rn. 3 ff.; VG Darmstadt, Beschluss vom 18. September 2020 – 6 O 1493/20.DA –, juris Rn. 4; VG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Dezember 2019 – 3 K 7772/19 –, juris Rn. 5 ff.; VG Gießen, Beschluss vom 26. November 2019 – 6 N 4595/19 –, juris Rn. 2; a. A.: VG Arnsberg, Beschluss vom 11. November 2019 – 3 I 24/19 –, juris Rn. 6 ff.
10Der Antrag ist statthaft, weil die von der Antragstellerin beabsichtigte Maßnahme einer richterlichen Anordnung im Sinne des § 58 Abs. 8 Satz 1 1. Halbsatz AufenthG bedarf. Nach dieser Vorschrift dürfen Durchsuchungen nach § 58 Abs. 6 AufenthG nur durch den Richter angeordnet werden. Gemäß § 58 Abs. 6 Satz 1 AufenthG kann, soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen.
11Ein solcher Fall liegt hier vor. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Maßnahme stellt eine Durchsuchung im Sinne der Vorschrift dar.
12Vgl. hierzu ausführlich VG Düsseldorf, Beschluss vom 4. März 2021 – 27 I 11/21 –, juris Rn. 13 ff.
13Die Antragstellerin beabsichtigt, Zugriff auf den Antragsgegner zu 1. in der Wohnung zu nehmen und dazu in die Wohnung einzutreten, falls diese auf Aufforderung nicht geöffnet werden wird. Die zu der Wohnung gehörenden Räumlichkeiten sollen dann zu seiner Ergreifung durchsucht werden.
14Der Antrag ist auch begründet, soweit die Durchsuchung zur Tagzeit beabsichtigt ist.
15Rechtsgrundlage der beantragten Anordnung für die Durchsuchung der Wohnräume der Antragsgegner zur Tageszeit ist § 58 Abs. 6 und Abs. 8 Satz 1 AufenthG. Gemäß § 58 Abs. 6 AufenthG kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen, soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert (Satz 1). Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet (Satz 2). Die Wohnung umfasst dabei die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum (Satz 3 i. V. m. Abs. 5 Satz 2). Gemäß § 58 Abs. 8 Satz 1 AufenthG dürfen Durchsuchungen nach § 58 Abs. 6 AufenthG nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden.
16Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
17Die Antragstellerin ist berechtigt, den Antragsgegner zu 1. nach Marokko abzuschieben.
18Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist der Ausländer abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.
19Der Antragsgegner zu 1. ist aufgrund des bestandskräftigen Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 00. April 2016 vollziehbar ausreisepflichtig. Die Zielstaatsbestimmung, die zunächst auf Algerien lautete, wurde durch Bescheid vom 00. März 2020 hinsichtlich des Staates Marokko konkretisiert.
20Die dem Antragsgegner zu 1. in den Bescheiden gesetzten Ausreisefristen sind abgelaufen.
21Dass keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote vorliegen, folgt für die Beteiligten und das Gericht bindend aus § 42 Abs. 1 AsylG. Das Bundesamt hat mit Bescheid vom 00. April 2016 festgestellt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht vorliegen.
22Von Amts wegen zu beachtende zwingende Duldungsgründe ergeben sich nicht. Seine Abschiebung ist insbesondere nicht gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG mit Blick auf Art. 8 Abs. 1 EMRK aufgrund seines langjährigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland aus rechtlichen Gründen unmöglich. Der Antragsgegner zu 1. ist nicht in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert. Er hat sich seit seiner Einreise im Mai 2015 keine wirtschaftliche Existenz aufgebaut. Darüber hinaus ist er immer wieder durch sein kriminelles Verhalten negativ aufgefallen und wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Zudem erfüllt er seit seiner Einreise seine Passpflicht nicht. Eine Verwurzelung in Deutschland ist nicht feststellbar.
23Sonstige Duldungsgründe liegen nicht vor, auch eine verfahrensbezogene Duldung wegen der Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis ist nicht ersichtlich. Aufgrund der zahlreichen Vorstrafen – zuletzt wegen Handelns mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monate – sowie der Nichterfüllung der Passpflicht geht die Antragstellerin zu Recht davon aus, die Erteilungsvoraussetzungen für einen humanitären Aufenthaltstitel offensichtlich nicht vorliegen und damit eine verfahrensbezogene Duldung nicht in Betracht kommt.
24Der Zweck der Durchführung der Abschiebung erfordert zudem die Durchsuchung.
25Für die Anordnung der Durchsuchung einer Wohnung ist es regelmäßig erforderlich, dass die Vollstreckungsmaßnahme bereits einmal daran gescheitert ist, dass sich der Betroffene in seiner Wohnung verborgen gehalten hat, oder dass aufgrund sonstiger Umstände konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die geplante Maßnahme hieran scheitern könnte.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, juris Rn. 9 m.w.N.
27Auch Verstöße gegen Mitwirkungspflichten können möglicherweise die Erforderlichkeit der Wohnungsdurchsuchung begründen.
28Vgl. Zeitler, HTK-AuslR / § 58 AufenthG / Abs. 6, Stand: 28.09.2022, Rn. 19.
29Allein der Umstand, dass ein Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig ist, vermag die Erforderlichkeit einer Wohnungsdurchsuchung dagegen grundsätzlich nicht zu begründen. Andernfalls liefe die verfassungsrechtlich gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls durch das Gericht – jedenfalls hinsichtlich der Erforderlichkeit – leer. Denn die Vorschrift des § 58 Abs. 6 AufenthG findet bereits tatbestandlich nur auf Fälle der Abschiebung vollziehbar Ausreisepflichtiger Anwendung. Damit wäre unabhängig vom Einzelfall bei jedem Antrag nach § 58 Abs. 6, 8 AufenthG – das Vorliegen der weiteren Tatbestandsmerkmale unterstellt – die Erforderlichkeit der Durchsuchung gegeben.
30Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 4. März 2021 – 27 I 11/21 –, juris Rn. 63.
31Nach diesen Maßgaben ist die Durchsuchung hier erforderlich. Nach dem gesamten Verhalten des Antragsgegners zu 1. ist ernsthaft damit zu rechnen, dass er versuchen wird, sich – auch durch Verbergen in der zu durchsuchenden Wohnung – einer Abschiebung zu entziehen. Dafür spricht bereits, dass er in der Vergangenheit bereits mehrfach erklärt hatte, nicht freiwillig ausreisen zu wollen, und keinen marokkanischen Reisepass besorgt hat. Außerdem hält er sich nicht in der Gemeinschaftsunterkunft auf, wo er zu wohnen verpflichtet ist, sondern vermutlich in der Wohnung der Lebensgefährtin, der Antragsgegnerin zu 2. Er hat mehrfach erklärt, sich dort aufzuhalten.
32Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit der beabsichtigten Durchsuchung bestehen nicht.
33Die Durchsuchungsanordnung wird den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht.
34Dem Gewicht des Eingriffs und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält und damit eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz vorsieht. Die Einschaltung des Richters soll insbesondere dafür sorgen, dass die Interessen des Betroffenen angemessen berücksichtigt werden. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu, weil nur so im Einzelfall die Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs sichergestellt werden kann. Der Richter darf die Wohnungsdurchsuchung nur anordnen, wenn er sich aufgrund einer eigenverantwortlichen Prüfung der Ermittlungen davon überzeugt hat, dass die Maßnahme verhältnismäßig ist.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, juris Rn. 22 m. w. N.
36Zu diesem Zweck ist die beantragende Behörde von Verfassung wegen verpflichtet, das Gericht grundsätzlich in der Antragsschrift umfassend über alle entscheidungsrelevanten Tatsachen zu informieren. Insbesondere bedarf es einer Begründung, die den Erlass der Anordnung aus Sicht der Behörde rechtfertigt.
37Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Oktober 2020 – 22 I 28/20 –, juris Rn. 24 m.w.N.
38Ausgehend hiervon wird die Wohnungsdurchsuchung den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht.
39Die Antragsschrift der Antragstellerin vom 00. Januar 2024 enthält die für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Maßnahme notwendigen Angaben.
40Die Maßnahme ist zur Erreichung des legitimen Zwecks, den Antragsgegner zu 1. zwecks Abschiebung zu ergreifen, geeignet. Sie ist auch erforderlich. Eine Maßnahme ist nur dann erforderlich, wenn aus den zur Erreichung des Zwecks gleich gut geeigneten Mitteln das mildeste, also das die geschützte Rechtsposition am wenigsten beeinträchtigende Mittel gewählt wird,
41vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, juris Rn. 24 m. w. N.
42Das ist hier der Fall. Die Antragstellerin kann insbesondere nicht darauf verwiesen werden, zunächst erfolglos eine Abschiebung gestützt auf die Betretenserlaubnis nach § 58 Abs. 5 AufenthG, für die der Richtervorbehalt nicht gilt, zu versuchen. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass dieses Mittel nicht zur Erreichung des Zwecks gleich gut geeignet ist.
43So auch OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, juris Rn. 28; VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Oktober 2020 – 22 I 28/20 –, juris Rn. 33.
44Die Maßnahme ist auch mit Blick auf den Eingriff in die Grundrechte der Antragsgegnerin zu 2. verhältnismäßig. Hier ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen, die im Einzelfall das öffentliche Interesse am Vollzug der Ausreisepflicht gegenüber der Schwere des Eingriffs in Art. 13 GG – mit Blick auf das Wohnungsgrundrecht der Dritten – abwägt.
45Diese verfassungsrechtliche Prüfung kommt zu dem Ergebnis, dass die Wohnungsdurchsuchung auch ihr gegenüber angemessen ist.
46Das Recht der Antragsgegnerin zu 2. auf Wahrung ihrer räumlich-gegenständlichen Privatsphäre vermag sich auch bei Berücksichtigung des gebotenen strengen Maßstabs im Fall der Betroffenheit Dritter nicht gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer zeitnahen Abschiebung des Antragsgegners zu 1. durchzusetzen. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass die Antragsgegnerin zu 2. aufgrund der verdichteten Tatsachen, dass sich der Antragsgegner zu 1. in der Wohnung aufhält, im vorliegenden Fall gerade nicht als unbeteiligte Dritte angesehen werden kann. Vielmehr lassen diese Tatsachen mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass der Antragsgegnerin zu 2. aufgrund ihres Näheverhältnisses zu dem Antragsgegner zu 1. bekannt ist, dass dieser seiner vollziehbaren Ausreisepflicht nicht nachgekommen ist. Unter diesen Umständen kommt ihrem Interesse, von einer Wohnungsdurchsuchung verschont zu bleiben, ein geringeres Gewicht zu.
47Der Antrag ist hingegen unbegründet, soweit die Durchsuchung bereits um 5 Uhr und damit zur Nachtzeit beginnen soll. Die Nachtzeit umfasst ganzjährig die Stunden von 21 bis 6 Uhr. Für eine Durchsuchung zur Nachtzeit,
48vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, juris, Rn. 15,
49müssen die zusätzlichen Voraussetzungen des § 58 Abs. 7 AufenthG vorliegen. Nach dessen Satz 1 darf zur Nachtzeit die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Nach dessen Satz 2 ist die Organisation der Abschiebung keine Tatsache im Sinne von Satz 1.
50Dieser Norm liegt der Gedanke zugrunde, dass organisatorische Defizite oder bloße Organisationserwägungen einer Behörde nicht zulasten des Grundrechtsträgers gehen sollen. (Nur) organisatorische Rahmenbedingungen, die weder durch die zuständige Behörde noch durch bei der Abschiebung beteiligte sonstige deutsche Behörden beeinflusst werden können und damit deren Organisationsspielraum begrenzen, sind keine organisatorischen Gründe im Sinne der einschränkenden Regelung des § 58 Abs. 7 S. 2 AufenthG.
51Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.03.2021 – 18 E 221/21 –, juris Rn. 18.
52Nicht zur Organisation der Abschiebung in diesem Sinne zählt der Umstand, dass der Antragsgegner zu 1. über ein Passersatzpapier mit einer Gültigkeitsdauer von einem Monat verfügt und die Möglichkeit der Abschiebung damit auf diesen Zeitraum beschränkt ist. Denn die Gültigkeitsdauer des Passersatzpapieres kann die Ausländerbehörde nicht beeinflussen.
53Die übrigen Umstände, die die Antragstellerin zur Begründung der Wohnungsdurchsuchung um 5 Uhr anführt, betreffen allerdings die Organisation der Abschiebung im Sinne des § 58 Abs. 7 Satz 2 AufenthG.
54Aus dem Verwaltungsvorgang ergibt sich, dass der Abflug von E. (zum Zwischenstopp) nach Q. am 00. G. 2024 um 9.30 Uhr stattfindet und die Zuführung des Antragsgegners zu 1. zum Flughafen laut Aufforderung der zentralen Ausländerbehörde 120 Minuten vor Abflug erfolgen soll. Aus diesen Vorgaben schließt die Antragstellerin, dass die Wohnung bereits um 5 Uhr morgens durchsucht werden müsse.
55Weiter teilt die Zentrale Ausländerbehörde mit Email vom 00. G. 2024 mit, ein anderer Termin sei nicht zu verwirklichen, weil die „Personenbegleiter Luft“ eine Zusatzqualifikation hätten und diese an anderen Terminen jetzt nicht mehr zur Verfügung stünden, weil sie in anderen Maßnahmen gebunden seien.
56Es ist allerdings Aufgabe der Antragstellerin bzw. der Zentralstelle des Landes für Flugabschiebungen, entsprechendes Personal vorzuhalten und einzusetzen. Dass bei dieses bei einer rechtzeitigen Planung der Abschiebung nicht hätte eingesetzt werden können, wird nicht behauptet. Es wird lediglich vorgetragen, dass das Personal jetzt kurzfristig gebunden wäre.
57Im Übrigen ist nicht dargetan, dass eine Rückführung des Antragsgegners zu 1. nicht auch dergestalt hätte organisiert werden können, dass eine Durchsuchung erst zur Tagzeit hätte erfolgen können.
58Dass beispielsweise die Abschiebung ausschließlich durch zwei Flüge erfolgen muss, mit Zwischenhalt in Q. , ist nicht substantiiert vorgetragen. Eine Internetrecherche hat beispielsweise ergeben, dass am 00. G. 2024 zwischen 11 und 12 Uhr ein Direktflug von E. nach B. in Marokko der Fluggesellschaft „D. “ verfügbar war, für den am Morgen auch noch mindestens ein Platz verfügbar war.
59Insoweit hätte ein Antrag, der auf eine Wohnungsdurchsuchung zur Nachtzeit gerichtet ist und den Anforderungen des § 58 Abs. 7 Satz 2 AufenthG genügt hätte, aufzeigen müssen, dass und warum andere Flüge nicht hätten genutzt werden können. Die Antragstellerin kann sich nicht dadurch exkulpieren, dass ihr von der Zentralstelle für Flugabschiebungen ein Flug zugewiesen wird. Alle an der Abschiebung beteiligten nationalen Behörden haben gemeinschaftlich darauf hinzuwirken, dass Durchsuchungen zur Nachtzeit möglichst vermieden werden.
60das OVG NRW hat im bereits zitierten Beschluss (Rn. 18) entschieden, dass soweit eigene Charterflüge für die Abschiebung eingesetzt werden, Abflugzeiten so gelegt werden müssen, dass eine Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zur Nachtzeit möglichst vermieden werden kann.
61Vorliegend hätte die Antragstellerin im Vorfeld aufklären müssen, ob nicht spätere Flüge zur Verfügung stehen. Soweit dies nicht der Fall gewesen wäre, wäre dies im Einzelnen darzulegen, damit die Kammer nachprüfen kann, dass die „Organisation der Abschiebung“ eine Durchsuchung zur Nachtzeit zwingend erfordert.
62Von einer Anhörung des Antragsgegners sowie der Bekanntgabe der Durchsuchungsanordnung an diese wird abgesehen, um den Erfolg der Durchsuchung nicht zu gefährden.
63Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, juris Rn. 33 m. w. N.
64Das Absehen von der Anhörung ist in einem solchen Fall auch mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 103 Abs. 1 GG vereinbar.
65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, juris Rn. 35 m. w. N.
66Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Verfahren gerichtskostenfrei ist, außergerichtliche Kosten angesichts der fehlenden Beteiligung der Antragsgegner an dem Verfahren und dem deshalb fehlenden kontradiktorischen Charakter des Verfahrens nicht zu erstatten sind.
67Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2021 – 18 E 221/21 –, juris Rn. 37; VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Oktober 2020 – 22 I 28/20 –, juris Rn. 39 m. w. N.
68Rechtsmittelbelehrung:
69Gegen diese Entscheidung kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
70Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
71Die Beschwerde ist durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
72Die Beschwerde ist nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,‑‑ Euro nicht übersteigt.
73Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.